Luxemburg: Der Staat Referenzunterlage für die Examen « Vivre ensemble au GDL » Nur gültig für die termine von MAI-JUIN-JUL 2017

Luxemburg ist ein unabhängiger Staat. Internationales Recht gibt folgende drei Elemente vor: • • •

ein nationales Territorium eine nationale Bevölkerung eine souveräne Macht

Das nationale Territorium Das aktuelle Territorium Luxemburgs hat eine Fläche von 2586 km2 und grenzt an folgende Staaten: Belgien, Frankreich und Deutschland. Die Botschaften anderer Staaten gehören nicht zum Territorium. Botschaften gehören dem Staat welches sie repräsentieren. Luxemburgisches Gesetz wird nicht in den Botschaften appliziert. Luxemburgs Botschaften im Ausland gehören zu Luxemburg. Durch die Verfassung ist das Territorium Luxemburgs unteilbar, das heißt, dass Teile Luxemburgs nicht verkauft oder verschenkt werden können. Das Luxemburger Territorium ist in administrative Teile unterteilt: 12 Kantone, 4 Wahlbezirke, 105 Gemeinden, 2 Gerichtsbezirke Die nationale Bevölkerung Die nationale Bevölkerung besteht aus Staatsangehörigen (Leute welche die Nationalität eines jeweiligen Staates haben), welche auf dem besagten Territorium leben. NichtStaatsangehörige sowie Staatsangehörige welche außerhalb des Territoriums leben werden nicht berücksichtigt. Staatsangehörige welche außerhalb des Territoriums leben verfügen über ihre vollen politischen Rechte. Ausländer, welche auf besagtem Territorium leben, haben nur begrenzte Rechte. In vielen Fällen können sie nicht wählen. Die Staatsmacht Die Staatsmacht ist eine Macht welche unabhängig von anderen Staaten ist. Diese wird in Luxemburg durch die Verfassung kontrolliert und geht von den Bürgern aus. Die Bürger entscheiden, wer sie im Parlament repräsentiert. Luxemburg ist somit eine indirekte (oder repräsentative) Demokratie. Demokratie: die Macht geht von den Bürgern aus Indirekt/repräsentativ: die Bürger entscheiden nicht direkt, sondern wählen Repräsentanten (Chambre des Députés) Man redet auch von einer parlamentarischen und/oder konstitutionellen Monarchie. Monarchie: der Staat hat einen Monarchen (Der Großherzog) 1

Parlamentarisch: Die Macht des Monarchen wird vom Parlament kontrolliert und durch die Verfassung begrenzt

Das Wappen von Luxemburg geht zurück bis ins 13. Jahrhundert. Im Vordergrund steht ein roter Löwe (Roude Léiw) mit einer Krone, das Symbol Luxemburgs, auf einer blauweiß gestreiften Fläche. Der Rote Löwe ist auch eine Alternative zu der Luxemburger Flagge (rot-weißhellblaue horizontale Streifen) und wird bei Flugzeugen und Schiffen verwendet. Die Nationalhymne heißt „Ons Heemecht“ („Unsere Heimat“) (Text von Michel Lentz, Musik von A. Zinnen), es beschreibt die Flüsse in der ersten Strophe und spricht vom Beschützen durch die Heilige Jungfrau Maria.

Mir wëlle bleiwe wat mer sinn! Dieses luxemburgische Sprichwort ist ein nationales Motto Sie stammt aus dem Refrain des Liedes „Feierwon“. Der Text wurde von Michel Lentz zur Einweihung der luxemburgischen Eisenbahn im Jahre 1859 geschrieben. Seine eigentliche Bedeutung bekam er im 19. Jahrhundert als Luxemburg von ausländischen Mächten bedroht wurde. Dieses Sprichwort wurde wieder ganz aktuell während der deutschen Invasion im II. Weltkrieg. Übersetzt bedeutet es: „Wir wollen bleiben was wir sind“ und drückt den Willen aus nicht von den Großmächten Frankreich und Deutschland übernommen zu werden. Die alte Schreibweise „Mir wölle bleiwe wat mir sin“ kann in der Hauptstadt auf 6, rue de la Loge gefunden werden.

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Demokratie: Die Basis Begriffserklärungen Luxemburg ist ein demokratischer Staat. Eine Demokratie (vom Griechischen ‚demos‘ heißt so viel wie „Bürger“ und „kratia“ heißt so viel wie „Macht“) ist ein Staat, bei welchem die Macht bei den Bürgern liegt. Die Bürger des Staates wählen ihre Vertreter. Es gibt 3 Staatsgewalten: Die Legislative beschließt die Gesetze. Die Exekutive führt die Gesetze aus. Die Judikative kontrolliert ob die anderen Gewalten im Einklang mit den Gesetzen handeln. Sie sanktionieren im Falle eines Gesetzverstoßes. Beispiele: Die Legislative – die Abgeordnetenkammer (Chambre des Députés) – beschließt ein Gesetz zum Erlangen der luxemburgischen Staatsangehörigkeit. Die Exekutive – das Ministerium für Bildung, Kinder und Jugend – ist damit beauftragt die Examen welche vom Gesetz vorgeschrieben sind zu organisieren. Die Judikative– die Gerichte – kontrollieren ob dieses Gesetz nicht mit anderen Gesetzen der Verfassung in Konflikt steht und ob der Exekutive keine Unrechtmäßigkeiten unterlaufen sind, bei der Organisation des Examens. In einer Demokratie ist es sehr wichtig, dass die Gewalten nicht von den selben Personen ausgeführt werden. Man nennt dies die Trennung der Gewalten. Zum Beispiel: Wenn dieselbe Person die Legislative und Exekutive ausüben würde, dann könnte diese Person machen was sie wolle: alle Handlungen wären automatisch legal! Wenn dieselbe Person die Judikative und Exekutive hätte, dann könnte diese Person auch machen was sie wolle: sie könnte entscheiden (richten) ob ihre Handlungen legal sind oder nicht! In Luxemburg steht der Großherzog über allen drei Gewalten. Er kann Gesetze vorschlagen und unterzeichnen (Legislative), er ist das Oberhaupt der Exekutive, er kann Personen begnadigen welche durch das Gericht verurteilt wurden (Judikative). In der Praxis sind die Gewalten folgendermaßen aufgeteilt: Legislative Exekutive Judikative

Chambre des Députés Regierung (Ministerien) Gerichte

Bestimmt Gesetze Exekutiert die Gesetze Kontrolliert die andern Gewalten 4

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Der Großherzog Luxemburg ist eine Monarchie und hat als Staatsoberhaupt einen Großherzog. Der Titel und die Macht des Großherzogs wird im Hause Weilburg-Nassau vererbt: seit 2000 ist Henri Großherzog, und der Kronprinz ist sein Sohn Guillaume. Die Gewalten Der Großherzog ist das Staatsoberhaupt (nicht zu verwechseln mit dem Regierungschef, dieses Amt wird vom Premierminister bekleidet). In dieser Funktion: • •

Nimmt er Besuche von anderen Staatsoberhäuptern und Botschaftern entgegen Er vergibt Orden (z.B. Couronne de Chêne)

Der Großherzog hält die drei Gewalten: o -Legislative: - Initiative: er kann Gesetze vorschlagen welche dann von der Abgeordnetenkammer abgestimmt werden - Bekanntmachung von Gesetzen: durch seine Unterschrift tritt ein Gesetz in Kraft (der Großherzog muss die Gesetze unterschreiben, er kann dies nicht ablehnen) o -Exekutive: - Er ist das Oberhaupt der Armee - Er beschließt Abkommen zwischen Regierungen - Er ernennt den Premierminister und die Mitglieder der Regierung o -Judikative: - Verurteilungen werden in seinem Namen gesprochen - Begnadigungen: er kann eine Verurteilung Rückgängig machen Die Rechte die mit der Person des Großherzogs einhergehen: Der Großherzog hat gewisse Rechte: • •

Unantastbar: Der Großherzog kann nicht angeklagt oder juristisch verfolgt werden (Artikel 4 der Verfassung : « La personne du Grand-Duc est inviolable ») Verantwortungslos: der Großherzog braucht sich nicht zu rechtfertigen, weder strafrechtlich noch politisch, er ist nicht verantwortlich für seine Handlungen.

