Legal Update Neues Kollektivanlagengesetz

Legal Update Neues Kollektivanlagengesetz Juni 2006 ADVISORY Totalrevision des Anlagefondsgesetzes verabschiedet Das neue Bundesgesetz über die ko...
Author: Anke Kästner
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Legal Update

Neues Kollektivanlagengesetz Juni 2006

ADVISORY

Totalrevision des Anlagefondsgesetzes verabschiedet

Das neue Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagengesetz, KAG) wurde am 23. Juni 2006 vom Parlament verabschiedet. Die Chancen stehen somit gut, dass das neue KAG am 1. Januar 2007 in Kraft treten kann.

Sehr geehrte Leserin Sehr geehrter Leser Wir freuen uns, Ihnen eine weitere, besonders aktuelle Ausgabe des Legal Update zustellen zu können. Am 23. Juni 2006 wurde das neue Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen von den Eidgenössischen Räten verabschiedet. Aus dem ursprünglich angekündigten grossen Wurf mit dem ehrgeizigen Ziel, eine umfassende Gesetzgebung über die kollektiven Kapitalanlagen zu schaffen, wurde schliesslich ein teilweise abgespecktes Endprodukt, das aber die wesentlichen Revisionsanliegen umgesetzt hat. Der Fondsbranche werden durch das neue Gesetz verbesserte regulatorische Rahmenbedingungen zur Verfügung gestellt und neue Möglichkeiten eröffnet. Das vorliegende Legal Update soll einen Überblick über die wesentlichen Änderungen durch die Totalrevision des Anlagefondsgesetzes verschaffen.

Ziele der Totalrevision des Anlagefondsgesetzes (AFG) waren im Wesentlichen die Anpassung an das Recht der Europäischen Union, die Schaffung einer umfassenden Gesetzgebung über die kollektiven Kapitalanlagen sowie die Attraktivitätssteigerung des Fondsplatzes Schweiz. Nachfolgend werden die wichtigsten Änderungen aufgrund dieses neuen Bundesgesetzes aufgezeigt. 1

Auslöser der Totalrevision des AFG waren die vor einiger Zeit beschlossenen neuen Fondsrichtlinien der EU (EU-Fondsprodukterichtlinie und EU-Fondsdienstleistungsrichtlinie), an die das schweizerische Recht angepasst werden sollte. Da eine rasche Anpassung an das europäische Recht aufgrund der Globalisierungstendenzen der Fondsmärkte im Interesse des Fondsplatzes Schweiz liegt, wurde die Anpassung an die Fondsrichtlinien der EU soweit möglich in der Schweiz auf Verordnungsstufe bereits vollzogen. In wichtigen Bereichen war aber eine Anpassung auf Gesetzesstufe notwendig (z. B. Erweiterung der Tätigkeitsbereiche der Fondsleitungen oder Einführung der Beaufsichtigung von Vermögensverwaltern kollektiver Kapitalanlagen). Vor der Umsetzung der EU-Fondsdienstleistungsrichtlinie waren in der EU wie in der Schweiz aus Gründen des Anlegerschutzes die Tätigkeiten der Fondsleitungen auf die Verwaltung von Anlagefonds beschränkt. Die neue EU-Richtlinie hat nun zur Ermöglichung von betriebswirtschaftlichen Skaleneffekten für

Dr. Daniel Lengauer Giordano Rezzonico

Inhalt 1 Anpassung an das Recht der Europäischen Union 2 Erweiterung des Geltungsbereiches im Vergleich zum AFG 3 Attraktivitätssteigerung des Fondsplatzes Schweiz

Anpassung an das Recht der Europäischen Union

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Einführung der SICAV und Limited Partnership im schweizerischen Recht Erweiterung der zulässigen Tätigkeiten für Fondsleitungen (z. B. individuelle Vermögensverwaltung oder Anlageberatung)

Fondsleitungen zusätzlich zum Europa-Pass eine Erweiterung der bisher zulässigen Tätigkeitsgebiete eingeführt. So dürfen Fondsleitungen neu als Nebendienstleistungen die individuelle Vermögensverwaltung, die Anlageberatung, die Aufbewahrung sowie die technische Verwaltung von Fondsanteilen ausüben. Damit die schweizerischen Fondsleitungen im internationalen Umfeld wettbewerbsfähig bleiben, sieht das KAG diese Erweiterung der Tätigkeitspalette auch für schweizerische Fondsleitungen vor.

