Kursbuch Kardiologische Elektrophysiologie schnell verstehen – sicher umsetzen Herausgegeben von

Marcus Wieczorek unter Mitarbeit von Reinhard Höltgen Thomas M. Helms

321 Abbildungen 4 Tabellen

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2009 Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 70469 Stuttgart Deutschland Telefon: + 49/(0)711/8931–0 Unsere Homepage: www.thieme.de Printed in Germany Zeichnungen: BITmap Thomas Heinemann, Mannheim Umschlaggestaltung: Thieme Verlagsgruppe Umschlagfoto: MEV Verlag, Augsburg Satz: primustype Hurler GmbH, Notzingen gesetzt in UltraXML Druck: Firmengruppe APPL, aprinta druck, Wemding ISBN 978-3-13-145281-8

IV

1 2 3 4 5 6

Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.

Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Geleitwort

von Prof. Dr. Hein J. J. Wellens In den letzten Jahren haben wir wichtige Fortschritte im Management des Herzpatienten beobachtet. Ein besseres Verständnis der Grundmechanismen der Krankheit und der Rolle der Genetik, Verbesserungen in der Risikostratifikation und ein schnellerer Zugang unserer Patienten zu neuen Behandlungsformen resultierten in einer abnehmenden Mortalität und Morbidität durch Herzkrankheiten in der westlichen Welt. Wie weit sind wir vorangekommen beim Management von Patienten, die an Herzrhythmusstörungen leiden? Leider verlieren wir noch immer eine entscheidende Anzahl von ihnen aufgrund von plötzlichem Herztod mit arrhythmogener Ursache und müssen eine weitere Gruppe von ihnen mit Medikamenten und Apparaten vor lebensbedrohlichen Arrhythmien schützen. Interessanterweise haben wir aber auch ein Stadium erreicht, in dem wir einigen unserer Patienten eine echte Heilung ihrer Arrhythmie anbieten können. Diese Patienten, für die eine echte Heilung ihrer Arrhythmie möglich ist, sind Gegenstand dieses Buches. Diese werden durch Tachykardien charakterisiert, die ihren Ursprung in einem kleinen Teil des Herzmuskels, den sogenannten fokalen Tachykardien, haben oder die auf einem Impuls, der auf einer Leitungsbahn aus vielen, miteinander verbundenen Herzzellen zirkuliert, basieren. Der letztere Typ nennt sich Reentry-Tachykardie. Einige dieser Tachykardien können durch Katheterablation geheilt werden. Um diese Menschen richtig zu behandeln, muss man wissen, wie das 12-Kanal-EKG zu interpretieren ist, das zum Zeitpunkt der Arrhythmie aufgezeichnet worden ist, um den wahrscheinlichsten Ursprungsort oder, im Falle von Reentry-Tachykardie, einen kritischen Teil der

arrhythmischen Leitungsbahn zu identifizieren. Auf diesen ersten Schritt sollte eine intrakardiale Untersuchung folgen, um die Bestimmung des Ursprungs oder die Leitungsbahn der Tachykardie feinzustimmen. Daraufhin kann ein heilender Eingriff durchgeführt werden, bei dem während der Katheterablation Energie angewendet wird. Dieses Buch ist eine gute Anleitung, um dem Leser zu helfen, die klinische Elektrophysiologie zu verstehen, was zur Identifikation des unter einer heilbaren Arrhythmie leidenden Patienten notwendig ist. Um solch eine Tachykardie richtig zu diagnostizieren, wird eine Kombination von extra- und intrakardialen Aufzeichnungen zusammen mit einer programmierten Elektrostimulation des Herzens genutzt. Für den Leser bedeutet das Erlangen dieses Wissens harte Arbeit, es ist aber unabdingbar, um einen sehr befriedigenden heilenden Eingriff richtig auszuführen! Kardiale Kathetermanipulation und der Einsatz von Energie an intrakardialen Stellen sind nicht risikolos. Es ist notwendig zu wissen, wie man die notwendigen Informationen erhält und interpretiert, um die angemessene Ablationsstelle auszuwählen, sowie Fingerfertigkeit in der Handhabung von Kathetern zu besitzen. Die Person, die diese Operation durchführt, sollte dies ohne Komplikationen tun können. Den Autoren sei Lob ausgesprochen für die deutliche, didaktische und gut illustrierte Art und Weise, in der diese praktische Information präsentiert wird. Für eine Person, die ein erfolgreicher klinischer Elektrophysiologe werden möchte, sollte dies die Grundlage darstellen. Maastricht, Niederlande

