LUDWIG VAN BEETHOVEN An die ferne Geliebte Op. 98 FRANZ SCHUBERT Schwanengesang D957

HC16080.Booklet.Sehnsuchtslieder_BookletTennstedt 17.02.17 08:10 Seite 1 LUDWIG VAN BEETHOVEN An die ferne Geliebte Op. 98 FRANZ SCHUBERT Schwanenges...
Author: Thilo Kneller
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LUDWIG VAN BEETHOVEN An die ferne Geliebte Op. 98 FRANZ SCHUBERT Schwanengesang D957

Giorgos Kanaris

Thomas Wise

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Songs of Yearning DEUTSCH

Ludwig van Beethoven: An die ferne Geliebte Op. 98 Franz Schubert: Schwanengesang D 957 Wo immer im Bereich der Kunst eine Definition im Sinne von Abgrenzung versucht wird, wird die Abgrenzung selber zur Kunst, manchmal sogar künstlich. Die Musik bildet da keine Ausnahme, und die musikalische Gattung des Kunstliedes erst recht nicht. Definition im Sinne von Einschließen macht die Sache einfacher. Ohne Frage zählen die beiden Liederzyklen auf dieser CD als Kunstlieder. Ludwig van Beethoven (1770-1827) schrieb sein Opus 98 im Jahre 1816, die Musikwissenschaft bezeichnet „An die ferne Geliebte“ meist als ersten Liederzyklus überhaupt. Franz Schubert (1897-1828) schrieb seinen „Schwanengesang“ in seinem Todesjahr 1828, die Lieder wurden erst postum als Sammlung. Interessant ist nun, dass die Bezeichnung Kunstlied erst einige Zeit nach dem Tode der beiden Komponisten vom Musikschriftsteller, Kapellmeister und Komponisten Carl Koßmaly (1812-1893) im Jahr 1841 eingeführt wurde. In Abgrenzung zu Volks-

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lied und Kirchenlied. Diese beiden haben eine bis weit in die Vorgeschichte reichende Tradition, als Texte und Melodien nur mündlich weitergegeben wurden. Die Anfänge des Kunstliedes als von einem namentlich bekannten Komponisten vertonte Lyrik eines namentlich bekannten Textdichters reichen wohl bis zur Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert zurück, wo auch die Ursprünge der neuzeitlichen, westeuropäischen Oper zu suchen sind. Aber natürlich reichen die Wurzeln tiefer, man denke nur an die Minnelieder des hohen Mittelalters. Musikgeschichtlich und musiksoziologisch musste das lang als „minderwertig“ behandelte Lied indes in der Neuzeit eine Art Emanzipationsprozess durchmachen, bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit dem Aufkommen des Bildungsbürgertums insbesondere im deutschen Sprachraum sich die neue Gattung zu etablieren begann. Aufzuführen auch im kleineren Rahmen, in Salons, kleineren Sälen und vor einem nicht unbedingt adeligem oder höfischen Publikum. Und begleitet meist vom Klavier, dem inzwischen gutbürgerlichen Tasteninstrument, das in angemessener Dynamik und zu angemessenen Preisen die Begleitung, harmonische Stütze und melodische Kontrapunktik zur Gesangsstimme erlaubte.

Giorgos Kanaris · Thomas Wise Natürlich haben auch schon Joseph Haydn (17321809) und Wolfgang Amadeus Mozart (17561791) als die beiden anderen großen Wiener Klassiker Lieder komponiert, doch erst mit Beethoven gewinnt die Gattung an Rang und Format. Das (Kunst)lied im engeren Sinne blieb lange auf den deutschen Sprachraum beschränkt, weshalb Franzosen und Engländer „Lied“ als Begriff entlehnten. Als Beethoven seinen Zyklus in Angriff nahm, da hatte er acht seiner neun Symphonien bereits vollendet, desgleichen seine fünf Klavierkonzerte, sein Violinkonzert und 27 seiner 32 Klaviersonaten. Der ertaubende und zunehmend vereinsamende, Zeit seines Lebens unverheiratet bleibende Komponist lieferte der romantischen Küchenpsychologie natürlich mit dem Titel „An die ferne Geliebte“ eine Steilvorlage, im Liebesleben des Genies nach Adressatinnen zu suchen. Ähnlich wie bei dem unkuvertierten, unadressierten und nur halb datierten, zehnseitigen Brief an seine „Unsterbliche Geliebte“, den sein Freund Karl Holz einen Tag nach Beethovens Tod im Geheimfach von dessen Kleiderschrank fand. Doch anders als bei dem mysteriösen Schriftstück sind die Umstände des von Opus 98 recht klar. Vollendet im April 1816 liegt das Autograph im Bonner Beethovenhaus.

Der Komponist widmete das Werk seinem langjährigen Gönner Fürst Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz (1772-1816). Dessen geliebte Frau, Fürstin Maria Karoline von Schwarzenberg, war am 24. Januar 1816 in Prag im Alter von 40 Jahren verstorben, was den Gatten in einen „schräcklichen Zustande ganz wie vernichtet“ versetzte. Weil der Fürst auch selber ein leidlicher Musiker und Sänger war, geht die Musikforschung inzwischen recht einmütig davon aus, dass der Hochadelige das Werk selber als eine Art Requiem in Auftrag gab und auch die Texte für die sechs Lieder bei Alois Isidor Jeitteles (1794 1858) geordert hatte. Fürst Lobkowitz überlebte seine Frau nur knapp ein Jahr und segnete am 15. Dezember 1816 gleichfalls das Zeitliche. Beethoven aber, in den Jahren 1814/1815 trotz einiger erfolgreicher „Gebrauchsmusiken“ wie „Wellingtons Sieg“ in finanziellen, psychischen und künstlerischen Schwierigkeiten – am 25. Januar 1815 gab der schon extrem Schwerhörige sein letztes Konzert als Pianist –, konnte sich noch einmal über das Schicksal erheben. Mit Opus 98 beginnt das grandiose Spätwerk. Als Spätestwerk könnte man dagegen den

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Songs of Yearning DEUTSCH

Ludwig van Beethoven: An die ferne Geliebte Op. 98 Franz Schubert: Schwanengesang D 957 Wo immer im Bereich der Kunst eine Definition im Sinne von Abgrenzung versucht wird, wird die Abgrenzung selber zur Kunst, manchmal sogar künstlich. Die Musik bildet da keine Ausnahme, und die musikalische Gattung des Kunstliedes erst recht nicht. Definition im Sinne von Einschließen macht die Sache einfacher. Ohne Frage zählen die beiden Liederzyklen auf dieser CD als Kunstlieder. Ludwig van Beethoven (1770-1827) schrieb sein Opus 98 im Jahre 1816, die Musikwissenschaft bezeichnet „An die ferne Geliebte“ meist als ersten Liederzyklus überhaupt. Franz Schubert (1897-1828) schrieb seinen „Schwanengesang“ in seinem Todesjahr 1828, die Lieder wurden erst postum als Sammlung. Interessant ist nun, dass die Bezeichnung Kunstlied erst einige Zeit nach dem Tode der beiden Komponisten vom Musikschriftsteller, Kapellmeister und Komponisten Carl Koßmaly (1812-1893) im Jahr 1841 eingeführt wurde. In Abgrenzung zu Volks-

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lied und Kirchenlied. Diese beiden haben eine bis weit in die Vorgeschichte reichende Tradition, als Texte und Melodien nur mündlich weitergegeben wurden. Die Anfänge des Kunstliedes als von einem namentlich bekannten Komponisten vertonte Lyrik eines namentlich bekannten Textdichters reichen wohl bis zur Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert zurück, wo auch die Ursprünge der neuzeitlichen, westeuropäischen Oper zu suchen sind. Aber natürlich reichen die Wurzeln tiefer, man denke nur an die Minnelieder des hohen Mittelalters. Musikgeschichtlich und musiksoziologisch musste das lang als „minderwertig“ behandelte Lied indes in der Neuzeit eine Art Emanzipationsprozess durchmachen, bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit dem Aufkommen des Bildungsbürgertums insbesondere im deutschen Sprachraum sich die neue Gattung zu etablieren begann. Aufzuführen auch im kleineren Rahmen, in Salons, kleineren Sälen und vor einem nicht unbedingt adeligem oder höfischen Publikum. Und begleitet meist vom Klavier, dem inzwischen gutbürgerlichen Tasteninstrument, das in angemessener Dynamik und zu angemessenen Preisen die Begleitung, harmonische Stütze und melodische Kontrapunktik zur Gesangsstimme erlaubte.

Giorgos Kanaris · Thomas Wise Natürlich haben auch schon Joseph Haydn (17321809) und Wolfgang Amadeus Mozart (17561791) als die beiden anderen großen Wiener Klassiker Lieder komponiert, doch erst mit Beethoven gewinnt die Gattung an Rang und Format. Das (Kunst)lied im engeren Sinne blieb lange auf den deutschen Sprachraum beschränkt, weshalb Franzosen und Engländer „Lied“ als Begriff entlehnten. Als Beethoven seinen Zyklus in Angriff nahm, da hatte er acht seiner neun Symphonien bereits vollendet, desgleichen seine fünf Klavierkonzerte, sein Violinkonzert und 27 seiner 32 Klaviersonaten. Der ertaubende und zunehmend vereinsamende, Zeit seines Lebens unverheiratet bleibende Komponist lieferte der romantischen Küchenpsychologie natürlich mit dem Titel „An die ferne Geliebte“ eine Steilvorlage, im Liebesleben des Genies nach Adressatinnen zu suchen. Ähnlich wie bei dem unkuvertierten, unadressierten und nur halb datierten, zehnseitigen Brief an seine „Unsterbliche Geliebte“, den sein Freund Karl Holz einen Tag nach Beethovens Tod im Geheimfach von dessen Kleiderschrank fand. Doch anders als bei dem mysteriösen Schriftstück sind die Umstände des von Opus 98 recht klar. Vollendet im April 1816 liegt das Autograph im Bonner Beethovenhaus.

