Mai 2013 Route 66. Mainstreet USA. Mother Road

17. – 31. Mai 2013 Route 66 aka Mainstreet USA aka Mother Road Der Klassiker unter den Motorradreisen hat viele Namen, wir haben die Tour als Rout...
Author: Lioba Siegel
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17. – 31. Mai 2013 Route 66 aka

Mainstreet USA aka

Mother Road

Der Klassiker unter den Motorradreisen hat viele Namen, wir haben die Tour als Route 66 geplant und durchgeführt. Vorneweg: was man in der Vorbereitung so liest, weist nicht auf das reine Vergnügen hin – schlecht ausgeschildert, große Abschnitte nicht mehr vorhanden, teilweise schlechter Zustand. Wir stellten fest: im Mai 2013 trifft das nur auf ganz wenige Abschnitte zu und selbst da kamen wir gut zurecht. Da wir ohne Navi unterwegs waren, mussten halt die guten alten Karten herhalten, was wunderbar funktioniert hat. Bedingt durch eine halbwegs bequeme Zeiteinteilung von 13 Tagen on Tour, konnten wir unsere täglichen Etappen auf fahrbare 220 – 280 Meilen begrenzen, Ausreißer nach oben (und unten) waren selten.

Am Freitag, 17.05. ist der Countdown Zähler auf dem PC endlich auf Null gesprungen! Uli und ich werden von Kerstin zum Flughafen gebracht. Nach dem entspannten Check-In bei Lufthansa, die uns nonstop von Düsseldorf nach Chicago bringen soll, verbringen wir die Wartezeit auf den Abflug in der Lounge. Leider hat die Maschine Verspätung. Der Abflug ist für 12:45 h vorgesehen, wir starten tatsächlich erst um 13:50 h! Bei der Vorstellung der Crew werde ich hellhörig, der Pilot ist ein Spielkamerad aus alten Zeiten! Da man heutzutage keinen Zugang mehr zum Cockpit hat, gebe ich der Purserin meine Visitenkarte. Tatsächlich kann sich auch der Pilot an mich erinnern – unsere Eltern haben noch regen Kontakt, daher wird sicherlich das eine oder andere über den Nachwuchs ausgetauscht – und ein paar Stunden später kommt er an meinen Platz für ein nettes Gespräch. Um 15:20 h erfolgt die Landung, die Maschine hat ein wenig Verspätung rausgeholt. Auch die Immigration verläuft ruhig und zügig, bereits nach 50 min Wartezeit sind wir durch und können uns um unser Gepäck kümmern. Für Chicago O’Hare eine gute Zeit! Der Zoll ist auch ohne Schwierigkeiten passiert und schon sind wir auf dem Weg zur CTA. Der Zug bringt uns schneller in die Innenstadt, als jedes Taxi und mit 5 Dollar pro Person ist es zudem die preisgünstigste Alternative (Taxikosten Airport – Loop ca. 65,- Dollar! Im Vorjahr selbst getestet). Von der Haltestelle im Loop zum Hotel The Wit sind es nur wenige 100 Meter, allerdings sind unsere Taschen,

die keine Rollen haben, nicht leicht. Mein Gepäck besteht aus 2 Rucksäcken und einer wasserdichten, 90cm hohen Rolle. 2 Gürtel und eine ausgediente Krawatte ergeben einen Griff. Uli hat neben seinem Rucksack einen weiteren Seesack und eine große, wasserdichte Tasche dabei. Wir fragen uns nicht zum ersten Mal, wie wir unser Gepäck auf den Motorrädern unterbringen sollen. Der Nachmittag in Chicago ist bedeckt, aber trocken und nicht unangenehm kühl, trotzdem kommen wir ordentlich ins Schwitzen, bis wir alles ins Hotel schieben können. Nach dem erfreulich unkomplizierten Check In im Hotel bringen wir die Klamotten auf die Zimmer und machen uns ein wenig frisch für den obligatorischen Spaziergang durch die große Stadt. Wir nehmen die tollen Eindrücke gierig in uns auf. Für beide ist es nicht der erste Besuch in Chicago, daher steuern wir zielstrebig auf ein Restaurant zu, dass uns als guter Laden für Spareribs bekannt ist. Trotz Freitagabend ergattern wir zwei Plätze an der Bar, wo wir dann auch unser Essen zu uns nehmen. Schnell kommen wir mit den Gästen rechts und links von uns ins Gespräch und „ölen“ schon mal unsere Englischkenntnisse. Irgendwann nach dem 2. Bier laufen wir dann zurück ins Hotel. Wir sind inzwischen über 22 Std. auf den Beinen und rechtschaffen müde. Also ab ins Bett! : The Wit, Chicago, Illinois (vorausgebucht)

Tag 2: Samstag, 18.05. Um 4 Uhr morgens ist die Nacht für mich zu Ende. Ich bin aufgeregt und kann nicht mehr dösen. Heute erhalten wir unsere Maschinen! Aber Frühstück muss sein und das gibt es frühestens um 7 Uhr. Kann ich warten? Nein! Muss aber… Geplant waren Bagel und Kaffee in einem Einstein Bagel um die Ecke, aber ich habe den Gedanken, doch erst um 8 Uhr, dafür aber ausgiebig zu frühstücken – bei Houlihans direkt am Chicago River. Uli kennt den Laden auch aus seinen früheren Besuchen und ist sofort einverstanden, danach zurück zum Hotel zu gehen, um dort ein Taxi direkt zu Eaglerider in Countryside zu nehmen, statt wie ursprünglich angedacht Taxi zur Central Station, dann mit dem Zug nach La Grange und weiter mit dem Taxi zum Motorradladen. Die Schlepperei ist uns noch zu schlecht in Erinnerung…

Wir fahren um ca. 09:30 h am Hotel ab. Der Taxifahrer kennt das Ziel nicht, hat kein Navi, aber ein ramponiertes iPhone. Das kann auch navigieren, bis es sich irgendwann aufhängt. Was es genau an einer Schlüsselposition tut. Wir fahren also planlos durch die Gegend, irgendwann hält unser Fahrer an einer Stripmall an, um Passanten zu fragen. Die haben jedoch keine Ahnung, weil wir schon wieder viel zu weit von unserem eigentlichen Ziel entfernt sind. Ich krame unsere Karten raus. Der Taxifahrer macht sich über diesen „old fashioned way“ lustig, sieht aber recht schnell ein, dass man damit auch gut zurechtkommen kann. Zusammen mit seinem gebooteten iPhone kommen wir schließlich glücklich ans Ziel. Das Taxameter hatte er bereits vor längerer Zeit abgestellt und muss nun über die Zentrale den ungefähren Preis nach Countryside ohne Umweg erfragen. Allerdings hat er eine hohle Fritte an der Strippe, die nichts kapiert. Schließlich wird es ihm zu bunt und er entscheidet selbst, uns 55 Dollar zu berechnen. Mit zusätzlichen 5 Dollar Tip liegen wir noch gut da, denn ich weiß aus dem letzten Jahr, dass es wesentlich teurer ist. Leider hat durch die verzögerte Ankunft eine größere Gruppe vor uns eingecheckt. Alles Franzosen, die mit Begleitfahrzeug auch die Tour bis Santa Monica fahren. Man ist der Meinung, dass wir uns wohl unterwegs öfters treffen werden. Nachdem wir dann irgendwann auch endlich unsere Formalitäten erledigt haben, erhalten wir wie gewünscht jeder unsere Harley Davidson Electra Glide. Wegen der größtmöglichen Kofferanzahl waren dies unsere Wunschmaschinen. Wir erhalten eine kurze Einweisung und verteilen dann unser Gepäck auf die Koffer. Ich bin positiv überrascht, was die so alles aufnehmen, es ist noch mehr Luft als erwartet. Wir ziehen uns um. Inzwischen ist es 12 Uhr mittags und ziemlich schwül-warm. Aber wir fahren trotzdem in voller Montur, auch weil wir die Helmsprechanlage testen wollen. So rollen wir also vom Hof und steuern einen benachbarten Aldi an, um dort Trinkwasser aufzunehmen. Uli erledigt den Einkauf und ich bin ziemlich erstaunt, als er mit 24 Halbliterflaschen ankommt. Aber irgendwie kriegen wir die auch verstaut. Den in Deutschland gekauften Flaschenhalter aus billigem Leder haben wir natürlich schon montiert, aber so klasse ist der nicht – die Flaschen hängen ziemlich auf halb acht… Und dann geht es endgültig los! Meine E-Glide ist silbern und hat bereits gut 23.000 Meilen auf dem Tacho. Ulis dunkelblaue ist nagelneu und nur 6 Meilen gelaufen. Das ist aber beides völlig OK. Wir nehmen es mit der 66 auf und können uns wunderbar über unsere Helmmikros unterhalten. Ursprünglich war die Idee, zwecks Zeitgewinns die Interstate 55 bis Springfield, Illinois zu nehmen, aber die angepriesenen Roadside-Attractions in der unmittelbaren Umgebung sind zu verlockend. Also biegen wir recht bald auf die sehr gut ausgeschilderte Historic 66 ab. Wir durchfahren Orte wie Dwight (eine erste, gut erhaltene alte Tankstelle, die von einer älteren Dame „bewacht“ wird, mit der wir uns ausgiebig unterhalten) und Pontiac (eines der vielen R66 Museen entlang der langen Strecke), verlieren