In der Praxis ist der Großherzog unparteiisch: er bevorzugt keine Partei und er mischt sich auch nicht in politische Entscheidungen ein. Machtbegrenzung Die Macht des Großherzogs ist durch die Verfassung begrenzt. Er hat nur die Befugnisse welche in der Verfassung stehen. Bei der Besteigung des Throns legt er einen Eid ab indem er auf die Verfassung schwört.

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Die Großherzoge In 1815, Guillaume I. von Orange-Nassau, König der Niederlande wird Großherzog von Luxemburg. In 1890, sein Nachfolger, Guillaume III, stirbt ohne männlichen Nachfolger. In den Niederlanden ist es üblich, dass Töchter den Thron erben können. Die Tochter Guillaume’s des III., Wilhelmina wird Königin der Niederlande. In Luxemburg jedoch war es nur Söhnen erlaubt den Thron zu erben. Der Titel ging vom Hause Orange-Nassau an das Haus Nassau-Weilburg im Jahre 1890, indem Adolphe Großherzog von Luxemburg wurde. In Jahre 1907 erließ sein Sohn Guillaume IV, ein neues Gesetz. Ab dann war es auch Frauen erlaubt den Thron zu besteigen. Nach seinem Tod in 1912, wurde Marie-Adelaïde die erste Großherzogin Luxemburgs. Marie-Adelaïde trat als Großherzogin zurück, nachdem sie der Kollaboration mit den Deutschen im I. Weltkrieg beschuldigt wurde. Ihre Schwester Charlotte wurde daraufhin Großherzogin von Luxemburg. Großherzogin Charlotte wird heute noch verehrt, da sie ihr Land während dem II. Weltkrieg aus dem Londoner Exil unterstützt hat.

Seine Königliche Hoheit, Henri, Großherzog von Luxemburg, Herzog von Nassau, Prinz von BourbonParma, Graf von Sayn, Königstein, Katzenelnbogen und Diez, Burggraf von Hammerstein, Herr von Mahlberg, Wiesbaden, Idstein, Merenberg, Limburg und Eppstein und seine Gemahlin, ihre Königliche Hoheit, Maria-Theresa, Großherzogin von Luxemburg.

Sie tritt selbst 1964 zugunsten ihres Sohnes Jean zurück; dieser wiederum dankte 2000 zugunsten seines Sohnes Henri ab. Seitdem ist er unser Großherzog.

Palast des Großherzogs beim Krautmaart mit der Chambre des Députés (mit den Flaggen) auf der rechten Seite.

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Die Legislative Die Chambre des Députés (das Parlament - Abgeordnetenkammer) stimmt über Gesetze und Abkommen ab. Zusammensetzung Die Chambre des Députés setzt sich aus 60 Abgeordneten (députés) zusammen. Sie werden proportional aus den 4 Wahldistrikten des Staates gewählt (Süden 23, Zentrum: 21, Norden: 9, Osten: 7). Entscheidungen werden durch eine einfache Mehrheit (über 50%, oder 31 Stimmen von 60), mit Ausnahme von Verfassungsänderungen genommen. Die Abgeordneten sind normalerweise Mitglieder von politischen Parteien. Diese sind Gruppierungen mit gemeinsamen politischen Ideen und Zielen. Im Regelfall bekommt keine einzelne Partei mehr als 30 eigene Sitze. Um zu regieren müssen die Parteien eine Koalition eingehen und zu einem gemeinsamen politischen Programm finden, um die Mehrheit in der Kammer zu haben. Wahlen Die Mitglieder der Chambre des Députés werden für 5 Jahre gewählt. Die letzte Wahl war im Oktober 2013, dh. dass die nächste Wahl in 2018 stattfinden wird. Eine Regierungskrise kann allerdings zu vorgezogenen Wahlen führen. Die Wahlen im Oktober 2013, waren vorgezogene Wahlen, da eine Koalitionspartei sich aus dem Koalitionsvertrag zurückgezogen hatte und so die zurückbleibende Partei keine Mehrheit mehr in der Kammer hatte. Das aktive Wahlrecht (das Recht seine Stimme abzugeben) steht jedem zu, welcher die Luxemburger Staatsangehörigkeit hat, mindestens 18 Jahre am Wahltag hat, seine zivilen und politischen Rechte ausüben kann und in einem Wahlbezirk registriert ist. Das passive Wahlrecht (das Recht gewählt zu werden) wird von jedem erfüllt der die oben genannten Bedingungen des aktiven Wahlrechts erfüllt und in Luxemburg lebt. Das Wählen an sich, wird in Wahlkabinen ausgeführt. Das Wählen ist geheim damit niemand bestochen oder eingeschüchtert werden kann um jemanden seine Stimme verleihen. Niemand kann gezwungen werden zu sagen wen er gestimmt hat. Das aktive Wahlrecht ist in Luxemburg eine Wahlpflicht (bis zum Alter von 75). Wenn man nicht zur Wahl erscheint kann man eine Geldstrafe bekommen. Referendum Die meisten Entscheidungen werden von den Mitgliedern der Chambre des Députés (indirekte Demokratie) genommen. Es ist jedoch möglich, in gewissen Fragen, die Bürger direkt zu befragen (mittels einfacher Fragen, welche mit für/gegen oder ja/nein beantwortet werden können), z.B. ob die Bürger es für richtig empfinden, dass man schon im Alter von 16 Jahren sein aktives Wahlrecht wahrnehmen soll. Man nennt dies ein Referendum, weil die Frage direkt an die Staatsbürger weitergeleitet (referiert) wird. Das Resultat eines Referendums hat eine beratende Funktion, es ist nicht bindend. Die Mitglieder der Chambre des Députés können immer noch so abstimmen wie sie wollen. 8

Die vier Wahlbezirke: „Norden“ (Kantone: Clervaux, Wiltz, Vianden, Diekirch und Redange-surAttert); – 9 Vertreter; „Zentrum“ (Kantone: Mersch & Luxemburg); – 21 Vertreter; „Osten“ (Kantone: Echternach, Grevenmacher und Remich); – 7 Vertreter; „Süden“ (Kantone: Esch-surAlzette und Capellen): – 23 Vertreter;

Parteien die aktuell in der Chambre des Députés vertreten sind (seit 2013) Die Koalitionsparteien (32 Sitze) sind in grün. Die Oppositionsparteien sind in rot markiert (28 Sitze) Partei ADR CSV Déi Greng Déi Lénk DP LSAP

Name Alternative Demokratische Partei Christliche Soziale Volkspartei Die Grünen Die Linke Demokratische Partei Luxemburgische Soziale Arbeiterpartei

Sitze 3 23 6 2 13 13

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Die Regierung Die Regierung hat die exekutive Gewalt. Sie ist zusammengesetzt aus Ministern und Staatssekretären. Die Zusammensetzung der Regierung Die Minister und Staatssekretären werden vom Großherzog ernannt. Im Prinzip ist es dem Großherzog freigestellt, wen er als Premierminister ernennt. In der Praxis jedoch kann die Regierung nicht ohne die Unterstützung der Chambre des Députés funktionieren. Die Chambre des Députés stimmt die Gesetze und auch den Staatshaushalt, welchen die Regierung braucht um zu regieren. Deshalb ernennt der Großherzog im Regelfall einen Formateur, ein Mitglied der Majoritätspartei oder der Koalition, damit dieser die Regierung zusammensetzt. Die Mitglieder der Regierung brauchen nicht so wie die Mitglieder der Chambre des Députés gewählt zu werden, sie werden ernannt. Der Regierungschef (nicht der Staatschef) ist der Premierminister (aktuell Herr Xavier Bettel). Pflichten und Verantwortung Die Regierung ist verantwortlich gegenüber der Chambre des Députés, diese kann sich weigern Gesetze zu stimmen, welche von der Regierung vorgeschlagen werden. In gewissen Fällen kann die Chambre des Députés ihr Vertrauen gegenüber der Regierung zurückziehen, dies führt zu dem Rücktritt der Regierungsmitglieder. Die Regierung kann Gesetzesvorschläge vorbereiten, welche von der Chambre des Députés gestimmt werden. Die Minister, zusammen mit dem Großherzog, unterschreiben Gesetze, welche in ihren Kompetenzbereich fallen. Die Minister tragen die Verantwortung für ihre Entscheidungen, der Großherzog hingegen nicht. Die Regierung kann Direktiven und Verordnungen erlassen, welche sich auf Gesetze basieren die von der Chambre des Députés gestimmt wurden. Dies Direktiven und Verordnungen spezifizieren die Regeln damit die Gesetze korrekt ausgeführt werden können. Die Regierung kann „règlements“ erlassen, welche die Ausführung im Detail regeln und „arrêtés“ welche gezielt bestimmte Bereiche regeln, und auch z.B. Personen ernennen können. Règlements und arrêtés müssen konform zum Gesetz sein. Die Mitglieder der Regierung leiten auch die Administration (Ministerien), welche die Verantwortung für die Anwendung der Gesetze haben, wie z.B. die Steurern, das Verkehrswesen, die Bildung, die Museen, usw.