Der Komponist widmete das Werk seinem langjährigen Gönner Fürst Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz (1772-1816). Dessen geliebte Frau, Fürstin Maria Karoline von Schwarzenberg, war am 24. Januar 1816 in Prag im Alter von 40 Jahren verstorben, was den Gatten in einen „schräcklichen Zustande ganz wie vernichtet“ versetzte. Weil der Fürst auch selber ein leidlicher Musiker und Sänger war, geht die Musikforschung inzwischen recht einmütig davon aus, dass der Hochadelige das Werk selber als eine Art Requiem in Auftrag gab und auch die Texte für die sechs Lieder bei Alois Isidor Jeitteles (1794 1858) geordert hatte. Fürst Lobkowitz überlebte seine Frau nur knapp ein Jahr und segnete am 15. Dezember 1816 gleichfalls das Zeitliche. Beethoven aber, in den Jahren 1814/1815 trotz einiger erfolgreicher „Gebrauchsmusiken“ wie „Wellingtons Sieg“ in finanziellen, psychischen und künstlerischen Schwierigkeiten – am 25. Januar 1815 gab der schon extrem Schwerhörige sein letztes Konzert als Pianist –, konnte sich noch einmal über das Schicksal erheben. Mit Opus 98 beginnt das grandiose Spätwerk. Als Spätestwerk könnte man dagegen den

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Songs of Yearning „Schwanengesang“ von Franz Schubert bezeichnen, den der Musikwissenschaftler Otto Erich Deutsch (1883-1967) in seinem gleichnamigen chronologischen Verzeichnis der Werke Schuberts die Nummer D 957 gab. Doch im Gegensatz zu den expliziten Zyklen „Die schöne Müllerin“ (D. 975) oder „Die Winterreise“ (D. 911) stellt der „Schwanengesang“ – allgemein die romantisch überhöhte Bezeichnung für das letzte Werk eines (Ton)künstlers – keinen Zyklus, eher eine Sammlung dar. Schubert komponierte sieben Texte von Ludwig Rellstab (1799-1860), sechs von Heinrich Heine (1797-1856) und dazu die „Taubenpost“ von Johann Gabriel Seidl (1804-1875) mehr oder weniger am Stück zwischen August und Oktober 1828. Obwohl Schubert die Heine-Lieder vergeblich auch dem Verleger Heinrich Albert Probst (1791-1846) angeboten und wohl nicht zur gemeinsamen Publikation mit den anderen Liedern vorgesehen hatte, fasste Tobias Haslinger (17871842), Inhaber des Musikverlages Steiner die Kompositionen zusammen. Die „Taubenpost“, Schuberts höchstwahrscheinlich letztes Lied passte dabei einigermaßen klammernd als Schlusslied zum Auftakt „Liebesbotschaft“. Und der zusammenfassende Titel „Schwanengesang“, im März 1829 nach Schuberts Tod der Erstausgabe aufgedruckt, erwies sich als verkaufsfördernd und haltbar.

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Die immense Popularität verdankt der „Schwanengesang“ vor allem dem „Ständchen“, dem Rellstab mit „Leise flehen meine Lieder“ ein charakteristisches Incipit mitgab. Das allerdings die spätere Romantik und Interpreten bis ins 20. Jahrhundert zum Anlass nahmen, eine geschwollen, übertrieben innige Lesart hineinzulegen. Die auch mit der völlig verzerrt dargestellten Person Schubert zusammenhing, der mit am meisten unter dem unwissenschaftlich-verklärenden Tradition des 19. Jahrhundert gelitten hat. Heute haben sich Forschung und Interpreten wieder weitgehend angenähert. Ein nur auf biedermeierliche Gemütlichkeit oder nur auf tragischsyphilitischen Wahn reduzierter Schubert ist inzwischen genauso obsolet wie ein schwülstig-aufgedonnerter oder brachial verkarsteter Sangesstil. Es liegt eben unendliche Schönheit – froh wie traurig – in dieser Musik, es sind eben grenzenlose Kunst-Lieder. Lothar Brandt

Giorgos Kanaris · Thomas Wise

Giorgos Kanaris wurde in Griechenland geboren. Seine ersten musikalischen Schritte erhielt er im Knabenchor seiner Heimatstadt sowie im Ensemble “Familie Kanaris”, unter der Leitung seines Vaters, Dimitrios Kanaris. Er studierte Gesang u.a. bei Josef Metternich in München und besuchte Kurse bei Helmuth Rilling, Thomas Quasthoff in Stuttgart und die Meisterklasse bei Daphne Evangelatos an der Musikhochschule München. 2005 erhielt er beim Grand Prix Maria Callas die Sonderehrung in der Kategorie Oratorium/Lied und wurde für verschiedene Konzerte mit Helmuth Rilling verpflichtet. In der Münchner Philharmonie und am Opernhaus Kairo trat er in Orffs CARMINA BURANA auf. Weitere Gastengagements führten ihn u.a. nach Athen, ans Prinzregententheater München, in das Markgräfliche Opernhaus Bayreuth und zur Ruhr Triennale.

Seit 2009 ist Giorgos Kanaris festes Ensemblemitglied an der Oper Bonn. Als Massimo gab er dort sein Debüt in Händels EZIO. Er war u. a als Guglielmo in Mozarts COSI FAN TUTTE, Figaro in Rossinis BARBIER VON SEVILLA und Sharpless in Puccinis MADAMA BUTTERFLY, Marcello in Puccinis LA BOHEME und Enrico in Donizettis LUCIA DI LAMMERMOOR, DON GIOVANNI und Papageno in Mozarts ZAUBERFLÖTE, Graf in Mozarts FIGAROS HOCHZEIT sowie Peter in Humperdincks HÄNSEL & GRETEL zu erleben. Giorgos Kanaris ist Preisträger des Schloss Laubach Wettbewerbs 2009. 2010 erhielt er den Preis der “Opernfreunde Bonn”, der alle zwei Jahre vergeben wird. Er ist auch Stipendiat des Richard Wagner Verbandes für 2011. Außer dem Operngesang ist Giorgos Kanaris auch im Liedbereich tätig. Zusammen mit dem Dirigenten und Pianisten Thomas Wise hat er zahlreiche Liederabende mit Werken, wie Schumanns DICHTERLIEBE und LIEDERKREIS, Schuberts SCHWANENGESANG, WINTERREISE und DIE SCHÖNE MÜLLERIN, Ravels DON QUIXOTTE, sowie Lieder von R. Strauss und Pfitzner gestaltet.

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Songs of Yearning „Schwanengesang“ von Franz Schubert bezeichnen, den der Musikwissenschaftler Otto Erich Deutsch (1883-1967) in seinem gleichnamigen chronologischen Verzeichnis der Werke Schuberts die Nummer D 957 gab. Doch im Gegensatz zu den expliziten Zyklen „Die schöne Müllerin“ (D. 975) oder „Die Winterreise“ (D. 911) stellt der „Schwanengesang“ – allgemein die romantisch überhöhte Bezeichnung für das letzte Werk eines (Ton)künstlers – keinen Zyklus, eher eine Sammlung dar. Schubert komponierte sieben Texte von Ludwig Rellstab (1799-1860), sechs von Heinrich Heine (1797-1856) und dazu die „Taubenpost“ von Johann Gabriel Seidl (1804-1875) mehr oder weniger am Stück zwischen August und Oktober 1828. Obwohl Schubert die Heine-Lieder vergeblich auch dem Verleger Heinrich Albert Probst (1791-1846) angeboten und wohl nicht zur gemeinsamen Publikation mit den anderen Liedern vorgesehen hatte, fasste Tobias Haslinger (17871842), Inhaber des Musikverlages Steiner die Kompositionen zusammen. Die „Taubenpost“, Schuberts höchstwahrscheinlich letztes Lied passte dabei einigermaßen klammernd als Schlusslied zum Auftakt „Liebesbotschaft“. Und der zusammenfassende Titel „Schwanengesang“, im März 1829 nach Schuberts Tod der Erstausgabe aufgedruckt, erwies sich als verkaufsfördernd und haltbar.

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Die immense Popularität verdankt der „Schwanengesang“ vor allem dem „Ständchen“, dem Rellstab mit „Leise flehen meine Lieder“ ein charakteristisches Incipit mitgab. Das allerdings die spätere Romantik und Interpreten bis ins 20. Jahrhundert zum Anlass nahmen, eine geschwollen, übertrieben innige Lesart hineinzulegen. Die auch mit der völlig verzerrt dargestellten Person Schubert zusammenhing, der mit am meisten unter dem unwissenschaftlich-verklärenden Tradition des 19. Jahrhundert gelitten hat. Heute haben sich Forschung und Interpreten wieder weitgehend angenähert. Ein nur auf biedermeierliche Gemütlichkeit oder nur auf tragischsyphilitischen Wahn reduzierter Schubert ist inzwischen genauso obsolet wie ein schwülstig-aufgedonnerter oder brachial verkarsteter Sangesstil. Es liegt eben unendliche Schönheit – froh wie traurig – in dieser Musik, es sind eben grenzenlose Kunst-Lieder. Lothar Brandt

Giorgos Kanaris · Thomas Wise

Giorgos Kanaris wurde in Griechenland geboren. Seine ersten musikalischen Schritte erhielt er im Knabenchor seiner Heimatstadt sowie im Ensemble “Familie Kanaris”, unter der Leitung seines Vaters, Dimitrios Kanaris. Er studierte Gesang u.a. bei Josef Metternich in München und besuchte Kurse bei Helmuth Rilling, Thomas Quasthoff in Stuttgart und die Meisterklasse bei Daphne Evangelatos an der Musikhochschule München. 2005 erhielt er beim Grand Prix Maria Callas die Sonderehrung in der Kategorie Oratorium/Lied und wurde für verschiedene Konzerte mit Helmuth Rilling verpflichtet. In der Münchner Philharmonie und am Opernhaus Kairo trat er in Orffs CARMINA BURANA auf. Weitere Gastengagements führten ihn u.a. nach Athen, ans Prinzregententheater München, in das Markgräfliche Opernhaus Bayreuth und zur Ruhr Triennale.

