Kraftfahrzeug Lichttechnik Physiologie

Karsten Köth Stand: 2010-10-22

Aufbau des Augapfels •  Kugelige Gestalt •  In knöcherner Augenhöhle in Fettpolstern gelagert •  Durchmesser: 24 - 26 mm •  Frei beweglich •  Von 2 Muskelpaaren oben / unten rechts / links gesteuert •  Horizontale und vertikale Bewegungen sehr schnell •  Schräge Bewegungen sehr langsam

Querschnitt durch den Augapfel

Gelber Fleck

Blinder Fleck

Aufgaben Binde-, Leder und Taubenhaut Bauteil

Ort

Aufgabe

Bindehaut

Verbindung von Ernährung Augapfel, Augenlieder

Lederhaut - Opt. dichter Teil

Äußere Hülle

Schutz

- Opt. klarer Teil (Hornhaut)

Äußere Hülle

Augenfenster

Taubenhaut bestehend aus - Aderhaut

Innerhalb Lederhaut Dunkel pigmentiert Viele Blutgefäße

Absorption Streulichtunterdrückung Ernährung

- Ziliarkörper (ringförmiger Muskel)

Krümmungsänderung der Linse

Scharfeinstellung

- Iris (ringförmiger Muskel) und Regenbogenhaut

Vor dem Ziliarkörper Lässt in ihrer Mitte Pupille (Iris) frei

Besonderheiten Empfindlich gegenüber UVStrahlung Bindehautentzündung

Trübung verringert die Sehschärfe und erhöht Blendung

Aufbau der Netzhaut

Schnitt durch Netzhaut Mikroskopischer Schnitt •  Dicke: 0,2 - 0,4 mm •  Liegt lose auf der Aderhaut •  Nur an Ziliarkörper und am Sehnerveneintritt verwachsen •  Netzhautablösung möglich

Das Auge - Empfängertypen Tagsehen •  Zapfen •  Anzahl: 5.000.000 •  Rot : Grün : Blau 4 : 16 : 1 Zapfenarten •  L-Typ long wave length •  M-Typ middle wave length •  S-Typ short wave length Skotopisch Dunkel

Mesopisch

10-3 cd/m²

Nachtsehen •  Stäbchen •  Anzahl: 100.000.000

rot 570 nm grün 540 nm blau 430 nm Photopisch 10 cd/m²

Hell

Spektrale Empfindlichkeit Zapfen

1

tritanopic, t(λ) or short, s(λ)

V`(λ)-Kurve

0.8

FARBE

GRAU

0.6 0.4

deuteranopic, d(λ) or medium, m(λ)

0.2 0

400

500

600

λ in nm protanopic, p(λ) or long, l(λ)

Stäbchen

λ in nm

V()Max = 555 nm

V´()Max = 505 nm

V(λ) - Funktion

Spektrale Empfindlichkeit [rel.]

1

V(λ) 0,5

555 nm 0 380

420

460

500

540

580

620

Wellenlänge [nm]

660

700

740

780

380 390 400 410 420 430 440 450 460 470 480 490 500 510 520 530 540 550 560 570 580 590 600 610 620 630 640 650 660 670 680 690 700 710 720 730 740 750 760 770 780

0,000039 0,000120 0,000396 0,001210 0,004000 0,011600 0,023000 0,038000 0,060000 0,090980 0,139020 0,208020 0,323000 0,503000 0,710000 0,862000 0,954000 0,994950 0,995000 0,952000 0,870000 0,757000 0,631000 0,503000 0,381000 0,265000 0,175000 0,107000 0,061000 0,032000 0,017000 0,008210 0,004102 0,002091 0,001047 0,000520 0,000249 0,000120 0,000060 0,000030 0,000015

Spektrale Empfindlichkeit Abhängig von: •  Messmethode •  Leuchtdichte •  Testfeldgröße •  Ort des Reizes auf der Netzhaut

/ 1 02] 4 / m m ² e z e p t o r [10 e n 4/mm D i c h Dichte te d eder r RRezeptoren

