KMU-Fokus Innovationsmanagement in KMU

KMU-Fokus Innovationsmanagement in KMU In Zusammenarbeit mit: KMU_Fokus.indd 1 25.6.2009 11:47:42 Uhr KMU_Fokus.indd 2 25.6.2009 11:47:42 Uhr ...
Author: Daniela Hummel
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KMU-Fokus Innovationsmanagement in KMU

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Editorial Dr. Marc Praxmarer Mitglied der Geschäftsleitung NAB Leiter Firmenkundengeschäft Innovationen sind überlebenswichtig für jedes Unternehmen. Nur wer in der Lage ist, seinen Kunden neuartige Produkte mit Zusatznutzen zur Verfügung zu stellen, bleibt als Anbieter attraktiv. Systematisches Innovationsmanagement kann dabei helfen, im globalen Wettbewerb dauerhaft zu bestehen. Es umfasst den gesamten Prozess, vom Generieren neuer Ideen über die zielgerichtete Entwicklung bis zur erfolgreichen Markteinführung. Um innovativ zu sein, bedarf es überdies einer Unternehmenskultur, welche kreative Ideen zulässt, systematisch evaluiert und fördert.

Der Wettbewerb in der globalen Wissensgesellschaft wird zunehmend härter. Aus diesem Grund ist gerade in Hochlohnländern wie der Schweiz der Innovationsvorsprung besonders wichtig. Das Innovationsmanagement in KMU stand deshalb am 5. KMU-Anlass der NEUEN AARGAUER BANK am 26. Mai 2009 im Mittelpunkt. Der Anlass trug den Titel «Vorsprung dank Innovationen». In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann auf Umsatz- und Ertragsrückgang sowie der darauf folgenden Verschärfung des Wettbewerbs unterschiedlich reagiert werden: Umsatz-/Ertragsrückgang Wettbewerbs-Verschärfung/Kostendruck

Kostensenkung/ Liquiditätspräferenz

Neue profitable Nischen/ Effizientere Verfahren

Volumenausweitung Verdrängungswettbewerb

Anpassung Strategie/ Geschäftsmodell

Umsatz-/Ertragssteigerung

Dank innovativen Lösungen differenzieren sich Unternehmen im Markt. Neue Kunden-Zielgruppen können erschlossen oder neue Produktvarianten entwickelt werden. Oft wird dabei gleichzeitig eine Anpassung des Geschäftsmodells erreicht.

Evolution statt Revolution Innovationsmanagement ist aus Sicht der NEUEN AARGAUER BANK eine unternehmerische Kerntätigkeit, welche auf oberster Management-Stufe verankert sein muss. Die Umsetzung von Innovationen bietet Chancen, aber auch Risiken und erfordert daher unternehmerisches Risikokapital. Ein Patentrezept für ein erfolgreiches Innovationsmanagement gibt es nicht. In der Begleitung und Beurteilung von Innovationen erachtet die NEUE AARGAUER BANK die folgenden erfolgskritischen Aspekte als entscheidend: Evolution statt Revolution Innovationen an bisher entwickelte und gepflegte Kernkompetenzen anlehnen Beste Übereinstimmung mit der angestrebten Wettbewerbsposition suchen Etablieren einer Innovationskultur und Motivation der Mitarbeiter Zentrale Rolle der internen und externen Kommunikation Im heutigen Umfeld sind erfahrungsgemäss jene Unternehmen erfolgreich, welche eine klare Strategie verfolgen, ein funktionierendes Innovationsmanagement leben und von einem Managementteam mit Mut zu Neuerungen und Risikobereitschaft geführt werden. Die Fähigkeit des Managements, strategisch zu denken und Ideen sowie das Wissen der verschiedenen Anspruchsgruppen zielgerichtet auszuschöpfen, definiert im Endeffekt die Innovationsfähigkeit des Unternehmens. Ich wünsche Ihnen viel Lesevergnügen. Herzlich,

