Kippergeld aus der Markgrafschaft Bayreuth

REPORT Kippergeld aus der Markgrafschaft Bayreuth Hubert Ruß D ie Kipperzeit umfasst einen Zeitraum von etwa drei Jahren zu Beginn des 30-jährigen ...
Author: Steffen Fiedler
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Kippergeld aus der Markgrafschaft Bayreuth Hubert Ruß

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ie Kipperzeit umfasst einen Zeitraum von etwa drei Jahren zu Beginn des 30-jährigen Krieges (1620 bis 1622/1623). Charakteristisch für diese Periode ist die sukzessive Reduzierung des durch die Reichsmünzordnung vorgeschriebenen Feingehalts der Münzen, bis viele Prägungen fast nur noch aus Kupfer bestanden. In der Auktion 19 der Numismatischen Abteilung von Hauck & Aufhäuser Privatbankiers wird am 22. März 2006 eine Serie von nahezu 100 Kippermünzen der fränkischen Linien der Hohenzollern versteigert. In dieser Größenordnung wurde eine derartige Partie mit vielen überdurchschnittlichen Erhaltungen und seltenen Münzstätten bisher noch nicht angeboten. Sie erlaubt einen Überblick über die Prägetätigkeit der Markgrafen in Franken während der Kipperzeit. Im Januar 1622 war den markgräflichen Brüdern Joachim Ernst zu Ansbach und Christian zu Kulmbach(-Bayreuth) eine Vorladung des kaiserlichen Kammergerichts wegen Vergehen gegen die Münzordnung zugestellt worden. Selbstverständlich lehnten die Brüder jede Verantwortung für derartige Verfehlungen ab. Vielmehr verwies man auf die vielen im Umlauf befindlichen Fälschungen und Nachbildungen: … Wiewoln auch etwan zum theil geringhaltige sortten under Ihr F.F. GG. gepräg sich finden sollten. So hatt man doch so viel nachrichtung, daß Falsarii und Hochstraffwürdige gesellen dero gepräg nachzuschneiden und solche falsche müntzen einzuschleichen sich understanden, zu denen Sich aber Ihr FF. GG. Keineswegs zubekennen.1 Die Angelegenheit bewirkte ab Mitte 1622 eine Reihe von markgräflichen Mandaten, die auf eine Verbesserung der Situation abzielten (s. unten), zog sich aber bis 1624 hin.2

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Abb. 1: Die Kippermünzstätten in der Markgrafschaft Brandenburg-Bayreuth

Was war die Ursache vor diese Vorladung? Beginnen wir mit der hohenzollernschen Geschichte gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Mit dem Tod des Markgrafen Georg Friedrich des Älteren im Jahre 1603 war die ältere Linie AnsbachBayreuth im Mannesstamm erloschen. Als sich abgezeichnet hatte, dass er keine Nachkommen haben würde, regelte man die Nachfolge im Jahre 1598 im Hausvertrag von Gera. Demnach sollten die gesamten brandenburgischen Besitzungen den Söhnen des bereits 1598 verstorbenen Markgrafen Johann Georg aus der kurbrandenburgischen Linie zufallen. 1603 nun wurde das Erbe geteilt. Der älteste Sohn Johann Friedrich begründete die brandenburg-preußische Linie. Die nachgeborenen Söhne teilten die fränkischen Besitzungen, wobei Christian, der ältere, das Fürstentum OB DEM GEBIRG und Joachim Ernst das Fürstentum UNTER DEM GEBIRG erhielt. Christian verlegte seine Residenz von der Plassenburg über Kulmbach nach Bayreuth, sein

