Linking Migration and Development policies

Linking Migration and Development policies Migrations- und Entwicklungspolitik in Österreich Oder: der Anspruch auf Kohärenz Status quo Jänner 2012 K...
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Migrations- und Entwicklungspolitik in Österreich Oder: der Anspruch auf Kohärenz Status quo Jänner 2012 Kontakt: Mag.ª Téclaire Ngo Tam Laudongasse 40, 1080 Wien Tel.: +43 (0)1 405 55 15 311 Fax: +43 (0)1 405 55 19 Email: [email protected] www.suedwind-agentur.at Mag.a Regina Joschika Annenstraße 29, 8020 Graz Tel: +43 316 22 51 77 [email protected] www.suedwind-agentur.at Diese Forschungsarbeit wurde mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Gemeinschaft durchgeführt. Die darin vertretenen Standpunkte geben die Ansicht der Projektpartner Südwind und VIDC bzw. der Interviewten wieder und stellen somit in keiner Weise die offizielle Meinung der Europäischen Gemeinschaft dar.

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Inhaltverzeichnis 1- Öffentliche Entwicklungspolitik in Österreich (OEZA)........................................................ 3 1.1 Kurze Geschichte der OEZA............................................................................................ 3 1.2 Aktuelle Darstellung der OEZA....................................................................................... 4 2 - Migrationspolitik in Österreich............................................................................................. 5 2.1 - Kurzer Abriss: Geschichte der Migration ...................................................................... 5 2.2 - MigrantInnen in Österreich............................................................................................ 7 2.3- Zuwanderungen aus Entwicklungs- und Schwellenländern ........................................... 9 3 - Akteure der Migrationspolitik und der Entwicklungszusammenarbeit ............................. 10 3.1 - Akteure im Migrationsbereich ..................................................................................... 10 3.1.1 - Staatliche Akteure ................................................................................................. 10 3.1.2. - Nichtstaatliche Organisationen ............................................................................ 11 3.2 – Akteure der Entwicklungszusammenarbeit................................................................. 12 3.2.1 - Staatliche Akteure ................................................................................................. 12 3.2.2 - Nichtstaatliche Organisationen ............................................................................. 14 3.2.3 - Internationale Organisationen ............................................................................... 15 3.2.4- Initiativen von einzelnen und kleinen privaten Gruppen ....................................... 15 4 - Migrations- und Entwicklungspolitik in Österreich? Oder der Anspruch der Kohärenz ... 16 4.1- Kohärenz in der Politik? .............................................................................................. 16 4.2 - Kohärenz bei den NGOs und Diaspora Organisationen?............................................. 19 4.3 -Tendenz......................................................................................................................... 21 5 - Öffentlicher Diskurs über Migrations- und Entwicklungspolitik ....................................... 21 5.1- Politischer Diskurs ........................................................................................................ 21 5.2 - Beitrag von NGOs und MigrantInnen Vereinen .......................................................... 24 5.3 - Wissenschaftlicher Beitrag .......................................................................................... 27 5.4 - Medien Beitrag............................................................................................................. 27 Schlusswort .............................................................................................................................. 28

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1- Öffentliche Entwicklungspolitik in Österreich (OEZA) 1 1.1 Kurze Geschichte der OEZA „Die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit begann Ende der 1950er-Jahre. Nach der großzügigen Unterstützung durch den "Marshall-Plan" in den Nachkriegsjahren wollte Österreich weltweit Solidarität mit armen Menschen zeigen“2 Das Bundeskanzleramt verwaltete die ersten öffentlichen Ansätze in den 70-er Jahren. Erst mit dem Entwicklungshilfe-Gesetz 1974 wurden gesetzliche Rahmenbedingungen für öffentliche Entwicklungsfinanzierungen in Österreich geschaffen. Der vorausgegangene Impuls zum Entwicklungshilfe-Gesetz kam aus privaten Initiativen, die Hilfe und Kooperation angelehnt an diverse Freundschaftsvereine organisierten. Von der Entwicklungshilfepolitik, die sehr stark durch das Engagement und die Aktivitäten der Nichtstaatlichen Einrichtungen geprägt wurde, entwickelte sich später eine Entwicklungspolitik, die sich dadurch kennzeichnete, dass sie normalisiert, formalisiert und professionalisiert wurde. Eine Internationalisierung kam im Jahr 1995 mit dem Beitritt Österreichs zur EU. Nun wurde es erforderlich, die eigene Entwicklungspolitik mit den anderen Gebern zu koordinieren. Auch eine Abstimmung mit der EU-Politik wurde notwendig. Die österreichische Entwicklungspolitik orientierte sich seitdem daher auch mehr am internationalen „mainstream“. Das damalige Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten wurde mit dieser Aufgabe betraut.3 Seit dem Beitritt Österreichs zur EU orientiert sich also die Entwicklungspolitik Österreichs vorwiegend an der gemeinsamen EU-Entwicklungspolitik und an den im DAC (Development Assistance Committee/OECD) vereinbarten Strategien der Geberländer.

Im Jahr 2002 wurde ein neues EZA-Gesetz verabschiedet, das die internationalen Entwicklungsziele (MDGs) berücksichtigte und auf die veränderten Rahmenbedingungen der internationalen Entwicklungspolitik (z.B.: Globalisierung, Terrorbekämpfung, Armutsbekämpfung) einging. Mit Beginn 2004 wurde die Verwaltung der EZA-Projekte und Programme vom BMaA/BMeiA an eine eigene Agentur – Österreichische Gesellschaft für Entwicklungszusammenarbeit (ADA) - ausgelagert. Die Verantwortung für die Formulierung und Koordination der Entwicklungspolitik verblieb in der Sektion VII Entwicklungszusammenarbeit im BMaA/BMeiA das mit dem Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit jeweils den inhaltlichen Rahmen für die Umsetzung der internationalen Zielsetzungen der Entwicklungspolitik durch die ADA vorgibt. Das Dreijahresprogramm ist daher nur für das Budget der ADA relevant, Leistungen anderer Ministerien, die als ODA angerechnet werden können, werden inhaltlich nicht durch das Dreijahresprogramm beeinflusst. 1

Information über die OEZA wurde aus dem Portal der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit entnommen. http://www.eza.at/index1.php?menuid=1&submenuid=11 2 http://www.entwicklung.at/faq/#c3124, Frage 1 3 2007 übernahm schließlich das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten die Agenden der Entwicklungszusammenarbeit und die Formulierung der Entwicklungspolitik.

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1.2 Aktuelle Darstellung der OEZA Folgende zusammenfassende Präsentation der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit wurde uns von der Abteilungsleiterin Frau Gesandte Mag.a Marianne Feldmann zur Verfügung gestellt (BMeiA-Abteilung VII.4 Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit; Koordination in Österreich; Information. Referat VII.4.a Informations- und Öffentlichkeitsarbeit bezüglich Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit; NRO; Beirat für Entwicklungspolitik). , Dieser konnten wir folgende Informationen über das Wesen der OEZA entnehmen: Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit4 (28. September 2011)  Das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) entwickelt die Strategien und Programme. 

Die Austrian Development Agency (ADA), die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, setzt diese in Kooperation mit öffentlichen Einrichtungen, Entwicklungsorganisationen und Unternehmen um.

Internationale Zusammenarbeit Österreich unterstützt multilaterale Organisationen (EU, VN, internationale Finanzinstitutionen)  durch direkte Beiträge,  konkrete Programme  sowie durch die Umsetzung gemeinsamer Projekte. Ein Großteil der österreichischen Ausgaben für multilaterale Entwicklungszusammenarbeit fließt über die Europäische Union, die mit den Beiträgen der Kommission und aller Mitgliedsländer der weltweit größte Geber ist. Dreijahresprogramm: Armutsminderung, Frieden und Sicherheit, Umwelterhaltung  Richtlinie der österreichischen Entwicklungspolitik  Beschreibung der Kernprogramme  geografische Schwerpunkte  thematische / sektorielle Schwerpunkte Schwerpunktregionen

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Kontakt: [email protected] 4

Die Programme und Projekte konzentrieren sich auf sechs Regionen:  Zentralamerika und Karibik  Westafrika  Südliches Afrika  Himalaya-Hindukusch  Südosteuropa/Donauraum  Osteuropa/Schwarzmeerregion  Subregion Südkaukasus Schwerpunktsektoren  Wasser und Siedlungshygiene  Ländliche Entwicklung  Energie/Umwelt  Privatsektorentwicklung  Bildung und Wissenschaft  Governance (inkl. Friedenssicherung und Konfliktprävention, Menschen/Frauenrechte)

2 - Migrationspolitik in Österreich 2.1 - Kurzer Abriss: Geschichte der Migration 5 Noch gehen die Meinungen auseinander, wenn es um die Frage geht, ob Österreich ein Einwanderungsland ist. Doch die Entwicklung der Migration im Land zwingt zu der Annahme, dass Österreich, langsam, aber sicher zu einem Einwanderungsland wird. Im Jahr 1961 entsprach der Anteil der ausländischen Bevölkerung in Österreich rund 1,4% der Gesamtbevölkerung. Das waren knapp über 100.000 ausländische Staatsangehörige. 1974 stieg dieser Anteil auf 4 % der damaligen Gesamtbevölkerung. Grund dafür war der Bedarf an den sogenannten GastarbeiterIinnen, die ab den 1960er Jahren als Arbeitsmigranten angeworben wurden. Es herrschte Vollbeschäftigung im Land. Der Abbau der „Gastarbeiterkontingente“ wurde auf Druck der Gewerkschaften von den Politikern angeordnet. 1975 folgte ein neues Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Bevorzugung von InländerInnen am Arbeitsmarkt. Erst Anfang der 1990er-Jahre kam es zu einer neuerlich starken Zuwanderung, wodurch der Ausländeranteil auf über 8 Prozent anstieg. Auf eine kurze Stagnation in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre folgte seit der Jahrtausendwende eine erneute Erhöhung der ausländischen Bevölkerung, so dass der Ausländeranteil im Jahr 2007 erstmals über 10 Prozent lag. 2010 wurden 895.000 ausländische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in Österreich registriert, was 10,7 Prozent der Gesamtbevölkerung bedeutete. Der Migrations- und Integrationsbericht der Akademie der Wissenschaften vom November 2007 stellt fest, dass die Zuwanderung nach Österreich steigt und in den vergangenen fünf Jahren ein Rekordhoch 5

http://zukunfteuropa.at/site/7216/default.aspx und https://www.zsi.at/attach/p1208vukovic.pdf, eingesehen am 26.7.2011

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erreicht hat. Ein Großteil der Zuwanderer sind Familienangehörige von bereits eingewanderten Personen. Die Schwankungen der Migration spiegeln sich sehr stark in der Lage des Arbeitsmarkts wieder.

