Magen- und MALT‑Lymphom
Magen- und MALT‑Lymphom* W. Fischbach Medizinische Klinik II und Klinik für Palliativmedizin, Klinikum Aschaffenburg, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Würzburg
Marginalzonen-B‑Zell-Lymphome vom MALT‑Typ („MALT‑
(< 10%) Fällen eines fortgeschrittenen MALT‑Lymphoms
Lymphome“) und diffuse großzellige B‑Zell-Lymphome stel-
(Stadium III/IV) und bei den DGBZL in allen Stadien stellt die
len die bei Weitem häufigsten (> 95%) Magenlymphome dar.
Kombination aus dem Anti-CD20-Antikörper Rituximab mit
Der Malignitätsgrad der Lymphome und das Lymphomstadi-
einer CHOP‑Chemotherapie eine kurativ intendierte Thera-
um sind die beiden entscheidenden prognostischen Faktoren
pieoption dar.
und therapeutischen Determinanten. Dies stellt hohe Anfor-
Die Therapie der Magen- und MALT‑Lymphome erfolgt dem-
derungen an Diagnostik und Staging als Grundlage für eine
nach individualisiert und organerhaltend mit sehr guten
adäquate Therapie. Die kausale Bedeutung der Helicobacter-
Aussichten. Die Operation, früher das Standardverfahren bei
pylori-Infektion für die gastralen MALT‑Lymphome steht
Magenlymphomen, ist angesichts der gleich gut wirksamen
außer Zweifel. Basierend auf dieser Erkenntnis wurde die
konservativen Therapie und vor dem Hintergrund der bes-
Helicobacter-pylori-Eradikation in das Therapiekonzept der
seren Lebensqualität gänzlich in den Hintergrund getreten
MALT‑Lymphome eingeführt. Daraus resultierte die faszinie-
und bleibt nur noch Komplikationen wie der endoskopisch
rende Erkenntnis, dass eine einfache einwöchige Therapie,
nicht therapierbaren Blutung oder der (sehr seltenen) Per-
bestehend aus einem Protonenpumpeninhibitor und Anti-
foration vorbehalten.
biotika, zu einer vollständigen Rückbildung einer malignen
Die deutsche S3-Leitlinie „Helicobacter pylori und gastro-
Erkrankung führt. Für die gastralen MALT‑Lymphome be-
duodenale Ulkuskrankheit“ aus dem Jahr 2008 beinhaltet
deutet dies in den meisten Fällen eine definitive Heilung.
auch klare Empfehlungen zum diagnostischen und thera-
Bei fehlendem Ansprechen auf die Eradikationsbehandlung
peutischen Vorgehen bei MALT‑Lymphomen und soll hier
oder im Stadium II eröffnet die Strahlentherapie ebenfalls
in ihren relevanten Aussagen wiedergegeben werden
eine ausgezeichnete kurative Chance. In den seltenen
(Fischbach et al. 2009).
Einleitung
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* Überarbeitete und ergänzte Version nach Fischbach W. MALT‑Lymphom. Gastroenterologie up2date 2009; 2: 103 – 112
Abkürzungen
Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) sind in ca. 60 % nodalen und in etwa 40% extranodalen Ursprungs (Abb. 1).
BZL
B‑Zell-Lymphom
CHOP
Chemotherapie, bestehend aus Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison
Innerhalb der extranodalen Lymphome stellt der Gastrointestinaltrakt und hier wiederum der Magen den bei
DGBZL
diffuses großzelliges B‑Zell-Lymphom
Weitem häufigsten Manifestationsort dar. Unter den
EATZL
Enteropathie-assoziiertes T‑Zell-Lymphom
Magenlymphomen dominieren zahlenmäßig klar (> 95%)
Hp
Helicobacter pylori
die Marginalzonen-B‑Zell-Lymphome vom MALT- (Mu-
LDH
Laktasedehydrogenase
cosa-associated-lymphoid Tissue) Typ und die diffusen
MALT
Mucosa-associated lymphoid Tissue (schleimhautassoziiertes lymphoides Gewebe)
großzelligen B‑Zell-Lymphome (DGBZL) mit oder ohne MALT‑Komponente (Tab. 1). T‑Zell-Lymphome stellen
MZBZL Marginalzonen-B‑Zell-Lymphom
im Magen eine extreme Rarität dar.