Schnittdarstellung der Rezeptorverteilung 18 15

Stäbchen

Stäbchen

12 9 6 3

Zapfen

Zapfen

0 60°

40°

20°



20°

temporal

40° nasal

Fovea

Blinder
Fleck

60°

80°

Örtliche Verteilung der Rezeptoren

Stäbchen

Zapfen Macula: 2° in deren Zentrum Fovea: 1,2°

Blinder Fleck

•  Fliege rechts, Frosch links, linkes Auge zudecken •  Bild mit gestrecktem Arm halten und langsam ans Auge führen (Frosch dabei anschauen) •  Bei 30 - 40 cm vor dem Auge verschwindet die Fliege

Optisch aktive Teile

•  Hornhaut •  Vorderkammer •  Pupille •  Linse •  Glaskörper

Hornhaut •  Brechzahl (nH = 1,37) •  Fünf Schichten, reich an Nervenfasern, schmerzempfindlich • dH = 11 - 12,5 mm (Erwachsener) optische Zentralzone: dHz = 4 mm • Krümmungsradius raußen = 7,7 mm, rinnen = 6,8 mm, Linsenwirkung – Berechnung der Brechkraft • Vollkommen durchsichtig (keine Blutgefäße) • Verkratzen -> Streulicht

Vordere Augenkammer •  Zwischen Hornhaut und Augenlinse •  Mit Kammerwasser gefüllt (gebildet vom Ziliarkörper, Abfluss durch den Schlemm´schen Kanal) •  Dient zur Versorgung des Auges •  Erneuerung einmal pro Stunde •  Leichter Überdruck •  Brechzahl (nAk = 1,336) • Erschwerter Flüssigkeitswechsel (Verstopfung) -> Erhöhung des Augeninnendruckes -> Grüner Star (Glaukom)

Iris und Regenbogenhaut •  Iris: Ringförmiger Muskel vor der Linse, auf der die Regenbogenhaut liegt •  Pigmentierung der Regenbogenhaut bestimmt Augenfarbe •  Freie Öffnung: Pupille •  Bei plötzlicher Änderung des Lichteinfalls ändert sich der Durchmesser der Pupille •  Einschwingzeit: Bei Tag: 0,2 ... 0,3 s Bei Nacht: 0,4 ... 0,5 s •  Durchmesser: Kleiner bei mehr Licht (2 mm < Ø < 8 mm) •  Erhebliche interindividuelle Streuungen •  Indikator für psychologische Zustände (Schreck, Angst, ...)

Augenlinse •  Brechzahl (nL = 1,4) • Bikonvexer Körper, durch transparente Kapsel eingeschlossen • Linsenfläche hinten stärker gekrümmt als vorn (rL im Verhältnis 6 : 10) •  Aufbau: zwiebelartig, etwa 2.000 Schichten (mit unterschiedlicher Brechzahl) außen: n = 1,386; innen n = 1,406 • Folge: Lichtstrahlen verlaufen nicht geradlinig • Muskeln straff -> Linse flach; Muskeln schlaff -> Linse gewölbt • Linsensubstanz mit zunehmendem Alter härter und weniger elastisch • Trübung: Grauer Star (Katarakt)

Glaskörper •  Glaskörper = Gallert •  nG = 1,33 vgl. Wasser: n = 1,4 • Hinter Linse gallertartige Masse, die gesamten Bulbus füllt • Verunreinigungen: Schattenbildung auf Netzhaut  Störungen im Gesichtfeld („Fliegende Mücken“)

Sehprozess Optische Abbildung Sehobjekt  Netzhaut Optische Sehbahn Umsetzung von Lichtreizen und Widerspiegelung elektrischer Impulse in Bewusstseinsinhalte

Abbildung

Sehbahn

Optische Abbildung im Auge

Womit erfolgt die optische Abbildung?

?

