LebenswORT
Herbst 2016
MITmensch
Voller Freude nahm Zachäus Jesus bei sich auf.
PERSÖNLICH Liebe Pfarreiangehörige Liebe Freundinnen und Freunde der Weggemeinschaft Meinen Nachbarn kann ich mir selten aussuchen. Mein Nachbar ist schon da oder zieht ein ... Können Sie sich noch daran erinnern, als Sie in Ihr jetziges Heim einzogen? Salz und Brot schenkten uns unsere Schwiegereltern, wenn wir eine neue Wohnung bezogen. Damit verband sich der Segen: „Brot und Salz – Gott erhalt’s“.
Unser letzter Umzug liegt schon viele Jahre zurück. Ich kann mich aber an gewisse Gedanken und Gefühle noch sehr gut erinnern. Wir waren die Neuen, die Unbekannten. Wir waren die junge Familie mit vier Kindern im Alter von 7 bis 14 Jahren. Es war Sonntagmorgen, alles war noch ganz still in der Häuserreihe. Nur unsere vier Kinder äusserst lebendig und voller Tatendrang. Und natürlich wollten sie raus in den Garten. Ob das unsere Nachbarn ertragen? Kinderlärm am Sonntagmorgen? An die Kirchenglocken sind wir ja alle gewohnt. Aber dieses Lachen und Quietschen und manchmal auch Schreien …? Was werden die Nachbarn denken? Haben wir die Idylle zerstört, die vor uns herrschte? Sind sie gar unglücklich, dass da neue Menschen eingezogen sind? All diese bangen Sorgen hatten Gott sei Dank keine lange Lebensdauer, denn unsere Nachbarn nahmen uns als Familie wohlwollend auf. Wie gut tat das. Zu spüren, dass wir willkommen waren und man uns einfach mal ohne Vorurteile 2
ankommen liess. Dank dieser Haltung konnte es zur Begegnung kommen und wo immer Begegnung stattfindet, schwinden Angst und Vorurteile. Heute sind wir längst zu Hause. Ja, wir haben Heimat gefunden. Über die Jahre hat es für uns immer wieder neue Nachbarn gegeben und das Beispiel, das wir selber erleben durften, war wegweisend. Mittlerweilen sind es nicht mehr unsere Kinder, die am Sonntagmorgen in aller Frühe raus wollen - unsere Kinder sind längst ausgezogen. Heute sind es die Kinder unserer Nachbarn und wir versichern ihnen immer wieder auf‘s Neue, dass wir so dankbar sind für dieses junge, stürmische und manchmal auch lärmige Leben. Nachbarschaft; Nachbarn - was geht Ihnen dabei durch Kopf und Herz? Seit vielen Jahren ist Lokalität, Vernetzung, Nachbarschaft ein Thema, das uns als Pfarrei sehr beschäftigt. Vereinsamung und Isolation von Menschen, ein überfordertes Gesundheitswesen, eine rasant wachsende Stadtbevölkerung, verdichtetes Bauen, Durchgangsheime für Flüchtlinge. All dies ruft nach Menschen. Nach MIT-Menschen. Vieles in unserer Stadt setzt bereits Zeichen, dass die Lokalität, das Überschaubare wieder neu Bedeutung findet. Da entstehen neue Wohnformen, die ganz bewusst öffentliche Räume schaffen, wo man sich leicht begegnet. Das beginnt bereits bei der Architektur des Treppenhauses. Oder die Quartiersscheune von Seebach, wo mehrere Menschen Verantwortung für Tiere und Landschaft übernehmen. Oder da ist die Plattform von www.wirnachbarn.com, auf der man sich online als Nachbar einbringen kann. Dieses LebenswORT berichtet von diesem Leben, wo Menschen einander MITmenschen sind. Wenn viele Zeichen setzen und damit signalisieren: mir ist das Wohl meiner MITmenschen wichtig, bringt das den Wandel in unserer Gesellschaft voran, den die Spatzen längst von den Dächern verkünden. Wir pfeifen mit ihnen. Pfeifen Sie mit? Marianne Reiser für das LebenswORT-Team 3
