Lange Wellen und Arbeitslosigkeit

Christopher Freeman Lange Wellen und Arbeitslosigkeit In der Literatur zu den Langen Wellen findet sich wenig zum Thema Beschäftigung oder Arbeitslo...
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Christopher Freeman

Lange Wellen und Arbeitslosigkeit

In der Literatur zu den Langen Wellen findet sich wenig zum Thema Beschäftigung oder Arbeitslosigkeit. Viel mehr wurde geschrieben über Preise, Investitionen und Zinssätze. Ein offenkundiger Grund hierfür ist das nahezu vollständige Fehlen von Arbeitslosenstatistiken in gleichwelchem Land vor 1900. Hinzu kommen die zahlreichen Definitionswechsel seitdem und damit unterschiedliche Erfassungen. Kondratieff konnte zwar recht brauchbare Langzeit-Reihen von Preisen und Zinssätzen finden und nutzen sowie einige allerdings weniger überzeugende Reihen von Produktionszahlen verschiedener wichtiger Güter, aber weder er noch seine Vorgänger Van Gelderen (1913) und Parvus (1900) haben versucht, sich auf Informationen über Beschäftigung und Arbeitslosigkeit zu stützen. Sieht man von Paretos Rekurs auf internationale Handelsstatistiken (1913) ab, haben sich die meisten Autoren, die bis nach Ende des Zweiten Weltkrieges über Lange Wellen geschrieben haben, auf die Art Statistiken beschränkt, wie sie Kondratieff (1926) benutzt hat. Ein Großteil der Debatte war zu der Zeit ohnehin besetzt mit monetären Fragen und mit der Rolle, die die Entdeckung von Gold spielte. So zu entnehmen den Arbeiten von Dupriez (1935, 1947) und Cassel (1918, 1932). [Übersicht 1] Nach dem Zweiten Weltkrieg veränderte sich in der Literatur der Akzent sehr deutlich. Hierfür waren zwei Hauptgründe maßgebend. Erstens wurden Statistiken über das Bruttosozialprodukt (GNP), über aggregierte Industrieproduktion und Investitionen für viele Länder allgemein zugänglich. Mit der Zeit bemühten sich Wirtschaftshistoriker zunehmend um die Erstellung retrospektiver historischer Datenreihen bis zurück ins späte 18. Jahrhundert. Solche Daten sind natürlich kontrovers und enthalten viele Annäherungswerte und Schätzungen. Neue Forschung brachte dann oft Revisionen (z.B. Crafts, 1994). Nichtsdestoweniger sind sie von vielen Autoren während der Lange-Wellen-Diskussion der 1970er, 80er und 90er Jahre benutzt worden, sowohl seitens der Lange-Wellen-Skeptiker (z.B. Van Ewijk, 1981, Solomou, 1987) als auch von denen, die die Realität des Phänomens Lange Wellen nachweisen wollten (z.B. Glismann et al., 1987, Mandel, 1972, 1980; van Duijn, 1979; Bieshaar und Kleinknecht, 1984). Zweitens führte Schumpeters größere Arbeit über "Business Cycles" (1939) zu einer völlig neuen Interpretation der Langen Wellen, der sein Gedanke einer "Abfolge industrieller Revolutionen" oder von Wellen technischen Wandels quer durch die Wirtschaft zugrundelag. Schumpeter war selbst der Meinung, daß aggregierte Daten wie des GNP oder der Industrieproduktion mehr verhüllten als enthüllten:

Christopher Freeman: Lange Wellen und Arbeitslosigkeit In: Hans Thomas/Leo A. Nefiodow (Hg). Kondratieffs Zyklen der Wirtschaft. Busse Seewald, Herford 1998 ( LINDENTHAL-INSTITUT / Intern. Fachtagung Köln 1996), S. 121-153

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"Da die Entwicklung, die das Wirtschaftssystem ingangsetzt, vom Wesen her zyklisch verläuft, geht die zu lösende Aufgabe weit über die Beschreibung spektakulärer Zusammenbrüche auf der einen Seite und der Bewegung aggregierter Mengen auf der anderen weit hinaus. Es geht um die schreckliche Aufgabe, die industriellen Prozesse hinter diesen Daten im Detail zu beschreiben. Die Historiker der Krisengeschichte sprechen hauptsächlich von Börsenereignissen, Banken, Preisniveaus, Versagen, Arbeitslosigkeit, Gesamtproduktion, usw. Das alles läßt sich leicht als Oberflächenphänomene durchschauen oder als Verbunddaten, die die darunterliegenden Prozesse auf eine Weise zusammenfassen, die deren tatsächlichen Charakter eher verhüllen." (Business Cycles, S. 22). Da in der realen Wirtschaft einige Unternehmer und Industrien ihre Produktion schnell steigerten, während andere stagnierten oder zurückfielen, lieferten statistische Mittelwerte oder Verbunddaten wie GDP oder auch Industrieproduktion insgesamt unmöglich ein befriedigendes Bild von solch gegenläufigen Trends. Schumpeter plädierte deshalb dafür, Unternehmensberichte, technische Zeitschriften und Geschäftsentwicklungen ins Studium einzubeziehen, die seiner Meinung nach über Prozesse qualitativen Wandels, an denen er interessiert war, weit mehr Auskunft geben konnten. Allerdings hat er diesen Ansatz nie wirklich in Einklang gebracht mit seiner reichlich oberflächlichen Nutzung von Statistiken. Kuznets (1940) hat das heftig kritisiert, und noch entschiedener Reijnders (1990). Auch hatte Schumpeter wenig über Arbeitslosigkeit zu sagen - trotz seiner kategorischen Behauptung, "zyklische Arbeitslosigkeit" und "technologische Arbeitslosigkeit" seien ein und dasselbe. Die Nachkriegsdebatte zeugt von einer differenzierteren Entwicklung der statistischen Methoden (vgl. bes. Reijnders, 1984, 1990; und Metz, 1981, 1984; sowie die Ökonometrie-Kritik von Louçâ, 1996) einerseits, und andererseits von einem Sprudeln neo-Schumpeterschen Literatur. Beschäftigung und Arbeitslosigkeit finden aber kaum Aufmerksamkeit. Diesbezüglich klaffen akademische Debatte und das Gedächtnis und Interesse des Mannes auf der Straße stark auseinander. Die Mehrzahl der Menschen in Europa und Nordamerika haben die 1950er und 60er Jahre als Periode der Vollbeschäftigung in Erinnerung, in der junge Leute leicht Arbeit finden konnten - im Gegensatz zu den 1980er und 90er Jahren mit ganz anderen Arbeitsmarktbedingungen. [Fig. 1 u. Übersicht 2] Wer alt genug ist, erinnert sich noch an die 1930er Jahre, auch eine Periode der Massenarbeitslosigkeit mit allen sozialen und politischen Konsequenzen, die aus dieser menschlichen Tragödie folgten. Die Unterschiede im Beschäftigungsniveau sind viel augenfälliger als die der ermittelten Wachstumsraten des GNP. Ähnliches läßt sich von den 1880er und 90er Jahren feststellen, die unter den Zeitgenossen allgemein als Zeit der "Großen De-