Marc Praxmarer

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Strategisches Innovationsmanagement für KMU Prof. Dr. Oliver Gassmann Institut für Technologiemanagement der Universität St. Gallen Heutiger Erfolg führt oft zu fehlender Veränderungsbereitschaft und schwachen Innovationsinitiativen und ist damit die Ursache für zukünftigen Misserfolg. Gerade jetzt dient Innovation als Rettungsanker in der Krise. Empirische Studien zeigen, dass innovative Unternehmen überproportional wachsen und profitabler sind als ihre Wettbewerber. Apple, Swatch oder Sonova mit Phonak wiederholen Innovationen und betreiben diese systematisch. Selbst das Chaos in definierten Feldern wird konsistent betrieben. Es ist vielleicht unwahrscheinlich, dass Apple plötzlich Autos entwickelt – aber nicht unmöglich, wie Swatch gezeigt hat.

Die elf Schritte zur Innovationsstrategie Eine Innovationsstrategie sollte ganzheitlich aufgebaut sein. Statt einer aufwendigen, einmaligen Übung sollte die Strategie ein gelebter Prozess sein. Der Weg der Strategiefindung ist so wichtig wie das Ziel. Der Prozess zur Aufstellung und regelmässigen Anpassung einer Technologie- und Innovationsstrategie setzt sich aus elf zentralen Bausteinen zusammen.

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Wettbewerber

Kunden

5 Technologien 10 Kernkompetenzen

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Vision

Wachstumsstossrichtungen

Herausforderungen

Technologieportfolio

11 Aktionsplan

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Suchfeldanalyse

Wissen & Fähigkeiten

Elf Schritte der Innovationsstrategie

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Schritt 1: Vision

Schritt 5: Technologien

Eine Vision ist ein «dream with a deadline». Sie zeigt auf, was in einem absehbaren Zeitraum erreicht werden soll. Dabei soll sie konkret und umsetzbar sein.

Bei der Technologieanalyse werden die wichtigsten technologischen Trends erfasst. Wichtig ist hier eine realistische Einschätzung und nicht das blinde Folgen eines Hypes.

Schritt 2: Wachstumsstossrichtungen

Schritt 6: Suchfeldanalyse

Das strategische Innovationsmanagement muss sich an den grundsätzlichen Unternehmensstossrichtungen für Wachstum orientieren. Dabei werden nur die Stossrichtungen aufgezeigt, ohne dass der Lösungsraum für Innovationen zu stark eingeschränkt wird.

Für radikale Innovationen bietet sich zusätzlich eine Suchfeldanalyse an. Suchfelder ermöglichen eine Fokussierung und Bündelung der kreativen Ressourcen. Ein neues Geschäftsmodell muss zwei Bedingungen erfüllen: 1. Werte schaffen 2. Werte sichern

Schritt 3: Kunden Auf Basis einer Marktanalyse und/oder eines Workshops mit ausgewählten Kunden werden die Herausforderungen an das Unternehmen aus Sicht der Kunden analysiert. Dabei ist es wichtig, dass die klassische Marktforschung, welche in der Regel auf dem Gesetz der grossen Zahl basiert, ergänzt wird durch qualitative direkte Gespräche mit Kunden. Gerade KMU nutzen häufig sogenannte Lead User Workshops, bei denen ausgewählte Kunden moderiert in die Entwicklung eingebunden werden.

Schritt 4: Wettbewerber Ein wichtiger Faktor für den Unternehmenserfolg ist die richtige Positionierung innerhalb der Branche. Es reicht nicht aus, exzellente Produkte anzubieten. Nur wenn die eigenen Leistungen in der subjektiven Wahrnehmung des Kunden einen höheren Nutzen stiften bzw. ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen, werden die Produkte erfolgreich abgesetzt.

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Erfolgreiche Innovatoren tun beides; geniale Erfinder vergessen oft den zweiten Schritt. Jedes Unternehmen sollte Anstrengungen unternehmen, das eigene Geschäftsmodell zu hinterfragen.

