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'|USULHPHO Angeregt durch die Veröffentlichung des Dörpriemels (Dorfreim) von Zieslübbe im Jahre 1992 (1) und weil ich zu jener Zeit sowieso auf der Suche nach Sagen und regionalen Geschichten in den Dörfern des Parchimer Kreises unterwegs war, erweiterte ich meinen Fragenkatalog um Riemels und hatte tatsächlich vereinzelten Erfolg. Nur der Zieslübber Dorfreim und der Parchimer Spruch waren bis dahin veröffentlicht worden. Letzterer stellt die Besonderheit dar, denn er zählt die Einwohner einer Straße in Parchim auf. Er entstand vermutlich schon um 1870 (2). Diese Verse werden anderen Ortes auch Spott- oder Nachbarreime genannt. Sie bildeten sich im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts nicht nur in Mecklenburg, sondern unter anderem auch in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg und Schlesien heraus. Es war eine „Modeerscheinung“ jener Zeit, über einen Dorfreim zu verfügen. Der bekannte Heimatforscher Karl Puls aus der Griesen Gegend schrieb über die Dörpriemels (3) folgendermaßen: „Doch wat von den`n enzelten Buern odder Daglöhner seggt ward, is Wohrheit, is dat, wat an em Eigenort is, wat am düllsten upfällt un von sien Nahwers awsteckt.“ Inzwischen vergingen mehrere Generationen. Die Urenkel kennen den Reim nicht mehr und erst recht nicht die damaligen Zusammenhänge. Mehrmals erklärten mir Nachkommen ihr Unverständnis. Das derbe, aber offene Miteinander der plattdeutschen Altvorderen war einst ein Markenzeichen der Mecklenburger. Deshalb möchte ich noch einmal Karl Puls zitieren: „Die Dörpriemels sünd ein Stück Volksgaud, ein Stück Kultur- und Dörpgeschicht. Sei bargen in sick einen eigen Charaktertog von dei Inwahners un dei enzelten Familien WDXCQHEHVWLPPW7LHGun vör allen den`n prächtigen mäkelbörger Humor!“ In Brandenburg entstanden Dörpriemel eher als in Mecklenburg. Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts sind sie dort nachzuweisen (4). In Mecklenburg brauchten sie anscheinend länger, bis sie in Mode kamen. Das kann damit zusammenhängen, dass die Vererbpachtung, die praktische Aufhebung der Leibeigenschaft, erst nach 1871 zur praktischen Ausführung kam. Die Bauern waren fortan stolze Besitzer ihrer Erbpachthöfe. Deshalb bezogen sich die ältesten Dorfreime nur auf die Bauern eines Ortes. Der Spruch begann entweder beim Dorfschulzen, unabhängig von der Hufennummer, oder eben bei der Hufe I, die oft an der „Eck“ oder „an't Enn“ liegt. Nacheinander im Uhrzeigersinn folgen die jeweiligen Hofbesitzer. Erst später schufen sich die Büdner ihre eigenen Reime. Meistens lagen deren Grundstücke nebeneinander an einem Ende des Dorfes und sie störten die Reihenfolge im Bauernspruch nicht (Beispiel Kamerun in Ziegendorf). Schließlich entstanden die Riemels, in denen alle Hofbesitzer ohne Standesunterschied der Reihe nach ihren Platz fanden, wie im Zieslübber Dorfreim geschehen. Anhand der genannten Personen lässt sich die Entstehungszeit der Riemels eingrenzen. Nur einer, der sich traute zu reimen und der sich im jeweiligen Ort auskannte, war in der Lage, ein Dörpriemel zu erstellen. Offensichtlich beteiligten sich mehrere daran in trauter Runde am Stammtisch. Die Kinder lernten den Spruch eifrig und verbreiteten ihn weiter, vergleichbar mit einer „dörflichen Karte“. Riemels trug man auf Festen zur Erheiterung der Feiernden vor, wie man mir erklärte. Und wer einen Zusammenhang nicht kannte oder erkannte, wurde nachfolgend aufgeklärt: „Hest dat nich wüsst?“ Doch im Laufe der Jahre wechselten die Hofbesitzer. Es folgten nicht nur Söhne. Die Namen änderten sich und der Sinn der Verszeilen ging verloren. Die Sprüche gaben es meistens nicht her, dass man nur einen Name austauschte. Sie verloren allmählich an Bedeutung und gerieten nach und nach in Vergessenheit. In den Sprüchen widerspiegelt sich mecklenburgisches Dorfleben um und nach 1900. Leider hat man nur die wenigsten Riemels aufgeschrieben und der Nachwelt bewahrt. Die nachfolgend aufgeführten Reime stehen in alphabetischer Reihenfolge der Orte. Die Kommentare stammen meistens von den jeweiligen Erzählern. Das waren durchweg ältere Herrschaften, eine Generation älter, als ich es damals war. Heute bin ich in dem Alter. Wollte jemand heute versuchen, Riemels in den Dörfern zu finden, so glaube ich an ein aussichtsloses Unterfangen. Die Sprüche gelangten aus verschiedenen Quellen auf unterschiedlichem Wege zu mir und besitzen daher keine einheitliche plattdeutsche Schreibweise. Die Verfasser der Texte haben sich nicht unbedingt große Mühe gegeben bzw. sie besaßen nur geringes dichterisches Talent. Manchmal scheint es, als ob die Zeilen anderen Dorfreimen „entlehnt“ und den eigenen Verhältnissen angepasst wurden. So folgt den Worten „de Klock sleit tein“ in der nächsten Zeile auf jeden Fall, dass einer ging „meih`n“ (mähen). Auf den „Tun“ (Zaun), am Ende einer Verszeile, reimt sich eben „de Noors is brun“ (der Hintern ist braun). Die Person, auf die sich der Vers bezog, hatte unausgesprochene Probleme mit der Dorfgemeinschaft, aus welchem Grund auch immer. Der Breite Stein im Sonnenberg erscheint mehrmals. Man „sitt“ (sitzt) auf ihm oder „schitt“ gar darauf, sicherlich nicht nur im Reim. Auffällig sind auch die Zeilen, dass einer ein Kalb schlachtet, von dem der eine Nachbar eine Hälfte erhält und der darauffolgende ein Viertel. Das sind drei, die miteinander befreundet waren und sich gegenseitig halfen. Der dann folgte, bekam was „up den Kittel“, war also von der Dreiergemeinschaft ausgeschlossen. Im besten Falle erhielt er das minderwertige „Ingeweih“ (Eingeweide). Mehrmals reitet einer „up`n Bässenstäl“ (Besenstiel). Hier werden die dunklen Zeiten der Hexenverfolgungen in Erinnerung gerufen. Die nach 1935 geborenen Dorfreime unterscheiden sich von den alten wesentlich. Des Vergleichs wegen sollen die beiden mir bekannt gewordenen Riemels von Groß Niendorf und Weltzien ebenfalls vorgestellt werden.

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'LH%DUNRZHU%DXHUQ EHL6WROSH Von Barkow wurden mir zwei Sprüche bekannt. Der erste scheint der ältere zu sein. Barkow lag über Jahrhunderte wüst und wurde erst 1763 mit 12 Büdnerstellen aufgesiedelt. Wie der Dorfspruch zeigt, folgten bis zur Entstehung des Riemels um 1900 noch weitere vier Büdnereien. Der jüngere nachfolgende Spruch berücksichtigt alle Grundstücksinhaber/Einwohner. Den ersten erzählte mir Herr Prüssing, sen., aus Barkow. Der zweite zeigt die inzwischen stattgefundenen Veränderungen bei den Hofinhabern. Er wurde in der Festschrift zur 625-Jahr-Feier des Dorfes Barkow im Jahre 1995 veröffentlicht. Schult, Schult Pipenstäl (später auf Hof 1 Prüssing), Bentfür mit dei lange Käl, Marten mit dei lange Bein, Maaß mag dat gor nich sein. Ihck sitt im Graben, David möt emm ruter helpen, Wulff sin Klock sleit tein, Voß geit nat'n mei'n (Mähen), Gamlin is nen groten Mann, Döscher kikt em gor nich an, Bomgarten sitt up'n breiden Stein, Möller kann dat gor nich sein. Buss ... Seehas... Pingel kickt dörch den'n Heckentun, Drefahl sien Nors is picken brun. Und noch einmal in jüngerer und veränderter Form: Schult, Schult Piepenstähl, Lübeck mit dei lange Kehl, Preuß mit dei krummen Bein, Maaß dei mücht dat gor nich seihn, Albert Ihde kikt in'n Schapp, David Bohmgorn sien Brot is knapp, Korl Wulf kikt üm de Eck, Oberländer leech in'n Schiet un Dreck, Gamlin sien Klock schlöcht Teiden, Otto Ihde de geiht meiden, Baumgarten sit't up'n breiden Stein, Johann Möller kann dat gor nich seihn, Nehls schitt in'n Graben, Wieckert möt dat werer rude roden, Pingel kikt dörch den'n Heckeltun, Johann Drefahl sien Nors is picken brun, Simon sien Orschlog is brun, Dor lopen drei Gäus up un dol un weiten nich wo Gulhoff wohnt. Gulhoff wohnt up End, There Rambow klart mit de Händ' an de Wän'n, Winterfeld slacht ein Kalw, Schmidt dei kricht dat Half, Schauster Rambow kricht dat Viertel, und Emil Wulf kricht weg up den'n Kittel. Kreuger slacht ein Swien, Rathsack holt em, Mike Möller brat em - und Hinrichs frett dat up.

