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KOMPAK T Testamentsgestaltung Erbrecht

Sehr geehrte Mandanten, sehr geehrte Geschäftsfreunde, mit unserem Newsletter wollen wir unserer Mandantschaft behilflich sein, das ein oder andere sie betreffende Rechtsproblem selbst besser zu verstehen. Wir hoffen deshalb, dass wir eine Sprache gefunden haben, die für Sie als Leser verständlich ist. Unsere anwaltliche Tätigkeit bezieht sich zu einem großen Teil auf beratende und begleitende Tätigkeit, z.B. bei Vertragsangelegenheiten. Gerichtliche und außergerichtliche Streitigkeiten sind dann unvermeidbar, wenn die Parteien sich zu einer einvernehmlichen Streitbeilegung nicht bereitfinden. Wie Sie anhand unserer Fachanwaltschaften erkennen können, sind wir ein Team von Spezialisten, das Sie bei diesen anwaltlichen Tätigkeiten mit der erforderlichen Sicherheit und Kompetenz begleitet. Viel Spaß beim Nachlesen. Ihr Johannes Delheid

Kürzlich titelten verschiedene Medien, dass Deutschland auf einen neuen Erbrekord zusteuere: 3,1 Billionen Euro, würden in den Jahren bis 2024 vererbt – so viel wie nie zuvor binnen eines Jahrzehnts. Das entspricht 310 Milliarden Euro pro Jahr! Diese Entwicklung zeigt, dass bei der Gestaltung eines Testaments besondere Sorgfalt geboten ist, will der Erblasser sicherstellen, dass sein Nachlass auch wie von ihm gewollt- verteilt wird. In diesem Zusammenhang hatte sich das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart mit einer interessanten Fallkonstellation auseinanderzusetzen (Beschluss vom 21.10.2014, Az. 8 W 387/14):

Die seinerzeitige Lebensgefährtin des Erblassers hatte die Einziehung des Erbscheins beantragt, in welchem die Adoptivmutter des Erblassers als gesetzliche Alleinerbin ausgewiesen war. Die Lebensgefährtin des Erblassers berief sich dabei auf ein Schriftstück aus dem Jahr 2002, aus dem sich nach ihrer Auffassung ergebe, dass sie als testamentarische Alleinerbin eingesetzt worden sei. Das OLG gab jedoch der Adoptivmutter Recht. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der erteilte Erbschein gemäß § 2361 Abs. 1 BGB nur dann einzuziehen sei, wenn er unrichtig sei. Dies wäre der Fall, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung entweder schon ursprünglich nicht gegeben waren oder nachträglich nicht mehr vorhanden sind. Fortsetzung auf Seite 3 >>

INHALT Bank- und Kreditrecht Bausparverträge: Kündigung von Bausparverträgen durch Bausparkassen

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Steuerrecht 10 „Fallstrick“ bei vorweggenommener Erbfolge des Betriebsvermögens

Privates Baurecht Bürgschaftsverträge - sicher ist sicher

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Mietrecht 11 Zahlungszeitpunkt im Mietvertrag nicht festgelegt: Welcher Zahlungsintervall gilt?

Versicherungsrecht 5 Einbruchsdiebstahl – den Spuren auf der Spur. Arbeitsrecht 6 Betriebsvereinbarung ohne Betriebsratsbeschluss – Die „Spielmasse“ eines Betriebsrates Handelsvertreterrecht 6 Der Begriff des Neukunden für den Ausgleichsanspruch gemäß § 89b I 1 NR. 1 HGB Architektenrecht Baukosten

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Privates Baurecht 9 Keine Rückforderung gezahlten Werklohnes bei Schwarzgeldabrede

Kirchenrecht/Arbeitsrecht 12 Neufassung der Loyalitätsobliegenheiten und Beteiligung von Gewerkschaften – Die Katholische Bischofskonferenz ebnet den Weg für ein neues kirchliches Arbeitsrecht Privates Baurecht Kostenerstattung bei unberechtigter Mängelrüge

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Mietrecht 14 Alles neu bei Schönheitsreparaturenklauseln Mietrecht 15 Anforderungen an ein Mietkautionskonto AKTUELLES

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2016 Bausparverträge: Kündigung von Bausparverträgen durch Bausparkassen Bank- und Kreditrecht

Auch die Bausparkassen geraten durch das aktuelle – und in den kommenden Jahren wohl weiter anhaltende – Niedrigzinsumfeld zunehmend finanziell unter Druck. Die benötigten Renditen können immer schwieriger erwirtschaftet werden. Diese Lage wird dadurch verschlimmert, dass die für die Kunden derzeit besonders attraktiven Altverträge die aktuellen Erträge der Bausparkassen weiter mindern. Die Bausparkassen haben ihren Kunden bei vielen Altverträgen 2,5 % bis 3 % Zinsen vertraglich zugesichert, welche sie selbst heute kaum noch erwirtschaftet bekommen. Als Reaktion darauf haben einige Bausparkassen bereits vor mehreren Jahren mit der Kündigung von diesen – für sie unrentablen – Altverträgen begonnen. Zunächst wurden nur Verträge gekündigt, die voll bespart bzw. überspart waren, also bei denen die Bausparsumme bereits erreicht bzw. sogar überschritten war. Insoweit herrscht in Rechtsprechung und Literatur nahezu Einigkeit, dass die Bausparkassen solche Verträge wirksam kündigen können. Denn bei Erreichen der Bausparsumme ist der Zweck der Anlage entfallen, weil Zweck des Bausparens nicht die zinsgünstige Geldanlage ist, sondern ein Bauspardarlehen zu erhalten. Entsprechend haben beispielsweise das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.09.2013, Az. 19 U 106/13) und das OLG Stuttgart (Beschluss vom 14.10.2011, Az. 9 U 151/11) sowie das Landgericht Aachen (Urteil vom 24.07.2014, Az. 1 O 78/14) entschieden, dass Bauparkassen Verträge beenden

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dürfen, bei denen die Bausparsumme erreicht ist (§ 488 Abs. 3 BGB). Auch eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof war ohne Erfolg geblieben. Ende 2014 haben die ersten Bausparkassen dann damit begonnen, sogenannte „Fortsetzer-Verträge“, also Verträge, bei denen die Bausparsumme noch nicht erreicht, die aber seit mehr als 10 Jahren zuteilungsreif sind, zu kündigen. Bei der Kündigung dieser Verträge wird von den jeweiligen Bausparkassen angeführt, dass ihnen ein ordentliches Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zustehe. Nach dieser Vorschrift kann ein Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz – also einem festgeschrieben Zinssatz – nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens mit einer Frist von 6 Monaten kündigen. Diese Argumentation überrascht auf den ersten Blick, aber solange der Bausparer ein Guthaben anspart, stellt dies ein Darlehen dar, welches der Bausparer der Bausparkasse gewährt. Mit der Gewährung des Bauspardarlehens würde es dann zu einem Rollentausch kommen. Der Bausparer würde dann Darlehensnehmer und die Bausparkasse würde in die Darlehensgeberrolle wechseln. Dieser Rollenwechsel ist für die Bausparer im aktuellen Marktumfeld aber unattraktiv, weil die Bausparsumme überdurchschnittlich verzinst wird und die – teils vor Jahrzenten vereinbarten – Zinskonditionen des Bauspardarlehens weit über dem aktuellen Marktumfeld liegen. Aus diesem Grund lassen die Bausparer das angesparte Geld einfach „stehen“ und die Bausparkassen versuchen nun mit den Kündigungen die Kundengelder „loszuwerden“. Die Anwendbarkeit des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB und die Möglichkeit einer wirksamen Kündigung durch die Bausparkassen sind in diesen Fällen jedoch rechtlich zweifelhaft.

Die bisher mit solchen Fällen befassten Gerichte haben die Rechtsfrage unterschiedlich bewertet. In einschlägigen Urteilsdatenbanken wurden bisher mehrere Urteile veröffentlicht, mit denen Klagen von Bausparkunden auf Feststellung des Fortbestehens von Bausparverträgen abgewiesen wurden und letztlich ein Kündigungsrecht der jeweiligen Bausparkasse bejaht wurde (Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15 [nicht rechtkräftig: Berufung ist beim OLG Nürnberg unter dem Az. 14 U 1916/15 rechtshängig]; Landgericht Hannover, Urteil vom 13.07.2015, Az. 14 O 93/15; Landgericht Hannover, Urteil vom 30.06.2015, Az. 14 O 55/15; Landgericht Aachen, Urteil vom 19.05.2015, Az. 10 O 404/14). Demgegenüber hat das Landgericht Karlsruhe mit Urteil vom 09.10.2015 (Az. 7 O 126/15) die Auffassung vertreten, dass einer Bausparkasse das Recht zur Kündigung aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB so lange nicht zusteht, wie das Bauspardarlehen nicht zugeteilt und die vereinbarte Bausparsumme nicht vollständig angespart wurde. Denn der Vertragszweck kann noch erreicht werden. Auch würde es sich um eine Kündigung handeln, mit welcher sich die Bausparkasse sowohl aus ihrer Rolle als Darlehensnehmerin, als auch aus ihrer Rolle als Darlehensgeberin löst. Für eine solche Kündigung enthält § 489 BGB keine Grundlage. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 489 BGB zugunsten der Bausparkasse würde zudem, so das Landgericht Karlsruhe, einen nicht gebotenen Eingriff in die Risikoverteilung zwischen den Parteien des Bausparvertrags darstellen. Nach den Bedingungen des Bausparvertrages trage nämlich jede Partei das Risiko einer ihr ungünstigen künftigen Zinsentwicklung selbst. Diese Auffassung wurde jüngst vom Amtsgericht Ludwigsburg (Urteil vom 07.08.2015, Az. 10 C 1154/15) und

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2016 vom Landgericht Stuttgart (Urteil vom 12.11.2015, Az. 12 O 100/15) geteilt und entsprechenden Klagen von Kunden auf Feststellung der Unwirksamkeit der jeweiligen Kündigung stattgegeben. Ein weiteres Argument steht denjenigen Kunden zur Verfügung, die mit ihren Bausparkassen sogenannte „Vario-Verträge“ abgeschlossen haben. Bei diesen Verträgen kann der Bausparer während des laufenden Vertrages durch schriftliche Erklärung gegenüber der Bausparkasse zwischen verschiedenen Tarifen mit unterschiedlichen Basis- und Bonuszinsen hin- und her wechseln. Bei einem Wechsel der Variante ändert sich jeweils die „Gesamtverzinsung“. Damit läge dann bereits kein „Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz“ vor, so dass schon aus diesem Grund die von den Bausparkassen gewünschte Anwendbarkeit des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheitern muss und eine Kündigung unwirksam wäre. Sollten auch Ihre Bausparkasse Ihnen den Bausparvertrag gekündigt haben, prüfen wir gerne, ob die Kündigung rechtmäßig und mit welchen Erfolgsaussichten eine erfolgreiche Gegenwehr möglich ist. Sie selbst sollten, wenn Sie an dem Bausparvertrag festhalten wollen, der Kündigung schriftlich widersprechen.

