Masarykova univerzita

Masarykova univerzita Filozofická fakulta Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky Bakalářská diplomová práce 2013 Eliška Fojtíková Masa...
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Masarykova univerzita Filozofická fakulta

Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky

Bakalářská diplomová práce

2013

Eliška Fojtíková

Masaryk Universität Brünn Philosophische Fakultät Institut für Germanistik, Nordistik und Nederlandistik Deutsche Sprache und Literatur Eliška Fojtíková Friedrich Glauser und Morphium

Bakkalaureatsarbeit Betreuer: PhDr. Jaroslav Kovář, CSc.

Brünn 2013

Hiermit erkläre ich, dass ich meine Bakkalaureatsarbeit selbständig geschrieben habe und nur die im Literaturverzeichnis angegebene Literatur und Quellen verwendet habe.

................................ Eliška Fojtíková Am 22.5. 2013 in Brünn

An dieser Stelle möchte ich mich bei dem Betreuer meiner Bakkalaureatsarbeit Herrn PhDr. Jaroslav Kovář, CSc., für seine Ratschläge, professionelle Hilfe und Unterstützung bedanken.

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ............................................................................................................................... 6 2. Die viersprachigen Literaturen in der Schweiz bis zum 20. Jahrhundert............................... 7 2. 1. Die deutschsprachige Literatur in der Schweiz bis zum 20. Jahrhundert .................... 10 2. 2. Die Literatur der Zeitgenossen von Friedrich Glauser ................................................. 13 3. Die Drogen ........................................................................................................................... 16 3. 1. Die Drogen in der Schweiz .......................................................................................... 17 3. 2. Morphium und seine Wirkungen.................................................................................. 17 3. 3. Die Drogen unter den Schriftstellern ........................................................................... 20 4. Friedrich Glauser und Morphium ......................................................................................... 22 4. 1. Biographie .................................................................................................................... 22 4. 2. Aufenthalte in den Anstalten, Kliniken und Selbstmordversuche ............................... 29 4. 3. Die Anlässe zu der Drogenabhängigkeit ...................................................................... 34 5. Friedrich Glausers Nachlass ................................................................................................. 37 5. 1. Glausers Werke ............................................................................................................ 37 5. 2. Friedrich-Glauser-Preis ................................................................................................ 40 5. 3. Film .............................................................................................................................. 40 6. Fazit ...................................................................................................................................... 42 7. Literaturverzeichnis .............................................................................................................. 43

1. Einleitung Das Thema meiner Arbeit ist Friedrich Glauser und Morphium. Friedrich Glauser gilt nicht nur als der erste deutschsprachige Krimiautor, sondern auch als ein Morphinist, Dadaist und Fremdenlegionär. Er war schon seit den Jugendjahren süchtig, egal ob Alkohol, Äther oder Morphium. Insgesamt verbrachte Glauser in verschiedenen Anstalten und Kliniken über 8 Jahre. Die Erlebnisse nicht nur aus den Anstalten, sondern auch aus der Fremdenlegion, bearbeitete er in seinen Werken. Obwohl Glauser in Österreich geboren wurde, gilt er als Schweizer Schriftsteller. Deshalb behandelt das Kapitel 2 die Schweizer Literatur, mit dem Überblick über die viersprachigen Literaturen bis zum 20. Jahrhundert, die in der Schweiz existieren. Die höhere Aufmerksamkeit wird der deutschsprachigen Literatur in der Schweiz bis zum 20. Jahrhundert zuwendet. Im Kapitel 2. 3. konzentriere ich mich auf die Literatur der Zeitgenossen von Friedrich Glauser. Glauser war nicht der einzige Autor, der Drogen nahm. Die Drogen waren ein Trend in der Literatur; die Schriftsteller nahmen Drogen als Heilsmittel, zum Spaß oder nutzten die Drogenerlebnisse als Material für ihre Werke. Das Kapitel 3 handelt allgemein von Drogen, es wird hier auch die Drogenproblematik in der Schweiz kurz angedeutet. Im Kapitel 3. 2. werden Morphium und seine Wirkungen erwähnt, weil Friedrich Glauser hauptsächlich morphiumsüchtig war. Die Drogen hatten einen großen Einfluss auf Glausers Leben und seine Werke. Im Kapitel 5 beschäftige ich mich ausführlich mit seinem Leben, das schon seit Jugend sehr interessant war. Aufenthalte in verschiedenen Anstalten und Kliniken, in denen er sich wie zu Hause fühlte, und seine Selbstmordversuche wirkten fast das ganze Leben auf Glauser. Die wichtigsten Anlässe zu der Drogenabhängigkeit behandle ich im Kapitel 4. 3. Glauser hinterließ den weiteren Generationen einen reichen Nachlass. Nicht nur seine Werke, sondern auch Filme. Zu Ehren entstand noch Friedrich-Glauser-Preis. Das alles erwähne ich im Kapitel 5. In meiner Arbeit werde ich mich gerne auf Glauser als Morphinist orientieren, weil die Drogensüchtigkeit ihn sehr interessant macht. Ein Autor, der Drogen nahm und noch fähig war so viele große Werke zu schreiben, sollte nicht vergessen werden.

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2. Die viersprachigen Literaturen in der Schweiz bis zum 20. Jahrhundert Wohl für kaum jemanden ist die Inkongruenz von Landesgrenze und Sprache so bedeutungsvoll wie für Schreibende. Da in dem zentraleuropäischen Kleinstaat Schweiz vier Sprachgebiete zusammenstoßen, das deutsche, das französische, das italienische und das rätoromanische, befindet man sich zwangsläufig immer in einer Grenzzone, immer am Rande.1

In der Schweiz gibt es vier Amtssprachen und es gibt hier vier Sprachgebiete. Jedes Sprachgebiet grenzt an ein Nachbarland, außer dem rätoromanischen Sprachgebiet. Das deutsche Sprachgebiet grenzt an Deutschland, das französische Sprachgebiet an Frankreich und so weiter. Die meistgesprochene Sprache ist Deutsch. Nach dem Bundesamt für Statistik aus dem Jahre 2010 benutzt man Deutsch als Hauptsprache in ungefähr 66 %. Natürlich sprechen die Schweizer zu Hause nicht Hochdeutsch, sondern benutzen sie alemannische Dialekte. Der Sammelbegriff für die alemannischen Dialekte, die in der Schweiz gesprochen werden, ist Schweizer Deutsch, bekannt oft als Schwyzerdütsch. Die deutsche Sprache erstreckt sich hauptsächlich in der Mitte, im Norden und teilweise auch im Osten der Schweiz. Die zweite meistgesprochene Sprache ist Französisch, das von 23 % der Bevölkerung benutzt wird. Dieses französischsprachige Gebiet ist bekannt auch als „Welschland“. Das französische Sprachgebiet befindet sich im Westen der Schweiz. Die dritte Hauptsprache ist Italienisch, das von zirka 8 % der Bewohner gesprochen wird. Das italienische Sprachgebiet liegt im Süden des Landes an der Grenze zu Italien. Um 0,6 % der Menschen spricht Rätoromanisch, das eng mit Latein verbunden ist. Es befindet sich hauptsächlich im östlichen Teil des deutschen Sprachgebiets. „Die Amtssprachen des Bundes sind Deutsch, Französisch und Italienisch. Im Verkehr mit Personen rätoromanischer Sprache ist auch das Rätoromanische Amtssprache des Bundes.“2 Selbstverständlich spricht man in der Schweiz mehrere Sprachen, aber Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch sind als Amtssprachen anerkannt. 1

STOCKER, Beatrice: Die vier Literaturen der Schweiz. Zürich: Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung. 1995. Seite1 2 Internetpräsenz von der Schweizerischen Eidgenossenschaft. URL: http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a70.html. Letzter Zugriff am 19.4.2013

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Die deutschsprachige Literatur und ihre bedeutsamen Vertreter werden im Kapitel 2. 1. behandelt. Die französische Sprache ist die zweite meistgesprochene und spielt eine große Rolle in der Schweizer Literatur. Die französischsprachige Literatur wendet sich an das französische Publikum, versucht sich an Frankreich anzugleichen und bildet eine selbständige Literatur in der Schweiz. Die Beziehung des französischsprachigen Schweizers zu Frankreich ist ein zweischneidiges Schwert: zum einen hat er einen Minderwertigkeitskomplex, eben weil er einer Minderheit angehört und sich deshalb von der Grande Nation ausgeschlossen fühlt, zum anderen versucht er aber, diesen durch den Stolz zu kompensieren, einer freien und unabhängigen Gemeinschaft anzugehören.3

Zu den bekanntesten französisch schreibenden Autoren gehört zum Beispiel JeanJacque Rousseau (1712-1778), der schon mit 16 Jahren sein heimatliches Genf verlässt und nach Paris kommt. Er ist nicht nur Schriftsteller, sondern auch Philosoph und Pädagoge. Er „schützt“ die Schweiz und in seinen Werken wendet er sich zur Natur. Seine Lehre zeigt die Menschen als gut, die im Laufe der Zeit wegen der Gesellschaft verdorben werden. „Rousseau, der ein Vorläufer der Romantiker war, offenbarte den Franzosen den Zauber der Genfersee-Gegend und brachte damit ungewollt das Bereisen der Schweiz in Mode, etwas, das die Engländer schon seit Anfang des 18. Jahrhunderts schätzten.“4 Ein weiterer wichtiger Vertreter der französischsprachigen Literatur ist Charles Ferdinand Ramuz (1878-1947). Die französische Kritik benennt ihn als „Meister des lyrischen Romans“. Er beschreibt in seinen Werken das schöne aber strenge Leben auf dem Lande und das Leben der Landarbeiter und Bürger. „…, entwickelte er bald eine Form des poet. Romans, die den Ton mit der Sicht- und Sprechweise seiner Protagonisten, einfachen Menschen aus dem Volk, in Einklang

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FRANCILLON, Roger: Die vier Literaturen der Schweiz. Zürich: Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung. 1995. Seite 84 4 Ebd. Seite 90

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brachte.“5............................................................................................................ Die Berühmtheit im Ausland erreicht Blaise Cendrars (sein eigentlicher Name ist Frédéric Sauser; 1878-1947). Als Emigrant bekommt er die französische Staatsbürgerschaft, aber immer hat er die Beziehung zur Schweiz. In seinen Romanen beschreibt er sich selbst, sein ideales Leben und seine Suche nach einem Paradies. „…, so offenbart diese Pseudo-Autobiographie, die er deshalb im Präsens schrieb, um dieses außergewöhnliche Abenteurerschicksal noch stärker zu dramatisieren, eigentlich Cendrar‟s Leidenschaft für das Leben als Traum, das wie eine ständige Flucht nach vorn ist.“6…………………………………………………………………… Das Italienische in der Schweiz ist sehr stark bedroht, die Kultur und Identität dieses Sprachgebiets ist auf dem Rückzug. Die italienischsprachige Literatur zählt sich bestimmt zur italienischen Literatur und zur Kultur Italiens. „Zudem bilden die Autoren Italienischbündens eine Minderheit innerhalb der Minderheit“7 Das 18. Jahrhundert bringt eine Reihe von Übersetzern. Der bekannteste aus ihnen ist Gian Menico Cetti (1780-1817) aus Lugano. Er übersetzt aus dem Russischen und erreicht Aufmerksamkeit vom Papst Pius VII. und Zar Alexander. Seine bekannteste Übersetzung ist von Heinrich Zschokkes „Istoria della guerra, e della distruzione de‟Cantoni democratici della Svizzera“, auf Deutsch „Geschichte vom Kampf und Untergang der schweizerischen Bergkantone“, 1805. Unter den Autoren mit politischen Texten gehört zum Beispiel Stefano Franscini (1796-1857) mit seinem Werk „La Svizzera italiana“ (1837). Im 19. Jahrhundert erreichen die Aufmerksamkeit die Schriftsteller, die über Natur und Heimat schreiben als über den Gegenstand der Beobachtung. Dazu gehört Luigi Lavizzari (1814-1875) und sein Werk “Escursioni nel Canton Ticino” (1863). Ein bedeutender italienisch schreibender Schriftsteller ist Francesco Chiesa (18711973). Sein bekanntestes Werk ist „Tempo di Marzo“ (1925), in dem ein Ich-Erzähler über seine Reifezeit erzählt. Nach hundert Jahren seines Lebens verfasst Chiesa sein

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Internetpräsenz des Historischen Lexikons der Schweiz. URL: http://www.hls-dhsdss.ch/textes/d/D16054.php. Letzter Zugriff am 19.4.2013 6 FRANCILLON, Roger: Die vier Literaturen der Schweiz. Zürich: Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung. 1995. Seite 101 7 Internetpräsenz des Historischen Lexikons der Schweiz. URL: http://www.hls-dhsdss.ch/textes/d/D11203.php. Letzter Zugriff am 19.4.2013

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bestes Werk „Sonetti di San Silvestro“ (1971). Als Mensch ist er sehr tätig in allen Bereichen des kulturellen Lebens. „Dazwischen liegen eine ungewöhnlich lange literarische Tätigkeit und ein fruchtbarer Dienst an der Kultur als Berater von Politikern in Schul- und Kulturfragen, als Lehrer und Rektor, als Vorsteher zahlreicher kultureller Institutionen.“8………………………………………………… Das Rätoromanische hat kein Hinterland, aus dem es Nutzen für die Literatur ziehen würde. „Einer autonomen Sprachinsel gehören die Autorinnen und Autoren der rätoromanischen Schweiz an.“9 Die Sprache und Kultur entwickeln sich für Jahre, die Hauptumbrüche sind die Reformationen und die politische Geschichte im Land. Die Umgangssprache geht zum geschriebenen Rätoromanisch im 16. Jahrhundert über. Die ersten schriftlichen rätoromanischen Werke in der Schweiz sind religiös. Die „Oralliteratur“ spielt auch eine wichtige Rolle mit allen ihren Volksliedern, Märchen und Sprichwörtern. Der Politiker Caspar Decurtins sammelt diese „Oralliteratur“ und verfasst ein 13bändiges Werk „Rätoromanische Chrestomathie“ (1888-1912). Die bedeutenden Autoren sind Giachen Caspar Muoth (1844-1906), Peider Lansel (1863-1943) oder Cla Biert (1920-1981) mit dem Roman „La müdada“ (1962).

