pflege

Johanna Radenbach

Lexikon Soziale Betreuung Fachbegriffe der Altenhilfe von A– Z

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Babypuppe

Babypuppe

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Kontext: Bettlägerige aktivieren, Wahrnehmung, Material Ziele: Erinnerungen hervorrufen, sehen, berühren

Vor allem schwer Demenzkranke (vgl. Demenz) mit starken Bewegungseinschränkungen (vgl. Bewegungseinschränkung) reagieren positiv auf Babypuppen. Weil der taktile Sinn (vgl. Wahrnehmung, taktile) meistens noch gut erhalten ist, können sie durch Streicheln und Berühren der Babypuppe – was nötigenfalls mit Unterstützung noch gut möglich ist – Informationen über den eigenen Körper erlangen. Ist die Babypuppe ein geeignetes Aktivierungsmedium für den Demenzkranken (vgl. Demenz), streichelt und befühlt er sie ständig, trägt er sie mit sich herum, spricht mit ihr und bringt sie abends ins Bett. Es besteht die Möglichkeit, die Babypuppe in einem Kinderwagen spazieren zu fahren. Das erleichtert Personen das Gehen, da der Kinderwagen ihnen dabei Halt gibt. Durch die Babypuppe wird das Fürsorgebedürfnis (vgl. Bedürfnis) angeregt, ein Urtrieb, der bei Menschen mit einer Demenz noch deutlich ausgeprägt sein kann. (Vgl. Tier)

Backen

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Kontext: Kochen und Backen, Aktivitäten des täglichen Lebens Ziele: Gemeinschaft erleben, sich bewegen, Kommunikation, produktiv sein

Backen ist für viele Menschen – im Gegensatz zur täglichen Pflicht des Kochens (vgl. Kochen) – etwas Besonderes. Backen weckt andere Erinnerungen (vgl. Erinnerung) als das

Kochen. Oft erzählen die alten Menschen begeistert vom Sonntagskuchen, Weihnachtsund Osterbäckereien oder speziellen Geburtstagstorten. Allein der Geruch von Gebäck löst bei vielen Menschen positive Erinnerungen aus. Backen ist deshalb ein wichtiger Bestandteil der Erinnerungs- und Wahrnehmungsförderung, besonders bei Menschen mit Demenz.

Backgruppe

f

Kontext: kochen und backen, Aktivitäten des täglichen Lebens Ziele: Gemeinschaft erleben, sich bewegen, Kommunikation, produktiv sein

Aus Erfahrung nehmen eher Frauen an einer Backgruppe teil, allerdings sollen auch interessierte Männer in die Gruppe aufgenommen werden. Außerdem lassen sich Personen mit Demenz gut in die Runde integrieren, weil sich der Herstellungsvorgang in einzelne, den Fähigkeiten entsprechende Arbeitsschritte aufteilen lässt. Backen ist eine sinnvolle und produktive Tätigkeit, bei der sich alte Menschen gebraucht fühlen und die bei einer guten Vorbereitung zu einem schnellen Erfolg führt. Eine Backgruppe sollte aus drei bis maximal sechs Teilnehmern bestehen, da die Personen viel Unterstützung benötigen

Bad, morgens im

und man sich ansonsten wegen zu wenig Platz behindern würde. Bei Teilnehmern mit Einschränkungen muss die Gruppenleitung eine Gesamtzeit von ca. 45 bis 90 Minuten einkalkulieren. Dieser Zeitraum sollte nicht überschritten werden, um die alten Menschen nicht zu überfordern. Der Arbeits- und Zeitablauf mit anderen Abteilungen, z.B. der Hauswirtschaft und Pflege, besprechen. Optimalerweise kaufen die Senioren mithilfe der Gruppenleitung die Zutaten ein, vorher wird eine Einkaufsliste erstellt. Die Rezepte sollte die Gruppenleitung vor Beginn des Backens kurz mitteilen, damit sich die Personen einen Eindruck über die Backware verschaffen können. Es macht Sinn, die Zutaten bei einer schwächeren Gruppe bereits abgewogen auf dem Arbeitstisch anzuordnen. Butter oder Margarine rechtzeitig warm stellen. Die Auswahl der Rezepte hängt ab vom Schwierigkeitsgrad der Herstellung, von den Fähigkeiten der Backenden und ihren Wünschen. Bekannte und einfache Rezepte wie Apfelkuchen oder Waffeln sind beliebt. Rezepte mit harten oder zähen Zutaten wie Mandeln, Nüssen und Trockenobst sind für ältere Menschen mit Kauproblemen ungeeignet. Das Backen von Waffeln eignet sich hervorragend für die Einzelbetreuung von älteren Menschen. Falls die Person nur über eine kurze Aufmerksamkeitsspanne (vgl. Aufmerksamkeit) verfügt, können Sie den Teig vorbereiten und die Person backt lediglich die Waffel. Wenn in einer Gruppe jede Person die eigene Waffel selbst backt, kommt jeder in den Genuss Ihrer Betreuung und erfährt durch die gut schmeckende Waffel ein wunderbares Erfolgserlebnis. Es besteht auch die Möglichkeit, die Waffel bei einer bettlägerigen Person (vgl. Bettlägerige) im Zimmer zu backen: Sie müssen dazu lediglich den Teig mit dem Waffeleisen auf einen Küchenwagen stellen, dann

