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Mobbing ist kein Kinderspiel! HERZLICH
WILLKOMMEN
Referent: Mathias Schwab dipl. Coach, Supervisor, Organisationsberater BSO dipl. Erwachsenenbildner HF Lehrer, Sozial- und Theaterpädagoge www.prozessintervention.ch Mitglied der ehem. Alsaker Gruppe für Prävention am Institut für Psychologie der Universität Bern Mitglied im internationalen Netzwerk für «No Blame Approach»
Was erwartet Sie heute Abend? 1. Wissen Was ist Mobbing? Wie «funktioniert» Mobbing? Formen, Rollen, Motive, Folgen…? 2. Handeln Wie hinschauen und Mobbing erkennen? Was können Schule und Eltern präventiv tun? Wie intervenieren & Mobbing stoppen? 3. Fragen Haben Sie Fragen, die noch nicht beantwortet wurden?
Was ist Mobbing/ Bullying? Form von Gewalt! unterschiedlichste Formen aggressiven Verhaltens sys–te–ma–ti–sches Demütigen )Ausschliessen(
Erniedrigen
sich wiederholendes Verhaltensmuster über längere Zeit soziales Phänomen in Gruppen – KEIN individuelles Problem! Oktober 16
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Was sind verbreitete «Irrtümer» über Mobbing/ Bullying? «Mobbing ist ein Modethema.» «Mobbing ist nicht so schlimm.» «Gemobbte sind selbst schuld.» «Jugendliche müssen ihre Angelegenheiten selbst regeln.» «Das geht von alleine vorbei.» «Mobbing dient der Herstellung einer natürlichen Rangordnung.» «Gemobbte weisen besondere Merkmale auf (Haare, Übergewicht, Brille, körperliche Besonderheiten, Sommersprossen...).» «Mobbing ist ein Persönlichkeitsproblem des Opfers.» «Entsteht in Städten, grossen Schulen, übergrossen Klassen.» «Entsteht durch Leistungsdruck oder schlechte Noten.» «Mobbing ist ein Problem zwischen bestimmten Personen.» «Man muss das Opfer aus der Klasse nehmen, dann hört Mobbing auf.» einer natürlichen Hackordnung (Jagdinstinkt)
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Aggression? Mobbing? Konflikt? Aggression Konflikt Mobbing, Bullying Streit
negative, schädigende Verhaltensweise
«ebenbürtige» Auseinandersetzung Zusammenprall unterschiedlicher Interessen, Wünsche, Bedürfnisse
einseitige Machtverteilung kann aus ungelösten Konflikten entstehen
Ist aggressives Verhalten immer Mobbing? Jana zeigt aggressives Verhalten
Laura wird gemobbt Lea
c
Jana
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Anna
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Welche Formen von Mobbingverhalten gibt es? Direkte Indirekte
• verdeckt, versteckt
• offen, erkennbar
• direkte Konfrontation • Täterschaft klar
• keine Konfrontation • Täterschaft unklar • Umdeutungen möglich
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Was beabsichtigt Mobbing? Ungleichgewicht von Macht > mehrere gegen eine Person (Kräfteungleichgewicht) > Opfer kann sich nicht wirksam wehren > Bedeutungsgebung von Situationen durch Mobbende Ziel = demütigen, schädigen, erniedrigen, vorführen, ausgrenzen, ausschliessen
≠ Interessenkonflikt oder (faires) Kräftemessen ≠ harmloses Kinderspiel oder pubertäres Ausprobieren… Oktober 16
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Was braucht es, damit Mobbing entstehen und sich entwickeln kann? ●
Gruppensituation, der man nicht entfliehen kann.
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Gruppenmitglieder, die aggressionsbereit sind, solche, die «irgendwie» mitmachen und solche, die zu- oder wegschauen bzw. nichts machen.
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Mögliche Auslöser sind ungelöste, schwelende Konflikte, Kräfteungleichgewicht oder destruktive, ungenügende Problemlöse-Kultur in der Gruppe.
