Lineare Gleichungssysteme und Matrizen

Kapitel 11 Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Ein lineares Gleichungssystem (lGS) mit m linearen Gleichungen in den n Unbekannten x1, x2, . . . , ...
Author: Gabriel Hertz
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Kapitel 11 Lineare Gleichungssysteme und Matrizen Ein lineares Gleichungssystem (lGS) mit m linearen Gleichungen in den n Unbekannten x1, x2, . . . , xn hat die Gestalt: a11x1 + a12x2 + a13x3 + . . . + a1nxn = b1, a21x1 + a22x2 + a23x3 + . . . + a2nxn = b2, a31x1 + a32x2 + a33x3 + . . . + a3nxn = b3, ..., am1x1 + am2x2 + am3x3 + . . . + amnxn = bm. Mit 

a11  a21  A=  a31  ... am1

a12 a22 a32 ... am2

a13 a23 a33 ... am3

... ... ... ... ...

1







b1 a1n  b2  a2n     ~   a3n  , b =  b3  ,  ...  ...  bm amn





x1  x2     ~x =  x3    ...  xn und dem Matrixprodukt (”Zeile mal Spalte“) kurz: A · ~x = ~b. A heißt die Koeffizientenmatrix des lGS. 11.1

Bemerkungen zu Matrizen

11.1.1

Einige einfache Bezeichnungen

Rm×n . . . Menge aller (m, n)-Matrizen (mit m Zeilen und n Spalten) mit Elementen ∈ R A = (aik ) Gleichartige Matrizen haben gleiche Zeilenanzahl und gleiche Spaltenanzahl. Eine Nullmatrix O enth¨alt als Elemente nur Nullen. Die zu A transponierte Matrix AT entsteht aus A durch Transponieren, durch Spiegeln an der Hauptdiagonale Beispiel:    T a d a b c =  b e . d e f c f 2

A ∈ Rn×n heißt n-reihige quadratische Matrix. A quadratisch und AT = A ⇔: A symmetrisch Die Spalten von A ∈ Rm×n sind Spaltenvektoren ∈ Rm . Die Zeilen von A ∈ Rm×n sind Zeilenvektoren ∈ Rn . 11.1.2

Einfache Operationen mit Matrizen

Matrixmultiplikation bekannt: AB ∈ Rm×k , wenn A ∈ Rm×n und B ∈ Rn×k Gleichartige Matrizen addiert man elementweise:       a b c g h i a+g b+h c+i + = . d e f l m n d+l e+m f +n Mitteilung: Falls alle auftretenden Summen und Produkte von Matrizen definiert sind, gilt fu¨r alle Matrizen A, B, C: (A + B) + C = A + (B + C), (AB)C = A(BC) (Assoziativgesetze), (A + B)C = AC + BC, A(B + C) = AB + AC (Distributivgesetze), A + B = B + A (Kommutativgesetz der Addition). Kein Kommutativgesetz der Multiplikation! Fu¨r A, O ∈ Rm×n gilt: A + O = O + A = A. 3

Fu¨r die Einheitsmatrix E  1 0 0  0 1 0  E=  0 0 1  ... 0 0 0

∈ Rn×n  ... 0 ... 0   ... 0    ... 1

und A ∈ Rn×k und B ∈ Rp×n gilt: EA = A, BE = B. 11.2

Cramersche Regel

Geg.: ein lGS der Gestalt a) a11x1 = b1 L¨ osung:

b1 x1 = a11

falls ! a11 6= 0 b) a11x1 + a12x2 = b1 a21x1 + a22x2 = b2

(1) (2)

L¨ osung: (1) · a22 − (2) · a12 ⇒ (a11 ·a22 −a21 ·a12)·x1 = b1 ·a22 −b2 ·a12 4

(10)

(2) · a11 − (1) · a21 ⇒ (a11 ·a22 −a21 ·a12)·x2 = b2 ·a11 −b1 ·a21

(20)

Damit gilt: b1 · a22 − b2 · a12 x1 = a11 · a22 − a21 · a12 b2 · a11 − b1 · a21 x2 = a11 · a22 − a21 · a12 falls ! a11 · a22 − a21 · a12 6= 0 Wir ku¨rzen ab: a11 · a22 − a21 · a12 =: det A mit



a11 a12 a21 a22

A :=

 .

Wir nennen det A die Determinante von A. Dann ist  det

b1 a12 b2 a22



a11 b1 a21 b2



= b1 · a22 − b2 · a12

und  det

= b2 · a11 − b1 · a21

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Wir ku¨rzen weiter allgemein ab: Ist ein lGS A~x = ~b mit quadratischer Matrix A gegeben, so ist Ai diejenige Matrix, die aus A entsteht, wenn man die i-te Spalte von A durch die rechte Seite ~b des lGS ersetzt. Dann kann man allgemein schreiben: Ist det A 6= 0, so gilt: det Ai (i = 1, 2) xi = det A c) a11x1 + a12x2 + a13x3 = b1 a21x1 + a22x2 + a23x3 = b2 a31x1 + a32x2 + a33x3 = b3

(1) (2) (3)

Lo ¨sung: (1) · a33 − (3) · a13 ⇒ (a11 ·a33 −a31 ·a13)·x1 +(a12 ·a33 −a32 ·a13)·x2 = b1 · a33 − b3 · a13

(10)

(2) · a33 − (3) · a23 ⇒ (a21 ·a33 −a31 ·a23)·x1 +(a22 ·a33 −a32 ·a23)·x2 = b2 · a33 − b3 · a23

(20)