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'HL%HORZHU%XHUQ Schröder soll manchmal sein Ziel auf krummen Touren erreicht haben. Poggen könnten auch nicht ganz vorschriftsmäßig gefüllte Pungen sein. Punge – ein 2-Ztr.-Sack. Fischer hat nie Ziegen besessen, wohl aber einen harten Kopf. Bei Hans Nehls liegen zwei Deutungen vor: Entweder stimmte er seinem Nachbarn auffallend oft zu, ohne eine eigene Meinung zu haben. Die andere ist, dass er gern den Frauen nachsah. Otto Ortmann soll sich in seiner Jugend gern geprügelt haben. Die Geschichte mit dem Kohl ist nicht mehr bekannt. Vielleicht hat er den Nachbarn bei seiner Frau erwischt, hinterhergeschossen, aber nicht getroffen? Bei Menning und Dieckmann könnte es sich um Anspielungen auf die kleinen Bauernstellen handeln. Friedrich Bobzin kickt oewer´n Tun, Paul Köster is dat Orslock brun, Otto Schröder mit dat scheiwe Rad, Friedrich Plagemann führt mit Poggen tau Stad, Richard Fischer sitt up´n Zägenbuck, Hans Nehls, dei seggt: „ Wat is dat smuck!“ Korl Zimmermann, dei slacht ein Kalw, un Uli Winter kricht dat halw, Werner Biehrens kricht dei Poten, August Nehls, dei kann gaut lopen, Hermann Köster, dei lange Mann, dei Otto Urtmann twingen kann, Korl Köpcke schütt mit dei Pistol den Kräuger in den gräunen Kohl. Fiete Rabe mit den langen Arm, Willem Menning mit´n Swengel ünner´n Arm, Franz Dieckmann kann ´t Schieten nich bargen.

%UHQ] $OW%UHQ] Den Spruch trug mir ein Mann in Wulfsahl vor, der aus Brenz stammte. Der Inhalt lehnt sich stark an den Dütschower Spruch an (oder umgekehrt). Aski ist ein unerklärbarer Spitzname, ein lebenslustiger Mann. ...kiekt dörchs Wagenrad - kleinwüchsig? Pölk - Ferkel ...hei häd Recht – rechthaberisch. Isenassenwagen- Eisenachsenwagen. Das Gefährt war somit belastbarer, wohl auch schneller. Noch schneller fuhr Pohlmann (düller jagen). Sachtleber soll ein vornehm tuender, frommer Mann gewesen sein. Hinter Moltmann begann die Straße nach Blievenstorf. Bardelt ist der letzte auf der Kirchenseite, dann beginnt der Weg nach Neu-Brenz, woran das „ Buerwischsahl“ lag - das Spukloch. Nicht mehr vorhanden. Schmidt/Busse ist abgerissen. Ortmann de Möller ist nicht erklärbar, gab es dort eine Mühle? Es folgen Pfarrhaus und die alte Schule, die nicht im Spruch genannt werden. Die Häuslereien sind nicht berücksichtigt, auch wenn sie zwischen den Bauernstellen liegen. Schmidt wurde auch Stärkelschmidt genannt. Orns-Menz: Der Mann hieß eigentlich Menz. Er wurde aber so im Unterschied zum anderen Menz genannt, seine Frau war eine geborene Ahrens (Orns). Bohm-Menz wiederum hieß auch nur Menz. „ Bohm“ kommt vom Schlagbaum, der vor seinem Haus stand und den er bediente. Er kassierte Wegegeld und war daher nicht so beliebt. Damit es sich reimt, musste Podeyn dörch´n Hakeltun kieken. Der Spruch ist relativ jung. Stech kam erst 1908 ins Dorf.

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Topp mit’n Tiroler Haut, Aski danzt up einen Faut, Johann Bardelt kiekt dörch' s Wagenrad, Geu fährt mit ' ne Pölk tau Stadt. Johann (Dschoan) Schröder häd ' nen Stäwelknecht, Steffen meint, hei häd Recht, Podeyn (Podeten gesprochen) hät ' nen Isenassenwagen, Pohlmann kann väl düller jagen. Barchgeu (Geu auf dem Berg) nimmt sin Fru in Arm, Beguhn slöpt dorbi to warm, Bolt häd de Schimmel, Sachtleber räd dormit in Himmel. Moltmann mit de lütten Häuhner, Rambow slacht ' nen Kalw, Rogmann (Rochmann gesprochen) kriecht dat halw, Bardelt kriecht dat Viertel, Schmidt kriecht wat up' n Kittel. Ortmann is de Möller, de Preister scheet up' n Teller, de Köster is´n riken Mann, Rathmann stellt sik äbenso an. Stech schüttet de Klackerbeer´n, Orns-Menz makt se verdüwelt giern, Podeten (Podeyn) kiekt dörch´n Hakeltun, Bohm-Menz ward de Orslok brun. 'DPEHFN 1946 nannte man die „ Alte Siedlung“ von 1927 in Dambeck noch „ Wurstprühnen-Straat“ , und über ihre Anwohner ging folgender Spruch um: Pröhl wahnt an dei Eck, Werber mag keinen Speck, Abraham mag kein'Branntwien mehr, Hillberger seggt: „ Man ümmer mehr!“ Behrend slacht en Kalw af, Karstädt kriegt dat Halw af, Möller kriegt dat Ingeweih. Rambow löppt sick dei Hacken entwei, Lienow kann den' n Knust nich bieten, Brinkert sall dei Hund wat schieten. Jaap, dei drinkt sienen Kaffee säut, Springer, dei steht stuer up dei Fäut, Lenth, dei führt mit en witten Schimmel, Kalaß grad ut in den' n Himmel.

'UHIDKO Den Spruch erfuhr ich auf der Jahrfeier Ziegendorfs 1993. Zu den handelnden Personen war nur wenig zu erfahren. In Drefahl veränderte sich viel, so dass man mit der Zuordnung der genannten Personen zum jeweiligen Hof Schwierigkeiten haben dürfte. Göwe wurde Geufe gesprochen. Erdölskrug ist die Petroleumlampe. Böhn - der Boden unter dem Dach. Dröhn – ein Angeber, einer der viel redet und bei dem wenig zustande kommt.