2. 1. Die deutschsprachige Literatur in der Schweiz bis zum 20. Jahrhundert So ist es eine bemerkenswerte Tatsache, dass Deutschschweizer Schriftstellerinnen und Schriftsteller ihr Werk in jedem Fall in einer Fremdsprache herausbringen. Hier muss zuerst eine Sprachbarriere überwinden werden, sowohl beim Verfasser als auch beim einheimischen Leser.10

Die Anfänge der deutschsprachigen Literatur datieren schon seit dem 8. Jahrhundert, wann die Klöster erstehen, zum Beispiel St. Gallen. Im 10. Jahrhundert 8

ORELLI, Giovanni: Die vier Literaturen der Schweiz. Zürich: Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung. 1995. Seite 143 9 STOCKER, Beatrice: Die vier Literaturen der Schweiz. Zürich: Pro Helvetica, Schweizer Kulturstiftung. 1995. Seite 3 10 Ebd. Seite 2

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übersetzt Notker Labeo die Werke von Aristoteles oder Boethius. Seine Übersetzungen „zählen zu den größten sprachlichen Leistungen der althochdeutschen Literatur“.11 Aus diesen Klöster-Zeiten und aus dem Gottesdienst entstehen 1250 im Kloster Muri das älteste Osterspiel und dann später ein Weihnachtsspiel in St. Gallen. Ein bedeutender Epiker des Mittelalters ist Hartmann von Aue (1160-1210), der die höfische Dichtung verfasst. Der erste Artusroman im deutschsprachigen Gebiet ist sein „Erec“. Zusammen mit seinem Werk „Ywein“, gehört „Erec“ zu den Romanen über den König Artus. Religiöse Themen bearbeitet er in den Werken „Der arme Heinrich“ und „Gregorius“. Zwischen den Jahren 1300 und 1340 entsteht Handschrift die „Manessische Handschrift“ mit zirka 6000 Versen und zählt zu einem der wichtigsten Werke der höfischen Lyrik. In dieser Handschrift werden Werke von Autoren erfasst, wie Hartmann von Aue. Im Mittelalter wird Dichtung mit pädagogischen Elementen verbreitet. Fabeln, Verse und alles was geschaffen wird, haben den Charakter einen Menschen zu rügen und seine Fehler zu zeigen. Darüber schreiben die Autoren wie Ulrich Boner (zwischen 1324 und 1350, die genauen Lebensdaten sind unbekannt, „Der Edelstein“, um 1350) oder Konrad von Ammenhausen (zwischen 1324 und 1325, die genauen Lebensdaten sind unbekannt, „Schachzabelbuch“, 1337). Ganz gegen diese pädagogische „Welle“ tritt Heinrich Wittenwiler (1387, die genauen Lebensdaten sind unbekannt), mit seinem satirischen Lehrgedicht „Der Ring“ auf. „grell, derb und zotig beschreibt er eine Bauernhochzeit, […], mit denen Wittenwiler dem Leser ein Handbuch der vorbildlichen Lebensführung bieten will.“12…………………………………………… Im 16. Jahrhundert schreibt der Humanist Aegidius Tschudi (1505-1572) „Schweizerchronik“, die später als Vorbild für Schillers „Wilhelm Tell“ dient. Diese Zeit des Humanismus ist die Epoche der Reformation. Auf der Bühne des Volkstheaters erscheint der Kampf gegen oder für die Reformation. Als Anhänger der Reformation ist der Dichter Niklaus Manuel Deutsch (1484-1530) bekannt. Gegen die Reformation der katholischen Kirche ist Ulrich Zwingli (1484-1531). Nach der Zeit der Revolutionen kommt eine ruhigere Epoche der Aufklärung mit

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STOCKER, Beatrice: Die vier Literaturen der Schweiz. Zürich: Pro Helvetica, Schweizer Kulturstiftung. 1995. Seite 5 12 Ebd. Seite 8

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nationalen Texten, die das Land feiern. „Nicht nur die allgemeinen Forderungen nach Glück und Bildung schreiben die Schweizer Aufklärer auf ihre Fahnen, sie rufen auch zu Rückbesinnung auf nationale Mythen, zu Patriotismus und freiem Spiel der schöpferischen Phantasie auf.“13…………………………………………………… Zu den bekannten Autoren der Aufklärung zählt Albrecht von Haller (1708-1777) mit seinem berühmten Gedicht „Die Alpen“ (1729). Das Gedicht „Die Alpen“ ist ein Bestandteil des Werkes „Versuch Schweizerischer Gedichte“ (1732) und verherrlicht die Natur. Ein psychologischer aufklärerischer Schriftsteller ist Johann Caspar Lavater (17411801); durch sein Werk „Physiognomische Fragmente“ wird er bekannt. In der Zeit der Aufklärung wirken Autoren wie Salomon Gessner (1730-1788), Ulrich Bräker (1735-1798), Heinrich Zschokke (1771-1848) oder Ulrich Hegner (1759-1840). Im 19. Jahrhundert kommt der Realismus, die Zeit der großen Erzähler. Die bekanntesten Schriftsteller dieser Epoche sind Jeremias Gotthelf (1797-1854), Gottfried Keller (1819-1890) und Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898). Jeremias Gotthelf ist ein Klassiker der Dorfprosa, weil er die Situation und das Leben der Bauern beschreibt, moralische Hinweise vorlegt und Ratschläge anbietet. Zu seinen Werken gehören zum Beispiel „Bauernspiegel“ (1837), „Leiden und Freuden eines Schulmeisters“ (1838/39) oder „Uli und der Knecht“ (1841). Der Züricher Gottfried Keller gilt als Meister der Novellen und engagiert sich auch in der Politik. Tragische und auch komische Novellen erscheinen in der Sammlung „Die Leute von Seldwyla“ (1856). Weitere Werke sind beispielweise zwei Bildungsromane „Der grüne Heinrich“ (1853-55) mit autobiographischen Elementen, oder „Martin Salander“ (1886). Ein typisches Werk, daran man sich erinnert, wenn man „die Schweiz“ sagt, ist „Heidi“ von Johanna Spyri. „Heidis Lehr- und Wanderjahre“ (1879) wird ein Bestseller, darin eine idyllische Darstellung des Lebens vorgestellt wird. Die Fortsetzungen sind so weltbekannt und berühmt, dass auch ein Film gedreht wird. Der Schweizer Nobelpreisträger Carl Spitteler (1845-1924) formuliert die Haltung der Schweiz zum Ersten Weltkrieg als neutral in seiner Rede „Unser Schweizer Standpunkt“ (1914). Damit erwirbt er Berühmtheit, obwohl sein Hauptwerk „Olympischer Frühling“ (1905) ist. „Eindringlich fordert er Neutralität von den

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Ebd. Seite 12

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Schweizern auch als innere Haltung und gestattet ihnen kein anderes Gefühl als Ergriffenheit vor dem Leid der andern.“14………………………………………… Zu der Jahrhundertwende gehören die Realisten wie Jakob Bosshart (1862-1924) oder Carl Albert Loosli (1877-1959). Bosshart beschreibt sehr realistisch das Leben auf dem Lande. In seinem Roman „Ein Rufer in der Wüste“ (1921) kritisiert er die Gesellschaft und die Industrie. Carl Albert Loosli ist in seinen Werken sozialkritisch, zum Beispiel in „Die Schattmattbauern“ (1932), wo er Gattung des Kriminalromans benutzt. Die Literatur dieser Zeit wird oft als „lyrikarm“ bezeichnet. Lyrische Werke sind nicht so verbreitet und die lyrischen Autoren gehört nicht gerade zu den bekanntesten. Die lyrische Literatur wird nicht von den expressionistischen Jahren geprägt. Die Lyriker zeigen wenig von ihrer Umgebung, die von der Weltpolitik und der Weltliteratur beeinflusst wird. Die lyrischen Punkte bilden Adrien Turel (1890-1957), Werner Zemp (1906-1959) und Albin Zollinger (1895-1941).

2. 2. Die Literatur der Zeitgenossen von Friedrich Glauser „Wie soll ein Autor gelangen, wenn er in seiner Heimat kaum existent ist!“15 Nach den Fehleinschätzungen im Jahre 1933 ist es immer wieder schwer für die schweizerischen Autoren bekannt zu werden. Ihre Heimat lehnt sie ab und für die Leser ist es schwierig die Bücher der „unschweizerischen“ Schriftsteller zu finden und zu lesen. Die Schriftsteller fühlen sich nicht heimisch und dieses Gefühl spiegelt sich in ihren Werken. Zum Beispiel die Werke von Friedrich Glauser werden als „hochgradig unschweizerisch“16 bezeichnet. ……. Die Autoren stehen am Rande der Gesellschaft und wirken empört. Sie haben persönliche Probleme und sind oft Drogensüchtige. Trotzdem sind sie literarisch interessanter, obwohl sie „unschweizerisch“ sind. In ihren Werken stellen sie ihre Erfahrungen dar. Friedrich Glauser aus der französischen Fremdenlegion und aus dem eigenen Leben, Robert Walser aus Berlin oder Ludwig Hohl aus Holland. 14

Ebd. Seite 29 FRINGELI, Dieter: Dichter im Abseits. Schweizer Autoren von Glauser bis Hohl. Zürich, München: Artemis Verlag. 1974. Seite 13 16 Ebd. Seite 8 15

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Der größte Schriftsteller dieser Zeit ist Robert Walser (1878-1956). Nach ihm nennen manche Kritiker diese Zeit als „Robert-Walser-Generation“17. Walser gerät in literarische Kreise mit seinen Gedichten, dann bald erwirbt er Berühmtheit dank drei Romane „Geschwister Tanner“ (1907), „Der Gehülfe“ (1908) und „Jakob von Gunten“ (1909). Er zeigt die Grenze zwischen Realität und Wahnsinn und gilt als Vorstufe zu den Romanen von Kafka. „… seine Romane, die teils autobiographische Züge tragen, besitzen einen düster-pessimistischen Grundton und zeigen neben der Machtlosigkeit der Protagonisten die Brüchigkeit der kleinbürgerlichen Welt und ihrer Ideale.“18 Nach diesem Erfolg widmet sich Walser den kurzen Prosastücken und Mikrogrammen – das sind „Prosastücke und Lyrik in extrem verkleinerten Bleistiftschrift“.19 Seit 1929 bleibt er in einem Irrenhaus und in einer Pflegeanstalt. Nach dem Tod wird er immer mehr bekannt und gilt als einer der wichtigsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. „Mit seinen spieler. Und selbstreflexiven Texten gehört W. zu den Wegbereitern der literar. Moderne und zu den wichtigsten deutschsprachigen Autoren des 20. Jh.“20 Er stirbt allein während einer Wanderung im Schnee. Anderer Vertreter der Robert-Walser-Generation ist Ludwig Hohl (1904-1980). Seine wichtigen Werken sind „Nuancen und Details“ (1939), ein philosophischer Essay, oder „Drei alte Weiber in einem Bergdorf“ (1970). Sein Hauptwerk ist „Die Notizen oder Von der unvoreiligen Versöhnung“ (zwei Bände, 1944, 1954), in dem er Aphorismen, Traktate, Gedichte und Zitate mischt. Hohl will nichts mit der Konsumgesellschaft zu tun haben, deshalb lebt er für einige Jahre im Keller. Ein weiterer Zeitgenosse von Glauser ist Adolf Wöflli (1864-1930), Dichter, Maler und Musiker. Seine strenge Kindheit bringt ihm lebenslang nur Probleme. Seit 1895 verbringt er seine Tage bis zum Tode in einer Irrenanstalt, die Diagnose ist Schizophrenie. Dort schafft er sein Hauptwerk „Von der Wiege bis zum Graab. Oder Durch schwitzen, leiden, und Drangsal bettend zum Fluch“ (1985), eine ausgedachte Autobiographie. „Avantgardistisch ist seine Technik, Texte, Zahlenreihen, bildliche Darstellungen, musikalische Notierung und Collageelemente zu untrennbaren