In der Dokumentation mit dem Titel „Die Rot-Weiß-Rot-Karte – das neue Zuwanderungssystem Bessere Qualifikation, höheres Wirtschaftswachstum, raschere Integration“ die vom Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer der Presse am 9. Dezember 2010 übergegeben wurde steht folgendes: 6 Anfang 2010 lebten rund 895.000 ausländische Staatsangehörige in Österreich. Die größte Zuwanderergruppe waren die 213.000 Personen deutscher Herkunft, gefolgt von 207.000 Personen aus Serbien, Monte-Negro und dem Kosovo. An dritter Stelle folgten 183.000 Personen aus der Türkei. • Die Netto-Zuzüge von AusländerInnen erreichten im Jahr 2004 mit knapp 51.000 ihren Höhepunkt, 2007 und 2008 stabilisierten sie sich zwischen 34.000 und 35.000. • 2009 reduzierte sich die Netto-Zuwanderung auf 21.000 Personen. Etwa ein Drittel davon (knapp 7.000) entfiel auf Drittstaatsangehörige. • Im Ausland Geborene sind im Vergleich zur Gesamtbevölkerung häufiger niedriger – aber auch häufiger höher qualifiziert – zu Lasten der mittleren Kategorien. • Der Anteil der Personen ohne formale Berufsausbildung lag bei Zuwanderern vor über 10 Jahren noch bei 35,6%. Bei Zuwanderern der neuen Generation ist der Anteil der gering Qualifizierten auf 21,3% zurückgegangen. Damit liegt der Anteil kaum über dem der österreichischen Bevölkerung (20,5%). • Der Anteil an höher Qualifizierten (zumindest Maturaniveau) liegt bei Personen aus den (alten) EU-14-Staaten bei 49%, gefolgt von Zuwanderern aus den neuen EU-Mitgliedstaaten mit 38% und jenen von Drittstaaten mit 23,4%. (Österreich: 19,6%) Weiter heißt es aus dem Ministerium: „Bereits ab 2015 ist ein Mangel an jungen Arbeitskräften absehbar. Ohne Migration würde die Zahl der 20- bis 24-Jährigen bis 2025 (im Vergleich zu 2010) um mehr als 114.000 sinken und die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) im selben Zeitraum um über 400.000 zurückgehen“.7 Zuletzt wurde die Zuwanderung in Österreich vor allem für Schlüsselkräfte und Familienangehörige der in Österreich niedergelassenen Drittstaatsangehörigen durch ein Quotensystem8 geregelt. Rechtliche Grundlagen dafür bilden das Fremdenrechtspaket von 2005 und das Asylgesetz von 2010. Mit der Rot-Weiß-Rot-Card, die im Juli 2011 eingeführt wurde, wird die arbeitsmarktpolitisch motivierte Zuwanderung nicht mehr durch Quoten bestimmt. Vielmehr soll die Qualifikation der MigrantInnen über einen Zuzug nach Österreich entscheiden. Dass die Qualifikation der MigrantInnen künftig beim Zuzug im Vordergrund stehen wird, verrät das Motto des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zur neuen Aufenthaltskarte: „Bessere Qualifikation, höheres Wirtschaftswachstum, raschere Integration“. Weiters heißt es in der am 9. Dezember 2010 gehaltenen Pressekonferenz des 6 http://www.bmask.gv.at/cms/site/attachments/3/6/0/CH0016/CMS1291897740667/101209_rotweissrotcard_layoutiert.pdf. Angesehen am 15.10.2011. Die Pressekonferenz wurde gemeinsam mit dem Bundesministerium für Inneres und dem Finanzministerium gegeben. 7 8

Ebd. http://www.oekosozial.at/uploads/tx_osfopage/Fact_Sheet_Migration.pdf , eingesehen am 25.7.2011

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BMASK (gemeinsam Wirtschaftsministerium):

mit

dem

Bundesministerium

für

Inneres

sowie

dem

„Pro Jahr wandern derzeit im Schnitt rund 35.000 Personen zu. In den letzten Jahren kommen rund zwei Drittel dieser Personen aus EU-Ländern, rund ein Drittel aus Drittstaaten. Ein Teil der zukünftigen Zuwanderung wird über die RWR-Karte stattfinden. Pro Jahr werden – abhängig von der Konjunktur – rund 8.000 qualifizierte Arbeitskräfte mit der RWR-Karte nach Österreich kommen. Fachkräfte können etwa nur dann zuwandern, wenn ein Mangel vorliegt. Gibt es keinen Mangel, gibt es auch keine Zuwanderung aus diesem Segment.“ 9

2.2 - MigrantInnen in Österreich MigrantInnen in Österreich werden folgendermaßen nach Anzahl der Angehörigen rangiert: 1- Deutschland, 2- Jugoslawien (Serbien und Montenegro) 3- Türkei, 4- Polen, 5- Kroatien, 6- Bosnien und Herzegowina, 7- Ungarn Dies wird auch von Christian Fellner vom BMeiA, Sektion IV/B – Inneres und Justiz (Asyl/Migration) im Interview am 21.11.2011 bestätigt. Er sagt dazu: „Wenn wir von Migration nach Österreich sprechen, sprechen wir in aller erster Linie von den Deutschen, dann sprechen wir von den Ex-Jugoslawen, dann sprechen wir von den Türken und damit ist schon fast die ganze Migration nach Österreich umfasst. Alles was von den Entwicklungsländer kommt im technischen Sinne ist dann quantité négligeable“.

Die Heterogenität der MigrantInnen-Gruppen hat eine große Auswirkung auf die Statistiken, die von spezialisierten Institutionen herausgegeben werden. Dass beispielsweise ein Großteil der MigrantInnen aus Deutschland kommt, führt dazu, dass MigrantInnen gleichzeitig sehr gut und sehr schlecht in diversen Kategorien abschneiden (etwa in den Kategorien Bildungsstand, Erwerbstätigkeit oder Einkommen). Bildungstand10: Personen mit Migrationshintergrund sind in den höchsten und niedrigsten Bildungsschichten öfter vertreten als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Der überdurchschnittliche Anteil hoch qualifizierter Migrantinnen und Migranten ist vor allem auf Zuwanderung aus der EU (in erster Linie aus Deutschland) zurückzuführen, wogegen Zuwanderer aus dem 9 http://www.bmask.gv.at/cms/site/attachments/3/6/0/CH0016/CMS1291897740667/101209_rotweissrotcard_layoutiert.pdf, eingelesen am 25.7.2011 10 http://www.statistik.at/web_de/presse/057229, eingesehen am 26.7.2011

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ehemaligen Jugoslawien und der Türkei zumeist einen niedrigeren Bildungsabschluss aufweisen. Erwerbstätigkeit und Arbeitslosenquote11: Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund steht tendenziell in geringerem Maße im Erwerbsleben. So lag die Erwerbstätigenquote der Zuwanderer im Jahr 2010 bei 65%. Jene der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund dagegen bei 73%. Dieser Unterschied hat sich seit dem Vorjahr etwas verringert. Doch der Anteil der erwerbstätigen Frauen mit Migrationshintergrund blieb weitgehend niedrig. Die Arbeitslosenquote von 2010 betrug für ausländische Staatsangehörige 9,7%. Sie lag deutlich höher als bei Österreicherinnen und Österreichern mit 6,4% Prozent. Allerdings waren (im Durchschnitt höher qualifizierte) Zuwanderer aus EU-Staaten weitaus weniger von Arbeitslosigkeit betroffen, als (meist geringer qualifizierte) Migrantinnen und Migranten aus Drittstaaten. Die folgende Tabelle ist von der „Statistik Austria“12: Menschen mit Migrationshintergrund sind überdurchschnittlich oft im Handel, im Bauwesen, in der Gastronomie sowie im Bereich der Unternehmensdienstleistung beschäftigt.

Einkommen und Armutsgefährdung13:

11 12 13

Ebd. http://www.statistik.at/web_de/services/publikationen/2/index.html?id=2&listid=2&detail=579, eingesehen am 25.7.2011. http://www.statistik.at/web_de/presse/057229, eingesehen am 26. 7. 2011.

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Das Lohnniveau ist bei Zuwanderern deutlich niedriger: Lag 2009 das mittlere NettoJahreseinkommen der österreichischen Staatsangehörigen bei 22.303 Euro, standen ausländischen Staatsangehörigen im Mittel nur rund 84% dieses Wertes (18.367 Euro) zur Verfügung. Gleichzeitig war mit knapp einem Viertel (24%) ein wesentlich größerer Teil der ausländischen Staatsangehörigen armutsgefährdet als bei der inländischen Bevölkerung (11%).

2.3- Zuwanderungen aus Entwicklungs- und Schwellenländern Im Jahr 2010 sind laut „Statistik Austria“ insgesamt 114.398 Menschen nach Österreich zugezogen14. Die meisten Zuzüge kamen mit 59.172 eingewanderten Personen aus EU- und EWR-Staaten. Die zweite Gruppe bilden Einwanderer aus Drittstaaten15 mit 39.090 Personen. Welche Größenordnung die Migration aus Schwerpunktländern der OEZA hat, zeigt die darunter folgende Tabelle.

Aufrechte Aufenthaltstitel von Drittstaatsangehörigen aus den Schwerpunktländer der OEZA (Mit Zahlen aus der BM.I Niederlassungs- und Aufenthaltsstatistik Stand Oktober 2011 selbst zusammengestellt)16 Herkunftsland

Zuzüge nach Österreich

Nicaragua

Weniger als 1000

Burkina Faso

Weniger als 1000

Kap Verde

Weniger als 1000

Uganda

Weniger als 1000

Äthiopien

Weniger als 1000

Mosambik

Weniger als 1000

Bhutan

Weniger als 1000

Armenien

Weniger als 1000

Moldau

Weniger als 1000

Montenegro

Weniger als 1000

Albanien

1139

Georgien

1011

Kosovo

12 227

Mazedonien

17 057

Bosnien und Herzegowina 85 204 Serbien

112 599

Palästinensische Gebiete

Kommt in der Statistik des BM.I nicht vor.