In x1, x2 hat man nun ein lGS (10), (20) mit zwei Gleichungen und zwei Unbekannten, das man 6

wie in b) ausrechnen kann. Dann kann man das so berechnete x1 und x2 in (3) einsetzen. La¨ngere Rechnung ergibt: Falls det A 6= 0 ist, gilt: det Ai (i = 1, 2, 3) det A Dabei ist Ai definiert wie oben, und die Determinante einer quadratischen Matrix A mit drei Zeilen und drei Spalten berechnet sich wie folgt: xi =





a11 a12 a13 det A = det  a21 a22 a23  = (nach SARRUS) = a31 a32 a33 a11a22a33 + a12a23a31 + a13a21a32 −(a31a22a13 + a32a23a11 + a33a21a12) d) A~x = ~b mit einer quadratischen Matrix A mit n Zeilen und n Spalten. L¨ osung: Mitteilung: 7

Auch hier gilt allgemein, wie fu¨r n = 0, 1, 2 die Cramersche Regel: xi =

det Ai det A

falls det A 6= 0. Die Ai sind dabei vereinbart wie in b). Fu¨r die Berechnung der Determinante det A einer quadratischen Matrix A gibt es verschiedene Wege. Wenn in A Zahlen stehen, verwenden wir zur Berechnung die folgenden Determinanteneigenschaften: (i) Der Wert von det A ¨andert sich nicht bei Addition eines Vielfachen einer Zeile oder einer Spalte zu einer anderen. (ii) Der Wert von det A multipliziert sich mit -1 bei Vertauschung zweier Zeilen oder Spalten. (iii) Multipliziert man eine Zeile oder eine Spalte von A mit einer Zahl z, so multipliziert sich der Wert von det A mit z. (iv) Die Determinante einer Dreiecksmatrix, also einer Matrix A mit der Eigenschaft aij = 0∀i > j 8

oder aij = 0∀j > i ist das Produkt der Diagonalelemente von A. Beispiel: 



5 3 2 det A = det  10 8 1268  = 15 9 9 (2. Zeile - zweimal 1. Zeile; 3. Zeile - dreimal 1. Zeile   5 3 2 = det  0 2 1264  = 5 · 2 · 3 = 30 0 0 3 Die Berechnung gro¨ßerer Determinanten erweist sich als numerisch instabil. Zur numerischen L¨osung von lGS verwendet man lieber den Gauß-Algorithmus. 11.3

Das Gauß-Verfahren

Gegeben ein lGS A~x = ~b. 11.3.1

Zul¨ assige Schritte

Die Lo¨sungsmenge a¨nder sich nicht bei 9

(1) Vertauschen zweier Gleichungen (2) Multiplikation einer Gleichung mit c ∈ R \ {0} (3) Addition eines Vielfachen einer Gleichung zu einer anderen Bemerkung zu Schritt (2): Die L¨osungsmenge wird dadurch nicht kleiner, und weil Schritt (2) ru¨ckg¨angig gemacht werden kann, auch nicht gr¨oßer. 11.3.2

L¨ osungsverfahren Teil 1: Zeilenstufenform

Durch Vertauschen von Gln erreicht man: a11 6= 0. (Andernfalls tritt die erste Unbekannte nicht auf.) Division der ersten Gleichung durch a11. Subtraktion des ak1-fachen der ersten Gleichung von der k-ten. Die Gln ohne die erste bilden ein lGS mit einer Unbekannten weniger. Dieses behandelt man genau so. usw. Schreibweise: Man schreibt nur hin die erweiterte Matrix des lGS A|~b, und macht die Umformungen mit den Zeilen von A|~b.

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Man erh¨alt schließlich eine Matrix stufenform, z.B.  1 b c d e f g h | 0 1 j k l m n o |  0 0 0 1 q r s t |  0 0 0 0 0 0 0 1 |  0 0 0 0 0 0 0 0 | 0 0 0 0 0 0 0 0 |

A0|~b0 in Zeilen

r1 r2   r3  . r4   r5  0

Die Anzahl der nichtverschwindenden Zeilen von A0|~b0 heißt der Rang Rg(A|~b) von A|~b, die Anzahl der nichtverschwindenden Zeilen von A0 heißt der Rang Rg(A) von A. 11.3.3

L¨ osungsverfahren Teil 2: Ru artssubstitution ¨ ckw¨

Ist im Beispiel r5 6= 0, ist das lGS nicht l¨osbar. Lo ¨sbarkeitskriterium: Das lGS A~x = ~b ist l¨osbar ⇔ Rg(A) = Rg(A|~b). Dann rechnet man aus der letzten Gleichung die Unbekannte mit dem Koeffizienten 1 aus den anderen Unbekannten aus und setzt sie in alle anderen Gleichungen ein. mit den verbliebenen Gleichungen verf¨ahrt man genauso. 11

Die Unbekannten auf der rechten Seite sind jetzt frei w¨ahlbare Parameter. Jede Wahl der Parameter liefert eine L¨osung. Satz: Ist A~x = ~b ein l¨osbares lGS mit A ∈ Rm×n, und ist Rg(A) = r, so ist die Lo¨sung n−r-parametrig. Sprechweise: Das lGS hat ∞n−r L¨osungen. 11.3.4

Bemerkungen zu Gleichungssystemen

Fu¨r lGS gibt es einen einfachen L¨osungsalgorithmus, der - bei beliebig vielen Gleichungen und - bei beliebig vielen Unbekannten • immer funktioniert und • genau die vollsta¨ndige Lo¨sung liefert oder zeigt, dass es keine L¨osung gibt. Schon fu¨r quadratische Gleichungssysteme mit wenigen Gleichungen (z.B. ungefa¨hr 20) gibt es einen solchen einfachen L¨osungsalgorithmus nicht! Da verwendet man numerische Verfahren.

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