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pression" galten - entgegen dem Fleiß der Historiker, mit dem diese den "Mythos" dieser Depression zu entlarven versucht haben. Meine Ausführungen werden die Nachfrage am Arbeitsmarkt als einen außerordentlich wichtigen Ausdruck Langer Wellen in der Wirtschaft herausstellen. Zufriedenstellende Erhebungen auf diesem Gebiet könnten einige der Rätsel lösen helfen, mit denen sich Theoretiker der Langen Wellen herumschlagen. Ein besonders wichtiges Element der Kritik an allen Theorien der Langen Wellen ist das Argument, es habe im England der 1830er Jahre keinen Lange-Wellen-Abschwung gegeben, sondern einen kontinuierlichen Anstieg der industriellen Produktion und vermutlich des GNP, und zwar durchgehend von den 1780er bis in die 1870er Jahre. Dieser statistische "Beweis" für das Fehlen irgendwelcher Zeichen des ersten Kondratieff-Abschwungs gerät aber in scharfen Gegensatz mit allen indirekten Auskünften über akutes soziales Elend in den 1820er und 30er Jahren in Großbritannien. Es kam zu Aufruhr, zur Zerstörung von Maschinen (Luddism), zu den Großdemonstrationen des Chartism. 1 Ferner sind da die Romanerzählungen und Berichte von Sozialhistorikern. Könnte Arbeitslosigkeit als Indikator eines Lange-Wellen-Abschwungs gelten - statt GDP oder aggregierter Daten industrieller Produktion - dann käme sicher ein hohes Niveau heraus, ähnlich den 1930er und 1980er Jahren. Aber wir haben natürlich keine offiziellen statistischen Daten über die Arbeitslosigkeit in England für die 1830er Jahre. Wir haben allerdings Daten für bestimmte Städte und Distrikte aus den Kernzonen der industriellen Revolution in Lancashire und Yorkshire (Hobsbawm, 1957). Diese weisen bis zu 20 oder gar 30 Prozent Arbeitslose in einigen Gegenden aus. Im übrigen gibt es für die Koexistenz von wirtschaftlichem Gesamtwachstum und hoher Arbeitslosigkeit (heute würde man von "jobless growth" sprechen) eine einfache Erklärung. Die industrielle Revolution in England basierte ursprünglich auf dem Umstieg von einem System der "cottage"-Werkstätten - Spinnereien, Webereien, Klöppeleien, usw. - auf Fabrikproduktion. Die Arbeitsproduktivität in den neuen Fabriken überstieg diejenige der "cottage-Werkstätten um ein Vielfaches [Übersicht 3]. Es war also leicht möglich, daß die Industrieproduktion insgesamt wuchs [Übersicht 4] Hand in Hand mit eindrucksvoller Arbeitslosigkeit der ruinierten Handweber und cottage-Spinner. In den späten 1830er und frühern 1840er Jahren wurden 10 Prozent der britischen Bevölkerung als "paupers" (Arme) erfaßt. Das neue "Poor Law" (Armenrecht) wurde eigens eingeführt, um diesem massiven Arbeitslosenproblem zu begegnen. Wenn wir die Langen Wellen als Abfolge qualitativer Transformationen im Wirtschafts- und Sozialsystem ansehen und nicht nur als rein statistisches Phänomen sich abwechselnder Perioden schnelleren und langsameren Wachstums einiger aggregierter Indikatoren, sollte die Aufmerksamkeit auf den Verlust hergebrachter Qualifikationen und Beschäftigungen und auf die Zunahme neuer Beschäftigungen gelenkt werden. Das hat offenkun-

1 Erste britische Arbeiterbewegung zur Reform des Parlaments (1838 unter Führung des Londoner Radikalen William Lovett). Christopher Freeman: Lange Wellen und Arbeitslosigkeit In: Hans Thomas/Leo A. Nefiodow (Hg). Kondratieffs Zyklen der Wirtschaft. Busse Seewald, Herford 1998 ( LINDENTHAL-INSTITUT / Intern. Fachtagung Köln 1996), S. 121-153

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dig etwas mit neuen Investitionen zu tun. Seit Beginn der industriellen Revolution brachte das Auf und Ab von Neuinvestitionen - an sich, dem Umfang nach, und was die Richtung betrifft - immer die Möglichkeit eines ernsthaften Auseinanderdriftens mit der Zahl und Qualifikation verfügbarer Arbeitskräfte mit sich. Daß solche Scherenprobleme entstehen konnten, haben die Größten unter den klassischen Ökonomen klar gesehen, so David Ricardo (1821) in seinem berühmten Kapitel "On Machinery" in "The Principles of Political Economy and Taxation". Die meisten Ökonomen zu jener Zeit und die meisten orthodoxen Ökonomen seitdem neigten dazu, die erste Fassung dieses Kapitels für eine Verirrung zu halten, und verwiesen darauf, daß Ricardo selbst in späteren Ausgaben der "Principles" den Text umgeschrieben hat. Ich plädiere dafür, daß es keine Verirrung war, sondern innerhalb des klassischen Rahmens die erste sehr bedeutende Einsicht darin war, daß die durch technischen Wandel verdrängten Arbeiter nicht notwendigerweise schnell und leicht eine neue Beschäftigung finden würden. Nach dieser kurzen Einführung soll im zweiten Teil meiner Ausführungen verfolgt werden, was die verschiedenen ökonomischen Denkschulen zur wechselseitigen Substitution von Kapital und Arbeit, zu den Folgen neuer Investitionen für die Beschäftigung und zu dem gesagt haben, was heute "strukturelle Arbeitslosigkeit" heißt. Im dritten Teil soll dann eine neo-Schumpertersche Theorie der Langen Wellen und der Arbeitslosigkeit vorgestellt werden, die sich auf die Arbeiten von Carlota Perez (1983, 1996) stützt. Teil vier geht dann schließlich der Frage nach, welche Perspektiven für neue Beschäftigungen in Europa diese Theorie für die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts erkennen läßt.