aber auch manchmal die 66 und bewegen uns auf der Frontageroad, die mal 66 ist, mal auch wieder nicht. Die Interstate ist oft in Sicht und zeigt uns, dass wir grob richtig sind. Die erste brenzlige Situation muss ich meistern, als – auch noch in einer Kurve – plötzlich die Straße zur Schotterpiste wird. Zecke – so habe ich meine E-Glide getauft, weil sie ein paarmal nicht ansprang, was aber jedes Mal an mir lag – hat leider kein ABS wie meine Softail zuhause. Also komme ich ordentlich ins Schleudern, kann aber die Maschine auf der Straße halten. Und Uli durch den Sprechfunk vorwarnen! Der Schreck macht wach! Irgendwann setzen wir uns dann aber doch auf die I55 und machen uns später um Springfield herum auf die Suche nach einer Bleibe für die Nacht. Außerdem müssen wir den Durst unserer Maschinen löschen. Das Tanken wird zur täglichen Routine. Da wir beide gleiche Modelle haben, sind Verbrauch und Fassungsvermögen der Tanks fast identisch. Ob es an den Maschinen oder an uns liegt – beide verschütten wir beim Tankvorgang ein paar Milliliter Sprit, weil nicht automatisch gestoppt wird, als der Tank voll ist. Was’n das? Wir werden das mal beobachten… Zurück auf die Straße. Nach zwei Fehlversuchen in unterschiedlichen Hotels landen wir im Hampton Inn und checken gerade ein, als die Franzosen ebenfalls auf den Hof rollen. Man erkennt und grüßt sich, für „Fachsimpelei“ ist man sich aber noch zu fremd. Zum ersten Mal holen wir die benötigten Klamotten aus den Taschen und merken, dass wir noch ein wenig umräumen müssen. Den Abend lassen wir in einem zufällig in der Nähe liegenden ausklingen. Wir laufen die 800 m – zum völligen Unverständnis der beiden Damen an der Rezeption! Das Bier, das wir uns verdient haben, ist die in den Staaten übliche Brause, trotzdem sinken wir später in unseren Zimmern schnell in die Betten. Ich habe heute viel geschwitzt und der Helm trieft…

207 Meilen bis Springfield, Illinois : Hampton Inn (vor Ort gesucht)

Tag 3: Sonntag, 19.05. Relativ früh sind wir wieder an den Motorrädern und machen sie klar für den Tag. Schloss ab (das Abschließen legt sich irgendwann…) und Scheiben putzen. Die mitgebrachten Lappen werden auch irgendwann durch Hotelhandtücher ersetzt. Immerhin benutzen wir sie nicht, um die kompletten Maschinen zu putzen – auch das haben wir gesehen. Im Hotel gibt es ein leichtes, kontinentales Frühstück. Auch die Franzosen sind früh auf den Beinen und bereiten sich auf den Tag vor. Wir fahren in der Stadt ein kurzes Stück zurück nach Norden, um das Haus von Abraham Lincoln und auch sein Grab zu sehen. Sein Haus steht in einem großen Areal mitten in der Innenstadt von Springfield, das noch komplett so erhalten ist, wie es zu Lebzeiten Lincolns ausgesehen haben soll. Schon jetzt am frühen Morgen ist es warm und feucht. Nachdem wir durch dieses Freilichtmuseum flaniert sind, machen wir uns auf die Suche nach dem Oak Ridge Friedhof, wo das Lincoln Memorial steht – die imposante Grabstätte Lincolns. Wir können mit den Bikes durch den wunderschön angelegten Friedhof bis zur Grabstätte fahren und besichtigen die Sehenswürdigkeit ausgiebig. Eine wirklich beeindruckende, sehr gelungene Einrichtung. Danach nehmen wir unsere Fährte der Route 66 wieder auf. Ich fahre mit Jeansweste weiter! Natürlich zieht sich deshalb der Himmel zu! Die Temperaturen bleiben aber angenehm. Wir rollen bei Auburn, IL, über eine alte, restaurierte Pflastersteinpassage der 66, die keiner in der Umgebung kennt, als wir danach fragen und fahren weiter nach St. Louis, wo wir den Weg zur Chain of Rocks Bridge suchen, einem weiteren „Muss“ dieser Tour. Das gestaltet sich als relativ kompliziert und wir müssen öfters die Karte zu Rate ziehen, aber irgendwann in der Mittagshitze stehen wir dann davor. Nachdem am Vortag bereits mein Mikrofon vom Helm „abgeschmolzen“ ist, fallen jetzt durch die Nässe unter meinem Helm die Ohrhörer ab! Das muss ich irgendwie lösen – fragt sich nur wann… Jedenfalls ziehe ich den Helm so wenig wie möglich ab, was dazu führt, dass ich noch mehr schwitze! Ein Teufelskreis… Die alte Brücke wird gebührend gewürdigt und wir machen uns auf den direkten Weg nach Missouri (mit weichem S gesprochen). Sprich: wir nehmen die nächste Interstate – Auffahrt und fahren am nahe liegenden Visitorcenter wieder raus, um dort wichtige Informationen zur Planung der weiteren Fahrt zu erlangen. Wir wissen also, wie es weiter geht. Für kurze Zeit über die Interstate, um dann aber auf die 66 abzubiegen. Schon kurz nach der Abfahrt erwartet uns a) eine gesperrte Brücke und b) ein weiteres R66 Museum mit angeschlossenem Shop. Da die Weiterfahrt hier nicht möglich ist, widmen wir uns erst mal dem Besuch der Einrichtung und kaufen Souvenirs. Ich

setze die Empfehlung des Motorradvermieters in die Tat um, dort, wo ich Pins zur 66 erhalte, diese sofort zu kaufen. Ich erwische alle…

Die nette Dame im Museum will von uns auf der Weltkarte gezeigt bekommen, wo Slowenien liegt. Gäste vom Morgen kamen daher und sie möchte gerne ihre Weltkarte mit dem obligatorischen Pin versehen. Auch wir werden Düsseldorf dort verewigen. Zumindest ungefähr. Außerdem erhalten wir Insiderinformationen. Ein weiteres Muss liegt vor uns: das Devils Inn am Devils Elbow, nahe Saint Roberts. Da das sowieso unser erklärtes Etappenziel ist, kehren wir also zurück auf den Highway, nur um bei der nächsten Gelegenheit wieder den Missouri 66 Byway zu nehmen. Dieser hält eine angenehme Überraschung für uns bereit. Er schlängelt sich mehr oder weniger parallel zum Highway (hier ist es die I44) durch wirklich herrliche Landschaft. Wir genießen die kurvige Strecke und kommen aus den Ahs und Ohs nicht mehr heraus. Nach Stunden – wir Ohen und Ahen noch immer vor uns hin – sehen wir auf dem etwas tiefer im Gelände liegenden Highway plötzlich die Franzosen vorbei ziehen! Unschwer sind sie an den französischen Flaggen an den Maschinen zu erkennen. Warum haben wir eigentlich keine deutschen Flaggen? Man erkennt sich wieder und es gibt ein fröhliches Gewinke! Witzig. Allerdings ist es auch das letzte Mal, dass wir sie sehen… Die 66 schlängelt sich weiter, mal links, mal rechts vom Highway. Als es aber für uns interessant wird, weil wir in die Nähe des Devils Elbows gelangen, den wir jetzt natürlich auch sehen wollen, bzw. das Devils Inn, weil es dort nur so von Harleys wimmelt und überhaupt – wir erinnern uns: ein Muss! Leider hört es prompt mit der guten Beschilderung der Strecke auf und plötzlich hört auch wieder die Straße auf! Nur noch Schotter! Das geht natürlich nicht mit den schweren Harleys zusammen, deshalb wenden wir im unwegsamen Gelände und fahren bei der nächsten Gelegenheit über die Interstate rüber, wo dann auch wieder die Beschilderung stimmt. Dazwischen muss man einfach antizipieren! Die Natur ist immer noch traumhaft schön, die Sonne knallt auch noch immer, nur die 66 zeigt hier ihr altes, sehr rustikales und unrenoviertes Gesicht. Und wir sind – wie so oft heute – völlig alleine unterwegs. Deswegen können wir auch mitten auf der Straße anhalten und wenden, weil wir beinahe den Abzweig zum Devils Inn verpasst hätten. Und nach wenigen Kurven stehen wir dann vor einem total vereinsamten, verramschten Laden, der so gar nicht unseren Vorstellungen entspricht. Und keine Seele, geschweige denn Harley ist zu sehen! OK… Träume von wilden Rockerparties zerplatzen gerade. Da wir müde sind, kehren wir zurück auf die alte Hauptstraße und sind nach kurzer Zeit dann endlich in Saint Roberts, wo wir im erstgelegenen Days Inn günstig unterkommen. In der Nähe erblicken wir ein Steakhouse – laut Rezeption auch zu empfehlen. Die Zimmer liegen auf Parkplatzebene, die Maschinen parken direkt davor. Wir packen aus, was wir brauchen und duschen. Herrlich! Dann

laufen wir rüber zum Restaurant, das sich dann aber eher als Bretterbude entpuppt und so gar nicht unseren Vorstellungen entspricht. Nach kurzer Rücksprache mit der Rezeption schwingen wir uns also wieder auf unsere Bikes – ohne Helm, man darf hier ja schließlich so fahren – und rollen 3 Meilen weiter in den eigentlichen „Ort“. Hier finden wir ein Steakhouse – oder ist es ein Kühlschrank? Der Heißhunger ist schnell gestillt und wir lassen fast 60% der Mahlzeit zurückgehen. Liegt es an den Litern Cola bzw. Wasser (und je einem Bier), die wir vorher in uns reingeschüttet haben? Wir sind wohl doch sehr platt! Im Dunkeln geht es dann das kurze Stück zurück zum Hotel. Und ins Bett! Die Nacht wird unruhig, weil es schüttet und stürmt und gewittert…