Alexander Hammer, LL.M., Rechtsanwalt Fachanwalt für Versicherungsrecht [email protected]

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>> Fortsetzung von Seite 1

Als „letztwillige Verfügung“ hat die Lebensgefährtin des Erblassers die Kopie einer handschriftlich verfassten Generalvollmacht aus dem Jahr 2002 vorgelegt, in der – nach ihren Angaben – die folgenden Worte vom Erblasser selbst geschrieben worden sein sollen: „bevollmächtige … in privaten und geschäftlichen Angelegenheiten wahrzunehmen.“ Hinzugefügt wurde: „allein Erbin bei Tod danach … Unterschrift“. Hierbei stimmte dieser Text im Schriftbild nicht überein mit vorherigen Aufzeichnungen des Erblassers, sondern mit denen seiner Lebensgefährtin, die den übrigen Text auch geschrieben hatte. Selbst wenn unterstellt würde – so das Gericht –, dass der zuvor wiedergegebene Text trotz des völlig unterschiedlichen Schriftbildes insgesamt vom Erblasser herrühre, könne die Lebensgefährtin hieraus nicht die formgültige Errichtung eines handschriftlichen Testaments zu ihren Gunsten herleiten. Die zwingende Formvorschrift des § 2247 Abs. 1 i. V. m. § 2231 BGB, wonach das Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung zu errichten ist, müsse vom Erblasser zwingend eingehalten werden. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften bewirke die Nichtigkeit des Testaments, selbst wenn die Urheberschaft des Erblassers und die Ernstlichkeit seiner Erklärung feststünden.

sung des OLG aber nicht beachtet, indem er den Text überwiegend von seiner Lebensgefährtin schreiben ließ. Der oben zitierte, vom Erblasser eigenhändig geschriebene Textteil ergebe aber allein nicht den Sinn, dass die Lebensgefährtin als Alleinerbin eingesetzt werden sollte. Denn die Person des Erben müsse vom Erblasser so bestimmt sein, dass sie allein aufgrund seiner in dem Testament enthaltenen Willensäußerung eindeutig festgestellt werden könne. Unerheblich sei wegen der zwingenden Formvorschriften, ob er tatsächlich die Alleinerbeinsetzung seiner Lebensgefährtin gewollt habe. Nachdem der Formmangel zur Nichtigkeit der betreffenden Verfügung führte, sei das Nachlassgericht nach Ansicht der Richter zu Recht vom Eintritt der gesetzlichen Erbfolge ausgegangen. Bei der Abfassung des „letzten Willens“ ist also ein hohes Maß an Sorgfalt geboten, da ansonsten die Gefahr besteht, dass eine Erbfolge eintritt, die vom Erblasser tatsächlich gar nicht gewollt war.

Georg Jacquemain, Rechtsanwalt Fachanwalt für Familienrecht [email protected]

Die Eigenhändigkeit solle bezwecken, den tatsächlichen Willen des Erblassers zur Geltung kommen zu lassen. Außerdem diene die Form nach Ansicht der Richter auch dazu, Entwürfe und Vorüberlegungen von der maßgebenden Verfügung abzugrenzen. Die Formvorschrift habe der Erblasser nach Auffas-

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2016 Bürgschaftsverträge sicher ist sicher Privates Baurecht In seinem Urteil vom 09.07.2015 (BauR 2015, 1652 f ) hat der Bundesgerichtshof grundsätzlich zur Auslegung von § 17 Nr. 8 Abs. 2 S. 1 VOB/B (2002) Stellung genommen, wonach dem Auftragnehmer und dem Bürgen 2 Jahre nach Abnahme der Werkleistung des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber ein Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaft zusteht, falls Bürge und Auftraggeber keinen anderen Rückgabezeitpunkt vereinbart haben. Gem. § 17 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 VOB/B (2002) steht dem Auftraggeber/Bürgschaftsnehmer zu diesem Rückgabeanspruch allerdings ein Zurückbehaltungsrecht zu, wenn er gegenüber dem Auftragnehmer innerhalb der 2 Jahresfrist Ansprüche wegen Mängeln „geltend gemacht“ hat und diese Ansprüche noch nicht vollständig erfüllt sind. „Geltendmachung“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer in Bezug auf einen konkreten Mangel ein konkretes Beseitigungsverlangen erhoben haben muss. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 09.07.2015 klargestellt, dass einer solchen „Geltendmachung“ bestimmter Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Auftragnehmer danach verjährungshemmende Maßnahmen in Bezug auf den geltend gemachten Gewährleistungsanspruch folgen müssen, damit der Auftraggeber gegenüber dem Bürgen berechtigt bleibt, die Bürgschaftsurkunde auch nach Ablauf des Zweijahreszeitraums zurückzuhalten. Unterlässt der Auftraggeber für seinen geltend gemachten Gewährleistungsanspruch verjährungshemmende Maßnahmen, ist er nach Eintritt der Gewähr-

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leistungsverjährung gleichwohl verpflichtet, die Bürgschaft an den Bürgen zurückzugeben, wenn der Zweijahreszeitraum abgelaufen ist. Denn durch die Verjährung des Gewährleistungsanspruchs hat sich der Sicherungszweck der Bürgschaft erledigt.

Der Bundesgerichtshof weist ausdrükklich darauf hin, dass er insoweit von seinem früheren Urteil vom 21.01.1993 (BauR 1993, 334 f ) abweicht, wo er dem Auftraggeber das Recht zugesprochen hatte, auch nach Eintritt einer Gewährleistungsverjährung gegenüber dem Rückgabeanspruch des Bürgen ein Zurückbehaltungsrecht zur Bürgschaft geltend zu machen, wenn er den Gewährleistungsanspruch wegen eines konkreten Mangels nur rechtzeitig innerhalb der Sicherungszeit gegenüber dem Auftragnehmer „geltend gemacht“ hat. Weiterer verjährungshemmender Maßnahmen bedürfe es nach dieser früheren Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht mehr, um dem Auftraggeber die Rechte aus der Bürgschaft zu erhalten (vgl. Leinemann/Brauns § 17 VOB/B Rz. 164). Durch die neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs gilt diese bislang einhellige Meinung nicht mehr. Zusätzlich zur Geltendmachung des Gewährleistungsrechts in Bezug auf einen konkreten Mangel müssen nun zusätzlich in der Folgezeit verjährungshemmende Maßnahmen in Bezug auf den Gewährleistungsanspruch ergriffen werden, damit der Auftraggeber weiterhin berechtigt bleibt, gegenüber dem Bürgen die Rückgabe der Bürgschaft auch nach Ablauf des Zweijahreszeitraums zu verweigern. Dieses Auslegungsergebnis ändert sich nach den ausdrücklichen Feststellungen des Bundesgerichthofs nicht dadurch, dass der Bürge dem Auftraggeber eine

„unbefristete Bürgschaft“ übergeben hat (so BGH BauR 2015, 1654 ausdrükklich). Wenn Sie in Ihren Bürgschaftsverträgen keine abweichenden Vereinbarungen gegenüber § 17 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B (2002) vereinbart haben, können wir Ihnen deshalb nur dringend anraten, a) mögliche Gewährleistungssachverhalte trotz lange noch nicht ablaufender Gewährleistungsfrist bereits innerhalb von 2 Jahren festzustellen, aufzulisten und dem Auftragnehmer mitzuteilen. Eine Abschrift dieses Schreibens sollte an den Bürgen gehen. b) bezüglich dieser Ansprüche sodann innerhalb entweder 4-jährigen Gewährleistungsfrist der VOB/B oder der davon abweichenden 5-jährigen Gewährleistungsfrist des BGB anschließend verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen, um so nicht nur den Gewährleistungsanspruch vor einer Verjährung zu bewahren, sondern auch die Sicherungsbefugnis aus der Bürgschaft. Für zukünftige Sachverhalte sollten Sie mit Absicherung durch eine entsprechende Vereinbarung innerhalb der Bauverträge mit dem Auftragnehmer gegenüber dem Bürgen darauf bestehen, dass dessen Bürgschaftsansprüche nicht vor Ablauf der Gewährleistungsfrist des Auftragnehmers verjähren. Dann wäre die Rückgabefrist des § 17 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B zeitlich den Gewährleistungsansprüchen gegen den Auftragnehmer angepasst.