Seit 2009 ist Giorgos Kanaris festes Ensemblemitglied an der Oper Bonn. Als Massimo gab er dort sein Debüt in Händels EZIO. Er war u. a als Guglielmo in Mozarts COSI FAN TUTTE, Figaro in Rossinis BARBIER VON SEVILLA und Sharpless in Puccinis MADAMA BUTTERFLY, Marcello in Puccinis LA BOHEME und Enrico in Donizettis LUCIA DI LAMMERMOOR, DON GIOVANNI und Papageno in Mozarts ZAUBERFLÖTE, Graf in Mozarts FIGAROS HOCHZEIT sowie Peter in Humperdincks HÄNSEL & GRETEL zu erleben. Giorgos Kanaris ist Preisträger des Schloss Laubach Wettbewerbs 2009. 2010 erhielt er den Preis der “Opernfreunde Bonn”, der alle zwei Jahre vergeben wird. Er ist auch Stipendiat des Richard Wagner Verbandes für 2011. Außer dem Operngesang ist Giorgos Kanaris auch im Liedbereich tätig. Zusammen mit dem Dirigenten und Pianisten Thomas Wise hat er zahlreiche Liederabende mit Werken, wie Schumanns DICHTERLIEBE und LIEDERKREIS, Schuberts SCHWANENGESANG, WINTERREISE und DIE SCHÖNE MÜLLERIN, Ravels DON QUIXOTTE, sowie Lieder von R. Strauss und Pfitzner gestaltet.

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großen Liederzyklen von Schubert und Schumann aufgeführt. Kammermusik-Projekte verbinden ihn mit der Geigerin Sylvie Kraus (Beethoven-SonatenZyklus) sowie zu dem Geiger Werner von Schnitzler und dem Schnitzler Quartett.

Thomas Wise stammt aus Michigan, USA. Nach seiner Ausbildung an der dortigen Interlochen Arts Academy studierte er Klavier bei dem Bartók – Schüler György Sándor an der New Yorker Juilliard School. Ein Fulbright Fellowship brachte ihn 1990 zu Prof. Aloys Kontarsky an die Kölner Musikhochschule. Weiterhin war er Schüler von Peter Feuchtwanger in London. Thomas Wise war Solorepetitor an der Hamburgischen Staatsoper. Am Theater Bonn war als Dirigent und Studienleiter verpflichtet, wo er ein breites Opernrepertoire erarbeitet und dirigiert hat. Als Lied- und Kammermusikpartner ist Thomas Wise mit namhaften Künstlern wie Aris Argiris, Christoph Genz oder John-Edward Kelly aufgetreten. Als langjähriger Begleiter von dem griechischen Bariton Giorgos Kanaris, hat er die

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Unter dem Namen FORSTER:WISE BEAUX ARTS gestaltet Thomas Wise multi-mediale Klavierabende gemeinsam mit dem Bildhauer und Kunsthistoriker Ulrich Forster. Konzertverpflichtungen führten den Künstler unter anderem in die Kölner Philharmonie, den Palau de la Música in Barcelona, die New Yorker Carnegie Recital Hall sowie nach London in die Royal Albert Hall.

Giorgos Kanaris · Thomas Wise Ludwig van Beethoven: An die ferne Geliebte Op. 98 Franz Schubert: Schwanengesang D 957 Whenever a definition is made in an attempt to distinguish one artistic concept from others, such delineation becomes an art in itself and is sometimes artificial. Music, let alone the musical genre of the art-song, is no exception. Catch-all headings make matters easier. The two song cycles on this CD certainly qualify as artsongs. Ludwig van Beethoven (1770–1827) wrote his opus 98 in 1816; musicologists commonly describe An die ferne Geliebte (to the distant beloved) as the first ever song cycle. Franz Schubert (1797–1828) wrote his Schwanengesang (swan song) in 1828, the year of his death; the songs were posthumously made into a collection. What is interesting is that the term art-song was introduced by the music commentator, director and composer Carl Kossmaly (1812–1893) in 1841, some time after both composers died. The term was intended to distinguish these works from folk songs and hymns, two genres that have traditions stretching far back into prehistory, to a time

when texts and melodies were simply passed on by word of mouth. The origins of the art-song, understood as a named composer’s musical setting of a named writer’s text, stretch back at least to the end of the 16th and start of the 17th century, the period in which the new age of western European opera has its roots. The roots of the art-song tradition lie even deeper, though; take, for example, the Minnesang (German love songs) of the high mediaeval period.

ENGLISH

Songs of Yearning

In terms of its musicological and sociological development, the Lied, having long been considered “inferior”, underwent a kind of emancipation process throughout the early modern period up until the start of the 19th century, when the emergence of the educated middle-class, particularly in the German-speaking world, allowed the new genre to take root. Such songs were performed at small venues too: in salons, small halls and before audiences that were not necessarily aristocratic or courtly. Dynamically versatile and affordable, the piano was now a common keyboard instrument and was often used to accompany the vocalist with supportive harmonies and melodic counterpoint. Of course, the two other great composers of the

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großen Liederzyklen von Schubert und Schumann aufgeführt. Kammermusik-Projekte verbinden ihn mit der Geigerin Sylvie Kraus (Beethoven-SonatenZyklus) sowie zu dem Geiger Werner von Schnitzler und dem Schnitzler Quartett.

Thomas Wise stammt aus Michigan, USA. Nach seiner Ausbildung an der dortigen Interlochen Arts Academy studierte er Klavier bei dem Bartók – Schüler György Sándor an der New Yorker Juilliard School. Ein Fulbright Fellowship brachte ihn 1990 zu Prof. Aloys Kontarsky an die Kölner Musikhochschule. Weiterhin war er Schüler von Peter Feuchtwanger in London. Thomas Wise war Solorepetitor an der Hamburgischen Staatsoper. Am Theater Bonn war als Dirigent und Studienleiter verpflichtet, wo er ein breites Opernrepertoire erarbeitet und dirigiert hat. Als Lied- und Kammermusikpartner ist Thomas Wise mit namhaften Künstlern wie Aris Argiris, Christoph Genz oder John-Edward Kelly aufgetreten. Als langjähriger Begleiter von dem griechischen Bariton Giorgos Kanaris, hat er die

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Unter dem Namen FORSTER:WISE BEAUX ARTS gestaltet Thomas Wise multi-mediale Klavierabende gemeinsam mit dem Bildhauer und Kunsthistoriker Ulrich Forster. Konzertverpflichtungen führten den Künstler unter anderem in die Kölner Philharmonie, den Palau de la Música in Barcelona, die New Yorker Carnegie Recital Hall sowie nach London in die Royal Albert Hall.

Giorgos Kanaris · Thomas Wise Ludwig van Beethoven: An die ferne Geliebte Op. 98 Franz Schubert: Schwanengesang D 957 Whenever a definition is made in an attempt to distinguish one artistic concept from others, such delineation becomes an art in itself and is sometimes artificial. Music, let alone the musical genre of the art-song, is no exception. Catch-all headings make matters easier. The two song cycles on this CD certainly qualify as artsongs. Ludwig van Beethoven (1770–1827) wrote his opus 98 in 1816; musicologists commonly describe An die ferne Geliebte (to the distant beloved) as the first ever song cycle. Franz Schubert (1797–1828) wrote his Schwanengesang (swan song) in 1828, the year of his death; the songs were posthumously made into a collection. What is interesting is that the term art-song was introduced by the music commentator, director and composer Carl Kossmaly (1812–1893) in 1841, some time after both composers died. The term was intended to distinguish these works from folk songs and hymns, two genres that have traditions stretching far back into prehistory, to a time

when texts and melodies were simply passed on by word of mouth. The origins of the art-song, understood as a named composer’s musical setting of a named writer’s text, stretch back at least to the end of the 16th and start of the 17th century, the period in which the new age of western European opera has its roots. The roots of the art-song tradition lie even deeper, though; take, for example, the Minnesang (German love songs) of the high mediaeval period.