NHL
Non-Hodgkin-Lymphom
PPI
Protonenpumpeninhibitor
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Œ2010 Œ169 – 178 ŒDOI: http://dx.doi.org/10.1055/s-0030-1249996 ŒVNR 2760512010047431603
169
Oberer Gastrointestinaltrakt
maligne Lymphome
Morbus Hodgkin
Non-Hodgkin-Lymphome
GI-Trakt: am häufigsten primäre GI-Lymphome
extranodal 40%
nodal 60%
Abb. 1
n
Die malignen Lymphome.
Abb. 2 n Helicobacter-pylori-Infektion des Magens (Warthin-StarrySilber-Imprägnation, 100-fache Vergrößerung; aus Vieth M. Entzündliche Magenerkrankungen und Helicobacter pylori – State of the Art. Risikofaktoren für ein Magenkarzinom. Klinikarzt 2008; 37: 344 – 348).
Tabelle 1
in dem auch Warren u. Marshall Helicobacter pylori und WHO‑Klassifikation primärer gastrointestinaler Lymphome.
dessen Bedeutung für die chronische Gastritis und das
B‑Zell-Lymphome
peptische Ulkus (wieder)entdeckten (1983). Die fun-
Marginalzonen-B‑Zell-Lymphom vom MALT‑Typ (indolent)
damentale Bedeutung von Helicobacter pylori für die gastralen MALT‑Lymphome war damals noch gänzlich
follikuläres Lymphom (Grad I – III)
unbekannt. Heute liegt eine überzeugende Evidenz aus
Mantelzell-Lymphom (lymphomatöse Polypose)
epidemiologischen, morphologischen, molekularbiologi-
diffuses großzelliges B‑Zell-Lymphom (DGBZL) mit/ohne MALT‑Komponente (aggressiv)
schen und tierexperimentellen Daten für diese kausale
Burkitt-Lymphom
Assoziation vor (Fischbach 2004).
Immundefizienz-assoziierte Lymphome
Abb. 3 gibt einen (vereinfachten) Überblick über die aktuellen Vorstellungen zur Pathogenese der MALT‑Lym-
T‑Zell-Lymphome
phome. Praktisch wichtig ist, dass der Übergang von
enteropathie-assoziiertes T‑Zell-Lymphom (EATZL)
einer antigenabhängigen Lymphomproliferation in ein peripheres T‑Zell-Lymphom (Nicht-EATZL)
autonomes Wachstum fließend erfolgt. Dies macht das unterschiedliche Ansprechen der MALT‑Lymphome und der DGBZL in den verschiedenen Stadien auf die Helicobacter-pylori-Eradikation verständlich.
Hintergrund Die deutsche S3-Leitlinie „Helicobacter pylori und gasPrävalenz
troduodenale Ulkuskrankheit“ aus dem Jahr 2008 führt
Die Prävalenz der Helicobacter-pylori-Infektion (Abb. 2) in Deutschland liegt zwischen 5% bei Kindern und 24% bei Erwachsenen. Die Häufigkeit der Infektion geht kontinuierlich zurück.
demzufolge aus: „H. pylori ist entscheidend an der Entstehung und Progression von gastralen MALT‑Lymphomen beteiligt. Im Stadium I ist bei MALT‑Lymphomen die H.-pylori-Eradikation die Therapie der ersten Wahl mit kurativer Zielsetzung“ (Fischbach et al. 2009).
▸
Die indolenten Marginalzonen-B‑Zell-Lymphome vom
MALT‑Typ („MALT‑Lymphome“) und die aggressiven diffu-
170
Es ist ein gewisses Kuriosum der Medizingeschichte, dass
sen großzelligen B‑Zell-Lymphome (DGBZL) sind die häu-
MALT‑Lymphome in dem gleichen Jahr erstmals als ei-
figsten Magenlymphome. Helicobacter pylori ist der ent-
genständige Lymphomentität beschrieben worden sind,
scheidende kausale Faktor für gastrale MALT‑Lymphome.