Carlo Soiron, Rechtsanwalt [email protected]

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2016 Einbruchsdiebstahl – den Spuren auf der Spur. Versicherungsrecht Nach einem Einbruchsdiebstahl, sei es ein Einbruch in die Wohnung, das Einfamilienhaus oder die Firma, muss nicht nur der Schock und die Verunsicherung überwunden werden, es sind darüber hinaus eine Menge an Formalitäten zu erfüllen. Insbesondere ist der Schaden dem Inhaltsversicherer (z.B. Hausratsversicherung) zu melden und es ist eine Liste der abhanden gekommenen Gegenstände (Stehlgutliste) vollständig zu erstellen. Obwohl sich der Schock und die Verunsicherung noch nicht gelegt haben, erhalten dann überraschend viele Versicherte die Mitteilung ihrer eigenen Versicherung, dass eine Leistung aus dem Versicherungsvertrag abgelehnt wird. Ein häufiger Ablehnungsgrund ist das Fehlen stimmiger Einbruchsspuren. Der Hintergrund einer solchen Ablehnung ist erschreckend einfach. Obwohl sich ein Versicherungsnehmer gerade gegen einen solchen Einbruchsdiebstahl versichern wollte, der „besonders heimlich“, da ohne augenscheinliche Aufbruchspuren gelingt, obliegt ihm der Beweis, dass ein Einbruchsdiebstahl tatsächlich stattgefunden hat. Weil es bei einem Einbruchsdiebstahl in der Regel an Zeugen oder sonstigen stichhaltigen Beweisen fehlt, kann sich ein Versicherungsnehmer in einer solchen Situation auf eine Beweiserleichterung berufen. Die Vorgaben des Versicherungsvertrages und die zivilprozessualen Voraussetzungen setzen lediglich vor, dass ein Versicherungsnehmer das sogenannte äußere Bild eines Einbruchsdiebstahls beweisen muss.

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Hierzu ist es notwendig aber auch ausreichend, dass unter Anderem Einbruchsspuren gefunden werden. Je professioneller ein Einbruch erfolgte, desto wahrscheinlicher ist die Ablehnung des eigenen Versicherers, die Leistung aus dem Versicherungsvertrag zu erfüllen. In einer solchen Konstellation, in der etwa nur das Schloss überwunden wurde, ohne offensichtliche Einbruchsspuren zu hinterlassen, ist es daher zwingend erforderlich, so früh wie möglich Beweise zu sichern. Weder die untersuchenden Polizeibeamten, noch die Versicherer prüfen in der Regel das Innere der Schlösser auf Aufbruchsspuren. Es wird lediglich geprüft, ob für jedermann erkennbare Aufbruchsspuren erkennbar sind. Selbst aber in Fällen offensichtlicher Einbruchsspuren, kommt es zu Ablehnungen, weil zum Beispiel der Nachweis verlangt wird, dass die vorgefundenen Spuren tatsächlich vom Einbruch her stammen, also „stimmig“ auf den Einbruch zurückzuführen sind. Für diesen Ablehnungsgrund hat der Bundesgerichtshof zuletzt mit Urteil vom 08.04.2015 (IV ZR171/13) eine erfreulich klare Linie vorgegeben. Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung mit einer Situation befasst, in der tatsächlich Aufbruchsspuren vorhanden waren. Es wurde aber eingewandt, dass bei der vermuteten Einbruchsvariante weitere Beschädigungen hätten zwingend vorhanden gewesen sein müssen, die aber tatsächlich nicht vorhanden waren. Der Versicherer hatte sich daher auf den Standpunkt gestellt, die Einbruchsspuren seien nicht stimmig auf ein Einbruchsereignis zurück zu führen. Der Bundesgerichtshof erteilte dieser überspitzten Beweisanforderung eine klare Absage und erklärte, dass stimmige Spuren

nicht vorausgesetzt werden. In dem zu bewertenden Fall wurde während des gerichtlichen Verfahrens ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige konnte allerdings lediglich erklären, dass er aufgrund der vorgefundenen Spuren, einen Einbruch nicht ausschließen könne. Eine detailliertere Aussage konnte er zu den Spuren nicht treffen. Er erklärte sogar, dass das Fehlen der weiteren zu erwartenden Spuren sogar unwahrscheinlich ist. Der Bundesgerichtshof stellte allerdings in diesem Zusammenhang noch einmal klar, dass die Frage der Schlüssigkeit von Spuren nicht das sogenannte äußere Erscheinungsbild betreffen, da der Versicherungsnehmer nur ein Mindestmaß an Tatsachen darlegen und beweisen muss, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf einen Einbruch zu lassen. Gelingt einem Geschädigten also der Nachweis, dass vorhandene Spuren möglicherweise auf einen Einbruchsdiebstahl zurück zu führen sind, so reicht dies aus. Im weiteren Verlauf müsste dann der Versicherer nachweisen, dass der Einbruchsdiebstahl nur vorgetäuscht war, um die Leistungsverweigerung zu rechtfertigen. Eine Vielzahl von Leistungsverweigerungen im Zusammenhang fehlender Einbruchsspuren oder nicht stimmiger Einbruchsspuren, wird daher vor dem Hintergrund dieser Entscheidung unrechtmäßig sein, obwohl sich der Ablehnungsgrund aus den Versicherungsbedingungen herauslesen lassen kann.

Achim Delheid, Rechtsanwalt Fachanwalt für Versicherungsrecht [email protected]

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2016 Betriebsvereinbarung ohne Betriebsratsbeschluss – Die „Spielmasse“ eines Betriebsrates Arbeitsrecht Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in einem Beschluss vom 09.12.2014 (Az. 1 ABR 19/13) über den Fall zu entscheiden, dass im Betrieb eines Arbeitgebers eine Betriebsvereinbarung über die Überwachung der Arbeitnehmer durch optische, akustische oder elektronische Geräte abgeschlossen wurde. Diese Betriebsvereinbarung sah vor, dass ihre Bestimmungen nachwirken bis eine neue Vereinbarung abgeschlossen war. Der Arbeitgeber kündigte die Betriebsvereinbarung ordentlich; der Betriebsrat stellte sich auf den Standpunkt, dass die Betriebsvereinbarung mangels ordnungsgemäßer Beschlussfassung des Betriebsrates keine Rechtswirkung entfalte. Die Betriebsvereinbarung war zwar von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Betriebsrates unterzeichnet worden; es fehlte jedoch an einem darauf bezogenen Betriebsratsbeschluss. Das BAG hat die Betriebsvereinbarung für rechtsunwirksam gehalten; infolgedessen entfaltete diese auch keine Nachwirkung. Der Betriebsrat handelt als Kollegialorgan. Der von ihm gebildete Wille ist nur dann beachtlich, wenn er im Einklang mit den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes durch eine ordnungsgemäße Abstimmung hervorgebracht wurde. Im vorliegenden Fall hatte der Betriebsrat nach den Feststellungen der Vorgerichte keinen entsprechenden Zustimmungsbeschluss zu der streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung gefasst. Er hat auch eine solche Beschlussfassung nicht nachgeholt und

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die Betriebsvereinbarung nachträglich genehmigt (§ 184 Abs. 1 BGB). Dieser Mangel steht sowohl der Anwendung der Betriebsvereinbarung, als auch ihrer Nachwirkung entgegen. Die fehlende Beschlussfassung war auch nicht deshalb unbeachtlich, weil der Arbeitgeber von einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung des unterzeichnenden stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden ausgehen durfte. Die Entscheidung birgt große Risiken für Arbeitgeber, insbesondere wenn es um Betriebsvereinbarungen geht, die bestimmte „Eingriffs-Rechte“ des Unternehmens gegenüber den Beschäftigten regeln. Die Entscheidung könnte dazu führen, dass Betriebsräte dazu neigen, ordnungsgemäße Beschlüsse zu derartigen Betriebsvereinbarungen zu unterlassen, um sich gegebenenfalls später bei Bedarf auf eine eventuelle Unwirksamkeit zu berufen. Mit dem in diesen Fällen zusätzlich bestehenden Genehmigungsrecht ist den Betriebsräten eine „Spielmasse“ in die Hände gegeben worden, um unliebsame Betriebsvereinbarungen im Nachhinein noch entsprechend zu korrigieren bzw. sich auf deren Unwirksamkeit zu berufen. In der Konsequenz bedeutet dies für die Arbeitgeber, sich bei jedem Abschluss einer Betriebsvereinbarung – gerade bei Eingriffsnormen – den Zustimmungsbeschluss des Gremiums vorlegen zu lassen.

Günter Stieldorf, Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht [email protected]

Der Begriff des Neukunden für den Ausgleichsanspruch gemäß § 89b I 1 NR. 1 HGB Handelsvertreterrecht

Der Handelsvertreter hat bei Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses einen Ausgleichsanspruch für von ihm geworbene „neue Kunden“. Danach ist ein Kunde neu, wenn er zuvor hinsichtlich der Produkte, die Gegenstand des vermittelten Kundengeschäfts sind, nicht in einer Geschäftsbeziehung zum Unternehmer stand. Die Gerichte haben in gefestigter Rechtsprechung bislang eine sogenannte branchenbezogene Betrachtung vorgenommen. Kunden sind daher auch neu, die zwar schon in einer Geschäftsbeziehung zum Unternehmer stehen, aber von dem Unternehmer bisher nur Produkte einer anderen Branchenzugehörigkeit bezogen haben. Zwei aktuelle Entscheidungen des BGH sowie zuvor des OLG München haben die bisherige branchenbezogene Betrachtung des Neukundenbegriffs zugunsten einer produktbezogenen Betrachtung aufgeweicht. In der Praxis kann dies zu einer erhöhten Provisionspflicht des Unternehmers führen. Da das Handelsvertreterrecht auf europäischen Vorgaben beruht, hat der BGH die Auslegung des Neukundenbegriffs dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt. Das OLG München (Urteil vom 24.10.2012, Az. 7 U 4103/10) hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Ein Handelsvertreter hatte den Vertrieb von erstmals in das Sortiment des Unternehmers aufgenommene Brillenkollektionen in einem bestimmten Gebiet übernommen. Brillen aus anderen Kollektionen waren nicht Gegenstand des Han-