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Ebd. Seite 13 Internetpräsenz vom Wissenportal wissen.de. URL: http://www.wissen.de/lexikon/walser-robert. Letzter Zugriff am 15.4.2013 19 Ebd. Letzter Zugriff am 15.4.2013 20 Internetpräsenz des Historischen Lexikons der Schweiz. URL: http://www.hls-dhsdss.ch/textes/d/D12378.php. Letzter Zugriff am 15.4.2013 18

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Geflechten zu verbinden.“21 Wölfli stirbt in der Irrenanstalt in Waldau und wird als Vertreter der Art Brut betrachtet. Mitte der fünfziger Jahre gelang zwei Autoren der deutschsprachigen Schweiz der Durchbruch zu weltliterarischer Geltung: Max Frisch (1911-1991) mit dem Roman „Stiller“ (1954) und Friedrich Dürrenmatt (1921-1990) mit der Komödie „Der Besuch der alten Dame“ (1956).22

Die Leser und das Publikum konzentrierten sich in den 50er Jahren mehr auf Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt, weil die Autoren der Vorkriegszeit die Bedeutung und Aufmerksamkeit verloren. Doch Friedrich Dürrenmatt schrieb Kriminalromane nach dem Stil von Friedrich Glauser, zum Beispiel „Der Richter und sein Henker“ (1950). Den weiteren Umbruch brachten die Publikationen von zum Beispiel Otto Friedrich Walter („Der Stumme“, 1959) und von Hans Boesch („Das Gerüst“, 1960) oder von Adolf Muschg („Im Sommer des Hasen“, 1965).

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KÄSER, Rudolf: Die vier Literaturen der Schweiz. Zürich: Pro Helvetica, Schweizer Kulturstiftung. 1995. Seite 38 22 KÄSER, Rudolf: Die vier Literaturen der Schweiz. Zürich: Pro Helvetica, Schweizer Kulturstiftung. 1995. Seite 47

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3. Die Drogen „Als Droge bezeichnet man jede Substanz, die das zentrale Nervensystem (Wahrnehmung, Gefühle, Emotionen, Motorik) beeinflusst und das Bewusstsein verändert.“23 Die Drogen bedrohen die Menschheit seit tausenden Jahren. Die erste Droge war wahrscheinlich Alkohol, weil er leicht hergestellt wurde. Zur zweiten benutzten Droge gehört natürlich Tabak. Der Tabak kommt aus Nordamerika, wo die indianischen Stämme ihn rauchten. Gefährliche Drogen erschienen zuerst in der Medizin als medizinische Hilfsmittel, weil sie die Schmerzen dämpften oder als lokales Anästhetikum dienten. Jährlich verkauft man in der ganzen Welt Medikamente für 250 Milliarden Dollars, aber zehnmal mehr zahlt man für die Drogen. „Laut dem Weltdrogenbericht des vergangenen Jahres nahmen etwa 210 Millionen Menschen ein- oder mehrmals Drogen. Das sind rund fünf Prozent aller Erwachsenen. Als drogensüchtig und krankhaft abhängig gelten etwa 25 Millionen Menschen.“24-.-.-………………………-.-..-..---................-………………………. Mit dem Konsum der Drogen entsteht eine Drogensucht. Ihre Symptome sind die Toleranz – das ist ein Bedürfnis nach höherer Drogendosis um die Wirkung zu erreichen – und physische Abhängigkeit – das ist ein geänderter körperlicher Zustand, der nach dem Absetzen der Droge die Abstinenzsymptome auslöst. In manchen Fällen sind diese zwei Symptome nicht nötig und es entsteht nur die psychische Abhängigkeit. Die Drogensucht teilt sich nach auslösenden Ursachen auf einen Primärtyp und Sekundärtyp. Die Abhängigen des Primärtyps nutzen die Drogen für angenehme Wirkungen und sind meistens junge Leute. Zum Sekundärtyp gehören in meisten Fällen die Leute im mittleren oder höheren Alter, die auch gesellschaftlich gut integriert werden können. Sie benutzen die Drogen als ein Medikament für die Schmerzlinderung und für die anderen Schwierigkeiten wie die Schlaflosigkeit, die Spannung oder die Beklemmung.

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Internetpräsenz von unabhängiger Stiftung „Sucht Schweiz“. URL: http://www.suchtschweiz.ch/infos-und-fakten/substanzen-und-sucht/. Letzter Zugriff am 9.4.2013 24 Internetpräsenz von der Deutschen Welle. URL: http://www.dw.de/25-millionendrogens%C3%BCchtige-weltweit/a-16049741. Letzter Zugriff am 9.4.2013

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3. 1. Die Drogen in der Schweiz In der Schweiz sind Rauschgiftkonsum und Rauschgiftkonsumierung in manchen Kantonen verboten. Doch zum Beispiel in Zürich wird das Gesetz nicht gehalten, besonders in Heilzentren. In der Schweiz gibt es solche Heilzentren für Drogenabhängige mehr als 800. Die Leute waren unsicher im Drogenkonsum, weil früher alles verboten wurde, trotzdem haben manche Ärzte allmählich den Drogenkonsum empfohlen oder sie haben Heroin sogar als unschädlich bezeichnet. In Zürich gab es während Jahren offene Drogenszenen: ein zentraler und lange Zeit tolerierter Treffpunkt für Drogenabhängige war ein Park (Platzspitz) in der Nähe des Hauptbahnhofs in Zürich. Nach der Schließung dieses Treffpunkts im Jahre 1992 verlagerte sich die Szene etwas weiter weg zum stillgelegten Bahnhof Letten, wo sie bis 1995 geduldet und dann von der Polizei geräumt wurde.25

Die bekannteste Drogenszene ist im Züricher Park Platzspitz, wo der Drogenkonsum und der Drogenhandel toleriert werden. Die Medien unterstützen diese Drogenszene, sie kämpfen für die Legalisierung der Drogen in der Schweiz, weil sie denken, dass die Drogen einen Teil unseres Lebens bilden. Die Drogen waren, sind und werden immer bei der Menschheit. Wegen dieser Unterstützung hat sich Kriminalität rapid erhöht und der Platzspitz wurde geschlossen. Damit sind die Drogenprobleme aber nicht verschwunden, weil die Drogenszene ins Areal Letten gezogen ist. Diese milde schweizerische Drogenpolitik hat auch ausländische Auswirkungen auf andere Staaten. Die Schweiz gilt als Vorbild für andere Länder, die nach schweizerischem Muster die Legalisierung der Drogenausgabe einführen wollten. Das sind zum Beispiel Staaten wie die Niederlande, Österreich und sogar Deutschland.

3. 2. Morphium und seine Wirkungen Eine weitere Runde in der Geschichte des Drogenkonsums war die Erfindung von Morphin und der medizinischen Spritze. Die Droge 25

Internetpräsenz von dem Department für auswärtige Angelegenheiten Präsenz Schweiz. URL: http://www.swissworld.org/de/bevoelkerung/alkohol_und_drogen/harte_drogen/. Letzter Zugriff am 9.4.2013

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konnte direkt ins Blut gespritzt werden. Man dachte, dass Morphin im Gegensatz zu Opium nicht abhängig macht. Es stellte sich jedoch schnell das Gegenteil heraus. Unter den Soldaten gab es viele Morphinabhängige, die in Krankenhäusern mit dem Stoff behandelt wurden.26

Im 18. Jahrhundert wurden die Opiate in europäischer Medizin benutzt, hauptsächlich für die Dämpfung der Schmerzen und auch für andere Erkrankungen. Die Opiumtinktur, bezeichnet als Laudanum, war zuerst nur eine Lösung von Opium im Äthylalkohol, dann wurde Äthylalkohol durch Morphium ersetzt. In der Psychiatrie wurde die Opiumtinktur bis Ende des 20. Jahrhunderts zur Behandlung der Depression benutzt. Im 19. Jahrhundert entstanden in ganz Europa sogenannte Opiumhöhlen. Die Drogensüchtigen verbrachten hier ihre Freizeit und rauchten legal das Opium. Das Opium wird aus dem Schlafmohn (lat. Papaver Somniferum) gewonnen. Allgemein die Opiate sind eine Gruppe der Drogen, die Schmerzen dämpfen. Sie knüpfen sich an Rezeptoren im Gehirn. Außer der Schmerzdämpfung lösen sie noch Gleichgültigkeitsgefühl und Schläfrigkeit aus. Sie werden geraucht oder gespritzt. 1850 wurde eine Injektionsspritze hergestellt. Die Drogenabhängigen konnten die Rauschgifte schneller in den Körper herbringen. Doch die Tablettenform ist für medizinische Bedürfnisse ständig eine verbesserte Methode des Einsatzes, weil die Drogen sich im Verdauungstrakt langsamer auflösen. Ihre wirksamen Stoffe werden allmählich und für lange Zeit absorbiert und deshalb erleichtern sie den Patienten von Schmerzen für einen ganzen Tag. Das ist ein wesentlicher Fortschritt in Medizin, weil diese Stoffe ziemlich schnell die Wirksamkeit verlieren und die Ärzte den Patienten nach einigen Stunden wieder eine Dosis eingeben müssten. Damit entstehen andere Komplikationen. Man muss den Patienten die Dosen erhöhen, weil sie die Toleranz an die Drogen entwickeln. Manchmal hören die Medikamente auch in großer Menge auf zu wirken. Der Drogenabhängige muss deshalb täglich bis zu einem Gramm Morphium einnehmen, was einen Nichtgewöhnten töten könnte. Der Gebrauch mit dem Alkohol ist eine gefährliche Kombination. Reines Morphin löst die gleichen physiologischen Wirkungen aus wie Opium, wirkt jedoch wesentlich stärker. Es euphorisiert und betäubt 26

Internetpräsenz von Ria Novosti, URL: http://de.rian.ru/opinion/20101112/257636057.html. Letzter Zugriff am 9.4.2013

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Schmerzen, ohne das Bewusstsein völlig auszuschalten. Morphin wird zur akuten Schmerztherapie bevorzugt injiziert, zur langfristigen Behandlung wird Morphin in Tablettenform oral verabreicht, bei weniger akuten Fällen kann auch subcutan gespritzt werden. Die Wirkung hält nur 3-4 Stunden an.27

Zu den Opiaten gehört außer dem Opium auch das Morphium. Als Erfinder des Morphiums gilt Friedrich Wilhelm Sertürner (1783-1841), der im Jahre 1804 das Morphium von dem Opium chemisch trennte. Morphium wurde benannt nach dem griechischen Gott des Schlafs Morpheus. Es ist eine hoch süchtige Droge, deren Abstinenzsymptome sehr stark sind. Die Drogensüchtigen sind danach unruhig, sie haben Bauchschmerzen und Schmerzen in den Beinmuskeln. Diese Abstinenzsymptome sind dem Delirium tremens ähnlich. Die Nebenwirkungen sind Brechgefühle, Verstopfung und Begriffsverwirrung. Das Morphium hat die Fähigkeit die Angst zu lindern. Es löst die Narkomanie aus und mit der Sucht steigert das Bedürfnis die Dosen zu erhöhen, damit man den gleichen Effekt erreicht. Da das Morphium sehr süchtig ist, steigert es die Kriminaltätigkeit. Die Drogenabhängigen rauben ärztliche Sprechzimmer und chemische Laboratorien aus, weil sie kein Geld für Einkauf des Morphiums haben und das Morphium in ärztlichen Einrichtungen als einfachste Weise zum Drogengewinn ist. Die Morphiumabhängigkeit ist typisch für schwache Persönlichkeiten mit dem Kraftmangel, schwachem Willen und schwachem Selbstvertrauen. Sogar die Patienten, die das Morphium als Medikament benutzen und unter ärztlicher Aufsicht stehen, können Abhängige werden. Das Morphium verringert die Befürchtungen und Ängstlichkeit, die die Lebensprobleme hervorrufen. Es bringt das Gefühl der Lebensbefriedigung und der Euphorie. Vor Jahren verschrieben die Ärzte das Morphium gegen verschiedene Krankheiten, die Schmerzen auslösen, aber das Ergebnis davon war hohe Zahl der Drogenabhängigen. Das Morphium wurde auch den Soldaten als die Erleichterung in den Kriegszeiten gegeben, weil es als Analgetikum galt. Das führte zur Verbreitung der Morphiumabhängigkeit.

