Kooperation in der Schulsozialarbeit: Ein zentraler Erfolgsfaktor

Kooperation in der Schulsozialarbeit: Ein zentraler Erfolgsfaktor Prof. Daniel Iseli, Fachtagung 2012 Bern 1. Ausgangslage 2. Kriterien für erfolgr...
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Kooperation in der Schulsozialarbeit: Ein zentraler Erfolgsfaktor Prof. Daniel Iseli,

Fachtagung 2012 Bern

1. Ausgangslage 2. Kriterien für erfolgreiche Kooperation 3. Kriterien für erfolgreiche Schulsozialarbeit 4. Was können Schulsozialarbeitende tun?

1. Ausgangslage • Wir leben in einer Gesellschaft von Organisationen • Organisationen, Berufe und Professionen differenzieren sich weiter aus, spezialisieren sich  Leistungsfähigkeit wird gefördert, Koordination erschwert, Bsp. Schule • Organisationen haben eigene rechtliche Grundlagen, Strukturen, Profession, entwickeln eigene Tradition, Arbeitslogik, Kultur • Organisationen sind aufeinander angewiesen

• Druck zu Koordination und Kooperation nimmt zu • Ansätze: harmonisieren, regeln, hierarchisieren, fusionieren …. • Kooperation ist eine Möglichkeit, produktiv mit dieser Ausgangslage umzugehen, ist Antwort auf gesellschaftliche Ausdifferenzierung Was heisst kooperieren: • Kooperation ist die Möglichkeit, etwas zu erreichen, was alleine nicht geht

• Interessen und Ressourcen verbinden, beidseitigen Nutzen anstreben • 1+1=3 Kooperationsstufen: • Netzwerke aufbauen und entwickeln (Grundlage) • Netzwerke sind lose gekoppelte Systeme, ermöglichen gemeinsame Leistungen • Leistungsverbünde realisieren gemeinsame Leistungen

Merkmale von Kooperation sind u.a.: • Selbständige Organisationen und ihre Mitglieder stehen sich gegenüber • keine Über-, Unterordnung, wenig Routine • auf offenen Prozess, widersprüchliche Tendenzen aushalten • ohne Nutzen kein Bestand, der Nutzwert ist entscheidend

• Gutmütige warten länger, ist eine Frage der Investition • Kooperation braucht Organisation • gemeinsame Spielregeln • lebt von stabilen Beziehungen zwischen Personen • nicht ohne Rückendeckung der Organisationsverantwortlichen

2. Kriterien für erfolgreiche Kooperation (Grossmann 2007) Kooperation als eigenständiges System konstituieren • Steuerungssystem: Ziele, Spielregeln, minimale Strukturen, Kooperationskultur •

Gemeinsamer Prozess der Akteure ermöglichen

• «Funktionale Unklarheiten» zu Beginn sind normal, ermöglichen Entwicklung • Gleichzeitigkeit von Kooperation und Konkurrenz bearbeiten • Probleme gemeinsam angehen

• horizontal gleichwertig, konsensorientiert • Kooperation managen (planen, steueren, entwickeln, «controllieren») • Kernkompetenzen sind Projektmanagement, Organisationsentwicklung, Kommunikationsgestaltung, Controlling, Konfliktmanagement usw. • Politik/Auftraggeber einbinden, ist erfolgskritisch • am Anfang häufig Pionier/-innen, Einzelpersonen •

später «gutes Management»

Voraussetzungen für Kooperation • Engagement von Verantwortungsträgern und Beschlüsse von Gremien • Strategiefähigkeit, Handlungsfähigkeit der Beteiligten (Organisationen) • Irritierbarkeit gegenüber Einflüssen aus Kooperation • Flexibilität, Lernfähigkeit und Experimentierfreudigkeit • Differenzierte Organisationen sind kooperationsfähiger

Leistungen und Leistungsfähigkeit der Kooperationspartner in den Fokus rücken • Kontextbedingungen: attraktive, wichtige Aufgabe, Mitbestimmung, positive Arbeitskultur (Freude, Spass) • Günstige Arbeitsformen: Gruppen, Teams, Task Forces • nicht zu viele Vorgaben • Kooperation lebt vom Engagement • positive Ergebnisse erzeugen Sinn, verstärken die Kooperation

Personen und ihre Beziehungen berücksichtigen • Strukturelle Unsicherheit erhöht Personenorientierung, glaubwürdige Vorbilder, Fahnenträger/-innen • Kommunikative Kompetenz • Sozialpsychologische und gruppendynamische Sichtweisen, Organisationsentwicklung • Freiräume in Herkunftsorganisation ermöglichen Gestaltungsräume in Kooperationssystem

• Vertrauen reduziert Unsicherheit und Komplexität • Vertrauen heisst „Verzicht auf Interessendurchsetzung“ • Kooperationsregeln etablieren • Management muss sich in schwierigen Zeiten für Kooperation einsetzen, Sicherungssystem • Vertrauensentwicklung braucht geschützten Rahmen • Vertrauenskrise: Neuaufbau, offene Kommunikation erhalten, Brücken nicht abbrechen, Unterstützung holen

3. Kriterien für erfolgreiche Schulsozialarbeit

Soziale Arbeit

Schul sozial arbeit

Schule

Kriterien für erfolgreiche Implementierung von Schulsozialarbeit (Iseli, Stohler 2012) • Koordination von Kinder-, Jugend- und Familienpolitik  Überwindung von Bereichsdenken bzw. Verknüpfung der Sozialisationsbereiche  kantonale Rahmenkonzepte, kommunale Konzepte «strategisch verankerte Schulsozialarbeit» • Zusammenarbeit auf Führungsebene als Voraussetzung für gelingende Kooperation und Vernetzung der SSA im Arbeitsalltag  geeignete Trägerstrukturen und kompetente Verantwortliche mit genügenden Ressourcen