288 Meilen bis Saint Robert, Missouri : Days Inn (vor Ort gesucht)

Tag 4: Montag, 20.05. Der gegenüberliegende Frühstücksladen sagt uns wieder überhaupt nicht zu. Daher entscheiden wir uns für das leichte, weil wieder kontinentale Frühstück im Hotel. Dann werden die Maschinen abgetrocknet und beladen und los geht es wieder. Und los geht auch der Regen. Das war nicht eingeplant! Es regnet auch nicht heftig, aber da meine Jacke Wasser aufsaugt, muss ich wohl oder übel die Regenjacke auspacken. Uli kommt mit seiner Kombi noch zurecht. Wir fahren zu einem Walmart, wo Sekundenkleber zur Reparatur meiner Ohrhörer und Utensilien für Uli erstanden werden. Während ich auf dem Parkplatz bei den Maschinen warte, hört es auf zu regnen und der Kennerblick gen Himmel bestärkt das Urteil: Regenjacke aus! Natürlich fängt es kurz danach wieder an zu regnen! Leicht gekränkt spiele ich das Spiel aber nicht mit, die Regenjacke bleibt im Koffer! Und es wird tatsächlich auch nicht mehr so richtig nass heute – vorerst. Auch wenn der Himmel ziemlich bedrohlich ausschaut von Zeit zu Zeit. Wir merken, dass wir in die relative Nähe der Tornadozellen um Oklahoma City herum kommen. Leider müssen wir da irgendwie durch… Bis Springfield, MO genießen wir die Fahrt wieder bei herrlicher Gegend. Super! Ab und zu mal ein paar Kurven, die man als solche bezeichnen kann! Bei Springfield müssen wir dann aber wieder auf die Interstate zurückgreifen. Wir fahren erneut eine Tankstelle an und fassen Sprit. Hier muss ich wohl meine Tankkappe „verlegt“ haben. Ich schließe wohl die Klappe darüber wieder ab, ohne zu merken, dass da was fehlt…

Diesmal sind wir vorsichtig – es wird nichts verschüttet.

Leider wird auch die Strecke bis zum kurzen Abstecher durch Kansas nicht viel schicker auf der 66. Ab Joplin wird es dann aber wieder klassischer und Kansas tut alles, um sein knapp 15 Meilen kurzes Stück 66 hervorragend zu präsentieren. Schön restaurierte Oldtimer und eine alte, gut erhaltene Pumpstation sind wirklich sehenswert und einen Fotostopp wert. Auch wenn es inzwischen wieder leicht nieselt. Und dann ist man auch schon ganz schnell im nördlichen Zipfel von Oklahoma. Tornadoland – jedenfalls um diese Jahreszeit. Der Himmel droht, aber bis auf Nieselregen bleibt für uns zunächst alles ruhig. Nicht so in Oklahoma City, wo wir morgen durch müssen. Zunächst sind wir aber im „Grenzort“ Commerce in einem uralt – mini – Diner gelandet, wo die alte Dame uns einen Kaffee und Kekse in Form des Route 66 – Zeichens kredenzt. Wow! Sie ist sehr nett (wie fast alle Menschen, denen wir begegnen). Ein deutsches Ehepaar aus der Pfalz taucht auch auf, wir hatten sie am Vormittag an der Tankstelle in Springfield bereits getroffen und kurz mit ihnen gesprochen. Und wir sehen sie am Abend bei der Motelsuche auch wieder… Bis dahin folgen wir aber noch einige Meilen der Route 66 im Staate Oklahoma. Es nieselt weiter aus grauem Himmel, aber die Klamotten halten es aus, auch ohne Regenschutz. Das ursprünglich angepeilte Ziel, Miami, OK erreichen wir viel zu früh und beschließen, weiter in Richtung Tulsa zu fahren, um möglicherweise dem befürchteten Wetterchaos um Oklahoma City herum am Folgetag ausweichen zu können. Nach einiger Zeit wird es dann aber doch noch feuchter, der Himmel bedrohlicher und wir suchen ein Hotel auf, das auch ein Restaurant in der Nähe bietet. Der Ort, den wir für die Nacht erreichen, heißt Claremore. Nach 283 Meilen reicht es jetzt auch! Wir checken ein und das inzwischen zur Routine gewordene Auspacken der nötigen Dinge folgt. Dann wird alles, was Strom benötigt ans Netz gehängt und wir springen wieder unter unsere Duschen. Im Restaurant gibt es nur alkoholfreie Getränke und da wir unsere Burger der Marke selbst zusammengestellt nicht in der ungemütlich eingerichteten Bar nebenan zu uns nehmen wollen, bleiben wir hier um dann später ein, zwei Bier der Sorte gelb und geschmacklos zu kippen. Das Thema Tornados ist auch hier vorherrschend und wir erhalten einige Tipps für den kommenden Tag, an dem wir leider in das Chaos vordringen müssen. Danach setzen wir uns noch in einen Pavillon und quatschen, während ich noch eine Zigarre genieße. 283 Meilen bis Claremore, Oklahoma : Will Rogers Inn (vor Ort gesucht)

Tag 5: Dienstag, 21.05. Es hat wieder ordentlich gescheppert in der Nacht. Und gegossen… Und auch am Morgen regnet es zunächst. Wir frühstücken im gleichen Laden vom Vorabend und planen dann, wie wir die Gefahrenzone um Oklahoma City herum passieren wollen. Ich habe lange den Weatherchannel studiert und glaube, den ungefährlichsten Weg ermitteln zu können. Als wir losfahren ist es sogar trocken. Ich habe trotzdem meine Regenjacke übergezogen. Bereits bei Tulsa wird es dann wieder nasser und bei einem Tankstopp beschließt nun auch Uli, seine Regenkombi auszupacken. Er geht sich umziehen und kommt als Michelinmännchen zurück. Ich stelle beim Tanken fest, dass ich wohl die gesamte letzte Strecke ohne Tankdeckel absolviert habe. Es ist nichts übergeschwappt, aber eigentlich möchte ich nicht ohne weiterfahren. An der Tanke hat man keinen Ersatz. Also muss der nächste Walmart angesteuert werden, bis dahin muss es auch ohne gehen. Wir rollen also weiter. Der Regen wird leider immer stärker und der ängstlich beäugte Himmel immer bedrohlicher. Auf dem Highway um Tulsa herum macht ein Truck unmittelbar vor mir einen Bremsstunt, dem ich nur knapp ausweichen kann! Der Fahrer kann sich nicht entscheiden, ob er an einer Ausfahrt raus will und stellt dann fest, dass es seine Abfahrt ist, als diese schon hinter ihm liegt. Er legt auf dem Highway den Rückwärtsgang ein – ich bin zum Glück dran vorbei, möchte aber nicht wissen, was danach passiert ist. Im Örtchen Stroud beschließen wir eine Pause einzulegen. Die Reklame des Rock Cafés und der gewitterträchtige Himmel sind zu verlockend. Hier trinken wir Kaffee, trocknen die Klamotten ein wenig und setzen ein paar Mails ab. Nach einer guten Stunde erkundigen wir uns nach dem nächstgelegenen Walmart und folgen den Angaben durch den geringer gewordenen Regen. Neben Wasser und anderen Dingen erstehe ich auch einen Tankdeckel. Zwar ohne Harley Emblem, aber er passt einigermaßen. Wir rollen weiter, müssen aber irgendwann wieder vor einem heftigen Gewitter unmittelbar vor uns Unterschlupf finden. Wir quetschen uns unter ein Tankstellendach, wo schon ein paar dicke SUV und Pickups klemmen. Für uns hat man an der Tanke Verständnis, nicht aber für die die Zapfsäulen blockierenden Autofahrer, die nur Schiss vor Hagel haben. Trotzdem, es hilft nichts, wir müssen – und wollen weiter. Der Himmel sieht beängstigend und faszinierend zugleich aus. Wir werden nasser und es kühlt empfindlich ab. Zumindest das Gewitter scheint abgezogen zu sein. Wir bewegen uns bewusst am Rande des Wetterchaos um Oklahoma City und im Westen, also unsere grobe Richtung, klart auch der Himmel auf. Trotzdem müssen wir ein wenig nördlich von der 66 auf unserer Ausweichroute noch mindestens eine Stunde durch heftigen Regen fahren, bis wir die Wettergrenze erreicht haben und