ENGLISH

Songs of Yearning

In terms of its musicological and sociological development, the Lied, having long been considered “inferior”, underwent a kind of emancipation process throughout the early modern period up until the start of the 19th century, when the emergence of the educated middle-class, particularly in the German-speaking world, allowed the new genre to take root. Such songs were performed at small venues too: in salons, small halls and before audiences that were not necessarily aristocratic or courtly. Dynamically versatile and affordable, the piano was now a common keyboard instrument and was often used to accompany the vocalist with supportive harmonies and melodic counterpoint. Of course, the two other great composers of the

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Songs of Yearning First Viennese School, Joseph Haydn (1732– 1809) and Wolfgang Amadeus Mozart (1756– 1791), composed songs too, but it was Beethoven who eventually brought the genre into greater prominence and represented it on a large scale. The art-song was for a long time confined to the German-speaking world, prompting the French and British to adopt the noun “Lied” in their languages. By the time Beethoven embarked on his cycle, he had completed eight of his nine symphonies as well as his five piano concertos, his violin concerto and 27 of his 32 piano sonatas. The increasingly deaf and lonely composer, who never married, named his cycle An die ferne Geliebte (to the distant beloved), a title that prompted fanciful attempts to ascertain the lover to whom the great man’s songs are addressed. Similar curiosity was aroused by the unenveloped, unaddressed and only half-dated ten-page letter to his “immortal beloved” found by his friend Karl Holz in a secret compartment of Beethoven’s wardrobe one day after his death. However, unlike this mysterious piece of writing, the circumstances surrounding opus 98 are clearly documented. Completed in April 1816, the autograph is stored at the Beethoven House in Bonn. The composer dedicated

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the work to his long-standing patron, Prince Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz (1772–1816), who had been devastated by the loss of his beloved wife Princess Maria Karoline von Schwarzenberg, who died in Prague on January 24, 1816, at 40 years of age. Since the prince was himself a fairly good musician and singer, musicologists now unanimously concur that the aristocrat commissioned the work as a kind of requiem and instructed Alois Isidor Jeitteles (1794–1858) to write the lyrics for the six songs. Prince Lobkowitz outlived his wife by less than a year and died on December 15, 1816. Despite writing some successful Gebrauchsmusik (utility music), including Wellington’s Victory, Beethoven had in 1814 to 1815 faced financial, psychological and artistic difficulties. Severely deaf, he gave his final concert as a pianist on January 25, 1815. Yet he proceeded to make one last stand against fate. Opus 98 marks the start of his brilliant late works.

Schwanengesang, by contrast, was written right at the very end of Franz Schubert’s life and was numbered as D 957 by musicologist Otto Erich Deutsch (1883–1967) in his chronological catalogue of Schubert’s works. However, unlike Die

Giorgos Kanaris · Thomas Wise schöne Müllerin (D 975) and Winterreise (D 911), which are explicitly described as cycles, his Schwanengesang (or “swan song”, a metaphorical phrase denoting an artist’s final work) is better described as a collection of songs. Schubert composed music to seven texts by Ludwig Rellstab (1799–1860), six texts by Heinrich Heine (1797– 1856) and Die Taubenpost (the pigeon post) by Johann Gabriel Seidl (1804–1875) more or less in succession between August and October 1828. Although Schubert unsuccessfully offered the Heine songs to the publisher Heinrich Albert Probst (1791–1846) and apparently did not intend them to be published together with the other songs, Tobias Haslinger (1787–1842), owner of the Steiner publishing house, compiled the compositions into a single collection. Die Taubenpost, which is most probably the last song Schubert ever wrote, was included by the editor as the final song of the collection so as to mirror, as it were, the opening song Liebesbotschaft (message of love). The collective title Schwanengesang, which appeared on the first edition in March 1829, a few months after Schubert’s death, proved to be sustainable and conducive to the sale of the music.

Schwanengesang owes much of its immense popularity to the Ständchen (serenade), characterised by Rellstab’s opening words “Leise flehen meine Lieder” (gently my songs entreat you). That said, this incipit prompted a whole string of performers from the later Romantic period through to the 20th century to give turgid, excessively intimate interpretations reflecting the totally distorted image of Schubert forged by the fanciful idealisation of the 19th century. Musicologists and performers have now for the most part reconciled their interpretations: a Schubert who is reduced to the Gemütlichkeit of the Biedermeier period or to tragically syphilitic delusion is now just as obsolete as a pretentiously overblown or emotionally drained delivery. Perfused with endless beauty, both happy and sad, these art-songs know no bounds.

Lothar Brandt Translation: J & M Berridge

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Songs of Yearning First Viennese School, Joseph Haydn (1732– 1809) and Wolfgang Amadeus Mozart (1756– 1791), composed songs too, but it was Beethoven who eventually brought the genre into greater prominence and represented it on a large scale. The art-song was for a long time confined to the German-speaking world, prompting the French and British to adopt the noun “Lied” in their languages. By the time Beethoven embarked on his cycle, he had completed eight of his nine symphonies as well as his five piano concertos, his violin concerto and 27 of his 32 piano sonatas. The increasingly deaf and lonely composer, who never married, named his cycle An die ferne Geliebte (to the distant beloved), a title that prompted fanciful attempts to ascertain the lover to whom the great man’s songs are addressed. Similar curiosity was aroused by the unenveloped, unaddressed and only half-dated ten-page letter to his “immortal beloved” found by his friend Karl Holz in a secret compartment of Beethoven’s wardrobe one day after his death. However, unlike this mysterious piece of writing, the circumstances surrounding opus 98 are clearly documented. Completed in April 1816, the autograph is stored at the Beethoven House in Bonn. The composer dedicated

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the work to his long-standing patron, Prince Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz (1772–1816), who had been devastated by the loss of his beloved wife Princess Maria Karoline von Schwarzenberg, who died in Prague on January 24, 1816, at 40 years of age. Since the prince was himself a fairly good musician and singer, musicologists now unanimously concur that the aristocrat commissioned the work as a kind of requiem and instructed Alois Isidor Jeitteles (1794–1858) to write the lyrics for the six songs. Prince Lobkowitz outlived his wife by less than a year and died on December 15, 1816. Despite writing some successful Gebrauchsmusik (utility music), including Wellington’s Victory, Beethoven had in 1814 to 1815 faced financial, psychological and artistic difficulties. Severely deaf, he gave his final concert as a pianist on January 25, 1815. Yet he proceeded to make one last stand against fate. Opus 98 marks the start of his brilliant late works.

Schwanengesang, by contrast, was written right at the very end of Franz Schubert’s life and was numbered as D 957 by musicologist Otto Erich Deutsch (1883–1967) in his chronological catalogue of Schubert’s works. However, unlike Die

Giorgos Kanaris · Thomas Wise schöne Müllerin (D 975) and Winterreise (D 911), which are explicitly described as cycles, his Schwanengesang (or “swan song”, a metaphorical phrase denoting an artist’s final work) is better described as a collection of songs. Schubert composed music to seven texts by Ludwig Rellstab (1799–1860), six texts by Heinrich Heine (1797– 1856) and Die Taubenpost (the pigeon post) by Johann Gabriel Seidl (1804–1875) more or less in succession between August and October 1828. Although Schubert unsuccessfully offered the Heine songs to the publisher Heinrich Albert Probst (1791–1846) and apparently did not intend them to be published together with the other songs, Tobias Haslinger (1787–1842), owner of the Steiner publishing house, compiled the compositions into a single collection. Die Taubenpost, which is most probably the last song Schubert ever wrote, was included by the editor as the final song of the collection so as to mirror, as it were, the opening song Liebesbotschaft (message of love). The collective title Schwanengesang, which appeared on the first edition in March 1829, a few months after Schubert’s death, proved to be sustainable and conducive to the sale of the music.

Schwanengesang owes much of its immense popularity to the Ständchen (serenade), characterised by Rellstab’s opening words “Leise flehen meine Lieder” (gently my songs entreat you). That said, this incipit prompted a whole string of performers from the later Romantic period through to the 20th century to give turgid, excessively intimate interpretations reflecting the totally distorted image of Schubert forged by the fanciful idealisation of the 19th century. Musicologists and performers have now for the most part reconciled their interpretations: a Schubert who is reduced to the Gemütlichkeit of the Biedermeier period or to tragically syphilitic delusion is now just as obsolete as a pretentiously overblown or emotionally drained delivery. Perfused with endless beauty, both happy and sad, these art-songs know no bounds.

Lothar Brandt Translation: J & M Berridge

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Songs of Yearning

Giorgos Kanaris was born in Greece. He took his first musical steps in the boys’ choir of his hometown and in the Kanaris family ensemble, which was directed by his father Dimitrios Kanaris. He studied singing with such teachers as Josef Metternich in Munich and attended courses given by Helmuth Rilling and Thomas Quasthoff in Stuttgart and master classes given by Daphne Evangelatos at the Munich College of Music. He won the special award in the oratorio/song category of the Maria Callas Grand Prix in 2005 and he has been engaged in various concerts conducted by Helmuth Rilling. He has performed in Orff’s Carmina Burana at the Philharmonie im Gasteig in Munich and Cairo Opera House. Further invitations have notably taken him to Athens, the Prince Regent Theatre of Munich, the Margravial Opera House of Bayreuth and the Ruhr Triennial arts festival.

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Giorgos Kanaris has been a regular member of the Bonn Opera since 2009. He made his debut there as Massimo in Handel’s Ezio. He has also played the part of Guglielmo in Mozart’s Così fan tutte, Figaro in Rossini’s The Barber of Seville, Sharpless in Puccini’s Madama Butterfly, Marcello in Puccini’s La bohème, Enrico in Donizetti’s Lucia di Lammermoor, the title role of Mozart’s Don Giovanni, Papageno in Mozart’s The Magic Flute, the Count in Mozart’s The Marriage of Figaro and Peter in Humperdinck’s Hansel and Gretel. Giorgos Kanaris was among the prize-winners at the Schloss Laubach Contest in 2009. In 2010 he won the prize of the “Friends of Bonn Opera”, which is awarded every two years. He received a scholarship from the Richard Wagner Society in 2011. Giorgos Kanaris is a recitalist as well as an opera singer. Together with the conductor and pianist Thomas Wise he has given numerous recitals with works including Schumann’s Dichterliebe and Liederkreis, Schubert’s Schwanengesang, Winterreise and Die schöne Müllerin, Ravel’s Don Quichotte à Dulcinée and songs by Richard Strauss and Hans Pfitzner.

