KARIBU SANA! TANZANIAN NEWS #5

TANZANIA NEWSLETTER #5 02.01.2006 KARIBU SANA! TANZANIAN NEWS #5 Auf in die Berge – Ein kleiner Bericht vom 10.12.05: Newsletter Nummer 5, da wird ...
Author: Irma Salzmann
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TANZANIA NEWSLETTER #5

02.01.2006

KARIBU SANA! TANZANIAN NEWS #5

Auf in die Berge – Ein kleiner Bericht vom 10.12.05: Newsletter Nummer 5, da wird einem so richtig bewusst, wie schnell die Zeit vergeht. So, ich bin gerade an einem sehr netten Platz in den Usambara Bergen. Nachdem ich mit meinem Papa, seinem Enthomologen-Freund Horst und Mejah am Mittwochmorgen (ok, gegen 11 Uhr) in DSM los bin, kamen wir am späten Nachmittag im Amani Nature Reserve an. Das liegt in den East Usambara Mountains, ca. 70km von Tanga/Indischer Ozean. In dem Reserve gibt es 2 Guest-Houses, das erste ist auf etwa 500m Höhe – dort haben wir übernachtet. Der Platz heißt Zigi, das Guesthouse ist eines der Gebäude einer alten Bahnstation, die von einem deutschen Holzhändler erbaut wurde. Der Platz liegt mitten im Wald an der Bergstraße. Erinnert sich einer vom Land an so schöne Feldwege ... Genau das, nur bergauf. Das 2. Guesthouse liegt etwa 9km bergauf in einem Dorf. Auch nett, aber lange sich so schön ruhig wie Zigi. Am nächsten Tag sind Papa und Horst losgezogen um dem Käferfangen nachzugehen. Ich bin mit Mejah zu einer Teeplantage oben auf dem Berg gefahren. Dort haben wir uns dem Ablauf der Teeproduktion erklären lassen. Von dem Production Manager, dessen Namen ich leider schon wieder vergessen habe – wie mit den meisten. Auf jeden Fall hat er uns eine zweistündige Führung mit umfassender Einweisung in die Teeproduktion gegeben. Wir sahen, wie der Tee angeliefert und dann in so großen Wannen ausgebreitet wird. Dort wird dem Tee die Flüssigkeit entzogen. Danach werden die Teeblätter geschreddert und verschiedene Male mit Hilfe von großen Rollen gepresst. Dadurch wird die Konsistenz feiner und der Tee trockner. Zum Schluss wird er noch einmal mit heißer Luft getrocknet. Ich hab dann im Labor mal Tee getestet, aber wahrscheinlich das nicht ganz richtig gemacht. Der Production Manager hatte den Tee jedenfalls nicht runter geschluckt, ich schon. Nachdem wir in Zigi zurück waren, hab ich noch ein paar DVDs auf dem Laptop geschaut, und dann fing das Drama auch schon an. Durchfall ... die ganze Nacht lang, Erbrechen – ich glaube das waren die Nachwirkungen, der beiden Löffel Tee. Gestern war ich dann entsprechend total platt. Hab den ganzen Tag nur geschlafen. Mich einmal 2 m vor unsere Tür geschleppt um dann wieder ins Bett zu gehen. Heute geht’s schon wieder, mein Magen akklimatisiert sich auch so langsam wieder. Und die ‚Sportsman’ schmecken mir auch schon wieder – na, da kann’s ja gar nicht so schlimm gewesen sein?! Doch, war es, zumindest für 24 Stunden. Heute Morgen (wieder gegen 11 Uhr – ich sollte mein Verständnis von ‚morgen’ vielleicht mal überdenken...) sind wir dann nach Mombo (Richtung Lushoto) aufgebrochen. Hier sind wir in den Bergen in der Maweni Farm, auch ein von Deutschen erbautes Haus. Hier leben ein schwedisch (er) – deutsches (sie) Paar, beide Filmproduzenten. Die haben hier ein Hotel und ihre Filmproduktionsfirma. Sehr nett hier oben. Hier ein paar Bilder der letzten Tage:

Auf dem Weg nach Amani. Auf dem Schild steht „Msata Five Star Petrol Station“, darunter „Five Star Take Away“. Die Zapfsäule die da so einsam im Hintergrund steht war nicht die einzige, es gab noch eine zweite.

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Zurück auf die Bäume – Mejah und ich.

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Drei Schulmädchen, denen wir Stifte und Luftballons gegeben haben.

So sah es bei der Teeplantage aus.

Die Einfahrt zur Teeplantage.

Auf einer Schmetterlingsfarm – ja, so etwas gibt es.

Ich hatte euch ja mal von dem Schmetterling erzählt, der in den Uluguru Mts. nachts nicht von mir weichen wollte. Ich weiß jetzt auch, dass die Schmetterlinge nicht ständig zu mir kommen, weil ich vielleicht so toll bin – nein, weil die Farben meiner Klamotten immer recht farbenfroh sind.