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Mobbing eskaliert spiralartig: > Entwicklung eines Musters von Handlungen mit «automatischer», selbsterhaltender Dynamik. > Niemand interveniert: Ausstieg aus eigener Kraft zunehmend schwierig bis unmöglich.
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Welche «Rollen» bilden das Muster?
Verstärkende Zuschauende Passive Mitlaufende Erwachsene? Mobbende
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Helfende
Opfer (nach Olweus & Limber, 1999; Salmivalli et al., 1996)
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Wer/ wie sind die Mobbingopfer? Die passiven Opfer > etwas ängstlich, scheu, eher vorsichtig, zurückgezogen > haben in der Gruppe meist wenig zu sagen > wehren sich nicht Die aggressiven Opfer > aggressiv oder streitsüchtig, lassen sich leicht provozieren > wehren sich (z.T. heftig), aber ohne Erfolg und Wirkung
Jedes Gruppenmitglied kann in die Opferrolle geraten! Oktober 16
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Weshalb mobben Kinder/Jugendliche? es läuft etwas: «Action» positive Rückmeldung, Anerkennung der anderen Machtgefühl: sich stark,
überlegen, erfolgreich fühlen Mobbing «lohnt» sich Mobbing zeigt Wirkung «Spass», Unterhaltung Gruppengefühl, dazu gehören, Identität («WIR und DER-DA»)
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Weshalb wird Gemobbten von Mitschülern oft nicht geholfen? Diffusion der Verantwortung: je grösser die Gruppe, um so unwahrscheinlicher, dass jemand eingreift. Selbstschutz: Wer glaubt, sich selbst zu gefährden, hält sich beim Helfen zurück. Soziale «Ansteckung»: Schüler, die selbst unsicher und von anderen abhängig sind, sichern durch Mitmachen ihren Status. Wahrnehmungsveränderungen gegenüber dem Opfer: Wer immer Opfer ist, verdient dies auch…
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Was sind die Folgen von Mobbing? Für die Mobbenden: Für die Opfer:
Weiterentwicklung aggressives
Verhalten Einschränkung des Verhaltensrpertoirs suchen aggressive Gleichaltrige später Tendenz zu Gesetzesbrüchen
Angst vor der Schule körperliche Beschwerden soziale Isolation tiefer Selbstwert Depression Für die Gruppe (z.B. Klasse): Suchtverhalten Angstklima, Vertrauensverlust Extremfall: Suizid vermeiden von Persönlichem blockierte Gruppenentwicklung verminderte Teamfähigkeit Lernmotivations- & Leistungsbeeinträchtigung
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Was ist an Mobbing speziell/ typisch? Systematisch schädi
gend gegen 1 Person Kräfteungleichgewicht Rollenfestschreibung wiederholt über längere Zeit eskalierend direkt – indirekt (häufig verdeckt) verbal – nonverbal einzelne Mobbinghandlungen können «harmlos» aussehen
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Erinnerungen an Mobbingsituationen aus der eigenen Schulzeit?
Können Sie sich an Mobbingsituationen in Ihrer Schulzeit erinnern, die Sie selber – aktiv oder passiv – erlebt haben? Welche Rolle(n) hatten Sie selber oder hatten Sie beobachtet? Wie haben Sie sich damals gefühlt? Was hätten Sie sich damals von den Erwachsenen gewünscht (Eltern oder Lehrpersonen)?