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Internetpräsenz vom Drogenlexikon Drogen-Wissen. URL: http://www.drogenwissen.de/DRUGS/DW_GE/morphin.shtml. Letzter Zugriff am 16.4.2013

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3. 3. Die Drogen unter den Schriftstellern Gerade Schriftstellern und Künstlern ist die Überlegung nicht fremd, dass die totale Hingabe an eine Leidenschaft, dass der Kampf um die Vollendung eines Könnens nur wenig mit Wohlbefinden, sehr viel aber mit Selbstzerstörung zu tun hat – und nicht selten mit angeblich oder tatsächlich leistungssteigernden Drogen.28

Die Drogenabhängigen waren nicht nur unter den Durchschnittsbürgern, sondern auch unter den Schriftstellern. Viele von ihnen waren krank oder hatten schlechte Lebenserlebnisse. Es gab noch solche Schriftsteller, die die Drogen nutzten, um die Gefühle zu beschreiben, um etwas Neues in die Literatur zu bringen. In Zeiten der größten Autoren, die die Literatur beeinflussten, waren die Rauschgifte nicht verboten. Sogar schon im 19. Jahrhundert ging es um einen gewissen Modetrend, weil das 19. Jahrhundert ein Jahrhundert der Versuchen mit den Rauschgiften war. 1804 wurde Morphium isoliert, 1859 Kokain, im Jahre 1883 Kodein, weiter 1898 Heroin und im Jahre 1900 Mescalin. Der Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud (1856-1939) probierte die Kokainwirkungen an sich selbst und benutzte Kokain als Heilsmittel für Depressionen. Er versuchte auch seinem Freund zu helfen und die Morphiumabhängigkeit abzubauen. Der Versuch war leider erfolglos und sein Freund wurde dazu noch kokainsüchtig. Das 20. Jahrhundert war die Periode, wo man sich der Erforschung der Drogen widmete - im Jahre 1938 stellte Albert Hofmann (1906-2008) LSD her, 1913 war das Jahr der Entstehung der Ekstase. Die Drogen waren nicht schwer zu beschaffen, denn sie wurden als Medikamente oder Opiate als schmerzstillende Mittel verkauft. Es kam nicht zum Massenmissbrauch, überwiegend nur die Künstler nahmen die Opiate und Drogen ein. Sie nahmen die verschiedenen Kombinationen vom Opium, Marihuana und selbstverständlich auch Alkohol ein. Die Frage ist, ob die drogenabhängigen Autoren wirklich Künstler sind, ob ihre Werke einen Wert haben. Die weltbekannten Schriftsteller wie Novalis (1772-1801), Charles Baudelaire (1821-1867), Thomas de Quincey (1785-1859) waren drogensüchtig. Trotzdem beeinflussten ihre Werke die Weltliteratur und ihre Nachfolger schöpften aus ihren Werken. Diese von den Rauschgiften besessenen 28

Internetpräsenz von der Online-Zeitung Die Welt. URL: http://www.welt.de/kultur/article910496/Doping-im-Namen-der-Kunst-Aber-ja.html. Letzter Zugriff am 18.4.2013

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Schriftsteller suchten neue poetische Wege, die sie in ihren Werken benutzen konnten. Als ersten versuchten die Autoren der Romantik die Wirkungen in Literatur zu spiegeln. Schon Novalis nahm Opium ein und schuf seine bekannteste Sammlung von Gedichten „Hymnen an die Nacht“ (1800). Als schönes Beispiel galt das Werk vom schottischen Autor Robert Louis Stevenson (1850-1894) „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ (1886), den Stevenson mit Einfluss der Drogen schuf. Die gespaltene Persönlichkeit der Schizophrenie konnte als eine Metapher auf Drogengebrauch sein. Der deutschen Schriftsteller Klaus Mann (1906-1949), ein Sohn von Thomas Mann, schrieb über seinen Drogenkonsum und das Abgewöhnen im Werk „Der Vulkan, Roman unter Emigranten“ (1939). Er nahm sich das Leben durch Überdosis der Schlaftabletten. Ein weiterer Drogenabhängiger war zum Beispiel Hans Fallada (1893-1947), der nach einem Pistolenschuss im Drogenrausch in einer Pflegeanstalt interniert wurde. Über die Drogen schrieb er in seinem Werk „Wer einmal aus dem Blechnapf frisst“ (1934). Die Krankheiten waren das Hauptproblem bei mehreren drogensüchtigen Autoren. Der österreichischer Schriftsteller Stefan Zweig (1881-1942) heilte seine Migräne mit allen verschiedenen Opiaten und unter einer Depression brachte er sich um. Ein weiterer bekannter Schriftsteller und Dichter Charles Baudelaire war alkohol- und drogensüchtig, weil er unheilbare Syphilis hatte, und damit entstanden viele Probleme mit seiner Gesundheit. Er schöpfte aus den Werken des englischen romantischen Prosaikers Thomas de Quincey und bezeichnete ihn als den am besten über die Opiumabhängigkeit schreibenden Autor. Thomas de Quincey war sehr stark opiumsüchtig, weil er krank war. Das Opium begleitete ihn fast ganzes Leben und seine Erfahrungen damit vermittelte er im Werk „Bekenntnisse eines englischen Opiumessers“(1822).

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4. Friedrich Glauser und Morphium „Schon zu Lebzeiten war er beim Deutschschweizer Lesepublikum als Autor und Erschaffer der Figur des Wachtmeister Studer populär. Nach seinem Tod geriet sein Werk in Vergessenheit und wurde erst in den Siebzigerjahren wiederentdeckt.“29 Friedrich Glauser zählt in der Schweizer Literatur zu den Autoren, die hauptsächlich Kriminalromane schreiben. Trotzdem garantiert ihm nicht sein bekannter Hauptheld Wachtmeister Studer solche Berühmtheit, die er verdienen würde. Glauser war ein Leben lang im Konflikt mit den Gesetzen. Seine Werke sind hochgradig „unschweizerisch“ und seine Lebensweise entspricht dem Mittelstrom nicht, deshalb ist er ein Außenseiter. Obwohl er als einer der ersten deutschsprachigen Krimiautoren gilt, wird er ein Morphinist und Irrenhäusler. Für den Gebrauch der Rauschgifte wird er interniert und auch psychiatrisch behandelt. Seine Flucht nach Frankreich stachelt ihn zum Eintritt in die französische Fremdenlegion an. Er wird als „Simenon der Schweiz“ benannt, weil seine Werke sich dem Schaffen des belgischen Autors Georges Simenon melden. Simenon schrieb, wie Glauser, Kriminalromane und sein Hauptheld Kommissar Maigret scheint ein Verwandter von Glausers Studer zu sein.

4. 1. Biographie „Daten wollen Sie? Also: 1896 geboren in Wien von österreichischer Mutter und Schweizer Vater. Großvater väterlicherseits Goldgräber in Kalifornien (sans blague), mütterlicherseits Hofrat (schöne Mischung, wie?). Volksschule, 3 Klassen Gymnasium in Wien. Dann 3 Jahre Landerziehungsheim Glarisegg. Dann 3 Jahre Collège de Genève. Dort kurz vor der Matur hinausgeschmissen … Kantonale Matur in Zürich. Dann Dadaismus. Vater wollte mich internieren lassen und unter Vormundschaft stellen. Flucht nach Genf … 1 Jahr (1919) in Münsingen interniert. Flucht von dort. 1 Jahr Ascona. Verhaftung wegen Mo. Rücktransport. 3 Monate Burghölzli (Gegenexpertise, weil Genf mich für schizophren erklärt hatte). 1921–23 Fremdenlegion. Dann Paris Plongeur. Belgien Kohlengruben. Später 29

BAUMBERGER, Christa: vice versa 1 literatur. Jahrbuch der Literaturen der Schweiz. Zürich: Limmat Verlag. 2007. Seite 160

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in Charleroi Krankenwärter. Wieder Mo. Internierung in Belgien. Rücktransport in die Schweiz. 1 Jahr administrativ Witzwil. Nachher 1 Jahr Handlanger in einer Baumschule. Analyse (1 Jahr) … Als Gärtner nach Basel, dann nach Winterthur. In dieser Zeit den Legionsroman geschrieben (1928/29), 30/31 Jahreskurs Gartenbaumschule Oeschberg. Juli 31 Nachanalyse. Jänner 32 bis Juli 32 Paris als ›freier Schriftsteller‹ (wie man so schön sagt). Zum Besuch meines Vaters nach Mannheim. Dort wegen falschen Rezepten arretiert. Rücktransport in die Schweiz. Von Juli 32 – Mai 36 interniert. Et puis voilà. Ce n'est pas très beau …“30

Schrieb Friedrich Glauser in einem Brief an Josef Halperin am 15. 6. 1937. Josef Halperin ermöglichte die Publikation vom Roman „Gourrama“. Mit diesen Zeilen wollte Glauser die wichtigsten Momente im seinen Leben zeigen, die sein Leben beeinflussten. Schon bei dieser Aussage kann man einen starken Einfluss vom Vater bemerken. Glauser hatte keinen Bedarf am Verbergen seines Lebensschicksals, er vermittelte alles, sogar ohne Angst über Morphium zu sprechen. Glauser bezeichnete es im Brief als „Mo“. Seinen kurzen Biographie-Überblick beendete er mit zwei französischen Sätzen, in der Übersetzung „Und schließlich hier. Es ist nicht so schön“. Friedrich Glauser wurde am 4. Februar 1896 in Wien geboren. Sein Vater war ein Schweizer und seine Mutter eine Österreicherin, die in Aussig an der Elbe aufwuchs. Die Eltern lernten sich gerade in Aussig kennen und zogen dann nach Wien um. Nach vier Jahren starb Glausers Mutter an Blinddarmentzündung. 1902 heiratete der Vater wieder und der kleine Glauser wurde in die Evangelische Volksschule am Karlsplatz aufgenommen. Nach vier Jahren in der Volksschule trat Glauser ins k. u. k. ElisabethGymnasium ein, im Herbst 1906. Glauser war schon im jüngeren Alter ein Problemkind, aber erst mit dreizehn Jahren stahl er erstmals Geld. Der Vater sagte immer, dass Lügen ein Grund seines Charakters war. Der kleine Glauser niemals sah beim Vater eine Anerkennung oder Hilfe. Die schrecklichste Strafe für Glauser waren das Schweigen vom Vater und noch die Anblicke und die Rachen von der Hausköchin Witwe Steindl. Nach Jahren begriff er sie, doch als klein war er für ihn schwierig. „Was willst du, nach dreissig Jahren begreife ich die Bosheit dieser alten Frau […] Ausserdem war sie Witwe, und der Andrees, ihr Sohn, ging zu einem Schuster in die 30

Internetpräsenz von der Seite des Limmat Verlags Zürich. URL: http://www.limmatverlag.ch/Default.htm?/glauser/glauser.htm. Letzter Zugriff am 22.4.2013