Schritt 7: Herausforderungen für das Unternehmen Aus den vorherigen Analysen zu Kunden-, Markt-, Wettbewerbsund Technologietrends sowie gegebenenfalls einer Suchfeldanalyse werden die Herausforderungen für das KMU abgeleitet.

Schritt 8: Wissen und Fähigkeiten Die internen Potenziale werden oft nicht hinreichend ausgenutzt. Ziel ist, für das erfolgskritische Know-how im Unternehmen Redundanzen aufzubauen, damit im Fall eines ungeplanten Ausfalls einer Person durch Kündigung, Krankheit oder Unfall keine gefährliche Lücke entsteht.

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Strategische Bedeutung (extern) hoch

Experimentieren • Pilotprojekte mit niedrigem Budget • Zusammenarbeit mit externen Partnern • Technische Machbarkeit und Marktpotenzial abklären

Investieren • Langzeitinvestition in Kernkompetenzen • ROI langfristig

Optimieren • Kernkompetenz, aber mit abnehmender Bedeutung • ROI kurzfristig

nierdrig

Identifizieren • kein Budget • Kooperationen mit Universitäten • Festlegen des «Kümmerers»

nierdrig

Neue Technologien

Abbauen • kein Wettbewerbsvorteil für die nächsten 5 - 10 Jahre • Ressourcen abbauen und neue Felder evaluieren Ressourcenstärke (intern)

hoch

Kernkompetenzen

St. Galler Technologieportfolio

Typische Fehler in Innovationsprozessen Die Innovationsprozesse sind in Handbüchern umfangreich dokumentiert, aber sie werden nicht im Unternehmen gelebt.

Prozesse sind zu dominant und detailliert und erlauben keine Freiräume.



Projektmanager werden nicht hinreichend mit Kompetenzen ausgestattet. Führen ohne Schwert ist eine Kunst, welche nur wenige Führungskräfte beherrschen. Aufgabe, Verantwortung und Kompetenz müssen übereinstimmen.



Checkpoints werden übergangen. Eine Reduktion der Entwicklungszeiten führt dazu, dass der Druck zur Erreichung von Meilensteinen enorm hoch wird. Wenn ganze Projekt-ReviewTeams und Checkstellen übergangen werden, führt dies zu gefährlichen Lücken. Gute Ideen versumpfen im Aktionismus.



Unklare Projektselektion und intransparente Entscheidungen führen zu wenig motivierten Mitarbeitern.



Mangelndes Training in den Innovationsprozessen führt dazu, dass die Entwicklungshandbücher und Richtlinien zwar immer detaillierter werden, aber gleichzeitig immer weniger Mitarbeiter nach den Prozessen leben.

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Schritt 9: Technologieportfolio In diesem Schritt werden die technologischen Kompetenzen gesammelt, die Antworten auf die gefundenen Herausforderungen liefern können. Die Methode wurde am Institut für Technologiemanagement der Universität St. Gallen entwickelt, ursprünglich für KMU. Die Technologien und Fähigkeiten werden in einem Technologie- bzw. Innovationsportfolio organisiert, das der Analyse und Visualisierung strategischer Positionierungen und Stossrichtungen dient.

Schritt 10: Kernkompetenzen Der anspruchsvollste Schritt ist die Definition der Kernkompetenzen. Ziel dieses Schrittes ist es also, alle Technologien und Fähigkeiten zu finden, die zu derselben Kernkompetenz gehören, und diese im Anschluss kohärent zu beschreiben. Dabei ist darauf zu achten, dass jede technische Kernkompetenz die folgenden Kriterien erfüllt: Schafft sie Nutzen für den Kunden? Ist sie schwierig zu imitieren und bildet daher ein Hindernis für den Eintritt neuer Wettbewerber? Bietet sie Potenzial für die Anwendung und Nutzung in neuen Produkten?