Prof. Dr. Hein J. J. Wellens

V

Geleitwort

von Prof. Dr. Karl-Heinz Kuck Die klinische Elektrophysiologie hat sich in den letzten 3 Jahrzehnten von einem wissenschaftlich ausgerichteten Fachgebiet, das die komplexen Mechanismen von tachykarden Herzrhythmusstörungen aufgezeigt hat, zu einer unverzichtbaren Grundlage in der Behandlung von Patienten mit Herzrhythmusstörungen entwickelt. Das Verstehen der elektrophysiologischen Mechanismen unter Einbeziehung der zugrunde liegenden anatomischen Strukturen, hat zur Entwicklung der Katheterablation geführt, die wiederum neue und/oder tiefere Erkenntnisse der zugrunde liegenden Mechanismen und der Anatomie gebracht hat. Diejenigen, die das Glück hatten, in dieser Zeit Elektrophysiologie zu machen, hatten auch das Glück zu den neuen Erkenntnissen entweder selber beizutragen oder sie zumindest Stück für Stück zu erlernen und anzuwenden. Stundenlange Untersuchungen dokumentiert auf vielen Metern EKG-Papier, gefolgt von langen Analysen waren die Voraussetzungen für das Stellen der richtigen Diagnose. Heute steht der therapeutische Erfolg so sehr im Vordergrund, dass die Zeit für die richtige Diagnostik im elektrophysiologischen Labor häufig zu kurz kommt und damit das Wissen Gefahr läuft, verloren zu gehen. Stimulationsmanöver werden nicht durchgeführt, die zwingend notwendig wären, um den zugrunde liegenden Mechanismus richtig aufzuklären. „Learning bei burning“ wird häufig zitiert und spiegelt doch eine Wirklichkeit wieder, die kritisch hinterfragt werden muss. Elektrophysiologische Untersuchungen können und sollten nicht beliebig wiederholt werden. Jede invasive Diagnostik, erst recht jede interventionelle Therapie

VI

kann mit Komplikationen einhergehen, die zumindest durch den diagnostischen und therapeutischen Erfolg relativiert werden sollten. Elektrophysiologisches Wissen sollte die Voraussetzung für therapeutisches Handeln sein. „Burning after learning“ muss der Anspruch sein. Elektrophysiologisches Wissen zu vermitteln ist wesentlicher Anspruch des vorliegenden Buches. In systematischer Form werden die Grundprinzipien der elektrophysiologischen Untersuchung und der Katheterablation mittels Hochfrequenzstrom vermittelt. Das systematische Vorgehen in der Diagnostik von regulären supraventrikulären – dabei ist das Thema „Vorhofflimmern“ bewusst ausgenommen – und ventrikulären Tachykardien wird aufgezeigt mit dem Ziel, den genauen Mechanismus der jeweiligen Rhythmusstörung und der beteiligten anatomischen Strukturen nachzuweisen und damit die Grundlage für eine erfolgreiche und sichere Therapie zu legen. Den Autoren ist es gelungen, die komplexen Techniken zur Stimulation des Herzens und zur Durchführung der Katheterablation anschaulich darzustellen. Damit erlaubt das Buch das Erlernen bzw. das Vertiefen eigenen Wissens. Dafür gilt der Dank den Autoren.

Hamburg

Prof. Dr. Karl-Heinz Kuck Asklepios Klinik St. Georg Ltd. Arzt der II. Medizinischen Klinik/ Abteilung Kardiologie und Ärztlicher Koordinator des Hanseatischen Herzzentrums

Vorwort

Das wesentliche Anliegen des vorliegenden Buches ist es, in die invasive Elektrophysiologie einzuführen. Dies bedingt das systematische Erlernen grundlegender Stimulationstechniken sowie die Vermittlung von Kenntnissen über physiologische wie pathophysiologische Mechanismen in der Reizbildung und Reizleitung. Vor diesem Hintergrund ist das Buch systematisch aufgebaut und verfolgt das Ziel, den geneigten Leser zunächst über einfache Problemstellungen an komplexe Fragestellungen der Elektrophysiologie heranzuführen. In jedem Kapitel sind neben den Lernzielen spezielle Fragen formuliert, die aufgegriffen und für den Leser als vorstrukturierte Lerninhalte bearbeiten werden. Wird das Kapitel verstanden, ist es sinnvoll mit dem folgenden, quasi „aufbauenden Modul“ fortzufahren. So gewinnt der Leser ein zunehmend tieferes Verständnis für die Zusammenhänge. Das Buch erfüllt seine primäre Funktion dadurch, dem autodidaktisch Studierenden als Kurs- und Lernbuch zur Verfügung zu stehen. Zusätzlich gibt es dem rekapitulierenden Arzt eine Orientierung in der elektrophysiologischen Routine. Es erhebt ausdrücklich nicht den Anspruch ein Lehrbuch zu sein. Die angebotenen Basisinformationen sollen den Leser befähigen, selbst systematisches, „elektrophysiologisches Denken“ zu entwickeln und sich mit der weiterführenden speziellen elektrophysiologischer Literatur intensiver zu beschäftigen. Dabei ist es unvermeidlich, dass das Buch bestimmte Akzente setzt, Themenberei-