Bruder hielt in Ansbach Hof (vgl. Abb. 1). Trotz aller familiären Bindungen an die kurfürstliche Linie blieben die fränkischen Territorien selbstständig, dies hatten schon die Hausgesetzte und der Geraer Vertrag vorgesehen.3 In ihren politischen Aktivitäten beschränkten sich die beiden Fürstentümer fast ausschließlich auf den Fränkischen Kreis. Für das Fürstentum Bayreuth erwies sich der Umstand von Nachteil, dass das Land durch die Bamberger und Nürnberger Gebiete in zwei Teile geteilt wurde: das Oberland, das das Fichtelgebirge, den Frankenwald und Teile der Fränkischen Schweiz umfasste, sowie das Unterland um Neustadt/Aisch und Erlangen (vgl. Abb. 1). Mit dem Ausbruch des 30-jährigen Krieges 1618 verzeichnete man im gesamten Reich bald eine enorme Zunahme an Münzverschlechterungen. Das Münzrecht wurde von immer mehr Fürsten als Mittel zur Deckung ihrer Rüstungsausgaben und Kriegskosten wie auch zur 1

REPORT finanziellen Bereicherung angesehen. Die Folge war eine Geldentwertung mit katastrophalen Auswirkungen auf das Alltagsleben. Die Gründe für die 1619/ 1620 einsetzende Inflation waren vielschichtig. Strukturelle Fehler in der Augsburger Reichsmünzordnung von 1559 lieferten Ansatzmöglichkeiten für Münzbetrug und Münzverschlechterung, da die wesentlich höheren Prägekosten für Kleinmünzen nicht durch entsprechend geringhaltigere Legierungen ausgeglichen werden durften. Kaufleute und Geldwechsler verlangten für die großen, bisher stabil gebliebenen Gold- und Silbermünzen immer höhere Wechselkurse an Kleinmünzen. Die drastische Herabsetzung des Feingehalts wurde kurzfristig zu einem scheinbar lohnenden Geschäft. Zur Silberbeschaffung waren überall in Deutschland Händler und Agenten unterwegs, die hochwertige Münzen aufkauften, um sie zum Einschmelzen in die zahlreichen neuen Münzstätten zu bringen. Als Anreiz mussten die Aufkäufer immer höhere Preise für die aufzukaufenden guten Münzsorten zahlen.4 Markgraf Georg Friedrich hatte im fränkischen Raum nur in der Münzstätte Schwabach prägen lassen; diese war 1581 geschlossen worden, der Markgraf ließ in Jägerndorf prägen. Seine Nachfolger ließen die Münztätigkeit bis 1609 ruhen, dann begannen sie – zunächst gemeinsam – Münzen auszugeben, die in Nürnberg entstanden. Den geschilderten Veränderungen um 1620 konnten sich auch die markgräflichen Brüder nicht verschließen, selbst

wenn man sich redlich Mühe [gab], dem Verfall des Münzwesens stark entgegenzutreten.5 Die markgräflichen Lande wurden mit schlechtem Geld aus den benachbarten Territorien überschwemmt. Eine Beibehaltung des hohen Silbergehalts der eigenen Münzen hätte nur deren sofortige Einschmelzung in den benachbarten Territorien zur Folge gehabt. Im März 1620 ordnete Markgraf Christian die Errichtung einer Münzstätte in Bayreuth an zur Abwendung der eine geraume Zeit hero bemerckten Einschleichung der geringen und vngültigen falschen Müntz-Sorten.6 Ab Mai 1620 entstanden zunächst Dreibätzner (12 Kreuzer), nachdem mit diesen aufgrund der steigenden Silberpreise nichts mehr zu verdienen war, ab Oktober 1620 dann auch Sechsbätzner (24 Kreuzer, vgl. Abb. 2 und 3).7 Die Schaffung dieser Münzstätte sollte regulierend auf den Umlauf minderwertiger Münzsorten wirken, doch auch der Markgraf erlag letztendlich den Verlockungen des „schnellen Geldes“. Es gelang Münzmeistern zweifelhaften Rufes und gewissenlosen Geldaufkäufern, den Fürsten vor allem durch die Versprechungen eines hohen Schlagschatzes für die Errichtung neuer Münzstätten zu gewinnen.8 Da die Münze in Bayreuth den Bedarf an geprägtem Geld bald nicht mehr zu decken vermochte, entstanden im Verlauf des Jahres 1621 weitere Kipper-Münzstätten in Kulmbach, Hof (beide im März 1621), Erlangen (Juni 1621) und Wunsiedel (September 1621). Diese waren