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Göwe ehr Klock is teihn, Schulten´s gahn meihn, Burmeister is en riker Mann, Hacke woahnt dor nebenan. Stalbohm schiet up´n breiten Stein, Link kratzt mit de Fingern von ein, Westphal mit de Erdölskrug, Burmeister mit de krumm`Snut. Witt slacht ´nen Kalw, Lauck kriecht´n Halw, Göwe kriecht´n Viertel, Jochen Muchow kriecht wat up´n Kittel. Heckt kiekt von Böhn, Schröder is´n grot´n Dröhn. 'WVFKRZ Frau Köster aus Dütschow, damals weit über 80 Jahre alt, konnte mir diesen Spruch fließend hintereinander ohne zu stocken aufsagen. Es schien mir, als ob sie sich freute, einen gefunden zu haben, der ihr zuhörte. Das Aufsagen des Spruches empfand ich als Zeichen für ihre geistige Rüstigkeit. Doch auch sie vermochte nur noch die wenigsten Verszeilen zu deuten. Die Personen kannte sie zum größten Teil nicht mehr. Ortmann war ein großer und starker Mann. Sicherlich war es daher von Bedeutung, dass er irgendwann einmal eins abbekam. Schuster hieß der Domänenpächter. Der Name konnte wahrscheinlich beliebig geändert werden. „ Wenn der Kuckuck rauskommt...“ bedeutete, dass er sich verschuldete und deshalb gepfändet wurde (Kuckucks – die Aufkleber des Pfänders). Letzteres deutet hier auf die Zeit der Wirtschaftskrisen nach dem 1. Weltkrieg hin. Das Gut unter Schuster selbst soll in besseren Jahren zuvor als Musterbetrieb ausgezeichnet worden sein. Hacker slacht ' nen Kalw, Fritz Funk krägt dat Halw, Jochen Kluth krägt dat Viertel, Johann Ortmann krägt wat off' n Kiddel. Hermann Oarnt (Arndt) hat ' nen brunen Haut, Garz danzt auf einen Faut, Johann Arndt kiekt dörch ' n Wagenrad, Christian (Krischan) Pingel führt mit Poggen to Stad. Krischan Wulff hat ' nen witten Schimmel, Johann Ortmann ret`t mit in Himmel, Rohde hat ' nen Isenwagen, Beckendorf künnt noch düller jagen. Beerwald is de Möller, Wilhelm Dunz schitt up' n Teller, Schuster mit ' nen dicken Bauk, kamen alle Kuckucks raut. 'LH)ULHGULFKVUXKHU%DXHUQ Durch die Gutswirtschaft waren in Friedrichsruhe nur wenig Bauern übriggeblieben, insgesamt vier. Wie üblich baute man sie außerhalb des Dorfes neu aus. Sie nannte man Kreuz-, Pik-, Herz- und Karo-Bauer. Oder Krüüz-, Pik-, Hart- und Rutenbuer, nach den vier Kartenfarben. So zum Teil auch in den Messtischblättern eingezeichnet.

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*ROGHQERZ Im Spruch werden 10 Goldenbower Bauern genannt, das stimmt mit der Hufenzahl überein. Viehstädt war ab 1848 auf dem Hof der Hufe I. Hufe II mit Hagen war bis 1868, dann folgte Beckendorf – ein Hinweis auf das Alter des Spruches. Adepütt war hier eine Jauchengrube. Bei Schröder ist der Nachfolger bereits in Klammern gesetzt. „ Er hält das Haus so blank“ - Bauer Schröder war dafür bekannt, dass bei ihm alles spiegelblank war. Nach Aussagen von Frau Machert, geb. Beckendorf, wohnhaft auf der Insel Sylt, schwärmte ihre Schwiegermutter, die selbst für große Sauberkeit sorgte, von der Reinlichkeit bei Schröders und nahm die zum Vorbild. Nach Ingrid Pagenkopf neigte Bauer Kludt zum Jähzorn. Seine Mutter aber, die Urgroßmutter des jetzigen Hofbesitzers Schwarz, war dafür bekannt, dass sie „ etwas konnte“ (Blut stillen bei Wunden etc.). Warum Erdmann im Spruch in Ungnade fiel, war nicht in Erfahrung zu bringen. „ Tante Swart...“ - Die Zeile musste sich offensichtlich auf „ brun“ reimen. Kluth seine Ochsen sollen oft verhext gewesen sein! Das heißt, sie folgten nicht ihrem Herrn. Der Hof lag gleich nebenan, also ähnlich wie im Stresendorfer Reim. Dort waren es die Katzen. Auch hier ein Hinweis auf frühere Hexenverfolgung, wobei darüber nichts mehr bekannt war. Den Reim auf „ Bessenstäl“ deutete man sich so: Der alte Beckendorf lebte viele Jahre als Witwer auf dem Hof seines Schwiegersohnes Christoph Rohde. Beckendorf wurde fast 103 Jahre alt. Wenn er wirklich mit Hexerei was zu tun gehabt hätte, müsste man das wissen. Beckendorfs lebten zuvor mindestens seit 1779 auf der Hufe X. Den Bauernhof übernahm erst sein Bruder, der starb. Beckendorf hatte Schmied gelernt und war zu dieser Zeit auf Wanderschaft. Als er heimkehrte, um den Hof zu übernehmen, konnte er kein Platt mehr. Als er versehentlich auf eine Harke trat und die ihm an den Kopf schlug, fand er plötzlich seine „ Muttersprache“ wieder. So etwas wird aber auch bei Fritz Reuter erzählt. Demnach müsste es heißen: „ Beckendörp tritt up' n Bessenstäl.“ Aus Goldenbow wurden Hexensagen überliefert! Das Riemel ist ein Hinweis, wie in Stresendorf, dass von dieser Hufe X möglicherweise eine Hexe stammte. Man erzählte mir bei meinen Recherchen zur Festschrift Goldenbow, dass an dem auf der Feldmark liegenden slawischen Burgwall am Teufelsbachtal die Goldenbower noch in nicht allzu ferner Zeit nur ungern Feldarbeiten verrichteten und zusahen, so schnell wie möglich von dort wieder zu verschwinden. Veihstädt kakt dei Baukweitengrütt, Hagen wahnt an dei Adepütt, Swart sünd dei Buurn nich gaut, Rohd'dräggt ' nen hogen Haut. Irdmann is dat Loch brun, Swart dei kiekt öwern hogen Tun (Tanten Swart kickt öwern Hakeltun). Schröder (Cords) hält dat Hus so blank, Steusloff tingel tang (Steusloff hett een Klingenklang). Kluth dei slöggt de Ossen väl, Beckendörp ritt up' n Bessenstäl.

'RUIUHLPDXV*UR‰1LHQGRUI Das Groß Niendorfer Dörpriemel weicht von den älteren mecklenburgischen im Aufbau und im Inhalt stark ab. Es könnte sein, dass es als Text für eine Melodie geschaffen wurde. Der Spruch fand keine Verbreitung im Dorf. Er wurde geschrieben nach 1935, denn in diesem Jahr zogen Siedler aus anderen Teilen Deutschlands nach Groß Niendorf (Backhaus aus Westfalenland u.a.). Der Spruch fand sich im Nachlass des verstorbenen Mannes der Frau Jarchow. Sie übergab ihn dem damaligen Bürgermeister (zwischen 1974 und 1985). Erst zum 750-jährigen Jubiläum des Ortes im Jahre 2006 wurde er veröffentlicht. Weitere Erklärungen gibt die zu diesem Anlass herausgegebene Festschrift: Groß Niendorf – Ein mecklenburgisches Dorf in 750 Jahren.

