Krise, wo bleibst du?

Krise, wo bleibst du? Ein Versuch über das Konzept der Krise in der politischen Ökonomie und die Möglichkeiten der Krise zur Schaffung von Handlungssp...
Author: Claudia Abel
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Krise, wo bleibst du? Ein Versuch über das Konzept der Krise in der politischen Ökonomie und die Möglichkeiten der Krise zur Schaffung von Handlungsspielräumen in einer globalisierten Welt Raphael Daum, [email protected] April 2004, Version 0.99

Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis 0 Revision History

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1 Einführend 1.1 Forschungsfrage . . 1.2 Kurzer Überblick . 1.3 Methode . . . . . . 1.4 Unzulänglichkeiten 1.5 Begriffsgeschichte . 1.6 Begriffsdefinition .

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2 Liberalismus und Krise 2.1 Einleitende Überlegungen . . . . . . . . . . . 2.2 Wo bleibt die Krise? . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Physiokratie und Ordnung . . . . . . . . . . . 2.4 Naturheilkräfte im Gleichgewicht . . . . . . 2.5 Gleichgewicht und Gerechtigkeit . . . . . . . 2.6 Homo oeconomicus im progressiven Stahlbad

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3 Die Krise im Marxismus 22 3.1 Krise und Krisentheorien bei Marx . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.2 Neuere Ansätze zur Krisenerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4 Globalisierung und Krise 4.1 Krisenbewältigungsstrategie 4.2 Handlungsspielräume . . . . 4.3 Zusammenfassung . . . . . . 4.4 Vorhang . . . . . . . . . . . . .

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Literatur

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REVISION HISTORY

0 Revision History Version 0.9 Die erste Fassung dieser Arbeit wurde Mitte Oktober 2003 fertiggestellt. Die Arbeit endete mit einer kurzen Erwähnung, wie Krise und Globalisierung zusammengedacht werden könnten. Version 0.99 wurde Ende April 2004 fertiggestellt. Fast die gesamte Arbeit wurde überarbeitet, wobei an vielen Stellen Präzisierungen und gedankliche Erweiterungen angebracht und Fehler ausgebessert wurden. Das abschließende Kapital 4 wurde vollkommen neu geschrieben und erheblich erweitert. Eine kurze Zusammenfassung ist auch dazu gekommen.

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EINFÜHREND

1 Einführend „Nous approchons de l’état de crise et du siècle des révolutions“ [Jean-Jacques Rousseau, zit. nach: Koselleck 1982, 628]

1.1 Forschungsfrage Die Forschungsfragen, die diese Arbeit leiten, fragen einmal nach der Beschaffenheit und theoretischen Verortung von Krisen in der politischen Ökonomie, oder genauer: im Liberalismus und im Marxismus als wichtigsten Strömungen. Wie werden Krisen verstanden, definiert und welche Bedeutung kommt ihnen in der Theorie (und in der Praxis) zu? Und sozusagen als Nachfrage: Wieso gibt es im Gegensatz zum Marxismus in der liberalen Theorie keine Krisentheorien? Weiters werde ich der Frage nachgehen, ob der Begriff Krise, als ökonomische Kategorie definiert und als analytisches Werkzeug angewandt, dazu dienen kann, Globalisierung und Globalisierungsprozesse zu verstehen. Kann ein kritisches Krisenkonzept etwas zum Verständnis der mit „Globalisierung“ benannten Phänomene qualitativer Restrukturierungen des globalen Kapitalismus beitragen? Und kann Krise Handlungsmöglichkeiten für antikapitalistische oder kapitalismuskritische Bewegungen eröffnen?

1.2 Kurzer Überblick Diese Arbeit beginnt mit einer kurzen Begriffsgeschichte der Krise, um dann die zwei wichtigsten Strömungen der politischen Ökonomie – Liberalismus und Marxismus – auf ihr Krisenkonzept hin zu untersuchen. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf den Erklärungsansätzen, die Gründe für die Entstehung, Ausbruch, Bewältigung, Überwindung von Krisen bereitstellen. Bei der Untersuchung der liberalen Theorien versuche ich der Frage nachzugehen, wieso es im Liberalismus – im Gegensatz zum Marxismus – keine ausgearbeitete(n) Krisentheorie(n) gibt; wieso in der liberalen ökonomischen Theorie die Krise keinen besonderen Stellenwert für die Analyse ökonomischer Prozesse einnimmt. Im Abschnitt über den Marxismus werden die wichtigsten Krisenerklärungen der marxistischen Denkschulen kursorisch behandelt und die Wichtigkeit von Krisentheorien im Marxismus untersucht,

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1.3

Methode

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EINFÜHREND

um anschließend auf die Krisentheorien des Neo-Marxismus einzugehen. Abschließend soll dann versucht werden, inwiefern ein Konzept Krise für das Verständnis von Globalisierung förderlich sein kann und ob in der Krise Möglichkeiten zur Veränderung des Systems liegen.

1.3 Methode Für diese Arbeit wurden vor allem Lexika der Philosophie und der Wirtschaftswissenschaften verwendet, da sie eine knappe und konzentrierte Darstellung des Themas und einen guten Ausgangspunkt für weitere Literaturrecherchen bieten. Für die Erarbeitung der marxistischen Krisentheorien wurden wiederum Lexika, „orthodoxe“ Darstellungen der marxistischen Theorie und darüber hinaus Texte aus dem Internet herangezogen. Die Forschungsmethode setzt sich vorwiegend aus einem Literaturstudium und der Interpretation der Texte zusammen; aus der deskriptiven Darstellung wird eine schrittweise, interpretierende Argumentation abgeleitet. Es wurde versucht, deskriptive Textpassagen und Argumentation/Interpretation zu trennen, und dies sprachlich sichtbar zu machen. Ich bin an diese Arbeit nicht mit einer vorgefertigten These herangegangen, sondern habe in und während der Arbeit – manchmal ganz punktuelle, manchmal etwas allgemeinere – Überlegungen und Gedanken angestellt, und dabei versucht, meine Konnotationen und impliziten Annahmen offenzulegen. Notiz technischer Natur: Die Hervorhebungen in den Zitaten im Original wurden übernommen und nicht gesondert gekennzeichnet, Hervorhebungen von mir sind ausdrücklich gekennzeichnet. Die in der Bibliographie verwendeten Pfeile (→ ) verweisen bei Lexika und Nachschlagewerken auf das relevante Schlagworte, um die Problematik der sich ändernden Seitenangabe in verschiedenen Ausgaben ein bisschen zu entschärfen. Bei Internetquellen wird in der Bibliographie in den eckigen Klammern das Zugriffsdatum vermerkt.

1.4 Unzulänglichkeiten Besonders bei der Ausarbeitung des Kap. 2 wäre ein Studium der originalen Texte sicherlich förderlich gewesen, auch eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem philosophischen und ideengeschichtlichen Hintergrund der Aufklärung und des Po-

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1.5

Begriffsgeschichte

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EINFÜHREND

sitivismus wäre angebracht gewesen. Auf neo-marxistische Theorien und Krisendebatten konnte nur sehr kurz eingegangen werden. Eine genauere Untersuchung wert wären auch die Überschneidungen und Gemeinsamkeiten die liberalen und marxistischen Vorstellungen von Ordnung und Entwicklung eines wirtschaftlichen Systems, denn beide Theorien erheben den Anspruch, eine – nicht nur im Idealfall – krisenfreie Wirtschaftsordnung zu sein. Insgesamt ist der gewählte Ansatz sicherlich zu ökonomie-spezifisch, lässt wichtige Ansätze außer Acht (wie z. B. das Krisenverständnis von Wallerstein) und schließt somit Krisentheorien verwandter Wissenschaften aus, die jedoch gerade für die Erklärung aktueller Krisen interessant wären (es sei hier nur das Konzept der Legitimationskrise von Habermas erwähnt, die Arbeiten von Arrighi, Wallerstein und der französischen Regulationsschule). Nur kurz erwähnt wird die politischmediale Konstruktion/Inszenierung von Krisen zur Durchsetzung von Reformen oder ähnlichem; ebenso die Instrumentalisierung von Krisen als Legitimation zum Handeln und als Mittel der Herrschaftssicherung.

1.5 Begriffsgeschichte „. . . dahero sagt man, der Mensch hat keine Crisin, das ist, er kann von keiner Sache urtheilen.“ [Großes vollständiges Universal-Lexikon (1733), zit. nach: HistWB d. Philosophie, 1236]

Das Wort Krise geht auf das griechische Wort krísis zurück, das u. a. „auswählen, beurteilen, entscheiden, streiten“ bedeutet [Herkunftswörterbuch, 371]. Das Wort Krisis in seiner Bedeutung als „Entscheidung“ findet im Altertum vor allem in den Bereichen der gerichtlichen Urteilsfindung, der Medizin und der christlichen Religion Anwendung. So weist z. B. das Jüngste Gericht auf das lateinische Wort judicium (= Urteil, Gericht), welches wiederum aus dem Griechischen ins Lateinische übernommen wurde [Koselleck 1982, 617-620]. Die Medizin verwendet das Wort, um einen Moment zu bezeichnen, in dem sich dem sich der Krankheitsverlauf entscheidet. In der Krisis stellt sich heraus, ob ein Organismus stirbt oder sich wieder regenerieren kann. Wir treffen hier schon auf ein Charakteristikum des Begriffs, das auch heute noch vorhanden ist; nämlich „das Moment des Zerfalls, des Sterbens wie das Moment der Gesundung, der Regeneration“ [Europ. Enz. d. Philosophie, 876-

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1.6

Begriffsdefinition

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EINFÜHREND

877]. Bis ins 17. Jahrhundert ist Krise für die Bezeichnung politischer, gesellschaftlicher und ökonomischer Phänomene nicht gebräuchlich. Die sich langsam formierende metaphorische Auffassung der Gesellschaft als eines Körpers trug dann zur Popularisierung des Begriffes bei, und so taucht die Krise als Bezeichnung politisch brisanter Zeiten bei Diderot und Rousseau auf. Somit konnten gesellschaftliche, politische und ökonomische Ereignisse als Krisen verstanden und bezeichnet werden. „Die historisch-urteilende und richtende, die medizinisch-diagnostische und die theologisch-beschwörende Funktion sind anteilig, jeweils verschieden dosiert, im Wortgebrauch enthalten.“ [Koselleck 1982, 629] Es entwickelte sich ein Krisenverständnis, das prinzipiell von einer Vorstellung von Gesundheit, bzw. Abwesenheit von Krankheit ausgeht. In den klassischen ökonomischen Schriften wurde dann das organische Gleichgewicht einer Wirtschaft, etwa zwischen Angebot und Nachfrage, gleichbedeutend mit der Gesundheit einer Wirtschaft. Im Rückgriff auf die ursprüngliche Bedeutung kommt es im Begriff Krise zu einer Überschneidung und Verbindung von wirtschaftlichen Prozessen mit biologischen Gesundheitsvorstellungen. Die medizinische Konnotation ging nicht verloren, und ist bis heute im Assoziationsraum implizit oder explizit vorhanden. Die Krise ist ein Moment der (Gleichgewichts-)Störung, der Verstopfung, eine Durchgangs- oder Übergangsphase; nach Bewältigung der Krise kommt es zu einem neuen Gleichgewicht auf höherer Stufe. Dieses Gleichgewicht wird dann gerne als Fortschritt ausgelegt, der aufgefädelt auf einer linearen und undurchbrochenen Zeitachse voranschreitet. F. D. Roosevelt beschreibt das: „Out of every crisis mankind rises with some share of greater knowledge, higher decendy, purer purpose“ [HistWB d. Philosophie, 1237]. Hier wird auch die dem Begriff innewohnende Zweischneidigkeit angedeutet, denn einerseits ist Krise ein Störfaktor der Harmonie, andererseits kann sie auch als immanentes Bestandteil der Geschichtsentwicklung interpretiert werden.