es langsam aufhört. In Yukon stoßen wir dann wieder auf die Route 66 und nehmen den geplanten Weg nach Westen wieder auf. Kurz darauf verschmilzt sie leider wieder mit dem Highway, daher rollen wir mit Cruise Control auf der I40 weiter, die jetzt für lange Zeit unsere „Leitschnur“ sein wird. Ein kurzer Stopp im Cherokee Tradepost bringt keine Besserung unserer Laune, weil reine Touristenfalle. Die meisten Hotels werden mit großen Reklametafeln für den Ort Clinton angezeigt, also verlassen wir hier den Highway und begeben uns auf Hotelsuche – immer mit dem Hintergedanken, ein zu Fuß erreichbares Restaurant in der Nähe zu haben. Das Hampton Inn ist zwar sehr gepflegt, aber uns auch zu teuer. Das Ramada in der Nachbarschaft ruft nur die Hälfte auf, ist aber auch recht rummelig. Da wir aber wieder Zimmer nebeneinander im Erdgeschoss erhalten können, schlagen wir hier unser Nachtlager auf. Wieder parken die Maschinen direkt vor der Tür und wir nutzen sie als Ständer für die nassen Klamotten. So wie die Bikes jetzt aussehen, könnte man meinen, wir hätten an einer Etappe der Dakar – Rallye teilgenommen… Inzwischen wird es auch wieder richtig heiß! Unvorstellbar, dass knapp 60 Meilen von hier immer noch das Unwetter tobt. Wir sortieren uns in aller Ruhe, duschen, planen und gehen dann ins benachbarte Steakhouse. Trotz meines gut gegrillten Stückes Fleisch ist der Gesamteindruck eher schwach und da wir keinen Nachtisch wollen, werden wir auch schnell wieder hinauskomplimentiert. Das ist halt so in den USA und auch nicht unhöflich gemeint. In der Sonne, neben den Maschinen unterhalten wir uns noch eine Weile und lassen den aufregenden Tag Revue passieren. Die zweite Zigarre muss dran glauben und dann geht es auch wieder ins Bett. Die heutige Etappe hatte es in sich! 234 Meilen bis Clinton, Oklahoma : Ramada Inn (vor Ort gesucht)

Tag 6: Mittwoch, 22.05. Nach einer ruhigen Nacht im ramschigen Ramada satteln wir wieder die Bikes und ziehen ohne Frühstück los. Die groß angekündigte Innenstadt von Clinton erweist sich als eine Enttäuschung. Einen Diner, in dem wir gepflegt frühstücken können, gibt es auch nicht. Also auf die Interstate bis Elk City, wo wir ein Dennys finden. Wir lassen uns Zeit für das Frühstück und fahren schließlich weiter

westwärts. Uli verrechnet sich ein wenig und gibt satte 24 Cent Trinkgeld. Zum Glück fällt es uns aber auf und kann korrigiert werden. Wir wollen ja niemanden beleidigen… Es ist ihm auch sichtlich unangenehm und die Serviererin glaubt es ihm durchaus. Der Himmel ist weit, das Land auch, noch ist es frisch, aber bald schon ist es zum Anhalten fast schon zu warm. Auch in Texas gibt es die Frontage Road, die wir soweit es geht befahren. Natürlich erwischen wir auch wieder eine Sackgasse! Wäre auch enttäuschend, wenn nicht. Aber egal, nach wenigen Metern sind wir zurück auf dem Highway und rollen weiter in die richtige Richtung. Unterwegs gibt es abseits der Interstate wieder ein paar Fotostopps an alten Tankstellen (schön erhalten und meist Infocenter oder Souvenirshop). Schon am späten Mittag erreichen wir dann Amarillo. Das Texas – Visitorcenter ist sehr hilfreich und informativ für uns und nachdem wir uns ein günstiges Motel ausgesucht und bezogen haben, sind wir mit Rockerbekleidung und ohne Helm auf den Bikes und cruisen ausgiebig durch Amarillo. Wir arbeiten nacheinander den Harley Davidson Laden – ich möchte doch lieber einen Original Harley Tankverschluss haben - zwei Batterieshops für Ulis Kamera, einen Walmart (keinen Tag ohne!), die Cadillac Ranch am Westende der Stadt und Downtown Amarillo ab. Dann sind wir hungrig und suchen das durchs Fernsehen bekannte Restaurant The Big Texan auf. Hier kann, wenn man sich traut, ein 72 oz Steak gegessen werden. Das sind ca. 2 Kg. Wenn man es binnen einer Stunde samt Beilagen aufisst, ist man ein local Hero, wird in einer Siegerliste verewigt und muss es nicht bezahlen. Scheitert man – und das passiert den meisten – ist man 72 Dollar los. Die Versuchung ist nicht groß, ich weiß aus Erfahrung, wie viel Fleisch ich essen kann. 2 Kg auf jeden Fall nicht… Wir kämpfen wenig später bereits mit unseren lecker gewürzten Spareribs, aber es sind genau diese Gewürze, die uns auch an der relativ geringen Menge scheitern lassen. Nach mehr als 50 Meilen kreuz und quer durch die Stadt landen wir wieder in unserem Motel. Ulis Helm ist an einem der Batterieläden leider vom Bike gefallen und am Scharnier vom Visier ist etwas abgebrochen. Aber wir haben ja unser mitgebrachtes Werkzeug - Multitool und Schweizer Taschenmesser - sowie Sekundenkleber und Tape und können den Schaden soweit reparieren, dass sein Visier nutzbar und sogar beweglich ist. Und dann fallen wir auch wieder in die Betten, ein toller Tag entlang der Route 66 geht zu Ende.

Vorher schnell noch im Internet gecheckt, ob die Motorrad Gang „Los Unos“, die rund um uns herum die Zimmer belegt hat, auf der Liste der kriminellen Bikerbanden steht. Es wird wohl eine relativ ruhige Nacht, denn sie stehen nicht drauf. Aussehen tun sie jedenfalls so…

190 Meilen bis Amarillo, Texas plus weitere 59 Meilen in und durch Amarillo : Relax Inn (vor Ort gesucht)

Tag 7: Donnerstag, 23.05. Sie sind vielleicht nicht kriminell, aber laut. Die Nacht ist sehr unruhig. Nebenan scheint der Chef der Los Uno stundenlange Monologe zu halten – oder er telefoniert. Ich stopfe mir also irgendwann die Ohren zu. Trotzdem ist die ganze Gang noch vor uns um 6 Uhr auf den Beinen und parken ihre Harley wild wummernd unmittelbar vor unseren Türen. Lärm… Dadurch räumen auch wir unsere Zimmer und sind sehr früh auf dem Weg – nach kurzem, freundlichem Gespräch mit ein paar Jungs der Gang, die sich als ziemlich normal entpuppen. Das passt ganz gut, denn heute wird eh die längste Etappe gefahren. Leider macht mir eine Erkältung ziemlich zu schaffen. Trotzdem hält auch dieser Tag viele tolle Eindrücke für uns bereit. Im Örtchen Vega frühstücken wir in einem Hinterwäldler Café unter familiärer Führung und lauschen den Ausführungen einiger Senioren – soweit wir ihren Slang verstehen können. Wie überall ist man auch hier extrem freundlich zu uns. Kurz darauf erreichen wir in Adrian, Texas das Midpoint Café. Ein sehr schön im Stil der 50er Jahre restaurierter Diner, der ein toller Ort für unser Frühstück gewesen wär. Hätte, könnte… merken für das nächste Mal… Natürlich werden die Kameras ausgepackt und bei einem netten Plausch mit dem Besitzer des Ladens erhalten wir einen Übernachtungstipp für Santa Fé, dem wir folgen wollen. Bis dahin landen wir allerdings mindestens 3-mal in einer Sackgasse. Die Frontageroad, die wieder fast überall (leider nur fast) parallel zur Interstate verläuft, ist so angenehm ruhig zu befahren, dass wir dieses Risiko jedoch gerne eingehen. Umkehren tut ja nicht weh und es sind meist nur wenige Meter, die wir doppelt fahren müssen. Auch auf der weiteren Strecke machen wir gelegentliche Fotostopps und brettern irgendwann raus aus dem texanischen Panhandle, rein nach New Mexico. Ganz andere Umgebung, es wird hügeliger, schroffer. Im Visitorcenter holen wir, wie es inzwischen bereits Routine geworden