Abb. 2: Dreibätzner 1620, Mzst. Bayreuth, Mm. C. Oppermann

Abb. 3: Sechsbätzner 1621, Mzst. Bayreuth, Mm. J. Franck

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bis in den Herbst 1622 in Betrieb und emittierten entsprechend hohe Stückzahlen (vgl. Abb. 4 – 7). 1622 wurden weitere kleinere Prägestätten in Weißenstadt, Neustadt an der Aisch (beide im Januar 1622), Pegnitz, Neustadt am Kulm, Creußen, Dachsbach, Baiersdorf (alle im Februar 1622) und Schauenstein und Rehau (beide im März 1622) eingerichtet (vgl. Abb. 8 – 14). Die Münze in Neustadt/Aisch arbeitete nur drei Wochen, die in Neustadt am Kulm rund einen Monat, ebenso die in Baiersdorf.9 Die Standorte der Kippermünzstätten lehnten sich an die markgräfliche Verwaltungsstruktur an. Im Oberland existierten neben der Landeshauptmannschaft in Hof drei Amtshauptmannschaften in Bayreuth, Kulmbach und Wunsiedel sowie Oberämter in Lichtenberg, Schauenstein, Creußen, Pegnitz, Neustadt am Kulm, Gefrees, Osternohe und in der Exklave Streitberg. Wunsiedel diente auch als Verwaltungssitz der sog. Sechsämter Wunsiedel, Hohenberg, Weißenstadt, Selb, Thierstein und Kirchenlamitz. Im Unterland bestanden neben der Landeshauptmannschaft in Neustadt/Aisch die Amtshauptmannschaft Erlangen sowie Oberämter in Baiersdorf, Hoheneck, Neuhof und Eschenau (vgl. Abb. 1).10 Als häufigste Nominale entstanden Münzen zu 24 Kreuzern (Sechsbätzner) und zu 12 Kreuzern (Dreibätzner). Daneben wird auch die Ausgabe von Talern erwähnt.11 Im November 1621 wurde in Kulmbach neben der großen Münz noch eine kleine Münz eingerichtet, um dort

Abb. 4: Sechsbätzner 1622, Kulmbach, Mm. A. Kolb (?)

Abb. 5: Sechsbätzner 1621, Hof, Mm. H. Oppermann

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REPORT Groschen und möglicherweise auch Kupfermünzen zu prägen.12 Weitere kleine Münz folgten in Hof (März 1622), Bayreuth und Wunsiedel (jeweils im Mai 1622).13 Den Bestimmungen der Reichsmünzordnung zufolge war es verboten, den Betrieb von Münzstätten an so genannte VERLEGER abzutreten, die gegen Entrichtung eines Schlagschatzes auf eigene Rechnung und zu ihrem persönlichen Profit Münzen ausprägten. Durch die Vereidigung der Münzmeister auf die Reichsmünzordnung sollte gewährleistet sein, dass die Emissionen entsprechend der Vorgaben dieser Münzordnung erfolgten.14 Doch ähnlich wie in anderen Territorien wurden diese Bestimmungen auch in der Markgrafschaft Bayreuth umgangen. Viele der in der Folge in den Akten genannten Personen kamen nicht aus der Region, oftmals besaßen sie keine Ausbildung als Münzmeister oder Stempelschneider.15 Vor allem gegen Ende der Kipperzeit erscheinen verstärkt auch einheimische Bürger als Leiter der Münzstätten, so z. B. in Kulmbach ein Bäcker und in Wunsiedel der Kulmbacher Stadtpfeifer.16