Theorien über Investition und Arbeitslosigkeit Mit folgendem Satz sorgte Ricardo in der Debatte für Furore: "... die in der Arbeiterklasse kursierende Meinung, daß der Maschineneinsatz häufig ihren Interessen zuwiderläuft, gründet nicht auf Vorurteil und Irrtum, läßt sich aber einfügen in die korrekten Grundsätze politischer Ökonomie." (ebd., 392). Nach Paul David (1982) ist Ricardos Auffassung, die Einführung arbeitssparender Maschinenparks könne zum Schaden der Arbeiter sein, entscheidend bestimmt von der Einsicht, daß die Kompensationsmechanismen (denen gemäß neue Beschäftigungen den Verlust der alten stets kompensieren würden) nur mit erheblicher Zeitverzögerung greifen. Die neuen Beschäftigungen gebe es womöglich nicht in der gleichen Industrie oder am

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gleichen Ort, und sie verlangten vielleicht auch andere Fertigkeiten. Ricardo untersuchte diese Möglichkeiten struktureller Anpassungsprobleme nicht weiter, beschränkte sich vielmehr auf einen Fall angebotsseitigen Marktzwangs. (supply-side constraints). Weniger orthodoxe Ökonomen wie Steuart hatten selbstverständlich lange zuvor die Möglichkeiten längerdauernder hoher Arbeitslosigkeit eingeräumt, aber die mainstream-Theorie fiel nach dieser Episode zurück in eine Art selbstgefälliger Akzeptanz des Sayschen Gesetzes.2 Diese Selbstgefälligkeit wurde verstärkt durch Marshalls Prinzip 3 wechselseitiger Substitution von Arbeit und Kapital, nach dem Unternehmer immer auf die bestmögliche Kombination von Arbeit und Kapital aus sind, mit Blick auf das Verhältnis zwischen Zinsbelastung und Reallohn. Dessen Flexibilität schließe die Möglichkeit von Langzeit-Massenarbeitslosigkeit aus. Diese selbstgefällige Betrachtungsweise begegnete der Herausforderung einerseits durch die empirische Evidenz, daß über Technikeinsatz frei entschieden werden kann, andererseits durch eine Reihe heterodoxer Ökonomen vor allem Keynes, aber auch Strukturalisten und Marxisten. Keynes war entsetzt über die hohen Arbeitslosenzahlen in den 1920er und 30er Jahren und die Selbstgefälligkeit der Ökonomen angesichts dieses Sachverhalts. Die Schule von Keynes läßt sich am besten durch ihre Einsicht kennzeichnen, daß "Gleichgewicht" nicht notwendigerweise Vollbeschäftigung einschließt. In seinem Essay "The End of Laissez-Faire" (1931) und noch entschiedener in seiner Rundfunkansprache von 1934 ließ er kaum noch einen Zweifel daran, daß er den Begriff eines automatischen Regelungsmechanismus, der durch sinkende Lohnkosten für Vollbeschäftigung sorgt, zurückwies. Er sagte: "Auf der einen Seite stehen die, welche glauben, daß das herrschende ökonomische System, langfristig betrachtet, ein Selbstregelungsmechanismus ist, wenn auch einer mit Knarren, Ächzen und Rucken, zudem durch Zeitverschiebungen unterbrochen, unabhängig von Einflußnahmen und Fehlern (..). Am anderen Ufer stehen die, welche die Vorstellung verwerfen, das herrschende ökonomische System regle sich in irgendeinem relevanten Sinne selbst (..). Ich reihe mich bei den Häretikern ein." Keynes zeigte kein explizites Interesse für Lange Wellen. Schumpeter kritisierte ihn heftig, weil er seine Analysen völlig auf die kürzeren Wirtschaftszyklen beschränkte. Allerdings übernahm Keynes 1930 in seinen "Treatise on Money" tatsächlich Schumpeters Idee, daß Wellen technischer Innovation zu den Hauptbestimmungsfaktoren des Investitionsverhaltens gehören, wobei die Zinsrate eine beliebige Rolle spielt. Er schreibt:

2 Jean Baptiste SAY, 1767-1832, frz. Ökonom. Sein Marktgesetz postulierte, daß das Angebot die Nachfrage schafft. 3 Alfred MARSHALL, 1842-1924, Mitbegründer der brit. neoklassischen Ökonomie. Christopher Freeman: Lange Wellen und Arbeitslosigkeit In: Hans Thomas/Leo A. Nefiodow (Hg). Kondratieffs Zyklen der Wirtschaft. Busse Seewald, Herford 1998 ( LINDENTHAL-INSTITUT / Intern. Fachtagung Köln 1996), S. 121-153

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"Bei festgelegtem Kapital (in the case of fixed capital) ist es leicht verständlich, wieso es zu Schwankungen bei den Investitionsraten kommt. Es sind die Gewinnerwartungen, die Unternehmer veranlassen oder abschrecken, auf die Produktion von Anlagekapital (on the production of fixed capital) zu setzen. Abgesehen von den vielen unerheblichen Gründen, warum diese Erwartungen in einer sich wandelnden Welt schwanken mögen, kann Professor Schumpeters Erklärung der größeren Bewegungen vorbehaltlos zugestimmt werden." (Treatise, Bd. 2, S. 86). Leider hat Keynes diesen Denkansatz nicht weiter verfolgt. Hätte er es getan, wäre seine höchst originelle Theorie über Investitionsverhalten gewiß über die kurzen Juglar-Wirtschaftszyklen4 hinaus erweitert worden. Zu Recht verwies Keynes auf die Unmöglichkeit genauer mathematischer Berechnung zukünftigen Wiedereinspielens (return) innovativer Investitionen und auf die Rolle des Vertrauens und den "Riecher" im Wirtschaftsverhalten. Dazu schrieb er noch Siegenthaler 1986: "Zutrauen gewinnen Akteure aufgrund positiven Wissens, nicht aufgrund von Maßnahmen, die zu objektiv überlegenen Prognosemethoden führen, nicht als Ergebnis individueller Optimierungsstrategien bei der Auswahl und im Umgang mit Informationen (..), vielmehr gewinnen sie eben Zutrauen trotz aller Ungewißheit". Nach Schumpeters Theorie gründet dieses Vertrauen in Wellen technischen Wandels. Unternehmer und Investoren wittern viele neue Gewinnchancen aus wachsenden neuen Industrien. Erst wenn die Räder im großen Stil zu rollen beginnen, entwickelt sich ein Klima allgemeinen Zutrauens und der Aufschwung einer Langen Welle. Wie schon gesagt, hat Keynes Schumpeters Vorstellung vom Einfluß technischen Wandels auf das Investitionsverhalten unzweideutig akzeptiert, ihr aber keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt. Für diese Fehlleistung mag es viele Gründe geben, ganz abgesehen von Keynes Inanspruchnahme durch viele andere Sorgen, die ihn bedrückten. Es mag wohl sein, daß Schumpeters Buch "Business Cycles" (1939) ihn nicht zufriedenstellte. Daß Schumpeter in seiner Zeitschrift Keynes "General Theory" (1936) heftig attackierte, dürfte auch nicht hilfreich gewesen sein. Unter der Vielzahl von Problemen, die in Schumpeters Theorie nicht hinreichend behandelt waren, gab es einige, auf die schon Kuznets (1940) die Aufmerksamkeit lenkte. Andere kamen erst in der dann einsetzenden Debatte zur Ansicht. Einige dieser Probleme betreffen Schumpeters Innovationsbegriff, andere umfassendere Fragen, zum Beispiel den oberen und unteren Wendepunkt des Zyklus. Solange niemand es unternahm, Schumpeters zwei Hauptthesen über Innovationen - ungleichmäßige Streuung und ungleichmäßiges Auftreten; Tendenz zur Bündelung - entgegenzutreten, gab es keine wirkliche Erklärung, welche Innovationen oder Innovationsbündel denn einflußreich genug sein könnten, um langfristige Schwankungen in der Weltwirtschaft auszulösen. Dem soll das