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Manifestation im GI-Trakt: sekundäre GI-Lymphome
Magen- und MALT‑Lymphom
Hp-assoziierte Gastritis
reaktiv
Hp-abhängig
B- und T-Zell-Stimulation autoreaktive B-Zell-Klone
t(1;14) < 5%
Hp-Eradikationsversager
apoptoseregulierendes BZL10
t(11;18)+
Hp-Eradikation erfolgreich
t(11;18)––
singuläre klonale Aberration API-2-MALT-1-Fusion
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genetische Veränderungen
Marginalzonen-B-Zell-Lymphom vom MALT-Typ
multiple genetische Veränderungen hochmaligne Transformation
DGBZL t(11;18)–
maligne
de novo
Abb. 3 n Pathogenese der Magenlymphome (DGBZL = diffuses großzelliges B‑Zell-Lymphom, Hp = Helicobacter pylori; t[11;18]: Translokation t[11;18]).
abhängig vom histologischen Typ sehr variabel. Sie kön-
Symptomatik
nen sich manifestieren n
als verdickte Schleimhautfalten,
Das klinische Bild der Magenlymphome ist unspezifisch
n
als fissurale Ulzerationen,
und nicht wegweisend. Es können in unterschiedlicher
n
als umschriebene oder ausgedehnte polypöse oder
Intensität und Häufigkeit Bauchschmerzen, Übelkeit,
ulzeröse Veränderungen
Erbrechen, Gewichtsabnahme und eine manifeste oder
oder auch nur in Erscheinung treten
okkulte Blutung auftreten (Kolve et al. 1999). Nicht selten
n
als gastritische Veränderungen.
sind die Patienten aber auch völlig beschwerdefrei oder berichten über Symptome, die an ein funktionelles Be-
Makroskopisch kann im Einzelfall allenfalls der Verdacht
schwerdebild im Sinne des Reizmagens denken lassen.
auf ein Magenlymphom geäußert werden (s. Infobox
▸
„Zielgerichtete Diagnostik“). Nicht selten sind Magenlymphome ein Zufallsbefund
bei einer aus unterschiedlichen Gründen durchgeführten Endoskopie.
Diagnostisches Vorgehen
Zielgerichtete Diagnostik Lymphom des Magens
Bildgebende Verfahren Entscheidend bei der Diagnostik des Magenlymphoms
Magenlymphome sind einer endoskopischen Betrachtung
sind die Biopsien und der histologische Befund, wobei die
zugänglich. Demzufolge steht die Gastroskopie im Zent-
Diagnosestellung eines Magenlymphoms auf der Histo-
rum der diagnostischen Maßnahmen. Dabei ist das endo-
morphologie der WHO‑Klassifikation basiert.
skopische Bild von Magenlymphomen grundsätzlich und
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171
Oberer Gastrointestinaltrakt
Biopsie
Staging des Magenlymphoms
Ein sorgfältiges Biopsieprotokoll im Sinne des Gastric
Ist die Diagnose eines Magenlymphoms etabliert und
Mapping, wie in der Box „Prinzipien“ dargestellt ist auch
durch eine Referenzpathologie bestätigt, müssen sich
insofern von besonderer Bedeutung, als bis zu 20 % der
verschiedene obligate und fakultative Untersuchungen
Lymphome zugleich niedrig maligne (indolente
zur Erfassung des Lymphomstadiums (Staging) anschlie-
MALT‑Komponente) und hoch maligne/aggressive (blas-
ßen (Tab. 2; Fischbach et al. 2009). Eine besondere Be-
täre), die Therapie bestimmende Anteile aufweisen kön-
deutung kommt dabei der Endosonografie zu, da sie al-
nen, und auch eine makroskopisch normal erscheinende
lein eine Differenzierung des Stadiums I in I1 (T1m/sm)
Schleimhaut lymphominfiltriert sein kann. In aller Regel
und I2 (T2) und eine Erfassung perigastraler Lymphome
wird daher nach (Verdachts-) Diagnose eines Magen-
(Stadium II1) ermöglicht (Abb. 5). Allerdings ist die Ein-
lymphoms eine Zweitgastroskopie erforderlich sein, die
schätzung der Dignität einzelner perigastraler Lymph-
den Ansprüchen des Gastric Mapping Rechnung trägt.
knoten von grenzwertiger (1 cm) Größe problematisch.
biniert werden, die ohnehin im Rahmen des Stagings durchgeführt werden muss.