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2016 delsvertretervertrags. Das Vertriebssystem des Unternehmers sah vor, dass die unterschiedlichen Kollektionen seines Produktsortiments durch insoweit konkurrierende Handelsvertreter vertrieben wurden. Der klagende Handelsvertreter hatte zu Beginn seiner Tätigkeit von dem beklagten Unternehmer eine Liste mit Optikern in seinem Bezirk bekommen, die bereits mit anderen Brillenkollektionen beliefert wurden. Der klagende Handelsvertreter führte die ihm zugewiesenen Brillenkollektionen auch bei den bisher von dem Unternehmer mit anderen Kollektionen belieferten Optikern ein. Nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses machte der Handelsvertreter auch für diese Optiker einen Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB geltend. Das OLG sprach dem Handelsvertreter den Ausgleich zu. Aufgrund der besonderen Vertriebsstruktur des Unternehmers sei eine rein branchenbezogene Betrachtung nicht angemessen. Die Handelsvertreter stünden miteinander in Konkurrenz, um für die von ihnen betreuten Produkte Bestellungen zu erhalten. Deshalb seien die Handelsvertreter keine Repräsentanten des Unternehmers bezogen auf eine bestimmte Branche, sondern nur mit Bezug auf bestimmte Produkte. Daher sei von einer rein branchenbezogenen Betrachtung abzuweichen. Auch der Kunde sei als neu i.S.d. § 89b I 1 Nr. 1 HGB zu werten, bei dem der Handelsvertreter Produkte platziert, die der Kunde bislang noch nicht vom Unternehmer bezogen hatte. Dass der Kunde bereits andere Produkte aus derselben Branche vom Unternehmer bezog, sei aufgrund der besonderen Vertriebsstruktur ausnahmsweise nicht entscheidend. Es handele sich hier auch nicht um eine Erweiterung des Produktsortiments innerhalb derselben Branche. Dass Kunden, die bereits Produkte des

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Unternehmers bezogen haben, leichter andere Produkte des Unternehmers vermittelt werden können, sei durch einen (erheblichen) Billigkeitsabschlag zu berücksichtigen. Der BGH (Beschluss vom 14.5.2014, Az. VII ZR 328/12) neigt der Auffassung des OLG München zu. Dies begründete er vor allem mit dem Sinn und Zweck der Handelsvertreter-Richtlinie, wonach der Handelsvertreter einen Ausgleich für die dem Unternehmer erwachsenen Vorteile erhalten solle. Es sei unbillig, den Handelsvertreter auf die Grundsätze der wesentlichen Erweiterung bestehender Geschäftsbeziehungen zu verweisen. Zusätzlich argumentiert der BGH, dass ein Unternehmer, der einem Handelsvertreter nur bestimmte Produkte seines Sortiments zuweise, zu erkennen gebe, dass Geschäftsverbindungen für jedes dieser Produkte geschaffen werden müssten und gesonderte Verkaufsbemühungen erforderlich seien. Daran müsse sich der Unternehmer festhalten lassen. Der BGH hat den EuGH jedoch um Entscheidung gebeten, ob die Handelsvertreter-Richtlinie einem solchen (weiten) Verständnis des Neukundenbegriffs entgegenstehe. Die Handelsvertreter-Richtlinie stelle womöglich lediglich darauf ab, ob der Kunde für den Unternehmer neu sei. Die Auffassungen von BGH und OLG München würden, so sie vom EuGH bestätigt werden, die Auslegung des Neukundenbegriffs in § 89b I 1 Nr. 1 HGB weiterentwickeln: Grundsätzlich bleibt es wie bisher bei der branchenbezogenen Betrachtung. In besonderen Einzelfällen, so bei besonderen Vertriebsstrukturen, kann jedoch eine produktbezogene Betrachtung maßgeblich sein. Der bisherige Neukundenbegriff ist insoweit ergänzt. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Unternehmer für den Vertrieb seiner Produkte verschiedene – miteinander konkurrierende – Handelsvertreter ein-

setzt, die jeweils lediglich einen bestimmten Teil des Sortiments der Produktpalette des Unternehmers in derselben Branche vertreiben. Siehe zu diesem Thema ausführlich Dr. Martin Fröhlich, Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht 2015, S. 313 ff.

Dr. Martin Fröhlich, Rechtsanwalt [email protected]

VORTRÄGE Baurechts-Update 2016 Termine 14.01.2016, Dresden 26.01.2016, Köln 27.01.2016, Frankfurt 04.02.2016, Bremen 09.02.2016, Hamburg 12.02.2016, Bielefeld Veranstalter VHV Versicherungen

Referent Rechtsanwalt Markus Cosler

Allgemeines Recht und HGB Termin 14.01.2016 Veranstalter Handwerkskammer Aachen Referent Rechtsanwalt Christian Deutz

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2016 Baukosten Architektenrecht Ein Architekt ist bereits zu Beginn seiner Tätigkeit im Rahmen der Grundlagenermittlung verpflichtet, mit dem Auftraggeber abzuklären, welcher finanzielle Rahmen dort für das Bauvorhaben zur Verfügung steht. In diesem Zusammenhang kommt es immer wieder zu Gesprächen, in denen der Auftraggeber dem Architekten seine Vorstellungen über die Höhe der Baukosten mitteilt. Der Bundesgerichtshof hatte in seiner Entscheidung NJW 2013, 1593 f die Frage zu beantworten, welche rechtliche Qualität die Mitteilung des Auftraggebers über seine Kostenvorstellung hat, wenn der Architekt dieser Mitteilung nicht widerspricht. Folgende Möglichkeiten gibt es: - Die Kostenvorstellung des Auftraggebers bildet für den Architekten eine Richtgröße, die er im Rahmen seiner Kostenermittlungen (Kostenschätzung, Kostenberechnung, Kostenanschlag) grundsätzlich zu beachten hat, wobei seine Leistung jedoch erst fehlerhaft wird, wenn die Baukosten die Kostenvorstellung des Auftraggebers um einen bestimmten Prozentsatz (z.B. 15 %) überschreiten. Man ist einig, dass ein solcher Toleranzspielraum nicht besteht, wenn die Erhöhung der Baukosten auf einen Fehler des Architekten zurückzuführen ist, der außerhalb der Kostenermittlungen liegt, z.B. wenn der Architekt zunächst vergaß, in seiner Planung nach den Regeln der Technik notwendige Maßnahmen oder Einrichtungen für das Bauvorhaben vorzusehen und seine Kostenermittlungen deshalb nicht zutrafen. Hier kann der Architekt nicht argumentieren, für die Folge seines Planungsfehlers besitze er einen Toleranzspielraum von 15 %, so dass der Bauherr

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die Folgen des Architektenfehlers innerhalb eines Baukostenrahmens von 15 % selbst tragen muss. Wäre das Bauvorhaben auch bei einer von vornherein richtigen Planung teurer geworden, ist die Schadenersatzhaftung des Architekten allerdings durch die Grundsätze des Abzugs sog. Ohnehinkosten der Höhe nach gemindert. Denn insoweit sind die Mehrkosten nicht Folge des Architektenfehlers. Zudem gewährte die Rechtsprechung dem Architekten bei einer Kostenüberschreitung keinen Toleranzspielraum, wenn der Architekt im Rahmen seiner Kostenermittlung einen „groben“ Fehler beging, z.B. bei einer Kostenschätzung oder Kostenberechnung völlig falsche Baupreise zugrunde legte. Der Bundesgerichtshof ist in seiner Entscheidung NJW 2013, 1593 f über diese, bis dahin von der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze hinausgegangen und vertritt die Ansicht, wenn der Auftraggeber dem Architekten seine Kostenvorstellungen mitteilt und der Architekt nicht widerspricht, hätten die Parteien für ihren Architektenvertrag die auch mündlich wirksame verbindliche Vereinbarung getroffen, das Architektenwerk müsse die Einhaltung der einseitigen Kostenvorstellungen des Auftraggebers im Rahmen von Planung und Bauüberwachung gewährleisten. Für die Praxis bedeutet das, dass dem Architekten bei Überschreitung der Baukosten ohne Zusatzwünsche des Auftraggebers, zukünftig kein Toleranzspielraum mehr zusteht. Der Architekt ist vielmehr verpflichtet, alles zu tun, um jede erkennbare Kostenüberschreitung durch eine honorarfreie Nachplanung (als Gewährleistung) wieder in den Griff zu bekommen und zu beseitigen. Gelingt das nicht, ist er bei Verfehlung der Kostenvorstellung des Auftraggebers schadenersatzpflichtig. Eine Ein-

schränkung der Haftungshöhe nach den Grundsätzen der Ohnehinkosten kommt nicht mehr in Betracht, weil dies der Beschaffenheitsvereinbarung, die Kostenvorstellung des Auftraggebers als Baukostenhöhe einzuhalten, zu wider laufen würde. Äußert der Auftraggeber gegenüber dem Architekten, dass das Bauvorhaben nach seinen Vorstellungen z.B. 500.000,00 € zu kosten habe und widerspricht der Architekt nicht, kann der Auftraggeber nicht nach den Grundsätzen der Ohnehinkosten gezwungen werden, z.B. 550.000,00 € aufbringen zu müssen. Anwendbar sind im Rahmen der Schadenhöhe nur noch die Grundsätze der Vorteilsausgleichung. Korrespondiert mit der Kostensteigerung eine Wertsteigerung des Grundstücks, muss sich der Auftraggeber diese Wertsteigerung grundsätzlich auch im Rahmen seines Schadenersatzanspruches wegen Verletzung der getroffenen Kostenbeschaffenheitsvereinbarung schadenmindernd anrechnen lassen.