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nächste Kapitel gewidmet sein. Die Diskussion diesbezüglich konzentriert sich zuerst auf die oberen und unteren Wendepunkte bei Langen Wellen und auf die Rolle von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit. Die wenigsten Ökonomen haben Probleme mit Schumpeters Vorstellung, daß die Erosion der Gewinnmargen ein Resultat der Diffusion von Innovationen und des damit verbundenen Wettbewerbsdrucks ist, der von neuen, auf einer Woge der Volksgunst reitenden Mitbewerbern ausgeht. Es gibt da aber ein Problem des "timings" solcher Erosion. Sie kann für verschiedene Produkte und Dienstleistungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten auftreten. Um einen quer durch die Wirtschaft reichenden allgemeinen Effekt auf die Gewinnlage zu bekommen, wie das in einigen Lange-Wellen-Theorien - Schumpeters eigene Theorie eingeschlossen - postuliert wird, müssen noch andere Faktoren hinzukommen, die zu berücksichtigen wären. Viele, ja tatsächlich fast alle Ökonomen verweisen auf die Tendenz zu steigenden Ressourcenpreisen in Zeiten des Booms, egal, ob in kurzen oder langen Zyklen. Bei den Lange-Wellen-Theoretikern haben einige ihre Theorien auf alternierende Perioden steigender und fallender Materialpreise gestützt (Rostow, 1978; Volland, 1987). Es ist natürlich kein Geheimnis, daß steigende Ressourcenpreise, ob es sich nun um Materialpreise, Lohn- oder Kapitalkosten handelt, Druck auf Gewinnmargen ausüben. Während aber Kondratieff selbst wie ebenso auch Van Gelderen, Dupriez und Schumpeter vor allem mit Nachdruck die Rolle von Langzeitschwankungen bei Zinsraten und Konsumgüterpreisen betonen, legt Salvati (1985) eine Erklärung vor, die vor allem auf den Lohnkosten gründet. Zur Entwicklung seiner Theorie stützt er sich auf zwei Hauptquellen: Kaleckis (1943) brilliante Antizipation der lange andauernden sozialen und politischen Nachkriegsauswirkungen der Vollbeschäftigung und PhelpsBrowns (1975) "non-monetarist view of the pay explosion" (nicht-monetaristische Sicht der ZahlungsExplosion). Zwar kritisiert er, Kalecki unterschätze die lange Zeitdauer, die nötig sei, bis Arbeiter und Unternehmer ihr Verhalten jeweils den Bedingungen der Vollbeschäftigung oder auch der Massenarbeitslosigkeit angepaßt hätten, erkannte aber an, daß Kalecki ein Kernproblem Keynes'scher Vollbeschäftigungspolitik in der Nachkriegswelt vorausgesehen habe. Mit zunehmender Dauer der Vollbeschäftigung würden Arbeiter und Gewerkschaften schrittweise gewahr, daß unter diesen Umständen ihre Verhandlungsposition nun viel stärker sei. Während die ältere Generation der Gewerkschaftsführer, noch eingedenk der Arbeitslosigkeit und ihrer daher gewohnt bescheidenen Forderungen, die Vorteile der neuen Lage kaum ausschöpften, würde eine jüngere Generation kaum zögern, dies zu tun - mit oder ohne Gewerkschaften. Kalecki argumentierte, daß in einer kapitalistischen Gesellschaft sowohl die Bewahrung von Arbeitsdisziplin als auch die Meidung lohntreibender Inflation von Zeiten der Arbeitslosigkeit abhängt. In den 1950er und 60er Jahren erreichte dann dank Keynes'scher Politik die Beschäftigung ein hohes Niveau. Es wurde nun aber als 4 Konjunkturzyklen von 8-10 Jahren. Christopher Freeman: Lange Wellen und Arbeitslosigkeit In: Hans Thomas/Leo A. Nefiodow (Hg). Kondratieffs Zyklen der Wirtschaft. Busse Seewald, Herford 1998 ( LINDENTHAL-INSTITUT / Intern. Fachtagung Köln 1996), S. 121-153