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MITmensch Zachäus Im weissen Gewand steht Jesus da. Er hat Zachäus vom Baum geholt. Zachäus umarmt Jesus. „Voller Freude nahm Zachäus Jesus bei sich auf.“ So berichtet uns die Bibel. Mit grossen, ein wenig ängstlichen Augen schaut er zu ihm hoch. Es gibt Menschen, denen das nicht gefällt: Geballte Fäuste, Erhobene Zeigefinger, Getuschel und Erschrecken zeigen es. Jesus macht sich Feinde, weil er sich um Menschen kümmert, mit denen andere nichts zu tun haben wollen. Lukas-Evangelium 18,9-14; Sonntagsevangelium vom 23. Oktober
Zeit zum Nachdenken - lassen Sie das Bild auf sie wirken Mensch sein kann ich nicht alleine. So gefällt mir das Wort MITmensch. Darin ist diese tiefe Wahrheit bereits ausgedrückt. Ich bin Mensch MIT dir zusammen. Dieses kleine MIT macht den Unterschied. Dieses kleine MIT ist mir aber manchmal zu gross. - Was geschieht mit mir, wenn ich im MITmensch sein überfordert bin? - Finde ich mich in einer Geste, einem Gesichtsausdruck auf dem Bild? Alles darf sein. Lassen Sie Jesus eintreten in Ihr Haus, so wie Zachäus. Bild: © Sieger Köder 5
wirNachbarn.com Wer wagt, gewinnt Wir treffen uns in einem Kaffee in Berlin. Wir, das sind einige unserer Pfarrei und Philipp Götting. Zusammen mit zwei Kollegen erstellten sie die Homepage wirNachbarn.com. Da uns alles interessiert, was Nachbarschaft unterstützt, interessierte uns diese Idee. Wir lassen uns an diesem Nachmittag einiges erklären und kommen gemeinsam zum Schluss: wer wagt, gewinnt. Ja, wir versuchen das. Ein Ja von unserer Seite brauchte es, da es die Homepage bislang nur für Deutschland gab. Das kreative 3-er Team ging an die Arbeit und schaltete im Januar 2016 neu das Gebiet von Seebach auf. Mehr gibt es von der Schweiz noch nicht, da es für uns ein Testlauf ist, ob die Menschen überhaupt Gebrauch machen möchten von dieser Plattform.
Das gefällt uns
Die Vernetzung, die ich eingehe, ist örtlich eingegrenzt. Es geht also konkret um das Wohnquartier mit seinen Menschen, in dem ich lebe.
Google hat seine Finger nicht im Spiel. Unsere Daten sind geschützt. Einzig die angrenzenden Quartiere bekommen zusätzlich zum eigenen Quartier Einblick.
Keine Kosten. Diese werden von folgenden Träger-Institutionen übernommen: Soziale Dienste der Stadt Zürich, Quartierverein Seebach und reformierte und katholische Kirche von Seebach.
Nachbarschaften und Nachbarn nutzen WirNachbarn, um sich auszutauschen, kennenzulernen, zu unterstützen.
Empfehlungen: guter Handwerker! Zuverlässiger Babysitter? Beobachtungen: Kinderspielplatz demoliert. Hat jemand was gesehen? Katze entlaufen: wer kann Hinweise geben? 6
Kleinanzeigen: Tisch abzugeben, biete Gartenarbeiten Teilen: wer leiht mir einen Akku-Bohrer? Saftmaschine! Hinweise: Wohnung wird frei; Straße gesperrt, nimm folgende Route Bekanntmachungen: Sportverein startet neue Volleyball-Gruppe Events: Straßenfest? Garagenverkauf! Gruppen: Musikgruppe, Sportgruppe, Kulturgruppe Sicherheit: Habt Ihr gesehen, wer mein Auto zerkratzt hat?
www.wirNachbarn.com: Melden Sie sich an in einer bereits bestehenden Nachbarschaft oder gründen Sie eine, wenn es an Ihrem Wohnort keine gibt!