Giorgos Kanaris · Thomas Wise cycles of Schubert and Schumann. Chamber music projects include the complete Beethoven Sonatas with the violinist Sylvie Kraus as well as Piano Quintet concerts with the Schnitzler Quartett.

Thomas Wise was born in Michigan, USA, where he was educated at the Interlochen Arts Academy. He received Bachelor and Master of Music degrees from the Juilliard School, where he studied with Bartók-pupil György Sándor. A Fulbright Fellowship brought him to Cologne in 1990, where he studied with Aloys Kontarsky. He later worked intensively with Peter Feuchtwanger in London.

Concert engagements have brought Thomas Wise to Carnegie Recital Hall in New York, the Philharmonie of Cologne, the Palau de la Música in Barcelona and to London´s Royal Albert Hall, among others.

Thomas Wise was engaged as a vocal coach at the Hamburg State Opera and as conductor and Head of Music at the opera of Bonn, where he conducted a wide repertoire of operas. As a Lieder and chamber music partner he has collaborated with artists such as Aris Argiris, Christoph Genz, or John-Edward Kelly. As a regular accompanist of the greek baritone Giorgos Kanaris he has performed the major song

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Songs of Yearning

Giorgos Kanaris was born in Greece. He took his first musical steps in the boys’ choir of his hometown and in the Kanaris family ensemble, which was directed by his father Dimitrios Kanaris. He studied singing with such teachers as Josef Metternich in Munich and attended courses given by Helmuth Rilling and Thomas Quasthoff in Stuttgart and master classes given by Daphne Evangelatos at the Munich College of Music. He won the special award in the oratorio/song category of the Maria Callas Grand Prix in 2005 and he has been engaged in various concerts conducted by Helmuth Rilling. He has performed in Orff’s Carmina Burana at the Philharmonie im Gasteig in Munich and Cairo Opera House. Further invitations have notably taken him to Athens, the Prince Regent Theatre of Munich, the Margravial Opera House of Bayreuth and the Ruhr Triennial arts festival.

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Giorgos Kanaris has been a regular member of the Bonn Opera since 2009. He made his debut there as Massimo in Handel’s Ezio. He has also played the part of Guglielmo in Mozart’s Così fan tutte, Figaro in Rossini’s The Barber of Seville, Sharpless in Puccini’s Madama Butterfly, Marcello in Puccini’s La bohème, Enrico in Donizetti’s Lucia di Lammermoor, the title role of Mozart’s Don Giovanni, Papageno in Mozart’s The Magic Flute, the Count in Mozart’s The Marriage of Figaro and Peter in Humperdinck’s Hansel and Gretel. Giorgos Kanaris was among the prize-winners at the Schloss Laubach Contest in 2009. In 2010 he won the prize of the “Friends of Bonn Opera”, which is awarded every two years. He received a scholarship from the Richard Wagner Society in 2011. Giorgos Kanaris is a recitalist as well as an opera singer. Together with the conductor and pianist Thomas Wise he has given numerous recitals with works including Schumann’s Dichterliebe and Liederkreis, Schubert’s Schwanengesang, Winterreise and Die schöne Müllerin, Ravel’s Don Quichotte à Dulcinée and songs by Richard Strauss and Hans Pfitzner.

Giorgos Kanaris · Thomas Wise cycles of Schubert and Schumann. Chamber music projects include the complete Beethoven Sonatas with the violinist Sylvie Kraus as well as Piano Quintet concerts with the Schnitzler Quartett.

Thomas Wise was born in Michigan, USA, where he was educated at the Interlochen Arts Academy. He received Bachelor and Master of Music degrees from the Juilliard School, where he studied with Bartók-pupil György Sándor. A Fulbright Fellowship brought him to Cologne in 1990, where he studied with Aloys Kontarsky. He later worked intensively with Peter Feuchtwanger in London.

Concert engagements have brought Thomas Wise to Carnegie Recital Hall in New York, the Philharmonie of Cologne, the Palau de la Música in Barcelona and to London´s Royal Albert Hall, among others.

Thomas Wise was engaged as a vocal coach at the Hamburg State Opera and as conductor and Head of Music at the opera of Bonn, where he conducted a wide repertoire of operas. As a Lieder and chamber music partner he has collaborated with artists such as Aris Argiris, Christoph Genz, or John-Edward Kelly. As a regular accompanist of the greek baritone Giorgos Kanaris he has performed the major song

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Songs of Yearning An die ferne Geliebte (Text: Alois Jeitteles, 1794-1858) 1. Auf dem Hügel sitz ich spähend Auf dem Hügel sitz ich spähend In das blaue Nebelland, Nach den fernen Triften sehend, Wo ich dich, Geliebte, fand. Weit bin ich von dir geschieden, Trennend liegen Berg und Tal Zwischen uns und unserm Frieden, Unserm Glück und unsrer Qual. Ach, den Blick kannst du nicht sehen, Der zu dir so glühend eilt, Und die Seufzer, sie verwehen In dem Raume, der uns theilt Will denn nichts mehr zu dir dringen, Nichts der Liebe Bote sein? Singen will ich, Lieder singen, Die dir klagen meine Pein! Denn vor Liebesklang entweichet Jeder Raum und jede Zeit, Und ein liebend Herz erreichet Was ein liebend Herz geweiht!

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2. Wo die Berge so blau

Wo die Berge so blau Aus dem nebligen Grau Schauen herein, Wo die Sonne verglüht, Wo die Wolke umzieht, Möchte ich sein! Dort im ruhigen Tal Schweigen Schmerzen und Qual Wo im Gestein Still die Primel dort sinnt, Weht so leise der Wind, Möchte ich sein! Hin zum sinnigen Wald Drängt mich Liebesgewalt, Innere Pein Ach, mich zög's nicht von hier, Könnt ich, Traute, bei dir Ewiglich sein! 3. Leichte Segler in den Höhen Leichte Segler in den Höhen, Und du, Bächlein klein und schmal, Könnt mein Liebchen ihr erspähen, Grüßt sie mir viel tausendmal.

Giorgos Kanaris · Thomas Wise Seht ihr, Wolken, sie dann gehen Sinnend in dem stillen Tal, Laßt mein Bild vor ihr entstehen In dem luft'gen Himmelssaal.

Hin zu dir von jenen Hügeln Emsig dieses Bächlein eilt. Wird ihr Bild sich in dir spiegeln, Fließ zurück dann unverweilt!

Wird sie an den Büschen stehen Die nun herbstlich falb und kahl. Klagt ihr, wie mir ist geschehen, Klagt ihr, Vöglein, meine Qual.

5. Es kehret der Maien, es blühet die Au

Stille Weste, bringt im Wehen Hin zu meiner Herzenswahl Meine Seufzer, die vergehen Wie der Sonne letzter Strahl. Flüstr' ihr zu mein Liebesflehen, Laß sie, Bächlein klein und schmal, Treu in deinen Wogen sehen Meine Tränen ohne Zahl! 4. Diese Wolken in den Höhen Diese Wolken in den Höhen, Dieser Vöglein muntrer Zug, Werden dich, o Huldin, sehen. Nehmt mich mit im leichten Flug! Diese Weste werden spielen Scherzend dir um Wang' und Brust, In den seidnen Locken wühlen. Teilt ich mit euch diese Lust!

Es kehret der Maien, es blühet die Au, Die Lüfte, sie wehen so milde, so lau, Geschwätzig die Bäche nun rinnen. Die Schwalbe, die kehret zum wirtlichen Dach, Sie baut sich so emsig ihr bräutlich Gemach, Die Liebe soll wohnen da drinnen. Sie bringt sich geschäftig von kreuz und von quer Manch weicheres Stück zu dem Brautbett hierher, Manch wärmendes Stück für die Kleinen Nun wohnen die Gatten beisammen so treu, Was Winter geschieden, verband nun der Mai, Was liebet, das weiß er zu einen. Es kehret der Maien, es blühet die Au. Die Lüfte, sie wehen so milde, so lau. Nur ich kann nicht ziehen von hinnen. Wenn alles, was liebet, der Frühling vereint, Nur unserer Liebe kein Frühling erscheint, Und Tränen sind all ihr Gewinnen.

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Songs of Yearning An die ferne Geliebte (Text: Alois Jeitteles, 1794-1858) 1. Auf dem Hügel sitz ich spähend Auf dem Hügel sitz ich spähend In das blaue Nebelland, Nach den fernen Triften sehend, Wo ich dich, Geliebte, fand. Weit bin ich von dir geschieden, Trennend liegen Berg und Tal Zwischen uns und unserm Frieden, Unserm Glück und unsrer Qual. Ach, den Blick kannst du nicht sehen, Der zu dir so glühend eilt, Und die Seufzer, sie verwehen In dem Raume, der uns theilt Will denn nichts mehr zu dir dringen, Nichts der Liebe Bote sein? Singen will ich, Lieder singen, Die dir klagen meine Pein! Denn vor Liebesklang entweichet Jeder Raum und jede Zeit, Und ein liebend Herz erreichet Was ein liebend Herz geweiht!

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2. Wo die Berge so blau

Wo die Berge so blau Aus dem nebligen Grau Schauen herein, Wo die Sonne verglüht, Wo die Wolke umzieht, Möchte ich sein! Dort im ruhigen Tal Schweigen Schmerzen und Qual Wo im Gestein Still die Primel dort sinnt, Weht so leise der Wind, Möchte ich sein! Hin zum sinnigen Wald Drängt mich Liebesgewalt, Innere Pein Ach, mich zög's nicht von hier, Könnt ich, Traute, bei dir Ewiglich sein! 3. Leichte Segler in den Höhen Leichte Segler in den Höhen, Und du, Bächlein klein und schmal, Könnt mein Liebchen ihr erspähen, Grüßt sie mir viel tausendmal.