Der Regierungsrat Die Regierung trifft sich in der Regel einmal pro Woche im Regierungsrat (Conseil de Gouvernement). Dies ist wichtig um die Arbeit der Minister zu koordinieren.

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Die Gerichtshöfe Die Gerichtshöfe haben die rechtsprechende Gewalt. Urteile werden im Namen des Strafgesetzes gesprochen (z.B. bei Straftaten, dies kann alles sein, von einem Strafzettel für Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit bis zu einem Mord) Im Gesetz steht, dass eine Partei nicht eigenständig eine Gegenpartei verklagen kann. Der Staatsanwalt (Parquet) muss formell die Gegenpartei anklagen, welche unter Verdacht steht etwas Gesetzwidriges gemacht zu haben. Ein Angeklagter braucht nicht zu beweisen, dass er unschuldig ist. Es gilt das Prinzip der Unschuldsvermutung, d.h. man ist unschuldig, solange bis die Schuld bewiesen ist. Die Gerichte und Tribunale schlichten bei Konflikten zwischen Privatpersonen und Gesellschaften und zwischen Privatpersonen und dem Staat und seinen Administrationen. Bei Zivil-, Handels- und Sozialrecht, kann die geschädigte Partei, den im Verdacht stehenden anzeigen. Das Zivilrecht handelt bei Auseinandersetzungen zwischen zwei Parteien bei privaten Angelegenheiten (z.B. Scheidungen, Erbschaften, Schaden von Privateigentum, Mietangelegenheiten, …). Das Handelsrecht handelt bei Auseinandersetzungen zwischen Händler und Händler und/oder Kunden (z.B. Kontraktbruch, Insolvenz, Wettbewerbsverzerrung, ...). Das Sozialrecht handelt bei Auseinandersetzungen in sozialen Angelegenheiten (Arbeitsbedingungen, Versicherungen, …). Die Gerichte und Tribunale können auch über administrative Angelegenheiten entscheiden. Ein Bürger kann eine Handlung der Staatsadministration (Regierung, Minister, Kommune, Bürgermeister, …) bestreiten. Das Gericht hat des Recht eine Änderung oder einen Rückzug einer administrativen Regel (règlement, arrêté) zu beantragen. Jeder Bürger hat das Recht Einspruch gegen die Entscheidung der Kommune einzulegen. Z.B. eine Straße soll durch eine Naturlandschaft (auf Grund des Naturschutzes) oder durch einen Spielplatz (auf Grund der Lebensqualität) führen. Sowohl Verteidiger und Staatsanwaltschaft haben das Recht auf jeder Justizebene Berufung einzulegen, wenn sie nicht mit dem Richterspruch einverstanden sind. Unabhängigkeit der Gerichte Die Unabhängigkeit der Gerichte garantiert, dass die Gerichte nicht von äußeren Einflüssen beeinflusst werden (sie können deshalb nicht unter Druck gesetzt werden, eine Partei zu verurteilen oder freizusprechen). Die Richter können nicht von der Regierung entmachtet werden. Die Gerichtstermine sind öffentlich, mit einigen Ausnahmen von geschlossenen Sitzungen in spezifischen Fällen, wie zum Beispiel bei Sex-Skandalen und bei der Beteiligung von Minderjährigen. Jedes Strafurteil muss im Einklang der Gesetze getroffen werden (es herrscht eine gemeinsame Basis, es gibt keine willkürlichen Entscheidungen). Jeder Angeklagte kann durch einen Anwalt seiner Wahl vertreten werden. Jene die sich keinen Anwalt leisten können, haben die Möglichkeit sich einen öffentlichen Anwalt anzufragen.

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Ombudsmann/Ombudsfrau Der Ombudsmann ist ein unabhängiger Vermittler zwischen den Bürgern und der Administration. Der Ombudsmann ist kein Richter, sondern sein Auftrag ist es, ein Kompromiss zwischen den Parteien herzustellen. Die Justiz wird oft durch eine Frau repräsentiert – eine Personifizierung, so zu sagen, oder eine Allegorie – bekannt unter dem Namen ‘Justitia’ (Latein für Justiz). Sie kann an den folgenden drei Attributen erkannt werden: Ihre Augen sind verdeckt; d.h. die Justiz macht keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern, Reichtum, sozialem Status, Religion, politischer Orientierung, ethnischer Herkunft, Macht, etc… Der Justiz ist es egal wer du bist oder was du eben gerade getan oder nicht getan hast. Die Waage zeigt, dass sie fair ist, die Strafe muss in Relation zu der Straftat stehen. Die Justiz bemüht sich in allen Fällen das richtige Urteil zu fällen. Das blanke Schwert zeigt ihre Autorität und Macht gegenüber den Bürgern. Die Entscheidungen die es trifft sind schnell und endlich. Sie hat die Macht Straftäter zu bestrafen und die schwachen zu verteidigen.

Die Cité Judiciaire, in Luxemburg Stadt gruppiert alle gerichtlichen Gebäude der Stadt Luxemburg, mit Ausnahme des Europäischen Gerichtshofes. Die Cité Judiciaire befindet sich auf dem Plateau du Saint Esprit (Helleg-Geescht-Plateau). Dieser beinhaltet das Friedensgericht, das Verfassungsgericht, das Jugendgericht, Bezirksgericht, und andere Institutionen. 12

Rechte und Pflichten Die Luxemburger Staatsbürger haben durch die Verfassung gewisse Rechte. Diese berücksichtigt auch die Menschenrechte welche von der Vereinten Nationen in 1948 und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vom Europarat in 1953 unterschrieben wurden. Im Gegenzug, gehen auch einige Pflichten einher. Rechte (unvollständige Liste) •





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Gleichheit vor dem Gesetz: Das Gesetz muss jeden Luxemburger Staatsbürger gleich behandeln, unabhängig von Geschlecht, Ethnizität, Herkunft, Religion oder politischem Glaube, oder sonstigen Faktoren Persönliche Freiheit: niemand kann festgenommen werden ohne richterlichen Haftbefehl, dieser wird nur ausgestellt wenn ein Gesetz nicht respektiert wurde. Anklagen können nur im Einklang mit dem Gesetz getätigt werden. Natürliche Rechte: Niemand kann physisch verletzt oder beleidigt werden. Es gibt keine willkürlichen Grenzen was Heirat und Fortpflanzung anbelangt, jeder kann seine Bildung selbst bestimmen. Recht auf Arbeit: niemand kann daran gehindert werden zu Arbeiten. Dies garantiert jedoch keinen Arbeitsplatz. Recht auf Privateigentum: niemand kann seines Eigentums enteignet werden, mit Ausnahme vom Allgemeinnutzen und im Einklang mit dem Gesetz (z.B. der Staat kann, strikt legal gesehen, jemanden zwangsenteignen um eine Straße zu bauen). Das Eigenheim ist unantastbar: niemand kann in das Eigenheim eindringen, ohne einen richterlichen Durchsuchungsbefehl im Einklang mit dem Gesetz. Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit und Redefreiheit: Niemand kann gesetzlich verfolgt werden weil er eine gewisse Meinung oder Religion hat, außer diese seien gegen das Gesetz (es ist nicht erlaubt Menschen oder Gruppen zu beleidigen oder zum Hass oder zu Verbrechen gegen solche Gruppen oder Individuen aufzurufen). Niemand kann gezwungen werden einer gewissen Religion nachzugehen. Die Pressefreiheit gehört auch dazu. Freiheit auf Versammlung: Jeder Luxemburger Staatsbürger kann sich in der Öffentlichkeit versammeln ohne vorherige Erlaubnis zu fragen. Vorausgesetzt es handelt sich um friedliche Versammlungen ohne Waffen. Für gewisse Versammlungen ist jedoch eine offizielle Erlaubnis notwendig. Postgeheimnis: Es ist niemandem gestattet Briefe oder Postkorrespondenz von anderen zu lesen. Wahlrecht: Jeder Luxemburger Staatsbürger hat das Recht zu wählen oder gewählt zu werden. Recht ein öffentliches Amt zu bekleiden: jeder Luxemburger Staatsbürger hat das Recht, sich für ein öffentliches Amt oder eine Stellung als Staatsbeamten zu bewerben. Recht auf Bildung: Jeder hat das Recht auf Bildung. Der Staat garantiert die obligatorische und kostenfreie Grundausbildung (Schulpflicht bis zum Alter von 16, Schulrecht bis zum Alter von 18 Jahren).