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Sollte gegen Mobbing etwas getan werden? «Gleichgültigkeit gegenüber Unrecht ist das Tor zur Hölle.» (Motto Ärzte ohne Grenzen) Unterschiede, Differenzen, Störungen, Reibereien und Konflikte gehören zum menschlichen Zusammenleben. Erst deren konstruktive Lösung lässt uns Kompetenzen entwickeln, die für die Gestaltung einer positiven Gesellschaft notwendig sind. Kinder/ Jugendliche brauchen für das soziale Lernen klare Regeln, Grenzen und die Anleitung der Erwachsenen. Gemeinsames Bewusstsein als Voraussetzung für erfolgreiche Mobbingbekämpfung: Mobbing geht uns alle an. Wir schauen nicht weg. Wir akzeptieren keine Gewalt und sorgen dafür, dass sie aufhört. Kommt Mobbing vor, beenden wir es sofort und aktiv. Oktober 16
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Wie sind Mobbingmuster erkennbar? von «aussen» manchmal sehr schwierig in Schulklassen für Eltern nicht direkt erkennbar Befindlichkeit des eigenen Kindes und seine Einstellung
zur Schule; subjektive Schulerlebnisse des Kindes von Lehrpersonen ausgrenzende Verhaltensweisen beobachtbar, Änderungen im Klassenklima spürbar Mustererkennung für Lehrpersonen möglich mittels spezieller Beobachtungs- und Befragungsmethoden, durch Austausch untereinander und mit der Klasse Einzelereignisse weisen nicht «automatisch» auf Mobbing hin oder können für sich genommen «harmlos» wirken, obwohl sie Ausdruck eines Mobbingmusters sind. Oktober 16
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Welches sind Grundprinzipien für eine wirksame Mobbingprävention? Nr.1: Respekt für sich selber und für einander Akzeptanz individueller Unterschiede Klare Stellungnahme (Werthaltungen) Eingreifen und konsequent reagieren Ressourcen wahrnehmen/ Positives stärken
und loben Offene und direkte Kommunikation Soziale Fertigkeiten, Konfliktfähigkeit ausbauen Oktober 16
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Was kann die Schule präventiv tun? Einzelne Schülerinnen/ Schüler Verantwortung eigenes Verhalten Bereitschaft für Teamarbeit Eigene Gefühle ernst nehmen sich für Schwächere einsetzen Einzelne Lehrperson Spannender Unterricht Positive Fehlerkultur Klare Kommunikation Partizipation und Fairness Klasse Klassengemeinschaft pflegen Soziale Regeln umsetzen Gegenseitiger Respekt Konflikte konstruktiv lösen Oktober 16
Kollegium Wertediskussion und –umsetzung Austausch von Wahrnehmungen Bereitschaft zur Zusammenarbeit Pflege des Teamklimas Gesamte Schule Leitbild entwickeln und umsetzen Klare Haltung gegen Gewalt und Mobbing leben Fachpersonen einbeziehen Elternzusammenarbeit Kontakte und Austausch – nicht nur in Problemsituationen! Miteinander statt gegeneinander Gegenseitige Wertschätzung 21
Was können Eltern präventiv tun?
Auseinandersetzung mit
sozialen Werten in der Familie Gesprächskultur,
Beziehung aktiv pflegen echtes Interesse am
Erleben des Kindes/ Jugendlichen
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Was können Eltern präventiv tun? Grenzen setzen und Freiheit geben
– ohne zu verletzen (wenige!) eindeutige Regeln vereinbaren und konsequent umsetzen positive und negative Konsequenzen ermutigen und befähigen zum Neinoder Stop-Sagen und Hilfe holen.
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Johann Wolfgang von Goethe
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Was können Eltern präventiv tun? Modell sein: Was ich sage, tue ich auch selber. Kontakte pflegen zu Lehrpersonen und anderen Eltern. Bekannte Anzeichen beachten und ernst nehmen.