Der Architekt ist vor dem Hintergrund der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gut beraten, Kostenvorstellungen des Auftraggebers entweder sofort schriftlich zu widersprechen oder sie nur als bloßen „Richtwert“ oder „ca. Wert“ für sein Architektenwerk anzuerkennen und dies dem Auftraggeber schriftlich mitzuteilen. Zudem sind Architekten zukünftig gut beraten, die Ergebnisse ihrer Kostenermittlungen und ihrer Kostenverfolgung für das Bauvorhaben dem Auftraggeber stets dokumentiert im Rahmen von Baubesprechungen mitzuteilen und die Reaktion des Auftraggebers in einem Baustellenprotokoll festzuhalten, das dem Auftraggeber übersandt wird. Widerspricht der Auftraggeber den ihm mitgeteilten, höheren Kosten nicht, son-

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2016 Keine Rückforderung gezahlten Werklohnes bei Schwarzgeldabrede Privates Baurecht Bereits in unseren Newslettern I und II des Jahres 2014 hatten wir die neue strenge Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (im Folgenden: BGH) bei Schwarzgeldabreden dargestellt. Ein Werkvertrag bei dem der Werklohn ganz oder teilweise „schwarz“ gezahlt wird, ist nichtig. Dies hat zur Folge, dass dem Werklohnunternehmer weder ein vertraglicher Anspruch auf Werklohnanspruch zusteht, noch ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht. Der Unternehmer bekommt also kein Geld. Der Besteller kann seinerseits keinerlei Gewährleistungsansprüche geltend machen. Damit blieb nur noch eine Frage ungeklärt: Kann der Besteller bei Mangelhaftigkeit des „schwarz“ erlangten Werkes, Rückzahlung der an den Unternehmer geleisteten Zahlungen verlangen?

>> Fortsetzung dern lässt er das Bauvorhaben auf der Grundlage der ihm bekannt gegebenen höheren Baukosten unverändert fortsetzen, kann dies als Einverständnis des Auftraggebers mit der Abänderung einer niedrigeren Kostenbeschaffenheitsvereinbarung interpretiert werden.

Carlo Soiron, Rechtsanwalt [email protected]

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Diese Konstellation hat der BGH nunmehr mit Urteil vom 11.06.2015 (VII ZR 216/14 – NJW 2015, 2406 f ) entschieden: Ein Besteller beauftragte einen Unternehmer mit dem Ausbau des Dachgeschosses zu einem Pauschalpreis von 10.000,00 €, der bar gezahlt wurde. Der Besteller legt über den Betrag zwar Rechnung. Die Rechnung wies aber weder eine Steuernummer, eine Rechnungsnummer oder einen Steuersatz auf (Verstoß gegen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, 4, 8 UStG). Später forderte der Besteller aufgrund von Mängeln vom Unternehmer, die Rückzahlung der gezahlten 10.000,00 €. Während die Vorinstanz dem Besteller den Anspruch noch größtenteils zuerkannt hatte, ändert der BGH diese Entscheidung zu Ungunsten des Bestellers ab. Der Unternehmer ist nicht verpflichtet, aufgrund seiner mangelhaften Leistungen eine Rückzahlung des erhaltenen Betrags an den Besteller zu leisten! Der BGH verweist auf seine bisherige Rechtsprechung, dass aufgrund der Nichtigkeit des Vertrags dem Besteller keine Mängelrechte zustehen. Ihm sei aber auch die Rückforderung gezahlter Beträge nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen (§ 812 BGB) verwehrt. Zwar sind die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB erfüllt. Allerdings ist die Geltendmachung dieses Anspruchs ausgeschlossen (§ 817 Satz 2 BGB). § 817 Satz 2 BGB bestimmt, dass dann, wenn beide Parteien gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, eine Rückforderung des Erlangten ausgeschlossen ist. Nicht nur die Schwarzgeldabrede als solches verstößt gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgende Leistungserbringung. Dabei liegt die „Ausführung der Vereinbarung“ nicht

ausschließlich in der Erbringung der Werkleistung durch den Unternehmer, sondern auch in der Zahlung durch den Besteller, ohne eine Rechnung mit Steuerausweis erhalten zu haben. Der Auffassung der Vorinstanz § 817 Satz 2 BGB einschränkend auszulegen, erteilt der BGH eine klare Absage: Wer bewusst das im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz enthaltene Verbot missachtet, soll nach dem Willen des Gesetzgebers schutzlos bleiben und veranlasst werden, das verbotene Geschäft nicht abzuschließen. Hierbei ist der Ausschluss bereicherungsrechtlicher Ansprüche aufgrund der abschreckenden Wirkung ein geeignetes Mittel, die Zielsetzung des Gesetzgebers zu erreichen. Dies heißt, dass bei einer Schwarzgeldabrede wechselseitig Unternehmer und Besteller keinerlei Ansprüche aus Vertrag, Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zustehen. Daneben ist als weitere negative Folge zu berücksichtigen, dass eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung bzw. Beihilfe hierzu vorliegt. Die rigorose – aber zutreffende – Linie des BGH sollte in Zukunft für beide Parteien ihre abschreckende Wirkung entfalten. Die Risiken einer Schwarzgeldabrede können nicht genügend betont werden. Von solchen Vereinbarungen ist Abstand zu nehmen.

Melanie Bentz, Rechtsanwältin Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht [email protected]

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2016 „Fallstrick“ bei vorweggenommener Erbfolge des Betriebsvermögens Steuerrecht 1. Problemstellung Neben den erbschaftsteuerlichen Problemen, die es bei der Übertragung von Betriebsvermögen gibt und die durch eine zwar komplizierte Rechtslage, aber im Ergebnis doch moderate Besteuerung (bis hin zur vollständigen Befreiung) gekennzeichnet sind, muss bedacht werden, dass es auch ertragsteuerliche „Fallstricke“ gibt, die leicht zu einer nicht bedachten Besteuerung führen können. Es gilt daher, bei der Übertragung von Betriebsvermögen (auf die nächste Generation) Vorsicht walten zu lassen und Gestaltungen zu wählen, die man steuerlich als „safe“ charakterisieren kann. Folgender Fall war zu entscheiden: Der Vater war Alleineigentümer eines Betriebsgrundstücks, das an eine ihm allein gehörende GmbH vermietet war. Steuerrechtlich spricht man in solchen Fällen von einer sog. Betriebsaufspaltung mit der Konsequenz, dass sowohl das Grundstück als auch die GmbHAnteile steuerliches Betriebsvermögen sind. Dieses Konstrukt ist in der mittelständischen Wirtschaft häufig anzutreffen. Wird Betriebsvermögen veräußert, muss der entstehende Gewinn versteuert werden. Dasselbe gilt, wenn der Betrieb ganz oder teilweise aufgegeben wird. Wird der gesamte Betrieb dagegen unentgeltlich auf eine andere Person (meist Kinder) übertragen, findet keine Besteuerung statt: Die sog. stillen Reserven (Differenz von Verkehrs- und Buch-

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wert eines Vermögensgegenstands) gehen auf den Erwerber über. Im vom Bundesfinanzhof am 21.01.2015 (= X R 16/12) entschiedenen Fall übertrag der Vater per Schenkung zivilrechtlich das Eigentum an dem Grundstück und die Anteile an der GmbH und behielt sich den Nießbrauch an beiden Vermögensgegenständen vor. Auf den ersten Blick scheint die Lösung ertragsteuerlich unproblematisch zu sein. 2. Lösung durch den Bundesfinanzhof Die schenkweise Übertragung von Vermögen gegen Nießbrauchsvorbehalt ist eine steuerlich erprobte Gestaltung: Handelt es sich um Gegenstände des Privatvermögens (meist Immobilien), ist steuerliches Gefährdungspotenzial in aller Regel nicht in Sicht: Der gewünschte Effekt, dass sich Vermögen – häufig unbelastet von Erbschaft-, bzw. Schenkungssteuer – in der nächsten Generation befindet, gleichwohl auf der Einkommensteuerebene „alles beim Alten“ bleibt (also der Übertragende nach wie vor den Überschuss aus der vermieteten Immobilie versteuern muss), tritt unproblematisch ein. Es müssen zwar einige Dinge beachtet werden, die aber in der heutigen Zeit zum Standard auch des notariellen Vertrages gehören. Dagegen ist die schenkweise Übertragung der GmbH-Anteile gegen Nießbrauchsvorbehalt stark problembeladen. Zum einen gibt es dazu keine „Erprobung“ durch die Steuerrechtspraxis und zum zweiten sind gesellschaftsrechtliche Vorgaben zu beachten: Denn der Nießbrauchsvorbehalt führt zwar dazu, dass der Übertragende in den Genuss von Gewinnausschüttungen der GmbH gelangt, diese versteuert und insoweit durch die Übertragung einkommensteuerlich keine Veränderung bezüglich dieser Gewinnausschüttungen erfolgt; aber gesellschaftsrechtlich

gehen durch die Schenkung die Stimmrechte auf den Erwerber über, so dass nunmehr der Erwerber in der GmbH „das Sagen“ hat. Somit sind also Stimmrechte und Ausschüttungsberechtigung nicht mehr in einer Person vereint. Diese Erkenntnis entnahm der Bundesfinanzhof ganz ausdrücklich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (im Gesellschaftsrecht): Wird aber die bisherige Personenidentität des jeweils über den Vermögensgegenstand „Herrschenden“ durch die Übertragung beendet, fehlt es steuerrechtlich an der erforderlichen Überlassung des gesamten Betriebs und damit endet auch das Konstrukt der Betriebsaufspaltung. Steuerrechtlich hat dies zwingend zur Folge, dass die GmbH-Anteile als veräußert gelten und somit die in diesen Anteilen „schlummernden“ stillen Reserven zu versteuern sind. 3. Fazit Bei der Übertragung von Betriebsvermögen gegen Nießbrauchsvorbehalt ist äußerste Vorsicht geboten, auch soweit dazu Immobilien gehören, da die Gefahr besteht, rechtliche Aspekte, die sich nicht aus dem Steuerrecht ergeben, zu übersehen und dann zu nicht bedachten Steuereffekten führen. Angeraten ist es, solche Konstruktionen zu wählen, die das Einkommensteuergesetz „anbietet“, nämlich Übertragung gegen Versorgungsleistungen, § 10 Abs. 1 a) Nr. 2 EStG. Bei kluger Gestaltung kann man dann zu demselben wirtschaftlichen Ergebnis wie bei einer Nießbrauchslösung kommen.