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wesentlich erachtet, Methoden zu finden, um Lohn- und Kostensteigerungen im Zaum zu halten, d.h. "Lohnpolitik" zu betreiben. Auch wenn sich die entsprechenden Bemühungen in einigen Ländern über geraume Zeit einigermaßen bewährten, erwiesen sie sich doch stets als irgendwie zerbrechlich und als Gegenstand harter politischer Auseinandersetzung. So schreibt Salvati voller Einfühlung: "Der Grad normativer Achtung vor den grundlegenden Spielregeln kapitalistischer Gesellschaften - oder, mit anderen Worten, der Grad ideologischer Führung, die dominante Klassen oder Regierungseliten auszuüben vermögen liegt nicht fest und kann bedrohlich sein." Die einleuchtenden Erkenntnisse von Phelps-Brown dienten Salvati zur Abstützung seiner Sicht: Die Reaktion einer militanten Arbeiterklasse auf Bedingungen der Vollbeschäftigung kommt, wenn überhaupt, erst im Zuge eines Langzeit-Zyklus zur Geltung, nicht aber im Rahmen eines kurzfristigen Konjunktur-Zyklus. PhelpsBrown zog eine Analogie zwischen der Welle aggressiver Lohnforderungen vor dem Ersten Weltkrieg und in den 20er Jahren und derjenigen, etwa ein halbes Jahrhundert später, in den späten 60er und frühen 70er Jahren. Es sei das Kleben der Erwartungshaltungen und Einstellungen an Vergangenem, die organisatorische Trägheit und der erforderliche Generationswechsel, betonte er, was den langen Zeitverzug und das LangzyklusMuster in den Verhaltensänderungen im industriellen Beziehungsgeflecht erkläre. Nicht unähnlich schätzte es das Kieler Institut für Weltwirtschaft in seiner Abhandlung über die zur Zeit der Weimarer Republik und heute analogen Wohlfahrtsausgaben ein (Glismann, Rodemer und Wolter, 1978). Hinzuzufügen wäre noch Manfred Neumanns (1990) subtiler Aufweis der Folgen des Generationswechsels auf unternehmerisches Verhalten (Buddenbrooks-Phänomen). Diese Interpretationen einiger sozialer und wirtschaftlicher Folgen der Vollbeschäftigung im Sinne einer LangeWellen-Wirkung paßt mit denen anderer Lange-Wellen-Modelle wie derjenigen von Goodwin (1985) und Korpinen (1985) gut zusammen. Auf der Höhe der fetten Jahre, das haben sie vor Augen, herrschte eine Tendenz zu schnelleren Lohn- als Produktivitätssteigerungen, die die Gewinne drückten und die Investitionen bremsten, so daß es in der Wirtschaft zum Abschwung kommt und die Arbeitslosigkeit steigt. Das Nachlassen des Produktivitätszuwachses und die Erosion der Gewinnmöglichkeiten läßt sich vielleicht teilweise auch erklären mit dem Wolfschen Gesetz (fallende Erträge aus wichtigeren Innovationen) und den von Gerhard Mensch (1995) und Alfred Kleinknecht (1987) vermuteten Tendenzen, gegen Ende eines LangeWellen-Aufschwungs die "Schein-Innovationen" der Produktdifferenzierung durch wirkliche Innovationen zu ersetzen. Insoweit wurde vorgetragen, daß beim Übergang von Hochkonjunkturzeiten zur Rezession die Arbeitsverhältnisse und der Zustand des Arbeitsmarktes eine wichtige Rolle spielen können. Ein weit komplexeres

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Problem bietet der Einfluß hoher Arbeitslosigkeit auf den unteren Wendepunkt einer Langen Welle. "Eine Reformulierung der Marx-Schumpeterschen Vision (..) bedeutet", wie Goodwin feststellte, "die Idee zu akzeptieren, daß ein dem Wirtschaftsprozeß im engeren Sinne exogenes Sozialgeschehen eine entscheidende Rolle spielt (...). Durch die innere Dynamik des Systems treibt die Verflechtung mit der Technologie die Wirtschaft zu Expansion, Über-Expansion, Kollaps und dann Wiederbelebung. So wird der an sich nicht notwendigerweise zyklische historische Ablauf in ein rhythmisches Muster umgeformt - sowohl in einen Zehnjahres- als auch in den längeren Fünfzigjahresrhythmus." Am unteren Wendepunkt werden die Gewinnchancen wiederhergestellt und eine neue Investitionswelle angestoßen letztlich durch eine Kombination von neuer Technologie, institutionellem Wandel, Niedrigzinsen und Lohnzurückhaltung. Die neuen Investitionswellen bringen dann neue Wachstumssektoren zum Durchbruch, transformieren die alten und etablieren eine neue Infrastruktur von Kommunikationsnetzen und Energiesystemen [Übersicht 5]. Nun ereignen sich allerdings die großen Investitionswellen nicht von ganz allein. Sie hängen vielmehr - wenigstens teilweise - von institutionellen Veränderungen ab.5 Übersicht 5 illustriert die Zugehörigkeit bestimmter institutioneller Wandlungen in der wissenschaftlichen und technischen Infrastruktur zu jeder Langen Welle.

Eine Neo-Schumpetersche 6 Theorie der Langen Wellen und der Arbeitslosigkeit Einer der Haupteinwände gegen Wirtschafts-Zyklen trug Simon Kuznets 1940 vor. Er monierte, daß Schumpeter nicht wirklich verdeutlicht habe, wie denn eine einzelne Innovation oder ein Innovationsbündel überhaupt so groß sein könne, daß dadurch Langzeit-Schwankungen quer durch die Wirtschaft in Gang kommen sollen. Schon 1948 trat dieser Kritik der kanadische Ökonom Keirstead ein Stückweit entgegen in seiner Darstellung Schumpeterscher Analyse. Er wies in vielen Innovationsbündeln ("Konstellationen") sowohl ökonomische wie technologische Verflechungen nach. Nelson und Winter (1977) griffen das Argument auf und führten es weiter. Ihr Begriff "technological trajectories" (technische Entwicklungsbahnen) umfaßt ausgedehnte Zeiträume und zahlreiche Innovationen. Auch wenn sie ihren Gedanken der "generalised natural trajectories" (verallgemeinerte natürliche Entwicklungsbahnen) weder ausarbeiteten noch mit Langen Wellen in Zusammenhang brachten, erkannten sie in der Mechanisierung, Elektrifizierung und Serienfertigung Phänomene mit sehr langfristigen wirtschaftlichen Folgen. Giovanni Dosi (1982) prägte, hierauf aufbauend, den Begriff "technologische

5 Die Gründe hierfür sind Gegenstand anderer Beiträge dieses Bandes, u.a. von Perez. 6 "Neo-Schumpetersche Theorie" meint hier ausschließlich eine Theorie, welche der Entwicklung und dem technischen Wandel eine zentrale Rolle in der Untersuchung einräumt, und bedeutet keine weitergehende Übernahme anderer Elemente aus Schumpeters Theorie (vgl. FREEMAN, 1994). Christopher Freeman: Lange Wellen und Arbeitslosigkeit In: Hans Thomas/Leo A. Nefiodow (Hg). Kondratieffs Zyklen der Wirtschaft. Busse Seewald, Herford 1998 ( LINDENTHAL-INSTITUT / Intern. Fachtagung Köln 1996), S. 121-153