Wie dem von Gebert ausgewerteten kulmbachischen Schlagschatzbuch zu entnehmen ist, hatten die Münzmeister den Schlagschatz wöchentlich abzuliefern. Dieser betrug z. B. in Bayreuth zunächst 500 fl. pro Woche, mit der Umstellung auf die Ausprägung von Sechsbätznern sogar 1000 fl. pro Woche.17 Für Markgraf Christian bildeten diese Kippermünzstätten eine interessante Einnahmequelle. In den Jahren von 1620 bis 1622 erhielt er einen Schlagschatz von insgesamt 505.900 fl., den er selbstverständlich nicht in minderwertigen Sechsbätznern, sondern in guthaltigen Münzen ausbezahlt bekam.18 Der Feingehalt der Münzen reduzierte sich rapide. Im April 1621 besaßen die Bayreuther Sechsbätzner einem Bericht des Nürnberger Wardeins Melchior Metzger zufolge einen Feingehalt von 8 Lot (500 ‰).19 Am 7. März 1622 verordnete Markgraf Christian, dass die Sechsbätzner künftig nur noch vierlötig (250 ‰) auszubringen seien, kurze Zeit später waren es nur noch 2 Lot 13 Grän (170,13 ‰). Auf dem Tiefpunkt der Entwicklung besaßen die Kippermünzen nur noch eine dünne, nach kurzem Gebrauch abgegriffene Versilberung eines Kupfer-

Abb. 6: Sechsbätzner o.J., Erlangen, Mm. H. Rentsch und J. Riedel

kerns. Hinzu kam häufig eine schlechte Prägequalität, da die Stempel oftmals schnell und wenig sorgfältig gefertigt wurden.20 Leidtragende dieser Geldentwertung war die Bevölkerung, der in dieser Zeit infolge von Truppendurchzügen und Einquartierungen bereits schwere Lasten auferlegt wurde. Meist wurde der Sold der Truppen in Kippermünzen ausbezahlt, die auch aus den umliegenden Territorien stammten. Da ihre Annahme von den Händlern und Handwerkern immer öfter verweigert wurde, waren Konflikte vorprogrammiert. Die Bevölkerung in den Markgrafschaften bevorzugte rasch die mit 1621 datierten Sechsbätzner, da man erkannt hatte, dass diese noch das beste Gewicht und den höchsten Feingehalt besaßen. Münzen des Jahrgangs 1622 wurden zurückgewiesen. Die Münzmeister und Verleger reagierten hierauf, indem sie undatierte Münzen herstellten, deren Wert man erst auf der Waage erkennen konnte.21 Ein Vorfall aus Weißenstadt veranschaulicht die Zeitumstände: 1619 hatte der Bader Hans Stock das Haus der Baderswitwe Katharina Runnerin gekauft, aber bis 1622 noch nicht bezahlt. Nun nutzte

Abb. 8: Sechsbätzner 1622, Schauenstein, Mm. J. Freundt

Abb. 7: Sechsbätzner 1622, Wunsiedel, Mm. H. Preußinger und D. Zetzner

Abb. 10: Sechsbätzner 1622, Neustadt am Kulm, Mm. S. Peckstein

Abb. 8: Sechsbätzner 1622, Schauenstein, Mm. J. Freundt

Abb. 11: Sechsbätzner 1622, Creußen, Mm. G. Osten und C. Horn

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Abb. 12: Sechsbätzner o.J. (1622), Dachsbach, Mm. W. Hanfelder (?)