Fragen oder Ideen? Kommen Sie auf uns zu, wir freuen uns! 7
QUARTIERSCHEUNE Brachland - ein Gestaltungs– und Begegnungsraum? Schon öfter hörte ich, Marianne, von der Quartierscheune im Frohbühl. Da gehen seit Monaten einige der Pfarrei-Werkstatt Holz hacken. Da ist eine richtige Holzhacker-Truppe entstanden. Es scheint ihnen Spass zu machen. Ob das auch am Gelände liegt? Von den Familien Etter und Federer hören wir, dass da ein Hasenstall gezimmert wurde und natürlich jetzt Hasen gemeinschaftlich gehalten werden. Die Zeit ist reif. Ich will mehr wissen und treffe mich mit Mark Etter. Habt ihr eine Homepage? Ist die Quartierscheune regelmässig offen? Mark lacht :-). Ja, das ist alles erst im Werden. Der Bauernhof und das Land gehören der Stadt Zürich. Bei einem Treffen, wo gut 40 Interessierte da waren, kam das Bedürfnis nach einem Ort, den man selber gestalten kann, Tiere halten und Gärten anlegen, zu Tage. Ich glaube, es ist auch das Bedürfnis nach einem Ort, wo man sich ungezwungen begegnen kann. Ideal ist , dass auf dem Gelände eigentlich nichts ist. Das löst Kreativität und Energie aus. Es werden die Menschen sein, die der Quartierscheune Frohbühl ihr „Gestaltungs-Gesicht“ geben. Kann ich da auch mitmachen? Jede und Jeder ist willkommen. Das ist ja gerade auch eine Chance, dass es bei so einem Projekt alle Generationen braucht. Am besten kommst du an unser Mostfest am 25. Sept, da hoffen wir, so richtig durchzustarten. Oder schreib uns:
[email protected]
Frohbühlstr. 101
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NACHBARSCHAFTSHILFE
„Es geschieht so viel!“ Priska Blattmann schenkt mir heute Zeit. In ihrem Gemeinschaftsgarten kommen wir ins Gespräch und schon nach wenigen Sätzen ist klar, dass Priska eine Leidenschaft für den Menschen hat. Und auch da verschenkt sie sich mit Zeit und koordiniert zusammen mit Lucie Kraft die vielen Ein-sätze der Nachbarschaftshilfe Seebach. Priska, was motiviert dich, für dein Engagement in der Nachbarschaftshilfe? Ich glaub, bei mir ist das die Neugierde. Es interessiert mich, wer alles in unserem Quartier lebt. Durch dieses neugierig Sein werde ich wachsam und nehme meine Mitmenschen bewusst wahr. Daraus ergeben sich Begegnungen, man lernt sich kennen und hört voneinander. Da entsteht dann auch das Bedürfnis, einander zu unterstützen. Fällt es den Menschen nicht schwer, um Hilfe zu bitten? Die Entdeckung, dass ich selber doch auch immer gerne anderen helfe, kann der Schlüssel sein, dass es mir leichter fällt, um Hilfe zu bitten. Das hab ich gerade in diesen Tagen erlebt. Jemandem aus dem Quartier ging es sehr schlecht. Schnell bin ich zusammen mit einer anderen Nachbarin eingesprungen und miteinander konnten wir helfen. Dabei wurde dieser Person, für die wir so spontan da waren, plötzlich bewusst, dass sie das Gleiche ja auch für uns machen würde. Und das sogar gerne. Ich glaub, wenn einem das bewusst ist, fällt es leichter, um Hilfe zu bitten. Dass wir einander so gegenseitig unterstützen und zum Geschenk werden, macht mich glücklich. 9
INTERVIEW Hast du den Eindruck, dass diese Kultur des sich gegenseitig unterstützen bei uns in Seebach vorhanden ist? Es geschieht so viel! Nur hört man von dem Vielen oft nichts. Aber zum Beispiel morgen: da werden wir - wieder verschiedene Nachbarn - unterstützend für ein älteres Ehepaar da sein, damit all die Termine klappen, die für sie anstehen. Eine gute Vernetzung macht das möglich. Ja, vieles ist unscheinbar, aber es geschieht so viel. Schön wäre, wir könnten einander viel mehr von diesem Guten erzählen. Vielleicht gibt es mal einen Blog, auf dem wir einander berichten, was uns am Leben in unserem Quartier Freude bereitet. Interview von Marianne Reiser Eine Begegnung mit der Nachbarschaftshilfe ist bald möglich: An der Seebacher Dorfchilbi Sa 1. und So 2. Oktober 2016 Mit ihrem Stand sind sie wieder an der Chilbi präsent: Begegnung, Infos, feiner Kuchen und für die Kinder ist das Päcklifische wieder da!