Giorgos Kanaris · Thomas Wise Seht ihr, Wolken, sie dann gehen Sinnend in dem stillen Tal, Laßt mein Bild vor ihr entstehen In dem luft'gen Himmelssaal.

Hin zu dir von jenen Hügeln Emsig dieses Bächlein eilt. Wird ihr Bild sich in dir spiegeln, Fließ zurück dann unverweilt!

Wird sie an den Büschen stehen Die nun herbstlich falb und kahl. Klagt ihr, wie mir ist geschehen, Klagt ihr, Vöglein, meine Qual.

5. Es kehret der Maien, es blühet die Au

Stille Weste, bringt im Wehen Hin zu meiner Herzenswahl Meine Seufzer, die vergehen Wie der Sonne letzter Strahl. Flüstr' ihr zu mein Liebesflehen, Laß sie, Bächlein klein und schmal, Treu in deinen Wogen sehen Meine Tränen ohne Zahl! 4. Diese Wolken in den Höhen Diese Wolken in den Höhen, Dieser Vöglein muntrer Zug, Werden dich, o Huldin, sehen. Nehmt mich mit im leichten Flug! Diese Weste werden spielen Scherzend dir um Wang' und Brust, In den seidnen Locken wühlen. Teilt ich mit euch diese Lust!

Es kehret der Maien, es blühet die Au, Die Lüfte, sie wehen so milde, so lau, Geschwätzig die Bäche nun rinnen. Die Schwalbe, die kehret zum wirtlichen Dach, Sie baut sich so emsig ihr bräutlich Gemach, Die Liebe soll wohnen da drinnen. Sie bringt sich geschäftig von kreuz und von quer Manch weicheres Stück zu dem Brautbett hierher, Manch wärmendes Stück für die Kleinen Nun wohnen die Gatten beisammen so treu, Was Winter geschieden, verband nun der Mai, Was liebet, das weiß er zu einen. Es kehret der Maien, es blühet die Au. Die Lüfte, sie wehen so milde, so lau. Nur ich kann nicht ziehen von hinnen. Wenn alles, was liebet, der Frühling vereint, Nur unserer Liebe kein Frühling erscheint, Und Tränen sind all ihr Gewinnen.

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Songs of Yearning 6. Nimm sie hin denn, diese Lieder Nimm sie hin denn, diese Lieder, Die ich dir, Geliebte, sang, Singe sie dann abends wieder Zu der Laute süßem Klang. Wenn das Dämmrungsrot dann zieht Nach dem stillen blauen See, Und sein letzter Strahl verglühet Hinter jener Bergeshöh; Und du singst, was ich gesungen, Was mir aus der vollen Brust Ohne Kunstgepräng erklungen, Nur der Sehnsucht sich bewußt: Dann vor diesen Liedern weichet Was geschieden uns so weit, Und ein liebend Herz erreichet Was ein liebend Herz geweiht.

Franz Schubert: Schwanengesang D 957 1. Liebesbotschaft (Ludwig Rellstab, 1799-1860) Rauschendes Bächlein, So silbern und hell, Eilst zur Geliebten So munter und schnell? Ach, trautes Bächlein, Mein Bote sei du; Bringe die Grüße Des Fernen ihr zu. All ihre Blumen, Im Garten gepflegt, Die sie so lieblich Am Busen trägt, Und ihre Rosen In purpurner Glut, Bächlein, erquicke Mit kühlender Flut. Wenn sie am Ufer, In Träume versenkt, Meiner gedenkend Das Köpfchen hängt, Tröste die Süße Mit freundlichem Blick, Denn der Geliebte Kehrt bald zurück. Neigt sich die Sonne

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Giorgos Kanaris · Thomas Wise Mit rötlichem Schein, Wiege das Liebchen In Schlummer ein. Rausche sie murmelnd In süße Ruh, Flüstre ihr Träume Der Liebe zu. 2. Kriegers Ahnung (Ludwig Rellstab) In tiefer Ruh liegt um mich her Der Waffenbrüder Kreis; Mir ist das Herz so bang und schwer, Von Sehnsucht mir so heiß. Wie hab ich oft so süß geträumt An ihrem Busen warm! Wie freundlich schien des Herdes Glut, Lag sie in meinem Arm! Hier, wo der Flammen düstrer Schein Ach! nur auf Waffen spielt, Hier fühlt die Brust sich ganz allein, Der Wehmut Träne quillt. Herz! Daß der Trost dich nicht verläßt! Es ruft noch manche Schlacht. Bald ruh ich wohl und schlafe fest, Herzliebste - gute Nacht!

3. Frühlingssehnsucht (Ludwig Rellstab) Säuselnde Lüfte wehend so mild Blumiger Düfte atmend erfüllt! Wie haucht ihr mich wonnig begrüßend an! Wie habt ihr dem pochenden Herzen getan? Es möchte euch folgen auf luftiger Bahn! Wohin? Bächlein, so munter rauschend zumal, Wollen hinunter silbern ins Tal. Die schwebende Welle, dort eilt sie dahin! Tief spiegeln sich Fluren und Himmel darin. Was ziehst du mich, sehnend verlangender Sinn, Hinab? Grüßender Sonne spielendes Gold, Hoffende Wonne bringest du hold! Wie labt mich dein selig begrüßendes Bild! Es lächelt am tiefblauen Himmel so mild Und hat mir das Auge mit Tränen gefüllt! Warum? Grünend umkränzet Wälder und Höh'! Schimmernd erglänzet Blütenschnee! So dränget sich alles zum bräutlichen Licht; Es schwellen die Keime, die Knospe bricht; Sie haben gefunden, was ihnen gebricht: Und du? Rastloses Sehnen! Wünschendes Herz, Immer nur Tränen, Klage und Schmerz? Auch ich bin mir schwellender Triebe bewußt!

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Songs of Yearning 6. Nimm sie hin denn, diese Lieder Nimm sie hin denn, diese Lieder, Die ich dir, Geliebte, sang, Singe sie dann abends wieder Zu der Laute süßem Klang. Wenn das Dämmrungsrot dann zieht Nach dem stillen blauen See, Und sein letzter Strahl verglühet Hinter jener Bergeshöh; Und du singst, was ich gesungen, Was mir aus der vollen Brust Ohne Kunstgepräng erklungen, Nur der Sehnsucht sich bewußt: Dann vor diesen Liedern weichet Was geschieden uns so weit, Und ein liebend Herz erreichet Was ein liebend Herz geweiht.

Franz Schubert: Schwanengesang D 957 1. Liebesbotschaft (Ludwig Rellstab, 1799-1860) Rauschendes Bächlein, So silbern und hell, Eilst zur Geliebten So munter und schnell? Ach, trautes Bächlein, Mein Bote sei du; Bringe die Grüße Des Fernen ihr zu. All ihre Blumen, Im Garten gepflegt, Die sie so lieblich Am Busen trägt, Und ihre Rosen In purpurner Glut, Bächlein, erquicke Mit kühlender Flut. Wenn sie am Ufer, In Träume versenkt, Meiner gedenkend Das Köpfchen hängt, Tröste die Süße Mit freundlichem Blick, Denn der Geliebte Kehrt bald zurück. Neigt sich die Sonne

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Giorgos Kanaris · Thomas Wise Mit rötlichem Schein, Wiege das Liebchen In Schlummer ein. Rausche sie murmelnd In süße Ruh, Flüstre ihr Träume Der Liebe zu. 2. Kriegers Ahnung (Ludwig Rellstab) In tiefer Ruh liegt um mich her Der Waffenbrüder Kreis; Mir ist das Herz so bang und schwer, Von Sehnsucht mir so heiß. Wie hab ich oft so süß geträumt An ihrem Busen warm! Wie freundlich schien des Herdes Glut, Lag sie in meinem Arm! Hier, wo der Flammen düstrer Schein Ach! nur auf Waffen spielt, Hier fühlt die Brust sich ganz allein, Der Wehmut Träne quillt. Herz! Daß der Trost dich nicht verläßt! Es ruft noch manche Schlacht. Bald ruh ich wohl und schlafe fest, Herzliebste - gute Nacht!

3. Frühlingssehnsucht (Ludwig Rellstab) Säuselnde Lüfte wehend so mild Blumiger Düfte atmend erfüllt! Wie haucht ihr mich wonnig begrüßend an! Wie habt ihr dem pochenden Herzen getan? Es möchte euch folgen auf luftiger Bahn! Wohin? Bächlein, so munter rauschend zumal, Wollen hinunter silbern ins Tal. Die schwebende Welle, dort eilt sie dahin! Tief spiegeln sich Fluren und Himmel darin. Was ziehst du mich, sehnend verlangender Sinn, Hinab? Grüßender Sonne spielendes Gold, Hoffende Wonne bringest du hold! Wie labt mich dein selig begrüßendes Bild! Es lächelt am tiefblauen Himmel so mild Und hat mir das Auge mit Tränen gefüllt! Warum? Grünend umkränzet Wälder und Höh'! Schimmernd erglänzet Blütenschnee! So dränget sich alles zum bräutlichen Licht; Es schwellen die Keime, die Knospe bricht; Sie haben gefunden, was ihnen gebricht: Und du? Rastloses Sehnen! Wünschendes Herz, Immer nur Tränen, Klage und Schmerz? Auch ich bin mir schwellender Triebe bewußt!

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Songs of Yearning Wer stillet mir endlich die drängende Lust? Nur du befreist den Lenz in der Brust, Nur du!