14

http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bevoelkerung/wanderungen/internationale_wanderungen/index.html, eingesehen am 25.7.2011. Drittstatten sind „Staaten, die nicht Mitglied in der EU sind. Allgemein: Länder, die bei internationalen Verträgen nicht Vertragspartner sind bzw. einer internationaler Organisationen nicht angehören.“ Quelle: http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=RXWWQ7, eingesehen am 27.7.2011. 16 Zahlen über die Drittstaatsangehörige wurden aus der Statistik des Bundesministeriums für Inneres entnommen. http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Niederlassung/statistiken/files/2011/Niederlassungs_und_Aufenthaltsstatistik_Oktober_2011.pdf 15

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3 - Akteure der Migrationspolitik und der Entwicklungszusammenarbeit 3.1 - Akteure im Migrationsbereich 3.1.1 - Staatliche Akteure Bundesministerium für Inneres (BMI) Die Bereiche Asylwesen und Integration sind im Bundesministerium für Inneres (BMI) angesiedelt17. Das Bundesministerium für Inneres steuert und koordiniert in Österreich die Umsetzung konkreter Integrationsmaßnahmen. Ein Instrument dafür ist der sog. Integrationsbeirat, in dem VertreterInnen aus allen Ministerien und Bundesländern, der Sozialpartner sowie verschiedener Institutionen und Vereine sitzen und über konkrete Maßnahmen sowie deren Umsetzung beraten18. Der Integrationsbeirat ist Teil des „Nationalen Aktionsplan für Integration“. Das Staatssekretariat für Integration Staatssekretär Sebastian Kurz betonte noch bei einem „Krone“-Interview: „Mein Thema ist Integration und nicht Asyl oder Zuwanderung. Diese Kompetenzen liegen bei Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Es gibt da eine ganz klare Aufgabenverteilung.“19 Obwohl der Staatssekretär zwischen Migration bzw. Zuwanderung und Integration eine strenge Trennung macht, tragen trotzdem integrationsfreundliche Maßnahmen in seinem Bereich zu einem besseren Partizipationsvermögen der MigrantInnen bei. Jene Maßnahmen bilden eine Voraussetzung für weitere Schritte in Richtung einer potenziellen Mitwirkung von MigrantInnen an der Entwicklungszusammenarbeit. Österreichischer Integrationsfonds Hier ist ebenfalls mehr von der Integration die Rede. Der Österreichische Integrationsfonds wurde 1960 vom UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR und vom Bundesministerium für Inneres unter seinem ersten Namen „Flüchtlingsfonds der Vereinten Nationen“ gegründet. Im Rahmen der Integrationsvereinbarung20 und der frühen Sprachförderung war die Institution auch für die Integration von MigrantInnen verantwortlich. Mittlerweile trägt er den Namen Österreichischer Integrationsfonds21. Der Integrationsfonds fördert die sprachliche, berufliche und gesellschaftliche Integration von MigrantInnen in Österreich. Er wird zum Großteil vom Bundesministerium für Inneres finanziert. Die Sozialpartner

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http://www.bmi.gv.at/cms/bmi_service/start.aspx#t_aufgaben, eingesehen am 25.7.2011. http://www.integrationsfonds.at/nap/integration_wird_breit_diskutiert/ und http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_OeffentlicheSicherheit/2011/01_02/files/INTEGRATION_III.pdf, eingesehen am 25.7.2011. 19 http://m1.krone.at/;s=g33txCIJc-jpvHf2HBw51A03/krone/S25/object_id__258580/hxcms/rssmobile.html, eingelesen am 28.07.2011. 20 http://www.integrationsfonds.at/iv/ivneu/, eingesehen am 25.7.2011. 21 http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichischer_Integrationsfonds und http://www.integrationsfonds.at/wir_ueber_uns/leitbild/, eingesehen am 25.7.2011. 18

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Eine Rolle in der Gestaltung der Migrationspolitik nehmen in Österreich auch die Sozialpartner ein, die besonderen Einfluss auf die sog. Arbeitsmigration nehmen. Die Sozialpartner sind z. B. maßgeblich an der Einführung der sog. Rot-Weiß-Rot-Card beteiligt, die seit Juli 2011 den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt für ausländische Arbeitskräfte regelt.22 Die Sozialpartner vertreten folgende Position zu den Themen Migration und Integration: „Ein umfassendes Migration- und Integrationskonzept, das ZuwanderInnen von Beginn an Unterstützung und Begleitung anbietet, und die möglichst weitgehende Nutzung der Potenziale von Personen mit Migrationshintergrund sind mitentscheidend für die weitere soziale und ökonomische Entwicklung Österreichs. Integrationsprozesse sind vielschichtig, die Sozialpartner konzentrieren sich vor allem auf die strukturelle Integration in den Bereichen Bildung, Arbeit, Recht, Wohnen, Soziale Sicherung, Partizipation.“23

3.1.2. - Nichtstaatliche Organisationen Es gibt in Österreich keine NGO, die aktiv in der Migrationspolitik mitwirkt. Doch zahlreiche NGOs kommentieren und reflektieren Regierungsmaßnahmen in der Zuwanderungspolitik und bringen aus ihrer Sicht Missstände in die öffentliche Debatte. Immer wieder bilden sich Initiativen, die öffentlich das Wort ergreifen und demonstrativ Statements gegen bestimmte Zuwanderungsmaßnahmen äußern. Im Oktober 2010 war es die Initiative "Gegen Unrecht", in der sich Hilfsorganisationen wie Caritas, Diakonie und Amnesty International gegen die Gefangennahme und Abschiebung von Kindern stark machten, mit dem Motto "Kinder gehören nicht ins Gefängnis." (http://www.gegen-unrecht.at) Im April 2011 bildete sich die Plattform „Machen wir uns stark “ (http://machen-wir-unsstark.at), eine weitere Initiative gegen das neueste Fremdenrechtspaket. Demonstranten sind dabei mit dem Motto "Das ist nicht unser Gesetz!" auf die Straße gegangen. Zum Protest aufgerufen hatte die Plattform "Das ist nicht unser Gesetz!". Diese Demonstration wurde wieder von Hilfsorganisationen und Einzelpersonen unterstützt. Das Fremdenrechtspaket wurde jedoch, wie von der Regierung geplant, am 19. April 2011 im Parlament beschlossen.

Erwähnenswert jedoch ist die „Asylkoordination Österreich“. Sie definiert sich als „Verein von AusländerInnen und Flüchtlingshilfsorganisationen und –BetreuerInnen“ Sein selbstgesetztes Ziel ist es, die Tätigkeiten von Organisationen und engagierten Einzelpersonen bei der Beratung von MigrantInnen und Flüchtlingen zu unterstützen. Neben den hier erwähnten Beispielen gibt es in Österreich zahlreiche Beratungsstellen für MigrantInnen, etwa das Institut für Arbeitsmigration (IAM) Es bietet arbeitsmarktpolitische Beratung und Betreuung für Migrantinnen und Migranten wie auch Personen mit Migrationshintergrund an(www.iam.co.at). Ein weiteres Beispiel sind die „Helping Hands“, eine nichtstaatliche Organisation, die Fremden bei der Integration in Österreich hilft (http://www.helpinghands.at), oder „Migrant“, ein Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen in 11 Sprachen (www.migrant.at). Die Liste ist umfangreich. Viele der Beratungsstellen werden durch öffentliche Gelder gefördert. 22 23

http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/asyl/2732334/alles-ueber-rot-weiss-rot-card.story, eingesehen am 25.7.2011. http://www.sozialpartner.at/sozialpartner/badischl_2010/Kurzfassung%20FINAL%20(4).pdf, eingesehen am 25.7.2011.

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Diese Organisationen und Initiativen üben politischen und gesellschaftlichen Druck aus, unterstützen Kampagnen und entwickeln Grundsatzpositionen und Forderungen – allerdings nur mit sehr mittelmäßigem Erfolg.

3.2 – Akteure der Entwicklungszusammenarbeit Als Entwicklungszusammenarbeit werden Maßnahmen auf staatlicher und privater Ebene zusammengefasst. Entwicklungszusammenarbeit verfolgt das Ziel, die Lebensgrundlagen von Menschen in Entwicklungsländern zu fördern sowie Bewusstsein über globale Herausforderungen und Zusammenhänge zu schaffen.

3.2.1 - Staatliche Akteure Es gibt in Österreich mehrere Politikbereiche, die sich mit der Entwicklungspolitik/Zusammenarbeit beschäftigen. Zusätzlich zur Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit tragen auch die Oesterreichische Entwicklungsbank, 8 Ministerien, Bundesländer und Gemeinden mit öffentlichen Mitteln zum Entwicklungszusammenarbeitsbudget Österreichs bei. Die Entwicklungspolitik ist ein Bestandteil der österreichischen Außenpolitik. Die Politiken und programmatischen Vorgaben entstehen in Abstimmung mit der Europäischen Union, sowie in internationalen Gremien (EU, VN, OECD, Internationale Finanzinstitutionen) 24. Grundlagen für die Entwicklungszusammenarbeit sind die Millenniums-Entwicklungsziele25 (MDG) und die Pariser Deklaration aus dem Jahr 200526. Während das Außenministerium Strategie und Programme plant, ist für die Umsetzung der Projekte die Agentur der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (Austrian Development Agency/ADA) verantwortlich. Die ADA verwaltet u. a. das Budget für Entwicklungszusammenarbeit. Die Durchführung der Projekte selbst erfolgt zum Großteil durch Nichtregierungsorganisationen (NROs).

Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) Das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) ist für die strategische Ausrichtung der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA) verantwortlich. Im Dialog mit den Partnerländern sowie mit der Austrian Development Agency (ADA) arbeitet das Außenministerium Programme aus und legt im Dreijahresprogramm die entwicklungspolitischen Positionen Österreichs fest.27

Austrian Development Agency (ADA)

24

http://www.entwicklung.at/entwicklungspolitik/, eingesehen am 18.7.2011. Um die weltweite Armut und deren Folgen zu bekämpfen, haben alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen und somit auch Österreich im Jahr 2000 acht Entwicklungsziele formuliert, die bis 2015 gemeinsam erreicht werden sollen.

25

26 Die "Erklärung von Paris über die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit" aus dem Jahr 2005 ist ein internationales Abkommen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern mit dem Anliegen, die Qualität der Entwicklungszusammenarbeit zu verbessern. http://www.entwicklung.at/akteure/bmeia/, eingesehen am 21.7.2011

27

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Die Austrian Development Agency ist die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Sie ist für die Umsetzung aller Programme und Projekte in den Partnerländern28 der OEZA verantwortlich und verwaltet das dafür vorgesehene Budget. Die Programme und Projekte der OEZA werden von der ADA gemeinsam mit Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen in derzeit sieben Schwerpunktregionen umgesetzt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Bildungsund Informationsarbeit in Österreich29. Weitere öffentliche Akteure Neben dem Außenministerium tragen andere Bundesministerien, Länder und Gemeinden sowie die Österreichische Entwicklungsbank zum Budget für Entwicklungszusammenarbeit bei. Bundesministerium für Finanzen (BMF) Das BMF vertritt Österreichs entwicklungs- und außenwirtschaftspolitische Interessen gegenüber multilateralen Entwicklungsbanken und ist für die Arbeit der österreichischen Entwicklungsbank (OeEB) verantwortlich. Das Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik wird im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) vom Bundesministerium für europäische und innere Angelegenheiten (BMeiA) erstellt30. Bundesministerium für Inneres (BMI) Das Bundesministerium für Inneres (BMI) ist für das Asylwesen zuständig. Neben der Betreuung von Flüchtlingen in Österreich ist das BMI für die Abwicklung und Vergabe der jährlichen Mittel des Europäischen Flüchtlingsfonds verantwortlich. Dieser soll die Rückkehr und Reintegration von Flüchtlingen erleichtern31. Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung Im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung ist die „Kommission für Entwicklungsfragen“ (KEF)32 im Bereich Forschung für Entwicklung tätig. Zu den Aufgaben der KEF gehören die Förderung von Forschungspartnerschaften zwischen ForscherInnen aus Österreich und aus Entwicklungsländern, insbesondere auf Projektebene, sowie Politikberatung und Informations- und Bildungsarbeit im Bereich "Forschung für Entwicklung"33. Bundesministerium für Landesverteidigung Das Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV) leistet seinen Anteil an der Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen der Konfliktprävention. Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

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Länder und Regionen der OEZA: http://www.entwicklung.at/laender-und-regionen/, eingesehen am 21.7.2011. http://www.entwicklung.at/akteure/ada/, eingesehen am 21.7.2011 30 http://www.entwicklung.at/akteure/weitere-oeffentliche-akteure/, eingesehen am 21.7.2011 31 Ebd. 32 http://www.kef-online.at/, eingesehen am 27.7.2011 33 http://www.entwicklung.at/akteure/weitere-oeffentliche-akteure/, eingesehen am 21.7.2011 29

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Das BMUKK trägt zur Förderung der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit bei und fördert die Bewusstseinsarbeit zu den Millenniums-Entwicklungszielen. Initiativen wie die Ausarbeitung und Umsetzung einer Strategie für Globales Lernen und die Bildung für nachhaltige Entwicklung sind weitere Handlungsfelder auf nationaler wie internationaler Ebene. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kurz Lebensministerium genannt, engagiert sich sowohl national als auch international für eine nachhaltige Land-, Forst- und Wasserwirtschaft. Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend leistet zudem einen jährlichen finanziellen Beitrag zum Doha Development Agenda Global Trust Fund der WTO als Hilfestellung für Entwicklungsländer zur besseren Integration in die Weltwirtschaft.