Abb. 13: Sechsbätzner o.J. (Baiersdorf), Mm. J. Blum

der Schuldner die Geldentwertung, indem er die kupferne Badpfanne (den Kessel) aus dem Haus heraus reißen ließ und an die Weißenstädter Münze verkaufte. Mit dem daraus geprägten Geld von schlechtem Korn und Schrot bezahlte er nun seine Schulden (vgl. Abb. 14). Die Baderswitwe ihrerseits brachte den Betrag bis auf eine kleine Restsumme von 32 fl. wieder in Umlauf. Nachdem die Weißenstädter Sechsbätzner im Zuge der Auflösung der Münzstätten verrufen worden waren, klagte sie 1623 diese 32 fl. beim Amtshauptmann in Wunsiedel ein und erreichte, dass ihr der Bader Stock die Summe in gutem Geld ersetzen musste.22 Der Rückschlag für die Münzherren trat nach der Jahresmitte 1622 ein. Diejenigen, die sich zunächst an dem schlechten Geld bereichert hatten, Münzherren, Pächter und Wechsler, sahen sich plötzlich der verheerenden Wirkung der Inflation selbst ausgeliefert, denn es strömte nur noch schlechtes Geld zurück. Im Gegenzug stiegen die Preise vor allem für Lebensmittel stark an. Verrufungen und Devalvationen (Abwertungen) lösten das Problem nicht im Geringsten. So beklagte Markgraf Joachim Ernst von Brandenburg-Ansbach am 30. Juli 1622 die hochschädlichen vnnd Landtsverderblichen Münzsteigerung und legte Zwangswechselkurse für die groben Sorten fest. Die Lage hielt ihn aber nicht davon ab, noch am 21. September 1622 eine Verordnung zu erlassen, der zufolge alles Silber und Geld bei Leibsstraff an die neue Münze zu Roth geliefert werden müsse, wodurch er die Kippertätigkeit weiter förderte.23 4

Abb. 14: Sechsbätzner o.J. (1622), Weißenstadt, Mm. A. Müller

Der tiefere Grund für die seit Mitte 1622 zu verzeichnenden Aktivitäten der beiden markgräflichen Brüder, die sich um eine Verbesserung der Situation bemühten, ist wohl in der eingangs erwähnten kaiserlichen Vorladung vor das Hofgericht zu suchen. Christian wie auch Joachim Ernst wiesen persönlich alle Schuld von sich und verwiesen auf die Verleger in den Münzstätten. Infolge der geschilderten Tendenzen befahl Markgraf Christian am 28. September 1622 seinem Sekretär Andreas Heidemann, alle noch bestehenden Münzstätten in seinem Herrschaftsgebiet zu schließen. Dieser berichtete später, er habe befehlsgemäß die Prägetätigkeit in Schauenstein und Rehau einstellen lassen. Da … sich dabei an beiden orten vor unversehene Unfälle zugetragen, habe er zur Stärkung seiner Person nach Weißenstadt den Kirchenlamitzer Richter mitgenommen und vor Ort den Vogt zugezogen. Als man nach dem Münzmeister – gemeint war wohl Andreas Müller – forschte, erfuhr man, … daß er in Hosen und Wambß gar eilend zum Kirchenlamitzer Thor hinausgegangen und sich also auf flüchtigen Fuß gesetzt, wobei er seine Frau und seine zwei Kinder zurückließ.24 Am 3. November 1622 erließ Markgraf Christian ein Mandat zur Stabilisierung der Verhältnisse, indem er die Wertverhältnisse von Talern und Goldmünzen in Bezug auf die Kleinmünzen neu ordnete.25 Darüber hinaus erfolgte eine Bestandsaufnahme aller Victualia vndt Feilschafften an Getraidt, Viehe, Schmaltz, Holtz vndt andern, so man insgemein vonnöthen, mitt allem Vleiß ohne Vnterschlagung, Ansehen der Persohn oder Ausrede. Für Lebensmittel wurden Höchstpreise festgesetzt.26 Die Kippermünzen, die die Lande überschwemmt hatten, wurden eingezogen und zum größten Teil eingeschmolzen. Umso höher ist die Bedeutung der oben erwähnten Partie Kippermünzen einzuschätzen, erlaubt sie doch einen Über-