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Lehre. […] , dass ihr Andrees (dreizehn Jahre alt war er) anderen Leuten die Schuhe sohlen sollte, während ich den „gnädigen Herrn“ spielte, das heisst in Büchern las, Hefte vollschrieb und Klavier spielte.“31……………………………………………….. Er wurde jeden Tag bestraft, für nichts und für alles. Selbstverständlich wenn ein Kind statt eine Belohnung zu bekommen, eine Strafe erhält, versucht es niemals besser zu werden. Es hat keine Motivation, wenn es nur Bestrafungen bekommt. Im Jahre 1909 floh Glauser vom Haus. Er wurde des Diebstahls beschuldigt, verkaufte seine Schulbücher, kaufte eine Fahrkarte ein und reiste nach Pressburg. Er hatte große Pläne, wie er in die Türkei, ans Schwarze Meer und in andere Länder wandern wird. „Ich ging in ein Antiquariat, verkaufte meine Schulbücher, […], fuhr mit dem Tram auf den Staatsbahnhof und verlangte ein Billet nach Pressburg.“32 Er wurde von Polizisten gefangen und der Vater holte ihn ab und brachte ihn wortlos nach Hause. Drei Jahre absolvierte Glauser am Elisabeth-Gymnasium, musste die dritte noch repetieren. „Nicht genügend“ war er in Latein und Griechisch, diese zwei Fächer waren sehr wichtig für den Vater. Der kleine Glauser musste jeden Morgen sie wiederholen und lernen. Wenn er aber fast jeden Tag für etwas bestraft wurde, hörte er mit dem Lernen und den Bemühungen beim Vater sich als erfolgreich und talentiert zu zeigen auf. Er wurde eine Schande für den Vater, der immer der Beste war. Im Jahre 1910 schrieb sein Vater am Landerziehungsheim in Glarisegg in einem Aufnahmegesuch, dass der kleine Friedrich noch die dritte Klasse repetieren brauchte. Nach drei Jahren versuchte er Selbstmord mit dem Chloroform zu begehen; es gibt mehrere Theorien darüber. Eine zeigt Glauser als einen Homosexuellen, als eine Grundlage dazu dient die Aussage von Glauser bei einer Untersuchung zehn Jahre später, wenn er über eine romantische Freundschaft aus Glarisegg spricht. Glauser selbst begründet den Selbstmordversuch als Verwirrung vom Internat, wo strenge Ansprüche waren. Im Jahre 1913 wurde Glauser aus dem Glarisegg rausgeworfen und trat ins Collège Geneve ein. Frühzeitig meldete er sich zum freiwilligen Dienst in der Schweizer Armee und wurde ein Rekrut und Korporal. Nach dem Dienst kam er ins Collège Geneve. Wieder dort machte er Probleme und diesmal geriet er in einen Streit mit

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GLAUSER, Friedrich: Morphium. Und autobiographische Texte. Zürich: Verlags AG „Die Arche“. 1980. Seite 11 32 Ebd. Seite 19

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einem Lehrer. Es ging um einen Artikel im Journal helvétique, der Glauser schrieb. „Nur – der Artikel behandelt den Gedichtband eines Lehrers am Collège. […] Herr Professor Frank hat ein Buch über Bergson geschrieben – er ist ein Philosoph. Hätte er nur dieses gelehrte Werk verfasst, niemals wäre es mir eingefallen, mein Missfallen über ihn auszudrücken.“33 Der Professor nahm seine Entschuldigung nicht an. Nach diesem verließ Glauser Genf und schrieb sich für das kantonale Abitur in Zürich am Institut Minerva ein. Dann wollte er in seinem Leben als Chemiker fortsetzen. „Der Direktor des Collège de Genève musste mir ein Abgangszeugnis schreiben; und ich konnte mich an der Zürcher Universität immatrikulieren. Ich wollte Chemiker werden… Aber statt Chemie zu studieren, wurde ich Dadaist. Man entgeht seinem Schicksal nicht.“34 Mehrmals in seinem Leben erinnerte sich Glauser am Artikel im Journal helvétique und nahm ihn als eine Strafe für Teil seines Schicksales. Im Jahre 1915 trat er in die Universität in Zürich ein und zog nach Zürich um. Damit trennte er sich schließlich von den Eltern, hauptsächlich vom Vater, ab. Leider war das Studium für ihn nutzlos und er sah keine Zukunft Chemie weiter zu studieren. Trotzdem schrieb er sich 1916 im Wintersemester ein, weil er zur Romanistik übergehen wollte. Er absolvierte keine Vorlesungen und wurde aus dem Studium gestrichen. Während seines Studiums an der Universität entdeckte er den Zauber des Dadaismus. Der Dadaismus galt als etwas gegen alle Künste und entwickelte sich um 50 Jahre später in eine totale Kunst. Er verspottet die durchschnittliche Kunst und Literatur. Der Schriftsteller Hugo von Ball (1886-1927) gründete am Ende 1915 das Cabaret Voltaire in Zürich, das später zum Sammelort der Dadaisten bestimmt wurde. Die führenden Figuren waren außer anderen Emigranten, die vor dem Weltkrieg eine Zuflucht suchten. Im Jahre 1917 wurde Glauser in den Zirkel der Dadaisten aufgenommen. Dank dieser Gruppe machte Glauser Bekanntschaft mit solchen Namen wie Emmy Hennings (1885-1948), Tristan Tzara (1896-1963) oder Hans Arp (1886-1966). Glauser verzichtete völlig auf das Studium und führte ein Künstlerleben. Damit stimmte sein Vater nicht überein. „Der Vater beauftragte Advokat und Polizei mit Beaufsichtigung und Observation des Sohnes.“35 Glauser trank Alkohol, rauchte Zigaretten, aber das Schlimmste wartete auf ihn noch. 33

Ebd. Seite 28 Ebd. Seite 35 35 GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988. Seite 42 34

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Er wollte und brauchte etwas anderes für die tägliche Ignoranz des verlaufenden Krieges. „Gifte, Opiate, Drogen. Zürich war der endgültige Einstieg in das gegen sich selbst gerichtete Leben.“36 Er entdeckte den Äther, der ihm leider Probleme mit den Lungen brachte. Er erkrankte an der Lungentuberkulose, deswegen begann seine Morphiumabhängigkeit. Das war schon im Jahre 1918. Da ich Alkohol in grossen Quantitäten vertrage, ohne berauscht zu werden, suchte ich nach einem andern Mittel und begann mit Äther. Aber dieses Gift ist unangenehm. Sein Geruch ist schwer zu vertreiben und bleibt als penetranter Geschmack tagelang im Munde zurück. Auch greift der Äther die Lunge an. Während einer Erkältung bekam ich mitten in der Nacht eine starke Lungenblutung, musste um Mitternacht einen Arzt aufsuchen; dieser machte mir eine Morphiumeinspritzung und liess mich konzentriertes Salzwasser trinken.

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Der Vater strebte nach der Möglichkeit, die Vormundschaft über seinen Sohn zu übernehmen. Schließlich wurde Friedrich Glauser am 18. Januar 1918 unter die Vormundschaft seines Vaters gestellt. Bei diesem Urteil war Glauser abwesend, das Amt suchte ihn für 5 Monate. Dann im Juni, als er bei kleinen Diebstählen und einer Rezeptfälschung ertappt wurde, wurde er gefangen und verhaftet. „Es gelang mir. Im Juni jedoch geschah es, daß ein Apotheker Verdacht schöpfte, den Arzt, dessen Namen ich unter das Rezept gesetzt hatte, antelephonierte. Die Fälschung wurde entdeckt, tags darauf wurde ich von einem Geheimpolizisten verhaftet.“38 Dann bewegte sich Glauser von einer Anstalt zu anderer. Während dieser Zeit versuchte er vielmals Selbstmord zu begehen. Er ging auch einige Entziehungskuren ein. Diese Irrenanstalten, Anstalten, psychiatrischen Kliniken, Selbstmordversuche und Entziehungskuren werden im Kapitel 4.2. behandelt. Die Glücksmomente kamen in Glausers Leben selten vor. Doch zum Beispiel sein Aufenthalt in Ascona darf ein daraus werden. Er fand dort Freunde und mietete eine kleine Mühle, die er zusammen mit einer Freundin für zwei Monate bewohnte. Dann fühlte er die bekannte Einsamkeit und sein Leben bewegte sich wieder in

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Ebd. Seite 48 GLAUSER, Friedrich: Morphium. Und autobiographische Texte. Zürich: Verlags AG „Die Arche“. 1980. Seite 121 38 GLAUSER, Friedrich: Anamnese, selbst vom Patienten geschrieben. Zitiert nach: GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988. Seite 52 37

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ausgefahrenen Gleisen. Im Jahre 1921 ging Glauser in die Fremdenlegion, wo er bis 1923 blieb. Er schrieb in einem Legionsbericht über Erlebnisse aus Kasernen und Städten, über die Schichte und die Arbeit. Er trank dort viel Alkohol und rauchte viel Zigaretten, weil der Dienst zuerst leicht war. Mit der Morphiumsucht hatte es Glauser schwierig, weil man in der Legion kein Morphium beschaffen konnte. „In der Fremdenlegion war es mir unmöglich, diese Mittel zu beschaffen, […] und als ich sie täglich zu gebrauchen hatte (als Sanitärkorporal), stießen sie mich mehr ab, als daß sie irgendeine Sucht in mir erregten.“39 Nach einem langen Marschieren wurde er krank. Die Erkältung wurde nicht geheilt, so erkrankte Glauser an der Malaria und wurde 1923 wegen Herzleiden entlassen. Als er aus der Fremdenlegion nach Paris kam, verbrachte er einen Kurzaufenthalt in einem Spital in Paris. Dann fand er eine Arbeit als Tellerwäscher. Mit seinem Chef trank er ab und zu Wein, letztendlich bestahl er den Chef und reichte präventiv die Kündigung ein. „Und ich bin ja offiziell -, so nennt man die Geschirrwäscher in Frankreich. Also eine Art Seemann. Und Seeleute lieben Rum. Sie trinken ihr Leben lang Rum und werden doch alt, wenn das Meer sie nicht vorher schluckt.“40 Weiter versuchte er sich durchs Leben als Kohlenarbeiter in Charleroi in Belgien zu schlagen. Das brachte ihm kein Glück, er musste harte Arbeit ausüben. Aus dieser unendlichen Tätigkeit war er ständig krank, bis er wieder das Morphium bekam. „Er war tief unten, im doppelten Sinn des Wortes. Fieberanfälle, Leberkoliken. Und wieder gab ein Arzt Morphium, kam Glauser erneut an die Droge. Er machte einen Selbstmordversuch.“41 Er wurde hospitalisiert, bekam das Morphium von einem Arzt und weil das alles, hauptsächlich die erneute Süchtigkeit an Morphium, ihm Sorge brachte, schnitt er sich die Adern auf. Nach der Heiligung blieb er im Spital als Krankenwärter. Dann wurde er wieder in einer Irrenanstalt interniert (siehe Kapitel 4. 2.). Am 22. Juni 1926, als er aus der Anstalt im Witzwil entlassen wurde, lernte er Beatrix Gutekunst kennen und arbeitete als Hilfsgärtner. 1928 versuchte er die Vormundschaft 39

GLAUSER, Friedrich: Lebenslauf. Zitiert nach: SANER, Gerhard: Friedrich Glauser. Eine Biographie. Zürich: Suhrkamp Verlag. 1981. Seite 165 40 GLAUSER, Friedrich: Im Dunkel. Zitiert nach: GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988. Seite 75 41 GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988. Seite 76

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von seinem Vater aufzuheben, aber das gelang nicht. Das Morphium brachte Glauser wieder in Probleme. „Doch dann kam es zu einem Rückfall. Friedrich Glauser entwendete in einer Apotheke Morphium, sehr häufig, fast täglich.“42 Das Jahr 1930 war ein Anfang für das Studium an der Obst-, Gemüse- und Gartenbauschule Oeschberg bei Herzogenbuchsee in Bern, die er 1931 erfolgreich beendete. Im Juli 1932 beendete er Beziehung mit Beatrix und suchte die Beziehungen mit anderen Frauen auf. Seine letzte Stütze war Berthe Bendel, die er in Münsingen kennen lernte. „In Münsingen noch begann die Beziehung zwischen dem Patienten Glauser und der Pflegerin Berthe Bendel.“43 Mit Berthe zog er nach Angles, wo er an seinen Büchern arbeitete. Dann zogen sie nach Bretagne um. Noch im Jahre 1932 reichte der Vater einen Antrag ein, dass sein Sohn für ganzes Leben interniert werden sollte. Im Jahre 1937 starb der Vater und brachte teilweise eine Ruhe in Friedrichs Leben. Im Mai 1938 reisten Glauser und Bendel nach Nervi bei Genua, Italien. Sie entschlossen sich dort zu heiraten und zu leben. Sie bereiteten sich für die Hochzeit auf, Glauser richtete wichtige Dokumente ein. „Da Berthe Bendel Deutsche war, glaubten Glauser und sie, vom Mussolini-Italien aus die notwendigen Papiere problemloser zu bekommen. Am 13. September 1938 wurden die Anträge gestellt. Es vergingen Wochen, bis die erforderlichen Unterlagen beisammen waren.“44 Während dieser Tage war Glauser immer mehr im depressiven Zustand. Ob es wegen der Hochzeit, einer solchen Verpflichtung, der er niemals einging, oder wegen dem Verlust von Sinn des Lebens war, ist unklar. Das alles Schreckliche, was er erlebte, verlangte ihm ein Opfer ab. Er fühlte sich am Ende zu sein. „Ich weiß nicht mehr, was tun. […] Sie wissen, daß mein Leben nicht immer rosig gewesen ist. Nur bin ich müde jetzt, ich weiß nicht, ob es sich lohnt, weiter zu machen.“45 Glauser brach in den ersten Stunden am 6. Dezember 1938 vor seiner Hochzeit mit Berthe Bendel zusammen und blieb im Koma bis zum 8. Dezember, als er starb.