ist, ein paar Tipps und legen im Örtchen Tucumcari eine Pause ein. Hier gibt es wieder einige schöne Überbleibsel aus der guten alten Zeit zu begutachten, teilweise sehr liebevoll restauriert. Danach noch einen kurzen Abschnitt über die Interstate um schließlich der älteren Variante der 66 zu folgen und nach Norden abzubiegen um einen Schlenker über Santa Fé zu nehmen. Wieder genießen wir die herrliche Umgebung. Am Nachmittag erreichen wir die Stadt und finden erstaunlicherweise auch das Silver Saddle Motel sehr schnell. Zuvor hatten wir im Lotto der Ausfahrten das richtige Los gezogen und trotz fehlender Beschilderung die alte 66 wiedergefunden. Im Motel erhaschen wir die beiden letzten verfügbaren Zimmer. Es geht auf das Memorial Weekend zu und da ist ganz Amerika unterwegs. Das hatten wir nicht auf der Rechnung, umso besser, dass die kommenden Nächte bereits vorgebucht sind. Wie immer packen wir die für die Nacht benötigten Utensilien aus, machen uns frisch und wandern ins gegenüber gelegene mexikanische Restaurant. Bloß keine unnötigen Wege – wir sind im Land der Autofahrer! Beide sind wir ob der mexikanischen Küche skeptisch, aber ein älteres Ehepaar, das gerade den Laden verlässt gibt uns ein Interview mit vielversprechendem Inhalt. Wir trauen uns und werden positiv überrascht. Unser ratloser Blick bringt uns das eine oder andere Probetöpfchen ein, da fällt die Entscheidung dann nicht mehr so schwer und wir genießen ein schmackhaftes Dinner. Die heutigen 308 Meilen haben uns beide angestrengt. Ich bin durch meine Erkältung ziemlich am Ende. Beim Rangieren der Maschinen vor dem Hotelzimmer lege ich daher meine E-Glide auch direkt mal um. Bei dem Kiesboden ist bei meinen kurzen Beinen der eh schon wacklige Stand nicht mehr zu gewährleisten. Ich rutsche leider mit dem Standbein weg. Uli schafft es nicht mehr rechtzeitig, meinem Notruf zu folgen und die 15 Meter Spurt bringen auch nichts. Zusammen heben wir dann zumindest die lächerlichen 400 Kg wieder auf! Zum Glück hat es weder für Mensch noch für Maschine bleibende Blessuren gegeben. Nach dem Essen verschwinden wir wieder relativ schnell in unseren liebevoll eingerichteten Zimmern. Ich dusche heiß, schreibe noch ein paar Zeilen zum Tag und versuche dann, zu entspannen. Ach so… New Mexico: Mountaintime = wieder eine Stunde zurück, jetzt 8 Stunden Differenz zu Ingi! Gute Nacht! 308 Meilen bis Santa Fé, New Mexico : Silver Saddle Inn (vor Ort gesucht – Empfehlung von unterwegs)

Tag 8: Freitag, 24.05. Santa Fé am frühen Morgen. Wolkenloser, blauer Himmel. Bevor wir uns weiter gen Westen bewegen, wollen wir den alten Teil der Stadt erkunden. Zuvor gibt es ein leichtes Frühstück incl. Plausch mit ein paar anderen Gästen an der Rezeption des Motels. Dann fahren wir durch Downtown und müssen neidlos anerkennen: die Altstadt ist wirklich hübsch anzusehen! Und dann noch bei diesem Wetter. Das Ganze hat südländisches Flair. Wir drehen ein paar Runden und dann geht es angespornt weiter. Ein Walmart (was denn sonst) liefert die Wasserverpflegung für die weitere Tour. Unterwegs ist nicht viel mit der alten 66 her. Also brettern wir über die Interstate, die hier ganz schön befahren ist. Immerhin geht es weitestgehend bergab. Kurz vor Albuquerque wird auch wieder getankt. Inzwischen ist ein überlaufender Tank eher selten, es lässt sich aber nicht immer verhindern. Uns kommen zum ersten Mal auf dieser Tour signifikant mehr Motorräder entgegen! In Santa Fé findet am kommenden Wochenende ein großes Bikertreffen statt und man sammelt sich. Schade aber auch, wir müssen ja weiter ziehen. In Albuquerque fahren wir zunächst 12 Meilen entgegen unserer eigentlichen Richtung nach Osten, weil wir den Beginn der hochgelobten längsten Stadtstrecke der alten Route 66 voll auskosten wollen. Es werden handvermessene 15 Meilen, die mehr oder weniger interessant sind, wenn man großzügig ist. Naja… Immerhin rollen wir ohne Helm und in leichter Bekleidung durch die Stadt und am Ende dieses Abstechers, kurz vor der Interstate (unsere gute, alte I40), gibt es auch noch ein Kaltgetränk. Dann rollen wir weiter. Schön, dass es den dekadenten Tempomaten gibt. Das entspannt das rechte Handgelenk. Leider sind die Ausschilderungen auch hier nicht optimal – das hatte ich anders erwartet. Auch sind die parallelen Streckenabschnitte selten und verschwinden plötzlich, so dass wir nicht wagen, den Highway zu verlassen. Hier, in den „Wüstenstaaten“, wird es zu fortgerückter Stunde immer windiger. Die warme Luft steigt nach oben und erzeugt starke Winde. Wir werden regelmäßig ordentlich durchgeschüttelt und sind nicht unglücklich, auf den schweren Maschinen zu sitzen. Mit leichteren hätten wir bestimmt viel Spaß. Ab und zu rollen auch wilde Horden von Gestrüppkugeln quer über die Bahn. Man kennt sie aus Westernfilmen, sie heißen wohl Tumbleweed oder Chapparals – jedenfalls haben es diese Teile auf mich abgesehen, aber es trifft keine. Ha! Man sieht auch Windhosen, die viel Staub mit sich führen, aber diese halten sich zum Glück abseits der Bahn auf. Dann erreichen wir Gallup, einen Ort, der sich Meilen entlang von Gleisen hinzieht. Hier rollt der Santa Fé Express und die bis zu 6 Loks, die über 100

Waggons ziehen, lassen ihre Warntröten alle paar Minuten röhren! Ziemlich erschreckend, wenn man nichtsahnend an so einem Lindwurm vorbeirollt. Jetzt verstehen wir aber auch die Reklametafeln, die Hotels ohne Zuglärm anpreisen! Wir landen wieder in deinem Days Inn, bekommen Zimmer direkt nebeneinander und weg von der Straße und die Bikes parken natürlich unmittelbar davor! Nach einer kurzen Pause (auspacken, was man braucht) erkunden wir den Ort, sind schnell durch und finden ein passendes Restaurant. Im berühmten El Rancho Hotel haben schon alle möglichen Westernstars gewohnt und wir essen hier unsere Spareribs. Eine hier in Gallup lebende (wieso macht man sowas?) Deutsche spricht uns an, weil sie gerne mal wieder deutsch sprechen möchte und wir quatschen ein wenig. Darüber, warum man hier hängen geblieben ist, wie man – erfolglos – Harleytouren vermarktet und sowas. Dann brechen wir wieder auf und fahren zurück ins Hotel. Die kurzen Stadtfahrten ohne Helm genießen wir, sie geben einem das Gefühl von Freiheit! Herrlich! Im Hotel wird geschrieben, gelesen, relaxt, Sport geschaut. Relativ schnell auch gepennt. 245 Meilen bis Gallup, New Mexico : Days Inn (vor Ort gesucht)

Tag 9: Samstag, 25.05. Nach einem ausgiebigen Frühstück bei Dennys rollen wir sehr früh weiter nach Arizona. Es ist sonnig, aber der Schein trügt. Es ist richtig frisch! Wir fallen in Arizona ein und keiner nimmt Notiz von uns. Neuer Staat, neues Visitorcenter. Eindecken mit Infomaterial. Leider sind auch in diesem Bundesstaat die Beschilderungen unzureichend. Eine Frontageroad gibt es eher nicht und wir wollen auch nicht mit unseren Schiffen im Schotter landen. Daher ist der erste Punkt, an dem wir heute den Highway verlassen, der Petrified Forest Nationalpark – immerhin für 48 Meilen (stures Highway Fahren wären nur 26 Meilen Strecke gewesen, aber wir wollen ja was sehen). Die nächsten 29 Meilen davon sind innerhalb des Parks, der ansatzweise an den Badlands NP in South Dakota erinnert. Hauptattraktion sind aber viele versteinerte Baumstümpfe, die vor allem im letzten Viertel der Strecke zu finden sind. Die Videokamera wird wieder angeschmissen. Diesmal hat sie einen neuen Platz an der Maschine bekommen. Die linke Seite des vorderen Überrollbügels ist geradezu prädestiniert zur Befestigung. Das Ergebnis wird sich dann zeigen. Nach