Schritt 11: Aktionsplan Keine Strategie ohne Aktion – jede Strategie muss in konkrete Handlungen münden, sonst ist sie wertlos. Die Analyse hat also einen Einfluss auf: Projektselektion, Kompetenzentwicklung, Investitionsplanung, Make-or-buy- bzw. Keep-or-sell-Entscheidungen, Ressourcenallokation, Personalentwicklung und Trainings. Kernkompetenzen müssen in einem laufenden Prozess verfeinert, aktualisiert und weiterentwickelt werden. Daher stellt der einmalige Durchlauf des vorgestellten Prozesses nur den Einstieg in ein systematisches Technologiemanagement dar.

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Herausforderung Innovation für Kunststoff Konsumgüter Marcel Inäbnit Rotho Kunststoff AG, Würenlingen Sich als Schweizer Hersteller sehr wettbewerbsintensiver Non-Food Konsumgüter und Lieferant der wichtigsten europäischen Detailhändler international zu behaupten, stellt für ein KMU eine permanente Herausforderung dar. Nur wer konsequent den Kunden und seine Probleme ins Zentrum stellt und dabei regelmässig neue und innovative Produkte lanciert, ist in der Lage, seinen Marktanteil zu verbessern und vom Konzentrationsprozess in den Märkten zu profitieren.

Non Food Produkte «Made in Switzerland» Die Rotho Kunststoff AG ist ein konzernunabhängiges Unternehmen in Familienbesitz mit Sitz im aargauischen Würenlingen. Als einer der führenden Hersteller von Kunststoff-Konsumgütern in Europa entwickelt, produziert und vertreibt Rotho hochwertige und innovative Produkte rund um Haus und Büro. Am Standort Würenlingen arbeiten gegen 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und stellen sicher, dass tagtäglich die namhaftesten Händler aus ganz Europa mit Produkten von Rotho direkt bis in die Filiale beliefert werden. Erreicht wurde diese Position mit einem breiten Sortiment an einzigartigen, benutzerfreundlichen Produkten, umfassenden Dienstleistungen auf allen Ebenen, hoher Logistikkompetenz sowie der kompromisslosen Fokussierung auf das Kundenproblem. Eine wichtige Rolle spielt auch das Qualitätsmerkmal SWISS MADE, welches auf den Rotho Produkten aktiv hervorgehoben wird.

Form und Funktion mit System Durch permanente Marktanalysen und im intensiven Austausch mit unseren internationalen Kunden entstehen pro Jahr im Schnitt 30 bis 50 neue Produkte. Rotho setzt dabei alle Kraft auf neue Anwendungen oder bessere Problemlösungen. Ein Produkt ist in der Regel dann erfolgreich, wenn es gelingt, einen ausgereiften funktionalen Nutzen mit einem gefälligen Design und einer durchdachten Systemlösung zu verbinden.

Design + Funktionalität + System

Lösung des Kundenproblems

Gleichgewicht von Design, Funktionalität und System zur Lösung des Kundenproblems

Driver für Innovationen Die hohe Zahl von jährlich bis zu 50 neuen Produkten verlangt von der Organisation und den Menschen eine hohe Flexibilität und die Fähigkeit, einfache Produkte zu realisieren und parallel dazu an komplexen Umsetzungen neuer technischer Lösungen zu arbeiten. Dabei kann der Anstoss zu Innovationsprojekten aus unterschiedlicher Richtung kommen und muss nicht per se einem vorgegebenen Schema folgen. Ein Driver ist das Marketing, welches Trends frühzeitig erkennt und daraus marktfähige Produkte ableitet. Aus dem Megatrend Convenience stammt beispielsweise die neue ICEbox. Die Dose mit einer Kühlflüssigkeit in der Doppelwand hält den Inhalt bis zu 5 Stunden kühl und frisch. Sie ist 100% dicht und damit der perfekte

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Dekoration der Oberfläche mit In-Mould-Labeling

Behälter fürs Picknick am See oder für das Mittagessen im Büro. Dem Produkt zu Grunde liegen umfassende Marktforschungen mit Pre- und Posttests sowie ein Produktionsverfahren, das speziell für dieses neue Produkt entwickelt werden musste.