Bewilligungspflicht und dauernde Aufsicht über Vermögensverwalter von schweizerischen kollektiven Kapitalanlagen

In Übereinstimmung mit den neuen Fondsrichtlinien der EU sieht das KAG im Weiteren vor, dass Vermögensverwalter von schweizerischen kollektiven Kapitalanlagen neu einer Bewilligungspflicht und dauernden Aufsicht unterstellt werden. Die Delegation der Anlageentscheide für schweizerische kollektive Kapitalanlagen an nicht beaufsichtigte Vermögensverwalter wird damit unzulässig. Da für schweizerische Vermögensverwalter von ausländischen kollektiven Kapitalanlagen ein Wettbewerbsnachteil besteht, wenn nicht auch diese Kategorie von Vermögensverwaltern die Möglichkeit hätte, sich einer Aufsicht zu unterstellen, sieht das KAG vor, dass sich Vermögensverwalter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen auf freiwilliger Basis der Aufsicht der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) unterstellen können. Die freiwillige Unterstellung von schweizerischen Vermögensverwaltern ausländischer kollektiver Kapitalanlagen ist jedoch nur möglich, sofern die Gesetzgebung des Domizillandes der betroffenen Produkte eine Aufsicht verlangt und die ausländische kollektive Kapitalanlage zudem einer der schweizerischen gleichwertigen Aufsicht unterliegt.

Bewilligungsmöglichkeit für Vermögensverwalter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen

Die Anpassung an die Fondsrichtlinien der EU führt als solche nicht zu einer Attraktivitätssteigerung des Fondsplatzes Schweiz, sondern ist eine wichtige Massnahme zur Verhinderung einer weiteren Abwanderung des für die Schweiz wichtigen Fondsgeschäftes ins Ausland. 2

Erweiterung des Geltungsbereiches im Vergleich zum AFG

Ein weiteres Ziel der Totalrevision des AFG war die Schaffung einer umfassenden Gesetzgebung über die kollektiven Kapitalanlagen. Die Begründung für diese oft als Kern der Totalrevision bezeichnete Erweiterung des Geltungsbereiches des AFG besteht darin, dass der Zweck des Anlagefondsrechtes in erster Linie der Schutz der Anleger ist und für den Anlegerschutz nicht die Rechtsform, sondern die wirtschaftliche Betrachtungsweise massgebend ist. Nach dem Grundsatz "same business, same rules" sollten dem internationalen Trend entsprechend im neuen KAG deshalb unabhängig von der Rechtsform sämtliche kollektiven Kapitalanlagen der Aufsicht der EBK unterstellt werden. Dem internationalen Trend entsprechend werden zudem im schweizerischen Recht zwei neue spezialgesetzliche Gesellschaftsformen eingeführt, nämlich die international sehr beliebte Investmentgesellschaft mit variablem Kapital (SICAV) und die vor allem im angelsächsischen Raum sehr verbreitete Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (Limited Partnership).

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Vom Geltungsbereich werden erfasst: ƒ ƒ

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vertragliche Anlagefonds Investmentgesellschaft mit variablem Kapital (SICAV) Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (Limited Partnership)

Die Investmentgesellschaft mit festem Kapital (SICAF) ist dem KAG unterstellt, es sei denn: ƒ sie ist an einer Schweizer Börse kotiert, oder: ƒ ausschliesslich qualifizierte Anleger sind beteiligt, ƒ die Aktien lauten auf den Namen, und ƒ eine anerkannte Revisionsstelle erbringt der Aufsichtsbehörde jährlich den Nachweis über die Einhaltung dieser Voraussetzungen. Anlagestiftungen werden vom Geltungsbereich des KAG nicht erfasst.

