LEBEN MIT BEHINDERUNG

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Author: Timo Hausler
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Mit Judo zu mehr Selbstsicherheit

Dank Partnerbörse zur großen Liebe

Vor den Augen des Theaterpublikums

G ETTY IMAG ES/ NICHO LAS RJA BO W

EINE VERLAGSBEILAGE DER BERLINER ZEITUNG

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DIENSTAG, 18. JUNI 2013 I VERLAGSBEILAGE

Hindernisparcours Hochschule

Studenten mit Behinderung müssen während des Studiums mit allerhand Barrieren kämpfen, erhalten aber auch viel Unterstützung

S

chon der Weg in das Seminargebäude der HumboldtUniversität in der Dorotheenstraße in Mitte hat es für Katrin Dinges in sich. Hier ein paar Stühle, die ein Café mitten auf dem Gehweg platziert hat, dort ein falsch geparktes Auto oder eine gefährliche Kreuzung. „Mein Uniweg ist ein Zickzackkurs mit ständigen Ausweichmanövern“, sagt sie. Die Umgebungsgeräusche helfen ihr bei der Orientierung nur bedingt weiter, weil auch ihr Gehör stark beschädigt ist. Dass sowohl der Seh- als auch der Hörsinn dermaßen beeinträchtigt sind, liegt an dem Alström-Syndrom, das man bei der 27-Jährigen diagnostiziert hat. Das ist eine chronische und bislang selten erkannte Stoffwechselkrankheit. Weltweit sind um die 800 Fälle bekannt, die reale Zahl könnte aber noch viel höher sein. Schon als sie auf die Welt kam, hatte Katrin nur eine Sehkraft von cirka fünf Prozent. Seit der neunten Klasse bezeichnet sie sich selbst als blind. Seitdem sie 16 ist, braucht sie ein Hörgerät. Ohne das geht es heute gar nicht mehr. Und selbst wenn das Gerät eingesetzt ist, kann sie vieles nur sehr schwer verstehen. „Blind oder schwerhörig zu sein, ist schon kompliziert. Wenn aber beides zusammenkommt, ist das richtig schwierig.“ Das alles hat sie allerdings nicht davon abgehalten, ihren Weg zu gehen und ihre Karriere voranzutreiben. Dazu zählt das Studium in den Fächern Deutsche Literatur sowie Europäische Ethnologie. „Es gibt natürlich Probleme, und das mindert auch den Elan, aber ich will das auf jeden Fall durchziehen“, sagt sie.

Es kann schon sein, dass ich pro Semester nur zwei bis drei Veranstaltungen wahrnehmen kann.“ Nicht alle Professoren haben Verständnis für die besonderen Umstände von Katrin. Sie hat das Gefühl, dass ihr mancher Stein in den Weg gelegt wurde. „Es gab eine Professorin, die hielt mich einfach für faul. So hat sie das auch den Offiziellen erzählt.“ Weshalb es nicht selten Probleme mit der Anerkennung bestimmter Leistungen gab. Schwieriger Zugang zur Lektüre Doch es ist nicht nur dieser gravierende Einzelfall, weshalb das Studieren mit gewissen Hindernissen verbunden ist. Mal sind Skripte für sie nicht zugänglich, weil sie nur handschriftlich vorliegen. Ein anderes Mal versteht sie das Gesagte nicht, „weil viele Leute denken, dass ein Blinder automatisch auch gut hören muss“. Manchmal ist es auch einfach der Hall in Besprechungsräumen oder in den Fluren, sodass sie einem Gespräch manchmal nur schwer folgen kann. Auch mit der Literatur ist das so eine Sache. Bücher gibt es zwar mittlerweile in Brailleschrift, sodass sie auch für Menschen mit Sehbehinderung lesbar sind. Doch bei vielen Werken muss Katrin sich selbst darum kümmern, dass sie Zugang zur Lektüre bekommt. Mal hilft eine Online-Datenbank weiter, mal muss aber auch Seite für Seite eingelesen werden, damit der Scanner die Texte umwandeln kann. „Bis ich soweit bin, sind die Kommilitonen schon längst fertig.“ Ins Seminar mit dem Mikrofon GETTY IMAGES/BLEND IMAGES

Menschen mit Behinderung haben selbstverständlich Zugang zu den Berliner Universitäten und Hochschulen.

Plötzlich ins Krankenhaus Die Regelstudienzeit ist eine Kategorie, die für sie nicht existiert. Inzwischen ist sie seit acht Jahren eingeschrieben. Wann ein Abschluss absehbar ist, steht noch in den Sternen. „Das kann in zwei oder in fünf Jahren sein.“ Das hängt vor allem auch davon ab, wie sich ihre Krankheit entwickelt. „Es kann sein, dass ich ohne Vorwarnung ins Krankenhaus muss.“ Wie nicht selten in jüngerer Zeit. Wegen der Klinikaufenthalte und aller damit verbundenen Herausforderungen, um Leben und Studium zu organisieren, hat sie insgesamt drei Jahre verloren. Und auch dann, wenn es nicht akut ist, ist sie gezwungen, auf die Signale ihres Körpers genau zu achten. „Ich bin natürlich nicht besonders belastbar.

H I L F E

B E I

B E H I N D E R U N G

Freie Universität: Für Blinde und Sehbehinderte gibt es viel Studienmaterial in Braille, Tastgrafik und Großdruck, als Textdatei oder Tondokument. Die Bibliothek verfügt über zwei Arbeitsplätze mit sehbehinderten- und blindengerechter Computerausstattung und hat eine verlängerte Leihfrist. Hörbehinderte können Gebärdendolmetscher beantragen. Chronisch Kranke haben gleiche Möglichkeiten der Unterstützung (das gilt für alle Hochschulen). Weitgehend barrierefrei sind die Einrichtungen der FU. Bei Bedarf können technische Anpassungen vorgenommen werden. Technische Universität: Umfassende studienbegleitende Beratung wie an allen Hochschulen, außerdem eine studentische Beratung in deutscher Gebärdensprache.

Weitgehend rollstuhlgerecht ist die Hälfte aller Gebäude, pro Etage gibt es einen Sonderarbeitsplatz. In einigen Hörsälen findet man Mikroport-Anlagen und reservierte Plätze. Die Bibliothek bietet eine verlängerte Leihfrist. Humboldt-Universität: Für Behinderte sind Parkplätze reserviert. Tastbare Routenpläne mit großen, schwarzen Buchstaben und auch in Brailleschrift dienen der Orientierung. Computer verfügen über Braillezeilen und Brailledrucker für Sehbehinderte. Mikroport-Anlagen gibt es für Hörbehinderte. Barrierefreie Aufzüge sind mit Ansage und Brailleschrift ausgestattet. Gebärdendolmetscher werden kostenfrei nach Beantragung bereitgestellt. Die Bibliothek bietet verlängerte Leihfristen sowie Extra-Arbeitsplätze.