Leise flehen meine Lieder Durch die Nacht zu dir; In den stillen Hain hernieder, Liebchen, komm zu mir!

Rauschender Strom, Brausender Wald, Starrender Fels Mein Aufenthalt. Wie sich die Welle An Welle reiht, Fließen die Tränen Mir ewig erneut.

Flüsternd schlanke Wipfel rauschen In des Mondes Licht; Des Verräters feindlich Lauschen Fürchte, Holde, nicht.

Hoch in den Kronen Wogend sich's regt, So unaufhörlich Mein Herze schlägt.

Hörst die Nachtigallen schlagen? Ach! sie flehen dich, Mit der Töne süßen Klagen Flehen sie für mich.

Und wie des Felsen Uraltes Erz, Ewig derselbe Bleibet mein Schmerz.

Sie verstehn des Busens Sehnen, Kennen Liebesschmerz, Rühren mit den Silbertönen Jedes weiche Herz.

6. In der Ferne (Ludwig Rellstab)

4. Ständchen (Ludwig Rellstab)

Laß auch dir die Brust bewegen, Liebchen, höre mich! Bebend harr' ich dir entgegen! Komm, beglücke mich!

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5. Aufenthalt (Ludwig Rellstab)

Wehe dem Fliehenden, Welt hinaus ziehenden! Fremde durchmessenden, Heimat vergessenden, Mutterhaus hassenden, Freunde verlassenden Folget kein Segen, ach! Auf ihren Wegen nach!

Giorgos Kanaris · Thomas Wise Herze, das sehnende, Auge, das tränende, Sehnsucht, nie endende, Heimwärts sich wendende! Busen, der wallende, Klage, verhallende, Abendstern, blinkender, Hoffnungslos sinkender!

So wird euch auch keines beim Scheiden beschert!

Lüfte, ihr säuselnden, Wellen sanft kräuselnden, Sonnenstrahl, eilender, Nirgend verweilender: Die mir mit Schmerze, ach! Dies treue Herze brach Grüßt von dem Fliehenden, Welt hinaus ziehenden!

Ade, liebe Sonne, so gehst du zur Ruh, ade! Nun schimmert der blinkenden Sterne Gold. Wie bin ich euch Sternlein am Himmel so hold; Durchziehn wir die Welt auch weit und breit, Ihr gebt überall uns das treue Geleit.

7. Abschied (Ludwig Rellstab) Ade! du muntre, du fröhliche Stadt, ade! Schon scharret mein Rößlein mit lustigen Fuß; Jetzt nimm noch den letzten, den scheidenden Gruß. Du hast mich wohl niemals noch traurig gesehn, So kann es auch jetzt nicht beim Abschied geschehn. Ade, ihr Bäume, ihr Gärten so grün, ade! Nun reit ich am silbernen Strome entlang. Weit schallend ertönet mein Abschiedsgesang; Nie habt ihr ein trauriges Lied gehört,

Ade, ihr freundlichen Mägdlein dort, ade! Was schaut ihr aus blumenumduftetem Haus Mit schelmischen, lockenden Blicken heraus? Wie sonst, so grüß ich und schaue mich um, Doch nimmer wend ich mein Rößlein um.

Ade! du schimmerndes Fensterlein hell, ade! Du glänzest so traulich mit dämmerndem Schein Und ladest so freundlich ins Hüttchen uns ein. Vorüber, ach, ritt ich so manches Mal, Und wär es denn heute zum letzten Mal? Ade, ihr Sterne, verhüllet euch grau! Ade! Des Fensterlein trübes, verschimmerndes Licht Ersetzt ihr unzähligen Sterne mir nicht, Darf ich hier nicht weilen, muß hier vorbei, Was hilft es, folgt ihr mir noch so treu! 8. Der Atlas (Heinrich Heine, 1797-1856) Ich unglücksel'ger Atlas! Eine Welt, Die ganze Welt der Schmerzen muß ich tragen,

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Songs of Yearning Wer stillet mir endlich die drängende Lust? Nur du befreist den Lenz in der Brust, Nur du!

Leise flehen meine Lieder Durch die Nacht zu dir; In den stillen Hain hernieder, Liebchen, komm zu mir!

Rauschender Strom, Brausender Wald, Starrender Fels Mein Aufenthalt. Wie sich die Welle An Welle reiht, Fließen die Tränen Mir ewig erneut.

Flüsternd schlanke Wipfel rauschen In des Mondes Licht; Des Verräters feindlich Lauschen Fürchte, Holde, nicht.

Hoch in den Kronen Wogend sich's regt, So unaufhörlich Mein Herze schlägt.

Hörst die Nachtigallen schlagen? Ach! sie flehen dich, Mit der Töne süßen Klagen Flehen sie für mich.

Und wie des Felsen Uraltes Erz, Ewig derselbe Bleibet mein Schmerz.

Sie verstehn des Busens Sehnen, Kennen Liebesschmerz, Rühren mit den Silbertönen Jedes weiche Herz.

6. In der Ferne (Ludwig Rellstab)

4. Ständchen (Ludwig Rellstab)

Laß auch dir die Brust bewegen, Liebchen, höre mich! Bebend harr' ich dir entgegen! Komm, beglücke mich!

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5. Aufenthalt (Ludwig Rellstab)

Wehe dem Fliehenden, Welt hinaus ziehenden! Fremde durchmessenden, Heimat vergessenden, Mutterhaus hassenden, Freunde verlassenden Folget kein Segen, ach! Auf ihren Wegen nach!

Giorgos Kanaris · Thomas Wise Herze, das sehnende, Auge, das tränende, Sehnsucht, nie endende, Heimwärts sich wendende! Busen, der wallende, Klage, verhallende, Abendstern, blinkender, Hoffnungslos sinkender!

So wird euch auch keines beim Scheiden beschert!

Lüfte, ihr säuselnden, Wellen sanft kräuselnden, Sonnenstrahl, eilender, Nirgend verweilender: Die mir mit Schmerze, ach! Dies treue Herze brach Grüßt von dem Fliehenden, Welt hinaus ziehenden!

Ade, liebe Sonne, so gehst du zur Ruh, ade! Nun schimmert der blinkenden Sterne Gold. Wie bin ich euch Sternlein am Himmel so hold; Durchziehn wir die Welt auch weit und breit, Ihr gebt überall uns das treue Geleit.

7. Abschied (Ludwig Rellstab) Ade! du muntre, du fröhliche Stadt, ade! Schon scharret mein Rößlein mit lustigen Fuß; Jetzt nimm noch den letzten, den scheidenden Gruß. Du hast mich wohl niemals noch traurig gesehn, So kann es auch jetzt nicht beim Abschied geschehn. Ade, ihr Bäume, ihr Gärten so grün, ade! Nun reit ich am silbernen Strome entlang. Weit schallend ertönet mein Abschiedsgesang; Nie habt ihr ein trauriges Lied gehört,

Ade, ihr freundlichen Mägdlein dort, ade! Was schaut ihr aus blumenumduftetem Haus Mit schelmischen, lockenden Blicken heraus? Wie sonst, so grüß ich und schaue mich um, Doch nimmer wend ich mein Rößlein um.

Ade! du schimmerndes Fensterlein hell, ade! Du glänzest so traulich mit dämmerndem Schein Und ladest so freundlich ins Hüttchen uns ein. Vorüber, ach, ritt ich so manches Mal, Und wär es denn heute zum letzten Mal? Ade, ihr Sterne, verhüllet euch grau! Ade! Des Fensterlein trübes, verschimmerndes Licht Ersetzt ihr unzähligen Sterne mir nicht, Darf ich hier nicht weilen, muß hier vorbei, Was hilft es, folgt ihr mir noch so treu! 8. Der Atlas (Heinrich Heine, 1797-1856) Ich unglücksel'ger Atlas! Eine Welt, Die ganze Welt der Schmerzen muß ich tragen,

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Songs of Yearning Ich trage Unerträgliches, und brechen Will mir das Herz im Leibe.

Vertraust du dich doch sorglos Täglich dem wilden Meer.

Du stolzes Herz, du hast es ja gewollt! Du wolltest glücklich sein, unendlich glücklich, Oder unendlich elend, stolzes Herz, Und jetzo bist du elend.

Mein Herz gleicht ganz dem Meere, Hat Sturm und Ebb' und Flut, Und manche schöne Perle In seiner Tiefe ruht.

9. Ihr Bild (Heinrich Heine)

11. Die Stadt (Heinrich Heine)

Ich sah sie fallen auf deine Hand Und bin aufs Knie gesunken; Ich hab von deiner weißen Hand Die Tränen fortgetrunken.

Ich stand in dunkeln Träumen und starrte ihr Bildnis an, und das geliebte Antlitz Heimlich zu leben begann. Um ihre Lippen zog sich Ein Lächeln wunderbar, Und wie von Wehmutstränen Erglänzte ihr Augenpaar. Auch meine Tränen flossen Mir von den Wangen herab Und ach, ich kann's nicht glauben, Daß ich dich verloren hab! 10. Das Fischermädchen Heinrich Heine Du schönes Fischermädchen, Treibe den Kahn ans Land; Komm zu mir und setze dich nieder, Wir kosen Hand in Hand.

Am fernen Horizonte Erscheint, wie ein Nebelbild, Die Stadt mit ihren Türmen, In Abenddämmrung gehüllt.

Seit jener Stunde verzehrt sich mein Leib, Die Seele stirbt vor Sehnen; Mich hat das unglücksel'ge Weib Vergiftet mit ihren Tränen.

Ein feuchter Windzug kräuselt Die graue Wasserbahn; Mit traurigem Takte rudert Der Schiffer in meinem Kahn.