Während der Nationalrat in der Frühjahrssession die Investmentgesellschaften mit festem Kapital (SICAF) entgegen dem Vorschlag der Expertenkommission und dem Vorschlag des Bundesrates vom Geltungsbereich des KAG gänzlich ausschliessen wollte, hat sich der Ständerat für eine differenzierte Unterstellung der SICAF ausgesprochen. Gemäss Auffassung des Ständerates sollten lediglich diejenigen SICAF dem KAG nicht unterstehen, welche an einer Schweizer Börse kotiert sind, oder deren Beteiligungen ausschliesslich von qualifizierten Anlegern erworben werden können, deren Aktien auf den Namen lauten und das Einhalten dieser Voraussetzungen jährlich von einer anerkannten Revisionsstelle gegenüber der Aufsichtsbehörde bestätigt wird. Im Differenzbereinigungsverfahren hat der Nationalrat dieser Regelung zugestimmt. Entgegen dem Vorschlag im Vorentwurf der Expertenkommission werden die Anlagestiftungen aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse vom Geltungsbereich weiterhin nicht erfasst. Eine im August 2004 neu eingesetzte Expertenkommission im Bereich der beruflichen Vorsorge soll die Regelung von Anlagestiftungen einer erneuten Prüfung unterziehen. Da es aufgrund der Vielfältigkeit und der raschen Entwicklung der Finanzmärkte unmöglich ist, auf Gesetzesstufe sämtliche Unterstellungsfragen abschliessend zu regeln, ist ein nicht abschliessender Negativkatalog im KAG unerlässlich. Dieser umfasst unter anderem sämtliche operativ tätigen Gesellschaften, bei denen die kollektive Kapitalanlage nicht Hauptzweck, sondern bloss eine akzessorische Tätigkeit darstellt sowie Holdinggesellschaften und Investmentclubs, deren Mitglieder bei der Vermögensverwaltung mitwirken können. Strukturierte Finanzinstrumente (wie z. B. Index-Zertifikate oder Baskets) sind weiterhin nicht dem Gesetz unterstellt, da es sich nicht um kollektive Kapitalanlagen handelt. Strukturierte Produkte dürfen in der Schweiz und von der Schweiz aus durch öffentliche Werbung vertrieben werden, sofern sie (a) von einer Bank, einer Versicherung, einem Effektenhändler oder einem ausländischen Institut mit gleichwertiger prudentieller Aufsicht ausgegeben, garantiert oder vertrieben werden und (b) ein vereinfachter Prospekt publiziert wird, der die wesentlichen Merkmale des strukturierten Produktes, dessen Gewinn- und Verlustaussichten und die bedeutenden Risiken für die Anleger beschreibt, für den Durchschnittsanleger leicht verständlich ist und darauf hinweist, dass das strukturierte Produkt nicht dem KAG unterstellt ist.

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Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

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Einführung der schweizerischen SICAV Einführung der schweizerischen Limited Partnership Teilunterstellung der SICAF Erweiterung der Tätigkeitsgebiete der Fondsleitungen Umfassende dauernde Beaufsichtigung der Vertreter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen Bewilligungspflicht für Vermögensverwalter schweizerischer und Bewilligungsmöglichkeit für Vermögensverwalter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen Differenzierung zwischen schutzbedürftigen Publikumsanlegern und weniger schutzbedürftigen qualifizierten Anlegern (z. B. vermögende Privatpersonen) ƒ Vereinfachtes Bewilligungsund Genehmigungsverfahren für Standardprodukte

Das System der Unterstellung von kollektiven Kapitalanlagen wird durch einen Missbrauchstatbestand abgerundet, der es ermöglicht, auf Verordnungsstufe den kollektiven Kapitalanlagen ähnliche Vermögen dem KAG zu unterstellen oder dem KAG unterstellte Vermögen von der Unterstellung zu befreien, soweit dies nach dem Schutzzweck des KAG angebracht ist. Auch auf Seite der Bewilligungsträger sieht das KAG eine Erweiterung vor. Sämtliche Vertreter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen werden nunmehr einer umfassenden dauernden Aufsicht unterstellt. Die in der Botschaft zum KAG vorgesehene Aufhebung der Bewilligungspflicht für Vertriebsträger wurde vom Nationalrat abgelehnt. In diesem Punkt bestanden bis zuletzt Differenzen zwischen National- und Ständerat. Der Nationalrat setzte sich schliesslich durch, so dass die schon im geltenden Recht enthaltene Bewilligungspflicht für Vertriebsträger, die keine dauernde Beaufsichtigung der bewilligten Vertriebsträger zur Folge hat, im KAG beibehalten wird. Da die SICAF nur teilweise und die Anlagestiftungen überhaupt nicht in den Geltungsbereich des KAG fallen, wurde das ursprüngliche Ziel, eine umfassende Gesetzgebung über die kollektiven Kapitalanlagen zu schaffen, nicht vollumfänglich erreicht. 3