Nachdem anfangs mancher mit ihrer Situation überfordert war, spürt sie inzwischen aber auch viel Verständnis. Das fängt in den Seminaren an. Dort ist es inzwischen üblich, dass jeder durch ein Mikrofon spricht, das Signale an ihr Hörgerät sendet. „Das sorgt auch dafür, dass immer nur einer spricht. Das ist sehr hilfreich.“ Und auch was die Räumlichkeiten angeht, sei man auf einem guten Weg. Die Tasten im Universitäts-Aufzug sind inzwischen mit Punktschrift versehen. Zudem informiert eine Stimme mit entsprechender Lautstärke über den Standort. Auch ist das Seminargebäude relativ klar aufgebaut, was die Orientierung erleichtert. Nur, um den richtigen Raum zu finden, dort ist Unterstützung nötig. Das allerdings ist ein kleineres Problem. „Die Leute sind wirklich hilfsbereit.“ (pae.)

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DIENSTAG, 18. JUNI 2013 I VERLAGSBEILAGE

Wenn der Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt nicht klappt Isländische Sozialarbeiter kamen nach Berlin, um das Leben in einer Werkstatt kennenzulernen

W

erkstätten für behinderte Menschen sind in die Diskussion geraten. Befürworter meinen, sie bieten einen Rahmen, eine Tagesstruktur für Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt hätten. Die Gegner sind der Ansicht, dass eine Werkstatt eine überholte Form der Betreuung behinderter Menschen sei. Den goldenen Mittelweg meinen diejenigen gefunden zu haben, die für eine Öffnung der Werkstatt sind. In die Lankwitzer Werkstätten kommen oft Besucher. Im vergangenen Jahr war eine polnische Delegation zu Gast, zuvor hatte sich der kroatische Botschafter über das Angebot informiert. Nun meldeten sich Sozialarbeiter aus Reykjavik zu einem Besuch an. „Sie haben im Internet nach einer Werkstatt in Berlin gesucht, in der sie Erfahrungen für ihre Arbeit sammeln können, und sind auf die Lankwitzer Werkstätten gestoßen“, berich-

REUTERS

Menschen mit Behinderung sollen gleichermaßen am Berufsleben und am Alltag teilhaben können.

tet Stephan Kersten, der Verantwortliche für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Rund 850 Werkstättenmitarbeiter arbeiten zum Beispiel in der Schmuckherstellung, der Fahrradwerkstatt, der Druckerei oder beim Recycling elektronischer Teile. 23 solche Berufsfelder gibt es.

Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter sind psychisch beeinträchtigt. Die Lankwitzer Werkstätten haben zehn Standorte in Berlin und seit vergangenem Jahr einen in Teltow. Die Sozialarbeiter aus Reykjavik besuchten die Werkstatt in der Wilhelmsaue. Auch dort arbeiten im Druckbereich überwiegend

Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Zum Beispiel Karina Schneider (Name geändert). Die zierliche junge Frau steht an einer Maschine, die Druckbögen auswirft, die auf Stapel sortiert werden müssen. Man sieht Karina die Beeinträchtigung nicht an. Das macht es ihr möglicherweise dop-

pelt so schwer. Von Statur zierlich, packt sie beherzt die Stapel an und schiebt sie auf den nächsten Tisch. Kein Außenstehender würde erkennen, dass sie eines besonderen Schutzes bedarf. Und dennoch: Fünf Mal hat sie bereits den Anlauf auf den ersten Arbeitsmarkt unternommen, fünf Mal ist sie wieder in die Werkstatt zurückgekehrt. Der Druck dort war einfach zu groß, ihre Beeinträchtigung spielte in der Wahrnehmung der Kollegen keine Rolle. Jetzt ist sie endgültig in der „Wilhelmsaue“ angekommen und möchte auch nicht mehr weg. „Ich fühle mich hier wohl und genieße meine Erfolge.“ Die Sozialarbeiter aus Reykjavik haben ähnliche Erfahrungen in Island gemacht. Aber dort sind Werkstätten für behinderte Menschen in solch einer Größe unvorstellbar. In kleinen Einrichtungen beschäftigen sie sich mehr mit der Betreuung. Darum können sie zu Hause sehr gut von den Berliner Erfahrungen profitieren. (sis.)

Zurück in Arbeit trotz gesundheitlicher Einschränkungen www.bfw-berlin-brandenburg.de

Das Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg e. V. ist ein modernes und zukunftsorientiertes Kompetenzzentrum für berufliche Rehabilitation und Integration. Wir qualifizieren Erwachsene, die aus gesundheitlichen (körperlichen und /oder psychischen) Gründen ihren Beruf oder ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben können. Schon längst garantiert rein fachliches Knowhow keinen Arbeitsplatz mehr. Deshalb arbeiten wir nach einem ganzheitlichen Ansatz, in dem Fachkompetenz, Schlüsselkompetenzen und Gesundheitskompetenz gleichwertige Bedeutung haben. Ziel dieser beruflichen Neuorientierung ist die dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Sie sind interessiert? Dann besuchen Sie unsere Offene Sprechstunde oder rufen Sie uns an!

chstunden r Offene Spre 3 b is 15 Uh : montags 1 in rl 12 Uhr e B is rt b o 0 d 1 Stan nstags ie d : ck e b n ühle Standort M bis 15 Uhr montags 13 : BTZ Berlin

Standort Berlin Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg e. V. Epiphanienweg 1 14059 Berlin-Charlottenburg Telefon 030 30399-0

Standort Mühlenbeck Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg e. V. Kastanienallee 25 16567 Mühlenbeck Telefon 033056 86-0

BTZ | Berufliches Trainingszentrum Berlin Berufsförderungswerk Berlin-Brandenburg e. V. Elsenstraße 87-96 12435 Berlin-Treptow Telefon 030 30399-701

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Siegen durch Nachgeben

Judo hat eine therapeutische Wirkung auf Menschen mit Behinderung. Es führt zu mehr Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein

H

amdy Mohamed hat einen sehr vollen Kalender, erweckt aber keinen gehetzten Eindruck. Er strahlt Ruhe aus, ist ein liebenswürdiger Herr mittleren Alters und sehr engagiert. Hamdy hat eine Mission zu erfüllen: Er möchte, dass behinderte und nichtbehinderte Kinder und Jugendliche gemeinsam Sport treiben. Was den Schulpolitikern bei der inklusiven Schulbildung reichlich Probleme beschert, ist in seinem Klub längst Alltag. Vielleicht liegen die Wurzeln für seine Gelassenheit in seinem Sport. Der in Alexandria geborene Hamdy ist seit seiner Jugend ein erfolgreicher Judoka. Die japanische Kampfsportart Judo entstand Anfang des 20. Jahrhunderts und bedeutet so viel wie sanfter, flexibler Weg. Durch Nachgeben soll der Sieg herbeigeführt und durch einen minimalen Einsatz an Mitteln eine maximale Wirkung erzielt werden.