Abbildung im Auge •  Optisches System erzeugt von Bildern der Außenwelt umgekehrte, verkleinerte Bilder auf der Netzhaut •  Beschreibung einer fehlerfreien optischen Abbildung im paraxialen Gebiet: Gaußsche Abbildung

Gaußsche Abbildung Eigenschaft: •  Alle Punkte einer Objektebene werden in den Punkten der zugehörigen Bildebene abgebildet. •  Liegt das Objekt im Unendlichen, werden die Strahlen so gebrochen, dass sie sich im Brennpunkt F’ schneiden

1 1 1 + = a1 a2 f Für f1 = f2 = f Anwendung im Auge: •  F’ für akkommodationslosen Zustand = Fovea •  Für Objekte in endlicher Entfernung  Änderung Brechkraft der Linse

Brechkraft des Auges Maßzahlen Brechkraft D [dpt] Brennweite

Kehrwert der in m gemessenen Brennweite Entfernung zwischen Hauptebene und Brennpunkt

Brechkraft D der Grenzfläche 1

n1 − n0 n1 D1 = = r1 f2

n0 .. r1 ..

Brechzahl der Lichtquelle zugewandten Seite Radius der Grenzfläche

Gesamtbrechkraft D zweier Grenzflächen

D = D1 + D2 −

a1, 2 n1

⋅ D1 ⋅ D2 n1 .. Brechzahl zwischen den Grenzflächen a1,2 .. Abstand zwischen den Grenzflächen

Brechkraft des Auges - Zahlenwerte Gullstrand‘sches Ersatzauge Einzelne Optiken Hornhaut Linse, Ruhelage Linse, maximale Akkommodation

43 dpt 21 dpt 33 dpt

Gesamtsystem Minimale Akkommodation Maximale Akkommodation Akkommodationsbreite

59 dpt 71 dpt 12 dpt

Trübung der Linse Die Katarakt betrifft rund 99 Prozent aller Menschen über 65 Jahre. In Deutschland werden pro Jahr etwa 600.000 Personen an diesem Leiden operiert.

Linsentrübung im Auge

Akkommodationsbreite

[Quelle: Handbuch für Beleuchtung]

Augfehler

[Quelle: W.D. Bockelmann]

Augfehler - Simulation

Sehschärfe 1

Sehschärfe 0,3

Sehleistung im Alter

[Quelle: W. Adrian]

Optische Sehbahn •  Verbindung zwischen Rezeptoren und den Zentren im Gehirn •  3 Neuronen (Einheit von Nervenzelle und Nervenfaser)

Erstes Neuron Bipolare - Nervöse Strukturen

Zweites Neuron •  Ganglienzellen und abgehende Nervenfasern •  Vereinigung im Sehnerv

Sehnerv • Kein Nerv im eigentlichen Sinn, sondern Teil des Gehirns •  Verletzungen nicht regenerierbar •  Bleistift dick •  800.000 Einzelfasern •  Dicke 1-2 µm •  Anordnung der Einzelfasern: a) Kurz vor Erreichen des Chiasma identisch mit Lage und Anordnung auf der Netzhaut b) Im Kreuzungspunkt: Umorganisation, nach Verlassen im rechten Sehnerv nur noch Fasern der rechten Netzhauthälfte

Sehnerv Zweck •  Zusammengehörige Punkte des Gesichtsfeldes werden durch die Abbildung beider Augen an ein und derselben Stelle im Gehirn vereinigt •  Steuerungszentren für linke Hand in rechter Gehirnhälfte •  Kürzeste Verbindung zwischen den visuellen und motorischen Zentren -> Orientierung im Raum

Drittes Neuron 1. Nervus Opticus

Visual Cortex

•  Umfasst die seitlichen Kniehöcker verlassenden Fasern •  Spalten sich zur Gratiolet´schen Sehstrahlung auf •  Führen zum Hinterhautlappen des Gehirns

Hinterhauptlappen Visual Cortex Optisches Chiasma

Eigentlicher Träger der Sinnesempfindung Optische Nervenbahnen

•  Jeder Stelle der Netzhaut ist ein bestimmtes Areal der Hinterhautlappen zugeordnet •  Weitere Verbindungen zum Thalamus und Hypothalamus •  Steuerung anderer Körperfunktionen [Quelle: Kessler]

Pupillen Reflex Weg

parasymphatetic part [Quelle: Kessler]

Pupillen Reflex Weg

parasymphatetic part [Quelle: Kessler]