1.6 Begriffsdefinition Wenn in dieser Arbeit von Krise gesprochen wird, dann beziehe ich mich immer auf die ökonomische Krise. Nachdem Krise ein äußerst gebräuchliches Wort in der Alltagssprache ist, um allerlei problematische Situationen, schwierige Entscheidungen

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1.6

Begriffsdefinition

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und noch einiges mehr zu benennen, bin ich mir der Schwierigkeit bewusst, den Begriff von all seinen nicht strikt ökonomischen Konnotationen zu lösen. Doch bin ich davon überzeugt, dass es unbedingt notwendig ist, den Begriff Krise – gerade in der ökonomischen Diskussion – etwas schärfer zu fassen, damit er für eine Analyse brauchbar wird. Wenn wir jegliche kleine, kurzzeitige und langfristig gesehen irrelevante Schwankung der Aktienmärkte, des Budgetdefizits, der Inflation etc. mit dem Wort Krise titulieren, wird es nicht möglich sein, längere und tiefgreifendere Veränderungen in der Struktur des Kapitalismus kritisch-analytisch zu deuten. Deshalb habe ich mich in dieser Arbeit für den Krisenbegriff entschieden, wie er im Kritischen Wörterbuch des Marxismus [KritWB d. Marxismus] zu finden ist. Dort wird vorgeschlagen, die Krise „als einen Prozess zu denken, wo Phasen struktureller Stabilität (in denen sich die gesellschaftlichen Verhältnisse mit nur quantitativen Veränderungen reproduzieren) und durch Krisen eingeleitete Phasen qualitativer Veränderungen einander ablösen.“ [KritWB d. Marxismus, 713] Diese Krisendefinition erlaubt es uns, längere Entwicklungstendenzen des Kapitalismus zu erfassen und sie in einen historischen Kontext zu stellen. Mit Krise soll nicht nur der plötzliche, vehemente und offensichtliche Ausbruch derselben bezeichnet werden, sondern vor allem die ökonomischen Prozesse und die Veränderungen in der Struktur und Funktionsweise des (globalen) wirtschaftlichen Systems, die zur Krise führen. Der Ausbruch der Krise ist lediglich die sichtbare Spitze des Eisberges, sozusagen. Eine punktuelle Interpretation der Krise als kurzfristige Instabilität eines ansonsten in sich stabilen Systems führt meines Erachtens zu keinem Erkenntnisgewinn, verdeckt die Bedingungen, die zum manifesten Krisenausbruch beitragen und verhindert – im schlimmsten Fall –, dass Phasen qualitativer Veränderungen in der Wirtschaftsstruktur als Krisen erkannt werden, so die Krise nicht punktuell, vehement und spektakulär ausbricht und weithin (medial) sichtbar ist. Ein geschichtlicher Krisenbegriff ermöglicht es uns erst, diffuse und schwer fassbare Phänomene wie etwa „Globalisierung“ als krisenhaften Prozess tiefgreifender Veränderungen in der Struktur des globalen Kapitalismus zu begreifen. Aus diesen Gründen meine Entscheidung für obige Krisendefinition.

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LIBERALISMUS UND KRISE

2 Liberalismus und Krise 2.1 Einleitende Überlegungen Der wirtschaftliche Liberalismus entstand gegen Ende des 18. Jahrhunderts in England und kann als unmittelbare Reaktion auf die Unzulänglichkeiten eines protektionistischen Wirtschaftsystems, das noch weitgehend auf den Ideen des Merkantilismus basierte, gesehen werden. Der wirtschaftliche Liberalismus war anfänglich ein Versuch, die starren und autoritätsgebundenen Lehren des Merkantilismus und Physiokratismus abzulösen und die alleinige Entscheidungsgewalt über wirtschaftliche Fragen des autoritär-absolutistischen Staates in Frage zu stellen. Die anti-etatistische Haltung des politischen Frühliberalismus wurde durch die Arbeiten von Adam Smith (1723-1790) und David Ricardo (1772-1823) in das Feld der Wirtschaftswissenschaften übertragen. Durch die Betonung der individuellen Freiheit und der Harmonieautomatik des Marktes konnte der wirtschaftliche Liberalismus dem bis dahin herrschenden Marktsystem, das sich durch Privilegien, Monopole, Zölle, Zünfte, Marktrestriktionen usw. auszeichnete, argumentativ entgegen treten [vgl. HandWB d. WW, 41f.]. Auf moralphilosophischer Ebene gelang es Adam Smith, die bis dahin vorherrschenden Vorstellungen von Egoismus und Gewinnstreben als menschenverachtenden und amoralischen Prinzipien auf den Kopf zu stellen. Hierzu führte er die individualistische Preis- und Marktlehre in die ökonomsiche Theorie ein, „die zum Kernstück der liberalen Wirtschafsauffassung wurde“ [HandWB d. WW, 41]. Dadurch entzog Adam Smith dem Staat/dem Herrscher jegliche Rechtfertigungs- und Legitimationsmöglichkeit für Eingriffe in die Wirtschaft und übertrug die ordnende und lenkende Funktion der „unsichtbaren Hand“. Wirtschaftsexogenen Kontrollelementen und -mechanismen war die argumentative Basis entzogen worden, störten sie nicht nur das Gleichgewicht der Wirtschaft, sondern behinderten darüber hinaus noch die Mehrung des Allgemeinwohls. Adam Smith stellte die Ethik der Wirtschaft auf den Kopf (oder auf die Füße – je nach Anschauung. . . ). Die vorher als Laster gebrandmarkten Prinzipien Egoismus und Gewinnstreben gewinnen in der Lehre des wirtschaftlichen Liberalismus eine völlig neue Bedeutung und werden zu Tugenden des Individuums. Das Erwerbsstreben und das Prinzip des wirtschaftlichen Egoismus wurde gepriesen, da nur ein so handelndes Individuum das Allgeimwohl am besten befördern könne, da ohne Arbeit und Gewinn kein Wohl-

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2.2

Wo bleibt die Krise?

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LIBERALISMUS UND KRISE

stand und kein Fortschritt möglich sei. Geleitet von der „invisible hand“ und befreit von den klerikal-ethischen Handlungsnormen kann der Einzelne frei handeln und muss lediglich dem Gesetz einer sich selbst regulierenden natürlichen Ordnung der Wirtschaft Folge leisten. Zentrale theoretische Elemente des wirtschafltichen Liberalismus sind die Annahmen einer natürlichen Ordnung, der Harmonieautomatik des Marktes und eines Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage. Daraus können wir vielleicht auch ableiten, wieso im klassischen Wirtschaftliberalismus von Smith und Ricardo keine ausgearbeitete Krisentheorie zu finden ist. Die liberale Theorie kennt die Krise vor allem als exogenes Phänomen, das durch übermäßige staatlicher Lenkung, Interventionismus, Protektionimus, Verzerrungen in Wirtschaftsabläufen, ungenügendem InvestorInnenschutz und ähnlichem hervorgerufen wird [vgl. Vockel 2003, 44]. Die Externalisierung der Krise und der Krisenursachen ist ein beliebtes und wiederkehrendes Merkmal – die/der geneigte LeserIn möge sich nur die Debatten über die aktuelle Stagnation/Rezession in Europa in Erinnerung rufen – nicht nur in der politischen Auseinandersetzung, sondern diese Einstellung findet sich auch in Texten über die politische Ökonomie wieder. Wenn wir Krisen allerdings nur als singuläre und exogene Ereignisse, die unregelmäßig und unvorhersehbar auftreten und auf außerökonomische Ursachen rückführbar sind, begreifen, dann lässt sich mit dem Begriff Krise kaum arbeiten. Um eine analytische Kategorie in der politischen Ökonomie zu werden, sollten wir den Begriff Krise für periodische, zyklische und sozio-ökonomische Momente verwenden, in denen qualitative Veränderungen der Wirtschaftsstruktur auftreten [vgl. Europ. Enz. d. Philosophie, 877].

2.2 Wo bleibt die Krise? Ein Anliegen dieser Arbeit besteht im Versuch herauszufinden, wieso in den mir vorliegenden Texten des klassischen Wirtschaftsliberalismus der Krise kein bedeutender Platz bei der Analyse der Marktwirtschaft eingeräumt wird. Die Krise fällt in der liberalen Literatur viel mehr durch ihr Fehlen als durch ihre Nennung auf, sie scheint geradezu kein integrales Bestandteil im theoretischen Werkzeugkasten des Liberalismus zur Untersuchung des komplexen Mechanismus „Ökonomie“ zu sein. Somit scheidet die Krise auch als Analysemittel für ökonomische Prozesse und Entwicklungen aus, was wiederum bedeutet, dass ein Krisenbegriff im Rahmen der liberalen Wirtschaftstheorie kaum verständnisfördernd sein wird. Hier nun ein paar

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Physiokratie und Ordnung

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LIBERALISMUS UND KRISE

Überlegungen. Um mögliche Antworten auf die Frage aufzuspüren, wieso es im klassischen Liberalismus kein Krisenkonzept gibt, nehme ich an, dass es nötig ist, nach Vorstellungen und Konzepten in der liberalen Theorie zu suchen, die eine Krise oder krisenhafte und chaotische Zustände geradezu ausschließen. Ich versuche den umgekehrten Weg zu gehen: Nach vorsorglich verschlossenen Türen für die vagabundierende Krise im liberalen Gedankengebäude suchen, um daraus dann Rückschlüsse ziehen zu können. Genug der schlechten Metaphern. . . Beginnen wir mit den Vorstellungen von Ordnung, die sich wie ein (ordentlicher) roter Faden durch die gesamte politische Ökonomie ziehen.

2.3 Physiokratie und Ordnung Die erste klare Ausformulierung einer solchen Idee, die unmittelbare Auswirkungen auf die Formulierung der liberalen Wirtschaftstheorie hatte, finden wir bei den französichen Physiokraten [siehe [HET: Physiocrats] und [Kramm 1979, 47-50] für eine kurze Einführung]. Bedeutendster Vertreter dieser präklassischen Denkschule ist Franc˛ois Quesnay (1694-1774), der das für seine Zeit revolutionäre Tableau économique entworfen hat [siehe [HET: Quesnay] und [wikipedia.org] für eine kurze Einführung]. Die Physiokraten stützen sich auf das moderne Naturrecht und stehen bewusst im Gegensatz zur scholastischen Naturrechtslehre, denn sie negieren, dass die Vernunft und die Natur des Menschen durch die Teilhabe am göttlichen Logos konstituiert sei, sondern gehen davon aus, dass die Natur des Menschen viel eher mit den Gesetzmäßigkeiten der ihn umgebenden Natur korrespondiert. Sie entledigen den scholastischen Naturbegriff alles Metaphysischen und arbeiten mit einem Naturbegriff, der in Anlehnung an die anzutreffenden oder noch zu entdeckenden Ordnungsprinzipien in der Natur für die Wissenschaft ergiebiger ist. Die Physiokraten beziehen sich auf die Erfolge der Naturwissenschaften, um erkennbare Gesetzmäßigkeiten von Ordnung auf die Menschen und die Gesellschaft zu übertragen. Die von Gott geschaffene Welt (hier: Natur) ist vollkommen und auf ewige Harmonie ausgelegt. Deswegen obliegt es den Physiokraten zufolge dem vernunftbegabten Menschen, die Gesetze von Ordnung und Harmonie aufzuspüren, um dementsprechend die gesellschaftliche und wirtschaftliche Ordnung zu gestalten. Die natürliche Ordnung, der ordre naturel, ist von Gott geschaffen und vom Menschen zu erkennen und zu befolgen, sie struktiert und determiniert die Gesell-

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2.3

Physiokratie und Ordnung

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schaft und Wirtschaft. Die Physiokratie sieht sich dazu berufen, diese von ihr als unabänderliches Dogma artikulierte Erkenntnis umzusetzen, jedes Zuwiderhandeln gegen „diese göttliche Ordnung wäre geradzu ein Verbrechen“ [Rüstow 1950, 13]. Im Original des Physiokraten Dupont de Nemours liest sich das dann so: „Se livrer à cet attentat, ce serait déclarer la guerre à ses semblables; ce serait violer les droits et manquer aux devoirs institués par le Créateur; ce searait s’opposer à ses décrets autant que le peut notre faiblesse; ce serait commettre un crime de lèse-majesteé divine et humaine“ [Dupont de Nemours, zit. nach: Rüstow 1950, 13]. „Sich diesem Anschlag (attentat) hinzugeben, würde bedeuten Seinesgleichen den Krieg zu erklären; hieße gegen die vom Schöpfer eingesetzten Rechte und Pflichten zu verstoßen, hieße sich Seinen (des Schoepfers) Gesetzen so sehr zu widersetzen wie es unsere Schwäche nur immer vermag; hieße die göttliche und menschliche Majestät zu verletzen.“ [Übersetzung der Autor et. al.] Die Physiokratie distanziert sich mit ihrer Wirtschaftslehre und mit ihrer modernen Naturrechtslehre von den vorherrschenden kirchlichen moraltheologischen Prinzipien und gerät damit in eine schwerwiegende Auseinandersetzng mit der Amtskirche. Doch sind die Physiokraten auch sehr weit davon entfernt, „säkularisierte“ Erklärungsansätze für die Funktionsweisen der Wirtschaft und Gesellschaft zu entwickeln. Unter Zuhilfenahme naturrechtlicher Konzeptionen führen sie jegliche Ordnungs- und Harmonievorstellungen direkt auf Gott zurück, und tragen somit zu einer weiteren und bedeutsamen Dogmatisierung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ordnungskonzeptionen bei, die die Funktion des Menschen darauf einschränken, dass dieser lediglich ewige gültige Gesetze zu befolgen und gegebenenfalls zu erkennen habe und in keiner Weise dazu ermächtigt sei, gestaltend oder korrigierend zu agieren. Denn: „Hinter der Wirtschaftsordnung der Konkurrenzwirtschaft steht das absolute Naturrecht der Wirtschaft, die von Gott dem Schöpfer selbst gesetzte unsichtbare Wirtschaftsverfassung; vor ihr haben alle unzulänglichen menschlichen Verfassungsversuche auf diesem Gebiete zu weichen: cedant Deo.“ [Rüstow 1950, 13-14]