Prof. Dr. Bernhard Schreven, Steuerberater [email protected]

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I/2015 2016 Zahlungszeitpunkt im Mietvertrag nicht festgelegt: Welcher Zahlungsintervall gilt? Mietrecht Ein Vermieter verlangte die Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung, nachdem er eine Kündigung wegen Nichtzahlung der Miete ausgesprochen hatte. Die Mieterin machte geltend, der Nettokaltmietzins von 680,00 € sei mangels hinreichend eindeutiger vertraglicher Regelungen lediglich jährlich geschuldet gewesen, weil die Parteien einen der Zahlungsintervalle im Mietvertrag „monatlich“, „vierteljährlich“ und „jährlich“ nicht ausdrücklich vereinbart hätten. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass eine monatliche Betriebskostenpauschale aus dem Mietvertrag zu entnehmen wäre. Das mit der Berufung befasste Landgericht Berlin gab der Räumungsklage mit Urteil vom 11.12.2014 (67 S 278/14), unter teilweiser Abänderung des Urteils des Amtsgerichtes, ebenfalls statt. Es verwies darauf, dass in Anbetracht der Mietzinshöhe von 680,00 € und unter Zugrundelegung der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB die vorgetragene Auffassung der Mieterin fernliegend wäre. Aus dem systematischen Zusammenhang mit der in § 6 Nr. 2 des Mietvertrages statuierten Pflicht zur Entrichtung einer monatlichen Betriebskostenpauschale sei klar zu ersehen, dass nicht von einer Jahresmiete, sondern von einem monatlichen Nettokaltmietzins in Höhe von 680,00 € auszugehen sei. Auch die von der Mieterin ins Spiel gebrachte Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB, wonach Unklarheiten im Rahmen eines Vertrages im Zweifelsfalle zu Lasten des Verwenders, bei einem Formularmietvertrag also zu Lasten des Vermieters, gehen sollen,

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käme hier nicht zur Anwendung, da diese Regelung nicht nur den Streit über eine Auslegung, sondern auch nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden einen verbleibenden und nicht behebbaren Zweifel voraussetzte, der mindestens zwei Auslegungen als rechtlich vertretbar erscheinen lasse. Diese zwei Auslegungsmöglichkeiten sah das Landgericht Berlin vorliegend jedoch nicht. Vielmehr ging es eben nach erfolgter Auslegung von dem klaren Ergebnis einer Mietzahlungsverpflichtung aus. Selbst wenn die Mieterin aufgrund der längerfristigen Nichtgeltendmachung der aufgelaufenen Rückstände zunächst davon ausgegangen sein sollte, nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein, war ihr spätestens nach einer schriftlichen Mahnung des Vermieters im Hinblick auf die bestehenden Ausstände bewusst, dass der Vermieter an den ihm zustehenden Zahlungsansprüchen festhalten würde, so das Landgericht Berlin. Gleichwohl hätte die Mieterin den Zahlungsausgleich pflichtwidrig beharrlich verweigert und damit eine Vertragsverletzung begangen. Auch die längerfristige Untätigkeit des Vermieters bei der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen rechtfertige nämlich nicht einen Rükkschluss auf eine Verzichtsvereinbarung oder aber begründe ein - für eine Verwirkung erforderliches - entsprechendes Vertrauen des Mieters auf einen tatsächlichen Verzicht im Hinblick auf die Miete. Auch dieser Fall zeigt abermals, dass es jedem Vermieter dringend anzuraten ist, beim Ausfüllen des Mietvertrages größtmögliche Sorgfalt walten zu lassen. Auch das Hilfsargument der Mieterin im Hinblick auf die langfristige Untätigkeit des Vermieters zeigt, das Vermieter Nichtleistungen ihres Mieters niemals tolerieren, sondern im Gegenteil sofort abmahnen sollten. Nur so lässt sich dem Einwand begegnen, die Gel-

tendmachung von rückständigen Zahlungen wäre verwirkt, weil der Mieter darauf vertraut hätte, zu entsprechenden Zahlungen nicht mehr verpflichtet zu sein.

Marc Soiron, Rechtsanwalt Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht [email protected]

Neue EU-Schwellenwerte ab 1. Januar 2016 Vergaberecht Zum 01.01.2016 wurden mit EU-Verordnungen die EU-Schwellenwerte geändert. Der Wert für Bauvergaben wird danach bei 5,225 Millionen Euro liegen und der Wert für Liefer- und Dienstleistungen wird bei 209.000,- € liegen. Die Änderungen lassen sich der delegierten Verordnung (EU) 2015/2170 der Kommission mit den entsprechenden Verordnungen entnehmen.

Dr. Martin Weber, Rechtsanwalt Fachanwalt für Verwaltungsrecht [email protected]

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2016 Neufassung der Loyalitätsobliegenheiten und Beteiligung von Gewerkschaften – Die Katholische Bischofskonferenz ebnet den Weg für ein neues kirchliches Arbeitsrecht Kirchenrecht/ Arbeitsrecht Die Evangelische und die Katholische Kirche in Deutschland sowie die ihr zugeordneten Einrichtungen und Verbände sind mit über 700 000 Arbeitnehmern der zweitgrößte Arbeitgeber unseres Landes. Kirchliche Arbeitgeber erwarten von ihren Mitarbeitern in unterschiedlicher Weise die Erfüllung von Loyalitätsverpflichtungen außerhalb des engeren dienstlichen Bereichs. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 22.10.2014 (2 BvR 661/12) seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, nach der es für staatliche Gerichte nur eine beschränkte Nachprüfbarkeit vertraglich vereinbarter Loyalitätsobliegenheiten kirchlicher Mitarbeiter gibt. Die Religionsgemeinschaften bestimmen diese Loyalitätsverpflichtungen im Rahmen der ihnen verfassungsrechtlich garantierten Autonomie. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aufgehoben und den Fall an dieses zurückverwiesen. In dem konkreten Fall war ein kirchlicher Krankenhausträger arbeitsgerichtlich zu einer Weiterbeschäftigung eines Chefarztes verurteilt worden, dem nach Ehescheidung und erneuter Heirat – ohne vorherige kirchenrechtliche Annullierung der ersten Ehe – gekündigt worden war. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte in seiner Entscheidung, dass die Festsetzung und Ausgestaltung von Loyalitätsobliegenheiten der kirchlichen Mitar-

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beiter dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen unterliegt. Die Deutsche Bischofskonferenz hat in ihrer Konferenz am 27.04.2015 im Rahmen ihrer grundgesetzlich gesicherten Autonomie eine Lockerung der bisher geltenden engen Loyalitätsobliegenheiten kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschlossen. Geschiedene und Wiederverheiratete, Homosexuelle in eingetragenen Lebenspartnerschaften müssen danach in kirchlichen (katholischen) Einrichtungen nur noch in Ausnahmefällen mit einer Kündigung rechnen. In Zukunft soll es nicht zu automatischen Kündigungen bei bestimmten Lebenssachverhalten, vielmehr zu einer Einzelfallabwägung kommen. Bei schwerwiegenden Verstößen gegen Loyalitätsobliegenheiten kann es zur Kündigung kommen. Schwerwiegende Verstöße sind z.B. ein öffentliches Eintreten gegen tragende Grundsätze der Katholischen Kirche (z.B. Propagierung der Abtreibung und des Fremdenhasses) Weiterhin trägt der Beschluss der Bischofskonferenz der Forderung Rechnung, Gewerkschaften an den Verhandlungen der Dienstgeber und Dienstnehmer über Tarife und Arbeitsbedingungen zu beteiligen. Die Entscheidung in der Bischofskonferenz war nicht unumstritten, 2/3 der stimmberechtigten Bischöfe folgten dem Münchner Kardinal Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Dieser Beschluss der Bischofskonferenz ist in diözesanes Recht umzusetzen, denn jeder Bischof ist in seiner Diözese Gesetzgeber des diözesanen Rechts. Es bleibt daher abzuwarten, ob und in welcher Weise alle Bischöfe diesen Beschluss in diözesanes Recht umsetzen. Auf eine möglichst einheitliche Umsetzung bleibt zu hoffen. Das bisherige, eng gefasste kirchliche Arbeits-

recht war kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zunehmend auch Arbeitgebervertretern in kirchlichen Einrichtungen immer schwerer zu vermitteln.