Pflichten Die Rechte stehen im Gleichgewicht zu den Pflichten: jeder Luxemburger Staatsbürger untersteht der Wahlpflicht, muss Steuern zahlen, muss vor Gericht aussagen, muss seine Kinder einschulen oder zu Hause unterrichten, muss die Geburten seiner Kinder melden, die Hochzeiten (und Partnerschaften/PACS) und die Todesfälle beim Standesamt melden. 13

Die Gemeinden Die Gemeinden sind die kleinste administrative Einheit des Staates. Sie haben einen gewissen Grad an Unabhängigkeit. Die lokale Autorität kann gewisse Bereiche abdecken, welche für ihre Einwohner und ihr Wohlbefinden wichtig sind. Gemeinden können keine Entscheidungen auf nationaler Ebene treffen. • • • • • • • • • •

Sicherheit: die Feuerwehr, Notarztdienst (protection civile), begrenzte polizeiliche Befugnisse Gesundheit: Hygiene, Wasserversorgung, Abfallentsorgung, Abwasser, Friedhöfe Soziale Gesundheit: Stromversorgung, Armutsbeihilfen, Sozialwohnungen Straßen: Bau und Instandhaltung des Straßennetzes Öffentlicher Transport: Busse, Schultransport, Behinderten Transport Wirtschaft: Industriezonen, Tourismus Bildung: Kindergärten, Primärschulen Kultur: Kulturzentren, Theater, Konzerthallen Sport: Stadien, Hallen, Schwimmhallen Standesamt (Etat Civil): festhalten von Ereignissen im Leben der Bürger (Geburt, Heirat, Scheidung, Tod) und Ausstellen von Personalausweisen und Pässen

Einige Gemeinden haben sich in Syndikaten verbunden um ihre Bemühungen in verschiedenen Bereichen zu bündeln. Z.B. Es wäre unmöglich für eine einzige Gemeinde eine eigene Wasseraufbereitungsanlage zu bauen und zu unterhalten. Mehrere Gemeinden betreiben eine solche Anlage zusammen und teilen sich so die Kosten und die Vorteile. Dies gilt auch bei den öffentlichen Transportmitteln, wie zum Beispiel beim TICE, dem Syndikat für Öffentlichen Transport um Süden des Landes. Die Gemeinden sind dem Innenministerium gegenüber verantwortlich, dieser bewilligt ihren Haushalt. Es gibt zurzeit 105 Gemeinden in Luxemburg, die Tendenz ist, dass kleine Gemeinden zu größeren Gemeinden fusionieren, umso effizienter arbeiten zu können. Organisation Genauso wie der Staat, hat auch die Gemeinde eine legislative und eine exekutive Gewalt. Legislative: Der Gemeinderat (Gemengerot, Conseil Communal) wird alle 6 Jahre gewählt, vorgezogene Wahlen können vorkommen, wenn ein Mitglied austritt oder stirbt. Die Anzahl der Gemeinderatsmitglieder hängt von der Größe der Gemeinde ab. Z.B. eine Gemeinde mit weniger als 1000 Einwohner hat 7 Gemeinderatsmitglieder, eine von 1000-2999 hat 9, Gemeinden mit über 20000 Einwohner haben 19 Gemeinderatsmitglieder (Esch-sur-Alzette, Differdange), die Hauptstadt Luxemburg hat 21. Der Gemeinderat erlässt Verordnungen und Dekrete, stimmt den Haushalt, erteilt Baugenehmigungen, etc. Exekutive: Der Schöffenrat (Bürgermeister und die Schöffen) besteht aus Mitgliedern des Gemeinderates. Er führt die Entscheidungen des Gemeinderates aus, und bereitet auch dessen Sitzungen vor. Er übernimmt auch die tagtägliche Verwaltung der Gemeinde.

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Der Bürgermeister ist der Präsident des Gemeinderates und des Schöffenrates. Er hat auch bestimmte Aufgaben, wie zum Beispiel das Ausstellen von Baugenehmigungen, und das Schließen von Baustellen sollte diese gegen die Baugenehmigung verstoßen.

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Wahlzettel und Wahlen Bei nationalen Wahlen (für die Chambre des Députés) können ausschließlich Luxemburger Staatsangehörige wählen. Bei den Europa- und Gemeindewahlen wurde das Wahlrecht auf die ausländischen Mitbürger (aus EU und Drittstaaten) ausgeweitet. Bevor sie zur eigentlichen Wahl zugelassen sind müssen sie sich ausweisen. Dies verhindert, dass Leute mehr als einmal wählen. Sie können nicht für jemand anders wählen gehen, auch wenn dieser ihnen eine Vollmacht ausgeschrieben hat. Briefwahl ist eine Alternative. Um bei der Briefwahl teilzunehmen müssen sie sich im Vorfeld hierfür bei ihrer Gemeinde anmelden. Dies ist nur möglich mit einer reellen Begründung. Für die Briefwahl muss man sich frühestens 10 Wochen und spätestens 30 Tage vor dem Wahltag anmelden. Je nach Wahlbezirk hat der Wähler zwischen 7 und 23 Stimmen abzugeben. Bei den Gemeindewahlen hängt die Anzahl der Stimmen von der Größe der Gemeinde ab wie viele Stimmen man als Wähler hat. In den meisten Fällen sind die Kandidaten je nach Partei sortiert, jede Partei hat ihre Liste. In den kleineren Gemeinden ist dies nicht der Fall. Um das Wahlgeheimnis zu gewährleisten, finden die Wahl finden in isolierten Kabinen statt. Der Wahlzettel wird dann zusammengefaltet, und in eine spezielle Urne geworfen. Damit ein Wahlzettel gültig ist, muss er folgende Kriterien erfüllen: Mindestens eine Stimme muss vergeben sein (ein leerer Wahlzettel ist ungültig) Die Anzahl der gegebenen Stimmen darf nicht das Maximum überschreiten (dieses ist auf dem Wahlzettel angegeben) Pro Kandidat können maximal 2 Stimmen abgegeben werden. Der Wähler hat nicht sowohl einzelne Kandidaten als auch eine ganze Liste angekreuzt. Der Wahlzettel darf keine Zeichen haben die es ermöglichen würden den Wähler zu identifizieren. Kommentare, oder Markierungen die sich außerhalb des Kastens befinden machen den Wahlzettel ungültig. Wenn ein Fehler unterlaufen ist, darf man diesen auf keinen Fall korrigieren- sondern man muss sich einen neuen Wahlzettel fragen. Es gibt 3 verschieden Möglichkeiten einen Wahlzettel auszufüllen: Listenwahl (vote de liste): hierbei schwärzt man den Kreis oberhalb der Liste. Jedes Mitglied dieser Liste erhält somit eine Stimme. Wenn man den Kreis geschwärzt hat, dann darf man sonst nichts ankreuzen! Mischen auf einer Liste (panachage sur liste): verteilen von Stimmen zwischen spezifischen Personen einer Liste. Z.B. Man gibt der ersten Person auf der Liste 2 Stimmen, dem zweiten keine und dem dritten und vierten jeweils eine, etc. Mischen: Man verteilt seine Stimmen zwischen allen Kandidaten des ganzen Wahlzettels.

