Kinderschutz in Deutschland rechtliche Rahmenbedingungen und Konsequenzen. Oldenburg, den

Kinderschutz in Deutschland – rechtliche Rahmenbedingungen und Konsequenzen Oldenburg, den 18.11.09 Die (frühere) gesetzliche Konzeption des Kinder...
Author: Eva Meyer
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Kinderschutz in Deutschland – rechtliche Rahmenbedingungen und Konsequenzen

Oldenburg, den 18.11.09

Die (frühere) gesetzliche Konzeption des Kinderschutzes

- Hilfe und Unterstützung bei der Erziehung (§§ 11 bis 41 SGB VIII) - Eingriff bei Gefährdung (§ 1666, 1666a BGB)

Staat

Eltern

Kind

Stichworte: - Primat der grundgesetzlich geschützten Elternverantwortung - subsidiäre Rolle des Staates als Missbrauchsaufsicht (Wächteramt) - keine Grundrechtsposition des Kindes, sondern Reflex auf das Elternrecht - fürsorgerischer Kinderschutz

Kinderschutz als Ausdruck von Kinderrechten

Staat

Eltern

Elternverantwortung nach Art. 6 Abs. 2 legitimiert durch das Kindeswohl (BVerfGE v. 01.04.08) Sorgerecht im BGB Hilfe und Unterstützung nach den §§ 11 bis 41 SGB VIII Neu-Fassung des § 1666 und des Verfahrensrechts

Kinder als Träger subjektiver Rechte

Soziale Frühwarnsysteme Frühe Hilfen Ausbau der Ganztagsbetreuung und – bildung in Kindergarten und Schule Ausbau der frühkindlichen Bildung (U 3) Neues Unterhaltsrecht

Kinderschutzfachkräfte nach § 8a

Stichworte einer neuen Konzeption des Kinderschutzes

•Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung als Ausdruck eigener Kinderrechte und Entlastung (nicht: Entmündigung) der Eltern •Partizipatorischer Kinderschutz •Kooperation aller Beteiligten ohne Rollenvorrang •Verantwortungsgemeinschaft der staatlichen Institutionen bei Kindeswohlgefährdung

Die Vorschrift des § 8a SGB VIII Stellung im Allgemeinen Teil des SGB VIII: gilt für Leistungen und Andere Aufgaben Konkretisierung des Schutzauftrags in der Jugendhilfe Verfahrensvorschrift: Leitprinzip bei der Gewährung und Erbringung von allen Hilfen nach dem SGB VIII – durch alle Fachkräfte bei Trägern sowohl der öffentlichen als auch der freien Jugendhilfe Direkte Verpflichtung des Jugendamts; freie Träger über Vereinbarungen einbezogen Philosophie: „Kindeswohl nur über Kommunikation bestimmbar.“

Neuregelungen in BGB und FamFG bei Kindeswohlgefährdung § 1666 BGB Wegfall einiger Tatbestandsmerkmale (insbes. „elterliches Versagen“) _________________________ Erweiterung der Rechtsfolgen: •Gebote, Leistungen der Jugendhilfe anzunehmen •Schulpflicht •Ersetzung von Erklärungen der Eltern •Entziehung der elterlichen Sorge •Entscheidungsüberprüfung nach drei Monaten bei Untätigkeit (§ 1696 BGB)

§§ 155, 157 FamFG (§§ 50e, 50f FGG) Vorrang- und Beschleunigungsgebot (§ 155 FamFG): Erster Termin mit allen Beteiligten innerhalb eines Monats („Cochemer Modell“) ________________________ „Erziehungsgespräch“ (§ 157 FamFG): Erörterung der Kindeswohlgefährdung mit den Eltern

Aktuelle Gesetzesentwürfe zum Kinderschutz (Verabschiedung verschoben) Bundeskinderschutzgesetz ______________________

Bundeszentralregistergesetz _______________________

•Erweiterte Weitergaberegelungen für Geheimnisträger und andere Berufsgruppen

•Erweitertes Führungszeugnis für kinder- und jugendnahe Tätigkeiten

•Verschärfung § 8a („in der Regel Hausbesuch“) •Weitergabe von Daten bei Zuständigkeitswechsel des Jugendamts