Durchfahrt des Nationalparks folgen dann noch einmal 17 Meilen bis zum Ort Holbrook, wo wir wieder auf die Route 66 treffen. Der Weg dahin führt fast nur geradeaus und der Wind legt wieder zu und versucht uns zu zermürben. Schafft er aber nicht. Aber es wackelt ganz schön, wenn man mit 400 Kg bei 70 mph vor sich hin dröhnt und plötzlich eine Windböe kommt. Warm ist es auch wieder… In Holbrook zwingt uns das Wigwam Motel zu einem Fotostopp. Hier könnte man, wenn es denn an der Zeit wäre, in als Wigwam gestylten Zimmern übernachten, vor denen schöne Oldtimer zur Dekoration parken. Ein wirklich gelungener Anblick. Wir wollen aber nicht hier übernachten, uns treibt es weiter. Nächste Station Winslow. Es ist auch Mittag und der Magen meldet sich. In Winslow ist natürlich die Straßenecke ein Muss, die von den Eagles in „Take it Easy“ besungen wird und wir wollen auch das machen, was alle hier tun: „Standing at the corner in Winslow, Arizona“. Die Kreuzung an dieser Ecke ziert ein riesiges Route 66 Emblem auf dem Asphalt und die angrenzenden Häuser sind liebevoll gestaltet. Wir lassen ein paar Dollar im Souvenirshop und fahren dann durch den Ort, um das bekannte Hotel La Posada zu suchen, wo wir uns in der eleganten Umgebung des Turquoise Room einen Ceasar’s Salad gönnen. Den großen. Der kleine wäre ziemlich schnell weg gewesen. Das Ganze ist sehr gediegen und höchst angenehm. Ca. 8 Meilen vor Flagstaff dürfen wir dann einen weiteren Abschnitt der Route 66 abseits des Highway genießen. Über den Tag haben wir uns auf 2300 Meter hoch gearbeitet. Das Hotel haben wir für 2 Nächte vorgebucht, da wir die Umgebung näher unter die Lupe nehmen wollen. Wir finden es an der langgezogenen Hauptstraße, die sich als Route 66 durch den Ort schlängelt. Rechts bergig, links eine Hochebene. Im Hotel angekommen, stellen wir fest, dass es auch in den US of A unfreundlich gehen kann. Anders gesagt: die Dame am Empfang ist eher desinteressiert, gelangweilt, wortkarg. Am Eingang hängt auch ein Schild: Betreten nur für Gäste mit Reservierung. Was haben wir doch für ein Glück, dass wir eine solche vorlegen können. Wir erhalten dann auch unsere Schlüsselkarten und beziehen unsere Zimmer. Außerdem räumen wir die Maschinen einmal komplett aus, um uns für die nächste Zeit neu zu sortieren. Was da alles drin ist… erstaunlich… Die Maschinen stehen immer noch im Oklahoma Dreck. Wir haben beschlossen, das so zu lassen. Kein Grund, nicht durch den Ort zu kreuzen. Wir genießen die hübsche Altstadt. Am frühen Abend landen wir dann wieder in einem ordentlich verpflegen.

wo wir uns

Später im Motel planen wir den zeitlichen Ablauf des nächsten Tages, dann geht es unter die Dusche und ab ins Bett. 238 Meilen bis Flagstaff, AZ : Americas Best Value Inn (vorausgebucht)

Tag 10: Sonntag, 26.05. Wir frühstücken in einem netten Diner an der Straße nach Norden, die wir einschlagen, um die Route 66 mit dem Ziel Grand Canyon für einen Tag zu verlassen. Der Diner ist wieder klassisch mit allen möglichen Route 66 Utensilien bestückt und die Damen sind klassisch höflich und aufmerksam. Über unseren Köpfen rattert ununterbrochen eine Modelleisenbahn von größerem Format im Kreis an der Wand entlang. Man fragt wieder nach dem woher, wohin und warum überhaupt. Als unser Ziel für heute bekannt wird, bricht kurz eine Diskussion über eine mögliche Sperrung unserer geplanten Route aus, aber ein Kenner der Szene (mexikanischer Abstammung (?), unangenehm duftend) erklärt uns, dass die Sperrung erst nach dem Abzweig zum Canyon vorliegt. Das wollen wir gerne glauben, denn sonst könnten wir keinen Kreis fahren. Also ändern wir nichts und brechen auf. Nach ca. einer Stunde Fahrt durch abwechselnde Landschaft erreichen wir Cameron, eine Ansammlung von Trading Posts, einer Poststelle (sonntags aber geschlossen) mit einer Kreuzung! Bevor wir diese Kreuzung nutzen, um zum Canyon zu kommen, stromern wir noch ein wenig durch den Laden, der angeblich authentische Indianerware bietet. Die Ausbeute ist jedoch sehr gering. Zu kitschig das Ganze – schade! Es scheint heutzutage schwierig zu sein, echte Native – Artikel zu erhalten. Ab hier verstauen wir unsere Helme im Heckkoffer und machen uns landfein für die Fahrt entlang der South Rim des Canyons. Schon weit vor der Einfahrt zum eigentlichen Nationalpark macht sich die Natur mit schroffen Abbrüchen bemerkbar. Ein toller Anblick. Wir verbringen Stunden am Südrand, machen Videos und Fotos und genießen das herrliche Wetter. Durch das Memorial Weekend ist ordentlich was los, aber bis auf das proppenvolle Visitorcenter zerläuft es sich im Park. Am frühen Nachmittag sind wir an jedem Outlook gewesen und setzen unsere Route fort, um wieder zurück nach Flagstaff zu gelangen. Diesmal fahren wir stundenlang durch herrliche Waldlandschaft. Meist alleine.

Einer der schönsten Tour-Tage neigt sich dem Ende entgegen. Im Motel erfrischen wir uns ein wenig und suchen dann eine Pizzeria auf, die uns die heutige Rezeptionsassistentin empfiehlt. Übrigens eine durchaus nette. Gestern war wohl eine Ausnahme. Die Pizza ist tatsächlich empfehlenswert, wir treffen genau die richtige Größe und essen das Modell Route 66. Man muss sich zwar alles selbst zusammenholen und direkt an der Kasse vorausbezahlen, aber das macht nichts. Das Bier macht müde und nach der Rückkehr im Motel ist wieder sortieren, sammeln und pflegen angesagt.

200 Meilen ab/bis Flagstaff, Arizona : noch mal Americas Best Value Inn

Tag 11: Montag, 27.05. Frühstück gibt es im gleichen Laden wie gestern. Natürlich erkennt man uns wieder und fragt uns nach dem gestrigen Tag. Wir können natürlich nur Gutes berichten und bestätigen auch, dass uns die Sperrung der Strecke nicht betraf. Nach dem Frühstück erhalten auch die Maschinen eine Mahlzeit und dann geht es entlang der 89a nach Süden, Richtung Sedona. Wieder wird die Strecke zum puren Vergnügen. Bergig, waldig, kurvig – ein Bach rauscht neben der Straße – alles, was das Herz eines Motorradfahrers höher schlagen lässt. Viel zu schnell sind wir in Sedona, wo wir die Bikes parken, um entlang der Hauptstraße zu spazieren und dann in den kleinen Harley Davidson Laden gehen. Wieder ist die Ausbeute nicht so groß, daher besteigen wir lieber die Räder und nehmen das Tagesprogramm wieder auf. Erneut „off Route 66“ – zumindest eine ganze Weile. Eine halbe Stunde schnurgeradeaus und bergab später erreichen wir Jerome und hier wird es für viele Meilen wieder fast alpin. Es gibt sogar ein paar Haarnadelkurven. Toll! Wir fahren bestimmt eine Stunde lang durch dieses herrliche Gebiet. Dann hat uns die Eintönigkeit aus starker Sonne, gerader Strecke und viel Wind wieder. Wir schließen den Kreis nach Norden und kommen wieder auf „unserer“ I40 an. Westwärts geht es weiter, aber nur eine kurze

Strecke auf dem Highway, dann zweigt die 66 wieder ab und wird zur Landstraße. Wir haben noch knapp 100 Meilen bis Kingman. Die werden nur selten abwechslungsreich, aber wir gehen unseren Gedanken nach, da die Helme ab sind und somit auch die Sprechanlage nicht zum Einsatz kommen kann. Irgendwann wird mir die Sonnenbestrahlung und der Wind dann doch zu viel, also Helm wieder auf. Und weiter im eintönigen Geradeaus. Endlich erreichen wir Kingman, finden auch das vorgebuchte Hotel (wie so oft unmittelbar an der Route 66 gelegen) und nach der üblichen Routine: Check-in, Entpacken und Frischmachen erobern wir ein Steakhouse (zur Abwechslung nicht Outback) – Dambar & Steakhouse genannt. Ein riesiger Schuppen, wenig gefüllt, nette Bedienung. Wir sind zufrieden. Danach rollen wir noch durch den Ort auf der Suche nach dem ansässigen Harley Laden. Da wir aber keine Karte mitgenommen haben und die Lage nicht so genau bekannt ist, brechen wir die Suche nach ein paar Meilen ab, besuchen lieber ein Walgreen’s und begeben uns dann zur Ruhe… der Laden hätte eh bereits geschlossen. Die warten ja nicht auf uns. Außerdem sind wir müde. Die heutige Etappe war anstrengend. 257 Meilen bis Kingman, Arizona : Quality Inn (vorgebucht)