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Dort kommt ein Mann des Weges her, `s ist Bandow mit dem Schießgewehr. Er kommt von einer Hasenjagd, doch hat er gar nichts mitgebracht. Stehkragen sind des Mannes Zier, doch auch bei Melchert gibt`s sie hier. Denn sein Bier, man muss es sagen, hat sehr oft `nen hohen Kragen. Klatsch, der ist bekannt im Ort. Doch das ist alter Weiber Sport. Das liebe Elschen klatscht auch aus, Jugend macht sich nichts daraus. Frau Freitag, die geht selten aus, ihr Sohn wär ja allein zu Haus. Der Jung`ist ja noch furchtbar klein und deshalb muss sie bei ihm sein. Den Grad der Vornehmheit man misst danach, wie man unpünktlich ist. Bei Trud`und Ännchen ihr das seht, beim Volkstanz komm`n sie stets zu spät. Backhaus aus Westfalenland ist Westphal sein Adjutant. Und ist Westphal mal nicht im Klaren, wird er Heinrich Backhaus fragen. Herr Hopp vom Bürgermeisterstand regiert im Ort mit starker Hand. Und kratzt mal wer den Damm nicht ab, bringt Heinrich Hopp ihn auf den Trab. Der Führer von den Bauern hier sitzt gern bei einem Gläschen Bier. Er redet hin, er redet her. Vom Krug der Abschied fällt ihm schwer. Pe Der, der Luftschutzgeneral, hat mit dem Lichte seine Qual. Und brennt mal das Elektrisch nicht, ruft man Pe Der: „ Hier stimmt was nicht!“ Buttermilch im Dorf ist knapp, weil Freitag stets Appetit drauf hat. Doch trinkt er mal ein Gläschen Bier, sieht er alles doppelt hier. Bandow, unserm Schusterlein, trägt man `s Geld in Mollen rein. Er baut sich schon ein neues Haus, bald wird noch mal `ne Villa draus. Wir hoffen, dass es Spaß gemacht und ihr uns kräftig ausgelacht. Drum schlagen wir jetzt zu die Bibel und bitten euch: „ Nehmt`s uns nicht übel!“ Drei Mann halten sich separat. Wenn wir singen, dann spiel`n sie Skat. Dormann, Schleede und Drephal waren nicht bei uns im Saal. Find`t im Ort ´ne Feier statt, die Leitung dann Herr Westphal hat. Doch sein Programm, das kommt in Sturz. Die Vorbereitung war zu kurz. „ Seid doch nicht so faul!“ , spricht der Friedrich auf dem Gaul. Doch er hat sich schon gegeben, ich glaub´, es kommt vom Eheleben. Was ist das für ein Auto dort? Oh, das ist ein alter Ford. Und der Besitzer, wie bekannt, wird im Ort He He genannt. Ein Kaufmann, August Wahrmann heißt er, ist Büdner noch und Schlachtermeister. Und geht dann sein Geschäft mal flau, geht er auf Trichinenschau. Man hört schon das Gerücht rumlaufen, Jakobs will `nen Dixi kaufen. Denn solch ein Auto ist sehr klein, es passt schon in `nen Schrank hinein. Sammeln ist ein schlecht Geschäft. Auch Piontek ist`s nicht recht. Und weil `s im Block nicht recht wollt geh`n, hat ihm Pingel beizusteh`n. Dahl hat den rechten Weg erkannt. Er sorgt so recht für`s Vaterland. Für viele Kinder sorgt er still, so wie es Adolf Hitler will.

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Bewernitz, der Wagen macht, liebt keine große Redeschlacht. Sagt er aber mal ein Wort, sitzt er bestimmt am richtigen Ort. Schneidergewicht sind hundert Pfund. Doch die Welt ist manchmal bunt. Isfeld wiegt bei weitem mehr, er ist hundert Kilo schwer. Druse geht noch heute lahm, denn sein Gaul, der ist nicht zahm. Und hat sein Pferd ein Reiterlein, haut es Druse selbst an`s Bein. Lautsprecher gibt es in jedem Heim, Herr Schade wird es selber sein. Denn wird er mal den Knecht auszanken, denkt man gleich, die Wände wanken. Ziegenspeck und Ziegenbein werden hübsche Namen sein. Doch er arbeitet wie ein Pferd und das ist mehr als Namen wert. Martens, der ist sehr gesund. Er ist dick und kugelrund. Und auf seinen dicken Wangen sieht man öfter Bartwuchs prangen. Paul Wahrmann raucht Zigarren gern. Er markiert den großen Herrn. Bei der Arbeit früh und spat er so`n Ding im Schnabel hat. Zur Arbeit läuft ein Mann im Trab, weil es schon geläutet hat. Denn Gustavs Frau hat wenig Zeit und hat das Essen nie bereit. Krüger, dieser Frühaufsteher, ist neuerdings auch Jagdaufseher. Und zeigt sich mal ein Hund vor´m Haus, ballert er zum Fenster raus. Mohrmann, der kauft alles ran. Seht euch nur sein`n Haushalt an. Doch weil sich seine Frau noch quält, allein der Staubsauger noch fehlt. Otto Dieckmann wird oft um sich schauen, denn er linst nach schönen Frauen. Einmal hier und einmal dort, Mädels hat er immerfort. `nen Hengst hat Heinrich Hamann hier, und im Stall steht auch ein Bier. Und jetzt hört man`s Gerücht schon laufen, er wollt sich noch ´nen Bullen kaufen. Der Ruester Weg wird weltbekannt, weil Röper herrscht mit harter Hand. Denn Röper, der ist sehr gerissen. Er will alles besser wissen. Fast schon an Sibiriens Grenzen wohnt ein Siedler namens Jentzen. Doch gibt`s Bazillen dort in Masse, drum hat er gleich `ne Krankenkasse. Hillers Arbeit geht nur glatt, wenn er Bohnenkaffee hat. Und geht die Zigarette aus, zieht sich seine Stirne kraus. Willenbruch ist kinderlos, denn am Tage ist die Arbeit groß. Auch in der Nacht fehlt ihm die Zeit, weil sie ist dem Schlaf geweiht. Am Ruester Weg wohnt Siedler Schmidt. Er brachte große Töchter mit. Bei ihm find`t sich in der Tat, so mancher Heiratskandidat. Luck im Ort ist auch PG. Ihm tut schon das Laufen weh. Denn als er Eintopf sammeln sollt`, hat er einfach nicht gewollt. Kröger hat nur Jungs im Haus, drum feg`n auch die die Stube aus. Und hat Frau Kröger viel zu racken, muss der Ält`ste Kuchen backen. Rehbein ist der Mann, schau, schau, mit dem vielen Schuppenbau. Bei ihm, weil`s er alleine kann, ersetzt die Axt den Zimmermann. 8

Herr Thomsen ist ein feiner Mann. Er fängt gleich mit `nem Bulldog an. Auch Linden stehen vor dem Haus, und das sieht furchtbar vornehm aus. Sombrowski, dieser fromme Mann, fasst sonnabends keine Arbeit an. Doch weil die Arbeit nötig ist, fährt er sonntags seinen Mist. Meister Pingel, sapperlot, piekt uns alle Schweine tot. Und brennt im Dorf `ne Scheun`, oh Graus, holt Pingel seine Spritze raus.

'LH1DPHQGHU/3*LQ+HU]IHOG Weil wir bei den Sprüchen sind, noch einer aus der Zeit nach 1953, der die Eigennamen der in Herzfeld existierenden LPG so zusammensetzt, dass sie satzähnlich klingen. Im hellen Morgen bei der goldenen Ähre in froher Zukunft untern Linden im Erlenbusch der Vogelsang.

'DW'|USULHPHOXW3DDUVFK Herr Bauer aus Paarsch kannte das Dörpriemel und konnte es fließend bis zu der gekennzeichneten Stelle vortragen. Dann versicherte er mir, nicht mehr weiter zu wissen. Später erfuhr ich, dass an dieser Stelle die Familie Bauer selbst folgte. Der Spruch blieb somit unvollständig. Im Spruch sind alle Einwohner der Reihe nach, unabhängig von der gesellschaftlichen Stellung im Ort, aufgeführt. Er beginnt am westlichen Ortseingang mit den zwischen 1877 und 1909 entstandenen Häuslereien. Von den ersten Häuslereibesitzern waren bei der Entstehung des Dörpriemels nur noch Frädrik und Has(e) übrig. Durtschi stammte aus der Schweiz und hatte in Deutschland als „ Schweizer“ (Milchviehhaltung) gearbeitet. Wegener war sein Schwiegersohn. Sie zogen erst Mitte der zwanziger Jahre nach Paarsch. Beide wohnten in einem Haus, welches sie jeweils zur Hälfte bewohnten. Ungewöhnlich, dass der „ Trennungsstrich“ zwischen den beiden Wohnungen in Firstrichtung verlief. Wegeners sparten offensichtlich zu jener Zeit kräftig, denn 1934 zogen sie nach Mühlenberg auf eine Bauernstelle. Gegenüber wohnte Frädrik, später mit Durtschi verwandt. Die Häuser stehen im Wiesenweg. Jannetz sitt up sin' n Barg, Keil fräten de Ratten in Sarg, Fischer sitt up sinen Dahg, hölt ' nen groten Dörpsgesnack. Has mit de Blas, Frädrik sitt up de Heck, Riek spält in de Stuw Versteck, Durtschi danzt up hölten Tüffel, Wegener frät Pällkartüffel, August mit de krumme Kähl, Siewert danzt up' n Bessenstäl. Maaß is' n grot' n Klas, Buchholz/Bandow ..... Schan (Johann) Lendt mit de blagen Haut, Tubbe Sing is sin Lür nich gaud, Ohrns is de Herrenmann, 9