Die ICE BOX löst das Kundenproblem «Kühlen von Lebensmitteln beim Konsum ausser Haus» auf ideale Weise

Der Anspruch von Rotho, das Kundenproblem zu lösen, beschränkt sich nicht nur auf den Konsumenten alleine sondern umfasst auch den Handel als unmittelbaren Kunden. Um den unterschiedlichen Anforderungen von Seiten Handel gerecht zu werden und mit dem Ziel, den eigenen Marktanteil zu vergrössern, kann der Beweggrund für ein Entwicklungsprojekt auch die Differenzierung eigener Sortimentsartikel oder der Wunsch eines Kunden nach einem eigens für ihn entwickelten Artikel sein.

Aufbewahrungsboxen verwendet mit entsprechend vielfältigen Einsatzmöglichkeiten.

Grenzen der Innovation Die hohe Anzahl neuer Entwicklungsprojekte pro Jahr stellt für Rotho eine permanente Herausforderung dar. Diese hohe Kadenz der Entwicklungstätigkeit beizubehalten ist nur möglich dank kurzen Entscheidungswegen und der ständigen Bereitschaft zu Investitionen, ausgerichtet auf ein langfristiges Denken und Handeln. Investitionen in Produkte dürfen nicht einseitig passieren, sie müssen auch von Investitionen in die Produktion und Logistik begleitet sein, um die Gesamtleistung des Unternehmens auf hohem Niveau halten zu können. Bei Rotho wie bei anderen KMU steht nur eine überblickbare Anzahl Mitarbeiter zur Verfügung. Für den Erfolg von Innovationsprojekten ist es daher besonders wichtig, sich auf das Wesentliche zu fokussieren und einen gesunden Mix zwischen komplexen und einfacheren Projekten zu finden.

Eine der wichtigsten Quellen für wegweisende Entwicklungsanstösse ist die eigene Abteilung Produktentwicklung. Neue technische Lösungen werden auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüft und dem Marketing sehr oft in Form von Produktvorschlägen vorgestellt. Ein Beispiel stellen die Fun Boxen dar, für welche die Rotho Produktentwicklung bereits vor Jahren eine Lösung zur Dekoration der Oberfläche gefunden hat (In-Mould-Labeling). Was klein mit einer Fläche begonnen hat, wird nun vollflächig zur Dekoration ganzer

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Voraussetzungen für gelungene Innovation im KMU Nadja Schnetzler BrainStore Ltd. Ideenfabrik, Biel Kleine und Mittlere Unternehmen entstehen meist aus einer Vision eines Gründers und sind primär von den Ideen und der Innovationsenergie des Gründers in der ersten Phase abhängig. Wächst die Firma, so kann diese «patriarchale» Entwicklung von Ideen mit der Zeit zum Problem werden; es lohnt sich, in KMU über die Bedeutung und den Sinn eines strukturierten Innovationsmanagements nachzudenken, um gelebte Werte und Vorgehensweisen in der wachsenden Struktur zu verankern.

Innovationsmanagement in KMU Zu einem guten Innovationsmanagement im KMU gilt es, folgende Parameter zu betrachten: 1. Grundlagen, auf denen ein gesundes Innovationsmanagement aufbauen kann 2. Strukturelle Fragen, Ansiedlung des Innovationsmanagements 3. Kulturelle Fragen: Umgang mit Ideen und Veränderung in der Firma 4. Prozesse und Werkzeuge 5. Rollen und Qualitätskontrolle im Innovationsmanagement 6. Die Abgrenzung zum Innovationsmanagement in grossen Firmen Zu den Grundlagen und den strukturellen Fragen, auf denen ein gesundes Innovationsmanagement aufbauen kann, gehören die Definition des Innovationsbegriffs, die Festlegung von strategischen Fragestellungen und die Betrachtung von Innovation als eine Dienstleistung am (internen und externen) Kunden. Bei der Definition des Innovationsbegriffs stellt man oft fest, dass in KMU die Innovation vorwiegend als Produktinnovation gesehen und betrieben wird. Schaffen es Unternehmen, Innovation so zu definieren, dass auch alle anderen Themen darin Platz finden, ist viel gewonnen. So wird Innovation zum Treiber sämtlicher Erneuerungsprozesse in der Firma, ob es nun um Humankapital, Prozesse, Kulturthemen, Führungsfragen, Marketing oder Kundenbindung geht. Die Ausdehnung des Begriffs aus der Produktentwicklung hinaus führt idealerweise auch zur Ansiedlung des Innovationsmanagements ausserhalb der «Forschung und Entwicklung», so zum Beispiel in der Geschäftsleitung oder gar bei Human Resources.