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Ungültiger Wahlzettel: das Kreuz passt nicht in die Kiste

Ungültiger Wahlzettel: es dürfen keine Markierungen (wie z.B. eine Nachricht) auf dem Wahlzettel sein.

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Gültiger Wahlzettel: man braucht nicht alle verfügbaren Stimmen zu verteilen.

Ungültig er Wahlzettel: Es ist nicht möglich zwei Listen zu wählen 18

Gültiger Wahlzettel: Panachage (stimmen für einzelne Kandidaten von verschiedenen Listen)

Panachage in der Kneipe: dies kommt aus dem Französischen und heißt mischen, es wird heute benutzt um das Mischen von Wahlstimmen zu bezeichnen. Man kann jedoch auch einen „panaché“ in der Kneipe bestellen und dann erhält man ein gemischtes Getränk mit Bier und Limonade.

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Das Gesetz Luxemburg ist ein Rechtsstaat. Diese bedeutet, dass die verfassungsmäßigen Gewalten rechtlich gebunden sind, der insbesondere in seinem Handeln durch Recht begrenzt wird, um die Freiheit der Einzelnen zu sichern. Gesetze sind öffentlich, aber nicht spezifisch oder retroaktiv (rückwirkend). Rechtsstaatlichkeit ist eine der wichtigsten Forderungen an ein politisches Gemeinwesen und dient zusammen mit anderen Strukturierungen (z. B. dem Subsidiaritätsprinzip) einer Kultivierung der Demokratie. Luxemburg ist ein Rechtsstaat. Das gibt vor, dass es eine Gesetzgebung gibt welche der Staat befolgt. Diese bestimmt die Gesellschaft. Es können keine Entscheidungen außerhalb dieser Gesetzgebung getroffen werden. Gesetze sind öffentlich, sie können jedoch nicht spezifisch oder gar retroaktiv sein. Sie müssen publik sein, da jeder über sie informiert sein muss. Wenn ein Gesetz unterschrieben wurde, dann wird es im Journal officiel du Grand-Duché veröffentlicht. Damit jeder die Möglichkeit hat sich mit einem neuen Gesetz auseinanderzusetzen, tritt das neue Gesetz erst 4 Tage nach seiner Veröffentlichung im Journal in Kraft. Dies bedeutet, dass es unmöglich ist sich selbst bei Gericht zu verteidigen und man behauptet man habe nicht von dem neuen Gesetz gewusst. „Unkenntnis des Gesetzes schützt nicht vor Strafe“. Gesetze dürfen nicht spezifisch sein, d.h. es darf kein Gesetz geben welches eine Zielgruppe oder ein Individuum visiert. Ein Gesetz kann eine Terroristengruppe auf Grund ihrer Aktionen verbieten, jedoch kann es nicht einen Fußballverein einer Gemeinde gegenüber dem einer anderen Gemeinde anders behandeln. Gesetze können nicht retroaktiv sein, d.h. sie können nicht heute entscheiden, dass etwas was in der Vergangenheit passiert ist illegal war. Z.B. Ein neues Gesetz tritt im Februar in Kraft. Wenn sie etwas im Januar nach der alten Gesetzgebung legal getan haben, kann dies nicht im Februar durch ein neues Gesetz retroaktiv illegal werden. Das neue Gesetz ist nicht anwendbar bei dem was sie im Januar getan haben. Das neue Gesetz wird jedoch angewandt, wenn sie das Gleiche im März wiederholen. Ein Gesetz kann retroaktiv sein, falls es ausschließlich zum Vorteil einer Person oder einer Sache regelt. Hierarchie der Gesetzgebung Nicht alle Gesetze sind gleichwertig. Es gibt eine strikte Hierarchie, diese spielt bei einem Konflikt zwischen Gesetzen. Das wichtigste Gesetz ist die Verfassung. Alle anderen Gesetze beruhen auf der Verfassung. Die Verfassung legt die Grundregeln damit der Staat funktioniert fest und bestimmt die Rechte und Pflichten des Bürgers. Jedes Gesetz welches in Konflikt zu der Verfassung steht ist illegal. Unter der Verfassung stehen die Gesetze. Die Gesetze werden von der Chambre des Députés gestimmt. Sie legen gewisse Regeln fest: zB. Das Haushaltsgesetz (dies besagt wie viel die Regierung an ihren Projekten ausgeben und verdienen will) oder das Gesetz welches die Rechte und Pflichten der Staatsbeamten beschreibt. 20

Nach den Gesetzen kommen die Verordnungen (règlements), diese werden von der Exekutive veröffentlicht, um die Gesetze in der Praxis umzusetzen. An dem untersten Niveau sind die Arrêtés, diese sind meist spezifisch zu gewissen Personen und zu gewissen Titeln. Dieses sind die einzigen Gesetze welche spezifische Personen benennen können. Staatsrat (Conseil d’Etat) Der Staatsrat muss über jeden Gesetzvorschlag oder jedes Gesetzprojekt informiert werden, bevor die Abgeordnetenkammer darüber abstimmen kann. Dabei überprüft er, ob die Vorschläge oder Projekte mit der luxemburgischen Verfassung vereinbar sind, internationale Abkommen, darunter das EU-Recht, respektiert werden und auch sonst keine Verstöße vorliegen. Ist das Projekt oder Vorschlag mit allem vereinbar, erlaubt der Staatsrat der Abgeordnetenkammer die Abstimmung. Der Staatsrat kann Änderungen vorschlagen. Jedes Gesetz muss zweimal von der Abgeordnetenkammer gestimmt werden, außer der Staatsrat entbindet die Kammer vom zweiten Votum. Auch Verordnungen müssen dem Staatsrat unterbreitet werden. Diese werden jedoch nicht von der Abgeordnetenkammer abgestimmt. Der Staatsrat ist nicht mit dem Regierungsrat zu verwechseln.

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Luxemburger Geschichte vor der Zeit der Fremdherrschaft Antiquität In den letzten Jahrhunderten vor Christus, waren Kelten sesshaft sowohl in Luxemburg als auch im grenznahen Belgien und Deutschland. Man nannte sie die Treveri, sie herrschten von befestigten Hügeln aus wie z.B. dem Tëtelbierg (nahe Lamadelaine). Die Bewohner waren damals schon stolz darauf eine gemischte Kultur zu sein: die Treveri behaupteten sich so gebildet wie die Gallier zu sein, jedoch ihr germanisches Blut machte sie zu einem gefürchteten Kämpfer. Die Treveri waren den Römern unter Julius Cesar unterlegen und wurden zu ein Teil des Römischen Reiches. Die Villa von Echternach, die Siedlung und das Theater von Dalheim, auch der Hof von Goebelange sind aus dieser Zeit. Viele Römerstraßen, welche auf Luxemburgisch „Kiem“ genannt werden, stammen auch aus dieser Zeit. Die Stadt Trier war für eine kurze Zeit während dem 4. JH, die Hauptstadt des Römischen Reiches. Die Römer wurden von den Franken (einem germanischen Volk von der anderen Seite des Rheins) besiegt. Mittelalter Es wurde nur wenig dokumentiert, was auf dem heutigen Luxemburger Territorium passierte bis 963. Im Jahre 700 kam ein englischer Mönch namens Willibrord nach Echternach, er gründete die Abtei von Echternach, inder heute der Echternacher Lycée untergebracht ist. Echternach ist eine Wallfahrtstadt, wo jedes Jahr zu Pfingstdienstag die „Springprozession“ stattfindet. Die Springprozession gehört zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO. In 963, hat Graf Siegfried der Ardennen den alten Römer Burgfried auf dem Bock von der Abtei Trier erlangt. Er gründete die Stadt und Grafschaft Luxemburg. Er wurde der erste Graf von Luxemburg. Die Gräfin Ermesinde (1197-1247) gab den Städten Echternach (1236) und Luxemburg (1244) Freibriefe. Diese Freibriefe gaben den Bewohnern wichtige Rechte, insbesondere das der Selbstverwaltung. Während dem Mittelalter wurden vier Mitglieder des Hauses von Luxemburg Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches von Deutschland: Heinrich VII (1308-1313), Karl IV (1346-1378), Wenzel (1376-1400) und Sigismund (1433-1437). Der wohl bekannteste Herrscher von Luxemburg dieser Zeit war Johann der Blinde (12961346). Er war ein berühmter Ritter, er starb in der Schlacht von Crécy, wo er mit den Franzosen zusammen gegen die Engländer kämpfte. Er kämpfte trotz seiner Blindheit, er fragte seine Freunde, dass sie ihre Pferde zusammenbinden sollten, damit er in einem Gefecht nicht verloren gehe. Sein Grab kann in der Krypta der Kathedrale Luxemburgs besichtigt werden.