haben Sie eine mobile Backstelle. Die Person erfreuen sich bestimmt am leckeren Duft und beobachtet sie interessiert beim Backen, falls sie selbst dazu nicht mehr in der Lage ist. Wenn Sie dem hochbetagten Menschen Fragen zum Thema Backen stellen, fördern Sie zusätzlich dessen Kommunikation und Erinnerungsvermögen (vgl. Erinnerung): Was haben Sie früher am liebsten gebacken? Was gehört alles in einen Waffelteig? Was ist Ihr Lieblingskuchen? Folgende Zutaten benötigen Sie für einen Waffelteig: 200 g Butter, 175 g Zucker, 6 Eier, 350 g Mehl, 350 ml Milch, 1 TL Backpulver, 1 Prise Salz, 1 Tüte Vanillezucker, etwas Zitronensaft. Die Waffeln schmecken ausgezeichnet mit Sahne, Eis und Kirschen. Guten Appetit! (Vgl. Backgruppe, Backen, Kochgruppe, Küchengerät)

Bad, morgens im Kontext: allgemeine Aktivierung, themenorientierte Gruppenstunde Ziele: Erinnerungen hervorrufen, Gedächtnisleistungen aktivieren, Gemeinschaft erleben, Kommunikation, sich bewegen, hören, riechen, berühren, sehen

Das Thema »Morgens im Bad« ist gut für eine themenorientierte Gruppenstunde (vgl. Gruppenstunde, themenorientierte) geeignet. Folgende Aktivitäten können Sie anbieten: Anfangslied (vgl. Lied): Wasser ist zum Waschen da. Tastkiste: Inhalt: Seife, Zahnbürste, Badeschwamm, Kamm, Bürste, Zahnpasta, Cremedose, kleines Handtuch, Rasierpinsel, Lockenwickler, Duschhaube, Lippenstift. Die Kiste zum Sichtschutz mit einem Tuch bedecken. Die Teilnehmer benennen der Reihe nach einen ertasteten Gegenstand und legen ihn auf den Tisch. An-

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Bad, morgens im

schließend die Gegenstände begutachten und ausprobieren. Einfache Variante: Die Gegenstände auf den Tisch legen, begutachten und ausprobieren. Gesprächsanregungen/Biografiearbeit: Zu welchem Zeitpunkt gehen Sie morgens ins Bad? Wann sind Sie in Ihrer Kindheit morgens ins Bad gegangen? Stimmt es, dass Frauen mehr Zeit im Bad brauchen als Männer? Wie sahen früher die Badewannen aus und wie sehen sie heute aus? Mussten Sie das Badewasser als Kind mit den Geschwistern teilen? Mussten Sie früher das Wasser zum Waschen aus einem Brunnen holen? Gab es in Ihrer Kindheit warmes Wasser zum Waschen? Wie wurde das Wasser erhitzt? Wie lange hat man früher die Kleidung getragen, bevor sie gewaschen wurde? Gibt es Unterschiede zu heute? Haben Sie ein Lieblingsparfum (vgl. Parfum) oder eine Lieblingscreme? Sprichwörter und Redewendungen ergänzen (vgl. Sprichwort ergänzen, Redewendung ergänzen): »Seine Hände in Unschuld waschen«, »Eine Hand wäscht die andere«, »Mit allen Wassern gewaschen sein«, »Jemandem nicht das Wasser reichen können«, »Kein Wässerchen trüben können«, »Wer schön sein will, muss leiden«, »Drei Dinge erquicken unsere Leiber: Bad, Wein und Weiber«, »Keine Haare auf dem Kopf, aber einen Kamm in der Tasche«, »Schmutzige Wäsche waschen«, »Wasser trinken heilt den Magen, neue Kräfte gibt das Baden«. Geschichten: »Samstäglicher Badetag«, aus »Jule-Geschichten – Wie die heute alten Menschen ihre Kindheit erlebten« von Elisabeth Lambrecht, Vincentz Verlag; »Herren in der Badewanne«, aus »Loriots dramatische Werke« von Vicco von Bülow, Diogenes Verlag; »Das Bad am Samstagabend«, aus »Das große Wilhelm-Busch-Album«, Otus Verlag. Zungenbrecher: Wenn Du Wachsmasken magst: Max macht Wachsmasken. Blase blub-

