Kaufleute, Handwerker, Soldaten Alle werden gut beraten

Knigge Wie ist es denn mit dem Benehmen, Muss sich einer dessen schämen? Da reißt man ihn nicht gleich in Stücke, Man verweist ihn gern auf Knigge. Wa...
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Knigge Wie ist es denn mit dem Benehmen, Muss sich einer dessen schämen? Da reißt man ihn nicht gleich in Stücke, Man verweist ihn gern auf Knigge. Was war der Knigge für ein Mann, Dass er sich selbst benehmen kann Und auch andre darin lehrt, Unmanier entschieden wehrt? Grade ist er uns begegnet, Wie`s bei ihm an Logen regnet, Wie er auch mit großer Liebe, Die Illuminaten fest antriebe. Nun ist`s nötig, mal zu gucken, Was hat er noch an andren Mucken? Die ihn so berühmt gemacht, Dass Gesellschaft wird bewacht. Knigge war aus Niedersachsen, Und da war er erdverwachsen. Aus altem Adel stammt er her, Geborn im Schloss, gebaut zur Wehr. In Bredenbeck, zu Calenberg Gehörte wohl das ganze Werk. Leider war er früh verwaist. Blieb ihm auch der Adelsgeist, Das Schloss war nun mal hoch verschuldet. Ein Kredit ward nicht geduldet. Gläubiger waren zur Hand, Das Schloss drum ihnen unterstand. Sie nahmen es in Zwangsverwaltung, Dem Kinde dann zur Unterhaltung Ward eine Rente zugestanden. In Hannover sich bald fanden Lehrer für den Unterricht. Göttingen kam dann in Sicht, Dass die Universität Pflichtgemäß das Ihre tät. Adolph war nicht für das Schlechte, Studiert darum auch eifrig Rechte, Mit der Kameralen Wissenschaft Setzt er seinen Geist in Kraft. In das Recht tief ein zu tauchen, Kann man im Leben immer brauchen. Und wer dann noch von Adel ist, Wartet nicht auf lange Frist. Adolph zu den Logen neigt. Und das ist, was früh sich zeigt. Mitglied ist er schon geworden Im unzertrennten Konkordienorden. Dorten in der Gustav-Loge.

Das war eine große Woge Da in der Studentenschaft, Gab Studieren schönen Saft. Danach ging`s nach Kassel ab. Der Landgraf hielt ihn da auf Trapp. Hofjunker war ein guter Titel, Kriegs- und Domänenkammer Mittel, Um noch höher auf zu steigen, In den obren Stand zu treiben. Denn erstmal war er nur Assessor. Doch wusste er gleich alles besser, Leider sollte es sich zeigen, Dieser Jüngling war sehr eigen, Zur Aufmüpfigkeit zu neigen. So wurde ihm das Amt genommen. Es schien, das war ihm ganz willkommen. Er hatte heimlich unverhohlen Bei Hofe einen Schuh gestohlen Einer wohlbetuchten Dame, Lacht besinnlich, wie sie lahme. Natürlich ist der Hof empört, Findet ihn ganz unerhört. Henriette von Baumbach Sieht`s wohl nicht als schwere Schmach, Geht mit ihm die Ehe ein. So leben sie in Baumbach fein. Lustig ist da seine Miene Mit dem Baby Philippine. In Weimar hörte man von ihm. Als Kammerherr wird er verliehn. Carl- August hat ihn da recht gern; Denn Langeweile ist da fern. Er ist ein rechter Kurzweilmacher. Da kommt hervor so mancher Lacher. Der Erbprinz zu Hanau dann Wirbt den Knigge auch mal an. Großzügig war der Wilhelm wohl, Dass sein Beutel überquoll. Knigge findet es genehm, Am Hofe lebt es sich bequem. Er kann sich auch die Zeit vertreiben, Kann schon dies und jenes schreiben. Doch lange kann er da nicht bleiben. Denn wieder macht er dumme Sachen, Kann sich untertan nicht machen. Eh`sie ihn total verpfeifen, Muss er schnell die Flucht ergreifen. Nun hat er die Nase voll Von dem ganzen Hof und Soll. Er zieht nach Frankfurt an den Main,