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Die Verankerung des ordre naturel auf göttlicher Ebene und die von der natürlichen Ordnung abzuleitenden Prinzipien bilden eine festgelegte und ewige Harmonie, in der es per definitionem zu keiner Krise oder Unordnung kommen kann, weil sie ja göttlich ist. In der physiokratischen Lehre gibt es den Kreislauf als einziger Bewegungsform der Wirtschaft, der Mensch aber kann durch seine Unvollkommenheit und „Schwäche“ diesen harmonischen Kreislauf stören. An dieser Stelle möchte ich zwei Punkte hervorheben, die mir bedeutsam erscheinen. Erstens fehlt im physiokratischen Gedankenapparat die Möglichkeit einer sich entwickelnden, fortschreitenden Wirtschaft, die Expansion als wichtiges Wesensmerkmal einer marktbasierten Ökonomie, wie wir es dann bei den klassischen Liberalen als auch bei Marx finden, wird nicht erkannt. Einen Fortschrittsgedanken ganz allgemein und einen Fortschrittsoptimismus [siehe 2.6 auf Seite 20], wie er dann in der politischen Ökonomie seit Smith bis heutzutage offen hervortritt, suchen wir vergebens. Die Bewegungsform der Öknomie wird als stagnierender, geschlossener Kreislauf, überspitzt formuliert als Perpeteum mobile, begriffen. Damit fällt eine zentrale krisenauslösende Möglichkeit weg, die später vor allem in der marxistischen Ökonomie von großer Bedeutung ist. Nämlich den Expansionsdrang und die Realisierungsprobleme von Profiten in einer warentauschenden und arbeitsteiligen Ökonomie als Krisenursache auszumachen. Zweitens bereitet eine unabänderliche Ordnungskonzeption, die Unbedingtheit von Ordnung, auch die Voraussetzungen für die Legitimierung autoritärer und despotischer Machtstrukturen. Im Gegensatz zu Smith, der die Ordnung der Wirtschaft als gegeben sieht, „sobald man nur aufhört, sie durch törichte Eingriffe zu stören und zu verdunkeln“ [Rüstow 1950, 17], ist die Ordnung für die Physiokraten noch nicht gegeben, sondern muss erst geschaffen werden. Mit ihrem Eintreten für den „despotisme légal“ und ihrer Aufgeschlossenheit gegenüber dem Absolutismus vermögen sie es nicht nur, alte und ungerechte Machtstrukturen zu rechtfertigen, sondern bereiten – über den Umweg des modernen Naturrechts – die nötigen Voraussetzungen für eine autoritäre Macht, die allmächtig die naturbefohlene Ordnung umsetzt. Diese Denkfigur hat sich – wenn auch in veränderter Form und argumentativen Variationen – im Liberalismus erhalten, mit dem Putsch in Chile etwa wurde die natürliche Ordnung der Wirtschaft und Gesellschaft wieder despotisch verordnet, um die Menschen vor ihrer eigenen „Dummheit“ (O-Ton Kissinger) und Verantwortungslosigkeit in Schutz zu nehmen. Und in „säkularisierter“ Form

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2.3

Physiokratie und Ordnung

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taucht das Konzept Ordnung dann auch im deutschen Ordo-Liberalismus wieder auf, an die Stelle des Anti-Etatismus ist im Ordo-Liberalismus „die sichtbare Hand des Staates“ getreten [HandWB d. WW, 45]. Doch woher kommen die Vorstellungen von Ordnung? Über den Ursprung von Ordnungsvorstellungen kann nur gemutmaßt werden, und die Antwort wird sicherlich nicht im Feld der Ökonomie zu suchen und zu finden sein. So verweist Rüstow etwa öfters auf den Einfluss des antiken Stoizismus und Platons auf die liberale Wirtschaftstheorie und bietet einen Erklärungsansatz, der allerdings vom Dickicht der „zeitgenössichen“ Einflüsse und modischen Erscheinungen erst freizulegen sei, denn „man [scheint] nicht zu wissen, daß der für die Aufklärung zentrale anthropologische Optimismus, im Gegensatz zu dem Erbsünden-Pessimismus des Christentums aller Konfessionen, [. . . ], antiker Herkunft ist und vor allem aus der breiten humanistischen Wiederbelebung stoischer Tradition stammt."[Rüstow 1950, 18] Die Vorstellung von Ordnung als etwas Unbestimmtem und Gültigem, das es immer schon gab, ist vielleicht im Kontext verständlich, dass der Mensch wohl dazu neigt, die komplizierte, ihn umgebende Umwelt gedanklich fassbar zu machen, sie mit Sinn auszustatten, sie nach zeitlich-räumlich begrenzt gültigen „vernünftigen“ Prinzipien zu interpretieren. Die Unübersichtlichkeit der Welt will geordnet werden, um verstanden werden zu können. Und die Suche nach der Gesetzmäßigkeit, die die „Welt im innersten zusammenhält“, hat auch in der politischen Ökonomie dazu geführt, nach Gesetzen zu suchen, die nicht nur historisch bedingt gelten, sondern mittels Formalisierung und zeitlich-räumlicher Entkoppelung Allgemeingültigkeit beanspruchen können. Die neoklassiche Ökonomie, als ahistorische Formalwissenschaft, bedient sich der anscheinend neutralen Sprache der Mathematik, um Ordnungen zu beschreiben. Und dieser Punkt ist insofern relevant, als dass mit der Ordnungsleistung und Reduktionsfähigkeit von Erklärungsapparaten immer auch ein manifester Machtanspruch einhergeht. Die Wirkungsmächtigkeit von Ordnungsapparaten ist verbunden mit der spezifischen und konkreten Konstellation der Macht, sei es nun politische, ökonomische oder religiöse Macht. Ich behaupte, dass der Nachweis nicht sonderlich schwierig zu erbringen sein dürfte, dass die gegenwärtigen dominierenden Ordnungsvorstellungen (und somit auch Krisenerklä-

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2.4

Naturheilkräfte im Gleichgewicht

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rungsmuster) mit den Interessen der Herrschenden stark korrelieren. Oder (etwas skandierter): Die Ordnung der Herrschenden ist die herrschende Ordnung!

2.4 Naturheilkräfte im Gleichgewicht Eng verknüpft mit dem Postulat einer natürlichen Ordnung ist die Vorstellung, dass es im Prinzip einen Zustand des Gleichgewichts in der kapitalistischen Ökonomie gibt. Dieses Gleichgewicht kann zwar durch außerökonomische Faktoren – wie Katastrophen, Kriege, Epidemien, Spekulation, ungünstige Witterungsverhältnisse usw. – kurzfristig aus dem Lot geraten, wird sich dann aber relativ schnell wieder einpendeln. Schon ganz zu Beginn der bürgerlichen politischen Ökonomie stoßen wir auf die Annahme, dass es ein Gleichgewicht zwischen Produktion und Konsumtion, sprich Angebot und Nachfrage, bestünde. Joan-Baptist Say (1767-1832) ging davon aus, dass jede Produktion ihren Absatz finde, dass sich Waren und die Produktion von Waren wechselseitig austauschen würden. Ganz vereinfacht gesagt: Das Angebot schafft sich seine Nachfrage. Denn das für die Produktion des Gutes nötige Kapital sei vorher ja durch den Verkauf von Gütern zustande gekommen, die so geschaffenen Einnahmen würden dann aber wieder für den Kauf von Gütern ausgegeben, wodurch wieder andere zur Produktion angeregt würden. . . Weitergedacht bedeutet das nichts anderes, dass ein steigendes Angebot die entsprechende Nachfrage nach sich zieht und somit ein Gleichgewicht entsteht [vgl. InfoSchul]. Das „Saysche Theorem“ schließt somit Wirtschaftskrisen, die von einem Auseinanderfallen von Angebot und Nachfrage (Stichwort: Überproduktion und Unterkonsumtion) bedingt werden, aus. David Ricardo unterstütze die These von Say, in dem er ebenfalls Krisen resultierend aus allgemeiner Überproduktion für nicht möglich hielt. „Niemand produziert als in der Absicht, zu konsumieren oder zu verkaufen, und er verkauft nur in der Absicht, ein anderes Gut zu kaufen, das ihm unmittelbar nützlich sein, oder daß zu zukünftiger Produktion beitragen kann“ [David Ricardo, zit. nach: Trachtenberg 1957, 21]. Im letzten Teil des Zitats („zukünftige Produktion“) spricht Ricardo die Tendenz zur Akkumulation an, sieht darin aber im Gegensatz zu Marx keine Möglichkeit einer krisenhaften Entwicklung. War es bei den Physiokraten noch die von Gott gegebene natürliche Ordnung, ist es jetzt bei Say die vom Markt gegebene natürliche Ordnung, die die Menschheit ihrem Glück näherbringt. Das Gleichgewicht bleibt.

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Naturheilkräfte im Gleichgewicht

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Leon Walras (1834-1910) schlug als weiterer und vielleicht bedeutendster Vertreter einer Gleichgewichtstheorie in die selbe Kerbe, da er davon ausgeht, dass das freie Preissystem das Preis-Mengen-System krisenfrei koordiniere. Doch sollte es wieder Erwarten zu einem außergewöhnlichen Zustand, einer Krise, kommen, springt für das lädierte Gleichgewicht das Prinzip Naturheilkraft ein. Anders gesagt: die Selbstheilungskräfte des Marktes (lies: des gesellschaftlichen Organismus). Eine interessante Gleichsetzung von Körper und Wirtschaft mit dem Verweis auf die Selbstheilungskräfte finden wir bei William Petty (1623-1687). Er stellt eine medizinische Diagnose der Wirtschaft an: „We must consider in general, that as wiser Physicians tamper not excessively with their Patients, rather observing and complying with the motions of nature, than contradicting it with vehement Administrations of their own; so in Politics and Oeconomics the same must be used“ [William Petty, zit. nach: Rüstow 1950, 26] Bei Krankheit ist es wiederum Aufgabe der Wirtschaft, oder genauer: des Marktes, den Ausweg aus der Krise zu finden. Adam Smith sagt, dass der Ausweg aus und die Bewältigung der Krise bereits in der vernünftigen Natur des Marktes angelegt seien, denn „the wisdom of nature has fortunately made ample provision for remedying many of the bad effects of the folly and injustice of men, in the same manner as it has done in the natural body, for remedying those of his sloth and intemperance.“ [Adam Smith, zit. nach: Rüstow 1950, 27] In diesem Zitat von Adam Smith finden sich meiner Ansicht nach einige interessante Konnotationen. Einmal greift er zurück auf Ordnungsvorstellungen, die wir schon bei den Physiokraten angetroffen haben, beschütze die „Weisheit der Natur“ die Wirtschaft vor der Torheit des Menschen. Es muss gesagt werden, dass bei Adam Smith die Ratio der Natur weit weniger „gottbelastet“ ist als bei seinen Vorgängern, er stützt sich vielmehr auf die vernünftigen Gesetzmäßigkeiten, die es zu erkennen gäbe, verzichtet auf den großteils theologischen Überbau und ist mit seiner Auffassung von Vernunft, die in der Natur angelegt sei, in der Vorstellungswelt der Aufklärung zu verorten. Dann schwingt bei Smith hier auch ein noch unbefangen klingender Biologismus mit, wenn er hofft, die Natur werde die „Faulheit“ und „Zügellosig-