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Johann der Blinde ist der Gründer der Schueberfouer, heute eine jährliche Kirmes. Diese begann als Schafsmarkt. Schafe werden heute noch in einem Umzug am Eröffnungstag jedes Jahr mitgenommen und dazu wird der Hämmelsmarsch (Schafsmarsch) gespielt und gesungen.

Die Melusina Legende Eine Legende erzählt die Geschichte von Graf Siegfried wie er an dem Alzette Fluss entlang ritt am Fuß seines Kastells. Da sah er eine wunderschöne Frau – Melusina – er entschied sich sofort sie zu heiraten. Sie stimmte zu, aber nur unter einer Bedingung: jeden Samstag dürfe sie alleine und ungestört in ihrem Zimmer bleiben von Morgens früh bis zum Sonnenuntergang. Der Graf willigte ein und respektierte ihren Wunsch für einige Zeit. Jedoch seine Bediensteten redeten auf ihn ein: „ Sie sind ein Tor: was glauben sie wohl was sie macht? Sie ist mit einem anderen Mann!“ Und so an einem Samstag, entschied sich der Graf seine Gemahlin zu bespähen. Er tat dies durch das Schlüsselloch. Er sah, dass seine Gemahlin nicht mit einem Liebhaber zusammen war, sondern, sie war in der Badewanne. Er konnte sehen, dass seine wunderbare Gemahlin von der Hüfte abwärts einen Fischschwanz hatte. Der Graf schrie laut auf, er konnte sich nicht mehr fassen! Daraufhin sprang Melusina von dem Schloss in die Alzette, wo sie bis heute aufzufinden ist, und trauert über den Bruch des Versprechens ihres Mannes.

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Luxemburg unter Fremdherrschaft Das Herzogtum als Teil der Niederlande In 1443, die Burgunder hatten Luxemburg fest im Griff und integriert in den Burgunder Niederlanden. Das Luxemburg von damals war viel grösser als das moderne Territorium, es war fast so groß wie die heutige Benelux. Die Burgunder herrschten von 1443-1506. Luxemburg wurde durch Erbschaft an die Könige von Spanien vererbt. Der Großherzogliche Palast stammt aus dieser Zeit. Es wurde von Gouverneur Peter Ernst von MansfeldVorderort erbaut. Diese Periode ist unter dem Namen Erste Spanische Periode bekannt und dauerte von 1506 bis 1684. Die Spanier begannen damit die Stadt Luxemburg in eine Festungsstadt zu verwandeln. Spanien und Frankreich verwickelten sich in Kriege, und zum ersten Mal verlor Luxemburg Territorium: in die Gegend um Montmédy und Thionville (Diedenhofen/Diddenuewen) ging im Pyrenäenfrieden (1659) an Frankreich, dies ist heute noch so. 1684 wurde dann Luxemburg von den Truppen des französischen König Louis XIV erobert. Sein Architekt, Sébastien le Prestre de Vauban machte Luxemburg zu einer der stärksten Festungen Europas: die Überbleibsel hiervon können heute noch an vielen Stellen besichtigt werden. Der Plan beruhte auf pentagonalen Bastillen, dies erlaubte den Verteidigern den Feind von überall zu erschießen. Mit runden oder viereckigen Türmen ist dies unmöglich. Luxemburg wurde bekannt als das Gibraltar des Norden: so wie Gibraltar eine unantastbare Festung war, galt dies auch für Luxemburg. Die erste französische Periode dauerte von 1684-1697. Louis XIV musste in 1697 den Vertrag von Rijswick unterschreiben, dies übergab Luxemburg wieder zurück an die Spanier. Vauban beklagte sich, dass die Franzosen Unsummen an Geld ausgegeben hatten und Luxemburg zu einer der besten Festungen gemacht hatten, und nun übergaben sie diese an den Feind. Die zweite Spanische Periode dauerte von 1697 bis 1714. Durch Erbschaft, ging Luxemburg an die Österreicher der Habsburg Dynastie. Während dieser Periode wurde die Festung entwickelt. Die meisten Kasematten (unterirdische Tunnel um Truppen zu bewegen und Feinde zu erschießen) stammen aus dieser Zeit. Das Zeitalter der Aufklärung erreichte Luxemburg unter Maria-Theresia und Joseph II, mit unter anderem der Abschaffung der Tortur. Die österreichische Periode dauerte von 1714-1794. In 1794 kamen die Franzosen zurück. Nachdem sie sich ihrer Monarchie entledigt hatten und jetzt eine Republik waren, haben sie die Stadt genommen. Dies passierte durch den Klëppelkrich (Krieg der Schläger), ein primitiver Krieg der Rebellen. Luxemburg wurde zum Departement des Forets in Napoleons Reich.

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Der Wiener Kongress Nach der Niederlage Napoleons reorganisierte der Wiener Kongress Europa (1815). Luxemburg wurde unabhängig und bekam die Bezeichnung von „Großherzogtum Luxemburg“. Sein Großherzog war auch König der Niederlande. Dies nennt man eine Personalunion, die beiden Länder sind nur durch die Person des Großherzoges miteinander verbunden. Luxemburg war ein persönliches Besitztum des König-Großherzoges. Ein modernes Beispiel hierfür ist Großbritannien: die Königin von England ist auch Königin von Schottland. Der erste Großherzog war Guillaume I von Orange Nassau. Es wurde noch komplizierter, als Luxemburg Teil der Deutschen Konföderation wurde und eine preußische Garnison bekam. Die Preußen haben die Festung weiter ausgebaut, es kamen die Dräi Eechelen (Drei Eicheln) hinzu, welche heute das Festungsmuseum beinhaltet. Früher war es unter dem Namen Fort Thüngen bekannt. Der Wiener Kongress verursachte die zweite Abtrennung des Luxemburger Territoriums. Die Gegend um Bitburg und St Vith gingen an Preußen über (heute Teile von Belgien und Deutschland). Die Belgische Revolution In 1830 rebellierten die südlichen Provinzen der Niederlande gegen die Niederländer und Belgien entstand nach 9 Jahren Krieg. Luxemburg versuchte sich dieser Bewegung anzuschließen, um sich von den Niederlanden zu lösen. Der Londoner Kongress (1839) erlaubte 2/3 von Luxemburg sich an das heute französisch-sprechende Belgien anzuschließen. Dieses war die letzte, größte und 3. Abtrennung vom Luxemburger Territorium. Die Luxemburg Krise In 1867 gingen Frankreich und Deutschland fast in den Krieg über Luxemburg. Napoleon III von Frankreich wollte Luxemburg von den Niederländern abkaufen, aber Deutschland drohte mit dem Krieg, wenn dies passieren würde. Die Festung Luxemburgs war einfach zu wichtig. Im Londoner Kongress (1867) wurde folgendes entschieden: • • •

Luxemburg bekam die Bestätigung seiner Unabhängigkeit Luxemburg wurde neutral (durfte bei einem Krieg keine Partei ergreifen) Luxemburg hatte keine Garnison mehr und die Festung wurde geschliffen.

Stahl In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Eisenreserven im Süden Luxemburgs gefunden. Man nennt die Gegend „Minette“ (wortwörtlich „kleines Ruder“). Luxemburg war bis dahin ein sehr armes, von der Landwirtschaft abhängiges Land gewesen, und fing nun an seine Industrie aufzubauen. In Jahre 1859 wurde der erste Zug eingeführt (gefeiert im Lied „De Feierwon“ von Michel Lentz). Die ersten Immigranten arbeiteten in den Mienen und Raffinerien. Dies brachte Wohlstand und Stoltz nach Luxemburg.