Hans-Werner Fröhlich, Rechtsanwalt [email protected]

Kostenerstattung bei unberechtigter Mängelrüge Privates Baurecht Das Oberlandesgericht Koblenz (im Folgenden OLG Koblenz) hatte sich in einem Rahmen eines Berufungsverfahrens mit einer recht häufig anzutreffenden Konstellation auseinander zu setzen: Inwiefern kann der Auftragnehmer vom Auftraggeber Aufwendungsersatz für Monteurstunden und Fahrtkosten verlangen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Mängelrüge des Auftraggebers unberechtigt war? Der Hauptauftragnehmer des Neubaus einer Krankenhausstation (im Folgenden GU) forderte den als Subunternehmerin eingesetzten Fachbetrieb für Sanitär-, Heizungs- und Anlagenbau mehrfach zu Mangelbeseitigungsarbeiten auf. Auf die Mängelrügen hin versandte die Subunternehmerin jeweils Schreiben an den GU, welche die grundsätzliche Bereitschaft zur Mangelbeseitigung beinhalteten, dann aber ausführten: „Sollte sich jedoch herausstellen, dass die von Ihnen gerügten Mängel nicht

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2016 vorhanden sind oder aber nicht auf von uns zu vertretenden Gründen beruhen, müssen wir Ihnen die Kosten für die Überprüfung einschließlich der Fahrtkosten in Rechnung stellen. Wir erlauben uns, davon auszugehen, dass Sie mit dieser Regelung einverstanden sind, falls wir nicht innerhalb der nächsten drei Tage von Ihnen anders lautende Nachricht erhalten.“ Nachdem die Subunternehmerin die vermeintlichen Mängel in Augenschein genommen und keine Mängel festgestellt hatte, stellte sie die Kosten für die Überprüfungsmaßnahmen (Fahrtkosten, Pauschalen und Monteurstunden) dem GU in Rechnung. Das Landgericht sprach der Subunternehmerin den geltend gemachten Anspruch zu. Das OLG Koblenz wies mit Beschluss vom 04.03.2015 (3 U 1042/14) darauf hin, die Berufung des GU mangels Erfolgsaussichten zurückweisen zu wollen. Mit Beschluss vom 08.04.2015 wurde die Berufung gemäß § 522 ZPO zurückgewiesen. Zur Begründung verwies das OLG darauf, dass grundsätzlich der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung kostenlos auszuführen hat. Zu diesen Kosten der Mangelbeseitigung gehören auch die Kosten der Überprüfung, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt. Führt die Überprüfung zu dem Ergebnis, dass ein Mangel des Werkes nicht vorliegt, trifft die Kostentragungspflicht allerdings nicht schlechthin den Auftragnehmer. Will der Auftragnehmer diese Arbeiten in Rechnung stellen, muss er jedoch im Vorfeld seiner Tätigkeit unzweideutig zum Ausdruck bringen, die Arbeiten nicht als kostenlose Mängelbeseitigung durchführen zu wollen. Diesen Willen, eine Kostenerstattung geltend zu machen, hat die Subunternehmerin in ihrem Schreiben deutlich

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gemacht. Problematisch war das Schweigen des GU zu diesem Schreiben, da Schweigen grundsätzlich keine Zustimmung darstellt. Das OLG erläutert in diesem Zusammenhang, dass der GU die Subunternehmerin die Überprüfung hat vornehmen lassen, ohne im Vorfeld oder im Rahmen der Ortstermine zum Ausdruck zu bringen, keinerlei Kosten übernehmen zu wollen. Dieses Verhalten wertete das OLG als Vertragsannahme. Deshalb konnte die Subunternehmerin ihren Werklohnanspruch erfolgreich geltend machen. Zur Darlegungs- und Beweislast der Mangelhaftigkeit führt das OLG zusätzlich aus, dass nach der Abnahme der Auftraggeber die Mangelhaftigkeit des Werkes auch dann zu beweisen hat, wenn nicht Gewährleistungsrechte geltend gemacht werden, sondern die Kosten für die Überprüfung eines Mangels.

vom Gericht auch gar keine rechtserhebliche Bedeutung beigemessen werden können mit der Folge, dass es keine Einigung über eine Kostenerstattung gab. Die Grundsätze des Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben sind nicht heranzuziehen. Beim kaufmännischen Bestätigungschreiben ist mündlich ein Vertragsabschluss bereits erfolgt, dessen Inhalt nachträglich schriftlich fixiert – also bestätigt – wird. Hier befanden sich die Parteien noch im Stadium der Vertragsanbahnung; es gab noch nichts zu bestätigen!

Melanie Bentz, Rechtsanwältin Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht [email protected]

Auch wenn die Entscheidung des OLG Koblenz im konkreten Einzelfall durchaus zutreffend ist, ist diese nur bedingt verallgemeinerungsfähig. Zum einen handelte es sich bei beiden Vertragsparteien um Unternehmer. Aufgrund der besonderen Schutzwürdigkeit des Verbrauchers kann die Entscheidung nicht ohne weiteres auf einen Vertrag mit einem privaten Bauherrn erstreckt werden. Zum anderen ist es gefährlich, sich als Auftragnehmer darauf zu verlassen, dass ein Gericht das Schweigen der anderen Seite als Zustimmung zu einem Vertragsabschluss ansehen wird. Vorliegend bestand die Besonderheit, dass der GU an den Überprüfungsterminen der Subunternehmerin teilnahm und sich zu keinem Zeitpunkt gegen die Kostenübernahme verwehrt hat. Ohne Anwesenheit im Termin hätte dem bloßen Schweigen auf ein Anschreiben

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2016 Alles neu bei Schönheitsreparaturen klauseln Mietrecht Der Bundesgerichtshof hat mit einigen Entscheidungen am 18.03.2015 seine Rechtsprechung zur Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter grundlegend geändert. Nebenbei wurde die Wirksamkeit von sog. Quotenklauseln, die Mieter an den Kosten des Vermieters bei noch nicht fälligen Schönheitsreparaturen, z.B. nach nur kurzer Wohndauer, anteilig beteiligen sollten, auch noch aufgegeben. Im ersten Verfahren (Az. VIII ZR 185/14) enthielt der Mietvertrag eine nach den bisherigen Maßstäben (z.B. kein starrer Fristenplan) an sich wirksame Schönheitsreparaturklausel. Zu Mietbeginn waren jedoch unstreitig in drei Zimmern Streicharbeiten erforderlich. Der Mieter verweigerte bei Auszug die fälligen Schönheitsreparaturen, so dass der Vermieter ihn auf Schadenersatz verklagte. Im Verfahren (Az. VIII ZR 242/13) war zwischen den Parteien streitig, ob die Wohnung zu Vertragsbeginn renoviert oder unrenoviert übergeben worden war. Ferner stritten die Parteien auch über die Zahlung eines Abgeltungsbetrages aus der sog. Quotenklausel. Schließlich stritten ein Vermieter und ein Mieter im Verfahren VIII ZR 21/13 über die Folgen einer (nur) zum Teil auf sog. "starre" Fristen abstellenden Schönheitsreparaturenklausel. Schönheitsreparaturen betreffen grundsätzlich die malermäßige Instandsetzung der Wohnung und sind nach dem Grundgedanken des Gesetzes Sache des Vermieters. Mit einer wirksamen Vereinbarung im Mietvertrag kann der Vermieter seine Pflicht jedoch auf den

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Mieter übertragen. In den vergangenen Jahren hatte der Bundesgerichtshof insoweit bereits viele Voraussetzungen an eine wirksame Vertragsklausel aufgestellt, die jeweils auch immer ein breites mediales Echo hervorgerufen hatten. Bisher setzte eine wirksame Regelung nicht voraus, dass die Wohnung zu Vertragsbeginn renoviert bzw. nicht renovierungsbedürftig war. Dies sieht der Bundesgerichtshof nun unter Verweis auf geänderte Lebens- und Gesamtumstände anders und hält die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter bei unrenoviert bzw. in einem renovierungsbedürftigen Zustand übergebenen Wohnungen für grds. unwirksam. Vielmehr darf nun ein Mieter nur noch zu Schönheitsreparaturen verpflichtet werden, die durch sein eigenes Verhalten erforderlich werden. Muss er mehr leisten, also insbesondere Gebrauchsspuren beseitigen, die sein Vorgänger hinterlassen hat, ist zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung erforderlich ihm einen „angemessenen“ Ausgleichs zu gewähren. Muss der Mieter also zu Beginn des Mietverhältnisses renovieren, ist die Auferlegung von weiteren Schönheitsreparaturen im laufenden Mietverhältnis eine unangemessene Benachteiligung, die nur durch ein Äquivalente ausgeglichen werden kann. Wann dieser Ausgleich „angemessen“ ist, hat der Bundesgerichtshof allerdings offen gelassen. Im Verfahren VIII ZR 185/14 wies er daher die Schadenersatzklage des Vermieters ab, nachdem die Wohnung zu Vertragsbeginn sogar nur teilweise renovierungsbedürftig war. Im Verfahren VIII ZR 242/13 verwies er den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurück. Dort muss das Landgericht nun klären, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert an den Mieter übergeben wurde. Dabei wird es letztlich darauf ankommen, ob etwa vorhandene Gebrauchsspuren des Vormieters so

unerheblich waren, dass die Mieträume im Zeitpunkt der Überlassung den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermittelten. Dies zu beurteilen wird in Zukunft die Aufgabe des jeweiligen Richters sein. Darüber hinaus stellte der zuständige Senat dann in diesem Verfahren eben klar, dass nach seiner heutigen Auffassung Quotenklauseln grundsätzlich unwirksam seien, weil der auf den Mieter entfallende Kostenanteil nicht verlässlich ermittelt werden könne. In der Vergangenheit hatten die Richter damit noch kein Problem gehabt. Schließlich machte der Bundesgerichtshof im Verfahren VIII ZR 21/13 noch einmal deutlich, dass ein auch nur teilweise „starrer“ Fristenplan im Hinblick auf die Vornahme von Schönheitsreparaturen die gesamte Schönheitsreparaturenklausel des Vertrages unwirksam mache. Die Entscheidungen vom 18.3.2015 machen wohl Millionen Mietvertragsvereinbarungen nachträglich unwirksam, obwohl sich Vermieter seit Jahrzehnten auf die Rechtsprechung verlassen haben. Für die Praxis ist nun wichtig, die neuen Grundsätze zu beherzigen. Dabei gibt es bei einer Neuvermietung nun nur noch wenige Optionen: Der Vermieter kann die Wohnung vollständig vor Einzug renovieren (lassen), um sicher zu gehen, dem Mieter die Schönheitsreparaturen vertraglich auferlegen zu können. Dabei muss er freilich darauf hoffen, dass der Mieter lange genug in der Wohnung lebt, damit eine Renovierung überhaupt verlangt werden kann oder sich der eigene Renovierungsaufwand rechnet. Das „Einpreisen“ von Schönheitsreparaturen in die Miete wird dabei mit Inkrafttreten der „Mietpreisbremse“ zusätzlich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht. Alternativ bliebe, die Wohnung unrenoviert zu vermieten und im Vertrag zu verein-