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2.4

Naturheilkräfte im Gleichgewicht

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LIBERALISMUS UND KRISE

keit“ beseitigen. Die natürliche Selektion wird zu einem essentiellen Charakteristikum des Marktes, da die Vernunft der Marktes ja in der Natur des Marktes liegt; oder: die Selektion als Vernunft des Marktes. Die Gefährlichkeit einer solchen biologistischen Argumentation war in der Zeit der Aufklärung vielleicht nicht unmittelbar zu erkennen, wird aber spätestens gegen Ende des 19. Jahrhunderts deutlich, wenn der Konservativismus und der dann daraus hervorgehende Rechtsextremismus an diese Argumentation anknüpft, um soziale Ungerechtigkeit zu erklären und die herrschende Ordnung zu verteidigen (siehe Schiedel, Heribert, Über Rechtsextremismus, in: [Skolast 02/2003, 86-94]). Eine weitere Konnotation: Die Nennung des natürlichen Körpers erinnert uns an den Ursprung des Wortes Krise: als entscheidender Moment im Krankheitsverlauf. Der Körper des Menschen – als Metapher verstanden – für die Wirtschaft, die im Krankheitsfall das Überschüssige und Schlechte ausschiedet und sich im gesunden Zustand durch ein Gleichgewicht auszeichnet. Etwas allgemeiner, könnten wir auch sagen, dass ein Gleichgewicht geradezu ein Ungleichgewicht als Gegenpart voraussetzt. Denn wie können wir uns einen Gleichgewichtszustand vorstellen, ohne uns zugleich einen Ungleichgewichtszustand vorzustellen? Vielleicht bedingen sich Gleichgewicht und Ungleichgewicht gegenseitig, ohne dass wir feststellen können, ob das eine das andere voraussetzt oder bedingt? Wenn wir davon ausgehen, dass zwischen beiden Begriffen eine wechselseitige und gleichwertige Austauschbarkeit besteht, dann können wir z. B. auch nicht mehr Ungleichgewicht nur als atypische und kurzfristige Erscheinungsform des Gleichgewichts sehen. Wenn im Wesen des Gleichgewichts das Ungeleichgewicht und umgekehrt enthalten ist; ökonomisch ausgedrückt: Wenn sich das Wesen der Stabilität durch die Existenz der Krise und umgekehrt auszeichnet, dann wird es schwierig, die Krise alleinig als Ausnahmeerscheinung der Stabilität und nicht zum Wesen der Stabilität gehörig zu deuten. Krise und Gleichgewicht sollten als zwei Seiten der selben Medaille gedacht werden. Krise ist nicht die Negation des Gleichgewichts, Gleichgewicht nicht die Negation der Krise, sondern Krise und Gleichgewicht stellen komplementäre Elemente dar, sind ideale und prototypische Benennungen von Endpunkten im Prozess der kapitalistischen Entwicklung. Gerade die Gewichtung und Interpretation von einseitiger Abhängigkeit des einen vom anderen ist ausschlaggebend für die Interpretation von ökonomischen Prozessen. Der Liberalismus geht davon aus, dass der Eingriff des Menschen, Staates

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2.5

Gleichgewicht und Gerechtigkeit

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LIBERALISMUS UND KRISE

oder Herrschers und/oder die Nichtachtung natürlicher ökonomischer Gesetze das Wirtschaftssystem in die Krise stürzt, das eigentlich in sich stabil ist und krisenfrei funktioniert. Der Marxismus dreht das ganze um, indem er behauptet, dass die Krise das charakteristische Wesensmerkmal des Kapitalismus sei. Die Phase der Stabilität wird im Marxismus nur als Zeitraum verstanden, in dem sich die Bedingungen der nächsten Krise herausbilden. Aber dazu im Kapitel 3 auf S. 22 mehr. Dieser (zugegebenermaßen etwas waghalsigen) Argumentation folgend könnten wir behaupten, dass der zentrale Stellenwert, der den Prinzipien Gleichgewicht, Gesetzmäßigkeiten, Konkurrenz und Selbstheilungskraft im Liberalismus zukommt, ein Krisenverständnis, das sozusagen wesentlich im Ökonomischen verankert ist, äußerst erschwert. Dort wo Gleichgewicht die Regel ist, in der Natur der Sache liegt, kann die Krise als ökonomischer Analysebegriff nur Unverständnis hervorrufen.

2.5 Gleichgewicht und Gerechtigkeit Ein kurzer Exkurs zum Begriffspaar Gleichgewicht und Gerechtigkeit. In der liberalen Ideologie wird viel über den Stellenwert von Gerechtigkeit nachgedacht, Hayek fasst die liberale Auffassung von Gerechtigkeit als Aufgabe auf, „objektive Regeln richtigen Verhaltens unabhängig von Sonderinteressen zu entdecken“. Die Diskussion kreist um die Frage, „ob das menschliche Verhalten gerecht ist oder die Regeln, die es leiten, aber nicht, welche Ergebnisse dieses Verhalten für einzelne Menschen oder Gruppen zeitigt.“ [Hayek 1979, 30] Das heißt: Es sollen ganz abstrakte Bedingungen von Gerechtigkeit in der Gesellschaft gelten, die jedoch nicht verzerrend oder dirigistisch und das Gleichgewicht bedrohend Gerechtigkeit verordnen dürfen. Gerechtigkeit wird als abstrakte Ziel hochgehalten, konkreter Erfüllungsgehilfe ist dann aber „das liberale Glaubensbekenntnis von der freien Konkurrenz als dem wichtigsten Hebel des Fortschritts und vom freien Markt als der Stätte vollkommener Gerechtigkeit. Freie Märkte waren ,liberal’. aber nicht demokratisch, weil sie keine ökonomische Nivellierung herbeiführten.“ [HandWB d. WW, 42] Durch die prästabilierte Harmonie am Markt, wo die Interessen der UnternehmerInnen mit den Interessen der KonsumentInnen identisch sind, scheint die Frage der Gerechtigkeit gelöst. In einer Wirtschaft vollkommener Konkurrenz, in der das

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2.5

Gleichgewicht und Gerechtigkeit

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LIBERALISMUS UND KRISE

Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herrscht, ist Verteilungsgerechtigkeit schlichtweg ein Glied in der Kette von kausalen Konsequenzen. Auch hier steht die Krise als Analysemöglichkeit zunächst auf verlorenem Posten. Dem könnten wir aber entgegen halten, dass es genau der freie Markt ist, der die Bedingungen (der Krise) herausbildet, und somit jene politischen und ökonomischen Maßnahmen hervorruft, um eine akzeptable – oder zumindest herrschaftssichernde – Verteilungsgerechtigkeit zu garantieren. Regulierende und umverteilende Eingriffe im Sinne der Gerechtigkeit werden dann von wirtschaftsliberaler Seite wiederum als Missachtung des Prinzips des freien Marktes und als Freiheitseinschränkung kritisiert. Die neoklassische Ökonomie weicht dieser kniffligen Frage nach Gerechtigkeit aus, als „einer immer mehr nach innen gerichteten Disziplin“ [Novy 2002, 11] beschränkt sie sich auf die mathematische Lösung des Gleichgewichtsproblem. Gleichgewicht wird als technischer Zustand beschrieben, in dem es „keine Reallokation von Gütern derart [gibt], daß jeder Haushalt eine Lage erreichen könnte, ide er seiner Gleichgewichtslage vorziehen würde“ [Hahn 1984, 157]. Mit der paretoeffizienten Allokation von Gütern am Markt ist das Problem des Gleichgewichts technisch gelöst, aber was ist mit der Gerechtigkeit? „Es ist wichtig, sich klarzumachen, daß dies nicht bedeutet, daß die Allokation auch gerecht sei. [. . . ] Folglich betreffen die moralischen Fragen die Verteilung der Anfangsausstattungen, und das Gleichgewicht als solches ist nur von beschränkter moralischer Bedeutung.“ [Hahn 1984, 157, Hervorhebung von mir] Die Krise wird zwar hier implizit mitgedacht, aber aus der mathematischen Modellierung der Allokation von Gütern ausgeschlossen. Denn solange das Gleichgewicht am Markt und die Allokationsleistung des Marktes mathematisch zufriedenstellend ist, sind moralische (lies: gesellschafltiche) Konsequenzen zu vernachlässigen, da sie längst aus dem Horizont einer sich selbst als "technischen"Disziplin wahrnehmenden Wissenschaft verbannt wurden, um sie den Niederungen der Politik und der Ideologie als Objekt der Debatte zu überlassen. Der Anspruch, eine Sozialwissenschaft zu sein, geht damit aber auch verloren, en passant sozusagen.

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2.6

Homo oeconomicus im progressiven Stahlbad 2 LIBERALISMUS UND KRISE

2.6 Homo oeconomicus im progressiven Stahlbad Der Gedanken des Fortschritts ist spätestens seit der Aufklärung und dem damit zusammenhängenden Aufstieg der Naturwissenschaften ein Fixpunkt in der politischen Ökonomie. Die stark naturwissenschaftlich geprägte Auffassung der Welt als mechanisch funktionierende Maschine gewinnt an Bedeutung und spiegelt sich im Fortschrittsoptimismus [Deeds 1947, passim] der Wirtschaftswissenschaften wider. Fortschritt wird dabei oft als linearer Prozess gesehen, auf dessen Weg sich zwar Krisen ereignen können, doch dessen grundsätzliche Richtung und Verlauf nicht in Frage gestellt werden. Den Glaube an einen Fortschrittsautomatismus und in die Zwangsläufigkeit von Entwicklung hat Auguste Comte (1798-1857) in einen knappen Satz gefasst: „Progress may be regarded simply as the development of order.“ [Auguste Comte, zit. nach: Cowen/Shenton 1996, 29]. Die Entwicklung, die Herausbildung von Ordnung als Konsequenz von Fortschritt lässt einem kritischen Krisenverständnis „zur prozessualen Grundbestimmung der geschichtlichen Zeit“ wenig Platz [Koselleck 1982, 627]. Fortschritt ist der Motor der Geschichte (und somit auch der Wirtschaft), und nicht die Krise. Graf Lambsdorff argumentiert hier ähnlich, wenn er davon ausgeht, dass wir bei weniger Eingriffen von seiten des Wohlfahrtsstaates „mehr Marktwirtschaft“ (lies: mehr Fortschritt) und somit auch „mehr mündige Bürger, weniger Trittbrettfahrer“ hätten [Otto Graf Lambsdorff, zit. nach: Hayek 1991, 11]. Eng damit verwandt ist auch das unverrückbare Vertrauen in die menschliche Zweckvernunft, die in der Figur des homo oeconomicus dargestellt wird. Der homo oeconomicus ist der Inbegriff des rational-handelnden Menschen, der „Idealtypus des zweckrational agierenden Individuums“, schlicht „eine perfekte Maschine“ [IPE]. Wenn sich der Mensch zweckrational und dem neoklassischen Grenznutzenkalkül entsprechend verhalten würde, seinen eigenen Nutzen eigennützig (und somit in der liberalen Lehre zugleich uneigennützig) fortgehend maximieren und optimieren würde, sollte sich auch ein Zustand der Stabilität und Prosperität einstellen und Krisen aufgrund des „törichten“ Handelns der Menschen der Vergangenheit angehören. Die Betonung der Rationaltität als Legitimation gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ordnung findet sich im Positivismus besonders stark ausgeprägt, der die Aufgabe der Wissenschaft darin sieht, „die Gesetzmäßgikeiten der Welt zu erkennen“, um mittels Forschung „zu

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2.6

Homo oeconomicus im progressiven Stahlbad 2 LIBERALISMUS UND KRISE

einer allmählichen und kontinuierlichen Annäherung“ zu einer „objektiven Wirklichkeit – sprich Wahrheit“ zu gelangen [Novy 2002, 20]. Der Positivismus hatte großen Einfluss auf die Ideen des Liberalismus, aber auch Marxismus, und eine positivistische Auffassung von Wissenschaft als neutrale Autorität erlangt auch heute noch weitverbreitete Zustimmung. Im Zitat von Roosevelt (siehe S. 7) wird die Krise zwar schon explizit genannt, jedoch nicht als Motor der Geschichte und der Fortschritts verstanden, sondern eher als momentane Stockung des Fortschritts, als kurzzeitige Verwirrung und Abweichung vom Ziel. Für die optimistischen Liberalen war die Krise nur eine Sprosse auf der Leiter des Fortschritts. Die Krise wird zur Mission: als Durchgangsphase des Fortschritts, in der das Unproduktive und Ineffiziente abgeschüttelt wird und die Vernunft des Marktes zur wohltuenden und reinigenden Selektion schreitet. Julius Wolf beschreibt das folgendermaßen: „Sie [die Krisen, Anm. d. Autors] sind nicht bloß wiederkehrende Musterungen und treffen periodisch zwischen den besser und minder gut zur Führung der Geschäfte Veranlagten und Ausgestatteten die Auswahl, sondern sie stellen gleichzeitig die Produktionsbedingungen auf eine andere Basis. [Es sind Veranstaltungen], von denen man fast sagen könnte, wie Voltaire von Gott getan hat, daß man sie einführen müßte, wenn man sie nicht bereits hätte . . . um ihres kraftsteigernden Effektes willen.“ [Julius Wolf, Sozialismus und kapitalistische Gesellschaftsordnung, 1892, zit. nach: Koselleck 1982, 644] Gegen Ende des 19. Jahrhunderts häufen sich diese sozialdarwinistischen Einstellungen, wonach im Kapitalismus „fast überall und ununterbrochen ein Kampf ums Dasein herrscht“ und demzufolge der „chronische Ausscheidungsprozeß nicht als eine Krisis angesehen werden“ dürfe [Wilhelm Lexis zit. nach: Koselleck 1982, 644]. Die Krise wird hier soweit in die Natur der Welt, in den natürlichen Lauf der Dinge zurückverwiesen, dass sie nicht mehr ein Charakteristikum des Kapitalismus ist, sondern einfach nur ist; als Gesetzmäßigkeit der Welt. In dieser naturalisierten Interpretation hat Krise nichts mehr mit der Ökonomie zu tun, Tüchtigkeit und Fleiß des Einzelnen werden Gradmesser für Prosperität. Wir können hier eine Naturalisierung und Individualisierung der Krise ausmachen; eine Lesart, die heute Hochkonjunktur feiert. O-Ton: Die Lage ist so wie sie ist. Da kann mensch nichts machen. Subtext: Und wenn du scheiterst, bist du selbst schuld. . .