Prinzipien
Tabelle 2
Endoskopisch-bioptische Technik (Gastric Mapping)
Obligate und fakultative Untersuchungen im Rahmen des Stagings von Magenlymphomen. obligate Staging-Untersuchungen
im Einzelfall Makrozange oder Schlinge: n
10 Bioptate aus unauffälligen Arealen (Abb. 4): – je 1 Bioptat aus Korpus/Antrum für Ureasetest – 4 Bioptate aus Antrum und Korpus (jeder Quadrant) – 2 Bioptate aus dem Fundus
n
körperliche Untersuchung einschl. periphere Lymphknotenstationen Sonografie: n
Abdomen
n
Lymphknoten
10 Bioptate von auffälligen Arealen in Formalin (und nativ) für Histologie (Molekularbiologie)
CT‑Aufnahme des Abdomens Gastroskopie Endosonografie fakultative Staging-Untersuchungen CT‑Thorax*
Fundus IX+X Routinelaboruntersuchung:
Korpus V–VIII
n
Blutbild
n
LDH
Knochenmarkpunktion*
Antrum I–IV Ileokoloskopie Dünndarmbildgebung: n
MRT‑Untersuchung nach Sellink
n
Kapselendoskopie
n
Enteroskopie
* Bei DGZBL obligat, bei MALT‑Lymphomen fakultativ.
Abb. 4 n Biosielokalisationen im Magen (roter Punkt = Lymphom).
172
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Sie kann sinnvollerweise mit einer Endosonografie kom-
Magen- und MALT‑Lymphom
EI1 Mukosa, Submukosa
a
b
EI2 Muscularis propria, Serosa
EII1 Lymphknoten
c
d
n
Klassifikationssysteme
Ann-Arbor-System und TNM‑Klassifikation. Für die Stadieneinteilung wird üblicherweise die Ann-Arbor-Klassifikation in ihrer Modifikation nach Musshoff und unter
Tabelle 3 Stadieneinteilung primärer gastrointestinaler Lymphome entsprechend dem Ann-Arbor-Staging-System (1971) unter Berücksichtigung der Modifikation durch Musshoff (1977) und der Differenzierung des Stadiums I nach Radaszkiewicz (1992) sowie der TNM‑Klassifikation (2010).
Berücksichtigung der Differenzierung des Stadiums I nach Radaszkiewicz benutzt (Tab. 3).
Ann-Arbor-System
TNM‑Klassifikation
Ausbreitung des Lymphoms
E*I1
T1 N0 M0
Mukosa, Submukosa
E I2
T2 N0 M0
Muscularis propria, Subserosa
E I2
T3 N0 M0
Serosapenetration
E I2
T4 N0 M0
Per-continuitatem-Infiltration benachbarter Organe
E II1
T1–4 N1 M0
Befall regionaler Lymphknoten (Kompartiment I+II)
E II2
T1–4 N2 M0
Befall entfernter Lymphknoten (Kompartiment III einschließlich retroperitonealer, mesenterialer und paraaortaler Lymphknoten)
E III
T1–4 N3 M0
Befall von Lymphknoten auf beiden Seiten des Zwerchfells
E IV
T1–4 N0–3 M1
diffuser oder disseminierter Befall extragastrointestinaler Organe
Paris Staging System. Alternativ bietet sich das Paris Staging System an, das auf der etablierten Basis der TNM‑Klassifikation beruht und zugleich die Spezifika der gastrointestinalen Lymphome in besonderer Weise berücksichtigt.