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Welche Anzeichen sollten Eltern hellhörig machen? ! sinkende Schulleistungen ! plötzlich zerstreut, unkonzentriert, aggressiv? ! verweigert Kindergarten-/ Schulbesuch (Angst vor Schulweg etc.) ! körperliche Beschwerden, Kind fühlt sich gehäuft krank ! wirkt ängstlich, hat Alpträume oder wertet sich selber ab ! keine/ kaum Spielkameraden, an Feste nicht eingeladen ! Verletzungen, blaue Flecken ! verliert Sachen, bringt beschädigte Dinge nach Hause Oktober 16
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Was kann ich tun, wenn mein Kind in die Opferrolle geraten ist? Ruhe bewahren, dem Kind/ Jugendlichen zuhören und
Erlebnisse ernst nehmen: das Kind ist nicht schuld am Mobbing! weiteres Vorgehen mit dem Kind/ Jugendlichen besprechen Kontakt mit Lehrperson aufnehmen und weiteres Vorgehen vereinbaren positive soziale Beziehungen ausserhalb Klasse fördern (Freizeitaktivitäten) Beratung durch Fachstelle(n) suchen Cyberbullying: nicht im Internet reagieren, Daten und Beweise sichern (Anzeige möglich)
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Was sollte ich nicht tun, wenn mein Kind Opfer von Mobbing geworden ist? dem Kind/ Jugendlichen Vorwürfe machen Erlebnisse des Kindes bagatellisieren (Aufruf, Mobbing zu ignorieren oder einfach «härter» zu werden) unbedacht überreagieren (Aktionismus) direkt mit Mobbenden oder deren Eltern reden in die Klasse gehen und sie ermahnen das Kind zu jedem Lehrergespräch mitnehmen die Schule oder andere Eltern beschuldigen das Kind sofort aus der Klasse nehmen Mobbing tolerieren, wenn die Schule nichts unternimmt Mobbing selber «lösen» wollen Oktober 16
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Was kann ich tun, wenn mein Kind in die Mobberrolle geraten ist? Zuhören und nachfragen klare Stellungnahme gegen Mobbing und Gewalt Verhalten verurteilen – jedoch nicht das Kind/ den
Jugendlichen als Persönlichkeit! Grenzen setzen und Regeln vereinbaren Kontakt mit Lehrperson aufnehmen ev. Beizug einer externen Fach-
person (Schulsozialarbeit, Erziehungsberatung, schulpsychologischer Dienst, Hausarzt) Oktober 16
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Was kann ich tun, wenn mein Kind von Mobbing weiss, aber «unbeteiligt» ist? Zuhören: Verständnis für Angst, selber Opfer zu werden klare Haltung gegen Mobbing und Gewalt Verantwortung und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen:
> zu Zivilcourage und zum Zusammenschluss mit anderen Klassenmitgliedern ermutigen > bestärken, Hilfe bei Lehrpersonen zu holen (Petzen vs. Unterstützung) > Informieren, dass Nichtstun Mobbing fördert und unterstützt ev. Lehrperson kontaktieren Oktober 16
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Was ist wichtig bei einem Gespräch mit der Lehrperson? Gesprächsregeln beachten:
> auf Schuldzuweisungen verzichten > aus der eigenen Perspektive sprechen («ICH…») Gegenseitige Information: Austausch von Beobachtungen und Wahrnehmungen gemeinsam nach Lösungswegen suchen später gemeinsam überprüfen, ob sich die Situation
verbessert hat Falls keine Verbesserung: Beratung durch Fachstelle;
erst Schulleitung, dann ev. Schulbehörde einbeziehen Oktober 16
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Wie kann man wirksam intervenieren, wenn die Mobbingspirale schon länger dreht? 1) Mobbing kann nur gemeinsam und nur dort aufgelöst werden, wo es geschieht. 2) klare Stellungnahme aller Beteiligten gegen Gewalt und Mobbing nach innen und nach aussen 3) Mobbingdynamik stoppen mit Hilfe eines bewährten Interventionsansatzes (z.B. «No Blame Approach»). 4) aushandeln und festlegen verbindlicher Verhaltensregeln und Abläufe (Zusammenleben und -lernen in der Klasse, im Schulhaus, Zusammenarbeit Eltern–Schule) 5) Externe Fachperson/en: Krisenintervention in der Klasse, Coaching Lehrperson/en und Eltern, Weiterbildung Kollegium, Schulentwicklung Oktober 16
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Noch nicht beantwortete oder spezielle Fragen? www.prozessintervention.ch «Es braucht keinen Mut, mit andern eine schwächere Person systematisch zu mobben. Es braucht aber Mut, das einzusehen. Es braucht ebenso Mut, zu erkennen, dass Wegschauen auch Gewalt ist. Und es braucht noch mehr Mut, sich zu entscheiden, hinzuschauen und zu handeln. Unsere Gesellschaft braucht mutige Kinder, die morgen mutige Erwachsene sein werden; dazu müssen die Erwachsenen von heute den Mut aufbringen, den Kindern diesen Weg zu weisen und sie auf ihm begleiten.» Alsaker (2003) Oktober 16
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!
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