Treibt es mit den Schreiberei`n. Ein satyrischer Roman Prangert`s Hofgesindel an. In „Peter Klausens Geschichte“ Geht er damit ins Gerichte. Erbärmliche Hofschranzen – Es scheint, er hält sie gar für Wanzen – Und das ganze Hofgeschmeisse, Dass er`s aus dem Leben schmeiße. Nach Heidelberg zieht er noch um. Das ist alsbald wohl auch zu dumm. So zieht es ihn nach Niedersachsen, Wo seine Güter scheint`s gewachsen. Wenn man jetzt den „Knigge“ nennt, Ist`s ein Name, den man kennt. Man denkt da gleich an das Benehmen, Wer`s nicht kann, der muss sich schämen. Doch hat schwerer noch gewogen, Knigge seh`n als Soziologen. Vom Umgang mit Menschen lehrt er ja. Viel Erfahrung ist da nah. Wie ich`s mit den andern halte Und mich selber auch gestalte. Wie ich jedem Achtung schulde, Ungerechtigkeit nicht dulde. Mich auch recht entwickeln kann, Niemand auf Verdrängung sann. Knigge geht`s Verhältnis an, Auf Berufe achte man. Auf Mitmenschen vieler Art, Wie man nicht Genehmes spart, Wie geht man mit Kindern um, Wie mit Eltern ebendrum, Wie Eheleute mit einander, Wie man mit der Liebsten wander, Wie man Ärzte konsultiert, Den Geistlichen auch respektiert, Bei sich keinen Jähzorn schürt, Sich zu wehren nicht geniert, Wie man sittlich sich aufführt. Mit Vorsicht andere berührt. Wie hält man es auch mit Kollegen, Wenn sie einem sind entgegen? Wie bleibt man da auf rechten Wegen? Immer muss man darauf schauen: Wem kann man getrost vertrauen? Knigge hat da viel Erfahrung. Das gibt seinem Buch die Nahrung. Kaufleute, Handwerker, Soldaten – Alle werden gut beraten.

Da wird kein Stand ganz ausgelassen. Knigge will sie alle fassen. Vor Offizieren warnt er sehr. Sie setzen sich sofort zur Wehr, Fühlen sich sehr schnell verletzt, Dass man ihre Ehre ätzt. Da wird der Säbel gleich gewetzt. Also Vorsicht ist geboten. Jedes Wort ist da zu loten. Die Gesellschaft wird durchzogen, Kleinigkeiten nicht erwogen. Soziologisch geht es zu, Immer zwischen Ich und Du. Das Buch schlug wie ne Bombe ein, War auch dem Verlag sehr fein. 1788 erst erschienen Soll es immer wieder dienen Der Gesellschaft als Codex, Dass der Umgang daran wächst. Oft wird es noch aufgelegt. Das Benehmen wird bewegt. Dabei wird es noch ergänzt Und mit kleinen Faxen glänzt. Der Verlag hängt hinten dran, Was das kleinste nur geht an, Wie man sich bei Tisch benimmt, Welche Gläser sei`n bestimmt Für einen oder andren Wein, Wie man richtig ihn schenkt ein. Wie Bestecke richtig liegen. Wie sich soll zum andern fügen Jeder sich in der Gesellschaft, Dass redlich alles angeschafft, Jeder sich auch recht benimmt, Jede Einzelheit da stimmt. So kommt Knigge dabei raus: Ein Benimmcodex wird draus. „Knigge“ steht nur für Benehmen. Man sollte lieber sich bequemen, Von ihm Soziologie zu lernen. Das lindert oftmals das Verhärmen. Man ist ja viel zu oft gehalten, Wie soll ich es nur gestalten, Immer friedlich zu verwalten Die Beziehung zu dem andern? Will er auf andren Pfaden wandern? Vorsicht, Umsicht sind geboten. Knigge gibt dafür die Noten. Nun war Knigge selbst bereit Für mannigfach Geselligkeit.

Eifrig hielt er`s mit den Logen. Zur Strikten Observanz gezogen, Reiste er viel hin und her, Für Reformen und noch mehr. An jedem Ort, wo er verkehrte, Sich sein Interesse noch vermehrte An den Logen, die vorhanden, Ihn gleich schlugen voll in Banden. In Kassel war`s „gekrönter Löwe“, Der ihm schien, er sei wie Phoebe. In Hanau dann mit guter Miene Wilhelmine Caroline. Bald war er auch Schwanenritter. Da dann fand er nicht mal bitter Rosenkreuzer und Goldmacher, Damit Briefwechsel entfach er. Und schließlich schien ihm wohl geraten Der Orden der Illuminaten. Da tat er sich gehörig um, Bis der Weishaupt nahm es krumm. Wie er sich da rum getrieben, Das ist anderswo beschrieben. Zuletzt weicht er nach Bremen aus. Die Gelder wackeln ihm im Haus. So wird er Oberhauptmann Und führt die Regierung an Von Hannover wie auch England. Dabei findet er`s charmant, Ein Theater zu begründen, Liebhabern Freude zu entzünden. Die Franzosenrevolution Ärgerte wohl jeden Thron. Knigges Aktivitäten Bei den Herren Argwohn säten. War er etwa Jakobiner, Der Franzosen gar ein Diener? War er nicht schon in der Tat Ein gemeiner Demokrat? Hofleute waren ja beschimpft, War er also nicht geimpft Gegen die Aufsässigkeiten. Aufsicht muss ihn drum begleiten. Auf den Busch muss man mal klopfen. Will Rebellenblut raustropfen? In Bremen ist er dann gestorben. Da wurde auch sein Grab erworben. In Bremens Dom liegt er begraben. Ein bessres Grab kann man nicht haben.