Quaden geiht dat gor niks an, Liebke mit de spitzen Hacken, Klöhn gaht in de Dörp rum snacken. Emil mit de lange Piep, Jogen danzt mit sin Mariek, Bauer ...... Möller ...... Hahn ....... Gottschalk ..... Köhncke ....... Möller ....... 3DUFKLP Hans-Jürgen Maertz aus Parchim wurde beim Lesen eines 1984 erschienenen Buches auf diesen Spruch aufmerksam und nahm sich vor herauszubekommen, in welcher Straße Parchims die genannten Einwohner lebten. Das Riemel sollte um 1870 entstanden sein. Hans-Jürgen Maertz benutzte daher das Adressbuch von 1873. Er stellte dabei fest, dass es sich bei der Straße, die anhand der wenigen Namen relativ kurz sein musste, wahrscheinlich um das Pfaffenhaus handelte. Doch eine schlüssige und eindeutige Zuordnung gelang ihm nicht. Sein Aufsatz zu diesem Riemel kann im Heft PÜTT 1997, Schriftenreihe des Heimatbundes Parchim, S.6, nachgelesen werden. Zimmermann is´n goden Mann, Bock, de wahnt dor nebenan, Smidsch mit de dicken Waden, Diederichs mit´n Kalverbraden, Kungert is´n Nagelsmid, Pingel hett´n Hahnentritt, Möller hat´n grotes Mul, Tarnow, de is bannig ful, Lietz, de is´n Struwerbuck, Blieffert geiht up hölt´n Krück, Kaiser mit de Sensmaschin, Bockholt hett´n grot´n Zylinn, Glantz hett Hunger in´t Kaldun, Madaus is ümmer duhn. 'DV'|USULHPHOXW5RP Das Dörpriemel widerspiegelt die unübersichtliche Wohnbebauung des Dorfes. Der frühere Bürgermeister, Lehrer und Heimatforscher Horst Klawuhn beschreibt in zwei Büchern die Geschichte des Dorfes Rom, woraus Näheres entnommen werden kann (5). Er stellte fest, dass im Dorfspruch 15 Einwohner/Grundstücksbesitzer fehlen. Dadurch, dass nicht nur die Bauern, sondern auch Büdner und Häusler im vorhandenen Text Erwähnung finden, würde damit das Riemel zu einer ungewöhnlichen Länge anwachsen. Es ist zu vermuten, dass das Riemel absichtlich nicht vollendet wurde. Der Spruch beginnt am südlichen Ortsausgang des Dorfes und setzt sich in der lückenlosen Reihenfolge der auf der Ostseite gelegenen Höfe fort. Harnack besaß die Hufe X. Zwar stellte die Familie Harnack zweimal einen Römer Dorfschulzen, aber nicht in der Zeit, wo der Spruch entstanden sein muss. Danach folgen zwei Büdner: Rabe und Heyden. Letzterer wohnte dort bis 1927. Köhler war Häusler und Schuhmacher. Dann folgte mit Hinrichs wieder eine Büdnerei. Schäfer Hase wohnte im Eckhaus zur Straße Richtung Lübz. Es schließen sich weitere Häuslereien an bis zu Möller, ein ehemals ausgebauter Bauer mit der Hufe IX. Das Dörpriemel springt in der Fortsetzung nun an den Ortsausgang Parchim zur Molkerei, die Röhl verwaltete. Die restlichen Namen gehören zu den Bauernstellen der Hufen IV, V, VI, VII und VIII. Alle weiteren noch vorhandenen Höfe an der Kirche und auf der Westseite des Ortes bleiben ungenannt. Zu folgenden Verszeilen konnte Herr Rabe Erklärungen geben: Bastian is ' n türen Gast - er betrog die anderen gern. König war Schmied. Köömsnut – wenn einer gern einen trinkt oder vielleicht auch mehrere.

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Mit dem Amerikaner soll es folgende Bewandtnis haben: Tamms Vater soll in Amerika drei Fabriken besessen haben. Sein Sohn wurde im Ersten Weltkrieg verschüttet und trug ein Nervenleiden davon. Der Vater kaufte die Bauernstelle für den Sohn. Ein richtiger Bauer war er nicht. Südfrüchte und Geld sollen in dem Haus nicht ausgegangen sein, wovon auch Siewert, der „ Indianer“ (weil er das für sich weidlich ausnutzte) und Nachbar zehrte. Siewerts Anwesen wurde aus Geldnöten trotzdem 1938 verkauft. Der Onkel vom damaligen Reichsjugendführer kaufte das Anwesen, verpachtete es aber kurz darauf. Dor löp' n twei Gäus up un dol, dei wüssten nich, wo Harnack woahnt. Harnack woahnt up de Eck, Rohw (Rabe) had kein Speck, Heyden schlacht ' nen Kalw, Köhler kriecht det half, Hinrichs kriecht dat Ingewei. Schäper Hohs (Hase) löpt sik de Hacken entwei, Barthels klöddert up den Tun, Garlik wür gant brun, Boushon (Bastian) is ' n türen Gast, Heiner Schmied is ' n ebben so ' n Gast. König mit de Fuertangen, Heiner Möller führt mit Poggen to Markt. Röhl had' n verdammt Toel, Fräs (Frese) mit ' n Zylinderhaut, Timman mit de Köömsnut, Röhranz, dei sieht ebben so ut. Tamm is ' n Amerikaner, Siewert is genau so ' n Indianer.

'LH5XHVWHU%DXHUQ Den zwischen 1914 und 1924 entstandenen Spruch überlieferte Herr Nehls, ehemals Ruester Bauer (Ruester Ausbau). Bemerkenswert ist, dass sich die Reihenfolge der Bauern nach der alten Hufenordnung von 1832 richtete, die am Dorfausgang in Richtung Ruester Krug begann, zuletzt Hufe XXIII, und im Uhrzeigersinn die Bauernhöfe aufzählte. Dieckmann wahnt an' n Diek, Pingel mökt giern Stried, bi Curds is Larm, wo Zülck sick aewer erbarm. Stiernbarg hett' nen Knust, Jarchow hett' ne gaude Fust, Paul Curds is ' nen gauden Mann, wo Hahn sick nah richten kann. Rieck giwt giern bäten an, wat em ok nix inbring' n kann.

'LH6HYHULQHU%DXHUQ Der Spruch wurde um 1900 entworfen. Die Bauern werden in der Reihenfolge ihrer Hufen genannt. Der Spruch gibt einen kleinen Einblick in die gegenseitigen Beziehungen und Dorfprobleme. Papkaten ist die Bezeichnung für das in Severin stehende ehemalige Armenhaus. Es hatte ein Pappdach und stand schräg gegenüber der Post. Die frühere Funktion ist dem Haus heute nicht mehr anzusehen. 11

Goldberg woahnt an de Eck, Tank hett keen Speck, Wilck schlacht ’n Kalw, Papkaten krecht dat half, Wolter krecht dat Ingeweih, Dobbertin hädd de Büchs entwei, Kroahmer nehm denn Bounenstaaken, un haut Köhler en öwern Norsknaaken.

'LH6ODWHU%DXHUQ Slate hatte 10 Bauernhufen. Die zehn im Spruch genannten Bauern werden aber nicht in der amtlichen Hufenfolge genannt. Laut Adressbuch von 1937 waren das: Hufe I: Sellhusen, II: Breuel, III: Hahn, Mühle, IV: Hahn, Bauer, V: Kollmorgen, VI: Müller, Bauer, VII: Cords, VIII: Hahn, Bauer, IX: Busch, X: Grohnwaldt Erklärungen: Ein Gartlock war ein Abfluss aus der Küche. Die Rinne verlief von der Küche durch die Hauswand nach außen. Die Kollmorgens hatten viele Kinder, die ärmlich angezogen waren und vielleicht hin und wieder ein Loch in der Hose hatten. Die Knochen blieben zuletzt beim Schlachten übrig. Höppner (später Güritz) ... Todderhahn (oder Fährhahn) ... Sellhusen kiekt aewern Tun, Kollmorgen mit dei glatten Nors. Cords ... Hann Hahn kiekt dörch' s Gartlock. Breul schlacht dat Kalw, Struck kreigt dat Bloot, Busch kreigt dat Ingeweih, Mahnke kreigt dei Knaken.

