Leitfaden zu Referaten und Hausarbeiten (Prof. Dr. Roland Kanz)

Leitfaden zu Referaten und Hausarbeiten (Prof. Dr. Roland Kanz) Präambel: Jeder Leitfaden hat ein Hoheitsgebiet, außerhalb dessen er weniger oder gar ...
Author: Gert Roth
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Leitfaden zu Referaten und Hausarbeiten (Prof. Dr. Roland Kanz) Präambel: Jeder Leitfaden hat ein Hoheitsgebiet, außerhalb dessen er weniger oder gar nichts gelten mag. Ein mündliches Referat soll in der Seminarsitzung ca. 60 Minuten dauern; Abweichungen erfolgen nach Absprache. Die schriftliche Hausarbeit soll nicht kürzer als 15 und nicht länger als 20 Seiten sein. Da die Materie mitunter schwierige oder komplexe Argumentationen mit sich bringt, empfiehlt es sich für den mündlichen Teil, das Referat möglichst auszuformulieren, um so die Gedanken in eine stringente Abfolge zu bringen (und dies dann auch so durchzuhalten). Die Argumentation ist jeweils nach Absprache auf inhaltliche Schwerpunkte oder einzelne Leitthemen auszurichten. Es ist notwendig, die Bildbeispiele rechtzeitig vorher mit mir abzustimmen. In jedem Falle bitte ich die ReferentInnen, wenigstens einmal und mindestens zwei Wochen vor dem Termin zu mir in die Sprechstunde zu kommen. Dabei sollten Sie sich möglichst schon über Ihr Thema informiert und vielleicht auch schon eine Konzeption haben. Fertigen Sie eine ausführliche Bibliographie zu Ihrem Thema an, worin sämtliche relevante Spezialliteratur nach den üblichen Zitierverfahren aufgeführt ist. Diese Literaturliste dient bei der Vorbesprechung zur weiteren Orientierung in bezug auf Schwerpunkte.

Vorgehensweise bei der schriftlichen Hausarbeit • • •

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Deckblatt mit Titel des Seminars mit Dozent/Dozentin, Semester, Thema, Name, Fachsemesterzahl HF/NF Gliederung/Inhaltsangabe mit Seitenangabe Einleitung (kurze Vorstellung des Themas, Formulierung der Fragestellung, Darlegung und Begründung der Vorgehensweise in der Argumentation, Formulierung einer Zielerwartung) Kurze Darstellung zur Entstehung des Kunstwerks, zum Kontext des Auftrags, zu den vorhandenen schriftlichen Quellen, zum Entwurfsprozeß etc. Hauptteil (mit möglichen Untergliederungen) mit der Darstellung einzelner Fragestellungen oder Problembereiche. Kern sollte eine analytische Beschreibung sein. Versuchen Sie als ersten Schritt eine eigene Beschreibung, lesen Sie dann die Spezialliteratur. Schreiben Sie alles auf, was Ihnen auffällt! Später, bei der eigentlichen Schriftfassung, werden Sie über jede scharfe Beobachtung und jeden verwendbaren Gedanken erfreut sein. Überprüfen Sie die eigene Wahrnehmung, korrigieren Sie eigene Ungenauigkeiten oder freuen Sie sich über das von Ihnen neu Entdeckte. Analytische Beschreibung: Sie besteht in einer strukturierten Analyse der kompositorischen, koloristischen, ikonographischen, stilistischen usw. Eigenart des Kunstwerks. Additive Beschreibungen des optischen Tatbestands gehen nicht selten ins Leere. Längere Beschreibungen erfordern eine gewisse Dramaturgie, damit die wichtigen Beobachtungen nicht zugeschüttet werden. Ziel ist, mit der analytischen Beschreibung die Fragestellung zu verdeutlichen oder überhaupt erst zu legitimieren. Oft ergeben sich daraus auch neue Fragestellungen oder auch schon Argumente für eine Interpretation.