che und Positionen auswählt und auch Verkürzungen einzelner Fragestellungen riskiert. Bewusst wurde in diesem Zusammenhang auf die Abhandlung der Thematik „Ablation bei Vorhofflimmern“ verzichtet, zumal aktuell kein invasives Therapieverfahren den Anspruch auf einen medizinischen Standard erheben kann. Ebenso wenig kann ein Kapitel über die ablativen Verfahren bei ventrikulären Tachykardien auf dem Boden einer strukturellen kardialen Erkrankung Thema eines elektrophysiologischen Kursbuches sein, da hierzu sehr differenzierte elektrophysiologische Kenntnisse auf Seiten des Untersuchers und ein entsprechendes 3 D-Equipment im Katheterlabor unverzichtbar sind. Das vorliegende Kursbuch soll vielmehr Sicherheit in der Analyse elektrophysiologischer Fragestellungen vermitteln, indem bekanntes Wissen aufgefrischt wird und sinnvolle Handlungsabläufe für die Lösung der elektrophysiologischen Probleme erarbeitet werden können. Damit richtet sich das Buch gezielt an den elektrophysiologisch interessierten und tätigen Arzt und das gesamte Team im elektrophysiologischen Labor. Es steht unter dem Motto: aus der Praxis für die Praxis. Dass den Familien von Buchautoren ein ganz besonderer und berechtigter Dank für endlose Geduld und aufrichtigen Zuspruch gebührt, begreift jeder, der diesen Weg gegangen ist. Duisburg im Mai 2009

Marcus Wieczorek

VII

Anschriften

Dr. med. Marcus Wieczorek Herzzentrum Duisburg Medizinische Klinik III Abteilung für Elektrophysiologie Gerrickstr. 21 47137 Duisburg Reinhard Höltgen Herzzentrum Duisburg Medizinische Klinik III Abteilung für Elektrophysiologie Gerrickstr. 21 47137 Duisburg

VIII

Dr. med. Thomas Maria Helms Peri Cor Arbeitsgruppe Kardiologie GmbH Büro Hamburg Scharpenbargshöhe 10 D 21149 Hamburg Büro Braunfels Elsterweg 7 A 35619 Braunfels

Inhaltsverzeichnis

Elektrophysiologische Grundlagen ............................................................................................... 1

Elektrophysiologische Grundlagen ................

2

1.1 Anatomie und Radioanatomie ........................ 1.2 Die Funktion des AV-Knotens .........................

2 9

1

1.3 Das His-Purkinje-System (HPS) ........................ 17 1.4 Die retrograde Leitung ................................. 24 1.5 Elektrophysiologie der Vorhöfe ....................... 35

Invasive Diagnostik und Therapie bei supraventrikulären Tachykardien ..................................... 41 2

Invasive Diagnostik und Therapie bei supraventrikulären Tachykardien ............. 42

2.1 Grundlegende Überlegungen bei der Diagnostik unklarer supraventrikulärer Tachykardien .......... 2.2 Behandlung kardialer Arrhythmien durch Radiofrequenzablation ......................... 2.3 Präexzitationssyndrome: Grundlegendes zu Diagnostik und Therapie ........................... Elektrophysiologische Grundprinzipien zum Verständnis von Präexzitationsmustern und deren Tachykardien................................ Invasive elektrophysiologische Diagnostik bei Präexzitationssyndromen ......................... Katheterablation akzessorischer Leitungsverbindungen.............................................

42 43 47

47 54 89

2.4 Die AV-nodale Reentry-Tachykardie (AVNRT) ...... Grundlagen ............................................... Invasive elektrophysiologische Diagnostik bei AVNRT ................................................ Therapie der AVNRT .................................... 2.5 Typisches Vorhofflattern ............................... Invasive elektrophysiologische Diagnostik bei Vorhofflattern ....................................... Ablative Therapie des typischen Vorhofflatterns ........................................... 2.6 Atriale Tachykardien..................................... Grundlagen ............................................... Diagnostik der fokalen Tachykardie und Fokuslokalisation .................................. Mapping und Ablation ................................. 2.7 AV-Knoten-Ablation .....................................