•Aufnahme sexualstrafrechtlicher Verurteilungen auch im niedrigen Strafbereich

Die Gesetzgebung •Entwürfe des Bundeskinderschutzgesetzes (gescheitert am 30.06.09) •Änderung des Bundeszentralregistergesetzes: erweitertes Führungszeugnis (Inkrafttreten: 01.05.2010) •Kinderförderungsgesetz (KiFÖG) vom 16.12.08 •Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) vom 01.09.09 •Landesgesetze zum Kinderschutz in zwölf Bundesländern (Beispiel NRW: VO zum Heilberufsgesetz zur Datenmeldung vom 11.09.08)

Wesentliche fachliche Entwicklungen und Stellungnahmen •Fachliche Verfahrensstandards der kommunalen Spitzenverbände und des deutschen Vereins (Mai 2009) •Beginn des Forschungsprojekts „Aus Fehlern lernen. Qualitätsmanagement im Kinderschutz“ (R. Wolf et al) •Ausbau von Projekten zu „Frühen Hilfen“ in Ländern und Kommunen •Lebhafte Fachdiskussion um das Bundeskinderschutzgesetz (Verbändeanhörung im Mai 2009,Beiträge in Fachzeitschriften, etc.)

Drei Ansätze im Kinderschutz

„Tripolarer“ Kinderschutz

„Bürokratischer“ Ansatz

Hilfeleistungsansatz nach SGB VIII

Merkmale des „tripolaren“ Kinderschutzes •Sicherung des Kindes-, Eltern/Familienwohls und des Gemeinwohls •Sozialraum- bzw. gemeinwesenorientierte Arbeit •Kindeswohlgefährdung als Symptom einer generellen gesellschaftlichen Krise •Dialogisches Risiko-Management/demokratischer Kinderschutz •Kooperativ und multiprofessionell gestütztes Qualitätsmanagement •Methode: Qualitätsentwicklungswerkstatt

Mindestanforderungen an den Schutzauftrag nach § 8a durch die GPA NRW •Eindeutige Handlungsanweisungen zum Tätig werden •Hausbesuch mit zwei Fachkräften (eine Kinderschutzfachkraft) •Bei gesundheitlichen Risiken Einschaltung eines Kinderarztes •Zusammenarbeit mit freien Trägern ist durch Vereinbarungen abgesichert •Vereinbarungen mit Dritten (Polizei etc.) sind abgeschlossen und schriftlich niedergelegt

•Gefährdungseinschätzung ist immer dokumentiert und von zwei Fachkräften unterzeichnet •Kinderschutzfälle werden dokumentiert, ausgewertet und evaluiert

Der Hilfeleistungsansatz nach dem SGB VIII •Vertrauen als Hilfevoraussetzung, keine Aufweichung des Datenschutzes im SGB VIII •Freiwilligkeit der Zugangswege der Betroffenen erhalten •Keine bürokratische Kontrolle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter •Unterstützungsdenken statt Eingriffsdenken •Das im SGB VIII gewonnene Profil des Jugendamts als Dienstleistungsbehörde erhalten

Und wie geht es weiter? Ankündigung eines Kinderschutzgesetzes mit präventiven Maßnahmen (z.B. Elternbildung, Familienhebammen, Kinderschwestern etc.) (S. 69 des Koalitionsvertrages) „Wir werden das Kinder- und Jugendhilfesystem und seine Rechtsgrundlagen im SGB VIII auf Zielgenauigkeit und Effektivität hin überprüfen. Wir wollen frühe, schnelle und unbürokratische Hilfezugänge durch hoch qualifizierte Leistungsangebote und den Abbau von Schnittstellenproblemen zwischen der Jugendhilfe und anderen Hilfesystemen erreichen. Dies gilt insbesondere bei Frühen Hilfen und bei Hilfen für junge Menschen mit Behinderungen. Wir werden die Qualität der Kinder- und Jugendhilfe evaluieren und gegebenenfalls Standards weiterentwickeln“. (S. 71 des Koalitionsvertrages)

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