Insel Juist und baute dort eine Gruppe mit 60 behinderten Kindern auf. Als er 2008 zurück nach Berlin kam, wollte er hier etwas Ähnliches etablieren. Er erwarb die Lizenz zum Training mit behinderten Menschen, fand einen Verein, der es ihm ermöglichte, eine Abteilung G-Judo aufzubauen, und begann seine Arbeit. Als der Verein die Zusammenarbeit beendete, überlegte er nicht lange und gründete einen eigenen, den Judo-Club „Ken Shiki“. Das bedeutet: „Streben nach Wissen“. Das Vereinslogo ist eine auf dem Kopf stehende Eule. Hamdys Schüler meinen, er sei diese Eule. Inzwischen trainieren rund 100 Kinder und Jugendliche bei „Ken Shiki“, zwei Drittel von ihnen sind behindert. „Am schwersten haben es Menschen mit einer geistigen Behinderung“, hat Hamdy erfahren. Sie bedürfen seiner besonderen Aufmerksamkeit. Deshalb ist auch im Vorstand des Vereins ein behinderter Jugendlicher vertreten.

Streben nach Wissen In den 1970er-Jahren erkannten Sportpädagogen die therapeutische Wirkung dieses Sports auf Menschen mit Behinderung. Die Leistungsfähigkeit steigt, Aggressionen werden abgebaut und ein regelkonformes Verhalten wird trainiert. Judo führt zu mehr Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein. Aus diesen Erkenntnissen heraus entstand das G-Judo, das „gehandicapte Judo“. Besonders stark entwickelte sich diese Sparte in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Hamdy Mohamed fand das faszinierend. Er wohnte auf der

Toleranz und Verständnis

GETTY IMAGES/HEMERA

Im Judo wird unter anderem regelkonformes Verhalten trainiert.

„Ein Schneider nimmt ein Stück Stoff und schneidet es ganz individuell so zu, dass es passt“, erläutert Hamdy Mohamed seine Trainingsmethode. „Genau so muss man im Training mit behinderten Jugendlichen umgehen.“ Das Prinzip funktioniert, die Sportler seines Klubs sind sehr erfolgreich: Bei der Internationalen Deutschen Meisterschaft 2011 holten sie vier Gold- und zwei Silbermedaillen. Diese Erfolge sind

aber nur das eine. Natürlich strebt jeder Sportler nach dem Platz auf dem Treppchen. Dafür trainiert er, führt den Körper an seine Grenzen, opfert seine Freizeit. Hat man Erfolg, schüttet der Körper Endorphine in großen Mengen aus. Dieses Glücksgefühl ist unbeschreiblich. Hamdy Mohamed weiß das, war er doch selbst Afrikameister, Fünfter bei den Weltmeisterschaften 2009 und 2011 sowie Fünfter bei den Europameisterschaften 2009 in Venedig. Es geht ihm aber vielmehr um das Miteinander im Klub. Jedes Jahr im Trainingslager in Teplice in Tschechien teilen sich ein behinderter und ein nichtbehinderter Jugendlicher ein Zimmer. Bisher gab es nie Probleme „Neben den sportlichen Leistungen müssen die Jugendlichen Toleranz und Verständnis im Umgang miteinander lernen“, erklärt Hamdy. Um Sympathisanten und Sponsoren für seinen Klub zu finden, läuft er treppauf, treppab. Für dieses Engagement war er vor Jahren sogar schon beim Bundespräsidenten eingeladen. Seine größte Auszeichnung hat er aber von einem seiner Sportler erhalten: Als im vergangenen Jahr in den Arcaden an der Wilmersdorfer Straße der Wettbewerb „Wer ist mein Held?“ lief, schlug ihn ganz spontan der elfjährige Moritz Becker vor. Unter den vielen Vorschlägen wurde Hamdy als Sieger gewählt und bekam eine Urkunde. „Diese Urkunde ist für mich der schönste Lohn für meine Arbeit“, erklärt der Trainer stolz. (sis.) Kontakt: WIB – Weißenseer Integrationsbetriebe GmbH

Sonderpädagogische Zusatzqualifikation

Angebote für Menschen mit Behinderung Das UNIONHILFSWERK bietet in Berlin mit rund 2.500 Mitarbeitern zahlreiche Beratungsangebote, Beschäftigung und Betreuung für Menschen mit Behinderungen und psychischer Erkrankung sowie Angebote der beruflichen Rehabilitation. Mit unseren stadtweiten Angeboten unterstützen wir unsere Klienten nach ihren individuellen Bedürfnissen. • • • • •

(Übergangs-) Wohnheime Wohngemeinschaften sowie BEW Kontakt- und Beratungsstellen Beschäftigungstagesstätten Zuverdienstwerkstatt

Tel.: 030 / 48 52 23 57 (Fr. Gothe) [email protected] www.weiterbildung-bildungsmarkt.de

Wir sind für Sie da

www.unionhilfswerk.de/behinderung

Geschäftsstelle Tassostr. 17 13086 Berlin

für Ausbilder (w/m) in der „Ausbildung für behinderte Menschen mit Förderbedarf“, § 117 Abs. 1, SGB III, § 66 BBiG / §42m HwO - ab 07.10.2013, Vollzeit (320 h) - ab 28.10.2013, Teilzeit (320 h) - gerne mit Bildungsgutschein!

Schutzschirm für Kinder www.tdh.de

Telefon 030 - 47 99 11 0 Fax 030 - 47 99 11 32 [email protected] www.wib-verbund.de

Vielfalt, Erfahrung, Veränderung Wir fördern die soziale und berufliche Integration behinderter und sozial benachteiligter Menschen durch Beratung, Betreuung, Beschäftigung und Arbeit im Verbund von Projekten und Firmen.

GETTY IMAGES/ISTOCKPHOTO

Chronisch Kranke und Behinderte fühlen sich oft allein, denn die meisten Verwandten und Freunde gehen tagsüber arbeiten.

Man kann nicht davonlaufen!

