Liebe Freunde, Familie und Gemeinde in Leidersbach!

Der Verstand kann uns sagen, was wir unterlassen sollen. Aber das Herz kann uns sagen, was wir tun müssen. (Joseph Joubert) Liebe Freunde, Familie un...
Author: Nicole Böhme
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Der Verstand kann uns sagen, was wir unterlassen sollen. Aber das Herz kann uns sagen, was wir tun müssen. (Joseph Joubert)

Liebe Freunde, Familie und Gemeinde in Leidersbach!

Nun bin ich schon 2 Monate in Guatemala und möchte erzählen, wie es mir seit meinem letzten Bericht ergangen ist. Mittlerweile arbeite ich an zwei verschiedenen Schulen und unterrichte englisch. Montags und Dienstags bin ich in Sacapulas, das ist ca 1 Std mit dem Bus entfernt. Dort gibt es eine kleine Schule, in der ich nun englisch unterrichte, denn die Lehrer können kein englisch. Die schulische Ausbildung ist hier ziemlich schlecht, was zum einen daran liegt, dass die Lehrer eine viel zu kurze Ausbildung durchlaufen und auch die Mittel fehlen, um anständigen Unterricht abzuhalten. Als ich das erste Mal an der Schule war, bin ich ziemlich erschrocken, wie das Schulsystem dort abläuft und gerade für eine Deutsche ist es schwer mit der Unpünktlichkeit und der Arbeitsweise klarzukommen. Aber die Lehrer kennen es nicht anders. Donnertags und freitags bin ich in einer Schule in Lemoa. Dort gibt es mehr Klassen und somit auch mehr Lehrer, aber auch keinen Lehrer, der englisch kann. Beide Schulen hätten mich gerne die ganze Woche, aber ich möchte ja beiden Schulen gerecht werden, deswegen die Einteilung. Mittwochs und Samstag oder Sonntag begleite ich Sr.Maria zu ihren Katechesekursen. Am 16.10. werden die neuen Kommunionhelfer feierlich in einem Gottesdienst "ausgesandt".

Das ist die Schule in Lemoa - rechts und links sind die Klassenräume

Die Schüler sind (meist) eifrig bei der Sache und besonderen Wert lege ich auf die Aussprache, die sogar in den Büchern, die manche Kinder haben, falsch ist. Englisch ist hier wichtig, um einen anständigen Beruf zu lernen oder auf eine höhere Schule gehen zu können. Das Problem besteht oft darin, dass die Kinder manchmal nach zwei, drei Jahren nicht mehr zur Schule gehen, da sie für die Feldarbeit gebraucht werden oder die Mädhcen auf ihre Geschwster aufpassen müssen. In Santa Cruz sieht man täglich viele Kinder, die nicht in die Schule gehen, sondern z.B. Schuhputzer sind. Da blutet einem das Herz, wenn man kleine 7- oder 8-jährigen Jungen sieht, die Schuhe putzen, um Geld für die Familie zu verdienen. In der Schule haben manche Kinder keine Stifte und meist nur zwei Hefte: eines für Mathe und ein anders für alles, was sie aufschreiben. Die Kinder, besonders die Mädchen, sind so lieb - sie freuen sich immer, wenn ich da bin und fragen, wann ich das nächste Mal da bin. Am 15.9. war Unabhängigkeitstag in Guatemala und das ganze Land hat gefeiert. In Santa Cruz (und auch in allen anderen größeren Städten) gab es einen großen Umzug, ähnlich wie ein Faschingsumzug, bei dem hauptsächlich Schulen mitgewirkt haben. Es wurden Bilder mit der Marimba (guatemaltekisches Instrument), der Nationalpflanze (die Monja Blanca) und dem Quetzal (dem Nationalvogel) herumgetragen. Außerdem hatte Sr.Janet an diesem Tag Geburtstag - sie wurde 76 und es gab Kaffee und Kuchen.

Sr.Maruca leitet ein Projekt, bei dem Frauen aus armen Verhältnissen unterstützt werden. Eines dieser Projekte besteht darin, dass die Frauen gezeigt bekommen haben, wie man Pilze selbst herstellt. Diese können sie dann auf Märkten verkaufen und sich somit eine Einnahmequelle schaffen. Diese Frauen haben wir besucht. Sie wohnen alle in den Montanas, also in den bergigen Waldregionen. Wir sind ca 40 Min gewandert...und es ging immer höher und höher. Als wir oben ankamen, war mir schwindelig und übel - eine der Frauen hat mir dann erklärt, dass es an der Höhenlage liegt und tatsächlich war alles wieder in Ordnung, als wir unten ankamen.