6SRUQLW] Das Spornitzer Dörpriemel erschien in der Festschrift zur 700-Jahr-Feier des Ortes: „ Spornitz im Wandel der Zeiten“ , 2000. Der Spruch wurde nicht kommentiert. Auffallend hier ebenfalls, dass die Anzahl der im Spruch genannten Bauern nicht mit den im Dorf vorhandenen Hufen/Hofstellen übereinstimmt. Vergleicht man die genannten Namen mit der Liste der Erbpachtstellen in der Festschrift (S. 132), so stellt man fest, dass die Zeitstellung fast stimmt. Das Riemel entstand vermutlich wenige Jahre nach 1898. Der Hof Nr. 1 gehörte 1898 dem Interimswirt Christian Koepcke. Er liegt auf der Südseite der heutigen B 191 etwa an der Einmündung der Friedensstraße/Bergstraße. Die Reihe der Bauernhöfe setzt sich auf dieser Straßenseite bis zum Godemser Weg fort, springt dann über die B 191, läuft zurück zur Pfarre und endet dahinter etwa dort, wo Garten- und Bergstraße zusammentreffen. Alle anderen Höfe bleiben im Spruch unberücksichtigt. Es könnte sich hier um eine Gruppe von Bauern handeln, die dieselbe Gaststätte besuchten und im Dorf eine eigene Gemeinschaft bildeten. Köp´ck is de Nummer ein, Kräuger haugt sick inn´t Bein, Niebuhr Rogmann ritt up´n witten Schimmel, Bossow will giern in´n Himmel. Timm sitt in ´nen Kleweruhrt, Menning will giern mit furt, Krischan Helm´ck die oll Peiter Buer, Willem Lüth is de Brummjohann, Sorgenfrei´s Mudder schitt up´n breiden Stein, Korl Baukholt raapt mit de Fingern von ein. 12

Johann Markwardt kickt öwern Hakeltuun, Podeten Gillhoffs Lies ward de Oarsch bruun, Jochen Stäcker sitt in de Tüwwelkuhl, Heiner Hinning kümmt un faurert de Uhl. Willem Simon is die Sirupstipper, Jochen Warn´ck is die Bodderlicker, Jochen Möller sleet mit´n Schinken up´n Disch, Willem Rogmann fangt väl Fisch. Stäcker is de rechte Mann, Wo Stoffer Rogmann sick nah richten kann. De Preister slacht ´n Kalw, Johann Gillhoff kriegt dat Halw, Korl Neick kreigt dat Viertel, Johann Gillhoff kriegt wat up´n Kittel. Krischen Poil sitt achtern Wagenrad, Jochen Marten kümmt un gütt em natt. 'LH6WUHVHQGRUIHU%DXHUQ Den Spruch erfuhr ich vom ehemaligen Stresendorfer Herrn Jalaß, der in Tessenow lebte. Er dürfte ebenfalls um 1900 entstanden sein. Es werden nur die Bauern im Ort aufgeführt. Von der Hofstelle Holm stammten drei Frauen, die im 17. Jahrhundert nacheinander als Hexen verurteilt wurden. Dort lebte damals eine Familie Rathsack. Der sogenannte Stresendorfer Blocksberg in Richtung Ziegendorf an der Löcknitz wurde in der Vergangenheit weggeackert. Ein sogenannter Hexenteich war vorhanden. Die Erinnerung an dieses Geschehen war so stark, dass die Stresendorfer noch rund 250 Jahre später wussten, auf welchem Hof die scheinbaren Hexen lebten. Daher: „ ...ritt up`n Bessenstäl“ , obwohl die spätere hier lebende Familie Holm absolut nichts mit der Hexenverfolgung zu tun hatte. „ Sein Nachbar schlägt die Katzen zuviel“ - soll ausdrücken, dass er vor den Katzen des Nachbarhofes Angst hatte, es hätten schließlich Hexen sein können. Katzen waren Hexentiere. Mit dem Turm ist der Glockenturm, die Stresendorfer Sehenswürdigkeit, gemeint. Er steht im Mittelpunkt von örtlichen Hexensagen. Noch heute ist in dem Glockenturm eine Inschrift zu erkennen, die mit Hexerei in Verbindung gebracht werden muss. Eigentlich hätte hier ein „ Tun/Zaun“ am Versende sein müssen, denn der „ Turm“ reimt sich darauf nicht. Gierck (Giercke) war damals im Dorf schlecht angesehen, Ursache unbekannt. Von der Mühle Gienk blieb nur das Mühlenwehr. Das „ Pflugrad“ bei Näger bedeutet, dass er bereits einen modernen Pflug verwendete. „ Poggen zum Markt fahren“ heißt, dass er mit Wertlosem dorthin fuhr, Poggen Frösche. Eine Hufe fehlt im Riemel. Es handelt sich um die Hufe VI, die Anfang oder Mitte des 19. Jahrhunderts in eine Doppelbüdnerei umgewandelt wurde. Holm ritt up`n Bessenstäl, Geerk slät de Katt to fähl, Gierk, de kekt övern Turm un schüürt sik de Noorslock brun, Gienk, dei Müller, de mohlt, Kleen, de proahlt, Nääger - Plauchrad löpt, Holt führt mit Poggen to Markt, Geu rüffelt in`t Stroh un Koppelow möök`t dat ebenso.

6WROSH Aus Stolpe ist der folgende Büdnerspruch bekannt. Er nennt die Büdnereien vom Parchimer Ende bis zur Schule an der Straße nach Barkow. Büdner Lietz kaufte die Büdnerei erst 1901. Die Küster wohnten in der Schule. Es fehlt der Büdner Klähn, der seinen Hof im Ring der Bauernhöfe an der Kirche hatte:

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Bohn (Sahling) slacht’n Kalw, Lietz kricht dat Half, Dettmann kricht de Poten, kann Bandow gaut mit lopen. Koppelow kricht de Röhr, Willöper blast as' n Bär, Wiede danzt de Schau so scheif, Siggelkow hält sin Fru so leif. Schoop kokt den Kaffee so swart, Prill kikt em in' n Schapp, bi Buschen is de Bodder knapp. Iwe ?? Benthin ?? Harm mit sien scheifen Bein, Küster Weide (dann Küster Möller) künn durch sien Brill nich seihn. :HOW]LHQ Zum Gutsdorf Weltzien gehörte ein altes Dorfriemel. Der Inhalt ging verloren. Herr Hannes Hamann aus Weltzien wusste noch davon. Es war so ein Dörpriemel in der üblichen Form mit: „ einer slacht ´nen Kalw, der andere kriegt`s Halw“ usw. Von den Alten, die es noch kennen könnten, lebt keiner mehr. In Kenntnis dieses Reims und seiner Eigenarten verfasste Herr Hamann aus Liebhaberei „ ... weil ich nachts oft nicht schlafen kann“ ein auf die heutige Zeit bezogenes Riemel, ebenfalls in plattdeutsch. Die Reihenfolge der Aufzählung beginnt an der Dorfeinfahrt von Sehlstorf her und wechselt in der Reihenfolge der Grundstücke von der linken auf die rechte Straßenseite. In der Höhe des früheren Gutes, am Ende der Sehlstorfer Straße, werden die Straßen links herum und ihre anliegenden Grundstücke in der gleichen Art der Reihenfolge aufgezählt. Drei Häuser standen leer und sind nicht behandelt worden. Bürgermeister Anders übte seine Tätigkeit nur drei Monate aus. Sein Nachbar konnte auf der Rüstung nicht stehen, wenn er zu tief in die Flasche gesehen hatte. Hamann, der Autor selbst, arbeitet trotz seiner schlechten Gesundheit noch, um die Rente aufzubessern. Die Hecke wurde entfernt, weil sich darin die Spatzen aufhielten und sie vollschissen. Der Acker liegt zwischen den Häusern der Sehlstorfer Straße, alles Büdnereien, die auf Gutsacker im Jahre 1933 aufgesiedelt wurden. Die Familien von der „ Hafenstraat“ sind aus Hamburg hierher gezogen. Rathsacks Ausschank ist nach der Wende neu entstanden, als die alte Gaststätte schloss. „ Tierig“ bedeutet „ zeitig“ und „ päden“ – „ treten“ . „ Tweimal ´n nieges Dach“ – nach dem ersten Mal wurde reklamiert und daraufhin das Dach ein zweites Mal gedeckt. „ Schaplo“ hieß der Verantwortliche für den Wohnblock. Glieck na de Wen´ nöhm Ehrfeldt dat in de Hän´. Hei plann´t Dannböhm an, dor häd Fru Icksmann gor nicks von. Anders wüer Bürgermeister na drei Mon´t schöt hei koppheister. De nächste Nahwer könnt up de Rüstung nich stahn. Dor säd sin Chef, du könnst nah Hus wedder gahn. Hamann kümmt mit de Rent nich ut, dorüm giwt hei Getreide noch ümmer ut. Kuller häd fiftig Mieter von de Heck rutträgen, dor hät´n ümmer de Spatz´n inschäten. Gudat pläugt sin Acker üm, dor kümmert Brosinski sik gor nich üm. Buchmann dät, as ob he gor nich miehr kann, nu müt sien Swiegersohn ran. Fru Westphal, dei is ´t nu ganz egal. Denn häb´n wi noch twei Familien von de Hafenstraat, dei frugen de oll Weltziener noch um Rat. 14