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Paradigmen", während Freeman, Clark und Soete (1982) den Gedanken "neuer Technologiesysteme" entwikkelten, der den meisten Technologiehistorikern geläufig ist. Sie verwiesen auf die Tatsache, daß neue Technologien zahlreiche Konsumgüter- und Materialinnovationen mit Innovationen bei Investitionsgütern verbinden. Solch "technologische Systeme" brauchten zu ihrer Entwicklung und Durchsetzung nicht wenige Jahre, sondern eher Jahrzehnte. Damit lieferten sie eine mögliche Erklärung für Lange-Wellen-Schwankungen. Schließlich blieb es aber Carlota Perez (1983) vorbehalten, über alle diese fragmentarischen und embryonalen Näherungsversuche hinaus zu ihren umfassenden "techno-ökonomischen Paradigmen" vorzustoßen. Sie wies darauf hin, daß Veränderungen wie dampfgetriebene Mechanisierung, Elektrifizierung, Massenproduktion oder Computerisierung kaum einen Wirtschaftssektor unberührt ließen und nicht nur gerade einmal diese oder jene Leitindustrie angingen. Sie zwangen außerdem zu einem neuen Managementstil. Um die Anwendungsvielfalt der neuen Techniken auszuschöpfen, bedurfte es organisatorischer Erneuerungen. Es handelte sich eben nicht nur um ein Bündel unscheinbarer Innovationen in jedem einzelnen Sektor, sondern um ein überall durchschlagendes Geflecht von Innovationen, das über einen ansehnlichen Zeitraum gereift war. Ihr Begriff entspricht nicht genau den "generalised natural trajectories" von Nelson und Winter. Hat sich eine solche Entwicklungsbahn erst einmal als Einflußmacht auf Ingenieure, Planer und Manager etabliert, kann sie für mehrere Jahrzehnte die technologische Vorherrschaft übernehmen, die alles andere geradezu ausschließt. Ein neues techno-ökonomisches Paradigma entwickelt sich zunächst innerhalb des alten und zeigt seine entscheidenden technischen und wirtschaftlichen Vorteile bereits, wenn der noch herrschende Kondratieff-Zyklus in die Niedergang-Phase gerät. Zum vorherrschenden Paradigma wird er allerdings erst, nachdem sich eine Strukturanpassungskrise hinzieht. Denn zahlreiche gesellschaftliche und ökonomische Institutionen sind noch auf das zuvor herrschende Paradigma zugeschnitten. So lieferte Perez eine Erklärung für die von Schumpeter als "pathologisch" beschriebenen Erscheinungen der Depressionsphase der Langen Welle. Außerdem gab sie einen der Hauptgründe an für die Fortdauer hoher Arbeitslosigkeit während der Periode der Strukturanpassung. Die beschäftigungswirksamen Effekte der Investitionen in den neuen Tätigkeitsfeldern sind noch nicht stark genug, um einen Konjunkturaufschwung auszulösen, während andererseits die zur Kostensenkung und Gewinnwahrung Arbeit freisetzenden Bemühungen der Unternehmen munter weitergehen. Perez brachte auch eine wesentliche ökonomische und technische Verflechtung zur Sprache, diejenige, welche ein Bündel von Innovationen zu dem macht, was sie als "key-factors" (Schlüsselfaktoren) jeder Folgewelle bezeichnet [Übersicht 6]. Ein Schlüsselfaktor genügt - nach Perez - folgenden Kriterien: 1.

Eindeutig wahrgenommene schnelle Kostensenkung. Gemäß Rosenberg (1978), Atkinson und Stiglitz

(1969) und anderen reagieren Ingenieure und Manager oft nicht auf geringfügige Änderung relativer Kosten, Christopher Freeman: Lange Wellen und Arbeitslosigkeit In: Hans Thomas/Leo A. Nefiodow (Hg). Kondratieffs Zyklen der Wirtschaft. Busse Seewald, Herford 1998 ( LINDENTHAL-INSTITUT / Intern. Fachtagung Köln 1996), S. 121-153

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weil sie sie für vorübergehend und umkehrbar halten mögen, aber stärkere, andauernde Trends verändern das Investitionsverhalten, die Planungsziele und die Innovationsrichtung. Nicht mehr nur "retro-fitting", die Verbesserung der alten, sondern neue Anlagen, Materialien und Energien treten in den Blick. 2.

Offenkundig nahezu unbegrenzte Ressourcen. Investitionsentscheidungen für Neues bedürfen eines

gewissen Vertrauens, daß Zulieferungen in Zukunft nicht plötzlich ausbleiben. 3.

Weitgestreute Anwendungsmöglichkeiten in neuen (und alten) Bereichen quer durch die Wirtschaft,

sei es direkt oder indirekt im Rahmen multipler Innovationen, mit denen man Kosten spart und die Qualität von Anlagegütern und anderen inputs steigert. Als Beispiel seien die zahllosen neuen Einsatzmöglichkeiten von Stahl und Stahllegierungen genannt, als nach 1880 [Übersicht 7] Stahl ein billiges und überall vorhandenes Material wurde. Das gleiche gilt für die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten der Mikroelektronik seit 1980. Die Schlüsselfaktoren bilden sowohl den ökonomischen wie technologischen "Kitt", der ein Technologiebündel zusammenhält. Die Preise für bestimmte Schlüsselfaktoren fielen nicht selten um Größenordnungen [vgl. Übersichten 3,7,8], im gegenwärtigen Fall der Mikroelektronik sogar um mehrere Größenordnungen. Ein solches Zusammengehen von neuen technischen Anwendungen und Qualitäten mit drastisch sinkenden Kosten ist der Motor, mit dem ein neues techno-ökonomisches Paradigma überallhin vordringt. Das ist bei der Computerisierung überdeutlich [Übersicht 9].

Neue technologische Paradigmen und Beschäftigung In der Aufschwungphase jeder Langen Welle geht die Schaffung neuer Arbeitsplätze Hand in Hand mit der Expansion des Investitionsgütersektors und der betreffenden Herstellerleistungen. Diese Leistungen dürften, selbst wenn das allgemeine Wachstum noch langsam ist, im Rahmen der gegenwärtigen technologischen Revolution von besonderer Wichtigkeit sein [Übersicht 9] und machen bereits eine der wenigen Wachstumsbranchen für Beschäftigung aus. Kommt der Aufschwung erst in Gang, löst eine Welle neuer Investitionen ein Wachstum der Beschäftigungen auf vielen anderen Tätigkeitsfeldern aus. Die alten, überholten Anlagen werden ersetzt und herauskommt eine neue Art von Gütern und Dienstleistungen. Historisch hat das stets zu Perioden stärkster Nachfrage nach Arbeitskräften mit neuen Beschäftigungen geführt, weit hinaus über den Ersatz durch technische Arbeitseinsparung verlorener Arbeitsplätze. Man hat geschätzt, daß in England vor dem "crash" von 1873 die Arbeitslosigkeit unter 1% gesunken war. Die Nachfrage nach

Christopher Freeman: Lange Wellen und Arbeitslosigkeit In: Hans Thomas/Leo A. Nefiodow (Hg). Kondratieffs Zyklen der Wirtschaft. Busse Seewald, Herford 1998 ( LINDENTHAL-INSTITUT / Intern. Fachtagung Köln 1996), S. 121-153