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Grundsätzlich gelten folgende Prämissen: Beschreiben Sie vom Wesentlichen zum Unwesentlichen, vom Großen ins Kleine, von unten nach oben (bei Bauwerken). Außerdem gebietet der Verstand eine Argumentation vom Allgemeinen zum Besonderen, wenn das Allgemeine exemplifiziert, dagegen vom Besonderen zum Allgemeinen, wenn letzteres belegt werden soll. Schlußteil mit Zusammenfassung, Ergebnis oder Schlußthese. Hier sollte die Erwartungshaltung, die in der Einleitung schon aufgebaut wurde, befriedigt werden. Es braucht kein allgemeines Ergebnis am Schluß zu stehen, das auf Kosten ungeklärter Fragen eine glatte Lösung anbietet; es ist oft viel schwieriger und interessanter, die richtigen Fragen zu stellen, die offenen Fragen oder die Interpretationsprobleme gut zu formulieren, denn manches läßt sich nicht auf einen einfachen Nenner bringen. Anmerkungen (Fußnoten): Wenn Sie im Textteil die Meinungen/Aussagen von Autoren aus der Sekundärliteratur wiedergeben, so müssen Sie dies durch einen Beleg der genauen Stelle nachweisen, wo Sie dies gelesen haben, auch wenn Sie ein Argument nur sinngemäß und nicht als direktes Zitat angeben. Bei direkten Zitaten gilt grundsätzlich, daß Sie diese in Anführungszeichen setzen und auch in einer Anmerkung belegen müssen. Beachten Sie, daß der Anmerkungsapparat kein Prunkgehänge sein soll, sondern das notwendige, doch erträgliche Maß behält. Am Schluß der Hausarbeit steht die Literaturliste. Führen Sie dort alle verwendete und für das Thema relevante Literatur auf, auch wenn Sie einzelne Titel vielleicht nicht mit einer Fußnote berücksichtigt haben. Wichtig ist, daß man bei der Titelerfassung formal einheitlich vorgeht und daß Mißverständnisse ausgeschlossen sind. Bibliographieren ist eine grundsätzlich unerläßliche Angelegenheit. Wenn man erst anläßlich einer Magisterarbeit sich diesem Geschäft widmet, ist es meist schon zu spät, ohne viel Zeitverlust darin Routine zu gewinnen. Meist kann man Literatur über die jeweiligen Literaturverzeichnisse oder Anmerkungsapparate von Standardbüchern oder Aufsätzen ausfindig machen oder aber übergreifend in den Bibliographien – die ja sehr gute Indizes haben – nach Publikationen zu einem bestimmten Künstler/Bild/Thema/Bauwerk etc. fahnden. Scheuen Sie aber auch nicht den biederen Gang zu den allgemeinen Nachschlagewerken.

Vorsicht bei der Internetrecherche! Auch beim Internet gilt: Jedes Arbeitsinstrument ist nur so gut wie derjenige, der es anzuwenden weiß. Das Internet ist noch jung. Das bringt Informationslücken mit sich, die zum Teil eklatant sind. Viele Datenbanken haben einen Datenbestand, der oft erst in den 1990er Jahren beginnt. Retrokatalogisierungen gehen langsam voran. Ältere Literatur, die oft immer noch maßgebend ist, dürfte vielerorts nicht erfaßt sein. Außerdem sind Datenbanken davon abhängig, wie viele Menschen mit welcher Kompetenz am Werk sind. Bibliotheken erfassen oft nur Büchertitel, keine Aufsätze in Sammelbänden oder Zeitschriften. Bewährt hat sich in dieser Hinsicht für unser Fach der Verbundkatalog www.kubikat.org, in dem auch Aufsätze nach Personen und Schlagworten erfaßt sind. Auch wenn dies wiederum nur in einem gewissen (aber beträchtlichen) Umfang erfolgen kann, darf

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angenommen werden, daß dort wichtige jüngere Aufsätze erfaßt sind. Weitere Links für die Literatursuche bietet die Homepage des Instituts. Wichtig bleibt in jedem Falle, daß Sie eine Titelliste auf ihre Qualität überprüfen. Das heißt, Sie müssen jeden Titel bzw. Aufsatz auch selbst geprüft haben, bevor Sie ihn als relevant angeben. Durch eine schnelle »Google«-Recherche erhalten Sie unter Nützlichem auch viel »Müll«, so daß Sie die Fähigkeit ausbilden müssen, das Gefundene auch zu beurteilen, das Brauchbare vom Unbrauchbaren zu trennen. Oft finden sich Informationen in nicht zitierbarem Zustand. Dann müssen Sie diese Informationen auf herkömmlichem Weg (das heißt über Bücher) verifizieren. Verboten ist es, Texte oder Textpassagen aus dem Internet zu kopieren und in die eigene Hausarbeit zu übernehmen. Auch wenn die Rechtslage hier eine große Grauzone zu haben scheint, zählt ein solches Vorgehen als Betrugsversuch und wird dementsprechend bewertet. Schwere Verstöße können die Exmatrikulation nach sich ziehen.