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DIE KRISE IM MARXISMUS

Rüstow stellt den Vergleich zwischen Sport und Ökonomie her, der „wie jeder andere [Sport], eine gewisse Härte im ,Nehmen’, eine Bereitschaft sich gegebenfalls als ,good loser’ auch mit Rückschlägen und Verlusten abzufinden“, fordert. Die Wirtschaft und insbesondere die Krise wird zum Stahlbad für den Menschen, um der Verweichlichung und der „unmännlichen Wehleidigkeit“ des Menschen entgegen zu treten, der „bei der kleinsten Schramme gleich laut schreiend zum Vater gelaufen kam, um sich ein Subventionspflaster aufkleben zu lassen“ [Rüstow 1950, 47]. Abgesehen von einer sozialdarwinistischen und diskrimierenden Glorifizierung der männlichen Härte (NB: das Buch wurde 1947 geschrieben!) wird noch einiges deutlich: Das Versagen der Wirtschaft und die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus wird dem Individuum in die Schuhe geschoben, der Grund für die Krise ist beim Einzelnen zu suchen und nicht beim System. Und diese Argumentation erfreut sich in den letzten Jahren wieder großer Beliebtheit, individuelle Selbstverantwortung wird zum ökonomischen Entscheidungsprinzip, Leistung zum anerkannten Selektionsmechanismus. Zusammengefasst: Die Krise ist auf die Schwäche des Einzelnen zurückzuführen. Ein letzter (und gewagter) Lösungsvorschlag für die Frage, wieso in der liberalen Ökonomie die Krise nicht sonderlich präsent ist: Vielleicht liegt eine mögliche Antwort im philosophischen Geschichtsverständnis des Liberalismus im Gegensatz zum Marxismus. Während das marxistische Geschichtsverständnis vor allem auf dem Prinzip des historischen und dialektischen Materialismus aufbaut, ist die Ideologie des Liberalismus noch viel stärker in den Ideen der Aufklärung, der „Vernunft“, der natürlichen Ordnung verwurzelt. Während die Krise im Marxismus ein unabdingbares Element zur dialektischen Analyse des Kapitalismus darstellt, ist die Krise im Liberalismus vor allem ein Resultat aus der Abkehr von der Vernunft und der Ratio des Marktes; die temporäre Störung des Gleichgewichts. Bei Marx ist die ökonomische Theorie historische Analyse, im Liberalismus hingegen „wird die Geschichtlichkeit der wirtschaftlichen Abläufe seit Menger, Walras und Pareto als unnötig für den axiomatischen Aufbau der Theorie gesehen“ [HistKritWB d. Marxismus, 1066].

3 Die Krise im Marxismus

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3.1

Krise und Krisentheorien bei Marx

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DIE KRISE IM MARXISMUS

„Die Krisis wird mir körperlich ebenso wohltun wie ein Seebad.“ [Friedrich Engels: Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie, MEW Bd. 1, 1956, S. 516, zit. nach: Koselleck 1982, 645]

3.1 Krise und Krisentheorien bei Marx Nun kurz und skizzenhaft zum Konzept der Krise im marxistischen Denken. Wie das Zitat von Engels oben schon verdeutlicht, ist die Krise ein fixes (und anscheinend erfreuliches) Bestandteil in der marxistischen ökonomischen Analyse. Die Krise im marxistischen Verständnis ist immer nur die ökonomische Krise, denn getreu dem historischen Materialismus [vgl. Sowjetideologie I, 239-249] sind andere Krisenerscheinungen nur Widerspiegelung der Krisenhaftigkeit der ökonomischen Entwicklung. So ist auch die Warnung von Marx zu verstehen, „dem revolutionären Entwicklungsprozeß vorzugreifen, ihn künstlich zur Krise zu treiben“ auf die Gefahr hin, dass „nur der Mangel verallgemeinert, also mit der Notdurft auch der Streit um das Notwendige wieder beginnen und die ganze alte Scheiße sich herstellen müßte“ [Karl Marx, zit. nach: Sowjetideologie II, 107-108]. Die Krise kann nicht künstlich (lies: auf politischem Wege) hergestellt werden, sondern sie entwickelt sich selbstständig aus den Widersprüchen des Kapitalismus. Zuwider handeln: zwecklos. So sagt es die gestrenge Lehre der marxistischen Dialektik. „Weiter“ [Lenin 1970, 21]. Die Krise ist der Moment des Zerfalls und zugleich der Restrukturierung der Ökonomie, Knotenpunkt der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung. Im Gegensatz zum Liberalismus hat der Marxismus eine Reihe von Krisentheorien hervorgebracht, um die „ungeheure Warensammlung“ namens Kapitalismus zu untersuchen. Die Existenz dieser Krisentheorien wird auch leicht verständlich, wenn wir wissen: „Es ist das Hauptanliegen des Marxismus, die kapitalistische Produktionsweise als historisch vergänglich und damit als krisenhafte zu beschreiben“ [Europ. Enz. d. Philosophie, 878, Hervorhebung von mir]. Im kommunistischen Manifest von 1848 stoßen wir auf eine erste, knappe (Marx würde wohl sagen: popularisierte) Krisenerklärung: „ . . . In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche allen früheren Epochen als ein Widersinn erschienen wäre – die Epidemie der Überproduktion . . . Wodurch überwindet die Bourgeoisie die Krisen? Einerseits durch die erzwungenen Vernichtung einer Masse von

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3.1

Krise und Krisentheorien bei Marx

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DIE KRISE IM MARXISMUS

Produktivkräften; andererseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung alter Märkte. Wodurch also? Dadurch, daß sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.“ [Manifest der kommunistischen Partei, zit. nach: Koselleck 1982, 645] Diese Aussage bildet die Zusammenfassung einer Reihe kapitalismus- und krisentheoretischer Überlegungen, beginnen wir mit der Grundvoraussetzung für eine Krise in der marxistischen Theorie: Krisen als ökonomisches Phänomen tauchen erst mit der Herausbildung einer frühkapitalistischen Wirtschaftsordnung auf, die sich durch das Vorhandensein von Märkten als Tauschplatz der Waren und Geld als Zirkulationsmittel auszeichnet. Während die bürgelich-liberale Denkschule das Geld nur als „Schmiermittel“ der Wirtschaft versteht, das einen reibungsloseren und zeitlich-räumlich ungehinderteren Warentausch ermöglicht; das Geld als Schleier interpretiert, hinter dem sich die „reinen“ Tauschbeziehungen abspielen, entdeckt Marx im über Geld vermittelten Tausch die Krisenfähigkeit und Krisenanfälligkeit des Kapitalismus. Für David Ricardo ist Geld „nur das Mittel, welches den Austausch bewirkt“ [David Ricardo, zit. nach: Trachtenberg 1957, 23]. Im liberalen Modell ist es das Preissystem, das Schwankungen zwischen Angebot und Nachfrage ausgleicht und somit z. B. eine Absatzkrise verhindert. Marx hingegen führte den Nachweis, „daß mit dem Aufkommen des Geldes auch die Möglichkeit der Krise bestand“ [Vockel 2003, 14] und untersuchte die Zirkulation des Kapitals, fragte sich, „ob seine im Productionsprozeß gesetzte Verwertung seine reale Verwerthung ist“ [Karl Marx, zit. nach: Europ. Enz. d. Philosophie, 879]. Durch das Geld wird es möglich, dass Kauf und Verkauf der Ware auseinanderfallen, d. h. es wird nicht direkt Ware gegen Ware getauscht, sondern die verkaufte Ware nimmt den Umweg über das Geld, das beim Verkauf erlöst wurde, um sich dann sofort oder irgendwann durch den Kauf einer Ware wieder in Ware zu verwandeln. Geld stellt eine Ware dar, die zirkulationsfähige Form annimmt; diese Ware namens Geld kann unmittelbar durch einen Kauf „konsumiert“ werden, muss sie aber nicht, sie kann auch gespart werden. „Die Zirkulation sprengt die zeitlichen, örtlichen und individuellen Schranken des Produktenaustausches eben dadurch, daß sie die hier vorhandene unmittelbare Identität zwischen dem Austausch des eigenen und dem

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3.1

Krise und Krisentheorien bei Marx

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DIE KRISE IM MARXISMUS

Eintausch des fremden Arbeitsproduktes in den Gegensatz von Verkauf und Kauf spaltet. Daß die selbständig einander gegenübertretenden Prozesse eine innere Einheit bilden, heißt ebensosehr, daß ihre innere Einheit sich in äußeren Gegensätzen bewegt. Geht die äußerliche Verselbständigung der innerlich Unselbständigen, weil einander ergänzenden, bis zu einem gewissen Punkt fort, so macht sich die Einheit gewaltsam geltend durch eine – Krise.“ [Karl Marx, zit. nach: Vockel 2003, 14] Diese Eigenschaft, das Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf in zwei räumlich und zeitliche getrennte Akte, ist zentrales Element der marxistischen Analyse. Denn: „Markt und Produktion sind zwei gegeneinander gleichgültige Momente“ [Europ. Enz. d. Philosophie, 879]. Das bedeutet: Die Bedingungen der Produktion (Akkumulation) sind nicht identisch mit den Bedingungen der Realisation (des Profits), oder wiederum anders ausgedrückt: „Das Mittel – ständige Produktivkraftentwicklung – gerät zum Zweck der Verwertungsverbesserung ständig in Widerspruch“ [Lex. d. Sozialismus, 386]. Daraus resultiert die krisentheoritische Schlussfolgerung, dass es kein langfristiges Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage geben kann, dass die Funktionsweise des Kapitalismus dauernd Situationen hervorbringt, in denen – vereinfacht dargestellt – ein zu großes Angebot (Überproduktion) auf eine nicht ausreichend konsumfähige Nachfrage (Unterkonsumtion) trifft. Die marxistische Schule hat eine Reihe von Variationen dieser Krisentheorie hervorgebracht, die jeweils die krisenerzeugenden Faktoren unterschiedlich stark gewichtet hat (Krise wegen Überproduktion, Überakkumulation, Unterkonsumtion, Profitsqueeze, . . . ), die jedoch alle auf den oben dargestellten Widerspruch zwischen Produktion und Realisierung rekurrieren. Der expansive Charakter des Kapitalismus schafft Disproportionalitäten, die in Krisen gipfeln. Krisen sind Momente der Vernichtung von Kapital, Momente qualitativer Veränderungen, in denen die Voraussetzungen für einen neuen Akkumulationszyklus gelegt werden. „Die Funktion der Krise besteht nun darin, die Kapitalvernichtung bzw. -entwertung so lange wirken zu lassen, bis ein neuer Aufschwung aufgrund genügender Nachfrage möglich wird“ [Lex. d. Sozialismus, 386]. Die Krise ist im marxistischen Sinne eine „Marktbereinigung“, Ausscheidung von dysfuntkionalen Bereichen, eine temporäre Gesundung (vgl. Adam Smith auf S. 16) und eine kurzfristige Wiederherstellung eines Gleichgewichts; schlichtweg eine Bedingung für neues Wachstum, das aber allerdings wiederum Nährboden für eine

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3.1

Krise und Krisentheorien bei Marx

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DIE KRISE IM MARXISMUS

neue Krise ist. Marxismus und Liberalismus stehen sich in der Analyse der Gleichgewichts diametral gegenüber: Erscheint es im Liberalismus Normalzustand einer funktionierenden Marktwirtschaft, ist das Gleichgewicht im Marxismus „selbst ein Zufall“ [Trachtenberg 1957, 55], in Momenten des Zusammenbruchs kurz gegeben, um dann wieder durch die kapitalistische Logik aus dem Lot zu geraten. „Krisen sind immer nur momentane gewaltsame Lösungen der vorhandenen Widersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wieder herstellen. “ [Karl Marx, zit. nach: Trachtenberg 1957, 63, Hervorhebung von mir] In diesem Zitat wird die Zyklizität und Wiederholbarkeit der Krise im Kapitalismus deutlich, krisenverschärfend wirkt darüber hinaus noch das „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ [vgl. Europ. Enz. d. Philosophie, 878-881]. Marx betont immer wieder, dass er in seiner theoretischen Arbeit die formalen Möglichkeiten des Kapitalismus untersucht, die zu einer Krise führen können, er spricht von der Krise als Notwendigkeit für das Funktionieren des Kapitalismus, verwehrt sich aber gegen eine Folgerung eines mechanistischen Automatismus, der den Zerfall des Kapitalismus unweigerlich herbeiruft. Die zwangsläufige Krisenhaftigkeit des System schließt die Zwangsläufigkeit des Zusammenbruchs nicht ein. Denn „die im ,Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate’ dargestellte universelle Krisenhaftigkeit des Kapitalismus führt schon deshalb nicht zu einem ,ökonomischen Endpunkt’, weil die Instanz der zyklischen Krise wieder für Bedingungen sorgt, unter denen der kapitalistische Reproduktionsprozeß weiter funktionieren kann“ [Europ. Enz. d. Philosophie, 879]. Im Zuge der Kanonisierung der marxistischen Theorie zum Marxismus-Leninismus und unter dem Druck einer verschärften weltpolitischen Auseinandesetzung wurde aus der Krisenhaftigkeit eine Zusammenbruchstheorie abgeleitet, die einer kritischen Analyse der Bewegungsformen des Kapitalismus im Wege steht. Im Vertrauen auf den nahenden Tod des „faulenden“ und absterbenden Kapitalismus übten sich kommunistische Parteien im revolutionären Attentismus, an Stelle der Kritik und Analyse der bourgeoisen politischen Ökonomie trat das einstudierte Rezitativ vom dogmatischen MarxismusLeninismus [Trachtenberg 1957, passim].