Prinzipien Lymphom des Magens Die Diagnose eines Magenlymphoms wird endoskopischbioptisch gestellt. Ausgiebige Biopsien (Gastric Mapping) sind für eine korrekte Typisierung der Magenlymphome erforderlich. An die Diagnose schließen sich verschiedene Staging-Untersuchungen an, deren Ergebnisse die Therapie bestimmen. Abb. 6 fasst die einzelnen Schritte im diagnostischen Vorgehen bei Magenlymphomen zusammen.
* E = primär extranodale Lokalisation.
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Abb. 5 n Endosonografie bei Magenlymphomen. a Zirkuläre Verdickung der Mukosa (Stadium I1/T1m). b Umschriebene noduläre Formation der Mukosa (Stadium I1/T1m). c Alle Magenwandschichten infiltrierendes und organüberschreitend wachsendes Lymphom (Stadium I2/T4). d Drei Perigastrale Lymphknoten (Stadium II1/N1).
Oberer Gastrointestinaltrakt
Verdachtsdiagnose eines Magenlymphoms
▸
Die beiden entscheidenden prognostischen Faktoren
und therapeutischen Determinanten sind – der Malignitätsgrad der Lymphome – indolent = MALT‑Lymphom
Bestätigung durch Referenzpathologie
– aggressiv = DGBZL und – das Lymphomstadium (I – IV).
Diagnose: Magenlymphom
Zweitgastroskopie mit Gastric-Mapping-Bioptaten
Helicobacter-pylori-Eradikation Entsprechend der deutschen S3-Leitlinie stellt bei MZBZL (Marginalzonen-B‑Zell-Lymphom) des MALT im Stadium I die alleinige Helicobacter-pylori-Eradikation die Therapie
Staging: obligate/fakultative Untersuchungen
der ersten Wahl mit kurativer Zielsetzung dar (Fischbach tionsbehandlung gerechtfertigt. Nach einer aktuellen
Diagnose: – Marginalzonen-B-Zell-Lymphom des MALT – diffuses, großzelliges B-Zell-Lymphom – andere Stadium: I–IV (Tumor Nodus Metastase Bone Marrow)
Metaanalyse führt sie in 78% zu einer kompletten und anhaltenden Lymphomregression als Voraussetzung für eine Heilung, wie dies durch zwischenzeitlich vorliegende Langzeitbeobachtungen bestätigt werden konnte (Fischbach et al. 2004). Vor dem Hintergrund ätiopathogenetischer Überlegungen (s. Abb. 3) erscheint auch bei
Therapie (abhängig vom histologischen Typ und Stadium)
diffusen großzelligen B‑Zell-Lymphomen (DGBZL) im Stadium I ein Eradikationsversuch vertretbar, sofern kurzfristige endoskopisch-bioptische Kontrolle und die
Abb. 6
n
Diagnostisches Vorgehen bei Magenlymphomen.
rasche Einleitung einer Chemotherapie bei ausbleibender Lymphomrückbildung gewährleistet sind. Minimale histologische Residuen eines MALT‑Lymphoms
Therapeutisches Vorgehen
nach erfolgreicher Helicobacter-pylori-Eradikation und Normalisierung des endoskopischen Befundes werden
Die Therapie der Magenlymphome erfolgt individuali-
heute nicht mehr als Therapieversager betrachtet und
siert in Abhängigkeit von histologischem Typ und Stadi-
einer onkologischen Therapie zugeführt. Die überwie-
um (Tab. 4).
gende Mehrheit dieser Patienten zeigt auch langfristig einen günstigen natürlichen Krankheitsverlauf (Fischbach et al. 2007), sodass in dieser Situation eine Watchand-wait-Strategie mit regelmäßigen endoskopisch-bioptischen Kontrollen (Tab. 5) empfohlen werden kann.
Tabelle 4 Therapie des Magenlymphoms.