Österreichische Entwicklungsbank (OeEB) Die Oesterreichische Entwicklungsbank (OeEB) unterstützt Projekte in ärmeren Ländern, die gleichzeitig einen entwicklungspolitischen Nutzen haben. Die OeEB ist eine Tochter der Österreichischen Kontrollbank AG (OeKB), somit eine rein private Finanzinstitution mit öffentlichem Auftrag. Die OeEB wurde im März 2008 gegründet und ist Mitglied des Netzwerks der bilateralen europäischen Entwicklungsbanken - EDFIs34.

3.2.2 - Nichtstaatliche Organisationen

Dachverbände Zahlreiche österreichische entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisationen sind in mehreren Dachorganisationen vertreten und miteinander vernetzt. Die größte Dachorganisation ist die „AG Globale Verantwortung“. AG Globale Verantwortung Die Dachorganisation „Globale Verantwortung- Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe“ vertritt national und international die Interessen von derzeit 42 österreichischen Nichtregierungsorganisationen, die in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, entwicklungspolitische Inlandsarbeit, Humanitäre Hilfe sowie nachhaltige globale wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung tätig sind, mit derzeit 42 Mitgliedern und 2 Kooperationspartnern (http://www.globaleverantwortung.at) Insbesondere die Evangelische Kirche A.B und H.B. sowie die Katholische Kirche sind wichtige Träger der privaten EZA. 2 Dachverbände können hier erwähnt werden:

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http://www.globaleverantwortung.at/, eingesehen am 21.7.2011

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Evangelische Entwicklungszusammenarbeit (EAEZ) Die Evangelische Entwicklungszusammenarbeit fördert und koordiniert die Arbeit ihrer Mitglieder in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, Katastrophen- und Wiederaufbauhilfe, Weltmission und ökumenische Partnerschaftsarbeit, vermittelt Finanzierungen und übernimmt gemeinschaftliche Aufgaben im Bereich der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, des Lobbying, der entwicklungspolitischen Grundlagenarbeit sowie Vertretungen in nationalen und internationalen Organisationen. Koordinationsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für Entwicklung und Mission (KOO) Die Koordinationsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für Entwicklung und Mission ist eine Facheinrichtung der Österreichischen Bischofskonferenz, der 24 Mitgliedsorganisationen sowie der weiblichen und männlichen Missionsorden. Ihre Mitgliedsorganisationen beschäftigen sich mit der Förderung der Entwicklungs- und Pastoralzusammenarbeit sowie mit Katastrophenhilfe in Afrika, Asien und Lateinamerika.

3.2.3 - Internationale Organisationen

International Organisation for Migration (IOM) Mit dem Motto „Migration for the Benefit for All“ ist die 1951 gegründete Internationale Organisation für Migration (IOM) am aktivsten tätig. Sie bezeichnet sich als die führende zwischenstaatliche Organisation im Bereich Migration. IOM hat sich zur Aufgabe gemacht, eng mit Regierungs-, zwischenstaatlichen und Nicht-Regierungsorganisationen zusammen zu arbeiten um einen geordneten und menschenwürdigen Ablauf von Migration zu ermöglichen, internationale Kooperationen zu fördern, praktische Lösungen für weitere Herausforderungen zu finden sowie humanitäre Hilfe für bedürftige MigrantInnen anzubieten.35 Eines der zentralen Anliegen von IOM ist es, den positiven Zusammenhang zwischen Migration und Entwicklung zu stärken. IOM initiierte 2006 das Programm “Migration for Development in Africa” (MIDA), welches verschiedene afrikanische Diasporagemeinden für die Entwicklung in ihrem jeweiligen Herkunftsland mobilisierte, um SpezialistInnen, LehrerInnen und weitere qualifizierte Arbeitskräfte zu fördern.

3.2.4- Initiativen von einzelnen und kleinen privaten Gruppen Aktionen in diesem Rahmen sind schwer erfassbar, weil sie über informelle Strukturen verlaufen. MigrantInnen und Diasporaorganisationen befinden sich in diesen Gruppen. Sie schließen sich in sog. „Hometown Organisations“ zusammen, leisten individuelle und kollektive Rücküberweisungen in Heimatländer und unterstützen damit private Gesundheitsversorgung, Bildung und weitere vergleichbare Leistungen der EZA. Home Town Organisation (HTO) ist eine Organisation, die von einer Diaspora gegründet wird, also von MigrantInnen, welche dieselbe Herkunft bzw. Nationalität teilen und in derselben Community leben. HTOs sind eine Form der Selbstorganisation, mit der die MigrantInnen das 35

http://www.iomvienna.at/

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Ziel verfolgen, die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung ihres Herkunftslandes bzw. ihrer Herkunftsregion zu beeinflussen und zu fördern. So werden über Home Town Organisations beispielsweise Geld und andere Ressourcen in die Herkunftsländer ihrer Mitglieder transferiert. Üblicherweise entwickeln sich Home Town Organisations aus informellen Netzwerken. Mitglieder sind miteinander befreundete oder verwandte MigrantInnen. Ihnen gemeinsam ist meist eine starke emotionale Verbindung zu ihrem ursprünglichen Heimatort.36

4 - Migrations- und Entwicklungspolitik in Österreich? Oder der Anspruch der Kohärenz Die Landschaft und Handlungsfelder der EZA sind wie dargestellt sehr breit. Inwieweit stimmen Akteure ihre Ziele und Aktionen miteinander überein?

4.1- Kohärenz in der Politik? „Entwicklungspolitische Nachhaltigkeit und Kohärenz muss in allen Politikbereichen als Zielvorgabe anerkannt werden“ S. 250 des Regierungsprogramms 2008-201337 Mit dem Dreijahresprogramm der österreichschen Entwicklungszusammenarbeit wird versucht Kohärenz, wenn nicht in den Bereichen Migration und Entwicklung, dann doch in der Entwicklungspoltik an sich herzustellen.

Dr. Helmuth Hartmeyer, Leiter der Abteilung Förderungen Zivilgesellschaft in der ADA bestätigt das Fehlen von Kohärenz zwischen Migration und Entwicklung auf politischer Ebene. Dazu Dr. Helmuth Hartmeyer im Interview mit uns am 15.11.2011: „Das Dreijahresprogramm war immer gedacht als Mittel um mehr Kohärenz in der österreichischen Entwicklungspolitik herzustellen. Es ist aber schwierig, wenn das Außenministerium als federführendes Ressort unter 20 Prozent der Entwicklungshilfemittel administriert. Die anderen 80 Prozent lassen sich nicht so leicht koordinieren und kohärent herstellen. Es ist nun die erklärte Absicht, Außenministerium, Finanzministerium und ADA zu den drei Grundsäulen des neuen Dreijahresprogramms zu machen. Damit soll eine stärkere Identität hergestellt und dem Gedanken der Kohärenz besser Rechnung getragen werden. “38 Für Dr. Christian Fellner, Leiter der Sektion IV/B – Inneres und Justiz (Asyl/Migration) des BMeiA, steigen mit dem Dreijahresprogramm die Chancen, dass künftig auch eine Auseinandersetzung mit Migration und Entwicklung folgt: „Natürlich finden da auch Diskussionen mit dem Innenministerium statt. Es gibt eine interministerielle Koordination. Ein Beispiel ist das Dreijahresprogramm, in das vermutlich 36

http://www.migration4development.org/sites/m4d.emakina-eu.net/files/home_town_associations_project-briefing_document.pdf (10.10.2011) 37 http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=32965, gelesen am 20.04.2011. 38 Interview mit Helmuth Hartmeyer, geführt am 15.11.2011.

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das Thema Migration und Entwicklung in nächster Zeit einfließen wird. Es wird interministeriell abgestimmt. Natürlich bemüht sich die Regierung kohärent zu sein, das heißt, dass ein Ressort dem anderen nicht widerspricht. Insofern gibt es eine Art von Kooperation und wir reden noch über das Thema. Wir beschicken gemeinsam Konferenzen, aber eine klare, sagen wir mal Handlungsplattform gibt es nicht, weil es ja auch noch keine klare Handlungsanweisung gibt.“ (Im Interview mit uns am 21.11.2011).

Doch die größten Schwierigkeiten liegen beim Mangel an Interesse an Migration und Entwicklung.