Tag 12: Dienstag, 28.05. Die heutige Etappe wird recht kurz, aber heiß. Im Hotel nehmen wir noch ein einfaches Frühstück zu uns. Man hat dafür extra einen kleinen Diner liebevoll eingerichtet. Überhaupt zeigt das Hotel viele Route 66 Memorabilien. Wir sind begeistert, zeigt es doch, dass wir uns nicht verfahren haben! Dann schicken wir uns freiwillig in die Wüste. Der erste angepeilte Zwischenstopp wird der Hoover Damm sein, in nur 90 Meilen Entfernung. Da lachen wir ja drüber. Da wir wie üblich früh unterwegs sind, ist es noch frisch, aber in Nevada angekommen, zeigt die Sonne dann ihre Kraft. Daher kommen wir am Hoover Damm ordentlich ins Schwitzen. Wir parken unsere Bikes auf einem der recht vollen Stellplätze und verstauen, was wir nicht schleppen wollen. Wir halten uns fast eine Stunde hier auf und inspizieren dieses Monument aus den 30er Jahren sehr intensiv. Als es in den Motorradklamotten schon kocht, setzen wir uns wieder dem Fahrtwind aus und rollen weiter. Die ursprünglich von uns ausgearbeitete Route nehmen wir jedoch nicht, sondern fahren nach einem kurzen Besuch in einem Visitorcenter die letzten Meilen nach Las Vegas auf der Interstate. Dadurch gewinnen wir viel Zeit, die wir in Vegas gebrauchen können. Im Visitorcenter

decken wir uns wieder mit Informationen über die Stadt ein. Und wir sehen einen Roadrunner, wie der flotte Wegekuckuck hier genannt wird. Wahrscheinlich allen bekannt aus der Zeichentrickserie Schweinchen Dick. Den Kojoten entdecken wir jedoch nirgends. Ich bin wegen der Sichtung des scheuen Tieres ganz aus dem Häuschen! Trotz der Größe Las Vegas‘ finden wir unser Hotel ohne Probleme. Wir haben ein Americas Best Value Inn vorgebucht, das in Laufnähe zum Strip liegt. Für wenig Geld erhalten wir eine geräumige Suite. Der Laden ist schon älter, aber alles sieht sauber und gepflegt aus. Nach dem Einchecken machen wir uns etwas frisch, was bei der vorherrschenden Hitze nur rudimentär gelingt. Unser nächstes Ziel ist ein zum Glück milde klimatisiertes Outlettcenter. Nach einem kurzen Snack im Foodcourt sind wir gestärkt und ein paar Einkäufe später bringen wir unsere Beute raus in die Hitze und fahren zurück zum Hotel. Und dann wagen wir uns zu Fuß raus. Erster Stopp wird in der Bar des Hooters Casino gemacht, weil laut riesigem Werbeplakat das große Bier nur 4 Dollar kostet. Der Preis stimmt. Trotzdem ist hier fast gar nichts los, die meisten Spielautomaten sind verwaist. Also raus und direkt gegenüber ins MGM Grand Hotel & Casino. Das Überqueren der 8 stark frequentierten Fahrspuren gelingt uns zum Glück unfallfrei. Das MGM Grand bietet uns ein Wow – Erlebnis! Riesige Hallen, voll mit Spielautomaten und Massen an Menschen, die völlig wirr hin und her irren (wie es scheint). Nach gefühlten Stunden in diesem Gewusel landen wir irgendwann auf dem Las Vegas Blvd, auch Strip genannt. Noch ist es hell, aber die Bauwerke haben auch jetzt schon ihren Reiz. Wir schaffen 2 Blocks bis zum Harley Davidson Café, dann gehen wir auf der anderen Straßenseite zurück – Überquerung dank Fußgängerbrücke absolut unbedenklich – um zum Hard Rock Café zu gelangen, das wir uns für unser Dinner ausgesucht haben. Dort füllen wir zunächst Flüssigkeit nach und dann verdrücken wir unsere mächtigen Burger zu 80 %. Schließlich mache ich noch den Shop unsicher und kaufe, was der Hard Rock Fan zwingend benötigt: T-Shirt (auch für die Gattin) und Pin. Weil wir den Strip in voller Pracht, also bei nächtlicher Beleuchtung bei der Durchfahrt filmen wollen, gehen wir zurück zum Hotel, um die Bikes zu holen. Ich muss die Kamera noch irgendwo befestigen und entschließe mich für die obere Kante der Windschutzscheibe. Ich muss daher zwar um die Kamera herum schielen, aber was tut man nicht alles für einen guten Shoot? Leider ist der Verkehr auf dem Strip sehr dicht und wir stehen mehr, als dass wir rollen. Der Motor sorgt für gegrillte Schenkel, es kühlt nicht wirklich ab so früh in der Nacht. Da auf der entgegengesetzten Richtung noch mehr los ist, stellen wir das Filmen ein und fahren abseits vom Strip zurück zum Hotel. Trotz der relativ kurzen Strecke sind wir auch heute ganz schön kaputt. 140 Meilen bis (und in) Las Vegas, Nevada : Americas Best Value Inn (vorgebucht)

Tag 13: Mittwoch, 29.05. Etwas später als sonst wird gefrühstückt. Wir fahren die 150 Meter zum Diner! Wer läuft hier freiwillig? Dann räumen wir unsere Suite und machen uns auf nach Barstow, weichen aber von der ursprünglich geplanten Route erheblich ab, weil wir nicht so viel Interstate fahren wollen. Das ist eine gute Idee. Der Vormittag führt uns durch faszinierendes Wüstengebiet bis an die Grenzen des Death Valley. Wir fahren nur mit Weste los, stellen aber bald fest, dass es doch noch zu frisch ist. Also ziehen wir lieber unsere Jacken wieder über. Eine Gruppe von 4 Motorrädern rollt vor uns hin, die Flagge am Heck zeigt uns, dass es sich um Österreicher handelt. So, wie sie unterwegs sind, haben sie gerade erst die Maschinen übernommen. Ein ziviler Motorradpolizist hat ebenfalls die gleiche Route mit seiner BMW gewählt. Wir erkennen ihn an seiner Pistole, die lässig an der Seite hängt. Alle sind sie flotter unterwegs als wir und bald sind wir wieder für uns. Nur keine Eile. Wir wollen die Etappe genießen. An einer einsamen, wenig befahrenen Stelle beschließen wir spontan einen Fotostopp einzulegen. Der einzige Wagen, der uns stört, ist ein fetter Polizei SUV. Ist ja klar… Die tauchen wie aus dem Nichts auf! Wir werden höflich aufgefordert, die Motorräder von der Straße zu bewegen. Das machen wir selbstverständlich, aber erst, als wir unsere Route fortsetzen. Wie gesagt – keine Eile… Ein paar Stunden später treffen wir die Österreicher in der Wüste an einer Tanke wieder, wo wir zum Kartencheck anhalten. Aber kurz vor dem Death Valley trennen sich unsere Wege auch schon wieder. Sie fahren rein ins Valley, wir biegen links ab und entfernen uns. Auch die Randgebiete sind beeindruckend heiß, es herrschen 110 Grad Fahrenheit und die Jacken sind schon lange wieder im Heckkoffer verstaut. Im Örtchen Baker schließt sich unser Umwegkreis wieder. Bis dahin rollen wir jedoch völlig alleine durch faszinierende Einöde. Hier stehen keine Zäune und auch keine Strommasten. Mobiles Netz? Völlig unmöglich! Bevor der Highway uns wieder hat, erfrischen wir uns noch einmal in einem Burger King. Und dann müssen wir noch ca. 60 Meilen auf der sehr stark frequentierten I15, dem Mojave Freeway zurücklegen. Keine schöne Angelegenheit. In Barstow wird es nicht wirklich besser, ab und zu haben wir das Gefühl, sandgestrahlt zu werden. Wir suchen uns ein Motel. Ein California Inn lädt zum Übernachten ein. Der Preis ist absolut OK, wir bleiben.

Wie immer – kurz auspacken, andere Hose an und nach einer relativ kurzen, sehr windigen Besichtigungsfahrt durch den Ort – wir finden eine für hiesige Verhältnisse günstige Tankstelle, die keine Kreditkarten akzeptiert – landen wir in einem chinesischen Buffetrestaurant. Vergessen wir es. Danach erstehen wir noch ein Sixpack Bier und dann wird bei Baseball im TV der letzte Tourtag geplant. LAX ist ziemlich chaotisch und will gut vorbereitet sein. Ulis iPad will uns unsere Route nicht so auswerfen, wie wir sie gerne hätten, also gehen wir mit einem größeren Fragezeichen ins Bett. Bis auf das letzte Stück haben wir heute wieder eine sehr interessante Tour zurückgelegt. 222 Meilen bis Barstow, California : California Inn (vor Ort gesucht)

Tag 14: Donnerstag, 30.05. Nach einem eher spartanischen Frühstück im Hotel machen wir uns auf zur letzten größeren Etappe. Wieso ist das jetzt auf einmal fast vorbei? Wider Erwarten ist es überhaupt nicht windig und angenehm frisch, als wir Barstow entlang des letzten Stücks 66 hinter uns lassen. Unser Plan ist es, auch heute so wenig Highway wie möglich zu nutzen. Wenn man sich den Umgebungsplan von Los Angeles genauer anschaut, ist das ein anspruchsvolles Vorhaben. Dazu wollen wir uns in die San Bernardino Mountains, genauer den Angeles National Forest schlagen. Leider wissen wir noch nicht, ob die von uns gewählte Strecke durchgängig befahrbar ist. Wir wagen es aber den Weg einzuschlagen, auch auf die Gefahr hin, umkehren zu müssen. Hinter dem Ort Wrightwood wird es traumhaft schön, aber auch spannend. Eine Rangerin meint, die Straße müsse noch gesperrt sein. Weil es aber so schön ist, fahren wir trotzdem weiter. Bergig, kurvig, alles was der Motorradfahrer liebt. Und wir sind wieder praktisch alleine. Nach einigen Meilen liegt das Grassy Hollow Visitor Center am Weg. Wir erwischen ein paar Polizisten und Ranger in trauter Runde und fragen erneut nach. Und erhalten die freudige Botschaft, dass die Strecke seit einem Monat passierbar ist! 53 Meilen Kurven erwarten uns bei herrlichstem Wetter. Die nächsten 2 Stunden rollen wir rauf und runter, ohne jegliche Störung durch andere Verkehrsteilnehmer. Irgendwo mitten drin legen wir eine Pause ein und genießen Sonne und Ruhe. Die Wahl dieser Strecke war goldrichtig! Aber auch dieser Traumabschnitt ist irgendwann durchfahren und wir nähern uns wieder zivilisierterem Gebiet – genauer gesagt dem nordöstlichen Rand von Los Angeles. Wir planen, den Sunset Blvd komplett von Ost nach West zu nehmen,