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Arbeit war in den damals sich industrialisierenden Ländern - einschließlich USA und Deutschland, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts den Stab technologischer Vorherrschaft von England übernahmen - sogar noch größer. Millionen von Immigranten wurden in beiden Ländern beschäftigt, sowohl während der Hochkonjunktur vor 1914 als auch wieder im Zuge des Aufschwungs in den 1950er und 60er Jahren. Eine solche Periode des Wachstums mit Vollbeschäftigung mag derzeit, besonders in Europa, weit weg erscheinen. Es gibt keinerlei Gewähr für eine solche Rückkehr zur Vollbeschäftigung. Sie hängt ab von einem Flechtwerk technischen und institutionellen Wandels, der per definitionem in jeder Langen Welle verschieden ist. Schumpeter hat zu Recht die Einzigartigkeit jeder Langen Welle betont. Wer hingegen an einen Automatismus systemischer Selbstanpassung glaubt oder auf Keynessche Politikmodelle vertraut, für den mag es vergleichsweise gleichgültig sein, welche genau die jeweils neuen Technologien, die neuen Sektoren mit schnellem Wachsstum und die neu geforderten Qualifikationen und Infrastrukturen sind. Für neo-Schumpetersche Theorien spielt das aber gerade eine sehr große Rolle, denn hier muß alle Politik darauf gerichtet sein, den Prozeß technischen und institutionellen Wandels zu fördern. Das neue informations- und kommunikationstechnologische Paradigma hat ganz klar viele neue und einzigartige Elemente. Dazu gehören etwa die Software-Dienstleistungen mit hoher Beschäftigungsrate. Schätzungen des US-Bureau of Labour Statistics, die das zukünftige Beschäftigungswachstum bis zum Jahr 2005 betreffen [Übersicht 10], weisen als schnell wachsende Beschäftigungsfelder drei Kategorien aus: 1.

Unmittelbar mit der Computerisierung verbundene Beschäftigungen: Software, Systemplanung, Da-

tenverarbeitung, usw. 2.

Persönliche, soziale und ökologische Dienstleistungen: Gesundheit, Kinderbetreuung, Freizeit, Um-

weltverbesserungen. 3.

Bildung und Ausbildung.

Die erste und dritte Kategorie hängen eng zusammen insofern, als die Curricula jeder Disziplin, jeder Kurs, ja alle Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen neu gestaltet werden müssen, um das enorme neue ICT (information-communication-technology)-Potential zu berücksichtigen und für die Lern- und Lehrprozesse zu nutzen. Hier liegt sicher ein Gebiet, auf dem in Europa die Politik manches Beschäftigungswachstum im Publikationswesen, im Software- und Kommunikationsbereich wie auch im Bildungswesen selbst anstoßen könnte. So jedenfalls stellt es der EU-Report von 1996 "Constructing the Information Society for Us All" fest.

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Im allgemeinen ist jedoch die Position europäischer Industrien und Dienstleistungsanbieter ziemlich schwach, wenn man sie mit unseren Hauptkonkurrenten USA und Japan vergleicht. Am Gesamtaufkommen der Trias USA, Japan und EU entfällt auf die EU ein recht kleiner Anteil, insbesondere was die wachstumsstärksten Industrien und Dienstleistungsbereiche anbelangt, die sich auf Informationstechnologie stützen (vgl. den oberen linken Quadranten in Fig. 2). Dagegen ist Europa relativ stark in den langsam wachsenden Fertigungsbereichen (vgl. den unten rechten Quadranten in Fig. 2). Noch bemerkenswerter als die Leistungen der USA und Japans bei der Arbeitsbeschaffung und im Ausstoß informationstechnologischer Industrien und Dienstleister sind die der ostasiatischen "Tiger" (in Fig. 3 als "EA" - East Asian Economies - bezeichnet). Diese Wirtschaften haben als die weltweit einzigen tatsächlich während der 80er und 90er Jahre so etwas wie Keynes-sche Vollbeschäftigung geschafft (unter 3% Arbeitslosigkeit), während der Rest der Welt mit schweren wirtschaftlichen Problemen rang. Nimmt man die Struktur der EAMarktangebote und Exporte unter die Lupe, findet man eine hohe Konzentration bei Büromaschien, Telekommunikationsausstattung, elektronischen Konsumgütern und Teilprodukten. In den 80er und 90er Jahren wiesen ihre Exporte einen Anteil von 25 bis 30 Prozent auf diesen Gebieten aus - gegenüber 5 oder 6 Prozent bei den meisten europäischen Ländern und noch weniger bei den meisten anderen Entwicklungsländern. Für diesen bemerkenswerten Erfolg Ostasiens gibt es viele Gründe. Einer davon dürfte gewiß in der Meisterschaft liegen, mit der sie sich auf diese wachstumsstarken Sektoren gestürzt haben. Die Exporte von ICT-Ausstattungen sind über die letzten zwanzig Jahre doppelt so schnell gestiegen wie der Güterexport im allgemeinen. (Freeman und Soete, 1994). Viele EU-Berichte haben den Finger auf die Wunde der relativen Schwäche Europas auf verschiedenen Gebieten der Informations- und Kommunikationstechnologie gelegt. Zugleich haben sie auf einige Gebiete verwiesen, auf denen Europa vergleichsweise stark ist. Es wäre aber verfehlt, die europäischen Beschäftigungsprobleme vollständig auf seine Schwäche im ICT-Bereich zurückzuführen. Andere wesentliche Ursachen waren ungenügende Investitionen und im Vergleich überhöhte Lohnkosten. Die Liberalisierung der Kapitalmärkte weltweit hat zu einem Rückschlag bei Investitionen geführt, der auf diese Wettbewerbsnachteile zurückzuführen ist. Es mag deshalb als höchst pervers erscheinen, was wir in unserem Bericht an die EU zu "Constructing the Information Society" (EC 1996) getan haben, nämlich eine neue Steuer vorzuschlagen, zudem eine Steuer auf die Nutzung des Internet und anderer Digital-Netzwerke - ein gewichtiger Vorschlag an die Politik. Zwar haben wir in Wirklichkeit nicht die Einführung einer solchen Steuer angeregt, aber doch, diese Möglichkeit zu studieren. Gleichwohl hat die noch so rücksichtsvoll vorgetragene Einladung unmittelbar eine Lawine feindseliger Kritik ausgelöst. Wie von unserem Gruppensprecher Luc Soete in seiner mit Karen Kemp (1996) veröffentlichChristopher Freeman: Lange Wellen und Arbeitslosigkeit In: Hans Thomas/Leo A. Nefiodow (Hg). Kondratieffs Zyklen der Wirtschaft. Busse Seewald, Herford 1998 ( LINDENTHAL-INSTITUT / Intern. Fachtagung Köln 1996), S. 121-153