Oder Sie informieren sich über die Homepage: nachbarschaftshilfe.ch/nachbarschaftshilfe-in-ihrem-quartier/seebach.html
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INTERVIEW „Liebt eure Nachbarn“ Janosch ist Deutschlands beliebtester Kinderbuchautor und Förderer von Netzwerk Nachbarschaft (netzwerk-nachbarschaft.net). Der Gründerin von Netzwerk Nachbarschaft, Erdtrud Mühlens, erzählt Janosch, was er mit seinen Nachbarn in Polen, Deutschland und Spanien erlebt hat. Lieber Janosch, wie bist du zum Thema „Nachbarschaft“ gekommen? Durch die Magie des Alltags. Ich wurde sozusagen in die „Nachbarschaft“ hineingeboren – in einem Haus, das in Polen „Familiarka“ heißt. Zwölf Familien wohnten dort wie eine große Familie zusammen – in jeweils etwa 25 qm großen Zimmern. Kein Wasser im Haus, keine Kanalisation und kaum elektrisches Licht. Da besteht der Alltag aus Nachbarn. Man liebt sich oder man hasst sich. Dein schönstes Nachbarschaftserlebnis? Ich wohnte in München in einem Haus mit Türken. Ich fing mit den Geschenken an. Sie schenkten mir etwas zurück, und bald besuchten wir uns gegenseitig. Einer brachte einmal aus der Türkei eine Melone für mich mit, er hätte sie auch kaufen können. Aber er TRUG die Melone in den Händen – aus der Türkei bis nach München! Und sie kam aus dem Garten seines Vaters. Das ist ein anderer Wert, das ist wahre Nachbarfreundschaft. Jetzt lebst du auf Teneriffa… Ja, und als ich hier in mein Dorf zog, schenkte ich meinem Nachbarn einen Schinken. Ich glaube nicht, dass er das als Anbiederung auffasste, denn er schenkte mir einen Brunnen voll mit Trinkwasser. Was für ein großartiges Geschenk. Da könnte man doch weinen, oder? Und dann sorgt unser Dorf sich um seine Alten. Ein Nachbar schenkte sein Haus der Gemeinde, die baute es um, und jetzt betreuen dort Freiwillige die alten Menschen. Was wünschst du den Nachbarn in unserem Land? Leute, betrachtet auch eure ausländischen Nachbarn als Freunde und Gäste. Helft ihnen. Es kann sein, dass auch ihr einmal in ein Ausland müsst. Und wie großartig ist es dann, wenn einer hilft. Gebt die Feindschaften auf. Jede Feindschaft macht immer auch den krank, der sie ausübt. 11
MITmenschen - eine ERFAHRUNG Das macht schon fest Angst Auch unser Dorf würde mehr fremde Menschen aufnehmen müssen, obwohl viele der Bewohner es kaum vermochten, den Flüchtlingen, die schon da waren, einen netten Gruss zu schenken. Einer der Eritreer erklärte, dass er sich fühle, wie wenn er grün sei und riesige, rote Ohren hätte. Die Leute schauten ihn an, als komme er vom Mars. Ich bin traurig darüber, dass so viele Flüchtlinge kommen. Ich hätte auch lieber, wenn sie in ihrer Heimat bleiben könnten, bei ihren Familien, mit ihren Liebsten, in ihren Häusern, bei ihrer Arbeit, in der Schule, den bekannten Arzt und Zahnarzt behalten. Ihre Schicksale sind tragisch. Krieg und Armut sind Scheisse. Es wäre so viel toller, diese Menschen während ihrem Urlaub in der Schweiz kennenzulernen. Oder auf einer unserer Reisen. Oder als Nachbarn, die aus glücklichen Motiven wählen, bei uns zu leben. Wir lebten damals ja auch in China. Aber so ist es nicht. Im Leben ist es nicht immer so, wie wir es wünschen. Sie sind hier. Traurig, verunsichert, wütend, hoffnungsvoll oder abgestumpft. Egal wie lange wir die Augen verschliessen, sie sind immer noch hier. Wenn ich im Kopf verschiedenen Lösungsansätze durchspiele, gewinnt in jedem Fall die Idee der freundlichen Integration. Als Mensch, der in fast sechzig Ländern gereist ist und mit sehr wenigen Ausnahmen mit offenen Armen empfangen wurde, verspüre ich eine Art Verantwortung. Es ist so schön, sich willkommen zu fühlen. Genau dieses 12