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Viele KMU betreiben ein sogenanntes Ideenmanagement oder ein betriebliches Vorschlagswesen. Das Problem dieser Gefässe ist, dass sie völlig unstrukturiert funktionieren, also jedes Thema und jede Idee ungefiltert passieren lassen. Erst später wird eine Zuordnung zu strategischen Themen gemacht. Jahrelange Erfahrung im Aufbau von Innovationsmanagements zeigt, dass jene Prozesse mehr Erfolg haben, die es schaffen, die Ressourcen der Mitarbeitenden nicht nur frei assoziativ in die Entwicklung von «irgendwelchen» Ideen einzubeziehen, sondern an ganz aktuellen, strategisch fundierten Fragestellungen zu arbeiten. Dazu ist ein Prozess notwendig, der es erlaubt, solche Fragen aufzunehmen und kollaborativ zu verarbeiten. Bei den kulturellen Fragen ist ein Wertewandel in KMU häufig unabdingbar für die Etablierung eines gelungenen Innovationsmanagements. So muss zuerst eine Kultur vorhanden sein, die neue Ideen von aussen und innen gerne und gut aufnimmt, die offen ist für Neues, die Ideen auch Zeit und Raum gibt und die Mitarbeiter an Ideen entwickeln und – ganz wichtig – auch scheitern lässt. Viele KMU sind nahe an ihren Kunden und hören ihnen genau zu, wenn es um Bedürfnisse und Wünsche geht – das gleiche Potenzial gilt es auch bei Mitarbeitern und Lieferanten zu entfalten, um ganzheitlich an neuen Ideen zu arbeiten.

Ideen umsetzen Bei den Prozessen und Werkzeugen ist entscheidend, dass ein klar definierter und allgemein gültiger Ablauf für die Entwicklung von Ideen besteht. Dieser Prozess sollte nicht nur allgemein bekannt sein, sondern auch einfach zugänglich und transparent für alle Mitarbeiter der Organisation. Es muss klar sein, wo man Ideen einbringen kann, wo man Fragestellungen deponieren kann und was aus den entwickelten Ideen wurde. Erfolgsstories zu teilen gehört als ganz wichtiger

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Baustein zum Innovationsmanagement. Ein guter Prozess stellt dabei nicht die Leistungen einzelner in den Vordergrund, sondern schafft es, basierend auf einer strategischen Fragestellung die Meinungen und Inputs aller relevanten Stakeholders aufzunehmen, weiter zu verarbeiten und am Schluss zu konkreten Lösungsvorschlägen (z.B. Produkte, Dienstleistungen, Prozesse etc.) auszuarbeiten. Am Schluss ist es nicht mehr wichtig, wer die Idee hatte, sondern wie es dazu kam. Diese Vorgehensweise grenzt sich stark von Prozessen ab, bei denen die Ideen einzelner belohnt werden. In Zeiten der kollaborativen Ideenentwicklung und Social Media ist eine solche Vorgehensweise nicht mehr zeitgemäss und führt in vielen Fällen zu schlechteren Ergebnissen. Was nicht heissen soll, dass nicht auch Ideen und Geistesblitze Einzelner einen gesicherten Platz in einem Innovationsprozess brauchen; Perlen und Geniestreiche kann man nie ausschliessen, sie lassen sich aber nicht oder nur bedingt forcieren. Sollten Sie sich für die SoftwareUnterstützung Ihres Innovationsprozesses entscheiden, so achten Sie unbedingt darauf, dass der Prozess alle relevanten Gates einer Ideenfindung abbilden, von der kollaborativen Ideen-Entwicklung über die Verdichtung zu Konzepten, der Beurteilung nach Kriterien bis hin zur Überwachung der Umsetzung. Viele Software Anbieter bieten nur Teile des Prozesses an, was wiederum die Gesamt-Transparenz des Prozesses massiv reduziert.