Die Frauen tragen wieder andere Blusen (Tracht) als in Santa Cruz, da es wieder ein anderes Dorf ist - das ist hier sehr interessant. Das, was aussieht, wie Schürzen, nennt man "adelantal" und ist auch von Dorf zu Dorf unterschiedlich.

Die Familien, die in den Montanas wohnen, sind meist Opfer der Zeit des Krieges gegen die Einheimischen (Mayas) in den 80er Jahren. Die Familien haben sich in die Montanas zurückgezogen, damit sie dort etwas sicherer waren während der Zeit des Krieges gegen die Mayabevölkerung. Die Frauen haben mit Tränen in den Augen von der schlimmen Zeit erzählt. Durch öffentliche Hinrichtungen und das öffentliche Zuschaustellen von Folteropfern sollte jeder Keim des Widerstands im Keim erstickt werden. Viele der Familien sind nie wieder in die Dörfer oder Städte zurückgekehrt, da ihre Häuser, in denen sie einst lebten, zerstört waren. Deshalb wohnen sie noch immer in den Montanas.

in solchen Häusern wohnen sehr viele Familien in den Aldeas; oft mit sehr vielen Kindern auf engem Raum, ein Haus ohne Fenster und mit einem Dach aus Wellblech.

Letzte Woche war in der Zeitung ein Artikel gestanden, der mich sehr erschreckt hat, meinen Eindruck, den ich hier gewonnen habe, aber nur bestätigt hat: In Guatemala

sind 49% der Kinder chronisch unternährt! Das muss man sich mal vorstellen: 49% !!! Es waren auch Bilder abgebildet, auf denen graphisch dargestellt war, wie unterernährte Kinder aussehen: entweder sie sind dürr,haben einen krummen Rücken und kaum Muskelmasse oder sie haben dicke Bäuche, da sie sich nur von Tortillas ernähren, aber kein Fleisch oder Gemüse zu essen haben. Guatemala ist damit auf dem 4.Platz weltweit hinsichtlich unterernährter Kinder. In Honduras beispielsweise sind 29% und in Bolivien 27% der Kinder unterernährt.

hier macht Dolores gerade den Teig für die und hier helfe ich im Haus der Tortillas (man beachte die Bluse: wieder anders Familie von Sr.Maruca in Sacalpulas beim Spülen als in Santa Cruz) (auch ich trage dabei ein "adelantal" :-) )

Die Mutter von Maruca ist leider vor 2 Wochen an Krebs gestorben. Hier ist es Brauch, dass man neun Tage lang nach dem Tod eines Menschen, betet - dazu kommen die Leute ins Haus der Familie. Die Frauen machen Atoll und verteilen diesen mit Frijoles (Bohnen) an die Leute, die in der Umgebung wohnen. Am neunten Tag (genannt "novena día) wird dann diese Zeit des täglichen, gemeinsamen Betens, mit einem Essen beendet. Es waren so viele Leute im Haus der Familie von Sr.Maruca. Neun Tage haben die symbolische Bedeutung für neun Monate Schwangerschaft - NEUN Monate bis man das Licht der Welt erblickt und NEUN Tage nach dem Tod Beten, da man aus dieser Welt geschieden ist. Im November und Dezember sind hier Sommerferien. Es ist zwar Sommer, aber es ist nicht warm, wie wir uns den Sommer vorstellen. Sommer heißt hier, dass die Regenzeit (Winter genannt) vorbei ist. In Santa Cruz kann es empfindlich kühl werden, v.a. nachts, was man auch jetzt schon merkt. In den Ferien werde ich an einem Ferienkurs englisch mitwirken und zum Teil auch Lehrer "ausbilden" (in englisch). Außerdem werde ich mit ein paar der neuen Kommunionhelfer in die Aldeas gehen, um Kranke zu besuchen, mit ihnen zu beten und die

Krankenkommunion auszuteilen. Ich möchte mich ganz herzlich für Ihre/eure Hilfe in Form von finanzieller Unterstützung als auch Gebeten, bedanken. Es ist schön, zu wissen, das zuhause in Deutschland an mich gedacht wird.