Gefühl können wir jetzt zurückgeben. Damals also, vor Monaten, nahm eine rüstige Dame in den besten Jahren das Ganze in die Hand. Sie rief zu einem Treffen und siehe da, es gab so manche im Dorf, die ebenfalls den Wunsch verspürten, aktiv mitzuhelfen. Wir kommunizierten so gut es ging mit den Menschen, die nie gewählt hatten, hier in Steinen zu landen (einige wussten noch nicht mal, dass sie in der Schweiz waren, geschweige denn, wo sich dieses Land auf einer Karte befand) und fragten sie nach ihren Wünschen. Was waren ihre Anliegen? Sie waren sich einig: Die Sprache zu lernen war wichtig, vor allem aber suchten sie den Kontakt zu Schweizern. Sie wollten verstehen, wie wir lebten, was unsere Kultur ausmachte, welche Traditionen wir feierten und wie wir tickten. Wir einigten uns auf ein wöchentliches Treffen mit offener Türe. Wer kommen mag, kommt, wer nicht, der muss nicht. Von der Schweizer Gruppe sind immer drei bis fünf Freiwillige dabei. Die ersten Monate liefen gut. Wir trafen uns regelmässig, spielten Spiele, lehrten Deutsch, beschnupperten uns gegenseitig, auch die Flüchtlinge untereinander. Manche von ihnen teilen sich ein Haus oder gar ein Zimmer, aber bisher hatten sie sich kaum gekannt. Der Mitenand Treff gab ihnen eine Plattform des Austauschs, einen Hafen. Aber auch in der Schweizer Gruppe lief viel. Auch wir beschnupperten uns. Es tut unseren Herzen gut, das Engagement der anderen zu sehen. Ist das nicht schön? 13
Leiden fielen ab, Freude kam zurück Wir gingen spazieren, Volleyball spielen, schwimmen, kochen, Eier färben. Sogar die eingeschüchtertsten Menschen begannen zu lachen, gesundheitliche Beschwerden heilten, Frustrationen wurden aufgefangen. Und da wurde mir bewusst, dass Integration keine einseitige Sache ist, sondern auf beiden Seiten geschieht. Auch wir müssen uns in die neue Situation integrieren. Dem Fluss der Dinge anpassen. Integration darf nicht heissen: Wie du bist, ist hier nicht in Ordnung, du musst so werden wie wir, sondern: Lass uns gemeinsame Nenner finden und feiern und andere Dinge voneinander lernen. (Mal abgesehen von den Gesetzen, die müssen natürlich eingehalten werden.) Die regelmässigen Treffen geben dem Alltag einen Rahmen. Die Flüchtlinge im Dorf wissen, an wen sie sich wenden können, wenn ihnen der Schuh drückt. Sie wissen, dass sie auf die Mitenand Gruppe zählen können. Vor einer Woche waren wir draussen auf dem Fussballfeld. Ich schaute mich um, der Tibeter hielt das Eritreer-Baby in seinen Armen, der Afghane spielte Ball mit dem Bruder des Säuglings, ein Mann aus Eritrea Federball mit dem Mädchen aus Sri Lanka. Die Gruppe hatte sich in den vergangenen Monaten zusammengeschweisst. Erst beim Memory-Spiel wurde mir die Idee der beidseitigen Integration so richtig bewusst. Fünf Nationen spielten mit, ausser mir kannte keiner die Regeln. Ich versuchte sie zu erklären, das Spiel nahm aber rasch seinen eigenen Verlauf. Keiner spielte so, wie es gespielt werden sollte. Aus dem Strategiespiel wurde ein Glücksspiel, die Karten legte niemand dahin zurück, wo er oder sie diese her hatten, einige der Spieler vermischten die Karten gar, bevor der nächste dran war. Einfach um für Verwirrung zu sorgen und die Spannung zu erhöhen. Am Anfang nervte mich das schurig* Dann begann ich zu entspannen. Wer besagte, dass es nur eine Regel geben durfte? Unsere Art ist nicht die einzig richtige. Andersartigkeit bringt Vielfalt, erweitert den Horizont und bereichert unseren Alltag. Gestern gingen wir zusammen in den Tierpark. Eine Gruppe von neunundzwanzig Menschen aus sechs Ländern und drei Kontinenten, mit vier 14
verschiedenen Glaubensrichtungen. Wir gaben aufeinander acht, teilten das Futter für die Rehe, umsorgten die Kinder, lachten, staunten und bereicherten einander die Selfies. Dann fiel der Groschen.
