Katharina Lisenko  [email protected] 

CHIRURGIE‐TERTIAL IN LOUISVILLE/KENTUCKY  Januar ‐ April 2012   Zur Motivation  Ein Auslandstertial im Rahmen des Praktischen Jahres stellt zweifelsohne eine wichtige Erfahrung dar, die  mit  viel  eigener  Initiative  und  zahlreichen  neuen  Herausforderungen  einhergeht.  Rückblickend  auf  den  vier‐monatigen  Aufenthalt  in  Louisville,  kann  ich  sagen,  dass  mein  Tertial  in  den  USA  mit  einem  Wissenszuwachs nicht nur auf dem Gebiet der Chirurgie, sondern auch im soziomedizinischen, kulturellen  und sprachlichen Bereich verbunden war. 

Förderung  Die  Förderung  erfolgte  durch  Internationale  Studien‐  und  Ausbildungspartnerschaften  (ISAP)/DAAD  und  wurde in einem Vertrag zwischen Hochschule und Teilnehmer festgehalten. Der Förderbetrag in Höhe von  2615,00 € wurde in zwei Raten, vor Beginn des Aufenthaltes und zum Ende des ersten Austauschmonats,  ausgezahlt. 

Organisatorischer Ablauf  Nach Durchlaufen des Bewerbungsverfahrens an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus muss ein  erneutes  „Bewerbungsverfahren“  an  der  University  of  Louisville  durchlaufen  werden.  Hierfür  müssen  zahlreiche  Nachweise  vorgelegt  werden:  Auslandskrankenversicherung,  Berufshaftpflichtversicherung,  zahlreiche  Immunisierungsnachweise,  Abiturzeugnis,  Erstes‐Staatsexamen‐Zeugnis.  Ein  erfolgreich  absolvierter TOEFL‐Test ist nicht notwendig. Der Kontakt zum Zuständigen für Austauschstudenten bzw.  zum Sekretariat der Chirurgie wird über die Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus vermittelt. Man wird  frühzeitig  gebeten  die  einzelnen  Stationen/Fachabteilungen  für  das  Chirurgie‐Tertial  festzulegen  ‐  dies  kann  sich  jedoch  vor  Ort  nochmals  ändern.  Sobald  man  eine  Zusage  seitens  der  University  of  Louisville  erhalten hat, sollte ein Visum beantragt werden.  Alle  weiteren  organisatorischen  Punkte  (Studentenausweis,  Zugangs‐Codes  für  Türen,  Passwörter  für  WLAN und Krankenhaus‐Software, Vorlesungspläne usw.) werden in Rücksprache mit dem Sekretariat der  Chirurgie vor Ort geregelt. 

Leben in Louisville  Unterkunft  Empfehlenswert ist es sicherlich eine Unterkunft in der Nähe des Krankenhauskomplexes zu suchen ‐ hier  gibt  es  Studentenwohnheime,  die  über  die  Webseite  der  Universität  gefunden  werden  können.  Unsere  Unterkunft (Bellamy Apartment Louisville) war zwar sehr schön und bot zahlreiche Freizeitmöglichkeiten 

(Fitness‐Studio,  Swimmingpool,  Clubraum  usw.),  die  Lage  (am  eigentlichen  Universitätscampus)  war  jedoch  aufgrund  der  Entfernung  zum  Krankenhaus  etwas  ungünstig.  Für  die  Unterkunft  sollte  man  mit  einem monatlichen Preis von etwa 500 ‐ 600 $ rechnen.  Transport  Wer kein Auto oder Fahrrad hat, fährt mit dem TARC‐ (The Transit Authority of River City‐) Bus. Die Busse  sind zeitlich zuverlässig fahren jedoch in relativ selten und vor allem langsam, sodass man etwas mehr Zeit  einplanen muss. Fahrpläne gibt es im Bus oder auf der TARC‐Webseite. Des Weiteren sollte man bei der  Auswahl der Unterkunft beachten, dass der erste Bus nicht vor 5:30 Uhr fährt. Von Vorteil ist, dass der  Studentenausweis, den man zu Beginn des Tertials erhält, die kostenfreie Fahrt mit dem Bus ermöglicht.  Freizeit  Das  Kentucky  Derby  Festival,  welches  im  Frühjahr  stattfindet,  gehört  zu  den  Hauptattraktionen  in  Louisville  und  könnte  bei  der  zeitlichen  Planung  des  Aufenthaltes  berücksichtigt  werden.  Spannend  ist  ebenfalls der Besuch eines Basketballspiels der relativ erfolgreichen Cardinals im Yum! Center. Weiterhin  bieten  sich  Wochenendausflüge  nach  Chicago,  New  York  und  New  Orleans  an.  Außerdem  lernt  man  relativ schnell viele Studenten kennen, mit denen man viel unternehmen kann. 