Adaption, Leuchtdichtebereich Anpassung des Auges über extremen Leuchtdichtebereich:  

Änderung der Pupillenöffnung  Variation um Faktor 16

 

Übergang von Zapfen- auf Stäbchensehen

 

Änderung der Sehstoffkonzentration in den Empfängern

 

Verschaltung der Sehzellen

 

Absolutblendung bei 106 cd/m2

10-3 cd/m²

10 cd/m²

106 cd/m²

Datentransport

[Quelle: Kessler]

Datentransport

[Quelle: Kessler]

Übertragungsstrecke 108 Rezeptoren

106 Nervenleitungen

1010 Neuronen im visuellen Kortex

Elektro-physiologische Mechanismen • Lichtimpuls gelangt auf Netzhaut - Erzeugung einer Erregung • Antwort der Rezeptoren: Aktionspotentialänderungen •  Für dunkles Auge: Ruhepotential • Nach Einschalten: Negative a-Zacke Positive b-Zacke c-Anstieg • Nach Ausschalten: d-Zacke

Sichtbarmachen Messung der Spannungsdifferenz zwischen Hornhaut und Netzhaut  Elektroretinogramm

Elektroretinogramm (ERG)

[Quelle: Schober]

On-Off-Elemente Stimulus Off-Center Ganglion cell On-Center Ganglion cell On-Off-Amakrine On-Bipolar Cell Off-Bipolar Cell Horizontal Cell Cones

Vorwiegend Ganglienzellen Führen zu Nervenfasern 3 Typen: On - Aktionspotential nach Einschalten Off - Aktionspotential nach Ausschalten On - Off - Nur Einund Ausschaltzacke

Sichtbarmachen der Potentialänderung in der Sehrinde im EEG (Elektroenzephalogramm) [Quelle: Kessler]

Signalverarbeitung

Stimulus Off-Center Ganglion cell On-Center Ganglion cell On-Off-Amakrine On-Bipolar Cell Off-Bipolar Cell Horizontal Cell Cones

[Quelle: Kessler]

Elektrische Signale beim Sehvorgang

Ziel der Schaltmechanismen Wichtig für Verstärkung und Abschwächung, der auf die Netzhaut fallenden Reize Divergenz – Abschwächung Auffächern der aus der Fovea stammenden Impulse Geringer Fläche der Fovea steht 10.000 mal größere Fläche in der Sehrinde zur Verfügung - enormes Auflösungsvermögen der Fovea Konvergenz – Verstärkung Zusammenschalten mehrerer Rezeptoren über eine Bipolarund Ganglienzelle Unterschwelliger Reiz wird durch Art Summationsprozess überschwellig  große Lichtempfindlichkeit in Peripherie

Augenbewegungen Tremor (30-150 Hz), Saccaden (0,03..5 s), langsames Driften

Begriffe Gesichtsfeld Wahrgenommener Teil der Außenwelt bei ruhig gehaltenem Blick Blickfeld Alle Punkte, die nacheinander angeblickt und ins Zentrum der Netzhaut abgebildet werden. Summe aller Punkte, die fixiert werden. Blicklinie Verbindungslinie zwischen angeblicktem Punkt und Fovea Sehfeld Interpretation des jeweils existierenden Gesichtsfeldes
 Das Gehirn erzeugt anhand der auf der Netzhaut abgebildeten Gegenstände und der Seherfahrung der jeweiligen Person das physiologisch-psychologische Sehfeld.

Literatur •  Goldstein, E.B.: Wahrnehmungspsychologie Hrsg.: Manfred Ritter, Heidelberg; Berlin: Spektrum, Akademischer Verlag. 2002, 2. Auflage •  Hubel: Auge und Gehirn Verlag Spektrum der Wissenschaft, 1990 •  Schober: Das Sehen •  Gregory, L: Auge und Gehirn (Populäre Darstellung) •  Trotter, Jörg; Das Auge, DOZ-Verlag, Heidelberg, 2004 •  DIN 5340 Begriffe der physiologischen Optik •  CIE TC 1-14 Lighting effects on visions.