Tabelle 5
Stadium MALT
DLBCL
I 1/2
Hp-Eradikation
Rituximab-Chemotherapie + Radiotherapie
Hp-Eradikation?, wenn Persistenz, Progress oder Rezidiv: Radiotherapie (Operation)
(Operation + Chemotherapie) (Hp-Eradikation)
minimale histologische Residuen: „Watch-and-wait“ II 1/2
III/IV
174
Nachsorge bei minimalen histologischen Residuen eines MALT‑Lymphoms: endoskopisch-bioptische Kontrollen. Zeit postoperativ
Häufigkeit
im 1. Jahr
alle 3 Monate
im 2. Jahr
alle 4 Monate
im 3. und 4. Jahr
halbjährlich
Radiotherapie (Operation) (Hp-Eradikation)
Rituximab-Chemotherapie + Radiotherapie (Operation + Chemotherapie)
im 4. Jahr
halbjährlich
(Rituximab) – Chemotherapie
Rituximab-Chemotherapie + Radiotherapie
im ≥ 5. Jahr
jährlich
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et al. 2009). Auch im Stadium II ist eine initiale Eradika-
Magen- und MALT‑Lymphom
Tabelle 6
Prinzipien
Strahlentherapie bei MALT‑Lymphom.
Ziel der Therapie
Stadium
Bestrahlung
I
Involved-Field-Bestrahlung
40 Gy
II1
reduziertes Extended Field
30 – 40 Gy
II2
Extended Field
30 – 40 Gy
Therapieziel ist die Heilung des Lymphoms. Die Eradikation von Helicobacter
Strahlentherapie
pylori ist die Therapie der ersten Wahl bei MALT‑Lymphomen im Stadium I mit guter Langzeitprognose. Strahlentherapie und Chemotherapie sind kurativ intendiert und haben die Operation abgelöst. Letztere ist nur Komplikationen wie der endoskopisch nicht beherrschbaren Blutung oder der (sehr seltenen) Perforation vorbehalten.
Behandlung von Komplikationen beschränkt werden Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
(Fischbach et al. 2009). Für Patienten mit MALT‑Lymphomen im Stadium I und II, die nicht auf eine Helicobacter-pylori-Eradikation ansprechen, stellt die Strahlentherapie die Therapie der
Prognose und Nachsorge
Wahl dar. Sie eröffnet ganz klar eine kurative Perspektive. Wir empfehlen das in Tab. 6 dargestellte Behandlungs-
Wie oben ausgeführt, ist die Therapie der Magenlym-
schema.
phome grundsätzlich kurativ ausgerichtet. Dies bedingt, dass die betroffenen Patienten eine sehr gute Prognose
Chemotherapie
haben. In unserem ersten Studienkollektiv aus den 1990er-Jahren lag die 10-Jahres-Gesamtüberlebensrate
Eine Chemotherapie nach dem CHOP‑Protokoll gilt unbe-
bei über 80 % und dies bei einem medianen Erkran-
stritten als die Therapie der Wahl mit kurativem An-
kungsalter von über 60 Jahren zum Zeitpunkt der Lym-
spruch bei den aggressiven DGBZL aller Stadien. Obwohl
phomdiagnose (Fischbach et al. 2000). Rezidive eines
für die aggressiven Magenlymphome nicht explizit be-
Magenlymphoms nach kompletter Remission sind ver-
wiesen, wird auf der Basis der Erfahrungen in der Be-
gleichsweise selten (7%). Die Nachsorge zielt indessen
handlung aggressiver nodaler Lymphome CHOP heute
nicht allein auf die Erfassung eines Rezidivs, sondern
mit dem Anti-CD20-Antikörper Rituximab kombiniert.
auch auf die frühzeitige Diagnose eines Magenkarzinoms,
Üblicherweise werden 6 Zyklen R‑CHOP in 14-tägigem
dessen relatives Risiko bei Patienten mit MALT‑Lympho-
Abstand appliziert.
men signifikant erhöht ist.