Ein guter Innovationsprozess enthält auch ein Qualitätsmanagement. Und weil wir es mit Ideen, einer sehr «schwammigen» Substanz zu tun haben, ist die Sicherung der Qualität durch ein Checks & BalanceSystem sehr wichtig. Damit kommen wir zu den Rollen im Innovationsmanagement. Eine mögliche Gliederung der Rollen kann in folgende Kompetenzfelder gegliedert werden: a) Der Verantwortliche für die Fragestellung / den Kunden b) Der Verantwortliche für die Teilnehmenden c) Der Verantwortliche für den Prozess und den Inhalt Dieses «Triumvirat» an Kompetenzträgern sorgt dafür, dass ein Innovationsprojekt in Balance abläuft. So sorgt der Verantwortliche für die Fragestellung und den Kunden dafür, dass strategische Fragestellungen definiert und dem Prozess zugeführt werden. Ausserdem betreut diese Person den Kunden durch den gesamten Prozess und sichert damit, dass Ideen entstehen, die den Bedürfnissen des (internen oder externen) Kunden entsprechen.

Kreativität mit System

Die verantwortliche Person für die Teilnehmenden garantiert, dass in jedem Prozess das ideale Team an internen und externen Kräften an der Fragestellung mitarbeitet und dass kein wesentlicher Blickwinkel ausgelassen wird.

Ebenfalls wichtig ist, dass der Prozess die Gratwanderung zwischen Struktur (klarer Ablauf, verbindliche Gates, klare Kompetenzen etc.) und Kreativität (freie Assoziation, uneingeschränktes Vorgehen, keine Vorgaben) schafft. Der Prozess sollte für alle Beteiligten nicht nur effizient und logisch sein, sondern auch Spass machen.

Die verantwortliche Person für Prozess und Inhalt sorgt dafür, dass das Projekt in geregelten Bahnen abläuft, dass die richtigen Werkzeuge verwendet werden und dass die Resultate laufend weiter gedeihen und veredelt werden.

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Der Unterschied zum Grossunternehmen Lassen Sie uns zum Schluss noch betrachten, wie sich ein Innovationsmanagement in einem KMU von einem Innovationsmanagement in einer Grossfirma unterscheidet. Zunächst einmal muss ein Innovationsmanagement im KMU sehr schlank und pragmatisch aufgebaut sein. Ein Vollzeit-Innovationsmanager ist oft gar nicht nötig, sondern es genügt, wenn rund drei Personen den Prozess als Nebentätigkeit lenken. Die Rollen des Kunden-, Teilnehmer- und Prozessverantwortlichen können nach Bedarf auch multipliziert werden, so dass die Last des Innovationsmanagements auf viele Schultern verteilt wird. Das Managen von Innovation basierend auf strategischen Fragestellungen hat für eine KMU massive Vorteile. Mit dieser Massnahme kann man sich jedes Jahr auf wenige, heisse Themen beschränken und diese zielgerichtet verfolgen, anstatt sich an einen übervollen Topf beliebiger Ideen zu wagen. Die grosse Nähe vieler KMU zu ihren Kunden macht es für KMU wiederum auch einfacher, Kunden und Lieferanten in den Innovationsprozess einzubeziehen, was wiederum die Innovationen breiter abgestützt entstehen lässt. Innovationsmanagement für KMU ist also weder unerschwinglicher Luxus noch notwendiges Übel, sondern ein Instrument, das zielgerichtet und effizient eingesetzt werden kann.

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