Diskrepanzen resultieren aus der Kluft, die es zwischen Schwerpunkten der Migrationspolitik und jenen der Entwicklungspolitik gibt. Während zwei Drittel der MigrantInnen aus EU- und EWR-Staaten kommen, fokussiert die OEZA auf Schwerpunkländer, die defacto Drittstaaten sind. Christian Fellner dazu: „Wir haben eine Migrationspolitik, die auf Europa konzentriert ist. Die innereuropäischen MigrantInnen sind die allermeisten. In der OEZA sind wir an einem ganz anderen Ende der Welt. Insofern ist da sozusagen der Zusammenhang ein sehr loser.“ Es kommt dazu, dass die historische Festlegung der OEZA Schwerpunktländer die aktuelle Migrationslandschaft nicht repräsentativ widerspiegelt. Es kommen beispielweise relativ viele MigrantInnen aus Nigeria (2887) Philippinen (5481) oder Ukraine (5037). Diese Länder sind aber keine Schwerpunktländer der OEZA. Wobei die MigrantInnen, die die Staatsbürgerschaft schon erlangt haben in diesen Zahlen des BM.I nicht mitgerechnet sind. Während das Thema „Entwicklung“ schon mit einigen anderen Themen in eine Korrelation gebracht werden konnten, sei es im BMeiA oder interministeriell, findet auf diesen Ebenen noch keine erkennbare Zusammenfügung von „Migration und Entwicklung“ statt. Dabei wurden im Dreijahresprogramm (2010-2012) folgende Schnittstellen mitgedacht: IV. Politikkohärenz IV.1 Schnittstelle Sicherheit und Entwicklung IV.2 Schnittstelle Umwelt und Entwicklung IV.3 Schnittstelle Wirtschaft und Entwicklung39 Unter dem Absatz „Politikkohärenz“ waren folgende Punkte dabei:

in dem Dreijahresprogramm

(2008-2010)

Teil V: Politikkohärenz V.1 Umwelt und Entwicklung V.2 Ernährungssicherheit V.2.1 Zielvorgaben des OEZA-Engagements zur Ernährungssicherheit V.3 Bildung und Wissenschaft V.3.1 Hochschulbildung und Wissenschaftskooperation V.3.1.1 Rahmenbedingungen auf EU-Ebene V.3.1.2 Zielvorgaben des OEZA-Engagements Doch in demselben Dokument (2008-2010) gab es ein Statement, das für Migration und Entwicklung vielversprechend war. Es steht auf Seite 57: 40 39 40

http://www.entwicklung.at/uploads/media/3JP_2010-2012_03.pdf (10.10.2011) http://www.oefse.at/Downloads/eza/OEZA_Dreijahresprogramm_2008-2010.pdf (10.12.2011)

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■ Migration Auf internationaler Ebene hat das Thema Migration und Entwicklung deutlich an Bedeutung gewonnen. Im Europäischen Konsens 2005 identifizierte die EU Migration als einen Bereich, in dem die gemeinschaftliche Entwicklungszusammenarbeit weiterentwickelt werden soll. Die für Migration relevanten Konferenzen (Euro-Afrikanische Ministerkonferenzen über Migration und Entwicklung, Rabat 2006, Tripolis 2006 und Paris 2008 sowie der 2. EUAfrika-Gipfel in Lissabon 2007) sollen zu einer Vertiefung des politischen Dialogs zwischen der EU und Afrika in der Thematik beitragen. Angestrebt werden ein gemeinsames Konzept partnerschaftlicher Entwicklungszusammenarbeit mit dem Ziel, den Migrationsdruck durch die Verbesserung der Situation in den Herkunftsländern zu verringern sowie die Maximierung der positiven Effekte internationaler Migration. Eine Schnittstelle zwischen den Schwerpunktländern der OEZA und Migration nach Österreich besteht vor allem im Bereich Südosteuropa. Im Rahmen der nationalen Kompetenzen unterstützt die OEZA entwicklungspolitisch positive Migrationsformen, die sich aus den Mobilitätspartnerschaften auf EU-Ebene ergeben können. Weiters setzt sich die OEZA zum Ziel, Möglichkeiten zu eruieren, damit Geldrücksendungen (Remittances) von MigrantInnen in den Herkunftsländern zur Unterstützung von Klein- und Mittelbetrieben eingesetzt werden können. Zur Minderung von Brain-Drain veranstaltet die OEZA jährlich einen Wettbewerb für StudentInnen aus Westbalkan-Staaten mit anschließender Berufsmesse. In Südosteuropa engagiert sich die OEZA auch aktiv im Kampf gegen Menschenhandel und im SADC-Raum im Rahmen mehrjähriger Projektinitiativen gegen Frauen- und Mädchenhandel. Obwohl 2008 anerkannt wurde, dass Migration und Entwicklung an Bedeutung gewinnt, wird dieser Themenkomplex nicht mehr in dem darauffolgendem Dreijahresprogramm als eigener Punkt behandelt, obwohl dies als Zielvorgabe sogar im Regierungsprogramm angemerkt wird: „Entwicklungspolitische Nachhaltigkeit und Kohärenz muss in allen Politikbereichen als Zielvorgabe anerkannt werden“ S. 250 des Regierungsprogramms 2008-201341 Es gibt in Österreich mehrere Politikbereichen, die sich mit der Entwicklungspolitik/Zusammenarbeit beschäftigen. Zusätzlich zur Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit tragen auch die Oesterreichische Entwicklungsbank, 8 Ministerien, Bundesländer und Gemeinden mit öffentlichen Mitteln zum Entwicklungszusammenarbeitsbudget Österreichs bei. Doch es gibt nur ein Ministerium, das für die Migrationspolitik zuständig ist, das BM.I, das allerdings auch eines der Ministerien, die die Entwicklungszusammenarbeit leisten, ist. Im BM.I befindet sich das im April 2011 gegründete Staatsekretariat für Integration. Dass das Sekretariat für Integration im Innenministerium angesiedelt ist, bleibt nach wie vor umstritten. Grund für die Kritik sind die von vielen als restriktiv bezeichneten Integrations- und Asylgesetze des Innenministeriums. Es wird befürchtet, dass das Sekretariat für Integration davon beeinflusst wird. Michael Landau, Leiter der Caritas sagte in einer Presseaussendung am 03.10.09 dazu: "Österreich braucht ein eigenes Staatssekretariat für Integration, das in seine Entscheidungen alle relevanten Bereiche wie Bildung, Arbeitsmarkt, Soziales und das Flüchtlingswesen mit einbezieht. Das Migrationthema darf nicht länger nur unter dem

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http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=32965, gelesen am 20.04.2011.

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Sicherheitsaspekt abgehandelt werden. Migration und Integration sind Querschnittsthemen, die alle Gesellschaftsbereiche berühren“.42 In Österreich werden die Bereiche „Migration“ und „Entwicklung“ meist getrennt voneinander bearbeitet. Die staatlichen Akteure, die im Bereich der Entwicklungspolitik agieren, sehen den Bereich der Migrationpolitik nicht als ihre Aufgabe. Daniela Pamminger ist eine Mitarbeiterin der Caritas und hat zu dem Thema eine wissenschaftliche Arbeit durchgeführt. Im Interview, durchgeführt am 30.9.2011, schildert sie die Lage wie folgt: „Österreich ist auf politischer Ebene weit entfernt von Kohärenz. Es fühlt sich auch niemand verantwortlich, die beiden Themen zu verschränken. Auf internationaler Ebene und auch in Deutschland ist das Thema Migration und Entwicklung schon längst ein Thema – aber nicht in Österreich.“ Daniela Pamminger beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahren mit dem Thema der Verschränkung von Migration und Entwicklung und hat dazu auch eine Masterthesis verfasst.43 Es wird auch die Meinung vertreten, dass die Bereiche Migration und Entwicklung auseinander gehalten werden müssen. So teilen manche IntegrationspolitikerInnen die Annahme, dass MigrantInnen, die sich in der EZA engagieren, zu sehr mit dem Herkunftsland in Verbindung stehen und sich daher in Österreich nicht integrieren. Diese Meinung wird nicht von allen geteilt. Herbert Langthaler dazu:

„Man will Integration fördern, aber fürchtet sich davor, dass Community-Organisationen sozusagen desintegrativ arbeiten. Das ist die Angst vor Parallelgesellschaften! Das ist das Schlagwort, mit dem gearbeitet wird. Unserer Meinung nach ist das nicht richtig. Es gibt Studien, die Hinweise darauf geben, dass MigrantInnen, die Projekte durchführen, sich auch in den Aufnahmegesellschaften auskennen, weil sie ja z. B. schauen müssen, wie sie Förderungen für Projekte bekommen, und das ist jedenfalls integrativ.“44

4.2 - Kohärenz bei den NGOs und Diaspora Organisationen? Nichtstaatliche Organisationen (NGOs) und Diaspora Organisationen versuchen inzwischen verstärkt, die Zusammenhänge von EZA and Migration aufzuzeigen bzw. fangen an, über die Notwendigkeit einer gemeinsamen Betrachtung dieser Bereiche zu diskutieren. Das zeigt zum Beispiel das gut gelungene „Ke Nako Projekt“, das im Jahr 2010 durchgeführt wurde. Das Projekt "Ke Nako Afrika - Afrika Jetzt! Eine Initiative für ein vielfältiges Bild Afrikas" wurde mit dem PR-Staatspreis für Public Relations ausgezeichnet. Der gemeinsamen Initiative der Austrian Development Agency (ADA), des Wiener Instituts für Internationalen Dialog und Zusammenarbeit (VIDC) und der Afrika Vernetzungsplattform (AVP) schlossen sich rund 100 Partnerorganisationen an. Mehr als 300 Veranstaltungen weckten das Interesse von rund 42

http://www.caritaswien.at/aktuell/presseaussendungen/detail/artikel/1678/1057/?tx_ttnews[pS]=1199142000&cHash=295e097a55. Angelesen am 12.10.2011 Daniela PAMMINGER: (2009): Von „Migration und Entwicklung“ und möglichen Anknüpfungspunkten für die Caritas Steiermark. Masterthesis für MAS Migrationsmanagement Universität Salzburg 43

44

Interview mit Dr. Herbert Langthaler, geführt am 11.10.2011.

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184.000 Menschen in ganz Österreich. Diese Initiative ist in die OEZA-Geschichte als eines der besten Beispiele im Bereich der Entwicklungspolitischen Bildungs- und Kommunikationsarbeit eingegangen. Die Jury begründete ihre Entscheidung mit folgenden Argumenten: "In eindrucksvoller Weise ist es 'Ke Nako Afrika' gelungen, Image PR für einen ganzen Kontinent zu betreiben und damit ein wichtiges gesellschaftliches Thema mit kommunikativen Mitteln voran zu treiben. Das Projekt überzeugt durch die koordinierte Bündelung vielfältiger Maßnahmen, die unter einer Dachmarke inklusive Branding zusammengefasst wurden. Unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen kamen in teils kontroversiell geführten Dialogen zu Wort, wobei im Rahmen der Aktionen stets Sensibilität im Umgang mit Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen im Vordergrund stand. Die Initiative konnte Partner aus zahlreichen Organisationen gewinnen, neben Medien auch österreichische und afrikanische Nichtregierungsorganisationen, Universitäten, Jugendorganisationen und Kulturinstitutionen. Durch diese integrierende Vorgehensweise gelang es im Rahmen von über 300 Veranstaltungen, den Anlass der Fußball-Weltmeisterschaft zu nützen und den afrikanischen Communities in Österreich zu einer stärkeren positiven Präsenz zu verhelfen."45 Doch in ihrem jeweiligen Engagement fehlt konkrete Zusammenarbeit. So gibt es kaum Angehörige von Diaspora Organisationen, die als Arbeitskräfte in NGOs angestellt sind. Vielmehr bemühen sich Diaspora-Organisationen, eigene Einrichtungen zu gründen, denen allerdings meist weniger Mittel zur Verfügung stehen. So entsteht eine Stimmung der Konkurrenz und des Misstrauens von Seiten der Diaspora-Organisationen, die eine Zusammenarbeit mit entwicklungspolitischen NGOs erschwert. Die EZA wird zudem von vielen MigrantInnen und Diaspora-Organisationen als zu bürokratisch und damit kompliziert wahrgenommen. Das sagt auch Kamdem Mou Poh à Hom, Leiter des Chiala´AfriaZentrums in Graz. Das Interview wurde im Rahmen der Erhebungen am 15.11.2011 geführt. „Über das Thema wird im Chiala´AfriaZentrum nicht diskutiert. Entwicklungszusammenarbeit macht jeder mit seiner Familie oder für sich, außerhalb der offiziellen EZA. Die Österreichische EZA ist unbekannt, das kennt kein Mensch. Es ist extrem bürokratisch. Auch für uns als Chiala, wir tun uns schwer. Man muss sehr hohe Kompetenzen haben.“ Ungleiche Rahmenbedingungen und Ressourcen erschweren eine gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen entwicklungspolitischen NGOs und Diaspora Organisationen. Joe Kojo Taylor, der Ehrenobmann des Pan African Forums, der uns am 16.11.2011 ein Interview gab erwähnte uns gegenüber ein für ihn pragmatisches Beispiel. Er sagte: „Bei Veranstaltungen, zu denen NGOs uns einladen, müssen wir uns frei von unseren Arbeitgebern geben lassen, um dabei sein zu können, wobei NGO-MitarbeiterInnen dort in ihrer normalen Arbeitszeit sein dürfen. Oft kommen deswegen relativ wenige arbeitstätige Diaspora-Mitglieder zu Treffen mit NGOs. Um mit dir dieses Interview zu führen, habe ich weg vom Arbeitsplatz müssen, und du bist gerade bei deiner Arbeit, in dem du mit mir redest“.