Intellektuelle Risikobereitschaft Sie sollten sich bei einer wissenschaftlichen Darstellung von Ihren eigenen Überlegungen leiten lassen. Originalität und Bereitschaft zum intellektuellen Risiko sind immer erwünscht. Freilich sollten sie sich in die Form einer wissenschaftlichen Argumentation oder zumindest einer plausiblen Fragerichtung bringen lassen. Grundlegend ist ein geschärftes Problembewußtsein für die Objekte der Kunstgeschichte. Nur das persönliche Bemühen um Verständnis im Zuge einer zusammenhängenden Darstellung im Referat oder in der Hausarbeit macht oft die Vielfalt der Aspekte und möglichen Fragen bewußt, die ein Thema in sich birgt – und manchmal ist auch die Konfrontation mit eigenen Denkprozessen eine neue, wichtige, mitunter lustvolle Erfahrung (es soll so etwas geben wie einen wissenschaftlichen Eros). Intellektuelle Risikobereitschaft bedeutet auch, daß man durchaus eigene Thesen vertreten kann, für die vielleicht letztlich keine »Beweise« vorhanden sind, doch ist stets auf eine sachliche Argumentation zu achten, um die eigenen Thesen zumindest plausibel zu machen. Gerade das Vertrauen auf die eigene Anschauung und der Mut zur eigenen Meinung fördern die persönlichen Erfolgserlebnisse! Es geschieht häufig genug, daß man beim Schreiben vieles wieder in Zweifel zieht, was einem gestern noch klar erschienen war. Lassen Sie sich jedoch bei der Niederschrift von Stimmungsschwankungen, unpassendem Wetter, dem gestapelten Geschirr in der Küche, sonstigen unaufschiebbaren Kleinigkeiten und Krisen der intellektuellen Selbstwahrnehmung möglichst nicht mehr vom Ziel abbringen.

Formale Regeln Zum Abschluß einer Hausarbeit sollte eine kritische Endkorrektur erfolgen. Es wird dringend empfohlen, die Arbeit abschließend im Hinblick auf Orthographie, Kommasetzung, Satzbau,

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sprachlichen Ausdruck und korrekte bibliographische Nachweise gründlich zu redigieren. Wählen Sie einen mittleren Zeilenabstand und lassen Sie einen genügend breiten Rand an der rechten Seite. Gebrauchen Sie den Duden bei Unsicherheiten oder holen Sie sich bei formalen Fragen Rat ein. Es steht (noch) frei, nach der alten oder der neuen Rechtschreibordnung zu verfahren (ich selbst bevorzuge noch die alte Rechtschreibordnung). In jedem Fall ist jedoch auf korrekte Anwendung zu achten. Besonders bei der neuen Rechtschreibung sind manche Eigenheiten zu beachten. Sie ist jedenfalls kein Freibrief für Beliebigkeiten. Zum Beispiel gibt es nach wie vor den Buchstaben »ß« nach doppelten oder langen Vokalen (Beispiele: Maß; schließen; außen), während nach einfachen und kurzen Vokalen »ss« geschrieben wird (dass; Fass; Guss). Mißtrauen Sie im Zeifelsfall dem Schreibprogramm. Hier hilft der Griff zum Duden. Höchste Aufmerksamkeit ist auf korrekte Interpunktion zu richten. Achten Sie unbedingt auf eine klare syntaktische Untergliederung in der Zeichensetzung. Wo Spielräume bestehen, sollten Sie die neue Rechtschreibung zugunsten des Textes und des Lesers auslegen. Setzen Sie Ihre Kommata in diesem Sinne immer zwischen Haupt- und Nebensatz, zwischen Hauptsätzen mit unterschiedlichen Satzsubjekten sowie vor und nach Relativsätzen. Unterscheiden Sie zwischen längeren Gedankenstrichen, die mit je einem Leerzeichen gesetzt werden – wie hier – und kürzeren Bindestrichen ohne Lehrzeichen (zum Beispiel: historischkritisch). Leerzeichen werden nach Satzzeichen eingefügt, nicht davor, worauf bei Ausrufezeichen und Fragezeichen zu achten ist (ebensowenig stehen Leerzeichen an der Innenseite von Klammern). Absätze bilden eine Sinneinheit. Sie dienen der inhaltlichen Gliederung und bestehen aus mehreren Sätzen, die sich zu einem argumentativen Sinn oder zu einer Texteinheit zusammenfügen. Ein einzelner Satz bildet normalerweise keinen Absatz, außer bei Aufzählungen – oder der Satz hat fast schon Manifestcharakter. Verfallen Sie also nicht den Montagemöglichkeiten der Schreibprogramme. Alle Zitate sind als solche zu kennzeichnen. Zitate im laufenden Text werden in doppelte Anführungszeichen gesetzt. Längere Zitate werden eingerückt. Auslassungen werden durch e kige Klammern mit drei Punkten [...] markiert. Am Anfang und am Ende von Zitaten ergänzen sie einen unvollständigen Satz. Für Nachweise in den Fußnoten gilt: Jede Fußnote bildet eine grammatikalische Einheit und beginnt mit einem Großbuchstaben und endet mit einem Punkt. Bei Erstnennung ist der Titel bibliographisch vollständig anzugeben. Für Bücher: Vorname Name, Titel. Untertitel, Verlagsort Jahr. Für Aufsätze: Vorname Name, Titel. Untertitel, in: Zeitschrift, Jahrgang, Jahr, Seitenzahl von/bis. Bei weiteren Zitationen reichen Name, Jahr und Seitenzahl. Wird die gleiche Quelle mehrmals hintereinander verwendet, schriebt man: Ebd. [= Ebenda], Seitenzahl.