111 112 119 132 154 154 163 177 177 179 182 188

Invasive Diagnostik und Therapie bei ventrikulären Arrhythmien ............................................... 193 3

Invasive Diagnostik und Therapie bei ventrikulären Arrhythmien ..................... 194

3.2 Ventrikuläre Tachykardien bei Vorliegen struktureller kardialer Erkrankungen ................ 213

3.1 Idiopathische ventrikuläre Tachykardien............ 194 Idiopathische Ausflusstrakt-Tachykardien und Ausflusstrakt-Extrasystolie........................ 194 Idiopathische linksventrikuläre Tachykardien ...... 205

Literatur.......................................................... 227 Sachverzeichnis ................................................ 237

IX

Elektrophysiologische Grundlagen

1 Elektrophysiologische Grundlagen

I

1.1

Anatomie und Radioanatomie R. Höltgen

Lernziele l

II

l

III

Welche grundsätzlichen Überlegungen sollten bzgl. des Einsatzes von Röntgenstrahlung in der Elektrophysiologie angestellt werden? Welche topografischen Zusammenhänge zwischen elektrophysiologisch relevanten anatomischen und funktionellen Strukturen und ihrem Bezug zur Herzkontur lassen sich mittels welcher Projektionen erkennen? In welchen Regionen der jeweiligen Projektion sind die reizbildenden und -leitenden Strukturen zu erwarten? Welche Projektionen sind für die Platzierung diagnostisch und therapeutisch genutzter Katheter in der Elektrophysiologie sinnvoll und wie bildet sich darin die Herzkontur ab? Welche Informationen können aus der Abbildung eines Katheters über dessen Lage im dreidimensionalen Raum gewonnen werden?

derholungsrate bei gepulster Durchleuchtung reduziert die erforderliche Strahlendosis erheblich: mit z. B. 6,25 Bildern/s kann eine Bildsequenz generiert werden, die für die gewünschten Zwecke völlig ausreicht. Komplexe elektrophysiologische Untersuchungs- und Therapieprozeduren erfordern u. U. lange Durchleuchtungszeiten. Unter Beachtung der o. a. Empfehlungen sind diese mit vergleichsweise geringen Flächendosisprodukten realisierbar.

Bei jeder Nutzung von Röntgenenergie ist eine strikte Beachtung strahlenhygienischer Prinzipien nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern sie liegt selbstverständlich im Interesse der Patienten und der Anwender. In der Elektrophysiologie ist weder für die zuverlässige Platzierung von diagnostisch genutzten Multielektroden- noch für die sichere Führung von Ablationskathetern eine Detaildarstellung erforderlich, wie sie in der Koronardiagnostik und -therapie verwandt wird.

Informationen zur Lage der Katheter. Um sich über die Lage der eingesetzten Katheter jederzeit ein sicheres Bild verschaffen zu können, stehen dem Elektrophysiologen bei einer Standarduntersuchung folgende Informationsquellen zur Verfügung: l Fluoroskopisch, also mittels Durchleuchtung, lassen sich die in der Elektrophysiologie genutzten Katheter eindeutig visualisieren. l Das Oberflächen-EKG erlaubt die exakte Bestimmung bestimmter zeitlicher Marker, beispielsweise Beginn und Dauer der Depolarisation von Atrium und Ventrikel sowie der ventrikulären Repolarisation. l Durch Ableitung und Interpretation intrakardialer Elektrogramme über vorgewählte Elektrodenpaare auf den eingesetzten Multielektrodenkathetern lassen sich weitere Schlüsse über deren Lage im Herzen ziehen. Dabei erlaubt der Vergleich mit den Ereignisabläufen im Oberflächen-EKG nicht nur die Erkennung, in welchem Teil welcher Herzhöhle sich der Katheter befindet, sondern anhand der Signalgestalt und -qualität können auch weitere Vermutungen angestellt werden, z. B. über seine Lagebeziehung zur Wand der jeweils sondierten Herzhöhle.