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Die territoriale Zerstückelung Luxemburgs

1815: Zweite Trennung Wiener Kongress An Preußen Deutschland nach 1871

1839: Dritte Trennung Londoner Kongress An Belgien (Province de Luxembourg)

1659: Erste Trennung Pyrenäenfrieden An Frankreich

Unabhängigkeit Wann wurde Luxemburg ein unabhängiger Staat? Drei Daten werden hierfür zurückbehalten: 1815: Wiener Kongress, Luxemburg wird zu einem unabhängigen Großherzogtum, jedoch bleibt Luxemburg über den Großherzog mir den Niederlanden verbunden. Luxemburg wird größtenteils noch als ein Teil der Niederländer gesehen. 1839: Erster Londoner Kongress; 2/3 des Luxemburger Territoriums gehen an Belgien, dies ermöglicht eine größere Unabhängigkeit von den Niederlanden. 1867: Zweiter Londoner Kongress bekräftigt die Unabhängigkeit Luxemburgs und macht Luxemburg neutral, kappt die Verbindung zum preußischen Militär, die Festung wird geschliffen. Dieses Datum wird als das Unabhängigkeitsdatum anerkannt.

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Luxemburg: Vom 20. Jahrhundert zur Gründung der CECA Der Erste Weltkrieg (1914-1918) Luxemburg liegt im Herzen Europas und konnte dem 1. Weltkrieg nicht entkommen. Trotz seiner Neutralität (Londoner Kongress 1867), wurde Luxemburg im Jahre 1914 von den deutschen Truppen angegriffen. Die Franzosen hatten massive Festungen entlang der deutsch-französischen Grenze, die Grenze zu Belgien und Luxemburg jedoch unvereidigt gelassen, obschon der 1905 erstmals aufgestellte Schlieffenplan (nach Generalfeldmarschall Alfred von Schlieffen benannt) genau deswegen den Angriffsweg über diese Länder vorschlug. Es wird davon ausgegangen, dass Frankreich seit 1906 den Plan kannte. Die kaiserliche Regierung entschuldigte sich offiziell für den Bruch der Neutralität, erklärte aber, dass dies aus Gründen der Selbstverteidigung gegen Frankreich notwendig war. Luxemburg protestierte, jedoch war es unmöglich sich der deutschen Invasion zu wiedersetzen. Durch den Londoner Kongress hatte Luxemburg keine Armee. Als die Deutschen im Jahre 1918 besiegt wurden, brach eine Krise über Luxemburg aus. Die Alliierten behaupteten Luxemburg hätte den Deutschen geholfen. Die Deutschen hatten sich die Luxemburger Schienen zu Nutze gemacht um ihre Truppen zu bewegen. Auch der Luxemburgische Stahl wurde für die deutsche Kriegsmaschine abgezweigt. Großherzogin Marie-Adelhaïde war nur 20 Jahre jung als der Krieg ausbrach und sie hatte den deutschen Kaiser in ihrem Palast empfangen. Luxemburg kam nur knapp daran vorbei an Frankreich angegliedert zu werden. Ein Referendum mit folgenden 3 Fragen wurde organisiert: Wollen wir eine Republik werden oder eine Monarchie mit einem anderen Herrscher, oder wollen wir eine andere Dynastie? Die Luxemburger akzeptierten Charlotte (Marie-Adelaïdes Schwester) als neue Großherzogin. Des Weiteren wurden sie gefragt ob sie eine Wirtschaftliche Union mit Frankreich und Belgien wollten. Frankreich, welches vom Luxemburgischen Volk vorgezogen wurde, lehnte Luxemburg ab und somit kam die Union mit Belgien zu Stande. Diese sollte sich später zur UEBL entwickeln, und einer Währungsunion in welche der belgische Franc auch in Luxemburg Zahlungsmittel war (in Parität mit dem Luxemburgischen Franc). Dies bestand bis zur Einführung des Euro. Der II Weltkrieg (1939-1945) Deutschland fiel am 10. Mai 1940 erneut in Luxemburg ein. Genau wie 1914 stießen die Deutschen wieder durch Belgien und Luxemburg vor, um die französische Maginot-Linie zu umgehen, welche ebenfalls nur die direkte deutsch-französische Grenze verteidigte. Allerdings kam es diesmal nicht zu einer offiziellen Entschuldigung von Seiten der deutschen Regierung. Den Luxemburgern wurde gesagt, dass sie deutscher Abstammung wären und dass sie doch „Heim ins Reich“ kommen sollten. 1942 wurde ein Referendum abgehalten, indem sie befragt wurde welche Nationalität und welche Sprache sie haben. Aus dem Referendum ging hervor, dass Luxemburg keine Option war, denn über 90% der Bevölkerung gab an „Luxemburger“ zu sein und „Luxemburgisch“ zu sprechen. Dies war ein klares Zeichen der Resistenz. 27

Luxemburg litt unter der deutschen Invasion. Die Juden wurden im Holocaust umgebracht, Resistenzbewegungen wurden brutalsterweise niedergeschlagen. Es gibt Überlieferungen, wo Schüler nur zur Schule gingen um auf dem Schulweg Verkündungen von ihrem exekutierten Vater zu berichten (Standgericht). Kurz vor Kriegsende wurde der Norden des Landes in der Rundstedt Offensive (auch als Ardennenoffensive oder „Unternehmen Wacht am Rhein“ bekannt) verwüstet, diese verhinderte, dass die amerikanischen Truppen für eine kurze Zeit vorankamen. Die Regierung und die Großherzogliche Familie war nach London geflüchtet und unterstützte die Bevölkerung durch regelmäßige Radioansprachen im Sender BBC. Nach dem 2. Weltkrieges wurde Luxemburg, welches unter so gut wie jedem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich seit dem Mittelalter zu leiden hatte, zu einem der Hauptarchitekten der Europäischen Union. Luxemburg gab 1949 durch den Beitritt zur NATO endgültig seine Neutralität von 1867 auf. Auch heute beteiligen sich die Luxemburgische Armee und Polizei regelmäßig an den internationalen Missionen der NATO und der UNO. Das Luxemburgische Heer, eine Freiwilligenarmee, hat sich auch Bürgern anderer EU-Staaten geöffnet.

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Das Standgericht: Offizielle Verkündung Das Standgericht hat, wegen in Gefahrbringen der deutschen Entwicklungsarbeit in Luxemburg durch rebellische Streiks während dem Krieg, folgende Personen zum Tode verurteilt: KONS, Nikolaus, Postinspektor, Luxemburg MEIERS Karl, Lehrer, Wiltz EWEN Joseph, Lehrer, Wiltz LOMMEL Cölestin, Lehrer, Wiltz WEETS Alfons, Ingenieur, Differdange SCHNEIDER Johann Peter, Handwerker, Differdange TOUSSAINT Ernst, Hochofenarbeiter, Differdange BETZ Nikolaus, Handwerker, Kahler Die Verurteilung wurde heute um 4:30 durch Erschießen ausgeführt.

Gëlle Fra Die Goldene Frau, offiziell bekanntes Monument der Erinnerung, es ist eines der Hauptsymbole Luxemburgs. Sie wurde vom Bildhauer Claus Cito hergestellt um den 2000 Luxemburgern zu gedenken die im 1. Weltkrieg an der Seite der Franzosen als freiwillige Soldaten starben. Sie wurde im Jahre 1923 eingeweiht. Während dem II Weltkrieg entfernten die Nazis die Statue und zerstörten den Obelisk auf dem sie stand. Sie wurde zum Symbol der Luxemburger Resistenz. Die Statue an sich wurde unter den Tribünen des Josy Barthel Stadiums versteckt gehalten, bis sie im Jahre 1985 wiedergefunden wurde. Seitdem wurde sie nur 1 Mal abmontiert um in 2010 an der Weltausstellung in Shanghai in China teilzunehmen. In 2011 wurde eine schwangere Gëlle Fra neben dem Hauptmonument aufgerichtet. Dies huldigte die Rolle der Frau als Gebärende neben den Männern in Kriegszeiten. Das Projekt erntete viel Kritik und heute ist die schwangere „Rosa von Luxemburg“ nicht mehr ausgestellt.