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Ebd. Seite 85. Ebd. Seite 102 44 Ebd. Seite 146 45 GLAUSER, Friedrich: Brief an den Redakteur Ras vom „Schweizerischen Beobachter“. Zitiert nach: GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988. Seite 152 43

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4. 2. Aufenthalte in den Anstalten, Kliniken und Selbstmordversuche Die Zahl der Internierungen, der Entwöhnungskuren, der verschiedenen Katastrophen in meinem Leben festzustellen, deren Dauer und Daten aufzuzählen, ist unwichtig. Notwendiger scheint es mir zu sein, kurz anzudeuten, was ich nicht erhoffe. Ich glaube, daß ich in der Fremdenlegion, in Witzwil, als Arbeiter gesammelt habe, bis jetzt noch nicht richtig verwertet habe.46

Friedrich Glauser verbrachte die Mehrheit seines Lebens in verschiedenen Anstalten, Kliniken und versuchte vielmals Selbstmord zu begehen. Er hoffte ganzes Leben, sich von der Drogenabhängigkeit zu befreien, ein neues Leben zu beginnen. Er stellte sich die gleiche Frage bei jeder Anstalt, bei jeder Analyse, die er eingehen musste: „Vielleicht gelingt es diesmal?“47 Schon der Besuch bei einem Nervenarzt eröffnete dem kleinen Glauser die Welt der Anstalten. Der Arzt galt als eine Drohung für das Kind, der Vater drohte noch mit einem Zuchthaus, wohin er kleinen Friedrich schicken konnte. Das Schlimmste war unbedingt das Timing, das 5 Tage später nach einem Diebstahl kam, weil der Vater mit der Strafe auf Friedrichs Geburtstag wartete. Wenn Glauser erwuchs, dachte er oft daran und begriff niemals, warum der Vater ihn zum Nervenarzt schickte. Er gab dem Vater eine kleine Schuld daran, wie sein Leben weiter entwickelte. Weisst, Kamerad, ich muss immer an eines denken. Später hab ich eine Zeitlang viel Bücher gelesen – und natürlich auch von einem Mann, der damals in Wien sein Wesen trieb. Der Mann ist auch Nervenarzt gewesen – Freud hat er geheissen, erinnerst du dich an den Namen? Und ich habe so bei mir gedacht: Wenn nun der Herr Direktor mich zu diesem Manne geführt hätte, vielleicht wäre mein Leben anders verlaufen.48

Nach einer Verfälschung eines Rezepts wurde Glauser im Jahre 1918 verhaftet. Da er keine Dosis Morphiums hatte, begannen bei ihm Abstinenzsymptome und er 46

GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988. Seite 100 47 GLAUSER, Friedrich: Morphium. Und autobiographische Texte. Zürich: Verlags AG „Die Arche“. 1980. Seite 136 48 GLAUSER, Friedrich: Morphium. Und autobiographische Texte. Zürich: Verlags AG „Die Arche“. 1980. Seite 14

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wurde zuerst in ein Spital und dann in die psychiatrische Klinik Bel-Air überführt. Dort verbrachte Glauser zwei Monate bis er wieder im August 1918 nach Münsingen transportiert wurde. Die Zeit in Bel-Air war schwer, weil Glauser hier seine erste Entwöhnung erlebte. Der Organismus erforderte die Dosis, die ihm Ruhe brachte, und schützte sich vor dem Mangel mit Abstinenzsymptomen. „Nachdem die Beschwerden der Entwöhnung vorbei waren (zur Beruhigung hatte ich täglich ein zweistündiges laues Bad verlangt), begannen die Lungenstiche von neuem, verbunden mit Temperaturerhöhung. (Morgens 37-37,3, abends 37,8-38,1).“49 In Münsingen machte Glauser Grippe mit hohen Temperaturen durch und erholte sich daraus sehr schnell. Während des Aufenthaltes arbeitete er viel im Garten, las oft, aber fürs Schreiben hatte er wenig Zeit. Er war ständig Müde, weil er früh aufstehen und gleich mit der Arbeit beginnen musste. Glauser war ständig im Stress. Am Juli 1919 floh er aus der Klinik nach Ascona. Dort arbeitete er auch zu viel und enthielt wieder Lungenprobleme. Er nahm Codein und Pantopon und im November 1919 begann er das Morphium erneut zu nehmen. Im April 1920 versuchte er eine Entziehungskur zu absolvieren, leider erfolglos, weil Glauser nicht widerstehen konnte, ohne Morphium zu sein. Er ersetzte Morphium durch Codein. Am 1. Juli 1920 wurde er wegen eines Diebstahls in Bellinzona verhaftet. Das alles war für Glauser zu stressig, deshalb versuchte er einen Selbstmord. „[…] infolge einer Nervenkrise beging ich in der Zelle einen Selbstmordversuch.“50 Er bekam Einspritzungen von Morphium, wurde mehrmals überführt und nach dem Blutsturz und den Ohnmachten nach Inselspital Bern transportiert. Nach 10 Tagen dort wurde er mit falschem Rezept gefangen und in eine Irrenstation Steigerhubel/Hollingen untergebracht. Davon flüchtete er am 29. Juli mit der Hilfe von seiner Freundin Elisabeth von Rucktechell. Am 3. August 1920 trat Glauser in die Psychiatrische Anstalt Burghölzli in Zürich ein. In der Bewertung eines Arztes stand die Diagnose „moralischer Schwachsinn“. In der Anstalt fühlte sich Glauser nicht wohl, er war müde, hatte keine Ruhe und Lust zu schreiben. „Es hätte keinen Sinn für mich zu schreiben. Dies ist nicht Pose oder

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GLAUSER, Friedrich: Anamnese, selbst vom Patienten geschrieben. Zitiert nach: GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988. Seite 53 50 Ebd. 53

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Literatur, sondern es ist ganz einfach so. Ich bin müd heute und dumm, es regnet.“51 Er ging die Untersuchungen ein, das zählte hauptsächlich Assoziationen, in denen der Psychiater den Vaterkomplex bearbeitete. Assoziationen wurden mit Reizwörter und Gedanken gebildet. „Zuerst die Reizwörter mit einmaliger Assoziation und Zeitkontrolle, dann Wiederholen der Wörter ohne Zeitkontrolle. Dann Anhören einer Wortreihe und Frage, welche behalten wurden […], dann Reihenfolge von Gedanken auf die behaltenen Reizwörter.“52 Glauser selbst behauptete, dass die Untersuchungen für ihn interessant waren. Er gewann viele Bilder von den Menschen. Glauser verspottete gerne die Ärzte, stellte Fragen, um die Hilfe von Ärzten anzuzweifeln. Über die Erlebnisse aus dieser Anstalt Burghölzli berichtete Glauser in einem Tagebuch, das er der Freundin Elisabeth widmete. Er vermittelte ihr, wie er Ruhe brauchte. Die Ruhe als Erlösung sah er in der Hölle, wo nur die Ausgewählten und Glücklichen eintreten konnten. Das bewies er durch eine Aussage von Christian Friedrich Hebbel (1813-1863): „In die Hölle des Lebens kommt nur der hohe Adel der Menschheit. Die andern stehen davor und wärmen sich.“53 Damit entsteht bei Manchen ein Paradox, weil das Leiden sich in der Hölle befindet. Die Hölle gilt als Symbol der Sündenstrafe. Der schrecklichste Tag war für ihn 30. August 1920, als er seine Diagnose erfuhr. „Dementia praecox und konstitutionelle Psychopathie; Complication: Morphomanie. Ich hab ein paar Tage gebraucht, um dies zu verdauen.“54 Der größte Angst Glausers war vor dem Wahnsinn. Im Tagebuch dachte er darüber, weil er die Atmosphäre in der Anstalt grauenhaft fand. Daraus litt er an Depressionen. Wieder im Paradox stellte er sich Frage, ob der Wahnsinn auch als Erlösung galt. „Und dann ist Wahnsinn nicht doch vielleicht Erfüllung?“55 Am 2. Oktober 1920 wurde er entlassen. Im Gutachten wurde unter anderen das Folgende erwähnt: „Seit 2 Monaten ist er wieder morphiumfrei: sein willensschwacher, haltloser Charakter, der die Grundlage zu seiner 51

GLAUSER, Friedrich: Morphium. Und autobiographische Texte. Zürich: Verlags AG „Die Arche“. 1980. Seite 37 52 Ebd. Seite 39 53 HEBBEL, Christian Friedrich. Zitiert nach: GLAUSER, Friedrich: Morphium. Und autobiographische Texte. Zürich: Verlags AG „Die Arche“. 1980. Seite 46 54 GLAUSER, Friedrich: Morphium. Und autobiographische Text. Zürich: Verlags AG „Die Arche“. 1980. Seite 49 55 Ebd. Seite 49

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Morphiumsucht abgab, ist aber nur wenig verändert, so daß die Gefahr eines Rückfalles nicht außer acht gelassen werden darf, wenn uns Glauser schon betont, er habe gegenwärtig einen Abscheu vor dem Morphium, wie es noch nie vorgekommen sei, seit er das Mittel nehme.“56

Nach der Fremdenlegion arbeitete Glauser in Charleroi in Belgien (siehe Kapitel 4. 1.) und wurde 1924 wegen des Malariarückfalls hospitalisiert. Die Einnahme Morphiums brachte ihm wieder die Süchtigkeit, die er so hasste, dass er sich die Adern aufschnitt. Dann wurde er ins Spital überliefert. „Die Entwöhnung war unangenehmer als früher, denn es kam noch eine Veronalvergiftung dazu.“57 Glauser blieb dort als Krankenwärter. Er steigerte die Dosen Morphiums, dazu einmal in der Nacht nahm er eine Dosis Skopolamin und dann erinnerte er sich nicht, was es passierte. Er brachte sein Zimmer in Flammen. „Ich zündete nämlich Feuer in meinem Zimmer an (wieder waren es die Stimmen, die mich plagten, ich wusste diesmal, und auch das erstemal, dass sie in Wirklichkeit nicht bestanden; aber trotzdem musste ich handeln, als sprächen sie wirklich), […]“58 Deshalb wurde er 5. September 1924 in die Irrenanstalt Tournai transportiert, die von Mönchen geführt wurde. Dort wirkte er später als Helfer im Spital und im Büro. Von Tournai siedelte er 1925 nach Münsingen über. Er blieb hier nur zwei Monate und der Regierungsrat des Kantons Bern bestimmte Glausers Verlegung nach Witzwil, weil er „wegen liederlichen Lebenswandels auf ein Jahr in eine Strafanstalt“59 verlegt werden sollte. In Witzwil versuchte er Selbstmord zu begehen, weil er Angst und Sorgen von der Bestrafung hatte. Er erhängte sich in seiner Zelle, zum Glück kam ein Wärter und rettete ihn. Von dort kam er in die Baumschule in Liestal, verfälschte wieder ein Rezept, glücklicherweise wurde er nicht verhaftet und nach Witzwil gesendet. Er belehrte sich ein bisschen und kehrte sich 1927 freiwillig nach Münsingen zurück. Er wollte die Droge entwöhnen und eine Entwöhnungskur absolvieren.