Attraktivitätssteigerung des Fondsplatzes Schweiz

Eine erhebliche Steigerung der Attraktivität des Fondsplatzes Schweiz könnte wohl nur durch die Einführung einer EU-Einheitslizenz („EU-Pass“) für schweizerische kollektive Kapitalanlagen und schweizerische Fondsleitungen erreicht werden, wie sie für sämtliche EU-Mitgliedstaaten aufgrund der EUFondsrichtlinien besteht. Die Einführung einer EU-Einheitslizenz würde den Zugang zu den europäischen Märkten entscheidend verbessern. Dies müsste aber staatsvertraglich mit der EU vereinbart werden und kann leider nicht durch den schweizerischen Gesetzgeber umgesetzt werden.

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Autoren:

Dr. Armin Kühne Rechtsanwalt, Partner KPMG Legal Badenerstrasse 172 8026 Zürich T +41 44 249 22 71 F +41 44 249 22 36 [email protected]

Wie wird der Fondsplatz Schweiz attraktiver? Durch verschiedene Liberalisierungsschritte bekommt der Fondsplatz Schweiz dennoch ein nicht zu unterschätzendes attraktiveres Kleid. Es sind dies unter anderem: ƒ

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Fabio Pelli Rechtsanwalt KPMG Legal Badenerstrasse 172 8026 Zürich T +41 44 249 24 77 F +41 44 249 22 36 [email protected]

Jean-Luc Epars Rechtsanwalt KPMG Legal Chemin De-Normandie 14 1211 Genève 12 T +41 22 704 17 59 F +41 22 346 07 33 [email protected]

Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für körperschaftlich organisierte Anlagefonds in der Form von Investmentgesellschaften mit variablem Kapital (société d'investissement à capital variable, SICAV) Förderung des Risikokapitalmarktes Schweiz durch Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für eine "Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen", die sich an der angelsächsischen "Limited Partnership" orientiert (Private Equity Fonds) Ausweitung der möglichen Tätigkeiten für Fondsleitungen auf individuelle Vermögensverwaltung, Anlageberatung sowie Verwahrung und technische Verwaltung von Fondsanteilen Differenzierung zwischen dem schutzbedürftigen Publikum und weniger schutzbedürftigen Anlegerkategorien (v. a. vermögende Privatpersonen zusätzlich zu den institutionellen Anlegern mit professioneller Tresorerie) Vereinfachtes Bewilligungs- und Genehmigungsverfahren für Standardprodukte Abgeschwächte Haftung der Depotbank für die Aufbewahrung der Fondsvermögen bei Dritt- oder anderen Sammelverwahrern

Insgesamt kann festgehalten werden, dass durch das neue KAG die regulatorischen Rahmenbedingungen für schweizerische kollektive Kapitalanlagen und den Fondsplatz Schweiz in ausgewogener Weise unter Berücksichtigung der zum Teil schon seit vielen Jahren diskutierten Revisionsanliegen verbessert werden.

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Contact us Dr. Armin Kühne Rechtsanwalt Badenerstrasse 172 Postfach 8026 Zürich Tel. +41 44 249 22 71 Fax +41 44 249 22 36 [email protected]

Christian Eich Rechtsanwalt Steinengraben 5 Postfach 4003 Basel Tel. +41 61 286 94 76 Fax +41 61 286 92 69 [email protected]

Alex Geissbühler Rechtsanwalt Hofgut 3037 Gümligen-Bern Tel. +41 31 384 76 05 Fax +41 31 384 86 89 [email protected]

Peter Goetschi Rechtsanwalt Route des Pilettes 1 Postfach 887 1701 Freiburg Tel. +41 26 347 49 14 Fax +41 26 347 49 01 [email protected]

Giordano Rezzonico Rechtsanwalt, LL.M. Chemin De-Normandie 14 Postfach 449 1211 Genf 12 Tel. +41 22 704 17 11 Fax +41 22 346 07 33 [email protected]

Nicolas Cottier Rechtsanwalt, LL.M. Avenue de Rumine 37 Postfach 6663 1002 Lausanne Tel. +41 21 345 03 30 Fax +41 21 323 68 86 [email protected]

Christoph Portmann Rechtsanwalt D4 Platz 5 6039 Root/Luzern Tel. +41 41 368 35 26 Fax +41 41 368 38 88 [email protected]

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