bernd in Seifenbrühe – bilde bunte Seifenblasen. Bürsten mit schwarzen Borsten bürsten besser als weiße Bürsten mit weißen Borsten bürsten. Wahrnehmungsübungen: 1. In eine mit Wasser gefüllte Schüssel Badezusatz geben und gut verrühren, sodass Schaum entsteht. Die Schüssel umherreichen, die Hände darin baden und eine Badeente schwimmen lassen. Die Temperatur des Wassers beschreiben. Ein Handtuch dient dem Abtrocknen der nassen Hände. 2. 4711 Echt Kölnisch Wasser an die Innenseite der Handgelenke tupfen und den Duft erraten. 3. Die Hände mit Niveacreme einreiben und den Duft erraten. 4. Seifenblase herstellen. Umschriebene Begriffe erkennen: 1. Gefäß mit Pulver, wird zum Schminken benötigt. Lösung: Puderdose; 2. Wenn man ihn aufdreht, kommt warme Flüssigkeit heraus. Lösung: Wasserhahn; 3. Wird zum Schutz vor Keimen auf offene Verletzungen gelegt. Lösung: Heftpflaster; 4. Er ist weich, weiß und federleicht. Er entsteht durch Wasser und Seife. Lösung: Badeschaum; 5. Sie schützt die Haare vor Wasser von oben. Lösung: Duschhaube; 6. Früher kamen mehrere Personen nacheinander hinein, heute wird jedes Mal das Wasser gewechselt. Lösung: Badewanne. Schwere Variante: Umschreibungen nach dem gleichen Schema für folgende Begriffe suchen: Lockenwickler, Rasierapparat und Kosmetiktasche. Wortsammlung: Welche Wörter beginnen mit »Bad«? Lösungsvorschläge: Badetag, Badezimmer, Badetuch, Badeschaum, Badeschuhe, Badehose, Badeanzug, Bademütze, Badematte, Badewanne, Badeanstalt, Bademantel. Einfache Variante: Begriffe rund ums Bad sammeln, die nicht notwendigerweise mit »Bad« beginnen. Bade-ABC: Buchstaben ziehen und Wörter zum Thema nennen, die mit dem gezogenen Buchstaben beginnen. Lösungsvorschläge: A = Augen-

Ball

brauenstift, B = Badezimmer, C = Champagnerbad, D = Duschvorhang … Anagramm: Das Wort »Bademantel« mit großen Druckbuchstaben auf ein Papier schreiben. Welche Wörter kann man aus den vorhandenen Buchstaben bilden? Lösungsvorschläge: Bad, Baden, Beamte, Adam, Amen, Dame, Ente, Madame. Einfache Variante: Die Buchstaben ausschneiden und damit neue Wörter bilden. Wortmitte gesucht: Welcher Begriff gehört in die Mitte der vorgegebenen Teile, sodass ein sinnvolles Wort entsteht? Baden...berg, Lösung: württem; Bade...kapuze, Lösung: mantel; Bade...stöpsel, Lösung: wannen; Bade...fliesen, Lösung: zimmer; Bade...haken, Lösung: handtuch Außenseiter finden: Welcher der vier Begriffe hat nichts mit dem Thema »Bad« zu tun? Die Lösungen sind kursiv geschrieben. Zahnbürste, Toilette, Schuhanzieher, Wimperntusche; Parfum, Seife, Rasierapparat, Bleistift; Deodorant, Hausdach, Bodylotion, Kosmetiktasche; Gartenschaukel, Waschlappen, Dusche, Zahnpasta; Liedschatten, Schwamm, Salbe, Supermarkt; Zahnseide, Nagelfeile, UFO, Wimpernzange. Bewegungsübung: Die morgendlichen Aktivitäten im Bad besprechen und die dazu passende Bewegung durchführen (vgl. Pantomime). Variante: Bewegungen ausführen, die zu den Materialien in der Tastkiste gehören. Ein Teilnehmer zeigt eine Bewegung und die anderen Teilnehmer ordnen diese Bewegung einem Gegenstand zu.