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3.2

Neuere Ansätze zur Krisenerklärung

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DIE KRISE IM MARXISMUS

3.2 Neuere Ansätze zur Krisenerklärung „Du meinst also, die Wirklichkeit verhielte sich ,undialektisch’?“ [opentheory.org]

Die Abhängigkeit der marxistischen Theorie von der politischen Praxis der Sowjetunion hat laut Ernest Mandel zu der Unfähigkeit geführt, in der politischen Ökonomie „das für das 20. Jahrhundert zu leisten, was Marx für das 19. geleistet hat“ [Ernest Mandel, zit, nach: Kramm 1979, 116]. Mandel unternimmt den Versuch, die marxistische Theorie – und somit auch die Krisentheorie – für das 20. Jahrhundert neu zu denken, die engen Grenzen der Überakkumulations- und der Unterkonsumtionsschule zu überwinden, da „beide den Fehler [begehen], auseinanderzureißen, was im Innern der kapitalistischen Produktionsweise organisch miteinander verbunden ist“ [Mandel 1987, 234]. Ursachen der Krise werden in der Überproduktion von Waren, der Unterkonsumtion der Massen, der Überakkumulation von Kapital, der Ungleichwichtigkeit der Produktion und dem Fall der Profitrate ausgemacht. Für Mandel gehören alle diese Phänomene zusammen und zusammen gedacht, um zu einem befriedigenden Verständnis von der Krisenhaftigkeit des Kapitalismus zu gelangen [vgl. Mandel 1987, 236]. Die Überakkumulation von Kapital gründet in der Nichtrealisierung von ausreichend hohen Profiten und geht mit der Überproduktion von Waren Hand in Hand, Überfluss an Kapital und Mangel an Profiten bestehen gleichzeitig, bedingen sich gegenseitig. Die Unterkonsumtion der Massen wird durch die Ausbeutung der ArbeiterInnen und die deswegen zu geringen Löhne bedingt. Ein Hebung der Konsumfähigkeit, wie sie etwas Keynes (und keynesianistische Wirtschaftspolitik ist auch als Krisenbewältigungspolitik zu interpretieren) vorschlug, ist für Mandel nicht ausreichend. Während Keynes die Krisenursache auf der Nachfrageseite ausmachte und durch eine Ausweitung der Nachfrage Krisen bekämpfen und vorbeugen wollte, widerspricht Mandel diesem Standpunkt, „demzufolge es genügte, die Löhne anzuheben, um die Krise zu vermeiden. Denn die Kapitalisten sind nicht einfach am Verkauf der Waren interessiert, wie bereits betont wurde. Sie wollen sie mit genügend Profit losschlagen.“ [Mandel 1987, 236] Der Ansatz von Mandel zielt darauf ab, die Oberflächenphänomenen der Krise, ihre Auslöser, ihre Funktion und ihre Ursache zu unterscheiden. Das auslösende

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3.2

Neuere Ansätze zur Krisenerklärung

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DIE KRISE IM MARXISMUS

Ereignis der Krise muss von ihren Erscheinungsformen getrennt betrachtet werden, und der Auslöser der Krise fällt wiederum nicht mit der Ursache der Krise zusammen. Und die Funktion der Krise besteht in der Wiederherstellung von günstigen Reproduktionsbedingungen. Der Fall der Profitrate verschlechtert die Rentabilitätsbedingungen in der Produktion, worauf die expansive Akkumulation des Kapitalismus mehr und mehr „auf spekulative, riskante und weniger rentable Aktivitäten“ [Mandel 1987, 241, Hervorhebung von mir] ausweicht. Hier wird die Tendenz angesprochen, dass der Finanzwirtschaft, dem Kreditgeschäft und der Spekulation vor Ausbruch von Krisen sehr große Bedeutung für die Realisierung von Profiten zukommt, da an die Stelle der Kapitalbewegung G—W—G’ die Bewegung G—G’ tritt. Der Umweg über die Ware fällt weg, aus Kapital wird mehr Kapital, ohne dass es sich in Warenform über den Markt materialisieren muss. Und momentan leben wir ja in einer solchen Phase. Wir sehen darin ein Zeichen für Globalisierung. In neueren marxistischen Krisendebatten vergeht viel Zeit (und Tinte) in der Standortbestimmung von politisch-strategischen Positionen, „um ein vom ökonomisschen Sektor nicht determiniertes politisches Handeln überhaupt möglich zu machen“ [Kramm 1979, 115], ohne sich dann gleich vor Revisionismusvorwürfen schützen zu müssen. Die immerwiederkehrende Diskussion, wer denn nun Marx (lies: die reine Lehre) richtig verstanden habe, wer Marx richtig interpretiert, und was Marx wirklich gemeint hat, nimmt viel Platz in den untersuchten Texten der Krisis- und der Wildcat-Gruppe ein. Die Wildcat-Gruppe versucht die Krise zu typisieren und unterscheidet in Anlehnung an die Regulationsschule folglich fünf Typen von Krisen: Exogene Krisen, Anpassungskrisen, Krisen der Regulationsweise, Krise der Entwicklungsweise und endlich die Krise der Produktionsweise [vgl. Wildcat-Zirkular: Nr. 2]. Die Schwierigkeit in den krisentheoretischen Diskussionen besteht nicht so sehr in der Benennung der Krisen (obwohl auch in diesem Feld aureichend Anlass zur Verwirrung gegeben ist), sondern in der Operationalisierung, in der Umsetzung der theoretischen Arbeit. Uneinigkeit herrscht über die politischen Strategien, über das revolutionöre Subjekt, „wie die Klasse wieder an den Drücker kommen kann“ [Wildcat-Zirkular: Nr. 2]. Welche praktischen Konsequenzen hat die Krisentheorie, wie verhält sich politischer Aktionismus mit dem strukturalisierenden dialektischen Basis-Überbau-Konzept, wie kann dem Problem von revolutionärem Attentismus, Avantgarde-Vorstellungen und Mobilisierung im Zusammenhang mit dem Auftreten der Globalisierungsbewegung begegnet werden?

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3.2

Neuere Ansätze zur Krisenerklärung

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DIE KRISE IM MARXISMUS

Knifflige Fragen, die einer Beantwortung harren. Operaistische Ansätze zur Krisenerklärung, wie sie etwa von Antonio Negri entwickelt wurden, sind aus der Mode gekommen, da auch die ArbeiterInnen, deren reale Kämpfe als Ursache für die kapitalistische Krise gesehen wurden, als organisiertes Subjekt des Klassenkampfes „verloren“ gingen. Den neo-keynesianistischen Ansätzen wird vorgeworfen, „die konjunkturellen Aspekte der Krise über- und die strukturellen Ursachen unterzubewerten“ [Wildcat-Zirkular: Nr. 1]. Einer historischeren Analyse wird der Vorzug gegeben, da durch sie die Unterscheidung von aktuellen und zyklischen Krisen getroffen werden kann [vgl. Wildcat-Zirkular: Nr. 1]; zum Verständnis von Globalisierung scheint mir diese Differenzierung wichtig, aber dazu später. Einen anderen Weg geht Lohoff (Mitglied der Krisis-Gruppe, siehe kritisch dazu [Reitter]), der implizit auf Schranken des Kapitalismus, auf eine begrenzte Möglichkeit kapitalistischer Expansion abstellt. Angenommen: Wenn Marx einen „reinen Begriff des Kapitals entwickelt, so müßte auf begrifflicher Ebene zu zeigen sein, daß das Kapital durch die Verfolgung der eigenen Logik sich selbst Schranken, innere Schranken, setzt. Zweitens: Man muß zeigen, daß eine solche letzte Schranke – falls sie begrifflich nachgewiesen werden kann – gegenwärtig aktuell ist, sich also empirisch nachweisen läßt.“ [Reitter] Es geht darum, näher an Marx heranzukommen, die Vielfalt der sich widersprechenden oder ergänzenden Krisentheorien verstellt den Blick, denn „[d]ie ökonomischen Krisen stellen bei Marx nie ein zusätzliches Thema dar – die ganze Untersuchung [. . . ] des Kapitals ist von vornherein immer auch Krisenanalyse“ [Lohoff]. Lohoff, Mitglied der Krisis-Gruppe, neigt unverständlicherweise immer wieder zu apodiktischen Verkündigungen, die seine Argumentation doch eher beeinträchtigen als fördern, wenn z. B. sich das „Widerspruchspotential, das einer gewaltsamen Entladung harrt, sich Monat für Monat schwindelerregender auftürmt“, die „unhintergehbare historische Schranke“ markiert wird und „die ganze kapitalistische Sumpfblüte“ im Text erblüht [Lohoff, passim]. Die Krisentheorie wird mit der Zusammenbruchstheorie zusammengeführt und als Moment höchster Brisanz des Marxschen Ansatzes verstanden. Ausgehend vom Fall der Profitrate erreicht das Kapital seine absolute Schranke, die Krise als Kompensationsmechanismus des

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3.2

Neuere Ansätze zur Krisenerklärung

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DIE KRISE IM MARXISMUS

ungleichgewichtigen Kapitalismus schlägt um in eine endgültige Krise, dem Untergang des Kapitalismus. Lohoff sieht Möglichkeiten dafür gegeben, da die „technologische Innovationsschübe“ nur mehr Rationalisierungen seien; die dritte industrielle Revolution namens Mikroeletronik kann „daher keinen neuen selbsttragenden Akkumulationsschub in Gang setzen, sondern vervielfacht die durch das Auslaufen des fordistischen Booms freigesetzten Krisenpotenzen.“ [Lohoff] Gegenstandpunkt: Heinrich steht solchen endzeitigen Zusammenbruchsszenarien skeptisch gegenüber, beim Revival der Zusammenbruchstheorie durch die KrisisGruppe „ist es verwunderlich, daß sich die Krisis-Gruppe nun ausgerechnet mit dieser Perle“ [Heinrich 1999, 2] des an Bornierungen nicht armen doktrinären Marxismus schmückt. Er wirft die interessante Frage auf, was für einen gesellschaftlichen Zustand wir uns vorstellen sollen, wenn es zur Zusammenbruchskrise kommt. Wir können sie theoretisch beschreiben, aber sind wir auch in der Lage, sie in der Realität wahrzunehmen, zu erkennen? Oder anders: Was nützt uns eine Krisentheorie, wenn wir real nicht begreifen, ob und – falls ja – in welcher Krise wir uns befinden? Heinrich dreht den Spieß um: Für sind die gegenwärtigen Krisenprozesse keineswegs die Vorwegnahme des Endes des Kapitalismus, sondern vielmehr das – unbestritten krisenhafte – Funktionieren des globalen Kapitalismus. Mit dem Zusammenbruch des befehlsadministrativen Realsozialismus steht der Kapitalismus zum ersten Mal in der Geschichte vor der Möglichkeit, global hegemonial zu werden, sich zu globalisieren – gemäß seinem expansiven Charakter. „Wenn die ,Konkurrenz auf dem Weltmarkt’ wirklich die ,Basis und die Lebensatmosphäre der kapitalistischen Produktionsweise bildet’, wie Marx im dritten Band des ,Kapital’ formulierte [. . . ], dann ist dieser ,Weltmarkt’ heute zum ersten Mal soweit entwickelt, daß er tatsächlich die gesamte Welt umfaßt. Insofern wird die reale Existenz der kapitalistischen Produktionsweise jetzt zum ersten Mal ,ihrem Begriff adäquat’.“ [Heinrich 1999, 4-5]

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4 Globalisierung und Krise „Dieser Punkt ist jetzt erreicht.“ [Engels 1970, 88]