Multiple-Sklerose-Patienten fühlen sich oft missverstanden, weil man die Krankheit nicht sieht

K

eine Krankheit gibt so viele Rätsel auf wie Multiple Sklerose (MS). Für Betroffene ist es wie ein unumkehrbarer Pfad. Das weiß auch Uschi Bökesch, 47 Jahre alt, seit zehn Jahren MS-Patientin. „Es passieren Sachen, die mir komplett neu sind: dass man plötzlich nicht mehr sehen und nicht mehr laufen kann, dass man die Hand nicht mehr spürt, dass aus dem Kribbeln in der Hand eine ausgeprägte Spastik wird.“ Sie beschreibt die Symptome ihrer Krankheit, als ob sie den Wetterbericht verliest. „Abenteuer MS

D I E

sage ich nur. Jeder Schub hat wieder neue Überraschungen parat.“ Es begann, als sie 37 Jahre alt war. Eines Tages sah sie alles doppelt. Es folgten mehrere Untersuchungen und schließlich die erschreckende Diagnose: Multiple Sklerose! Der weitere Weg war vorgezeichnet: Basistherapie – Chemotherapie – Reha – Rente. „Man sieht nicht, dass meine Hand jahrelang spastisch war, und ich sie nicht benutzen konnte. Ich kann heute nicht mehr kochen und nicht mehr schreiben. Ich glaube, das ist der Grund dafür, warum man diese Krankheit so schlecht

K R A N K H E I T

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische Entzündungserkrankung des zentralen Nervensystems. Gehirn und Rückenmark sind mit Nervenfasern verbunden, die elektrische Impulse weiterleiten. Diese Leiter werden durch eine Isolierschicht, das Myelin, geschützt, ähnlich wie Draht durch eine Plastikummantelung. Durch die Entzündung erwärmen sich die Nervenfasern, die Isolierschicht beginnt zu schmelzen, bis im schlechtesten Fall nichts mehr davon übrig bleibt. Die Entzündungen kommen zustande, weil Abwehrzellen falsch programmiert werden: Anstatt eindringende Krankheitserreger zu attackieren, greifen sie das Myelin und myelinbasische Eiweiße an.

In Deutschland leiden rund 120 000 Menschen an dieser Entzündung des Zentralen Nervensystems, die häufig zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr, aber auch nach dem 50. Lebensjahr auftritt. Jedes Jahr erkranken etwa 5 000 bis 6 000 Menschen neu, überwiegend Frauen. Vererbbar ist Multiple Sklerose nicht, wohl aber besteht eine genetische Disposition. Die Krankheit Multiple Sklerose ist noch nicht heilbar. Eine Reihe von Wirkstoffen können die Symptome aber lindern. Rückgängig machen lässt sich die Zersetzung der Nervenfasern nicht. Einzelne Erscheinungsformen lassen sich vergleichsweise gut behandeln. Man spricht in diesen Fällen von symptomatischer Therapie.

kommunizieren kann“, resümiert sie. Uschi Bökesch war früher ein sehr kreativer Mensch. Mit 16 Jahren begann sie, Schlagzeug zu spielen und war später in verschiedenen Bands. Sie unterrichtete Studenten und schrieb Testberichte für eine Fachzeitschrift. „2004 war ich noch in Peking auf der Bühne und Popstar, 2007 war ich in Rente.“ Die Krankheit hat ihr Leben komplett verändert. Zunächst benutzte sie einen Stock, dann einen Rollstuhl, jetzt steht ein Scooter in ihrer Wohnung. „Der fährt offiziell 16 Stundenkilo-

meter, ich schaffe aber 18 damit“, erklärt sie mit einem Zwinkern. Sie braucht ihn, wenn sie in den Südblock, einem Lokal am Kottbusser Tor, zum Abhängen fährt. Dort hat sie sich mit sechs anderen Betroffenen zum Verein Quergehandicaped zusammengeschlossen. Die Truppe im Südblock ist ein wichtiger sozialer Kontakt, denn Uschi Bökesch ist ein kommunikativer Typ. „Leider sind alle meine Bekannten berufstätig, und man ist ziemlich allein“, erzählt sie. Gegen ihre Nervenschmerzen raucht sie Gras, gegen die Einsamkeit hilft das nicht. „Da kriegst du nur einen

Kiffkater.“ Das Cannabis bekommt sie ganz offiziell in der Apotheke. Dafür hat sie eine ordentliche Genehmigung von der Bundesopiumstelle in Bonn. Es gab Zeiten, da hatte sie das Gefühl, die MS wird in den Medien total verharmlost. Sie las zum Beispiel die Schlagzeile: Ein Mädchen tanzt ihrer MS davon. „Ja toll! Kann sie es heute noch?“ Oder der Marathonläufer, der seiner MS davonläuft. „Man will immer nur sehen, was die Leute können. Es ist genau umgekehrt: Was können wir nicht! Und darüber wird wenig gesprochen.“ (sis)

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Siegen durch Nachgeben

Judo hat eine therapeutische Wirkung auf Menschen mit Behinderung. Es führt zu mehr Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein

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amdy Mohamed hat einen sehr vollen Kalender, erweckt aber keinen gehetzten Eindruck. Er strahlt Ruhe aus, ist ein liebenswürdiger Herr mittleren Alters und sehr engagiert. Hamdy hat eine Mission zu erfüllen: Er möchte, dass behinderte und nichtbehinderte Kinder und Jugendliche gemeinsam Sport treiben. Was den Schulpolitikern bei der inklusiven Schulbildung reichlich Probleme beschert, ist in seinem Klub längst Alltag. Vielleicht liegen die Wurzeln für seine Gelassenheit in seinem Sport. Der in Alexandria geborene Hamdy ist seit seiner Jugend ein erfolgreicher Judoka. Die japanische Kampfsportart Judo entstand Anfang des 20. Jahrhunderts und bedeutet so viel wie sanfter, flexibler Weg. Durch Nachgeben soll der Sieg herbeigeführt und durch einen minimalen Einsatz an Mitteln eine maximale Wirkung erzielt werden.

Insel Juist und baute dort eine Gruppe mit 60 behinderten Kindern auf. Als er 2008 zurück nach Berlin kam, wollte er hier etwas Ähnliches etablieren. Er erwarb die Lizenz zum Training mit behinderten Menschen, fand einen Verein, der es ihm ermöglichte, eine Abteilung G-Judo aufzubauen, und begann seine Arbeit. Als der Verein die Zusammenarbeit beendete, überlegte er nicht lange und gründete einen eigenen, den Judo-Club „Ken Shiki“. Das bedeutet: „Streben nach Wissen“. Das Vereinslogo ist eine auf dem Kopf stehende Eule. Hamdys Schüler meinen, er sei diese Eule. Inzwischen trainieren rund 100 Kinder und Jugendliche bei „Ken Shiki“, zwei Drittel von ihnen sind behindert. „Am schwersten haben es Menschen mit einer geistigen Behinderung“, hat Hamdy erfahren. Sie bedürfen seiner besonderen Aufmerksamkeit. Deshalb ist auch im Vorstand des Vereins ein behinderter Jugendlicher vertreten.

Streben nach Wissen In den 1970er-Jahren erkannten Sportpädagogen die therapeutische Wirkung dieses Sports auf Menschen mit Behinderung. Die Leistungsfähigkeit steigt, Aggressionen werden abgebaut und ein regelkonformes Verhalten wird trainiert. Judo führt zu mehr Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein. Aus diesen Erkenntnissen heraus entstand das G-Judo, das „gehandicapte Judo“. Besonders stark entwickelte sich diese Sparte in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Hamdy Mohamed fand das faszinierend. Er wohnte auf der

Toleranz und Verständnis

GETTY IMAGES/HEMERA

Im Judo wird unter anderem regelkonformes Verhalten trainiert.