dann sollten wir automatisch knapp nördlich von Santa Monica herauskommen. Zunächst kommen wir durch eine sehr wohlhabende Gegend, landen dann aber ziemlich schnell im von Ampeln und extrem hohen Verkehrsaufkommen produzierten Stau. Egal, da wollen wir trotz Mittagshitze durch! Belohnt werden wir mit einer angenehmen Durchfahrt durch Beverly Hills. Und schließlich haben wir nach gefühlten Stunden Stadtfahrt den Pazifik vor Augen. Die Gegend gleicht ein wenig der Cote d’Azur mit ihren Villen in den bewaldeten Hügeln. Natürlich machen wir auf dem kleinen Teilstück des Highway No. 1, das uns nach Santa Monica führen soll, eine kleine Pause. Sekt gibt es zwar nicht, aber wir stoßen kurz imaginär auf unsere stolze Leistung an. Und werden ob des bevorstehenden Endes unserer Tour quer über den Kontinent leicht sentimental. Dann rollen wir weiter und schießen ein wenig über unser Ziel hinaus. Der Umweg führt uns daher über Venice Beach (sieht ziemlich heruntergekommen aus) und den eher nicht so schönen Bereich von Santa Monica abseits des noblen Küstenabschnitts zu unserem vorgebuchten Hotel. Auch hier wickeln wir unser routiniertes „Ankommensritual“ ab und sitzen schon bald wieder auf den Bikes, um in den schönen Downtown Bereich und an die Promenade samt Pier zu gelangen. Auf Anraten eines Eingeborenen stellen wir die Motorräder in einem Parkhaus unter, aus dem wir später ohne Bezahlung wieder abhauen wollen. Der Pier ist das Ende unserer Tour, denn hier steht das offizielle Schild „End of Route 66“ – auch wenn wir es eigentlich nicht wahr haben wollen. Natürlich werden Fotos geschossen und dann machen wir uns auf die Suche nach einem Restaurant, in dem wir auch kulinarisch einen gebührenden Abschluss setzen können. Der Magen knurrt, denn heute gab es noch nicht viel zu beißen. Der feierliche Abschluss gelingt so einigermaßen bei Fish & Chips und einer eigenwilligen Version eines Ceasar’s Salad. Es gibt sogar alkoholfreies Erdinger Weißbier! Nach dem Essen gehen wir noch einmal an die Küste und bestaunen den Pazifik. Dann flüchten wir wie vorgenommen erfolgreich aus dem Parkhaus und fahren zurück zum Hotel (diesmal nicht auf Umwegen), wo wir noch kurz den Ablauf des letzten Tages besprechen. Dann kann endlich heiß geduscht werden. Der Tag klingt mit Baseball aus. Wenn man bedenkt, dass wir aus 90% überfülltem Highway 100% Traumstraße gemacht haben, kann man von einem erfolgreichen letzten Tour Tag reden! 189 Meilen bis Santa Barbara, California : Travelodge Santa Barbara (vorausgebucht)

Tag 15: Freitag, 31.05. Komplett unerwartet, weil es so viel zu sehen und erleben gab während der letzten 2 Wochen, beginnt der letzte Tag unserer einfach unschlagbaren Tour. Wir könnten ewig weiterfahren, aber es bleiben nur noch 15 Meilen bis zu Eaglerider Los Angeles. Unsere Strategie, die auch zu 100 % umgesetzt wird: Frühstück im Hotel zur gewohnten, frühen Stunde. Continental, aber genießbar. Dann Check Out und auf den Highway in Richtung Los Angeles International Airport. Unmittelbar dort befinden sich sowohl Eaglerider als auch das Hotel Hyatt Place, in dem wir ein günstiges Zimmer gebucht haben. Die kurze Strecke schaffen wir ohne Stau, was in Los Angeles schon erstaunlich ist, aber gerne genommen wird. Kurz vor dem Hotel, in dem wir alle unsere Klamotten deponieren wollen, wird ein letztes Mal getankt, dann wagen wir uns zum frühen Check In. Tatsächlich erhalten wir schon morgens um 9 Uhr ein fertiges Zimmer und die Karawane der Packesel setzt sich in Bewegung. Wieder staunen wir über das Fassungsvermögen der Koffer an unseren Maschinen. Nach 2 – 3 Gängen sind die Koffer geleert, das Zimmer sieht dafür relativ voll aus. Wir sortieren uns noch einmal und machen uns dann auf zu Eaglerider, die nur 2 Blocks entfernt ‚wohnen‘. Wir haben einen Laden in der Größe von Chicago vor Augen (auch damals in Boston war der angrenzende Shop erstaunlich groß) und stellen verwundert fest: hier geht es nur um die Anmietung und Rückgabe von Bikes, der Verkauf von Jacken, Taschen und allem anderen Krams, den der geneigte Easy Rider so gebrauchen könnte, findet nur auf einer klitzekleinen Fläche statt. Na gut, dann halten wir unsere Dollar eben zurück. Nach einer kurzen Wartezeit und einigem hin und her, wer sich verantwortlich für uns fühlt, werden die Motorräder entgegen genommen und auf Schäden untersucht. Es gibt keine und daher sind wir sehr schnell durch. Ziemlich unsentimental. Wir finden dann doch noch ein passendes T-Shirt als Andenken, dann werden wir per bereits gezahltem Taxi zurück zum Hyatt Place gebracht. Das Haus ist erst seit wenigen Monaten geöffnet, alles sieht sehr schön neu und sauber aus. Außerdem bietet man einen Shuttle zum Flughafen an, den wir später nutzen wollen. Bis zu unserer endgültigen Abreise haben wir jetzt noch einige Stunden Zeit. Wir packen unsere Taschen so, dass sie flugtauglich sind und tatsächlich passt alles rein! Dann setzen wir uns in den Außenbereich des Hotels und genießen bei ein paar Bier und Snacks die Sonne. Der größtenteils behelmte Kopf zeigt sich irritiert und fängt sich einen leichten Sonnenbrand! Irgendwann müssen wir dann aber doch los und bringen unseren Berg an Taschen in die Lobby. Der Transfer zum Flughafen ist nur kurz. Wir wollen unsere Taschen auf einen herrenlosen Kofferwagen stellen, der wird uns aber von einer resoluten Dame verwehrt, die eigens für das Zurückschieben der Wagen in die dafür vorgesehenen Stationen zuständig zu sein scheint. Sie belehrt uns, dass die Wagen Geld kosten. Wir schieben also weiter und steuern eine Gruppe von weiteren nicht mehr benutzten Wagen an, haben aber die Rechnung ohne diese Dame gemacht, die ihre Ware bis zum Tode zu verteidigen bereit ist. Wenn Blicke töten könnten. Sie wird auch ziemlich hektisch und

sammelt verzweifelt schnell alle herumstehenden Wagen in unserer Nähe zusammen, auf das wir ja keinen ergattern! OK… wir ändern unsere Priorität und suchen erst mal den Schalter, an dem wir die Taschen und uns einchecken können. Ich wandere also durch die Halle und stolpere doch glatt über einen einsamen Gepäckwagen! Ich besitze die Frechheit, diesen unbemerkt von der Gepäckwagendomina zu akquirieren. Weit müssen wir zwar nicht, aber trotzdem erleichtert es uns den Transport. Die Swiss checkt uns zügig ein und dann geht es durch die Sicherheitskontrolle. Hier gibt es einen Ganzkörperscanner! Hatte ich auch noch nicht. Dem Sicherheitsbeamten gefällt der Inhalt meines Helmrucksackes nicht, ich darf eine Creme nicht mitnehmen, weil sie als Flüssigkeit eingestuft wird. Eine ziemlich seltsame Betrachtung, aber was nutzt schon eine Diskussion. Ich darf das Zeug zurück zum Check In bringen, wo man mir meine wasserdichte Gepäckrolle innerhalb der nächsten 15 Minuten wieder besorgen möchte. Daraus werden zwar 50 Minuten und weitere Zeit vergeht beim erneuten Sicherheitskontrollieren. Uli, der bereits in die Lounge gegangen ist, wird inzwischen schon unruhig. Anrufen bringt aber nichts, er hat den Rest meines Handgepäcks und somit auch mein Mobiltelefon mitgenommen. Ich tauche aber noch rechtzeitig auf und nach einem erfrischenden Drink und ein paar Erdnüssen wandern wir zum Gate, um endlich an Bord gehen zu können. Der Flug bis nach Zürich verläuft absolut unspektakulär und auch die längere Wartezeit in der Businesslounge am Flughafen Zürich bringen wir geduldig hinter uns. In Düsseldorf schließt sich der Kreis, Kerstin holt uns wieder ab und bringt mich auch nach Hause. Plötzlich ist diese lang herbeigesehnte Reise schon wieder vorbei! Fangen wir also an mit der Planung für die nächste Tour… Der Countdownzähler muss ja wieder etwas zu tun bekommen.