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ten Arbeit "The Bit Tax: the Case for Further Research" dargelegt, beruhte die meiste Kritik auf schlechter Information. Die Gründe für eine ernsthafte Prüfung des Vorschlags im Rahmen der Lange-Wellen- und Beschäftigungsproblematik in Europa lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Der allgemeine politische Druck, die Steuern zu senken, hat einen Investitionsmangel in für die fernere Zukunft lebenswichtigen Bereichen zur Folge, so im Bereich Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologie in Bildung und Ausbildung sowie in einigen Sozialdiensten. Schnitte bei den öffentlichen Ausgaben, um den Maastricht-Kriterien zu genügen, können diese Probleme vertiefen. Verstärkt werden sie außerdem durch Steuermindereinnahmen in Folge des Strukturwandels in der Wirtschaft. Newman (1995) schätzt die Gebühreneinnahmensverluste bei den Postdienst-Gesellschaften in den USA aufgrund Internet-Nutzung auf über 3 Milliarden Dollar. Die Probleme in Europa sind andere wegen des VAT-Systems, (Rückfrage bei Freeman) aber das Abbröckeln der Gebühren ist ähnlich. Die allgemeine Gewichtsverlagerung in der Wirtschaft von Waren zu Dienstleistungen ruft solche Probleme zunehmend auf den Plan. Die steuerlichen Grundlagen jeder Gesellschaft müssen der sich wandelnden Wirtschaftsstruktur angepaßt bleiben. 2. Mehrwertsteuer-Systeme sind an die Nutzung von Telekommunikationsdienstleistungen sehr wenig angepaßt. Den Kosten steht kein entsprechender Warenwert gegenüber. Das Problem ist eher vergleichbar mit dem der Autobahnbenutzung. Nutzungsgebühren können vor Ort als Maut oder - in der Zukunft wahrscheinlich aufgrund elektronischer Erfassung der gefahrenen Kilometer erhoben werden. Bei der Nutzung von ICTNetzen liefert die Menge der übertragenen Bits einen Anhaltspunkt für die Nutzungsintensität. Bei Umweltimmissionen liegen die Probleme ähnlich. Seit langem (länger jedenfalls, als es Computer Systeme gibt) besteht ein gewisses Einvernehmen darüber, daß wir es heute mit einem Überangebot an Informationen und einem Mangelangebot an (brauchbarem) Wissen zu tun haben. Das schwerstwiegende Wirtschafts- und Gesellschaftsproblem der "Informationsgesellschaft" besteht darin, wie man Daten und Informationen in nützliches Wissen (und idealerweise in Weisheit) verwandeln kann. Roh-Daten sind in diesem Sinne Rohstoffen vergleichbar, die bearbeitet werden müssen, um brauchbar zu sein. Gegenwärtig gibt es wenige oder gar keine wirtschaftlichen Anreize für einen sparsamen Umgang mit Informationen: für die Übertragung von 1 Byte/Sekunde und 1 Milliarde Bytes/Sekunde ist die Kostendifferenz geradezu Null, kann sogar gegenläufig sein. Unter diesen Umständen sind informationelle Umweltbelastung und Fluten von E-mail-Schund programmiert. Hier nun würde die Einführung einer Bit-Steuer nicht nur keine unerwünschte wirtschaftliche Belastung bedeuten, vielmehr die effiziente Nutzung der Datenautobahnen fördern und Streuprobleme vermeiden. Diese kommenm so gewiß,

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wie früher Gemeinschaftsgrünland überweidet wurde (die sprichwörtliche Tragödie der armen Leute) und gegenwärtig die Übernutzung von 500 Millionen Kraftfahrzeugen weltweit die Umwelt belasten. 3. Die Zwecke, denen die neuen Einnahmen zugeführt werden sollten, die Abgabenhöhen und -befreiungen würden selbstverständlich je nach Land anders sein und von politischen Voraussetzungen abhängen. Einer der ersten, der den Gedanken geäußert hat, war der kanadische Ökonom Arthur Cordell. Er regte eine Abgabe von 0,000001 Cents pro Bit an, entsprechend 1 Cent pro Megabit. Der belgische, für Telekommunikation zuständige Minister hat die Informationsübertragung von und nach Belgien mit jährlich 10 18 Bits angegeben. Legt man Cordells Abgabenhöhe zugrunde und geht man von einer effizienten Erhebung aus, entsprächen die Einnahmen 4 Prozent des Bruttoinlandprodukts (Soete und Kamp 1996). Unsere Arbeitsgruppe zu "Constructing the Information Society" hatte dabei die Probleme des sozialen Ausgleichs und der Schaffung neuer Arbeitsplätze vor Augen. Unser Sprecher Luc Soete schlug deshalb Abgabenbefreiungen für das öffentliche Bildungs- und Gesundheitswesen vor und regte an, die Steuer zur Finanzierung der bisherigen Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zu verwenden. Das wäre ein Beitrag, um ersehnte soziale Ziele zu erreichen: für Unternehmen wäre ein erheblicher Anreiz da, mehr Leute einzustellen, und die notleidenden, aber für den sozialen Zusammenhalt Europas so wesentlichen sozialen Sicherungssysteme könnten endlich die so notwenige zusätzliche Finanzspritze erhalten.

Ausblick Die Senkung der Arbeitslosigkeit und die Sanierung und Besserung der sozialen Sicherung sind stark miteinander verwobene Ziele. Hauptgrund für die gegenwärtige Finanzkrise der Sozialsysteme in den meisten Ländern ist die hohe und andauernde Arbeitslosigkeit. Sie berührt indirekt auch viele andere Sozialdienstleistungen. Die Aussichten auf neue Beschäftigungen in den kommenden Jahrzehnten deuten wohl vornehmlich in Richtung Dienstleistungen, eingeschlossen soziale und persönliche Dienstleistungen, aber auch Informationsdienstleistungen, Bildung und Ausbildung. Öffentliche Investitionen auf diesen Gebieten, Hand in Hand mit institutionellem Wandel, sollten dazu angetan sein, private Investitionen und arbeitsplatzschaffende Initiativen zu mobilisieren, die dann eine neue Lange-Wellen-Konjunktur einleiten. Die Steuerpolitik sollte dem nicht zuwiderlaufen und den klassischen, heute aber zu oft geopferten Auftrag erfüllen, sozial auszugleichen und Erträge umzuverteilen.

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