De Rathsack steiht hinner de Thek un schenkt ´nen gaue Bier in, wenn de wist, kriechst ok ´nen Steak. Koltzer mit sien Fru tosammen had´n acht Kinner. De güng ahl in de Großstuuw rinne. Fru Pedders, de hat Thrombos in ´t Bein, dorvon kreegt se jeden Morg´n de Krankenschwester to seihn. Edwin mit Marie-Ann gohn noch ganz gaud ran. Nu kümmt de lütt Diern von Fru Hein, de kriecht den Mann blot einmal im Mon´t to seihn. Günner Press hat de Kass von de Füerwehr. Lüer, dat is jo all tein Jahr her. Fru Pedders kann ohne Brill noch ganz gaud seihn. Werner Steffen, de wohnt ganz allein. Gottfried Sahm kann ohne Stock gor nich miehr richtig gahn. De Pedders häd ganz nieg bugt, häd sien Hus rundum sauber utfugt. Denn köm noch ne Familie ut Goldberch her, hei wier früher in de Dachdeckerlehr. Bußmann fangt morgens schon ganz tierig an, wenn hei kann. Dreier häd acht Halbgeschwister, wenn se könn, päd´n se up de Häunereier. Ulla Jägel, dei Fru is up Zack, krech in ein Johr tweimal ´n nieg Dach. Liese Junge bugt ´nen Bad, de Nahwers wier nich nad. Koltzer dät so, as wenn he mit unsern Chef nich kann, löp na´n Bürgermeister un füng mit de ABM wedder an. Wille Dahm un sien Schwager Lindenbeck hebben sik ok to Ruhe sät. Reini Mühlenberg un Dieter Lehmann füngen as Dachdecker an, dor häd de Höcker gor keine Ahnung von. Paul Borchert arbeit´t an de Strat, Rudolf Löhmann wier kein Soldat, Edwin Sahm wier dri Mon´t lahm. Dat is den Köseling so up´n Magen slah´n, dat he vergäten had sien Hus in´t Grundbuch intotrag´n. Denn häb´n wi noch ´nen niegen Block. Dor trög Schaplo den bunten Rock. De ein betohlt keen Woter, de anner keen Licht. Tsche, Lüer, so geiht dat doch nich. Gastwirt häb´n wi lang nich miehr. De KONSUM is seit dri Johr leer. Fru Scharrater köm na Berlin un Hermann had to dauhn mit telefonier´n.

'DV:XOIVDKOHU'|USULHPHO Zum Wulfsahler Dorfreim, der zwischen 1900 und 1910 aus der Taufe gehoben wurde, trugen mehrere Erzähler bei. Alle kannten nur Bruchstücke. Nach wie vor fehlt das Teil, welches die nach dem Brand von 1837 an den Poltnitzer Weg ausgebauten Besitzer der Hufen III, IV und IX beschreibt, ehemals Maddaus (Blumen-Maddaus), und zweimal Rambow. Das Riemel beginnt mit Mudder Schulten (Hufe XI). Sie war die Tochter des ehemaligen Dorfschulzen Thestorf, der zu seiner Zeit die Hufe X bewirtschaftete. Ein Sohn vom Nachbarn Brenncke hat hier eingeheiratet. 15

Heckt heißt hochdeutsch Hecht, der nächste Nachbar in Uhrzeigerrichtung. Die Gühlsdorfer Aderpütt ist ein jetzt trockenes Wasserloch auf dem Hof, gleich links hinter der Hofeinfahrt. Die Kinder liefen darauf im Winter Schlittschuh. Es konnte nicht viel geschehen, denn das Loch war nicht tief. Milatz hieß über zwei Generationen der Gastwirt. Der Vater kam aus dem Preußischen. Die Preußen waren als Prahler verschrieen. Hass, richtig Hastädt, wie auch bei den anderen Hass im Riemel. Ihre Vornamen werden im Spruch zur besseren Unterscheidung genannt. Albert reparierte also nebenbei Schuhe. Westphal war nie ohne Pfeife anzutreffen, sein Nachbar Podeyn liebte dagegen den Priem. Kuddel Hastädt hatte fünf hübsche Töchter. Eine heiratete Scheper, den späteren Hofbesitzer. Der letzte Hass im Riemel kiekt öwern Tun – mehr war dem Informanten nicht zu entlocken. Denn dieser Zeile folgte unbedingt der Reim auf „ ....brun“ , siehe oben. Neben dem Bauern-Spruch soll es noch ein Riemel der Büdner „ Am Stresendorfer Weg“ und in der „ Unnode“ gegeben haben. Er ging leider verloren. Lütte Diern mit `n roden Rock, kiek mal to, wat is de Klock? Schultens Modder ehr Klock is teihd´n, Brehncken gohn meihd´n, Heckts koken Hawergrütt, Gühlsdorf häd de Aderpütt, Milatz dat wär de Proahler, Albert Hass wär de Schauhbesoahler, Westphal de häd de Piep so giern, Podeyn de möcht de Priem so giern, Kuddel Hass häd de fief schönsten Dierns, Maddaus ........ Rambow ........ Rambow ........ Erich Hass kiekt öwern Tun, Zabel .........

=LHJHQGRUI.DPHUXQ Nach dem Ziegendorfer Spruch suchte ich lange. Ich wusste, dass es diesen Spruch gab. Letztendlich konnte ihn mir Herr Schmude aus Neu Herzfeld aufschreiben. Der Spruch behandelt nur die Einwohner des Ortsteils Kamerun. Dieser Name ist inoffiziell. Die Bezeichnung bürgerte sich bei den Alteingesessenen ein als Synonym für ein weitab gelegenes Land. Das war tatsächlich so, als Kamerun noch deutsche Kolonie war. Der Spruch beinhaltet also die Straßenzeile in Richtung Dorfzentrum, aber nur einseitig unter Ausschluss der gegenüber liegenden Büdner. Der Spruch gehört im Ursprung ebenfalls zu den älteren. Das Haus von Adam Otto ging über an Albert Gehrke, dem Schneider. Er wohnte am Waldrand zur späteren NVA-Waldsiedlung hin. Dann folgten in Richtung Friedhof Kahlbaum, Otto und Stoll, Willi. Nach ihm kam Schmidt, Otto. Er war im Spruch bereits verstorben. Seine Frau und Witwe hieß Paula. Jetzt wohnt hier Heinz Leu. Thiede, Siegfried, ist jetzt Marianne Hecht. Das Grundstück Degel, Otto, ging über an Degel, Dethlef. Dauck, jetzt Janenz. Bülow, Berta, jetzt Frank Doetsch. Hans Maaß, jetzt Gabriela Köhnke. Freitag, Ernst, jetzt Kunkel, Frieda, bzw. Thietmar Kunkel. Geick, Willi, jetzt Karl Heinz Geick. Adams Glock sleid teihn, Kahlbohms goahn meihn, Stoll is’n grot Mann, Paula woahnt gliek nebenan, Thiede schitt up’n Breid’n Stehen, Degel klaart‘t mit’n Hänn werrer rin, Dauken mit de grot Snut, Bülow mit de eddel Kauh. Maaßen slacht’n Kalw, Freitag kriegt dat halw, Kunkel kriegt dat Viertel, Geick kriegt wat mit’n Gürtel. 16