blick über die Münzprägung dieser Zeit. Enthalten sind neben einigen Dreibätznern (12 Kreuzern) aus der Münzstätte Bayreuth Sechsbätzner (24 Kreuzer) aus den Münzstätten Bayreuth, Kulmbach, Wunsiedel, Hof, Schauenstein, Münchberg, Weißenstadt, Creußen, Pegnitz, Neustadt am Kulm, Erlangen, Baiersdorf und Dachsbach, aber auch Prägungen aus den ansbachischen Heckenmünzen in Roth/Eckersmühlen, Fürth und Kitzingen. Die Bayreuther Kippermünzen tragen auf beiden Seiten die gängige Titulatur der Hohenzollern: CHRISTIAN[us] D[ei] G[ratia] MAR[chio] BRA[ndenburgensis] PRVSSIAE // ST[etinae] PO[meraniae] CA[ssubiae] V[andalorum] CR[osnae] IA[egerndorfi] D[ux] BVRG[gravius] I[n] NVR[emberga] P[rinceps] R[ugiae].27 Die Sechsbätzner waren wohl das gebräuchlichste Nominal dieser Zeit. Für die Stempelgestaltung verwendete man zwei Motive. Das eine zeigt auf dem Avers das geharnischte Brustbild des Markgrafen nach rechts mit aus der Rüstung herausragendem Hemdkragen und übergelegtem Mantel und auf dem Revers den brandenburgischen Adler, der auf der Brust den Reichsapfel mit der Wertzahl 24 (Kreuzer) trägt. Der zweite, bei den Prägungen Markgraf Christians häufiger vorkommende Typ zeigt auf der einen Seite den burggräflichen Löwen nach links oder nach rechts in einem spanischen oder ovalen, verzierten Schild und auf der anderen wiederum den brandenburgischen Adler. Dr. Hubert Ruß c/o Hauck & Aufhäuser Privatbankiers Löwengrube 12 80333 München numismatik@hauck-aufhäuser.de www.hauck-aufhaeuser.de/numismatik Die Abbildungen sind dem Auktionskatalog 19 von Hauck & Aufhäuser Privatbankiers entnommen. Kartengestaltung: Fa. prograph GmbH, München.

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REPORT 1 Gebert, C.F.: Die Brandenburg-Fränkischen Kippermünzstätten (1620 – 1622). Nürnberg 1901, hier S. 5, zitiert aus der Verteidigungsschrift der markgräflichen Anwälte. 2 Eine umfassende Bearbeitung dieses Themas steht noch aus, lediglich für die Münzstätte Erlangen gibt es bisher tiefergehende Untersuchungen. Leider war für diesen Beitrag die bisher noch nicht im Druck vorliegende Dissertation von Herrn G. Schön über das Münzwesen der Hohenzollern in Franken nicht einsehbar. 3 Schulze, H.: Die Hausgesetze der regierenden deutschen Fürstenhäuser. Jena 1883, Band 3, S. 562 ff. 4 Vgl. hierzu u.a. Sprenger, B: Das Geld der Deutschen. Paderborn-München-Wien-Zürich 1991, S. 111 f. 5 Bergmann, W.: Der Münzmeister ist „zum Kirchenlamitzer Thor hinausgegangen“. In: Weißenstadter Hefte 38 (2000), S. 50-57, und 39 (2000), S.65-70, hier S. 52. Der Kreistagsabschied des Fränkischen Kreises vom 19. Januar 1621 versuchte das Unwesen der Heckenmünzen einzudämmen, indem man vorsah, dass zur Verbesserung der Reichsmünzordnung … in diesem Cayß etliche gewiese Münz-Stätt sollen aufgerichtet werden …, in denen die fränkischen Stände ihre Münzen prägen lassen sollten. Vgl. Hirsch, J.C.: Des Teutschen Reichs Münz-Archiv, Band 4. Nürnberg 1758, S. 124127. 6 Hirsch, a.a.O., S. 115. 7 Gebert, a. a. O., S. 11. 8 Wintz, H./Deuerlein, E.: Erlangen im Spiegel der Münze. Erlangen 1936, S. 151. 9 Die geplante Errichtung weiterer Heckenmünzstätten in Lauenstein und Ludwigstadt wurde