„Ein Schneider nimmt ein Stück Stoff und schneidet es ganz individuell so zu, dass es passt“, erläutert Hamdy Mohamed seine Trainingsmethode. „Genau so muss man im Training mit behinderten Jugendlichen umgehen.“ Das Prinzip funktioniert, die Sportler seines Klubs sind sehr erfolgreich: Bei der Internationalen Deutschen Meisterschaft 2011 holten sie vier Gold- und zwei Silbermedaillen. Diese Erfolge sind

aber nur das eine. Natürlich strebt jeder Sportler nach dem Platz auf dem Treppchen. Dafür trainiert er, führt den Körper an seine Grenzen, opfert seine Freizeit. Hat man Erfolg, schüttet der Körper Endorphine in großen Mengen aus. Dieses Glücksgefühl ist unbeschreiblich. Hamdy Mohamed weiß das, war er doch selbst Afrikameister, Fünfter bei den Weltmeisterschaften 2009 und 2011 sowie Fünfter bei den Europameisterschaften 2009 in Venedig. Es geht ihm aber vielmehr um das Miteinander im Klub. Jedes Jahr im Trainingslager in Teplice in Tschechien teilen sich ein behinderter und ein nichtbehinderter Jugendlicher ein Zimmer. Bisher gab es nie Probleme „Neben den sportlichen Leistungen müssen die Jugendlichen Toleranz und Verständnis im Umgang miteinander lernen“, erklärt Hamdy. Um Sympathisanten und Sponsoren für seinen Klub zu finden, läuft er treppauf, treppab. Für dieses Engagement war er vor Jahren sogar schon beim Bundespräsidenten eingeladen. Seine größte Auszeichnung hat er aber von einem seiner Sportler erhalten: Als im vergangenen Jahr in den Arcaden an der Wilmersdorfer Straße der Wettbewerb „Wer ist mein Held?“ lief, schlug ihn ganz spontan der elfjährige Moritz Becker vor. Unter den vielen Vorschlägen wurde Hamdy als Sieger gewählt und bekam eine Urkunde. „Diese Urkunde ist für mich der schönste Lohn für meine Arbeit“, erklärt der Trainer stolz. (sis.) Kontakt: WIB – Weißenseer Integrationsbetriebe GmbH

Sonderpädagogische Zusatzqualifikation

Angebote für Menschen mit Behinderung Das UNIONHILFSWERK bietet in Berlin mit rund 2.500 Mitarbeitern zahlreiche Beratungsangebote, Beschäftigung und Betreuung für Menschen mit Behinderungen und psychischer Erkrankung sowie Angebote der beruflichen Rehabilitation. Mit unseren stadtweiten Angeboten unterstützen wir unsere Klienten nach ihren individuellen Bedürfnissen. • • • • •

(Übergangs-) Wohnheime Wohngemeinschaften sowie BEW Kontakt- und Beratungsstellen Beschäftigungstagesstätten Zuverdienstwerkstatt

Tel.: 030 / 48 52 23 57 (Fr. Gothe) [email protected] www.weiterbildung-bildungsmarkt.de

Wir sind für Sie da

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Geschäftsstelle Tassostr. 17 13086 Berlin

für Ausbilder (w/m) in der „Ausbildung für behinderte Menschen mit Förderbedarf“, § 117 Abs. 1, SGB III, § 66 BBiG / §42m HwO - ab 07.10.2013, Vollzeit (320 h) - ab 28.10.2013, Teilzeit (320 h) - gerne mit Bildungsgutschein!

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Telefon 030 - 47 99 11 0 Fax 030 - 47 99 11 32 [email protected] www.wib-verbund.de

Vielfalt, Erfahrung, Veränderung Wir fördern die soziale und berufliche Integration behinderter und sozial benachteiligter Menschen durch Beratung, Betreuung, Beschäftigung und Arbeit im Verbund von Projekten und Firmen.

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Chronisch Kranke und Behinderte fühlen sich oft allein, denn die meisten Verwandten und Freunde gehen tagsüber arbeiten.

Man kann nicht davonlaufen!

Multiple-Sklerose-Patienten fühlen sich oft missverstanden, weil man die Krankheit nicht sieht

K

eine Krankheit gibt so viele Rätsel auf wie Multiple Sklerose (MS). Für Betroffene ist es wie ein unumkehrbarer Pfad. Das weiß auch Uschi Bökesch, 47 Jahre alt, seit zehn Jahren MS-Patientin. „Es passieren Sachen, die mir komplett neu sind: dass man plötzlich nicht mehr sehen und nicht mehr laufen kann, dass man die Hand nicht mehr spürt, dass aus dem Kribbeln in der Hand eine ausgeprägte Spastik wird.“ Sie beschreibt die Symptome ihrer Krankheit, als ob sie den Wetterbericht verliest. „Abenteuer MS

D I E

sage ich nur. Jeder Schub hat wieder neue Überraschungen parat.“ Es begann, als sie 37 Jahre alt war. Eines Tages sah sie alles doppelt. Es folgten mehrere Untersuchungen und schließlich die erschreckende Diagnose: Multiple Sklerose! Der weitere Weg war vorgezeichnet: Basistherapie – Chemotherapie – Reha – Rente. „Man sieht nicht, dass meine Hand jahrelang spastisch war, und ich sie nicht benutzen konnte. Ich kann heute nicht mehr kochen und nicht mehr schreiben. Ich glaube, das ist der Grund dafür, warum man diese Krankheit so schlecht

K R A N K H E I T

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische Entzündungserkrankung des zentralen Nervensystems. Gehirn und Rückenmark sind mit Nervenfasern verbunden, die elektrische Impulse weiterleiten. Diese Leiter werden durch eine Isolierschicht, das Myelin, geschützt, ähnlich wie Draht durch eine Plastikummantelung. Durch die Entzündung erwärmen sich die Nervenfasern, die Isolierschicht beginnt zu schmelzen, bis im schlechtesten Fall nichts mehr davon übrig bleibt. Die Entzündungen kommen zustande, weil Abwehrzellen falsch programmiert werden: Anstatt eindringende Krankheitserreger zu attackieren, greifen sie das Myelin und myelinbasische Eiweiße an.