13. Der Doppelgänger (Heinrich Heine)

Leg an mein Herz dein Köpfchen Und fürchte dich nicht zu sehr;

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Giorgos Kanaris · Thomas Wise

Die Sonne hebt sich noch einmal Leuchtend vom Boden empor Und zeigt mir jene Stelle, Wo ich das Liebste verlor.

Der Nebel stieg, das Wasser schwoll, Die Möwe flog hin und wieder; Aus deinen Augen liebevoll Fielen die Tränen nieder.

Still ist die Nacht, es ruhen die Gassen, In diesem Hause wohnte mein Schatz; Sie hat schon längst die Stadt verlassen, Doch steht noch das Haus auf demselben Platz.

12. Am Meer (Heinrich Heine)

Da steht auch ein Mensch und starrt in die Höhe Und ringt die Hände vor Schmerzensgewalt; Mir graust es, wenn ich sein Antlitz sehe Der Mond zeigt mir meine eigne Gestalt.

Das Meer erglänzte weit hinaus Im letzten Abendscheine; Wir saßen am einsamen Fischerhaus, Wir saßen stumm und alleine.

Du Doppelgänger, du bleicher Geselle! Was äffst du nach mein Liebesleid, Das mich gequält auf dieser Stelle So manche Nacht, in alter Zeit?

14. Die Taubenpost – D 765a (Johann Gabriel Seidl, 1804-1875) Ich hab' eine Brieftaub' in meinem Sold, Die ist gar ergeben und treu, Sie nimmt mir nie das Ziel zu kurz Und fliegt auch nie vorbei. Ich sende sie viel tausendmal Auf Kundschaft täglich hinaus, Vorbei an manchem lieben Ort, Bis zu der Liebsten Haus. Dort schaut sie zum Fenster heimlich hinein, Belauscht ihren Blick und Schritt, Gibt meine Grüße scherzend ab Und nimmt die ihren mit. Kein Briefchen brauch ich zu schreiben mehr, Die Träne selbst geb ich ihr, Oh, sie verträgt sie sicher nicht, Gar eifrig dient sie mir. Bei Tag, bei Nacht, im Wachen, im Traum, Ihr gilt das alles gleich, Wenn sie nur wandern, wandern kann, Dann ist sie überreich! Sie wird nicht müd, sie wird nicht matt, Der Weg ist stets ihr neu; Sie braucht nicht Lockung, braucht nicht Lohn, Die Taub' ist so mir treu! Drum heg ich sie auch so treu an der Brust, Versichert des schönsten Gewinns; Sie heißt - die Sehnsucht! Kennt ihr sie? – Die Botin treuen Sinns.

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HC16080.Booklet.Sehnsuchtslieder_BookletTennstedt 17.02.17 08:10 Seite 18

Songs of Yearning Ich trage Unerträgliches, und brechen Will mir das Herz im Leibe.

Vertraust du dich doch sorglos Täglich dem wilden Meer.

Du stolzes Herz, du hast es ja gewollt! Du wolltest glücklich sein, unendlich glücklich, Oder unendlich elend, stolzes Herz, Und jetzo bist du elend.

Mein Herz gleicht ganz dem Meere, Hat Sturm und Ebb' und Flut, Und manche schöne Perle In seiner Tiefe ruht.

9. Ihr Bild (Heinrich Heine)

11. Die Stadt (Heinrich Heine)

Ich sah sie fallen auf deine Hand Und bin aufs Knie gesunken; Ich hab von deiner weißen Hand Die Tränen fortgetrunken.

Ich stand in dunkeln Träumen und starrte ihr Bildnis an, und das geliebte Antlitz Heimlich zu leben begann. Um ihre Lippen zog sich Ein Lächeln wunderbar, Und wie von Wehmutstränen Erglänzte ihr Augenpaar. Auch meine Tränen flossen Mir von den Wangen herab Und ach, ich kann's nicht glauben, Daß ich dich verloren hab! 10. Das Fischermädchen Heinrich Heine Du schönes Fischermädchen, Treibe den Kahn ans Land; Komm zu mir und setze dich nieder, Wir kosen Hand in Hand.

Am fernen Horizonte Erscheint, wie ein Nebelbild, Die Stadt mit ihren Türmen, In Abenddämmrung gehüllt.

Seit jener Stunde verzehrt sich mein Leib, Die Seele stirbt vor Sehnen; Mich hat das unglücksel'ge Weib Vergiftet mit ihren Tränen.

Ein feuchter Windzug kräuselt Die graue Wasserbahn; Mit traurigem Takte rudert Der Schiffer in meinem Kahn.

13. Der Doppelgänger (Heinrich Heine)

Leg an mein Herz dein Köpfchen Und fürchte dich nicht zu sehr;

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Giorgos Kanaris · Thomas Wise

Die Sonne hebt sich noch einmal Leuchtend vom Boden empor Und zeigt mir jene Stelle, Wo ich das Liebste verlor.

Der Nebel stieg, das Wasser schwoll, Die Möwe flog hin und wieder; Aus deinen Augen liebevoll Fielen die Tränen nieder.

Still ist die Nacht, es ruhen die Gassen, In diesem Hause wohnte mein Schatz; Sie hat schon längst die Stadt verlassen, Doch steht noch das Haus auf demselben Platz.

12. Am Meer (Heinrich Heine)

Da steht auch ein Mensch und starrt in die Höhe Und ringt die Hände vor Schmerzensgewalt; Mir graust es, wenn ich sein Antlitz sehe Der Mond zeigt mir meine eigne Gestalt.

Das Meer erglänzte weit hinaus Im letzten Abendscheine; Wir saßen am einsamen Fischerhaus, Wir saßen stumm und alleine.

Du Doppelgänger, du bleicher Geselle! Was äffst du nach mein Liebesleid, Das mich gequält auf dieser Stelle So manche Nacht, in alter Zeit?

14. Die Taubenpost – D 765a (Johann Gabriel Seidl, 1804-1875) Ich hab' eine Brieftaub' in meinem Sold, Die ist gar ergeben und treu, Sie nimmt mir nie das Ziel zu kurz Und fliegt auch nie vorbei. Ich sende sie viel tausendmal Auf Kundschaft täglich hinaus, Vorbei an manchem lieben Ort, Bis zu der Liebsten Haus. Dort schaut sie zum Fenster heimlich hinein, Belauscht ihren Blick und Schritt, Gibt meine Grüße scherzend ab Und nimmt die ihren mit. Kein Briefchen brauch ich zu schreiben mehr, Die Träne selbst geb ich ihr, Oh, sie verträgt sie sicher nicht, Gar eifrig dient sie mir. Bei Tag, bei Nacht, im Wachen, im Traum, Ihr gilt das alles gleich, Wenn sie nur wandern, wandern kann, Dann ist sie überreich! Sie wird nicht müd, sie wird nicht matt, Der Weg ist stets ihr neu; Sie braucht nicht Lockung, braucht nicht Lohn, Die Taub' ist so mir treu! Drum heg ich sie auch so treu an der Brust, Versichert des schönsten Gewinns; Sie heißt - die Sehnsucht! Kennt ihr sie? – Die Botin treuen Sinns.

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Recording Producer / Tonmeister: Gero Wycik Aufnahme: Probebühne 5, Theater Bonn, Mai 2014 Piano: Steinway B, Piano Rumler, Bonn-Beuel, Stimmer: Markus Rumler Mikrophone: 2x dpa 4006, 2x Neumann KM 140 und 2x Neumann U89 Einführungstext / Programme notes: Lothar Brandt Übersetzung / Translation: JMBerridge, London Graphic Arts: Birgit Fauseweh Photos: G. Kanaris: Thilo Beu, Theater Bonn; T. Wise: Felix Wise Coverphoto: Andrew P Wise Foto Berlin

 & 훿 2017 by Profil Medien GmbH / hänssler CLASSIC D – 73765 Neuhausen, [email protected], www.haensslerprofil.de HC16080

HC16080

Songs of Yearning – Sehnsuchtslieder –

CD HC16080

HC16080

HC16080.Inlay.Sehnsuchtslieder.qxp_PH05034_VS+RS-Inlay_Klass Kopie 15.02.17 15:54 Seite 1

LC 13287

Songs of Yearning

Franz Schubert 1797 - 1828 Schwanengesang D 957 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

Liebesbotschaft (Ludwig Rellstab) ............................................................ 2:46 Kriegers Ahnung (Ludwig Rellstab)............................................................ 4:12 Frühlingssehnsucht (Ludwig Rellstab) ....................................................... 3:01 Ständchen (Ludwig Rellstab) ......................................................................... 4:34 Aufenthalt (Ludwig Rellstab)......................................................................... 2:22 In der Ferne (Ludwig Rellstab)...................................................................... 4:23 Abschied (Ludwig Rellstab) ........................................................................... 4:07 Der Atlas (Heinrich Heine) ............................................................................. 2:00 Ihr Bild (Heinrich Heine) ................................................................................ 2:14 Das Fischermädchen (Heinrich Heine) ...................................................... 2:16 Die Stadt (Heinrich Heine) ............................................................................. 2:25 Am Meer (Heinrich Heine)............................................................................. 3:36 Der Doppelgänger (Heinrich Heine) ........................................................... 3:32 Die Taubenpost (Johann Gabriel Seidl)........................................................ 4:24 Gesamtspielzeit / Total time: 58:42

Giorgos Kanaris, baritone · Thomas Wise, piano

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Songs of Yearning

Ludwig van Beethoven 1770 - 1827 1. An die ferne Geliebte op. 98 (Alois Jeitteles)................................ 12:50