• Schulsozialarbeit ist ein Angebot der Sozialen Arbeit  Angliederung an eine Organisation der Kinder- und Jugendhilfe  wo nötig: Regionalisierung der Schulsozialarbeit  wichtige Voraussetzung für fachlich unabhängige Schulsozialarbeit  Schulsozialarbeit als eigene (Teil-)Organisation «Sicherung fachlicher Standards»

• Ziele, Zielgruppen und Leistungen der SSA sind eindeutig und präzise definiert

• «bedarfsorientierte Leistungen für definierte Zielgruppen» «klares Leitungsprofil»

• Sicherung der politisch-strategischen und der fachlichen Entwicklung der Schulsozialarbeit auf kommunaler und kantonaler Ebene  Supervision, Erfa-Gruppen, Monitoring und Evaluation; systematische Erfassung von Daten auf kantonaler bzw. regionaler Ebene «Gewährleistung fachlicher und strategischer Entwicklung»

• Operative Leitung der SSA wird wahrgenommen: Planung und Organisation, Personal und fachliche Führung, Qualitätssicherung und -entwicklung «Sicherung und Entwicklung von Rahmenbedingungen, personellen Ressourcen und fachlichen Standards»

Weitere Kriterien: • Die Dienstleistungen entsprechen Zielen, Grundsätzen und Methoden der Sozialen Arbeit. Schulische Mitarbeit wird angeboten in Übereinstimmung mit Zielen und Grundsätzen der Sozialen Arbeit. «Professionelle Soziale Arbeit» «klares Profil»

• Die Ressourcen sind in einem definierten Verhältnis zu den Zielgruppen vorhanden. Schulsozialarbeit ist regelmässig präsent, fachliche Mindeststandards werden eingehalten. «Fachliche Mindeststandards Sozialer Arbeit» • Schulsozialarbeitende sind fachlich qualifiziert: grundständiges Studium Soziale Arbeit und spezifische Weiterbildung «Qualifikation der Schulsozialarbeitenden»

4. Was können Schulsozialarbeitende tun? • kennen der Schule, der aktuellen Diskussionen, akzeptieren der Andersartigkeit der Schule • kennen des Umfeldes: Stellen, Quartier, Freizeitorganisationen, Vereine, Arbeitsmöglichkeiten (Netzwerke bilden, Ressourcen erschliessen) • Schulen sind traditionell nicht sehr kooperativ, sie sind auf dem Weg zu kooperationsfähigen Organisationen • (er-)klären von Rolle und Aufgaben der Schulsozialarbeit

• Eigenständigkeit: eigene Ziele, Aufgaben und Interessen verfolgen • Kooperationsformen entwickeln, nicht nur taktisch kooperieren («Leistungsverbund») • gemeinsame Ziele entwickeln mit Kooperationspartnern Verbindlichkeit herstellen (z.B. Schriftlichkeit) • Wissen einbringen, teilen • Kooperation zum Thema machen, z.B. im Schulkollegium, Kooperation reflektieren

• Regelmässige Besprechungen mit Partnern wie Schulleitung, Erziehungsberatung, Sozialdienst, Jugendarbeit zu Themen: Gestaltung von Kooperation, Abläufen/Prozessen, Regeln, gegenseitige Information und Kommunikation, Umgang mit Konflikten • Fordern der Stellenleitungen für Schulsozialarbeit: «Recht auf Rückendeckung», verbindliche Kooperationsstrukturen entwickeln • Behörden und Politik einbinden

Literatur Bolay, Eberhard u.a. (2003): Sozialraumverankerte Schulsozialarbeit. Eine empirische Studie zur Kooperation von Jugendhilfe und Schule. Stuttgart Dubs, Rolf (2005): Die Führung einer Schule. Leadership und Management. Zürich Dubs, Rolf: (2010) Bildungspolitik und Schule wohin? Altstätten Grossmann, Ralph u.a. (2007): Kooperationen im Public Management. Theorie und Praxis erfolgreicher Organisationsentwicklung in Leistungsverbünden, Netzwerken und Fusionen. Weinheim und München

Iseli, Daniel & Stohler, Renate (2012): Schulsozialarbeit aus der Perspektive des Sozialmanagements. In: Bassarak, H. und Schneider A. (Hrsg.): Forschung und Entwicklung im Sozialmanagement. Augsburg Iseli, Daniel & Grossenbacher, Simone (2008): Schulsozialarbeit. Leitfaden zur Einführung und Umsetzung. Bern: Erziehungsdirektion des Kantons Bern Maelike, Bernd (2008): Lexikon der Sozialwirtschaft. Baden-Baden Oelkers, Jürgen (2002): Wie man Schule entwickelt. Eine bildungspolitische Analyse nach Pisa. Weinheim/Zürich Speck, Karsten (2006): Qualität und Evaluation in der Schulsozialarbeit. Konzepte Rahmenbedingungen und Wirkungen. Wiesbaden

Prof. Daniel Iseli Dozent und Projektleiter Schulsozialarbeit Berner Fachhochschule, Soziale Arbeit Hallerstr. 10, 3012 Bern [email protected] 031 848 36 64/50

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