45 http://derstandard.at/1289608773620/Public-Relations-PR-Staatspreis-an-Ke-Nako-Afrika---Afrika-Jetzt-Agentur-Grayling-Austria (10.10.2011)

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Viele Diaspora Organisationen sind zudem aus der primären Notwendigkeit von Integrationsarbeit in Österreich entstanden, Entwicklungszusammenarbeit wird aus Mangel an Ressourcen vernachlässigt, sehr zum Leid dieser Organisationen. Die Entwicklungszusammenarbeit der MigrantInnen spielt sich stattdessen auf einer anderen Ebene ab, in so genannten Home Town Organisation, wo die NGOs wiederum keinen Zugang finden. In Wien organisiert sind beispielweise „Ghana Union“, NANCA (Nigeria), Mbogliaa ba Austria (Kamerun) etc.

4.3 -Tendenz Die jüngeren Entwicklungen, nicht zuletzt auch das laufende Projekt „CoMiDe“, indem Akteure sowohl aus dem Bereich Migration als auch aus der Entwicklungszusammenarbeit sich bemühen die Kohärenzproblematik offen zu legen, wecken neue Hoffnungen. Auch Daniela Pamminger begrüßt diese Initiative: „Wenn man von einem Nulllevel ausgeht, ist natürlich eine Verbesserung der Situation zu beobachten. So gibt es auf jeden Fall zumindest etwas mehr Literatur als noch vor fünf Jahren. Und das Projekt CoMiDe bringt natürlich eine große Steigerung bzw. Verbesserung. Endlich passiert hier etwas und wird das Thema diskutiert! Im Moment gibt es in Österreich noch sehr wenige Anknüpfungspunkte in der Diskussion – es beschäftigt sich kaum jemand damit und es gibt kaum ExpertInnenwissen.“ Andere EU Länder haben sich hingegen schon früher dieser Herausforderung gestellt, so der Soziologe Herbert Langthaler im Südwind-Magazin vom Feber 2009: „Migration und Entwicklung ist in vielen EU-Staaten seit Jahren nicht nur ein öffentlich rege diskutiertes Thema. Es gibt auch vermehrt konkrete Programme und Projekte, die MigrantInnen und ihre Organisationen in die staatliche Entwicklungszusammenarbeit (EZA) einbinden. In Österreich kommt dieser Prozess erst recht langsam in Gang“46.

5 - Öffentlicher Diskurs über Migrations- und Entwicklungspolitik 5.1- Politischer Diskurs Die Bundesregierung betrachtet Migrationströme als eine der aktuellen Herausforderungen. Im Regierungsprogramm 2008-2013, Seite 217 steht: „Den globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts (wie Armut, Klimawandel, Abrüstung, wirtschaftliche und soziale Ungleichgewichte, Nahrungsmittelkrise, HIV/AIDS, Bevölkerungswachstum, Migrationströme) können wir nur gemeinsam mit unseren Partnern in der Welt wirksam begegnen“. Die Natur der anderen in diesem Absatz zusammengestellten Herausforderungen neben Migrationströmen könnte soweit interpretiert sein, dass Migration negativ betrachtet sei.

46 Vgl.: http://www.suedwind-magazin.at/start.asp?ID=237796&rubrik=4&ausg=200902

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Mehr Eindeutigkeit darüber, wie Migration diskutiert wird, wird in Wahlkampfperioden gewährleistet, etwa mit Slogans und Plakaten. Zuletzt gab es den viel in der Öffentlichkeit diskutierten Slogan der FPÖ. Nachzulesen in der online Ausgabe der Presse.com47: Die Wiener FPÖ wirbt mit dem Slogan "Mehr Mut für unser Wiener Blut. Zu viel Fremdes tut niemandem gut". Die Grünen orten einen Tiefpunkt im Wahlkampf. Die SPÖ findet die Plakate "abstoßend". Die Debatte über die nötige Kohärenz der Migrations- und Entwicklungspolitik befindet sich in ihren Anfängen. Während viel über die Thematik „Migration und Integration“ geredet, geforscht und geschrieben wird, bleibt die Konstellation „Migration und Entwicklung“ unberührt und wenn schon, dann sehr unkoordiniert. Herbert Langthaler48 analysiert die Lage folgendermaßen: „Unter dem Titel `Migration und Entwicklung` wird heute je nach Interessenlage etwas anderes diskutiert. Einerseits gibt es bei manchen PolitikerInnen in Europa die Vorstellung, Entwicklung könne Migration verhindern, nach dem Prinzip: Wenn `wir` Maßnahmen setzen, damit es `ihnen` besser geht, dann bleiben `sie` dort wo sie sind. In ihrem Sinne müsste es eher heißen `Entwicklung statt Migration`. Ein anderes viel besprochenes Thema sind die so genannten Remittances - die Rücküberweisungen von MigrantInnen in ihre Heimatländer. Hier wachsen auf Seiten staatlicher Stellen in den Aufnahme- und den Herkunftsländern alle möglichen Begehrlichkeiten, seit die Weltbank und andere Organisationen durch Studien das Ausmaß dieser Remittances offen gelegt haben.“49

Die Schwierigkeit sich der Problematik der fehlenden Kohärenz zu stellen, hat sich als roter Faden durch die Erhebungen für diesen Bericht gezogen. Die Gesandte Marianne Feldmann vom BMeiA sagt dazu:

„Das Thema liegt „in der Luft“, aber es ist schwierig, konkrete Ansätze zu finden, die es auf den Punkt bringen können. Schweden zum Beispiel hat eine eigene Kohärenzstrategie, in dieser steht unter Migration und Entwicklung aber nur wenig Konkretes. Auch was die EU im Bereich Migration and Development macht, ist vorerst wenig. Die Europäische Kommission hat aber kürzlich ein Dokument zu Migration und Entwicklung veröffentlicht, das eine Reihe von Vorschlägen bringt, wie man die Themen Migration und Entwicklung positiv miteinander in Verbindung bringen kann.“50 Um einen Schritt in Richtung Kohärenz zu gehen, gelte es: „gemeinsame Handlungsfelder abzustecken und gemeinsame Leitfäden zu entwickeln.“51

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http://diepresse.com/home/politik/wienwahl/587895/Wiener-Blut_Gruene-werfen-FPOe-NaziJargon-vor (10.10.2011) Herbert Langthaler ist Sozialanthropologe und Publizist mit Schwerpunkt Flucht- und Migrationsthemen. Er ist Mitautor einer Studie über die politische Partizipation von Flüchtlingen und AsylwerberInnen in der EU, die im November im Südwind Magazin vorgestellt wurde (Studie auf www.asyl.at/projekte/node.htm).

48

49 50 51

Interview mit Herbert Langthaler, geführt am 11.10.2011 Interview mit Gesandte Mag.a Marianne Feldmann, geführt am 21.11.2011. Ebd.

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Immer wieder werden Rückkehrprogramme etwa über IOM angeboten, obwohl diese auf Kritik bei den Akteuren stoßen. Rückkehrprogramme seien ineffizient, findet auch Herbert Langthaler:

„Rückkehrprojekte funktionieren einfach nicht. Das kann man fast so pauschal sagen. Das Geld, das die Leute dabei mitkriegen, ist dann einfach weg. Es kann nur funktionieren, wenn transnationale Netzwerke stabil aufgebaut werden. Diese Problematik gilt auch umgekehrt: Wenn die MigrantInnen lange in Europa sind und die Verbindung abreißt, sind sie nicht mehr daran interessiert, Projekte und Familien in den Herkunftsländern zu unterstützen. Allein deswegen, weil sie hier mehr zu tun haben. Das bestätigen auch verschiedene Studien.“52

Helmut Hartmeyer von der Austrian Development Agency begrüßt in dem an uns gegebenen Interview erste Impulse, die beiden Politikfelder zusammenzuführen. Es gelte abzuwarten, wie sich diese in Programmen und Projekten der EZA niederschlagen. Eine Mitbeteilung des BM.I sei dabei unabdingbar:

„Besser wäre es, wenn das Innenministerium dabei ist, weil ja die Frage der Integration, die Frage der Legalität von Personen, überhaupt alles, was mit Asyl zu tun hat, ohne die polizeilichen Behörden nicht machbar ist. Aber ich glaube, dass es auch zwischen Außerministerium und ADA oder ADA und MigrantInnen-Organisationen durchaus sinnvolle Initiativen gibt, die nicht vom Innenministerium abhängig sind. „Ke Nako Afrika“ z. B. musste nicht mit dem Innenministerium abgestimmt werden“ „Wir können in bestimmten Bereichen unterstützen. Wir erzielen kleine Erfolge. Für die großen Erfolge in dem Bereich fehlt in Österreich aber das politische Klima“.53

Gesetzlichen Rahmen gibt es im Zusammenhang von Migration und Entwicklung kaum. Auf EU-Ebene gibt es eine Richtlinie, die mit der Einführung der Rot-Weiss-Rot Karte in Österreich nicht eingehalten wurde. Christian Fellner klärt auf: „Mir fehlt dazu die Blue Card der EU, wo eben in der Richtlinie vorgesehen ist, dass man keine Blue Card vergeben soll an Leute deren Abgehen aus ihrem Herkunftsland einen erkennbaren Schaden bedeutet, um Brain-drain zu verhindern. Diese Forderung hat Österreich nicht umgesetzt, aus dem schlichten Grund, weil bei uns keine anderen Programme existieren. Das heißt die Suche nach Arbeit ist dem Individuum überlassen. Wenn es sich um einen Arbeitsplatz in Österreich interessiert. Da ist die österreichische Regierung nicht soweit gegangen zu sagen, „du darfst nicht kommen weil dein Heimatland dich braucht.“

52 53

Interview mit Herbert Langthaler am 11.10.2011 Interview mit Helmuth Hartmeyer, geführt am 15.11.2011.