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2016 Anforderungen an ein Mietkautionskonto Mietrecht Ausgangspunkt einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09.06.2015 (VIII ZR 324/14) zu den Anforderungen an ein vom Vermieter einzurichtendes Mietkautionskonto war der Streit zweier Parteien eines Mietverhältnisses darüber, ob die vom Vermieter vorgenommene Anlage der Mietkaution auf einem nicht als Sonderkonto gekennzeichneten Sparbuch ausreichend war oder nicht. Der Mieter verlangte nämlich auch noch nach Beendigung des Mietverhältnisses eine insolvenzfeste Anlage der Kaution. Mit Beschluss vom 09.06.2015 entschied der Bundesgerichtshof, dass das Anliegen des Mieters begründet sei. Die Anlage der Kaution müsse nämlich den

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baren, dass keine Partei zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet ist. So kann auf Schönheitsreparaturen durch den Mieter gehofft werden, da dieser sich die Wohnung „aufhübschen“ möchte. Ob eine solche Regelung im Mietvertrag aber zulässig ist, weil der Mieter dann ja zwar ohne Verpflichtung aber rein faktisch zur Renovierung genötigt wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch unsicher.

Marc Soiron, Rechtsanwalt Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht [email protected]

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Treuhandcharakter eindeutig für jeden Gläubiger des Vermieters erkennen lassen. Es entspreche daher auch einhelliger Rechtsprechung, dass die Kaution auf einem offen ausgewiesenen Sonderkonto („Mietkautionskonto“) angelegt werden muss. Wäre dies nicht der Fall, so unterfiele die Kaution – der ausdrücklich erklärten Absicht des Gesetzgebers zuwider – nämlich u.a. dem banküblichen Pfandrecht des Kreditinstituts für Forderungen gegen den Vermieter als Kontoinhaber. Dieses Pfandrecht erstreckt sich nach der Rechtsprechung auch auf treuhänderisch geführte Konten und Sparbücher; es wird auch nicht dadurch aufgehoben, dass der Treuhandcharakter der Einlage nachträglich durch den Vermieter (oder den Mieter) nachgewiesen wird. Da das Pfandrecht des Geldinstituts am Sparguthaben vielmehr dann nur ausgeschlossen sei, wenn der Treuhandcharakter von Anfang an offen gelegt wird, wäre ein offen ausgewiesenes Sonderkonto für den Vermieter verpflichtend, weil ansonsten die Kautionszahlung des Mieters ohne Kennzeichnung für diesen bei Insolvenz des Vermieters verloren wäre. Der Mieter könne, so die Karlsruher Richter, auch nach dem Ende des Mietverhältnisses bis zur endgültigen Abrechnung über die Kaution noch verlangen, dass die gesetzlichen Anforderungen an die Anlage der Mietsicherheit erfüllt würden. Die Mietkaution diene – soweit nicht ausnahmsweise etwas anderes vereinbart sei – ausschließlich der Sicherung von Forderungen des Vermieters aus dem konkreten Mietverhältnis. Die darin liegende Zweckbindung Ende allerdings nicht schon dann, wenn die Kaution am Ende des Mietverhältnisses nicht mehr für Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis benötigt würde, sondern erst mit der eigentlichen Rückzahlung der Kaution an den Mieter. Dementsprechend endet

aber sowohl das Sicherungsbedürfnis des Mieters als auch die treuhänderische Bindung nicht bereits mit dem Ende des Mietverhältnisses, sondern erst mit der Rückgewähr der Kaution an den Mieter. Ist der Vermieter dem Anspruch auf eine getrennte und entsprechend gekennzeichnete Anlage der Kaution nicht nachgekommen, so steht dem Mieter (im laufenden Mietverhältnis) ein Zurückbehaltungsrecht an den Mieten in Höhe der Kaution gemäß §§ 273, 274 BGB zu. Nach einer weiteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs darf ein Mieter sogar schon die Zahlung der Kautionssumme zu Beginn des Mietverhältnisses von der Benennung eines insolvenzfesten Kontos abhängig machen. Der Vermieter soll, so der Bundesgerichtshof, dadurch, dass er dem Mieter auf dessen Verlangen sogleich ein insolvenzfestes Konto benennen muss, auch nicht unangemessen belastet werden, da er dieses Konto nach Erhalt der Kaution ohnehin einrichten und die Miete nachweisen müsse.

Marc Soiron, Rechtsanwalt Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht [email protected]

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AKTUELLES

AUTOREN DIESER AUSGABE Melanie Bentz ist Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht. Sie ist seit 2006 in unserer Kanzlei tätig. Zu ihrem Aufgabenbereich gehört die gerichtliche und außergerichtliche Interessenvertretung von ausführende Unternehmen bzw. Architekten und Privatpersonen im Rahmen der Vertragsgestaltung und bei der Geltendmachung von aus einem Bauvorhaben resultierenden Forderungen. Achim Delheid ist Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht. In sämtlichen Sparten des Versicherungsrechst (Berufsunfähigkeit, Unfall Wohngebäude , Hausrat, Kasko etc.), des Verkehrsrechts (Unfallregulierung, Autokauf, Leasing, Gewährleistung, Fahrverbot, Führerscheinentzug etc.) und Haftungsrechts (Schadenersatz, Tierhalterhaftung, Verkehrssicherungspflicht etc.) vertritt er Ihre Interessen als Berater ebenso wie als Prozessvertreter. Hans-Werner Fröhlich Hans-Werner Fröhlich ist anwaltlich für kirchliche Rechtsträger, Amtsträger und Mitarbeiter tätig. Ebenso gehören das Vereins- und das Stiftungsrecht zu seinen Aufgaben. Ihm ist die Unterstützung des Ehrenamtes ein besonderes Anliegen. Ein weiterer Schwerpunkt sind Aufgaben im spanisch-iberoamerikanischen Rechtsbereich. Alexander Hammer, LL.M. hat seinen Tätigkeitsschwerpunkt im Haftungs- und Versicherungsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht. Er ist sowohl beratend als auch forensisch tätig. Georg Jacquemain ist Fachanwalt für Familienrecht und erfolgreicher Absolvent des Fachanwaltslehrgangs für Erbrecht. Darüber hinaus ist er Dozent für Recht an der Europäischen Wirtschafts- und Sprachenakademie. Er ist in unserem Haus ausschließlich für das Familien- und Erbrecht zuständig. Insbesondere vertritt er Sie im gesamten Scheidungsverfahren und bei Fragen zum Unterhalt. Im Erbrecht begleitet er Sie bei der Testamentserstellung und in nationalen wie internationalen Nachlassproblematiken.

Prof. Dr. Bernhard Schreven ist als Jurist nicht nur Anwalt, sondern auch Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Aus dieser Kombination ergeben sich die Tätigkeitsschwerpunkte: Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht, namentlich die Abfassung von Gesellschaftsverträgen und die Begleitung von Auseinandersetzungen von Gesellschaftern. Darüber hinaus ist er auch in der Existenzgründungsberatung tätig. Carlo Soiron ist mit Schwerpunkten im privaten Bau- und Architektenrecht, sowie im gewerblichen Mietrecht tätig.

Marc Soiron unterstützt unsere Mandanten als Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei allen außergerichtlichen und gerichtlichen Fragen rund um Grundstücke und Immobilien. Günter Stieldorf ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Er ist zudem Lehrbeauftragter für Arbeitsrecht an der KatHO NRW. Er berät überwiegend Arbeitgeber in allen Bereichen des Arbeitsrechtes sowohl im Hinblick auf Individualarbeitsrecht, als auch im Bereich des kollektiven Arbeitsrechts. Die Arbeitsweise von Herrn Stieldorf ist dadurch geprägt, dass er neben der juristischen Aufarbeitung des Problems auch die emotionale Seite beleuchtet, um hieraus das strategische Vorgehen abzuleiten. Dr. Martin Weber ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Erbrecht. Zu seinen Kompetenzkreisen gehören insbesondere öffentliches Bau- und Planungsrecht, das Umweltrecht sowie das Wirtschaftsverwaltungsrecht und Vergaberecht.

Veröffentlichung Christof Stock und Oksana Kerbs Pflegeberufe in der EUREGIO MaasRhein

Eine Vergleichsstudie Belgien-Niederlande-Deutschland, Tectum Verlag 2015 Fachanwalt (25.11.2015) Gemäß unserer Devise "Qualität durch Spezialisierung" ist unser Kollege Markus Friedland aufgrund seiner besonderen theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen ab sofort berechtigt, den Titel "Fachanwalt für gewerblichen Rechtschutz" zu führen. Verstärkung (September 2015) Als weitere Verstärkung für unser Dezernat im Handels- und Gesellschaftsrecht heißen wir Herrn Rechtsanwalt Dr. Martin Fröhlich als neuen Kollegen herzlich willkommen.

IMPRESSUM Herausgeber: Delheid Soiron Hammer Rechtsanwälte Friedrichstraße 17-19 52070 Aachen tel +49.(0)241.9 46 68-0 fax +49.(0)241.9 46 68 -77 [email protected] www.delheid.de V.i.S.d.P.: Dr. Martin Weber

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DELHEID SOIRON HAMMER RECHTSANWÄLTE