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von Markgraf Christian im März 1622 abschlägig beschieden. Vgl. Gebert, a.a.O., S. 56. 10 Spindler, M. (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Geschichte. Band 3.1: Franken, Schwaben und Oberpfalz bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. München 21979, S. 396 ff. 11 Vgl. Davenport 6260. Laut Gebert (a. a. O., S. 12) wurde der Reichstaler 1621 in einer Stückzahl von 400 Exemplaren ausgeprägt. 12 Gebert, a.a.O., S. 20. 13 Gebert, a. a. O., S. 25, 17 und 31. 14 Noch im Abschied der drei korrespondierenden süddeutschen Kreise vom 19. November 1620 heißt es: … Die Münzmeister aber, so bey einer oder der anderen Münzstatt gebraucht werden, sollen der Reichßmünz=Ordnung gemeß, mit Pflichten angenommen vnd beladen, auch daß Sie biß vf anderwerts Vergleichungen am Schrott vnd Korn, diesem Abschiedt gemeß müntzen (Hirsch, a.a.O., S. 123). 15 So stammten z.B. die Münzmeister in Weißenstadt, Thomas Blumenstein und Andreas Müller, aus dem Braunschweigischen, in Pegnitz arbeiteten die beiden Schuster Hans Luders und Jobst Kreben aus Goslar (Gebert, a.a.O., S. 32 und S. 41). 16 Ende 1621 führte in Kulmbach ein Konsortium aus dem Goldschmied Andreas Kolb, einem Riemenschneider namens Georg Scheube aus Kulmbach, dem Mitglied des Inneren Bayreuther Rates Georg Sambstag und dem Bayreuther Bürger Hans Todtschinder die kleine Münze. In Wunsiedel stand die Münze anfangs unter der Leitung des Goldschmieds Daniel Zetzner und von Hans Preußinger, beides Kulmbacher Bürger (Gebert, a.a.O., S. 20 und S. 30).

17 Gebert, a. a. O., S. 9. Auch in den anderen Münzstätten betrug der Schlagschatz zunächst 500 fl. pro Woche und wurde meist ab Mitte 1621 auf 1.000 fl. pro Woche erhöht. 18 Wintz/Deuerlein, a.a.O., S. 153. 19 Gebert, a.a.O., S. 58 20 Im März 1622 wurden die Münzmeister angewiesen, dass ... sie auf solche Eisenschneider halten sollen, welche die stöck scharf und wolformirt schneiden sowoln jedweder sein sonderlich klein gemerk [Münzmeisterzeichen] uf die Münz machen. Vgl. Bergmann, a. a. O., S. 57. 21 Hierbei besaßen die Kipperprägungen beider Brüder wohl im gesamten markgräflichen Gebiet Geltung. In einer kulmbachischen Verordnung vom 21. Februar 1622 ist zu lesen: … daß unser Gefell von den Underthanen an guter gangbarer Münz unsers und unsers Bruders und Gevatters Markgraf Joachim Ernsts Liebden Gebräg von Sechspätznern oder ander gueten Sorten zu erfolgen habe (Gebert, a.a.O., S. 5). 22 Bergmann, a.a.O., S. 54. 23 Hirsch, a. a. O., S. 156 und S. 161. 24 Bergmann, a.a.O., S. 67. 25 Hirsch, a.a.O., S. 167-171. 26 Hirsch, a. a. O., S. 167-171, hier S. 171. 27 Christian, von Gottes Gnaden Markgraf von Brandenburg, Herzog von Preußen, Stettin, Pommern, der Kassuben und Vandalen, Krossen, Jägerndorf, Burggraf in Nürnberg, Fürst von Rügen.

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