Chirurgie in Louisville  Studium und Organisation  Das  US‐amerikanische  Medizinstudium  dauert  im  Regelfall  vier  Jahre  und  beinhaltet  zwei‐jährige  überwiegend  theoretische  Ausbildung  und  sich  daran  anschließende  zwei‐jährige  Rotationen  in  allen  Fachabteilungen. Dem Medizinstudium geht eine Collegeausbildung, die vier Jahre dauert, voraus. Als PJ‐ Student gilt man in den USA als 4th year medical student.  Der  chirurgischen  Ausbildung  von  Medizinstudenten  und  Assistenzärzten  in  Louisville  wird  eine  große  Beachtung geschenkt. Die chirurgischen Vorlesungen, die an die Studierenden des dritten Studienjahres  gerichtet sind, finden meist in einer kleinen Gruppe statt, haben Seminarcharakter und beinhalten viele  praktische  Aspekte.  Um  sich  mit  den  englischen  Begriffen  vertraut  zu  machen  und  Medizinstudenten  kennenzulernen,  loht  es  sich  an  den  Vorlesungen  der  Chirurgie  teilzunehmen,  was  ebenfalls  eine  ausgezeichnete  Gelegenheit  dazu  bietet  die  chirurgischen  Lerninhalte  zu  wiederholen.  Das  General  Surgery  Residency  Program  in  Louisville  gehört  zu  den  besten  chirurgischen  Assistenzarzt‐ Ausbildungsprogrammen  in  den  USA.  Dieses  dauert  im  Allgemeinen  fünf  Jahre  und  sieht  monatliche  Rotationen  der  Assistenzärzte  in  verschiedenen  chirurgischen  Fachabteilungen  von  fünf  Lehrkrankenhäusern in Louisville (University of Louisville Hospital, Veteran Affairs Medical Center, Norton  Hospital,  Kosair  Childre`s  Hospital,  Jewish  Hospital)  vor.  Wenn  man  den  Beginn  des  PJ‐Tertials  auf  den  Monatsanfang  legt,  rotiert  man  mit  den  Assistenzärzten  mit.  Einen  wichtigen  Aspekt  der  Fort‐  und  Weiterbildung  stellt  außerdem  die  wöchentliche  chirurgische  Konferenz  dar,  welche  einen  auf  die 

klinische  Forschung  ausgerichteten  Vortrag,  einen  Quality  Improvement  Report  sowie  ein  Assistenzarztseminar zu spezifischen chirurgischen Themen beinhaltet.  Tätigkeitsbeschreibung  Für PJ‐Studenten besteht die Möglichkeit zu monatlichen Rotation zwischen verschiedenen Abteilungen.  Je  nach  dem  gewählten  chirurgischen  Fachgebiet  arbeitet  man  dabei  in  einem  der  fünf  Lehrkrankenhäuser. Unfallchirurgische Intensivstation, Allgemeinchirurgie und Kinderchirurgie waren die  von mir gewählten Abteilungen.  Wer viele Erfahrungen auf dem Gebiet der Intensivmedizin sammeln möchte, sollte die unfallchirurgische  Intensivstation  als  eine  der  Rotationen  wählen.  Der  Schwerpunkt  liegt  hier  auf  der  postoperativen  intensivmedizinischen  Betreuung,  wobei  man  als  Student  parallel  zwei  bis  drei  Patienten  unter  Aufsicht  der Assistenzärzte betreut und den Patienten in täglichen Visiten vorstellt. Die Aufgaben des Studenten  bestehen  neben  der  Op‐Assistenz  hauptsächlich  in  der  Erstellung  der  trauma  progressive  note  und  der  Behandlungspläne.  Besonders  Augenmerk  ist  in  dieser  Abteilung  auf  die  Versorgung  von  Patienten  mit  Verbrennungen gerichtet.  Die  Allgemeinchirurgie  bietet  eine  gute  Möglichkeit  die  chirurgische  präoperative  Visite  zu  üben,  bei  vielen  aufwendigen,  v.a.  laparoskopisch  durchgeführten,  Operationen  zu  assistieren,  Patienten  postoperativ zu betreuen, Verbände zu wechseln und Blasenkatheter und Venenverweilkanülen zu legen.  Die  kinderchirurgische  Station  am  Kosair  Children’s  Hospital  verbindet  mehrere  lehrreiche  Aspekte:  Umgang  mit  Kindern,  interessante  chirurgisch‐pädiatrische  Krankheitsbilder,  wie  Pylorusstenose,  Gastrochisis,  Darmatresie,  Hernien  usw.,  intensivmedizinische  Betreuung  von  Frühgeborenen  sowie  die  Besonderheiten der pädiatrischen Anästhesie. Weiterhin kann im Rahmen der wöchentlich stattfindenden  ambulanten  kinderchirurgischen  Sprechstunde  die  Kommunikation  mit  Eltern,  eine  zielgerichtete  körperliche  Untersuchung,  Indikationsstellung  zur  Operation  (in  Absprache  mit  dem  Arzt)  und  medizinische Dokumentation geübt werden.  Das  chirurgische  PJ‐Tertial  ist  insgesamt  sehr  zeitintensiv,  da  der  Arbeitstag  für  Studenten  um  etwa  um  fünf Uhr morgens mit der Patientenvisite beginnt (die Assistenzärzte sind meist einige Stunden eher da)  und um fünf Uhr abends endet, Samstag ein regulärer Arbeitstag ist und Nachtschichten (to be on call) ‐  eine pro Woche ‐ vorgesehen sind. Wenn keine Operationen geplant sind, besteht in Absprache mit den  Ärzten  nichtsdestotrotz  die  Möglichkeit  eher  zu  gehen  oder  das  Wochenende  für  Freizeitaktivitäten  zu  nutzen.  Medizinstudenten sind in die Abläufe im Operationssaal eingeplant und werden von allen Mitarbeitern als  auszubildende Teammitglieder angesehen, sodass man relativ schnell seinen Platz findet. Insgesamt sind  alle  sehr  nett  und  zuvorkommend  und  haben  Verständnis  dafür,  wenn  man  etwas  nicht  versteht  oder  mehrmals  nachfragt.  Für  ein  erfolgreiches  chirurgisches  Tertial  ist  jedoch  auch  viel  eigene  Initiative,  so  insbesondere  in  der  präoperativen  Visite,  postoperativen  Betreuung  der  Patienten  und  Kommunikation 