Baden

n

Kontext: Aktivitäten des täglichen Lebens, Pflege Ziele: produktiv sein, Pflege

Das Duschen oder Baden der älteren Person soll keine lästige Angelegenheit sein, bei der es nur darum geht, sauber zu werden. Lassen Sie die Person an der Aktivität intensiv teilhaben, indem Sie die Seife mit dem Lieblingsduft zum Riechen unter die Nase halten (vgl. Wahrnehmung, olfaktorische), das warme Wasser ausgiebig auf der Haut spüren lassen und durch den Waschlappen eine angenehme Massage verabreichen (vgl. Wahrnehmung, taktile). Aus einem einfachen Bad können Sie ein Schaumbad erzeugen, bei dem gelacht und Schaum durch die Luft gewirbelt wird. Grünpflanzen, Muscheln oder Bilder (vgl. Bild) schaffen eine angenehme Atmosphäre. Vielleicht haben Sie die Möglichkeit, ein Fischernetz über der Badewanne aufzuhängen, das mit künstlichen Fischen dekoriert wird. Angehörige (vgl. Angehöriger) können Auskunft geben, ob die Person am liebsten duscht, sich wäscht oder ein Bad nimmt. Halten Sie, wenn dies möglich ist, alte Gewohnheiten aufrecht, etwa die Tageszeit des Waschens und die Reihenfolge des Anziehens (vgl. Anziehen). Überlegen Sie – am besten mit einem Ergo- oder Physiotherapeuten (vgl. Ergotherapie, Physiotherapie) –, welche Hilfsmittel der Person die Körperpflege erleichtern könnten, z.B. ein Duschstuhl, eine Antirutschmatte oder Haltestangen.

Ball

m

Kontext: Bewegungsangebot, Material, Kinderspielzeug Ziele: sich bewegen, Berühren

Ballspiele lassen sich besonders gut sitzend an einem Tisch ausführen, weil der Ball nur gerollt und nicht geworfen werden muss. Alte und immobile Personen sind meist schon mit

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B

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Barrierefrei wohnen

dem bloßen Zurollen eines Balls stark herausgefordert. Am besten eignen sich zum Ballspielen Schaumstoffbälle, da diese Bälle eine raue Oberfläche haben, weich sind, gut gegriffen werden können und nicht so leicht aus den Händen (vgl. Hand) gleiten. Um Abwechslung ins Spiel zu bringen, können Sie bei mobilen Teilnehmern allerdings unterschiedlich große Bälle mit verschiedenen Oberflächen und Farben verwenden. Benutzen Sie keine schweren Bälle wie z.B. Medizinbälle. Die Verletzungsgefahr ist dabei zu hoch. Das Ballspielen ist eine Tätigkeit, die tief im Gedächtnis gespeichert ist und desorientierte Menschen deshalb noch lange Zeit ausführen können. Sobald ihnen ein Ball zugerollt wird, strecken sie meist reflexartig die Arme nach vorn, öffnen die Hände und fangen den Ball. Der Betroffene kann die Tätigkeit besser ausführen, wenn die Betreuungskraft den Ball zunächst zum Fühlen (vgl. Tasten) in die Hände legt und diese vorsichtig auf den Ball drückt. Dadurch entsteht ein Gefühl für den Gegenstand. Beim Rollen zieht die Betreuungskraft den Ball rasch unter den Händen der Person heraus. Nach einigem Üben funktioniert dann das Fangen und Rollen fast automatisch. (Vgl. Igelball, Pezziball, Luftballon, Tennisball, Schaumstoffwürfel, Bewegungsmuster)

Barrierefrei wohnen

n

Vgl. Wohnen, barrierefrei

Basale Stimulation

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Etym.: basal, »Die angebotenen Reize, die der Mensch aufnehmen soll, sind allereinfachster Art«; Stimulation »anregen, reizen« Kontext: basale Stimulation, Wahrnehmung, Bettlägerige aktivieren, Sterbebegleitung, Methode Ziele: entspannen, Blutdruck senken, berühren, sehen, hören, riechen, schmecken, Gleichgewicht stimulieren, Kommunikation, Geborgenheit empfinden

Das Konzept der basalen Stimulation wurde vom Sonderpädagogen Andreas Fröhlich für schwerstbehinderte Kinder entwickelt und später von Christel Bienstein weiter ausgebaut. Inzwischen findet das Konzept auch Anwendung bei Personen im Wachkoma, Bettlägerigen (vgl. Bettlägerige), Dementen im dritten Stadium (vgl. Demenz) und Sterbenden. Basale Stimulation versucht Impulse zu schaffen, die der bewusstseinseingeschränkte Mensch aufnehmen und verarbeiten kann. Das Konzept hat als Ziel, den Mangel an Eigenerfahrung, Eigenwahrnehmung (vgl. Wahrnehmung) und Auseinandersetzung mit der Umwelt zu kompensieren. Die Person soll sich selbst erleben, die Grenzen ihres Körpers erspüren, die Welt außerhalb ihres Körpers wahrnehmen und die Anwesenheit einer anderen interessierten Person fühlen. Dabei müssen Therapeuten (vgl. Therapie) und Betreuer die Reize zunächst sachte anbieten, da Reize jeglicher Art ein Gefühl der Bedrohung beim alten Menschen auslö-