In Deutschland leiden rund 120 000 Menschen an dieser Entzündung des Zentralen Nervensystems, die häufig zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr, aber auch nach dem 50. Lebensjahr auftritt. Jedes Jahr erkranken etwa 5 000 bis 6 000 Menschen neu, überwiegend Frauen. Vererbbar ist Multiple Sklerose nicht, wohl aber besteht eine genetische Disposition. Die Krankheit Multiple Sklerose ist noch nicht heilbar. Eine Reihe von Wirkstoffen können die Symptome aber lindern. Rückgängig machen lässt sich die Zersetzung der Nervenfasern nicht. Einzelne Erscheinungsformen lassen sich vergleichsweise gut behandeln. Man spricht in diesen Fällen von symptomatischer Therapie.

kommunizieren kann“, resümiert sie. Uschi Bökesch war früher ein sehr kreativer Mensch. Mit 16 Jahren begann sie, Schlagzeug zu spielen und war später in verschiedenen Bands. Sie unterrichtete Studenten und schrieb Testberichte für eine Fachzeitschrift. „2004 war ich noch in Peking auf der Bühne und Popstar, 2007 war ich in Rente.“ Die Krankheit hat ihr Leben komplett verändert. Zunächst benutzte sie einen Stock, dann einen Rollstuhl, jetzt steht ein Scooter in ihrer Wohnung. „Der fährt offiziell 16 Stundenkilo-

meter, ich schaffe aber 18 damit“, erklärt sie mit einem Zwinkern. Sie braucht ihn, wenn sie in den Südblock, einem Lokal am Kottbusser Tor, zum Abhängen fährt. Dort hat sie sich mit sechs anderen Betroffenen zum Verein Quergehandicaped zusammengeschlossen. Die Truppe im Südblock ist ein wichtiger sozialer Kontakt, denn Uschi Bökesch ist ein kommunikativer Typ. „Leider sind alle meine Bekannten berufstätig, und man ist ziemlich allein“, erzählt sie. Gegen ihre Nervenschmerzen raucht sie Gras, gegen die Einsamkeit hilft das nicht. „Da kriegst du nur einen

Kiffkater.“ Das Cannabis bekommt sie ganz offiziell in der Apotheke. Dafür hat sie eine ordentliche Genehmigung von der Bundesopiumstelle in Bonn. Es gab Zeiten, da hatte sie das Gefühl, die MS wird in den Medien total verharmlost. Sie las zum Beispiel die Schlagzeile: Ein Mädchen tanzt ihrer MS davon. „Ja toll! Kann sie es heute noch?“ Oder der Marathonläufer, der seiner MS davonläuft. „Man will immer nur sehen, was die Leute können. Es ist genau umgekehrt: Was können wir nicht! Und darüber wird wenig gesprochen.“ (sis)

6 I LEBEN MIT BEHINDERUNG

DIENSTAG, 18. JUNI 2013 I VERLAGSBEILAGE

„Es ist moralische Pflicht, immerfort zu klatschen“ Dramaturg Marcel Bugiel über Vorurteile und Unsicherheiten im Umgang mit behinderten Schauspielern

B

eim diesjährigen Berliner Theatertreffen wurde besonders kontrovers über das Stück „Disabled Theater“ diskutiert. Hier stehen geistig behinderte Menschen auf der Bühne − was bei vielen Zuschauern nach wie vor Irritationen auslöst. Marcel Bugiel hat als Dramaturg an der Produktion mitgewirkt.

Leute doch Schauspieler geworden: um angesehen zu werden bei dem, was sie auf der Bühne tun. Warum haben die Zuschauer dann solche Schwierigkeiten damit? Weil Menschen mit Behinderung in der Öffentlichkeit nach wie vor kaum zu sehen sind. Und wenn, dann wurde uns als Kind beigebracht: Da guckt man nicht hin.

Herr Bugiel, was sind die Herausforderungen, wenn Menschen mit geistiger Behinderung Theater spielen? „Hochkultur“ und geistige Behinderung – das passt für die meisten Zuschauer erstmal nicht zusammen. Es gab zwar immer schon behinderte Figuren in der Theatergeschichte, aber dass Behinderte als Schauspieler selbst auf der Bühne stehen, gibt es streng genommen erst seit den 70er-Jahren. Da muss man auch heute noch gegen Vorurteile ankämpfen. Angesichts des „Disabled Theater“ war immer wieder derVorwurf zu hören, dass es hier nicht um Schauspielkunst sondern um die bloße Präsentation dieser Menschen gehe. Was sagen Sie dazu? Es ist wirklich so, dass sich 90 Prozent aller Diskussionen nur um eine Frage drehen: Darf man das, darf man das nicht? Ist das eine Freakshow? Ist es okay, da auch wirklich hinzugucken? Und die Antwort darauf lautet wie? Ja, natürlich ist das okay, da hinzugucken. Deswegen sind diese

DPA

Erst seit den 70er-Jahren stehen Behinderte als Schauspieler auf der Bühne.

Wohnangebote für Menschen mit geistiger Behinderung

Markelstraße 24a 12163 Berlin Tel.: (030) 700 96 23-0 Fax: (030) 700 96 23-16 berliner STARThilfe e.V. Wir begleiten ß Menschen mit Lernschwierigkeiten ß Menschen mit Suchterkrankungen ß Mütter und Väter mit Lernschwierigkeiten und deren Kinder Neumannstraße 13 13189 Berlin Tel.: 4443035 www.berlinerstarthilfe.de

Das Ziel:

Unser Weg:

Unsere Angebote:

»Perspektiven für ein selbstbestimmtes Leben schaffen«

»Qualifizierte Betreuung und Unterstützung für mehr Eigenständigkeit«

• Wohnen im Wohnheim • Leben in einer Wohngemeinschaft • Betreutes Einzelwohnen • Freizeitclub

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Das Magazin für Medizin und Wohlbefinden

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Ablehnende Reaktionen gibt es doch sicher auch? Bei den Try-outs von „Disabled Theater“ im Vorfeld gab es heftige Auseinandersetzungen, nicht zuletzt mit den Eltern, sodass wir mit insgesamt schwierigen Aufführungen und Buhrufen gerechnet hatten. Das ist überhaupt nicht eingetreten. Vielleicht, weil niemand Behinderte auf der Bühne verletzten möchte. Das gilt übrigens auch für Kritiker. Kaum jemand traut sich, eine schlechte Kritik zu schreiben. Niemand möchte als behindertenunfreundlich gelten.