4.1 Krisenbewältigungsstrategie Wie können wir nun Globalisierung mit Krise vereinen? Wenn wir Globalisierung vor allem als ökonomischen Prozess begreifen – auf die Gefahr hin, andere Erklärungsansätze zu vernachlässigen –, dann können wir der Globalisierung Merkmale zuschreiben, die wir schon bei Marx finden (siehe Zitat des kommunistischen Manifests auf S. 23). Ich verstehe Globalisierung als einen globalen Prozess des Kapitalismus, der Expansion und Intensivierung vereint. Die Expansion findet durch die Ausweitung bestehender Märkte und Erschließung neuer Märkte statt. Die Expansion ist einmal eine räumlich-geographische (EU-Erweiterung, NAFTA/TLC-AN, FTAA/ALCA) Ausdehnung, dann eine strukturelle Ausweitung bestehender Märkte durch Kommodifizierung von Bereichen, die vorher dem Markt nicht zugänglich waren (GATS, Pensionen, Wasser, Dienstleistungen). Die Intensivierung tritt in Form von Rationalisierungen, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Zurückdrängung kollektiver Verhandlungsformen, Durchsetzung von „freien“ Dienstverhältnissen, Effizienzsteigerungen in Erscheinung. Auf globaler Ebene kommt es zu tiefgreifenden Veränderungen, zu Restrukturierungen des Marktes, zu Fusionen zur Sicherung oder Herstellung vorteilhafter Marktstellungen, zu vermehrter Verlagerung des Kapitals in die spekulative und kreditgestützte Finanzwirtschaft. Es sind Konzentrationsprozesse von Reichtum und Kapital zu beobachten, Veränderungen und Umschichtungen in der Verteilung des globalen und nationalen Wohlstands. Was passiert in einer Krise? Trachtenberg schreibt, dass die Krise „den Konzentrationsprozeß der Produktion“ beschleunigt, „auf Kosten der verstärkten Ausbeutung der Arbeiter, durch den Ruin des Kleinbürgertums und das Verschlingen von Klein- und Mittelbetriebe seitens der Großbetriebe durchgeführt wird“ und Finanzkrisen „mit der Expropriation der kleinen und mittleren Bourgeosie verbunden“ ist [Trachtenberg 1957, 64-67]. „Die innere und äußere Erweiterung des kapitalistischen Gesamtreproduktionsprozesses stellt also eine wichtige Bedingung dar“

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4.1

Krisenbewältigungsstrategie

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[Europ. Enz. d. Philosophie, 882, Hervorhebungen von mir], um Krisen zu kurzfristig zu überwinden. Die Veränderungen der Regeln im ökonomischen Bereich verbunden mit dem Paradigmenwechsel der Politik der internationalen Finanzinstitutionen und der Nationalstaaten, die seit einiger Zeit beobachtbar sind, können einerseits als „natürliche“ Entwicklung der Wirtschaft verstanden werden, als Zwangsläufgkeit einer deterministisch fortschreitenden Geschichte, wobei sich hier bei der Zwangsläufigkeit der Entwicklung der liberale Laissez-Faire-Fatalismus und der borniert-orthodoxe Marxismus die Hand geben und lediglich in der Interpretation der Folgen, nicht aber der Mechanik des Ganzen, differieren. Andererseits bietet sich eine Erklärung an, die sowohl die historisch-systemische Komponente der Globalisierung als auch die Handlungsebene von AkteurInnen, die innerhalb eines sozial konstruierten Dispositivs agieren, aufnimmt. Wenn wir Globalisierung als Krisenbewältigungsstrategie interpretieren, fällt viel vom ornamentalen medialen Ballast dieses Wortes ab. Denken wir Globalisierung als Antwort des Systems und seiner AkteurInnen auf die Wirtschaftskrise in den 70er Jahren, die qualitative Veränderungen in der Zusammensetzung der Macht- und Produktionsverhältnisse hervorgerufen hat; als Versuch, die strukturelle Stabilität des Systems zu retten und zu sichern; schließlich als Lösungsversuch für die Wirtschaftskrise der 70er Jahre und als neoliberales Nachfolgemodell des gescheiterten/zu Fall gebrachten keynesianistischen Wohlfahrtsstaates. Die überall zu beobachtenden Restruktierungen der Wirtschaftssysteme, die Modifizierung der Spielregeln des Handels und des Handelbaren und die „Reformen“ des Wohlfahrtsstaates können als kleine sichtbare Erscheinungen einer globalen Krisenbewältigungsstrategie gedacht werden. Dazu bedarf es aber eines Krisenverständnisses (siehe Abschnitt 1.6 auf S. 7), das wirtschaftshistorisch und multimethodisch vorgeht, um die Schranken (nein: nicht des Kapitalismus) einer eingeengten, strikt ökonomischen Analyse zu überwinden. Die Historizität der marxistischen politischen Ökonomie scheint mir ein geeigneter Zugang, um dem nebulösen Schlagwort Globalisierung beizukommen. Der Blick durch die Brille des von mir gebrauchten Krisenbegriffes erlaubt es auch, systemimmanente „Normalität“ von dem zu erkennen, was Globalisierung genannt wird. Die unterhalb der Oberfläche des Schlagwortes stattfindenden Prozesse sind für sich genommen nichts qualitativ Neues. Vielmehr zeichnen sich Restrukturierungen, Umschichtungen und Veränderungen in den Produktionsverhältnissen zuungusten

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4.2

Handlungsspielräume

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der Produktivkräfte dadurch aus, dass sie Instrumente in Zeiten sind, in denen die Bedingungen der Akkumulation nicht mehr den Bedingungen der Realisation des Profits entsprechen. Wir bezeichnen das als Krise, ihr zyklisches Auftreten ist lediglich ein Lebenszeichen des Kapitalismus, ein Beweis für seine Funktionsfähigkeit liegt genau in der Krisenhaftigkeit: eine paradoxe Ironie. Dieser Analyse folgend hat für uns Globalisierung nichts Außergewöhnliches an sich, wir könnten sagen: ein anderes Wort für Krise mitsamt der sicht- und spürbaren Versuche zur Überwindung derselben. Und die Grausamkeit der Globalisierung lässt sich durch die für das System und ihre profitierenden AkteurInnen notwendige Wiederherstellung der Bedingungen für einen neuen Akkumulationszyklus erklären. Trotzalledem beinhaltet Globalisierung auch etwas qualitativ Neues: Es ist die Tatsache, dass zum ersten Mal in der Geschichte des Kapitalismus diese Wirtschaftsform ihrem expansiven Grundzug gerecht wird, also global wird. Zumindest geographisch bleibt wenig Raum für eine weitere Expansion oder die „Eroberung neuer Märkte“, deshalb erlangt auch die „gründlichere Ausbeutung alter Märkte“ und die Kommodifizierung vormals profitexogener Bereiche so große Bedeutung. Die sozialen Kämpfen bewegen sich auf diesem Gebiet. Die Krisenbewältigungsstrategie Globalisierung macht die Regelungen der Verteilung von Reichtum, die Ausbeutungsbedingungen (lies: Arbeitsrechte, Arbeitsverträge und soziale Mindeststandards) und die Machtverhältnisse zum umkämpften Terrain. In der Krise namens Globalisierung entscheidet sich, welche spezifische Qualität und soziale Ausformung das entstehende Machtfeld erneuter Akkumulation haben wird.

4.2 Handlungsspielräume Wir dürfen nun die Warnung von Marx überhören (siehe die Aussage auf S. 23) und wollen uns den Handlungsmöglichkeiten innerhalb einer Krise, und im speziellen der Globalisierungskrise, zuwenden. Die Handlungsspielräume eröffnen sich durch die Anerkennung des dialektischen Charakters des sozio-ökonomischen Feldes. Der Widerstreit und die Interdependenz zwischen Struktur und Handelnden eröffnet die Perspektive für die Praxis, für Techniken der Intervention und Veränderungsversuche. Das bezeichnete Wechselspiel muss in seinen Funktionen und seiner inneren Mechanik untersucht werden, in seiner Anpassungsfähigkeit, in seiner antagonistischen Struktur und in seiner Legitimationsfähigkeit. Ein zu ökonomischdeterministisches Denken kann uns hier nicht weiterbringen.

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4.2

Handlungsspielräume

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Die Handlungsspielräume der Herrschenden sind gegeben und werden genützt. Sie können sich einerseits auf einen unbewußt weit verbreiteten deterministischen Fatalismus berufen. Dadurch wird ihre Zugehörigkeit zur Krise und ihre Rolle als AgentInnen in der Krise unsichtbar gemacht; ihre Legitimationsbasis wird nicht angekratzt. Im Gegenteil: Unter Berufung auf die ökonomischen Sachzwänge der Globalisierung wird eine neue Legitimationsstrategie in Szene gesetzt. Denn die Diskursstrategie setzt darauf ab, die wirtschaftliche Krise als etwas Unvermeidbares, als unvorhersehbaren Automatismus ökonomischer Gesetzmäßigkeiten ins Licht der medialen Wahrnehmung zu rücken. Gegen diesen Feind, namens ökonomische Sachzwänge oder Krise, kann das Spiel nicht gewonnen werden, es ist lediglich möglich, das Schlimmste zu vermeiden und nötigen Reformen (lies: Restrukturierungen) durch kollektiv inszenierte und selektiv realisierte Enthaltsamkeit, die angeblich die allzu rasche Wiederholung der Malaise verhindern sollen, durchzuführen. So die Argumentation seitens der Herrschenden. Diese dürfen dann durch ihre räsonable und entschlossene Reaktion auf die Gefahr Legitimationsbekundungen für ihr Handeln einfordern. Andererseits kann die Krise negiert werden, was einen Herrschaftsanspruch bezüglich der Erklärungsmuster für Ordnung (und somit Krise) darstellt und Legitimität der konkreten Wirtschaftspolitik sicherstellen soll. Wenn die Existenz Krise negiert wird, sie aber manifest wird, muss die Krise entweder parteipolitisch oder ideologisch etikettiert werden; sie bekommt sozusagen Name und Adresse. Die Diskussion wird auf politischer Ebene geführt, und in Zeiten des Neoliberalismus ist die Versuchung naheliegend, sich auf die Ineffizienz des Sozialstaates und der Verfehltheit der verschwenderischen Sozialpolitik im Zeitalter der Globalisierung zu berufen. Schuld für die Krise trägt die ideologisch kontaminierte Wirtschaftspolitik vergangener Tage, die angeblich entideologisierte, versachlichte und technische Wirtschaftspolitik – gestützt von ExpertInnen – der momentan Herrschenden tritt zur Rettung auf den Plan. Gleichzeitig muss die Versicherung geäußert werden, das Sozialsystem nur modernisieren und adaptieren zu wollen. Daraus darf dann die Notwendigkeit von Reformen abgeleitet werden, die sich meist in Privatisierungen, Sozialabbau und Umverteilung materialisieren. Soweit die zweite Variante. Wenn wir uns an die Interpretation der Globalisierung als Krisenbewältigungsstrategie erinnern, werden wir feststellen, dass die Herrschenden trotz gegenteiligeer verbaler Bekundungen äußerst übereinstimmend und stimmig auf die Krise reagieren.

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4.2

Handlungsspielräume

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Mit jenen Maßnahmen, die dazu geeignet sind, die Bedingungen für einen neuen Akkumulationszyklus zu bereiten. Um das hier vorgestellte Analyseinstrument Krise aus der engen ökonomisch und theoretischen Umklammerung und interpretativen Engführung zu lösen, um auf die mögliche Brauchbarkeit der Krise für einen praktischen und politischen Kampf hinzuweisen, sollten wir versuchen, die Hermetik ein bisschen aufzubrechen und die Krise näher an die Praktiken des Protests und der „systemfeindlichen“ Bewegungen heranzubringen. Hier ein paar Gedanken meinerseits, die darauf abzielen, die Handlungsspielräume der AkteurInnen zu betonen und Krise als politisches Instrument der Herrschenden und der oppositionellen Bewegungen zu verstehen: Die Krise ist ihrem Wesen nach nicht national, sondern international. Das gilt insbesondere für die sog. Globalisierung, für diese spezifische Überwindungsstrategie einer globalen Krise. Die Debatte um die Krise muss demnach aus ihrem nationalen Container, von ihren nationalen „Brettern“ geholt und auf die internationale Bühne gestellt werden. Das scheint mir für das Verständnis, Analyse und den daraus resultierenden möglichen Formen des politischen Streits wichtig. Es mag sicherlich so rezipierte oder titulierte „nationale Krisen“ geben, meist handelt es sich doch wohl um eine nationale Spielart oder Variation einer größeren Krise. Das wirft einmal die Frage nach den nationalen Eigenartigkeit der Krise auf. Wie äußert sich die Krise im nationalen Container, was sagt uns die Spezifik der Krise über die Machtkonstellation, über die Techniken der Herrschaft, über die Mechanik und den Zustand des nationalen Akkumulationsregimes auf, schließlich: über mögliche Ansatzpunkte für eine kapitalismuskritische Praxis und einen wirkungsmächtigen (Gegen-)Diskurs? Weiters stellt sich die Frage nach der Qualität und Stabilität der Struktur Kapitalismus, nach der Beschaffenheit der Krise im internationalen Kontext. Handelt es sich um eine Krise des Zentrums kapitalistischer Produktion oder um Prozesse der Peripherisierung gewisser ökonomischer Räume? Geht mit der ökonomischen Krise auch ein Legitimationskrise einher? Wie ist die Dialektik zwischen ökonomischer Struktur und Legitimierungsbestrebungen von Macht? Schränkt eine Krise die Legitimierunsmöglichkeiten von politisch-wirtschaftlicher Macht ein, oder wirkt die Krise auf institutioneller Ebene strukturverhärtend? Wenn die Hauptdarstellerin „Krise“ die Bühne des globalen Theaters betritt, wenn das Schauspiel beginnt, müssen wir uns fragen: Wer hat welche Plätze eingenommen, wer ist auf den Stehplätzen, wer sitzt in der Loge? Wer hat die Macht über die