Aus Integration wird Begegnung, aus Flüchtlingen Freunde Was damit begonnen hatte, dass wir Schweizer für die Flüchtlingsintegration Zeit zur Verfügung stellten, war zur Begegnung zwischen Freunden geworden. Der Austausch und nicht mehr das Deutschlernen stand im Vordergrund. Heute fühlt sich kein Eritreer in Steinen mehr als Marsmensch. Die Mitenand Treffen tun allen gut: Den geflüchteten Menschen, den Dorfbewohnern und den Vereinsmitgliedern. Nicht wenige Blicke sind in den vergangenen Monaten wärmer geworden, nicht wenige Gesichter weicher, nicht wenige Lächeln ehrlicher. Es klingelt… Der Vater aus Afghanistan mit seiner Tochter stehen vor der Türe. Sie halten mir eine Schachtel Kekse hin, sprechen auf Deutsch ein liebevolles Dankeschön, fassen sich an ihre Herzen. Ich fasse mir an meins. Integration ist so viel einfacher, wenn wir sie gemeinsam tun. Nadine Hudson (*1971) ist Webpublisherin und studiert an der pädagogischen Hochschule Arth Primarlehrerin. Neben ihren Aufgaben als Mutter zweier Teenager führt sie den Blog gfreut.ch über die Freuden, die das Leben jeden Tag bringt, von der der vorliegende Text stammt. 15
DIES UND DAS Ein Fest ist geplant - Samstag, 5. Nov 2016, 12.-16.00 Uhr Eigentlich ist nebst dem Datum noch nicht viel mehr bekannt. Es soll ein Fest der Begegnung sein mit den Menschen - unseren MITmenschen –, die ab Ende August nach und nach ins Asylzentrum Zihlacker eingezogen sind. Ihnen sind diese Menschen wichtig? Dann den 5. Nov frei halten! Sie wollen etwas zu diesem Fest beitragen? Nehmen Sie Kontakt auf mit unserem Sozialdienst: Tel. 044 301 20 82 oder
[email protected] Evangelientexte Oktober 2016 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Lk 10,17-24 Lk 17,5-10 Lk 10,25-37 Lk 10,38-42 Lk 11,1-4 Lk 11,5-13 Lk 11,14-26 Lk 11,27-28
9. Lk 17,11-19 10. Lk 11,29-32 11. Lk 11,37-41 12. Lk 11,42-46 13. Lk 11,47-54 14. Lk 12,1-7 15. Lk 12,8-12 16. Lk 18,1-8
17. Lk 12,13-21 18. Lk 10,1-9 19. Lk 12,39-48 20. Lk 12,49-53 21. Lk 12,54-59 22. Lk 13,1-9 23. Lk 18,9-14 24. Lk 13,10-17
25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.
Lk 13,18-21 Lk 13,22-30 Lk 13,31-35 Lk 6,12-19 Lk 14,1.7-11 Lk 19,1-10 Lk 14,12-14
17. Lk 19,41-44 18. Lk 19,45-48 19. Lk 20,27-40 20. Lk 23,35b-43 21. Lk 21,1-4 22. Lk 21,5-11 23. Lk 21,12-19 24. Lk 21,20-28
25. 26. 27. 28. 29. 30.
Lk 21,29-33 Lk 21,34-36 Mt 24,29-44 Mt 8,5-11 Lk 10,21-24 Mt 4,18-22
Evangelientexte November 2016 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Mt 5,1-12a Joh 14,1-8 Lk 15,1-10 Lk 16,1-8 Lk 16,9-15 Lk 20,27-38 Lk 17,1-6 Lk 17,7-10
9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.
Joh 2,13-22 Lk 17,20-25 Lk 17,26-37 Lk 18,1-8 Lk 21,5-19 Lk 18,35-43 Lk 19,1-10 Lk 19,11-28
Pfarrer Martin Piller
[email protected] Redaktion Marianne Reiser
[email protected] www.pfarrei-maria-lourdes.ch 16