Wer den Anblick behinderter Menschen gewöhnt ist, reagiert also anders, meinen Sie? Ja natürlich. Die Heftigkeit vieler Reaktionen erklärt sich für mich Was muss man als Regisseur von zum großen Teil mit Unerfahrenheit Projekten mit geistig Behinderten und dementsprechender Unsicher- mitbringen? heit. Die entlädt sich Wenn ich als Redann in Szenenapgisseur erst richtig plaus an völlig unsinauflebe,wennnichtalnigen Stellen, für ables reibungslos nach solute Nichtigkeiten. Konzept läuft, und Andere Zuschauer wenn ich akzeptiere, haben das Gefühl, es dass mir Widerstände ist ihre moralische und Unmöglichkeiten Pflicht, immerfort zu vielleicht den viel inklatschen, um die teressanteren Weg behinderten Schauweisen können, dann spieler zu motivieist die WahrscheinBENEDIKT PAETZHOLDT ren. Das sind Forlichkeit hoch, dass ich men positiver Diskri- Dramaturg Marcel Bugiel in der Arbeit mit dieminierung, aus purer sen Menschen, die Überforderung. Das Besondere bei nicht der herrschenden Schauspie„Disabled Theater“ ist auch, dass ler-Normalität entsprechen, sehr hier viele Zuschauer kommen, die glücklich werden kann. Wenn ich konnicht behinderte Schauspieler, krete Vorstellungen habe und Leute sondern in erster Linie die neue Ar- suche, die die einfach für mich umbeit des Choreografen Jérôme Bel setzen, dann wird das mit ihnen versehen wollten. Auf die Begegnung mutlich eher schwierig. mit behinderten Menschen sind sie völlig unvorbereitet. Interview: Benedikt Paetzholdt

www.fdst.de

Das Leben neu lernen. Vor dieser großen Herausforderung stehen Menschen, die eine Schädigung des Nervensystems erworben haben. Die Fürst DonnersmarckStiftung zu Berlin hat die Rehabilitation und Unterstützung körperbehinderter Menschen zum Zweck, dabei liegt ein großes Augenmerk auf der Post-Akuten Neurorehabilitation. Unser Ziel ist es, die Teilhabefähigkeit durch interdisziplinäres therapeutisches und pädagogisches Training so zu fördern, dass ein weitgehend selbständiges Leben in der eigenen Wohnung oder in einer betreuten Wohnform wieder möglich ist. Aktuell bauen wir unseren Standort in Berlin-Frohnau zu einem modernen Zentrum für Post-Akute Neurorehabilitation aus. In neuen großzügigen Gebäuden schaffen wir optimale Bedingungen für die Rehabilitanden und ein modernes Arbeitsumfeld für unsere Mitarbeiter/innen. Für eine anspruchsvolle pädagogische Aufgabenstellung im Bereich Befristetes Wohnen / Post-Akute Neurorehabilitation suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine

Pädagogische Leitung (m/w) mit Anerkennung als Heimleitung i. S. d. Berliner Wohnteilhabegesetzes Weitere Informationen zu unserer Arbeit und zu dieser Stellenausschreibung finden Sie im Internet unter www.fdst.de/stellenmarkt bzw. www.panzentrum.de

Fürst Donnersmarck-Stiftung

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BEWERBUNGSPHASE FÜR INKLUSIONSPREIS 2013 GESTARTET! Liebe Berliner Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber! Mit der Vorstellung des Aufrufes „Inklusionspreis 2013“ informiere ich Sie über die diesjährige Auslobung des Berliner Landespreises, der seit 2003 für die vorbildliche Ausbildung oder Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vergeben wird.

Der Inklusionspreis (ehemals Integrationspreis) wird in den Kategorien Kleinunternehmen, mittelständische Unternehmen und Großunternehmen ausgelobt - dotiert mit jeweils 10.000 €. Erst Ihr Engagement bewirkt die gleichberechtigte Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben. Deshalb ist dies auch ein Arbeitgeber-Preis, mit dem wir Ihre guten Erfahrungen, die zum Nachahmen anregen, würdigen.

Unserem Ziel, mehr schwerbehinderte Menschen beruflich zu integrieren und ihre Arbeitsplätze möglichst dauerhaft zu sichern, sind wir in den vergangenen Jahren ein Stück näher gekommen. Diese positive Entwicklung verdanken wir in erster Linie Ihrer Überzeugung, dass auch Menschen mit Behinderung Leistungsträger im Unternehmen sind.

die bereits geleistete berufliche Teilhabe schwerbehinderter Menschen und bewerben Sie sich um den Inklusionspreis 2013!

Ulf Meyer-Golling Leiter des Integrationsamtes im Landesamt für Gesundheit und Soziales

Sichern Sie Ihrem Unternehmen die öffentliche Anerkennung für

lnklusionspreis 2013

Berlin sucht die behindertenfreundlichen Unternehmen des Jahres! Das Land Berlin vergibt den lnklusionspreis an Berliner Arbeitgeber, die schwerbehinderte Menschen vorbildlich ausbilden oder beschäftigen. Der lnklusionspreis wird in drei Kategorien ausgelobt:

Kleinunternehmen Mittelständische Unternehmen Großunternehmen Private sowie öffentliche Unternehmen jeder Größe und aller Wirtschaftsbereiche sind herzlich eingeladen, am Wettbewerb teilzunehmen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass anerkannte Integrationsunternehmen nicht berücksichtigt werden können. Die Preisträger werden von einer Jury ausgewählt, in der neben dem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung und der öffentlichen Verwaltung auch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände sowie Behindertenorganisationen vertreten sind.

Die Gewinner sind berechtigt, mit dem Logo des lnklusionspreises 2013 über drei Jahre in ihrer Geschäftspost zu werben und erhalten jeweils: • Eine Geldprämie in Höhe von 10.000 Euro • Eine Skulptur – symbolisiert die inklusive Teilhabe von schwerbehinderten Menschen am Arbeitsleben Postfach 310929 · 10639 Berlin · Weitere Informationen im Internet: www.lageso.berlin.de – Für den Inhalt verantwortlich: Nelli Stanko – II C 15 – V.i.S.d.P.: Silvia Kostner - Z Press

• Eine Urkunde – überreicht vom Senator für Gesundheit und Soziales und dem Präsidenten des Landesamtes für Gesundheit und Soziales • Eine Werbe-Broschüre „Gewinner des lnklusionspreises 2013“ – für Kunden und Geschäftspartner

Ein weiteres Unternehmen, das sich in der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen besonders verdient gemacht hat, kann mit dem Sonderpreis ausgezeichnet werden. Die Auszeichnung mit dem lnklusionspreis 2013 erfolgt im Rahmen eines Festaktes am 11. Dezember 2013 im Roten Rathaus − Wappensaal.

Zögern Sie nicht – wir freuen uns auf Ihre Bewerbung! Näheres im Internet: http://www.berlin.de/lageso/arbeit/inklusionspreis/index.html

Bewerbungsschluss: 15.09.2013 Ihre Bewerbung senden Sie bitte an: Landesamt für Gesundheit und Soziales Integrationsamt II C 15 – Frau Stanko Turmstraße 21, Haus A 10559 Berlin

8 I LEBEN MIT BEHINDERUNG

DIENSTAG, 18. JUNI 2013 I VERLAGSBEILAGE

BENEDIKT PAETZHOLDT

Marianne und Karl-Heinz haben die Liebe gefunden und planen ein Leben zu zweit.