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4.2

Handlungsspielräume

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Choreographie des Stückes, wer souffliert, wie ist der innere Aufbau des Stückes? Reagiert das Stück auf Zurufe, Bravo-Schreie und Missfallensbekundungen? Kommt es zur versöhnlichen Katharsis, ist das Stück eine Tragödie oder eine raffiniert inszenierte Siefenoper? Und wenn der Vorhang gefallen ist: Wer applaudiert, wer will sein Geld zurück? Schließlich: Sitzen noch alle am gleichen Ort, gibt es neue Gesichter in den Logen oder sind die Stehplätze hoffnungslos überfüllt? Ernest Mandel erweitert und präzisiert die Krisendefinition, die in dieser Arbeit verwendet wird (siehe Kap. 1.6, S, 7). Ihm geht es darum, die Krise in Teile zu zerlegen, die eine genauere Analyse jener Momente ermöglicht, in denen „Phasen struktureller Stabilität“ zu Ende gehen. Es gilt, die Oberflächenphänomene, das auslösende Ereignis, die Ursache und die Funktion der Krise voneinander zu lösen. Während die Oberflächenphänomene meist gut erkennbar sind und sich in den Plastikwörtern des medialen Diskurses wie „Modernisierung“ und „Zukunftssicherung“ Ausdruck verleihen, während das auslösende Ereignis meist ob der leichteren Fassbarkeit überhöht in der Vordergrund gestellt wird, verhält es sich bei der Ursache und der Funktion subtiler und weniger öffensichtlich. In der Ursache kann meines Erachtens die historische Verfasstheit der Krise analysiert werden. Die Ursache liegt unter der Oberfläche und kann durch eine historisierende Theorie politischer Ökonomie interpretiert werden. In der Funktion schlußendlich verbirgt sich für mich der relevante Punkt für die Eröffnung von Handlungsmöglichkeiten. Wieso? Die Funktion hat in dem Analyseköfferchen von Mandel eine zukünftige Aufgabe, nämlich die Wiederherstellung von profitablen Bedingungen. Nicht im Ereignis, der Oberfläche oder der Ursache spielt sich die Krise ab, sondern in der Funktion liegt das Handeln und Bewegung der Krise. In diesem Punkt manifestiert sich das Handeln des Systems und der AkteurInnen, um die Krise zu überwinden. Die Funktionsbedingungen des Systems, das sich in der Krise befindet, werden im sozio-ökonomischen Feld neu ausverhandelt. Oppositionelle Bewegungen können hier ansetzen, indem sie die Krise nicht als kurzen Ausrutscher der Geschichte sehen, sondern die Krise in ihrer systemimmanenten Normaliät anerkennen; indem sie Krise als Moment der kapitalistischen Normalität betrachten. Es geht nicht darum, diese möglichst schnell zu überwinden, um zur angeblichen Normalität des Akkumulationsregimes zurückzufinden. Krise ist erweiterter Interventionsraum und als solcher zu nutzen. Etwas gewagter: Über die Funktion der Krise wird das kapitalistische System greifbar, vielleicht auch angreifbar. Hier öffnet sich ein spezifischer

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4.2

Handlungsspielräume

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und zeitlich begrenzter Handlungsrahmen. Denn Krise bedeutet auch Gefährdung der Macht. Lassen wir das mal so stehen. Die Legitimationsstrategien ändern sich, mitsamt der einhergehenden Gefahr der partizipativ-konzessionell erscheinenden Kooptierungsmöglichkeiten von seiten der Machthabenden; der Gefahr, über das Gefühl der Mitbestimmung Bestehendes zu legitimieren. Die Handlungen für eine Veränderung des Systems, für die Gestaltung der globalen Krise bewegen sich in dem Machtfeld, das in der Krise geöffnet wird und (kurz- oder langzeitig) an Stabilität in seiner Widersprüchlichkeit verliert. Die Ordnung der Diskurse (und Dinge) innerhalb des stabilen Netzwerkes des Regulationsdispositvs gerät außer Tritt. Der sonst unumkämpfte ökonomische Diskurs muss sich verteidigen, rechtfertigen. Dieses Öffnungen können durch Handeln, Wissen, Protest und Diskussion weiter aufgerissen werden, denn in diesen Rissen des Systems bilden sich neue Machtkonstellationen, die einzelnen Machtpunkte suchen noch nach ihrer Position im Feld. Es entstehen neue, und vielleicht mächtige, soziale Konstruktionen von Wirklichkeit und Funktionsgesetzen von Wirklichkeit. Hierin liegen möglicherweise Handlungsspielräume in der Krise namens Globalisierung. Durch eine neue kollektive (Re-)Konstruktion kapitalistischer Wirklichkeit in ihrer Krisenhaftigkeit kann die Legitimationsfähigkeit angekratzt, das Machtwissen in der herrschenden Ordnung in Frage gestellt, Utopie(n) geschaffen werden. Die normative Macht der „Faktischen“ muss angezweifelt werden. Wer das machen soll? Nun: wir, ich, Sie. Ein letzter Versuch, die Krise in die Handlungsfähigkeit zu übersetzen: Wir sollten die Kompliziertheit, die dieser Globalisierung nachgesagt wird, die diffuse Einsicht, dass „da alles zusammenhängt“, auf die Krise übertragen, die auch in dieser Arbeit über weite Strecken nur als ökonomische Erscheinung untersucht wird. Doch damit wird vielleicht nur einer erneuten „Disziplinierung“ von einem Phänomenen Vorschub geleistet, eine entkontextualisierte Sicht von Krise hergestellt, die nicht der gesellschaftlichen Totalität des Phänomens entspricht. Als Gegenstandpunkt dazu: Rekontextualisieren wir die Krise im sozialen Feld, rehabilitieren wir die Krise wieder als Ausdruck gesellschaftlicher Praxis und verlassen wir sie nicht als theoretisches Konzept in der Ökonomie, einer Wissenschaft, die vorgibt, unabhängig von der aktuellen sozialen Kräftekonstellation gültige und nicht durch spezifisch historische Machtfelder hervorgebrachte Gesetzmäßigkeiten zu kennen. Setzen wir den ökonomischen Gesetzen die sozial konstruierten ökonomischen Dispositionen in ihrer Vergänglichkeit und Veränderbarkeit; der perfekten Maschine Markt das öko-

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4.3

Zusammenfassung

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nomische Feld, das durch individuelle und kollektive AkteurInnen Struktur und Funktionsweise annimmt, entgegen. Versuchen wir, die kapitalistische Ökonomie in ihrer universellen Selbstverständlichkeit zu treffen, der „Amnesie der Genese“ [Bourdieu 2002, 25] des Systems und seinem natürlichen Selbstverständnis entgegenzutreten. Sehen wir in der ökonomischen Figur der Krise nicht einen Mechanismus, sondern die Totalität gesellschaftlicher Handlungen und strukturell geformte Dispositionen. „Die neoliberale Ökonomie [. . . ] schuldet eine gewisse Anzahl ihrer angeblich allgemeingültigen Merkmale der Tatsache, dass sie in eine besondere Gesellschaft embedded, eingebettet ist, d. h., dass sie in einem System von Glaubenssätzen und Werten, einem Ethos und einer moralischen Weltsicht, kurz, in einem gesunden ökonomischen Menschenverstand verwurzelt ist, der als solcher mit den sozialen und kognitiven Strukturen einer besonderen Gesellschaftsordnung zusammenhängt.“ [Bourdieu 2002, 32, nur letzte Hervorhebung ist von mir] Die Ökonomie ist derart in das Soziale eingebettet, dass es nicht Aufgabe einer besonders „disziplinierten“ Wissenschaft sein kann, die Mechanik der Ökonomie zu erklären. Die Handlungs- und Veränderungsmöglichkeiten sollen durch einen transdisziplinären Zugang zu Ökonomie und Krise auf theoretischer Ebene erforscht werden, die eingebettet ist in einer kritischen Praxis in der aktuellen Krise. !’crisis o/y capitalismo!

4.3 Zusammenfassung Was wurde hier versucht? Ausgehend von den Forschungsfragen (siehe Kap. 1.1) wurde zuerst ein kurzer Überblick über die Begriffsgeschichte und eine Krisendefinition gegeben, um dann der Krise in der liberalen ökonomischen Theorie nachzugehen. Es wurde herausgearbeitet, dass die Krise im Liberalismus als Teil des Wirtschaftssystem kaum vorkommt. Mögliche Gründe dafür könnten meiner Meinung nach darin liegen, dass die Theorie sehr stark von Annahmen – wie der „unsichtbaren Hand“ und einer natürlichen Ordnung – geleitet wird, die die Harmonie und das Gleichgewicht des ökonomischen Prozesses in den Vordergrund stellen. Davon ausgehend, dass es eine natürliche Ordnung und unumschränkt gültige Gesetzmäßigkeiten (wie etwa das prinzipielle Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage),

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4.4

Vorhang

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legten Smith, Ricardo und Say die Grundlagen für eine Externalisierung der Krise aus den Funktionsgesetzen der Wirtschaft. Wäre die Wirtschaft frei von „törichten“ Interventionen der Menschen, frei von sog. Marktverzerrungen, könne es nicht zur Krise kommen. Die theoretische Problematik und die praktischen Konsequenzen solcher Vorstellungen wurde kurz argumentiert, um dann auf das Krisenverständnis der Marxismus einzugehen. Im Gegensatz zum Liberalismus finden wir im Marxismus ausgearbeitete Krisentheorien, bildet die Krise doch ein wichtiges Element für die dialektische Analyse des Kapitalismus und bietet zugleich die Möglichkeit, den Kapitalismus als krisenhafte Produktionsweise darzustellen. Nach einer Diskussion der Krisenursachen in der marxistischen Theorie wurden neuere marxistische Ansätze vorgestellt, die anders akzentuierte Erklärungen für die Krise bereitstellen. Schließlich habe ich versucht, das Konzept Krise mit dem Schlagwort Globalsierung zusammenzuführen, in dem Globalisierung aus krisentheoretischer Sicht beleuchtet wurde. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Herausarbeitung von möglichen Handlungsspielräumen, die sich in aktuellen Krise namens Globalisierung eröffnen. Die Forderung nach einer Rekontextualisierung der Krise und nach einem transdisziplinären Ansatz zur Untersuchung der Krise mitsamt der sich ergebenden Interventionsspielräume für oppositionelle Bewegungen, weiters: die Forderung nach einer radikalen Kritik der Natürlichkeit und Allgemeingültigkeit ökonomischer Gesetzmäßigkeiten und der Anerkennung der historischen Spezifik und der Bedingtheit sozial konstruierter Wirklichkeit schließt die Arbeit ab.

4.4 Vorhang So endet diese Arbeit. „Ihr Gebrauchswert und ihr Tauschwert geht dabei zum Teufel“ [Karl Marx, zit. nach: Trachtenberg 1957, 152]. Was solls? „Eine neue Revolution (lies: Arbeit, Anm. d. Autors) ist nur möglich im Gefolge einer neuen Krisis. Sie ist aber auch ebenso sicher wie diese“ [Karl Marx, zit. nach: Koselleck 1982, 645]. Eben. . .

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Literatur

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[wikipedia.org] Wikipedia, The Free Encyclopedia, Franc˛ois Quesnay, http://en. wikipedia.org/wiki/Fran%E7ois_Quesnay [24.08.03]. [Wildcat-Zirkular: Nr. 1] Wildcat-Zirkular, Nr. 1, Klassenkampf – Krise – Kommunismus? Teil 1, http://www.wildcat-www.de/zirkular/01/z01kris2. htm [13.06.03]. [Wildcat-Zirkular: Nr. 2] Wildcat-Zirkular, Nr. 2, Klassenkampf – Krise – Kommunismus? Teil 2, http://www.wildcat-www.de/zirkular/02/z02krise. htm [13.06.03]. [Wildcat-Zirkular: Nr. 56/57] Wildcat-Zirkular, Nr. 56/57, Vom schwierigen Versuch, die kapitalistische Krise theoretisch zu meistern, http://www.wildcat-www. de/zirkular/56/z56kris2.htm [13.06.03].

ps tef II, sose 03

globalisierung ent-wickeln

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