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Quellenangaben (zum Beispiel Plinius, Vitruv, Alberti, Vasari etc.) sollte man möglichst direkt anhand einer gängigen Textausgabe überprüfen und nicht lediglich von einem anderen Autor abschreiben. Dadurch läßt sich vermeiden, daß eine eventuelle Sinnverschiebung, die ein Autor aus der eigenen Prämisse heraus vorgenommen hat, sich nicht über mehrere Stationen zu gravierenden Fehlmeinungen steigert. Folgendes gilt es zu vermeiden: Unterscheiden Sie zwischen Vokabular der Umgangssprache und der Schriftsprache. Die (leidige) Tatsache, daß in vielen, mitunter auch seriösen Tageszeitungen und Journalen oft ein gewisser Jargon praktiziert wird, den viele Journalisten für »spannender« oder »authentischer« halten, sollte Sie nicht zu schlechtem Deutsch verleiten. Achten Sie auf den stimmigen Gebrauch von indirekter Rede, gebrauchen Sie außerdem den Konjunktiv, wo er Ihnen angebracht erscheint. Bewahren Sie sich und Ihren Leser vor unfreiwilliger Komik. Vermeiden Sie Bürokratismen, zum Beispiel endlose Numerierungen von Unterkapiteln. Überprüfen Sie jeweils ein Apostroph, besonders im Genitiv (zum Beispiel: Mengs’ Kunsttheorie, aber: die Mengssche Kunsttheorie). Verwenden Sie das richtige Apostrophzeichen »’«. Fachspezifische und häufige Rechtschreibfehler sind außerdem: Korreferent (falsch: Koreferent), projizieren (falsch: projezieren), der einzige (falsch: der einzigste), in keiner Weise (falsch: in keinster Weise).

Abschließender Kommentar Im Studium der Kunstgeschichte sollten folgende Kernkompetenzen erworben werden: Erstens die Fähigkeit, Kunstwerke analysieren zu können; zweitens die Fähigkeit, die Analyse und komplexe Sachverhalte sprachlich (auch formal korrekt) darstellen zu können. Referate haben den Sinn, daß man dabei lernt, ein gestelltes Thema innerhalb einer bestimmten Frist mit einem begrenzten Umfang zu einem festgesetzten Zeitpunkt möglichst aufschlußreich zu erarbeiten und darzustellen. Inhaltlich ist gefordert, Kunstwerke mit einer der Fragestellung adäquaten methodischen Zugangsweise wissenschaftlich zu analysieren. Dabei gilt es, die vorhandene Forschungsliteratur kritisch zu lesen und mit eigenen Beobachtungen bzw. Meinungen zu vergleichen. Das Abfassen von Texten ist ein Hauptgeschäft aller Wissenschaften, besonders jedoch der Geisteswissenschaften, denn gerade von ihnen wird diese Fähigkeit erwartet und geschätzt. Nicht zuletzt aufgrund dieser im Studium erworbenen und trainierten Fähigkeiten – also termingerechte Texterstellung mit präzisen Formulierungen; Erfassen, Bewältigen, Strukturieren und Analysieren einer größeren Informationsmenge; korrekte Textpräsentation – sind auch Kunsthistoriker in vielen Arbeitsbereichen gefragte Leute.

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