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Das Gutachten der psychiatrischen Anstalt Burghölzli. Zitiert nach: GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988. Seite 59 57 GLAUSER, Friedrich: Morphium. Zürich: Verlags AG „Die Arche“. 1980. Seite 129 58 Ebd. Seite 129 59 Ebd. Seite 130

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„Ich ging freiwillig nach Münsingen, um eine Entwöhnung durchzumachen. Sie war sehr milde: Der Arzt, der mich behandelte, ging langsam mit den Dosen herunter und beschränkte die Quälerei auf ein Mindestmass. Und dann schlug er mir vor, mich in psychoanalytische Behandlung zu nehmen. Ich willigte ein.“60

Glauser arbeitete inzwischen in einer Baumschule und jeden Tag besuchte er einen Arzt um die Analyse durchzumachen. Für das Wirksamste hielt Glauser das Abgewöhnen von inneren Lügen, wenn man sich selbst belog. Ein Jahr dauerte die Analyse und war sehr schwer und anstrengend. Sie war schwierig als eine andere, weil die Opiomanie mit der Zeit nicht nur psychisch bedingt ist, sondern auch organische Veränderungen hervorruft. Der Körper, die Zellen haben sich derart an das Gift gewöhnt, dass sie ohne dasselbe nur schlecht zu leben vermögen. Der Opiumhunger ist quälender als der gewöhnliche Hunger. Bei der geringsten Verstimmung, bei kleinen Schmerzen, lockt das Mittel, dessen beruhigende Eigenschaften man nur zu gut kennt.61

Nach der Analyse arbeitete Glauser als Hilfsgärtner in Basel und dann im Dezember 1928 zog er nach Winterthur um. Dort widmete er sich literarischer Schaffung und der Fälschung der Rezepte für Morphium. Im Januar 1929 ging er wieder nach Münsingen für eine weitere Entwöhnungskur. Als eine Neuheit in der Entwöhnung des Morphiums bekam er eine Insulin-Einspritzung. Dann folgte Zeit der abwechselnden Aufenthalten in Münsingen, Rezeptverfälschungen und Verhaftungen. Weitere Anstalten waren Waldau (Eintritt am 5. März 1934) und Kolonie Anna Müller Schönbrunn (Eintritt im Mai 1935), woraus er am 8. Oktober 1935 floh und zwei Monate später kehrte er sich in die Waldau zurück, wo er bis Mai 1936 blieb. Dort wurde er scharf bewacht. Glausers letzte Anstalt-Erlebnisse spielten sich in Basel ab. Im Juli 1937 unternahm er eine Reise nach Basel, wo er später auch Entziehungskuren absolvierte. Am 4. Februar 1938 trat Glauser in die Klinik Friedmatt in Basel ein. Er hatte sechs Tage später einen Unfall und bekam Schädelbruch und noch Gehirnerschütterung. Am 17. März wurde 60 61

Ebd. Seite 131 Ebd. Seite 135

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er entlassen. Das ganze Leben, das Friedrich Glauser tags und nachts in unterschiedlichen Anstalten und Kliniken verbrachte, wurde mit seinem Tod abgeschlossen. Der Tod las Folge andauernder Süchtigkeit? Denken wir an alle die Roßkuren zur Entwöhnung, an alle die Gifte, die neben der Droge in diesen armen Marterleib geschleust wurden, an alle die sogenannten Begleiterscheinungen, an die übrigen Krankheiten: von der leichten Tbc bis zur ordentlichen Lungenentzündung, Malaria, Herzschädigung zufolge Gelenkrheumatismus, Hirnhautentzündung, Asthma, Dysenterie, Leberkoliken, ein Darmgeschwür, fiebrige Bronchitisanfälle, komplizierte Zahngeschichten, Grippen, Anginen…62

4. 3. Die Anlässe zu der Drogenabhängigkeit In diesen drei Leidbezirken: Mutterlosigkeit, Heimatlosigkeit und Kriegsausbruch, sind die tiefsten und entscheidenden Gründe zu suchen für Glausers Flucht aus der Zeit in die Verzauberung, für den Griff nach dem Rauschgift, aber auch für all den dunklen Jammer der Einsamkeit, für das Grauen der Lebensangst und für die in Selbstmordversuchen sich auslösende letzte Verzweiflung.63

Dieses wurde von Friedrich Witz, dem Schweizer Verleger, in der Vorbemerkung zu „Mensch im Zwielicht“ (1939) geschrieben. Natürlich nicht nur diese Elemente beeinflussten Glausers Leben. Schon der Verlust der Mutter formte seinen Lebensverlauf. Wenn man dazu einen großen Einfluss von Vater und die Erfahrungen aus der Fremdenlegion zuschreibt, erstaunt man nicht, wie Glausers Leben chaotisch war. Er nahm selbst an, dass er ein Liebhaber des Chaos war. „Das wird niemand in der Welt ausrotten können, dass es zwei Sorten Menschen gibt: die einen lieben die Ordnung, die andern die Unordnung, das Chaos. Wenn ich im Chaos daheim bin?“64 62

SANER, Gerhard: Friedrich Glauser. Eine Biographie. Zürich: Suhrkamp Verlag. 1981. Seite 355 WITZ, Friedrich: Vorbemerkung zu „Mensch im Zwielicht“. Zitiert nach: FRINGELI, Dieter: Dichter im Abseits. Schweizer Autoren von Glauser bis Hohl. Zürich, München: Artemis Verlag. 1974. Seite 47 64 GLAUSER, Friedrich: Morphium. Und autobiographische Texte. Zürich: Verlags AG „Die Arche“. 1980. Seite 24 63

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Er wusste, dass er eine Disziplin brauchte. Nach dem Tod der Mutter nahm der Vater den Haushalt über und lehrte dem kleinen Friedrich Gehorsamkeit. Im Haushalt fehlte aber ein weibliches Element, das Glausers Leben erträglicher machen würde. Er litt an der Mutterlosigkeit, die ihm in Münsingen 1927 bei einer der Analysen bestätigt wurde. Ein Beispiel: ganz zu Beginn der Analyse kam mir einmal der Satz in den Sinn, den ich, lachend und seine Blödigkeit betonend, aussprach: „Ich bin die Mutter.“ Um diesen Satz kreiste die ganze Analyse. Meine Mutter ist gestorben, als ich vier Jahre alt war. Ich lebte dann allein mit meinem Vater und spielte die Rolle der abwesenden Mutter.65

Der große Einfluss auf Glausers Kindheit hatte auch alte Großmutter. Sie half dem Vater den Haushalt zu führen und stellte die Ordnung her. Sie stellte den Vater als ein Vorbild für kleinen Friedrich. „ ,Was? Genügend? Nicht einmal befriedigend? Das muss anders werden. Ich war stets der Erste in der Schule. Nicht wahr, Mutter„ – ,Ja, Alfons!„ “66 Die Notenansprüche waren zu hoch, der Vater war streng und verlangte Verantwortung, Zuverlässigkeit und Bemühen. Das alles versuchte Glauser, aber Frau Steindl, die Hausfrau, störte seine Bemühungen. Sie suchte beliebige Möglichkeit Glauser zu bestrafen. Da er keine Unterstützung vom Vater sah, nur die Bestrafungen für nichts und für alles, liess Glauser in seinem Bemühen nach. Für den Vater waren die schlechten Noten eine Schande. „Ich wusste, dass ich machen konnte, was ich wollte: jeden Tag wurde ich bestraft. Und da ich es bald satt bekam, für nichts und wieder nichts bestraft zu werden, begann ich bösartig zu werden, lernte nicht mehr, schwänzte die Schule, fälschte Entschuldigungen – kurz, es gelang mir, sitzenzubleiben… Es gelang mir; das ist der richtige Ausdruck.“67

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Ebd. Seite 133 Ebd. Seite 9 67 Ebd. Seiten 12-13 66

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Der Hauptmoment in der Kindheit war auch Vaters Heirat. Glauser fühlte sich gedrängt und im Hintergrund gestellt. Der Vater verlor das Interesse an kleinem Friedrich, weil er nichts mehr anbieten konnte – er verzichtete auf die Schule und das Lernen, er stahl, machte Probleme; der Vater nahm ihn als Problemkind, das immer die Verhaltensstörungen hatte. Glauser stellte in der Analyse in Münsingen 1927 fest, dass er die Aufmerksamkeit des Vaters aufsuchte. „Ich versuchte mich auf Schleichwegen zu behaupten, durch Katastrophen immer wieder das verlorene Interesse des Vaters zu erringen.“68 Der Vater unterstützte Glauser eigentlich niemals. Er glaubte an Glausers Verbesserung nicht und je mehr Glauser um Vaters Anerkennung bemühte, desto mehr Desinteresse zeigte der Vater. Als Glauser aus der Fremdenlegion 1923 zurückkam, äußerte sich der Vater folgend: „Jetzt wird er wieder seine Betrügereien und Schwindeleien wie früher ausüben.“69 Glauser hatte zu Hause mit dem Vater kein familiäres Umfeld. Ganzes Leben bewegte er sich von einer Anstalt zu anderer. Er suchte Ruhe, die ihm das Leben nicht brachte. Die Zufriedenheit fand er in seinem Leiden. „Zufrieden war ich eigentlich immer erst, wenn ich im Gefängnis oder im Irrenhaus war.“70

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Ebd. Seite 133 GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988. Seite 74 70 GLAUSER, Friedrich: Morphium. Und autobiographische Texte. Zürich: Verlags AG „Die Arche“. 1980. Seite 133 69

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5. Friedrich Glausers Nachlass Friedrich Glauser, der schweizerische Schriftsteller, wirkte nach seinem Tod viel auf andere Autoren. Seine Kriminalromane brachte ihm Berühmtheit. Der weltbekannte Friedrich Dürrenmatt schöpfte aus Glausers „Studer“ Romanen. Wachtmeister Studer-Reihe wurde mehrmals verfilmt und sein Leben bot Menge von Materialien an, damit ein Film über ihn gedreht werden konnte. Es entstand auch Friedrich-Glauser-Preis, der jedes Jahr die Krimi-Autoren schätzt. Zum 85. Jubiläum der Fachstelle für Alkoholprobleme Bezirk Bülach wurden im Jahre 2012 die Glauser Wochen veranstaltet. Dort fanden Podiumsdiskussionen und Filmvorführungen statt. Als Hauptthemen wurden Glausers Biographie, Sucht und Literatur ausgewählt. Aus den Filmen konnte man „Wachtmeister Studer“, „Matto regiert“ und „Glauser“ ansehen.

5. 1. Glausers Werke Friedrich Glauser gilt als Krimiautor, deshalb erstaunt uns nicht, dass gerade Kriminalromane ihn berühmt machen. Zu seinen bekanntesten Werken zählt schon die erwähnte Reihe von Kriminalromanen mit Wachtmeister Studer als Hauptheld. Das sind gleichnamiger „Wachtmeister Studer“ (1936), „Matto regiert“ (1936), „Die Fieberkurve. Wachtmeister Studers neuer Fall“(1938), „Der Chinese. Wachtmeister Studers dritter Fall“ (1939), „Der Tee der drei alten Damen“ (1941), „Krock & Co.“ (1941, neue Ausgabe im Jahre 1955 unter dem Namen „Wachtmeister Studer greift ein“). Wachtmeister Studer wird als populäre literarische Figur betrachtet und ist eine der bekanntesten und beliebtesten Figuren in der Schweizer Literatur. Zu seinen Werken gehören auch verschiedene Prosastücke, Erzählungen oder als Werkausgabe auch Essays. Das sind zum Beispiel seine autobiographische Erzählung „Im Dunkel“(1937), autobiographische Aufzeichnungen „Mensch im Zwielicht“ (1939), aufgrund der Erlebnisse aus der Fremdenlegion geschriebener Roman „Gourrama. Roman aus der Fremdenlegion“ (1940), „Beichte in der Nacht. Gesammelte Prosastücke“ (1945) und andere Werkausgabe.

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Am „Gourrama“ arbeitete Glauser in Basel im Jahre 1928, als er mit Beatrix Gutekunst lebte. Während der Zeit in Münsingen begann er im Juli 1931 „Tee der drei alten Damen“ zu schreiben. In der Anstalt in Waldau (seit dem 1934) und auch in der Kolonie Anna Müller Schönbrunn schrieb er viel; im Sommer 1934 verfasste er „Beichte in der Nacht“, „Sie geht um“, dann im Herbst desselben Jahres „Der Schloßherr aus England“, „Totenklage“, „Kriminologie“, „Der Weltuntergang“ und „Das uneinige Liebespaar“. Im Februar 1935 schuf er eine Kurzgeschichte „Die Eule“ und ersten Wachtmeister Studer Roman „Schlumpf, Erwin Mord“, der er im September beschloss. Am 6. November 1935 nach der Flucht aus der Kolonie Anna Müller Schönbrunn las er „Studer“ in Basel vor einem kleinen Kreis der Schriftsteller vor. Der Roman erntete Erfolg. „Der Roman hieß . An die singende Stimme hatte man sich schnell gewöhnt. Sie sang sozusagen mit einer liebevollen Eintönigkeit, […]”71 Noch im Februar desselben Jahres schrieb er noch „König Zucker“, „Der 14. Juli“, „Die Straße“ und „Die Kolonie Anna Müller“. Im Oktober schrieb er „Ehe mit Nausikaa“ und arbeitete am „Im Dunkel“. „Weihnachten in der Legion“ schuf er im November 1935 und setzte wieder mit „Studer“-Romanen fort. „Im Dezember der zweite Wachtmeister Studer-Roman: . Und gerade abgeschlossen, begann Glauser bereits im Januar 1936 mit dem dritten Wachtmeister Studer-Roman , den er bis zu seiner Entlassung aus der Waldau im Mai 1936 beendete.“72 Als Glauser in Angles um 1936 mit Berthe Bendel lebte, beendete er „Im Dunkel“ und überarbeitete „Die Fieberkurve“. Er wurde noch in ein Schweizer Schriftstellerverein aufgenommen. Von Angles siedelte er mit Bendel nach Bretagne, wo er 1937 endlich „Die Fieberkurve“ beendete. Dort schrieb er noch „Krock & Co” und begann am „Der Chinese“ zu arbeiten. Dann entschieden er und Bendel ein bisschen zu reisen und wollten nach Tunis, aber die Situation in anderen Ländern war schwierig, die Soldaten und Truppen waren überall. Während einer Reise mit Zug 1937 verlies Glauser seine Handschrift vom „Der Chinese“.