Vermittlung zum großen Glück

Die Einrichtung „Traumpaar“ der Lebenshilfe Berlin unterstützt Menschen mit Behinderung bei der Partnersuche

I

n mattem Silber glänzt der Ring am Finger von Marianne. „Love steht da drauf, auf beiden Seiten“, sagt sie und schmiegt sich an die Brust von Freund Karl-Heinz. Der schaut kurz verlegen und setzt dann ein zufriedenes Lächeln auf. „Ich habe sie sehr lieb, sie hat mich sehr lieb. Deshalb habe ich den gekauft.“ An seinem Finger steckt dasselbe Modell. „Wir sind jetzt verlobt“, verkündet er stolz. Die Liebe von Marianne Skrzypinski und Karl-Heinz Richter, beide 56, ist noch frisch. Seit vier Monaten kennen sich die beiden. Das ist ein Grund, warum sie so glücklich sind. Doch das allein ist es nicht: Beide eint das Gefühl, endlich angekommen zu sein, jemanden gefunden zu haben, der es ernst meint, der die Bedürfnisse des anderen nachvollziehen kann. Geholfen hat ihnen „Traumpaar“, die Partnervermittlung der Lebenshilfe Berlin. Menschen mit geistiger, psychischer oder körperlicher Beeinträchtigung sollen bei der Suche nach dem richtigen Mann oder der richtigen Frau unterstützt werden.

Marianne und Karl-Heinz haben beide eine Lernbehinderung, in unterschiedlicher Ausprägung. Um ihren Alltag zu organisieren, brauchen sie Unterstützung. Auch die Partnersuche machte Schwierigkeiten. Auf dem „freien Markt“ oder im Internet die große Liebe zu finden, das hatte nicht so recht funktioniert. Martina Sasse, die Leiterin der Partnervermittlung, weiß auch warum. „Menschen mit Behinderung sind hier oft einfach überfordert.“ Erstes Date In „Traumpaar“ haben sie dann Hilfe gefunden. „Jeder will Liebe ausleben und Sexualität haben“, sagt Sasse. „Für Menschen mit Behinderung gibt es wenige Plattformen, sich kennenzulernen. Eine solche wollen wir bieten.“ Am Anfang stand dann eine Art Vorstellungsgespräch. Die Kunden sollen hier frei über ihr Leben plaudern und Wünsche äußern, wie der Partner so sein sollte. Und natürlich nicht zu vergessen: welche Haarund Augenfarbe sie bevorzugen. Marianne hatte genaue Vorstellungen, wie sie sich ihren Traummann

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L I E B E Die Schatzkiste in Hamburg war die erste Partnervermittlung in Deutschland überhaupt. Vor 15 Jahren rief der Psychologe und Sexualberater Bernd Zemella die lange Zeit einmalige Einrichtung ins Leben. Die Nachfrage sei damals riesig gewesen, sagt Zemella. Und sie ist es auch heute noch. Die Motive allerdings sind unterschiedlich. Während viele Männer den Wunsch äußerten, überhaupt mal eine Freundin zu haben, seien die Frauen eher auf der Suche nach dem richtigen Mann an ihrer Seite. Das Projekt hat sich über die Jahre über ganz Deutschland ausgebreitet. Inzwischen gibt es um die 40 Schatzkisten. In Berlin gibt es derzeit keinen Ableger. Das war schon mal anders. Zemella sieht das Hauptproblem darin, dass es schwierig ist, passende Träger zu finden, die sich auf das Projekt einlassen. Das Modell der Schatzkiste beruht auf unabhängigen Vermittlern. Diese können auf die Logistik und Erfahrung der Schatzkiste in Hamburg zurückgreifen, kümmern sich aber selbstständig um ihre Kunden. Einsicht in die Daten haben nur die Vermittler, das soll Missbrauch verhindern.

so ausmalt: „Treu, lieb, ehrlich und hilfsbereit muss er sein. Und nett anzuschauen.“ Karl-Heinz ging es bescheidener an. „Ich habe da mal durchgeklingelt und gefragt, ob sie jemanden für mich haben.“ Alles Weitere lag an Frau Sasse. Sorgfältig durchforstete sie die Karteien ihrer insgesamt rund 500 Kunden. Bis der Richtige dabei ist, kann das manchmal auch Jahre dauern. „Die Vorstellungen sind oft doch sehr unterschiedlich“, sagt sie. „Wir haben leider auch ein großes Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern.“ 80 Prozent der Kunden sind Männer, 20 Prozent Frauen. Bei Marianne und Karl-Heinz ging alles ein bisschen schneller. Schon sechs Wochen nachdem sich Marianne im Februar vorgestellt hatte, waren beide zum ersten Date verabredet − das war im März. Mit einem romantischen Candlelight-Dinner hatte das allerdings wenig zu tun. Sie trafen sich in den Räumen der Lebenshilfe, gemeinsam mit den jeweiligen Betreuern, so ist das hier üblich. „Wir müssen ja schon sehen, ob das funktionieren kann“, sagt Sasse. Ganz nebenbei kann das auch helfen, die Aufregung ein bisschen zu mindern. In Mariannes Fall hat das aber nichts geholfen. „Ich war total flatterig, habe am ganzen Körper gezittert.“ Und auch Karl-Heinz gibt zu: „Ich hatte schon ganz schön Herzklopfen.“ Das Beschnuppern lief dann so, wie es sich beide vorgestellt hatten. „Er war genau der, den ich mir wünschte. Er ist meine Traum-

beute“, schwärmt Marianne. Worüber sie sich unterhalten haben, daran können sich beide nicht mehr recht erinnern. Zu aufwühlend waren die Umstände. „Ich war auf jeden Fall gleich einverstanden“, sagt Karl-Heinz. Die beiden sind seitdem ein Paar. Für Martina Sasse ist die Arbeit beendet. „Wir helfen am Anfang. Danach liegt es an den Leuten selbst.“ Nur wenn die Kunden das ausdrücklich wünschen, steht sie als Beraterin zur Seite. Froh über jede Minute Bislang haben die beiden dieses Angebot nicht in Anspruch genommen. Sie sind froh über jede Minute, die sie ohne Betreuer zu zweit genießen können. Weil beide in getrennten Wohnungen leben und Karl-Heinz als Parkarbeiter im Zoo tätig ist, sehen sie sich meistens nur am Wochenende. Dann ist es aber umso schöner. Zusammen unternehmen sie gerne Ausflüge. Marianne genießt es, ihren Liebsten zu betüteln, ihm seine Leibspeisen wie Buletten und Kartoffelsalat zuzubereiten. Und er lässt sich gern verwöhnen. „Ich habe schon gar keinen Hunger mehr, wenn ich alleine essen muss.“ Wenn alles gut läuft, muss er das bald auch nicht mehr oft. Anfang des kommenden Jahres möchten sie zusammenziehen, erst mal probeweise. „Wir müssen ja schauen, ob wir uns auch verstehen“, sagt Karl-Heinz. Seine Freundin hat da weniger Bedenken. „Ach, was soll da schon schiefgehen. Wir sind doch verlobt.“ (pae.)

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