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5.2 - Beitrag von NGOs und MigrantInnen Vereinen Angesichts der internationalen Debatte, die eingebettet war in den Kontext des EU-AfrikaDialogs, entstand im April 2007 in der AGEZ (Vorgänger des NGOs Dachverbands Globale Verantwortung) ein Positionspapier zu „Migration und Entwicklung“. Nun vertritt die „Globale Verantwortung“ national und international die Interessen von 42 österreichischen Nichtregierungsorganisationen. Doch die damals erarbeiteten Empfehlungen stießen bei keinem der Adressaten, d.h. weder bei der österreichischen Regierung noch beim Parlament, beim BMeiA, beim BMI oder bei der EU-Kommission oder beim Europäischen Parlament auf Interesse. Auch auf die NGOs und die interessierte Öffentlichkeit wurde kein Einfluss genommen. Doch das Positionspapier bleibt für NGOs ein grundlegendes Dokument für eine weiterführende, zukunftsgerichtete Diskussion.54 Auf Initiative einzelner NGOs und Diaspora-Organisationen wurden in den vergangenen Jahren beispielsweise Tagungen, Diskussions-Veranstaltungen sowie Pilotprojekte organisiert. Es folgt hier eine Auflistung von Beispielen auf welche Art und Weise NGOs und MigrantInnen Vereine sich engagieren.

20. Juni 2009 : „Entwicklung durch Migration“: ein Symposium von und mit: Pan African Forum in Austria, Grüne Bildungswerkstatt Minderheiten, Grüne MigrantIinnen Wien, Südwind Agentur Regionalstelle Wien und Evangelischer Verein für Studentenheime Wien (ASH). Im Jahr 2009 initiierte Südwind mit den Mitteln der ADA eine Pilotprojektreihe, „Entwicklungspolitische Gemeinde-Arbeit“ mit dem Ziel, die Verbindung von Migration und Entwicklung auf kommunaler- und Bezirksebene zu etablieren. Diese Erfahrung hat gezeigt, dass derzeit in Zusammenhang mit dem Thema „Migration“ die ganze Bemühung auf das Thema „Integration“, die freilich eine wichtige Rolle spielt, fokussiert ist. Die lokalen migrationspolitischen Rahmenbedingungen erschweren ein Erweitern des Fokus, und so bleiben Fragen der Entwicklungszusammenarbeit gegenüber Themen der Integration außen vor. Je größer der Anteil an MigrantInnen ist, desto schwieriger ist es in der Regel, eine Diskussion über „Migration und Entwicklung“ zu führen, denn Debatten über „Migration und Integration“ dominieren den Diskurs. In Wien wurde das Pilotprojekt im Bezirk RudolfsheimFünfhaus, mit der aktiven Mitbeteilung der Bezirksvorstehung durchgeführt. Lobenswert war es, dass der Bezirk sich auf unser Pilotprojekt eingelassen hatte, denn die FPÖ-Fraktion des Bezirksrates hatte sich von dem Projekt und dessen Aktivitäten fern gehalten, mit der Begründung, es gäbe keine Interesse für solche Fragestellungen. Das Engagement der AG Integration (es existierte keine AG-Migration in dem Bezirk) von Rudolfsheim-Fünfhaus zeigt aber, dass es wünschenswert ist, solche Versuche weiter zu führen. Der Bezirksrat Haroun Moalla hat dazu einen Artikel im Schmelztiegel- die Zeitung der Grünen Rudolfsheim-Fünfhaus - verfasst.55 Hier ein Ausschnitt davon: „In den bisherigen Diskussionen wurden einige grundsätzliche Dinge festgestellt: Rudolfsheim- Fünfhaus befindet sich inmitten einer globalisierten Welt. Globalisierung 54

http://www.oneworld.at/agez/Migration-und-Entwicklung.pdf

55

http://rudolfsheim-fuenfhaus.gruene.at/uploads/media/ST_4_09_screen.pdf S. 5 (22.mai.2011).

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bedeutet nicht nur weltweiten Waren- und Zahlungsverkehr sondern auch die globale Bewegung von Menschen. Diese Menschen verlassen ihre Heimat nicht zuletzt wegen einem internationalen Einkommensgefälle, welches sich häufig auf unfaire Beziehungen auf den Weltmärkten zurückführen lässt“. Am 11. Juni 2010 veranstaltete das NGO-Netzwerk "Rechte - Chancen - Vielfalt", ein österreichweiter, loser Zusammenschluss von NGOs, die in den Bereichen Integration, Asyl und Anti-Diskriminierung tätig sind, eine Workshopreihe zum Thema "Migration & Entwicklung". Ziel ist die Förderung eines Integrationsbegriffs, der auf die Herstellung von Chancengleichheit aller abzielt. Die Themen und Fragen waren: -Die Wichtigkeit der MigrantInnen für zielgerichtete und erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit -Entwicklungspolitisches Engagement von österreichischen Organisationen und MigrantInnenorganisationen: Konkurrenz belebt das Geschäft! oder Von einander lernen. -Entwicklungspolitische Kompetenz: Woher, wenn nicht von MigrantInnen? -Entwicklungspolitisches Engagement von MigrantInnen: von Rücküberweisung bis Schulgründung -Migration als Kompetenzabfluss aus Entwicklungsländern nach Europa? -Von Braindrain-Steuern und individuellen Entwicklungsmöglichkeiten in Entwicklungsländern -Voraussetzungen gelungener EZA von MigrantInnenorganisationen - Wer schafft es noch nach Österreich? Legale und illegale Migration nach Österreich Eingeladen waren alle Interessierten sowie die Medien. Am 01. März 2010 startete die Caritas in Vorarlberg ihr neues Projekt "Migration und Entwicklung". Das Projekt verfolgt folgende Ziele: Beratung von potentiellen MigrantInnen, Unterstützung und Reintegration von RückkehrerInnen und Bildung eines Existenzgründungsfonds für die dauerhafte Vermeidung von Migration und zur Förderung der Entwicklung in Armenien.56 30. Juni 2011: Migration und Entwicklung – Partizipation der afrikanischen Diaspora im entwicklungspolitischen Diskurs. Eine Tagung von der Afrika Vernetzungsplattform in Kooperation mit dem VIDC in Wien. Diese zwei Organisationen bieten im Moment ein gutes Beispiel, wie eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen NGOs und Vereinen gestaltet werden könnte.57 „Bei der Caritas Steiermark gibt es auf theoretischer Ebene keine Auseinandersetzung mit dem Thema. Die beiden Bereiche wurden bis heute getrennt gedacht“, sagt Daniela Pammiger von der Caritas-Auslandhilfe. Dennoch nennt sie ein Beispiel dafür, wie die Bereiche in ihrer Organisation zusammenwirken, wie etwa in einer speziellen Projektberatung: "Ein weiteres Beispiel für eine Verknüpfung ist die Projektberatung der Caritas für MigrantInnen, die in ihrem Herkunftsland Entwicklungsprojekte durchführen möchten. Für diese Beratungen gibt es jedoch keine zusätzlichen personellen und finanziellen Ressourcen. Sie werden daher nicht aktiv beworben und laufen mehr nebenher mit. Das Beratungsangebot 56

http://www.caritas-vorarlberg.at/auslandshilfe/migration-und-entwicklung/migration-und-entwicklung-armenien/ Dokumentation der Tagung: Migration und Entwicklung – Partizipation der afrikanischen Diaspora im entwicklungspolitischen Diskurs http://www.vidc.org/fileadmin/Bibliothek/DP/pdfs/Schmidjell/Dokumentation_Migration_und_Entwicklung_30_Juni_2011_final.pdf 57

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wird von MigrantInnen immer wieder angenommen (Anm.: allerdings handelt es sich häufig um finanzielle Anfragen, denen nicht immer nachgekommen werden kann)."

Trotz einzelner Positivbeispiele bleiben die Potentiale der Diaspora- und MigrantInnenOrganisationen in der Österreichischen EZA weitgehend ungenutzt. Der Leiter des Chiala´AfriaZentrums in Graz Kamdem Mou Poh à Hom appelliert, auf das Potential der MigrantInnen zurückzugreifen: „Die Kompetenz, die die EZA sucht, kann sie bei den MigrantInnen finden. Wir wissen, was die Leute in den Orten brauchen und sprechen deren Sprache. Wir werden aber leider gar nicht gefragt. Ich würde mir eine Diskussion über eine Neuausrichtung der EZA in Österreich wünschen mit der Ambition, alle Interessierten und v. a. natürlich Menschen, die aus diesen Ländern gekommen sind, einzubeziehen. Das ist kein Ausschluss der Österreicher. Es geht wirklich darum, nicht nur die Meinung der Leute zu hören. Wir wollen Teil dieser Geschichte sein. Uns nach unserer Meinung zu fragen, ist für mich zu wenig. Schon in der Anfangsphase wollen wir mitgenommen werden. Menschen mit Migrationshintergrund würden eine neue Dynamik in die Entwicklungszusammenarbeit hineinbringen. Wenn wir viel mehr Menschen haben, die mitmachen und entscheiden, dann entstehen neue Konzepte, die sicher tragbarer sind als die von jetzt.“ Auch Livinus Nwoha, Leiter des Vereins Ikemba in Graz, stuft eine Beteiligung und Einbindung von MigrantInnen- und Diaspora-Organisationen in die Österreichische EZA als sehr wichtig ein. Er knüpft daran jedoch eine Bedingung: „(...) vorausgesetzt, die Vereine pflegen aktiven Kontakt mit der alten Heimat und sind mit den sozialen und politischen Veränderungen in den jeweiligen Ländern vertraut. Manche Migranten haben sowohl in der neuen Heimat (mangelnde Teilhabe, Teilnahme und Mitgestaltungsmöglichkeiten), als auch in der alten Heimat keinen Anschluss gefunden.“ Das Argument der Herkunft als Berechtigung und Qualifikation der Diaspora für die EZA wurde bei unseren Gesprächpartnern viel diskutiert. Helmuth Hartmeyer von der ADA hat dazu seine Bedenken uns gegenüber geäußert: „Ich stehe insgesamt der Entwicklungshilfe in ihrer gängigen Form kritisch gegenüber und sie wird nicht dramatisch besser, nur weil AfrikanerInnen sie machen. Entscheidend ist das Konzept. Ob eine österreichische NGO von hier Projekte dort macht, oder eine afrikanische Community, na ja, der Unterschied ist nicht riesig. Auch hinter die Aussage "ich komme von dort und kenne mich auf Grund dessen besser aus" würde ich ein großes Fragezeichen machen. Wenn die Leute schon relativ lange weg aus ihrer Ursprungsheimat sind, hat sich auch dort vieles verändert. Es ist einfach nicht mehr das Land, aus dem sie weggegangen sind. Und es stellt sich alle mal die Frage, mit welchen Kenntnissen oder Erfahrungen sie gekommen sind. Also nicht jeder, der in Österreich lebt, kennt sich in der österreichischen Politik aus, oder kennt die wirtschaftlichen Zusammenhänge, nur weil er hier lebt. Das Argument: „ich komme von dort“, ist mir noch immer zu dünn.“58