Operation
▸
Die Prognose von Patienten mit Magenlymphomen ist
gut. Eine langfristige Nachsorge ist notwendig zur Detek-
Die Operation war über Jahrzehnte hinweg das thera-
tion von Lymphomrezidiven oder eines Magenkarzinoms.
peutische Standardvorgehen bei primären Magenlymphomen oder zumindest regelmäßiger Bestandteil kombinierter Behandlungsstrategien. Bei fehlender Überlegenheit der Chirurgie gegenüber den konservativen Verfahren (Koch et al. 2005) wiegt der Aspekt der Lebensqualität nach organerhaltender Therapie schwer und stellt ein eindeutiges Argument gegen die chirurgische Resektion dar. In der weltweit einzigen prospektiven Studie, die randomisiert Operation mit Strahlentherapie bei den indolenten Lymphomen und Operation mit CHOP‑Chemotherapie mit alleiniger Chemotherapie verglichen hat, zeigte sich nach 10 Jahren eine gleiche Effektivität bei signifikant besserer Lebensqualität in den beiden konservativ behandelten Gruppen (Fischbach 2008). Entsprechend der deutschen S3-Leitlinie soll die chirurgische Therapie gastraler MALT‑Lymphome auf die
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Oberer Gastrointestinaltrakt
Korrespondenzadresse
Quellenangaben
Prof. Dr. med. Wolfgang Fischbach Medizinische Klinik II und Klinik für Palliativmedizin
Fischbach W. Gastrointestinale Lymphome. Z Gastroenterol 2004; 42: 1067 – 1072 Fischbach W, Goebeler M, Schramm S. S2010 outcome and quality of life
Klinikum Aschaffenburg, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Würzburg
favor a conservative treatment of patients with primary gastric
Am Hasenkopf
nhlʼs. Results of a prospective randomized study. Gastroenterology
63739 Aschaffenburg
2008; 134 (4) (Suppl 1): A‑296
Telefon: 06021/3230-10
Fischbach W, Dragosics B, Kolve-Goebeler ME et al. Primary gastric B‑cell lymphoma: results of a prospective multicenter study. Gastroenterol-
Fax:
06021/3230-31
E-Mail:
[email protected]
ogy 2000; 119: 1191 – 1202 Fischbach W, Goebeler-Kolve ME, Dragosics B et al. Long term outcome of patients with gastric marginal zone B cell lymphoma of mucosa associated lymphoid tissue (MALT) following exclusive Helicobacter 2004; 53: 34 – 37 Fischbach W, Goebeler ME, Ruskone-Fourmestraux et al. Most patients with minimal histological residuals of gastric MALT lymphoma after successful eradication of Helicobacter pylori can be safely managed by a watch-and-wait strategy. Experience from a large international series. Gut 2007; 56: 1685 – 1687 Fischbach W, Malfertheiner P, Hoffmann JC et al. S3-Leitlinie „Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit“ der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS); in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie, Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie – AWMF‑Register-Nr. 021/001. Z Gastroenterol 2009; 47: 68 – 102 Koch P, Probst A, Berdel WE et al. Treatment results in localized primary gastric lymphoma: data of patients registered within the German multicenter study (GIT NHL02/96). J Clin Oncol 2005; 23: 7050 – 7059 Kolve M, Fischbach W, Greiner A, Wilms K. Differences in endoscopic and clinicopathological features of primary and secondary gastric nonHodgkinʼs lymphoma. Gastrointest Endosc 1999; 49: 307 – 315 Vieth M. Entzündliche Magenerkrankungen und Helicobacter pylori – State of the Art. Risikofaktoren für ein Magenkarzinom. Klinikarzt 2008; 37: 344 – 348
Zum Weiterlesen und Vertiefen Fischbach W, Malfertheiner P, Hoffmann JC et al. S3-Leitlinie „Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit“ der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS); in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie, Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie – AWMF‑Register-Nr. 021/001. Z Gastroenterol 2009; 47: 68 – 102
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pylori eradication. Experience from a large prospective series. GUT
Magen- und MALT‑Lymphom
Welche der folgenden Aussagen ist falsch?