=LHVOEEHU'|USUHLP Karl Pietsch erzählte Johannes Pabst diesen Reim 1985 in Lübz. Dazu gab es noch eine zweite Variante, die von K.H.Müller stammt, aber Johannes Pabst unbekannt blieb. Der Büdner Jochen Pingel wohnte an einem Dorfende. Pingels gab es mehrere im Dorf, sodass weitere Beinamen zur besseren Unterscheidung notwendig waren. Der Krüger führte die Gastwirtschaft. Neben ihm wohnte ein Johann, der ein auffälliges Arbeitsgerät besaß, einen Rübenzerhacker - einen Stötter. Die Katenmudder lässt sich nicht mehr deuten. Der Katen, ein kleines strohgedecktes Häuschen brannte nach 1900 ab und wurde später als massives Haus neu aufgebaut. In der Reihe der Einwohner folgte ein weiterer Pingel, diesmal der Hahnenpingel, der es irgendwann einmal auf die Eierkiepe seiner Nachbarin abgesehen hatte. David Lemck saß bereits auf dem folgenden Gehöft. Auch er schien sich in den Räumlichkeiten seines Nachbarn gut ausgekannt zu haben. Der Babenbuer wohnte auf einer erhöhten Stelle im Ort. Flosch und Heiner hießen richtigerweise Pingel und waren Brüder, auch hier ein Zusatzname zwecks besserer Unterscheidung. Bennöhr hieß der Lehrer. Er wohnte in der Schule. Vermutlich überraschte er die beiden Brüder, als sie heimlich eine rauchten. Beiers Mutter verstand sich nicht mit ihrem Nachbarn, weil sie ihn Gnatterkopf ruft. Auch Firre ist ein Spitzname. Dessen Frau Fieck besaß dünne Beine. Fieck lebte ebenfalls in Unfrieden mit ihrer Nachbarin. Das Vogelnest ist ein noch erhaltenes eigentümliches Häuschen, zum Teil mit Stroh gedeckt. Stellenweise wurde das Dach fast bis auf Erdbodennähe herabgezogen. Warum der Gutsbesitzer den Tagelöhner Johann Warnke schlug, konnte auch nicht mehr geklärt werden. Ein Knick, eine Busch- oder Baumreihe, bezeichnete oft eine Grenze. Möglicherweise hängen damit die Streitigkeiten zusammen. Otto Klüss vertrug sich mit seiner Nachbarin im Unterschied zu den anderen besser, weil er von ihr öfters was „ ausborgte“ und wohl nicht zurückgab. Das Adlige Ende ist eine heute noch gebräuchliche Bezeichnung für einen Ortsteil. Dort lag der Gutshof. Das In-die-Lenden-kneifen ist ebenfalls ein Ausdruck der äußerst guten Beziehungen zwischen Nachbar und Nachbarin. Dann folgt derjenige, von dem das Riemel entworfen sein soll, Johann Lemck. Natürlich setzte er sich dabei ins rechte Licht, denn er besaß eine charakteristische Unart. Er drehte gern an den Knöpfen seiner Kleidung. Des öfteren passierte es dann, dass er auf einmal einen Knopf abgedreht hatte. Das hielt ihn aber nicht ab, bald am nächsten zu drehen. Wenn seine Frau nicht rechtzeitig alle Knöpfe angenäht bekam und an der Jacke keine mehr greifbar waren, suchte er sich eben weiter unten einen. Karl Pietsch baute in seinem Garten Tabak an. Als der spürbar abnahm, konnte es nur so sein, dass sich jemand dort bediente. Den wollte er erwischen. Er zog dünne Drähte durch den Garten, die in seinem Schlafzimmer an einer Glocke endeten. Das funktionierte. Frühmorgens halb vier klingelte es. Rasch sah er hinaus und begrüßte seinen verdutzten Nachbarn, den Schneider, mit den Worten: „ Dor büst du jo!“ Liesker verlief sich, natürlich aus Versehen, im benachbarten Hühnerstall. Er wollte doch nur mal nachschauen, ob die Hühner auch Eier legen. Bäunerjogen an' t Enn' fägt bie Kräuger Witten de Spenn' . Schan Liesen mit denn'Köter kümmt Katenfriech vör denn'Pöker. Hannenpingel mit de lang'Piep sitt dicken Willam in de Eierkiep. David Lemck mit denn'Hammer sitt in Babenbuer sin Rökerkamer. Flosch un Heiner Mold smöken achter Bennöhr sin Holt. Nu kümmt denn ok Beiers Mudder, de seggt tau Burmeistern ümmer: Du oll Gnudder! Firre Fiek mit de Sprickelbein smitt Mudder Witten ümmer noch mit Stein. Nu kümmt denn ok de Gaudsbesitter Frick, de sleiht Schan Nainken ümmer in denn Knick. Nu kümmt denn ok noch Schulten Murrer, Schan Lemk, de Doktor Beishorn, sitt bie Schröders Mudder in denn'Gorden. An de Eck, dor wahnt jo nu de Snieder, de geiht in Korl Pietsch sinen Gorden ümmer wieder. Tau' n Sluss kümmt nu denn noch de Liesker, de wier doch bie Fritz Möller in denn'Hunnstall verbiestert. So, dat is dat Riemelsch von Zieslübb' , ik mein, dat is ok hüt noch wat nütt. 17

Der folgende Zieslübber Spruch wurde vom früheren Zieslübber K.H.Müller aufgeschrieben. Er unterscheidet sich etwas von der Variante bei Johannes Pabst. Bäunerjogen an' t Enn' . De Kräuger Witt mag kein Kraien. Schan Lieschen mit den Stötter kümt Katenmudder vör denn'Pöker. Hahnenpingel mit de lang Piep geht Mudder Lemck an de Eierkiep. David Lemck mit dem Hamer sit in Babenbuer sin Rökerkamer. Flosch un Heiner Molt smöken achter Bennöhr sin Holt. Nu kümt denn ok Beiers Mudder, se seggt tau Burmeisters ümer: Du oll Gnurrer! Firres Fieck mit de Sprickelbein smitt Mudder Witten ümer noch mit Stein. Buer Witt denkt, hei hedd dat best. Prüssings wahn in' t Vagelnest. Nu kümt denn ok de Gaudsbesitter Frick, de sleiht Schan Nainken ümer in denn'Knick. Nu kümt denn ok noch Schultenmudder, se seggt tau Otto Klüss ümer: Du oll Snurrer! De oll Haas an' t Adlich Enn' knippt Prüssings Mudder in de Lenn' . Schan Lemck, de Doktor Beishorn, sitt bi Schröders Mudder in denn' Gorden. An de Eck, dor wahnt jo nu de Snieder, de geiht in Korl Pietsch sien'Gorden ümer wieder. Tau' n Sluss kümt nu denn noch de Liesker, de wier doch bi Fritz Möller in sien'Häunerstall verbiestert. So, dat is dat Riemelsch von Zieslübb'bi Pütt. Ik mein, dat is ok hüt noch wat nütt.

Literatur: (1) Johannes Pabst: „ Dörpreim von Zieslübb`bie Parchen“ , in Land un Lüd, Demmler Verlag, Schwerin, 1992, S. 74 (2) Heike Meins: „ Ein paar hundert Strophen von Herrn Pastorn sien Kauh“ , Hinstorff Verlag, 1984, S.56 im Nachwort. (3) Karl Puls: „ Dörpriemels“ in den Mitteilungen der Zeitschrift „ Mecklenburg – Zeitschrift des Heimatbundes Mecklenburg“ , 1924, Heft Nr. 2, S. 60 (4) Niederdeutsches Jahrbuch, 1934, 3. Dörpriemel Prenden Niederdeutsches Korresp.-Blatt, Bd. 5, 1880: Riemel von Fritz Reuter aus Stavenhagen August Wernicke: Bernauer Stadtchronik, Bernau, 1894, S. 508 Alexander Giertz: Bausteine zu einer Geschichte des Barnim, 1901-1905. Darin Dörpriemel von Petershagen von 1836, S. 141 (5) Horst Klawuhn: „ Schweigt mir von Rom“ , Schwerin, 2000 und „ Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut“ , Schwerin, 2006 Burghard Keuthe April 2016

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