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Die Entstehung der Europäischen Union In weniger als hundert Jahren hat Europa 3 Kriege zwischen Frankreich und Deutschland erlebt. Der Franko-preußische Krieg (1870-1871), dieser wurde gefolgt vom 1. Weltkrieg (1914-1918) und das Desaster des II Weltkrieges (1939-1945) folgte darauf. Die CECA (Communauté Européenne du Charbon et de l’Acier) 1950 machte Robert Schuman (ein in Luxemburg geborener französischer Außenminister, der als Anwalt im damals deutschen Metz tätig gewesen war) den Vorschlag eine Union zwischen Frankreich und Deutschland zu gründen. Die Basis hierfür sollte der Handel von Kohle und Stahl sein. Die Idee die dahinter steckte war simpel: es ging ihm darum, diese beiden Nationen voneinander abhängig zu machen, so dass ein weiterer Krieg nicht mehr zu Stande kommen würde. Die CECA wurde im Jahre 1951 mit dem Vertrag von Paris gegründet. Außer Frankreich und Deutschland waren auch noch: Luxemburg, Belgien, die Niederlande und Italien beteiligt. Der Hauptsitz war in Luxemburg. Von der EWG zur EU 1957 kamen diese 6 Staaten wieder zusammen und unterzeichneten den Vertrag von Rom und gründeten somit die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Der Vertrag von Rom war der Anfang von dem was die Europäische Gemeinschaft werden würde (Maastrichter Vertrag, 1993) und anschließend die Europäische Union – EU- in 2009 (Lissabonner Vertrag). Die Ziele der EWG und ihrer Nachfolger waren, und sind noch immer: “Frieden und Freiheit bewahren und den Grundstein legen damit die Menschen Europas sich näherkommen würden“. Mit dem Maastrichter Vertrag in 1993 kam die Ablegung der internen Staatsgrenzen und das Schengener Abkommen (1995). Nicht alle EU-Mitgliedsstaaten haben das Schengener Abkommen unterzeichnet (Großbritannien und Irland nicht), jedoch einige Nicht-EU Mitgliedsstaaten haben es unterzeichnet (Island, Norwegen und die Schweiz). Die EU hat sich auf die 4 Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarkts geeinigt, diese sind: • •

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Freie Bewegung von Gütern und Waren: kein Zoll um Waren zwischen Mitgliedsstaaten zu bewegen Freie Bewegung von Personen: EU-Bürger können sich frei von einem Mitgliedsstaat zum anderen bewegen, und dort arbeiten; sie werden in den jeweiligen Mitgliedsstaaten als gleichwertige Mitbürger betrachtet. Freie Bewegung von Dienstleistungen: Dienstleistungen können grenzüberschreitend ohne administrative Einschränkungen angeboten werden. Freie Bewegung von Kapital: Geld kann ohne Zoll und Einschränkungen zwischen den Mitgliedsstaaten überwiesen werden.

Eine Einheitswährung wurde im Jahre 2000 in den meisten Mitgliedsstaaten eingeführt: der Euro (€) Neue Mitgliedsstaaten Die CECA hatte anfangs nur 6 Mitgliedsstaaten, heute hat die EU 28. Das letzte Beitrittsland ist Kroatien (2013). Großbritannien ist der erste Staat der sich, aufgrund eines Referendums 2016 entschlossen hat die EU zu verlassen (2017) („Brexit“ – British Exit).

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Luxemburg und die Europäische Union Die Europäische Union hat ihre eigenen legislativen, exekutiven und rechtssprechende Behörden. Sie verfügt auch über eine gewisse Anzahl von verschiedenen Verwaltungen. Das Europäische Parlament verfügt über die legislative Gewalt, welche sie mit der Europäischen Kommission und dem Rat der Europäischen Union teilt. Ihre Abgeordneten werden für fünf Jahre auf nationaler Ebene gewählt. Es tagt in Strasbourg, manchmal in Brüssel, das Sekretariat hat seinen Sitz in Luxemburg. Ihr Präsident ist Antonio Tajani (Italien). Die Europäische Kommission schlägt dem Ministerrat Maßnahmen vor und kontrolliert die korrekte Umsetzung der Europäischen Gesetze. Sie tagt in Brüssel. Ernennung des Präsidenten Die Staats- und Regierungshäupter schlagen im Europäischen Rat einen Kandidaten vor, auf der Basis der Resultate der europäischen Parlamentswahlen. Um gewählt zu werden, muss der Kandidat die Mehrheit der Stimmen der europäischen Parlamentsabgeordneten haben. Heute ist der Präsident Jean-Claude Junker (Luxemburg). Bildung der Kommission Der gewählte Präsident schlägt die Vizepräsidenten und die Kommissare aufgrund von Vorschlägen aus den Mitgliedsstaaten vor. Diese Liste muss dann von den Staats- und Regierungshäuptern im Rat abgesegnet werden. Die Kandidaten, welche der Präsident vorgeschlagen hat, stellen ihr Programm im Europaparlament vor, und beantworten die Fragen der Abgeordneten. Das Parlament stimmt anschließend darüber ab, die Kommission als Ganzes anzunehmen, oder zu verweigern. Schließlich werden die Kandidaten durch qualifizierte Mehrheit durch den Rat ernannt. Der Ministerrat nimmt die Gesetzgebung an und koordiniert die Politik der Union. Seine Zusammensetzung wechselt je nach dem was an der Tagesordnung steht: wenn über landwirtschaftliche Angelegenheiten diskutiert wird, dann tagen alle Landwirtschaftsminister der EU-Mitgliedsstaaten. Es gibt keinen festgelegten Tagungsort. Im Europäischen Rat tagen die Staatsminister der EU-Mitgliedsstaaten, mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission. Er kommt zweimal im Jahr, oder öfters, falls notwendig, zusammen. Der Präsident ist Donald Tusk (Polen). Jedes Semester wechselt die EU-Präsidentschaft. Bis zum 30. Juni 2017 hält Malta die EUPräsidentschaft, ab dem 1. Juli 2017 wird sie von Estland übernommen. Luxemburg hatte die EU-Präsidentschaft in der 2. Hälfte von 2015, und wird sie erst wieder in der ersten Hälfte von 2029 haben. Der Europäische Gerichtshof hält die rechtssprechende Gewalt. Es regelt Auseinandersetzungen zwischen EU-Mitgliedsstaaten, zwischen Bürger und der EU, 31

zwischen Europabeamten und ihrer Administration, oder zwischen der EU und einem Mitgliedsstaat (im Falle einem Verstoß gegen das Europäische Gesetz). Es kann Mitgliedsstaaten sowie juristischen Personen (Vereine, Körperschaften, …), eine Geldstrafe auferlegen. Sein Sitz ist in Luxemburg. Luxemburg und die EU Luxemburg ist wirtschaftlich und politisch gesehen von seinen größeren Nachbarstaaten abhängig. Luxemburg hat viel unter den verschiedenen Kriegen gelitten, deshalb ist es einfach zu verstehen, warum Luxemburg so sehr an der Europäischen Idee mitgearbeitet hat in den vergangenen Jahrzehnten. Frankreich und Deutschland hatten bei den Anfängen der EU Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Implantation der Institutionen. Hier konnte Luxemburg ihnen ein Kompromiss bieten. Dies ist eine der Ursachen, warum so viele verschiedene EUInstitutionen in Luxemburg ansässig sind. Die zentrale Lage Luxemburgs und der Mehrsprachigkeit haben auch hierzu beigetragen.

Folgende EU-Institutionen haben (oder hatten) ihren Sitz in Luxemburg (Kirchberg): • • • • • •

Der Hohe Rat der CECA (in 1967 ersetzt durch die Europäische Kommission) Europäischer Gerichtshof (Curia) Sekretariat des Europa Parlaments Die Europäische Investment Bank (EIB/BEI) Europäischer Rechnungshof (Cour des Comptes) Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Union

Mit dem Brexit, hat Luxemburg der European Banking Authority (EBA) einen neuen Sitz in Luxemburg angeboten. Aktuell hat sie ihren Sitz noch in London.

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