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HALPERIN, Josef: Friedrich Glauser. Zitiert nach: GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988. Seite 109 72 GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988. Seite 107

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Friedrich Glauser arbeitete während der Fahrt am „Chinesen“. […] Glauser macht noch einige Notizen, legt die Blätter zusammen, schiebt sie in die Mappe. Er legt die Mappe ins Gepäcknetz, schläft nun doch ein. Beim Erwachen vor der Zwischenstation Sète war die Mappe verschwunden. Gestohlen. Wahrscheinlich, vermutete Glauser […].73

Die interessantesten Erzählungen, die seine Drogenabhängigkeit beschreiben, fasste er im Werk „Morphium. Und autobiographische Texte“ (1980) zusammen. Die Erzählungen in diesem Band werden chronologisch geordnet. Das bisher unveröffentlichte Tagebuch aus Burghölzli bietet ein Bild über seinen Aufenthalt in der Irrenanstalt („Tagebuch aus dem Irrenhaus“, 1920). Die ausführliche Beschreibung seiner Süchtigkeit beschreibt er in „Morphium – Eine Beichte“ (1932). Plötzlich wurde ich ganz wach. Ein sonderbares, schwer zu beschreibendes Glücksgefühl „nahm von mir Besitz“ (man kann es kaum anders ausdrücken). […] es war, um einen schlechten Vergleich zu gebrauchen, so, als ob mein ganzer Körper ein einziges Lächeln wäre. Und dann lag ich wach, bis zum Morgen.74

Zu seinem Nachlass, der sich im Schweizerischen Literaturarchiv in Bern befindet, gehören auch gesammelte Briefe. Die Briefe erschienen in zwei Bänden, der erste Band aus den Jahren 1911-1935 und der zweite aus den Jahren 1935-1938. In seinen Romanen erscheint sich der Widerspruch zwischen Anschein und Wirklichkeit, für die Betonung vom Widerspruch spielt die Handlung in einem Armenhaus, in einer Irrenanstalt oder in einer Gartenbauschule. Die Vertrauenswürdigkeit wird dank hochwertigen Beschreibungen und Beobachtungen gezeigt.

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GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988. Seite 239 74 GLAUSER, Friedrich: Morphium. Und autobiographische Texte. Zürich: Verlags AG „Die Arche“. 1980. Seite 121

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5. 2. Friedrich-Glauser-Preis Der Friedrich-Glauser-Preis ist einer der wichtigen Preise in der deutschsprachigen Literatur. Der Preis wird jedes Jahr vom Syndikat, der Autorengruppe der deutschsprachigen Literatur im Genre Krimi, verliehen. Die Bewertung wird seit 1987 vergeben. „… mit dem Ziel, die deutschsprachige Kriminalliteratur zu fördern, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, sowie für die Mitglieder ein Forum des Austauschs zu schaffen.“75. Die Vereinigung enthält über 800 Krimiautoren und –autorinnen aus dem deutschsprachigen Raum. Die Kategorien umfassen den besten Kriminalroman für das gegebene Jahr, seit 2002 auch den besten Debüt-Kriminalroman und den besten Kurzkrimi. Wer den Preis kriegt, bekommt nicht nur eine Bronzestatuette, sondern auch ein Preisgeld in der Höhe von 5 000 €. Das Preisgeld für „Debütroman“ ist 1 500 € und für „Krimi-Kurzgeschichte“ 1 000 €. Die Sieger werden am Festival Criminale in Bern bekanntgegeben.

5. 3. Film Viele von Glausers Studer-Romanen wurden verfilmt. Der Wachtmeister Studer sprach manche Filmregisseure an. Im Jahr 1939 drehte der Regisseur Leopold Lindtberg den ersten Studer-Film, genannt einfach Wachtmeister Studer. Die anderen Verfilmungen sind Matto regiert, Krock & Co., Der Chinese und Studers erster Fall aus dem Jahre 2001. In den heutigen Tagen wird Glauser immer mehr bekannt und sein Leben bleibt nicht unbemerkt. Der Schriftsteller, der das Niveau der Kriminalromane hob, wird mehr interessant, besonders für seine persönliche Lebensweise. Der Regisseur Christoph Kühm versuchte Glausers Leben den Zuschauern zu zeigen. Im Jahre 2011 drehte er ein besonderes Dokument „Glauser“, in dem er sich solchem Glauser widmet, den die Leser nicht so gut kennen. Solchem Glauser, der Drogen nahm, im Irrenhaus war, in eine psychiatrische Klinik geschickt wurde, nach Frankreich und Italien flüchtete und schließlich eine Nacht vor der Hochzeit an Herzstillstand starb. 75

Internetpräsenz von der Autorengruppe deutschsprachige Kriminalliteratur. URL: http://www.dassyndikat.com/das-syndikat/. Letzter Zugriff am 31.3.2013

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Der Regisseur Kühm will den Zuschauern zeigen, wie schwer alles in Glausers Zeiten sein konnte, wenn man interniert wurde. Als eine kleine Hoffnung für die Zuschauer gilt Ansicht über Glauser, über ihn als einen talentierten Beobachter, Schriftsteller und liebenden Mann. „Die Handlung“ des Dokuments wird dank autobiographischen Texten, Ausschnitten aus Glausers Briefen und den Kommentaren der Menschen, die etwas mit Glauser zu tun haben oder hatten, gebildet. Die Kommentare von literarischen und psychiatrischen Experten stehen im Kontrast mit dem alten Fernsehen-Interview von Glausers Freundin und Verlobten Berthe Bendel, die immer an seiner Seite steht und ihn unterstützt. Der Regisseur dreht darüber hinaus noch die Szenen aus Glausers Kindheit in Wien. Das ganze Dokument wird mit realen Fotos begleitet. Für die Ergänzung der Stimmung im Dokument benutzt Kühm den Schweizer Illustrator Hannes Binder. Die Zeichnungen und Illustrationen von Binder, der schon mehrere Glausers Kriminalromane illustrierte, schaffen eine dunkle Atmosphäre, die sich während dem Dokument erweitert. Die Bilder zeigen oft das Berner Psychiatriezentrum Münsigen, wo Glauser seit 1934 für 4 Jahre interniert wurde. Die Bilder sind sehr schwarz und die Motive erregen Angst und Beklemmung, Schreck und Nervosität. Binder erfasst großartig die Gefühle Glausers, die er im Irrenhaus erlebte. Das 75-Minuten dauernde Dokument wurde erstmals am Festival del film Locarno 2011 präsentiert. In Kinos kam es am 5. Januar 2012 in der Schweiz. Am Festival International du Film sur l’Art, gekürzt FIFA, in Montreal wurde „Glauser“ mit dem Preis „Prix de la Creation Groupe Media TFO 2013“ für Kreativität bewertet.

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6. Fazit Das Ziel meiner Arbeit war eine ausführliche Übersicht über Friedrich Glausers Leben und seine Drogensüchtigkeit darzustellen. Friedrich Glauser wirkte in der Zeit, wann die Einnahme der Drogen einen Boom erlebte. Die Drogen waren nicht einziges Element, das Glausers Leben beeinflusste. Der ursprüngliche Einschlag, der das noch nicht angefangene Leben formte, war der Tod Glausers Mutter. Nach der Mutterlosigkeit rechnete Glauser mit einer Hauptrolle in Vaters Leben. Als der Vater wieder heiratete, verlor Glauser diese Hauptposition und versuchte mit allen möglichen Mitteln sie zurück zu erwerben. Es gelang ihn nicht und fühlte sich immer einsam. Ein weiteres Element war, wie bei manchen Autoren, die Fremdenlegion. Die aus der Fremdenlegion gewonnene Krankheit brachte Glauser zum Morphium. Die Anzahl der Anstalten und Kliniken ist wirklich erstaunt, Glauser bewegte sich ständig zwischen Anstalten und gelegentlichen Arbeiten. Trotzdem ermöglichten ihm die Aufenthalte dort die ausgezeichneten Romane, Erzählungen und Essays zu schreiben. Die Erlebnisse und Erfahrungen aus seinem Leben boten ihm erschöpfende Materialien für seine Werke. Trotz der Drogensucht verfasste Glauser hervorragende Werke, die ihm die Berühmtheit brachten. Sein ganzes Leben kann als eine Flucht angesehen werden. Beginnend mit der Flucht von Vater in die Fremdenlegion, dann mit der Flucht aus der Schweiz um besseres Leben zu haben und endend mit der letzten Flucht in einer Form des Todes, der ihm als erwartete Befreiung galt.

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7. Literaturverzeichnis Primärliteratur GLAUSER, Friedrich: Morphium. Und autobiographische Texte. Zürich: Verlags AG „Die Arche“. 1980

Sekundärliteratur CAMARTIN, Iso/Roger FRANCILLON/u. a. : Die vier Literaturen der Schweiz. Zürich: Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung. 1995 FRINGELI, Dieter: Dichter im Abseits. Schweizer Autoren von Glauser bis Hohl. Zürich, München: Artemis Verlag. 1974 Service de Presse Suisse (Hrsg.): vice versa 1 literatur. Jahrbuch der Literaturen der Schweiz. Zürich: Limmat Verlag. 2007 GÖHRE, Frank: Zeitgenosse Glauser. Ein Porträt. Zürich: Arche Verlag AG, Raabe + Vitali. 1988 SANER, Gerhard: Friedrich Glauser. Eine Biographie. Zürich: Suhrkamp Verlag. 1981 Internetpräsenz von der Schweizerischen Eidgenossenschaft. URL: http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a70.html. Letzter Zugriff am 19.4.2013 Internetpräsenz des Historischen Lexikons der Schweiz. URL: http://www.hls-dhsdss.ch/textes/d/D11203.php. Letzter Zugriff am 19.4.2013 Internetpräsenz vom Wissenportal wissen.de. URL: http://www.wissen.de/lexikon/walser-robert. Letzter Zugriff am 15.4.2013 Internetpräsenz von unabhängiger Stiftung „Sucht Schweiz“. URL: http://www.suchtschweiz.ch/infos-und-fakten/substanzen-und-sucht/. Letzter Zugriff am 9.4.2013. Internetpräsenz von der Deutschen Welle. URL: http://www.dw.de/25-millionendrogens%C3%BCchtige-weltweit/a-16049741. Letzter Zugriff am 9.4.2013 Internetpräsenz von dem Department für auswärtige Angelegenheiten Präsenz Schweiz. URL: http://www.swissworld.org/de/bevoelkerung/alkohol_und_drogen/harte_drogen/. Letzter Zugriff am 9.4.2013

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Internetpräsenz von Ria Novosti, URL: http://de.rian.ru/opinion/20101112/257636057.html. Letzter Zugriff am 9.4.2013 Internetpräsenz vom Drogenlexikon Drogen-Wissen. URL: http://www.drogenwissen.de/DRUGS/DW_GE/morphin.shtml. Letzter Zugriff am 16.4.2013 Internetpräsenz von der Online-Zeitung Die Welt. URL: http://www.welt.de/kultur/article910496/Doping-im-Namen-der-Kunst-Aber-ja.html. Letzter Zugriff am 18.4.2013 Internetpräsenz von der Seite des Limmat Verlags Zürich. URL: http://www.limmatverlag.ch/Default.htm?/glauser/glauser.htm. Letzter Zugriff am 22.4.2013 Internetpräsenz von der Autorengruppe deutschsprachige Kriminalliteratur. URL: http://www.das-syndikat.com/das-syndikat/. Letzter Zugriff am 31.3.2013

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