1
A Magenlymphome gehören zu den extranodalen Non-Hodgkin-Lymphomen. B Man kann indolente und aggressive Lymphome unterscheiden. C T‑Zell-Lymphome kommen im Magen häufig vor. D Marginalzonen-B‑Zell-Lymphome des MALT gehören zu den häufigen Magenlymphomen. E Häufig unter den Magenlymphomen sind auch diffuse großzellige B‑ZellLymphome.
Welches ist der entscheidende pathogenetische Faktor der MALT‑Lymphome?
2
A Familiäre Belastung. B Zytomegalievirusinfektion. C Nicht steroidale Antiphlogistika. D Helicobacter-pylori-Infektion. E Herpesvirusinfektion.
Welches klinische Symptom tritt bei Magenlymphomen eher selten auf?
3
A Perforation. B Übelkeit und Erbrechen. C Gewichtsabnahme. D Magenschmerzen. E Keine oder unspezifische Beschwerden.
Welches ist die wichtigste Untersuchungsmethode zur Diagnose eines Magenlymphoms?
4
A Röntgenaufnahme des Magens. B Sonografie. C CT des Magens. D Endosonografie. E Ösophagogastroduodenoskopie.
Auf welche Weise wird die Diagnose eines Magenlymphoms gestellt?
5
A Histomorphologisch. B Molekulargenetisch. C Durch das endoskopische Bild. D Durch den Ausschluss anderer Erkrankungen. E Sonografisch.
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CME‑Fragen
Oberer Gastrointestinaltrakt
Welche Aussage zur endoskopischen Diagnostik ist richtig?
6
A Das endoskopische Bild ist so typisch, dass auf Biopsien verzichtet werden kann. B 1 – 2 Biopsien reichen aus, um ein Magenlymphom zu diagnostizieren und zu typisieren. C Eine sichere Diagnose und Typisierung setzt ausgiebige Biopsien (Gastric Mapping) voraus. D Auf Biopsien sollte wegen der Blutungsgefahr verzichtet werden. E Endoskopische Biopsien sind wenig ergiebig, deshalb sollten besser endosonografisch gesteuerte Biopsien aus der Submukosa entnommen werden.
ist falsch. Welche?
7
A Nach der Diagnose eines Magenlymphoms kann sofort mit der Therapie begonnen werden. B Zur Festlegung der richtigen Therapie ist ein Staging erforderlich. C Die Stadieneinteilung erfolgt nach der Ann-Arbor-Klassifikation in der Modifikation nach Musshoff. D Für die Stadieneinteilung kann auch die TNM‑Klassifikation (Paris Staging System) verwendet werden. E Die Endosonografie ermöglicht eine Differenzierung der Stadien I1, I2 und II1.
Welche Untersuchung ist bei MALT‑Lymphomen nicht obligat?
8
A Körperliche Untersuchung. B Sonografie. C CT Abdomen. D Routinelaboruntersuchung. E Knochenmarkpunktion.
Welche Aussage zur Therapie der Magenlymphome ist falsch?
9
A Eine kurative Chance bleibt die Ausnahme. B Die Therapie ist grundsätzlich kurativ intendiert. C Die Helicobacter-pylori-Eradikation ist die Therapie der ersten Wahl bei MALT‑Lymphomen im Stadium I. D Bei ausbleibender Lymphomregression nach H.-pylori-Eradikation sollte bei MALT‑Lymphomen im Stadium I/II eine Bestrahlung erfolgen. E Wichtigste Therapie bei diffusen großzelligen B‑Zell-Lymphomen ist die Chemotherapie.
Welche Aussage ist richtig?
10
A Die Operation bleibt eine wichtige Säule in der Therapie der Magenlymphome. B Eine Nachsorge ist nicht erforderlich, da Magenlymphome nicht rezidivieren. C Verbleiben nach erfolgreicher H.-pylori-Eradikation histologisch Infiltrate eines MALT‑Lymphoms (minimale histologische Residuen), ist immer eine aktive onkologische Therapie angesagt. D Die Operation ist bei Magenlymphomen nur Komplikationen (Blutung, Perforation) vorbehalten. E Die Prognose bleibt bei Magenlymphomen problematisch.
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Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 3
Œ2010 Œ169 – 178
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Eine der folgenden Aussagen