mit  Ärzten  und  Schwestern  notwendig,  was  mit  dem  Überwinden  der  anfänglichen  sprachlichen  Schwierigkeiten mit der Zeit gut gelingt. 

Erbrachte Leistungen seitens des Begünstigten ‐ ISAP/DAAD‐Fördervertrag  In  Anlehnung  an  die  vor  Beginn  des  Austauschtertials  formulierten  Ausbildungsziele  wurden  von  mir  nachfolgend aufgelistete Tätigkeiten bzw. Lernziele im Rahmen der vier‐monatigen Austauschmaßnahme  unter  Supervision  und  Evaluation  durch  chirurgisches  Personals  der  unfallchirurgischen  Intensivstation,  der Allgemeinchirurgie und der Kinderchirurgie an der University of Louisville übernommen bzw. erreicht.  Allgemein  − Kennenlernen des US‐amerikanischen Arztbildes  − Auseinandersetzung  mit  ökonomischen  und  rechtlichen  Voraussetzungen  im  US‐amerikanischen 

Gesundheitssystem sowie der Organisation der Patientenversorgung/Notfallversorgung  − Kennenlernen 

pflegerischer 

und 

sozial‐fürsorglicher 

Maßnahmen 

im 

US‐amerikanischen 

Gesundheitssystem  Chirurgisch‐theoretisches Wissen  − vertiefte  Auseinandersetzung  mit  typischen  chirurgischen  Krankheitsbildern,  perioperativem 

Management,  postoperativer  Patientenbetreuung,  bildgebenden  Verfahren,  chirurgischer  Infektiologie  und Wundheilung unter Beachtung der landesspezifisch‐epidemiologischen Besonderheiten im Rahmen  von  Stationsvisiten,  ambulanten  Sprechstunden,  radiologisch‐chirurgischen  Konferenzen,  Vorlesungen  der Chirurgie, Mobidity and Mortality Seminaren und Quality Improvement Seminaren  Chirurgisch‐praktische Tätigkeit  − Erheben einer strukturierten Anamnese  − strukturierte körperliche Untersuchung  − Erkennung chirurgischer Leitsymptome, Stellen einer Diagnose und Differentialdiagnosen  − Erarbeiten eines Planes zur weiteren Diagnosefindung  − Entwicklung eines Therapieplanes  − Gesprächsführung mit Patienten und deren Angehörigen  − ärztliche Dokumentation und Vorstellung der Patienten  − chirurgische Assistenz im Operationssaal, chirurgische Hautnaht  − postoperative Nachsorge, Verbandswechsel, Entfernung des Nahtmaterials  − postoperatives Monitoring  − postoperatives Follow‐up  − allgemeine  praktische  Tätigkeit  (venöse  Blutentnahme,  Injektion  s.c.,  Injektion  i.m.,  Injektion  i.v., 

Punktionen, EKG, Anlage Harnblasenkatheter und Magensonde)