Einsparung von Strahlungsenergie. Es wird die Darstellung mit einem möglichst kleinen Maßstab (z. B. „23er Vergrößerung“) empfohlen. Sind die Katheter einmal platziert, fokussiert sich das Interesse des Untersuchers in den meisten Fällen auf eine vergleichsweise umschriebene Region, sodass eine entsprechende Einblendung des Nutzstrahls mit der Irisblende vorgenommen werden sollte, um die eingesetzte Röntgenenergie zu reduzieren. Auch die Auswahl einer geeigneten Bildwie-

Geeignete Projektionen zur Visualisierung der für eine elektrophysiologische Untersuchung relevanten Strukturen. In der interventionellen Koronartherapie ist es erforderlich, von vergleichsweise kleindimensionierten Strukturen, nämlich Gefäßen, abschnittsweise Regionen möglichst realistisch und ohne Verzerrungseffekte abzubilden. Dazu werden, von Standardprojektionen ausgehend, zielorientierte Modifikationen vorgenommen, z. B. durch Angulierung. In der Elektrophysiologie ist

l

l

l

Allgemeines

2

1.1 Anatomie und Radioanatomie

Abb. 1.1 Illustrierte Darstellung einer RAO- (linkes Bild) sowie einer LAO- (rechtes Bild) Projektion des Herzens. Die dargestellte Wirbelsäule ist in RAO links randgebend, korrespondierend projiziert sie sich in LAO rechts orientiert. In RAO stellen sich der CS- und der HIS-Katheter in der Ventilebene

dar. Dadurch können über beide Katheter atriale und ventrikuläre Signale abgeleitet werden. In LAO schaut man aus der Richtung des Apex in die Ventilebene und visualisiert sich dadurch die Trikuspidalklappen- (grün) sowie die Mitralklappenregion (blau).

dies so nicht erforderlich, in der Regel kommt man mit folgenden Projektionen aus (Abb. 1.1): l RAO: right anterior oblique l LAO: left anterior oblique posterior – anterior l PA:

cavae inferior und superior, die in den dorsalen Abschnitt des rechten Vorhofs münden. Die Mündung der V. cava superior richtet sich nach unten und etwas nach anterior. Sie weist keine Klappe auf, während die am inferiorsten Abschnitt des rechten Atriums mündende V. cava inferior eine in Ausdehnung und Gestalt sehr variantenreiche Klappe oder Falte, die so genannte Valvula Eustachii oder Valvula venae cavae inferioris, am Übergang in das rechte Atrium aufweist, die die Katheterführung bei manchen therapeutischen Prozeduren erheblich behindern kann. Wegen seiner embryonalen Herkunft ist dieser dorsale Vorhofteil glattwandig. Man bezeichnet ihn als Sinus venarum cavarum. Anterior davon liegt das eigentliche rechte Atrium, das dem embryologischen Vorhof entstammt. Die Mm. pectinati, in das atriale Lumen bälkchenförmig hineinragende Muskulatur, bilden eine deutliche Trabekularisierung dieses Herzabschnitts. Nach anterior geht das Atrium in das rechte Herzohr (Auricula dextra) über, eine in der Aufsicht dreieckigen Struktur, die der Aortenwurzel anliegt. Getrennt wird der glattwandige vom trabekularisierten Abschnitt des rechten Atriums durch eine aus elektrophysiologischer Sicht hochinteressante Struktur, eine muskuläre Falte, die als Crista terminalis bezeichnet wird. Sie liegt im posterolateralen Teil des rechten Atriums und hat einen halbmondförmigen, überwiegend superior-inferioren Verlauf. Nach superior setzt sie sich in Richtung auf eine zwischen rechtem und linkem Vorhof elektrisch leitfähige Muskelverbindung fort, die im

Die RAO-Projektion Der Strahlengang tritt dabei von schräg rechts vorne durch den Körper des Patienten. Gewöhnlich wird dabei in einem Winkel von 30–35° durchleuchtet, eine Angulierung nach kranial oder kaudal ist praktisch nicht erforderlich. In dieser Projektion bildet sich die Wirbelsäule links im Bild ab. In Analogie zur Lage der Wirbelsäule im Körper haben also die linksseitig erfassten Strukturen eine dorsale Lage, und Bewegungen auf die Wirbelsäule zu werden als dorsal gerichtet bezeichnet. Korrespondierend dazu sind rechts im Bild befindliche Strukturen (hier bildet sich beispielsweise das Sternum ab) anterior gelegen, und nach rechts gerichtete Bewegungen gelten als anterior gerichtet. Nach oben orientierte Bewegungen laufen superior oder kranial, nach unten gerichtete inferior oder kaudal. Die Abb.1.1 gibt einen Überblick über die kardiale Topografie in einer RAO-30°-Projektion. Anatomische Gegebenheiten. Zunächst befassen wir uns mit den anatomischen Gegebenheiten und ihrer Darstellung in der RAO-Projektion. Im Wesentlichen parallel zur Wirbelsäule verlaufen links im Bild die Vv.

3