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Interview mit Helmuth Hartmeyer, geführt am 15.11.2011

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5.3 - Wissenschaftlicher Beitrag Aktuell gibt es noch wenige wissenschaftliche Studien zum Thema. Das bemängelt u.a. auch Dr. Christian Fellner von der Sektion IV/B – Inneres und Justiz (Asyl/Migration) des BMeiA: „es gibt keine Analysen und Guidelines, die Antworten darauf geben, wie man die Politikfelder konstruktiv und systematisch aufeinander abstimmen kann. Die aktuellen Thesen über die positiven oder negativen Effekte einer Abstimmung im Sinne der EU-Kommission (Vgl. Policy Coherence for Development) sind noch sehr vage.“

Dennoch etabliert sich das Thema „Migration und Entwicklung“ langsam in der Wissenschaft in Österreich. Universitäten und einzelne WissenschaftlerInnen widmen sich dem Thema, mal um die Win-Win-Aussichten zu untersuchen, mal um die Begrifflichkeiten in Frage zu stellen oder die Kohärenz zwischen den Migrations- und Entwicklungspolitiken zu untersuchen. Es wurde u. a. festgestellt, dass die gestiegene Aufmerksamkeit für die entwicklungspolitische Relevanz von MigrantInnen auf die schnell wachsenden weltweiten Rücküberweisungen zurückzuführen ist. Laut der Weltbank ist das Volumen der Rücküberweisungen in Entwicklungsländer doppelt so groß wie die gesamte offizielle Entwicklungshilfe. (Vgl. Pamminger, 2009) Beispiele für wissenschaftliche Arbeiten zum Thema sind: • •

• •

Perchinig, Bernhard (2003): Integrationspolitische Dimension von MigrantInnenorganisationen. Daniel, Gerda (2007): Frauenmigration und Entwicklung - Die Potentiale der internationalen Frauenmigration für Armutsbekämpfung und sozioökonomische Entwicklung (Diplomarbeit Feministisches Grundstudium, Lehrgang universitären Charakters)59 Fassmann, Heinz (Hg.)(2003, 2007): 2. Österreichischer Migrations- und Integrationsbericht. Pamminger, Daniela (2009): Von „Migration und Entwicklung“ und möglichen Anknüpfungspunkten für die Caritas Steiermark. (Masterthesis für MAS Migrationsmanagement Universität Salzburg)60

5.4 - Medien Beitrag Das Thema „Migration und Entwicklung“ hat im Moment kein Echo in den Mainstream Medien. Es erscheint sporadisch in entwicklungspolitischen Medien sowie in den Medien der Communities. In den Community-Medien von MigrantInnen werden die Bereiche thematisch ebenfalls nicht in Verbindung gebracht. Auf unsere Frage warum dies so ist, sagt der Journalist und Medienkritiker Simon Inou von M-Media61:

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„Eine Auseinandersetzung über die Notwendigkeit einer Kohärenz zwischen Migrations- und Entwicklungspolicies ist zu weit weg von dem, was die Menschen täglich beschäftigt, und die Medien spiegeln das lediglich wieder.“

Schlusswort Die Notwendigkeit, mehr über die Kohärenz der Migration- und Entwicklungspolitik zu diskutieren, wird nach dieser Bestandsaufnahme deutlicher. Die unterschiedlichen Akteure haben jedoch zu wenig Kontakt zueinander. In den Ministerien gibt es im Moment zwar Versuche eine kohärente Gesamtpolitik zu gestalten. Die Abstimmungsprozesse sind in den anderen Bereichen bereits weiter voran geschritten als in den Bereichen Migration und Entwicklung. Um einen Schritt in Richtung Kohärenz zu gehen, gelte es: „gemeinsame Handlungsfelder abzustecken und gemeinsame Leitfäden zu entwickeln“, so die Gesandte Marianne Feldmann vom BMeiA im Interview mit uns am 21.11.2011. Wir schließen unsere explorative Erhebung mit den Worten von Helmuth Hartmeyer am Ende des Interviews mit uns „Das Projekt (CoMiDe) ist das Bohren dicker Bretter. Man braucht Geduld und langen Atem“.

QUELLEN

Interviewpartner Dr. Herbert Langthaler ist Sozialanthropologe und Publizist mit Schwerpunkt Flucht- und Migrationsthemen (am 11.10.2011) Dr. Helmuth Hartmeyer - Austrian Development Agency Förderungen Zivilgesellschaft Entwicklungspolitische Kommunikation und Bildung in Österreich (am 15.11.2011) Dipl.-Ing. Joe Kojo Taylor Ehrenobmann des Pan African Forum zuständiger Berater und Programmkoordinator. Mitglied der Ghana Union (am 16.11.2011)

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http://www.vhs.at/fileadmin/uploadsrmc/downloads/Service/FGS_Diplomarbeiten/DADaniel_5.pdf. http://www.integrationsfonds.at/migrationsmanagement/downloads/masterthesis_pamminger_042009.pdf.

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M-MEDIA, Verein zur Förderung interkultureller Medienarbeit ist ein Verein von Migrantinnen und Migranten in Österreich mit Sitz in Wien, der sich für mehr ethnische Diversität in den Österreichischen Medienbetrieben und eine angemessene Darstellung von Zuwanderern in den österreichischen Mainstreammedien einsetzt. Gegründet wurde der Verein von dem aus Kamerun stammenden Journalisten und Medienkritiker Simon Inou

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Dr. Christian Fellner des BMeiA, Leiter Sektion IV/B – Inneres und Justiz (Asyl/Migration) (am 21.11.2011) Gesandte Mag.a Marianne Feldmann Abteilungsleiterin Gesandte Marianne Feldmann BMeiA-VII.4 Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit; Koordination in Österreich; Information. Referat VII.4.a Informations- und Öffentlichkeitsarbeit bezüglich Entwicklungsund Ostzusammenarbeit; NRO; Beirat für Entwicklungspolitik (am 21.11.2011) Simon Inou M-MEDIA (Gründer), Verein zur Förderung interkultureller Medienarbeit ist ein Verein von Migrantinnen und Migranten in Österreich mit Sitz in Wien, die sich für mehr ethnische Diversität in den Österreichischen Medienbetrieben und eine angemessene Darstellung von Zuwanderern in den österreichischen Mainstreammedien einsetzt. (am 24.11.2011) Mag.a Daniela Pamminger, Mitarbeiterin der Caritas-Auslandshilfe und Verfasserin einer Masterthesis zum Thema Migration und Entwicklung (am 30.9.2011) Kamdem Mou Poh à Hom, Leiter des Chiala´AfrikaZentrums in Graz (am 15.11.2011)

Es ist uns leider noch nicht gelungen, ein Interview mit dem BM.I zu bekommen.

Dokumente und Websites:

Dokumentation der Tagung: Migration und Entwicklung – Partizipation der afrikanischen Diaspora im entwicklungspolitischen Diskurshttp://www.vidc.org/fileadmin/Bibliothek/DP/pdfs/Schmidjell/Dokumentation_Migration_un d_Entwicklung_30_Juni_2011_final.pdf Daniela PAMMINGER: (2009): Von „Migration und Entwicklung“ und möglichen Anknüpfungspunkten für die Caritas Steiermark. Masterthesis für MAS Migrationsmanagement Universität Salzburg Wissenschaftliche. http://www.integrationsfonds.at/migrationsmanagement/downloads/masterthesis_pamminger_ 042009.pdf AGEZ- Positionspapier zu „Migration und Entwicklung“. Wien, am 7. Dezember 2007 http://www.oneworld.at/agez/Migration-und-Entwicklung.pdf

http://zukunfteuropa.at/site/7216/default.aspx und https://www.zsi.at/attach/p1208vukovic.pdf http://www.bmask.gv.at/cms/site/attachments/3/6/0/CH0016/CMS1291897740667/101209_ro tweissrotcard_layoutiert.pdf http://www.entwicklung.at http://www.eza.at 29

http://www.statistik.at/web_de/presse/057229 http://www.statistik.at/web_de/services/publikationen/2/index.html?id=2&listid=2&detail=57 9 http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=RXWWQ7 http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Niederlassung/statistiken/files/2011/Niederlassungs_und_Au fenthaltsstatistik_Oktober_2011.pdf http://www.bmi.gv.at/cms/bmi_service/start.aspx#t_ http://www.integrationsfonds.at/iv/ivneu http://www.integrationsfonds.at/wir_ueber_uns/leitbild/ http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichischer_Integrationsfonds http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/asyl/2732334/alles-ueber-rot-weiss-rotcard.story http://www.sozialpartner.at/sozialpartner/badischl_2010/Kurzfassung%20FINAL%20(4).pdf http://www.entwicklung.at/entwicklungspolitik http://www.globaleverantwortung.at/ http://www.iomvienna.at/ http://www.migration4development.org/sites/m4d.emakinaeu.net/files/home_town_associations_project-briefing_document.pdf http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=32965 http://www.entwicklung.at/uploads/media/3JP_2010-2012_03.pdf http://www.oefse.at/Downloads/eza/OEZA_Dreijahresprogramm_2008-2010.pdf http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=32965 http://www.caritaswien.at/aktuell/presseaussendungen/detail/artikel/1678/1057/?tx_ttnews[pS ]=1199142000&cHash=295e097a55

http://derstandard.at/1289608773620/Public-Relations-PR-Staatspreis-an-Ke-Nako-Afrika--Afrika-Jetzt-Agentur-Grayling-Austria http://www.suedwind-magazin.at/start.asp?ID=237796&rubrik=4&ausg=200902 http://diepresse.com/home/politik/wienwahl/587895/Wiener-Blut_Gruene-werfen-FPOeNaziJargon-vor 30

www.asyl.at/projekte/node.htm Die Zeitung der Grünen Rudolfsheim-Fünfhaus schmelztiegel http://rudolfsheim-fuenfhaus.gruene.at/uploads/media/ST_4_09_screen.pdf http://www.vidc.org/fileadmin/Bibliothek/DP/pdfs/Schmidjell/Dokumentation_Migration_un d_Entwicklung_30_Juni_2011_final.pdf http://www.caritas-vorarlberg.at/auslandshilfe/migration-und-entwicklung/migration-undentwicklung-armenien http://www.vhs.at/fileadmin/uploadsrmc/downloads/Service/FGS_Diplomarbeiten/DADaniel _5.pdf.

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