Papa und ich in Amani.

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Das Haus in dem wir unsere Zimmer hatten. Hier sieht man, dass Amani mal in deutscher Hand war.

Mein Auto – schön dreckig, nachdem ich fast irgendwo stecken geblieben wäre.

Unsere Zelte auf der Maweni Farm, wo Mejah und ich übernachtet haben.

Der Garten auf der Maweni-Farm.

Rückreise: Blick auf die Usambara Mts.

Mejah.

Übrigens: Ich sitze hier – mittlerweile ist es schon wieder 20.30 Uhr – auf der Terrasse der Maweni Farm und bin – dank WLAN – online. Ist das nicht genial: (fast) mitten im Busch, mit Breitbandgeschwindigkeit flexibel online – ohne Strippe!

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Siwema und Betty – The story continues. Die Zwischenstände über Siwema und Betty gab es ja zwischenzeitlich in verschiedenen E-Mails. Ich bin froh, dass beide Kids aus Indien zurück sind und die Operationen bei beiden gut verliefen. Seit der Rückkehr war ich ziemlich beschäftigt mit der Organisation verschiedenster Sachen für die Kids. Wir haben natürlich den Unterricht wieder angefangen, aber so richtig weit sind wir nicht gekommen. Viel zu viele Dinge kamen dazwischen. Euer letzter Stand müsste sein: Die Kids sind zurück aus Indien, es geht ihnen gut und FidQ fand den Vater von Siwema. Es war Montag, der 21.11. als die letzten News betreffend der Kids über das Netz kamen. Und seit dem hat sich eine ganze Menge getan. Am Montagabend bin ich nach dem Job – as usual – ins Krankenhaus gefahren, Betty hatte mittlerweile das Krankenhaus verlassen. Sie war nun mit ihrer Mutter zusammen bei Mama Usiku, einer seiner liebenswürdigen Krankenschwester aus dem Muhimbili Krankenhaus. Siwema war entsprechend niedergeschlagen, aber ich versprach ihr, am nächsten Tag mit ihr Chipsi na kuku (Fritten mit Hähnchen) essen zu gehen. Ok, gesagt, getan. Am nächsten Abend bin ich wieder ins Hospital, hatte dort erst einmal mit den Schwestern zu diskutieren, die wollten mich nämlich nicht so einfach mit Siwema gehen lassen, obwohl der Helga am Tag zuvor mit denen gesprochen hatte. Aber das am Tag zuvor waren andere Schwestern, und überhaupt war nun ein anderer Tag ... na ja, also diskutiert, also ein bisschen Geld für Essen den Schwestern gegeben und dann konnte ich mit Siwema gehen. Wir sind dann zum Coco Beach gefahren, direkt am Meer. Dorthin kamen dann auch noch ein paar Freunde: Julia, Louis, Kate und Tochter Maya und natürlich FidQ! Und die kleine Siwema mittendrin – etwas schüchtern, aber sie fühlte sich wohl – umgeben von all den Erwachsenen und dann so etwas wie der Mittelpunkt zu sein. Am Mittwoch kam dann Siwemas Vater. Also wieder ins Krankenhaus – um den Vater kennen zu lernen. Dort habe ich dann auch Dr. Helga getroffen. Und etwas getan, was ich hätte lieber nicht tun sollen. Also: Am Montagabend hat mit Siwema 400$ gegeben, die sie in Indien im Rahmen der OP für Medikamente, Nachbehandlung und natürlich als Taschengeld bekommen hat. So, nun sagte mir Siwema, dass wir das Geld nicht ihrem Vater geben sollten. Das spricht schon für sich, ja ich weiß. Allerdings konnte ich mir nur schwer vorstellen, wie ein 13jähriges Mädchen eine Menge Geld von 480.000 TSH verstecken könnte, ohne dass die Eltern etwas davon merken. Am Mittwochabend dann unterhielt ich mich mit Dr. Helga und teilte ihr meine Bedenken mit. Und fragte sie, was wir am besten mit dem Geld machen, behalten wollte ich es schließlich nicht. Dr. Helga meinte, gib es dem Vater. Und das tat ich dann auch. Jaja, bitte keine Moralpredigten mehr ... von denen hatte ich genug. Jeder (Aswila, Kate ...) den ich diesbezüglich befragt habe, erzählte mir: Kerstin, wie konntest du nur das Geld dem Vater geben, sie hat dir doch extra gesagt, dass du es ihm nicht geben solltest. Jaja, ich weiß. Ich fühlte und fühle mich auch gar nicht gut bei dem Gedanken, die Entscheidung Siwemas so übergangen zu haben. Dafür musste dann Aswila letzte Woche als Retterin herhalten (danke, Aswila): sie kam mit mir ins Krankenhaus um mit dem Vater zu sprechen. Wir baten den Vater um 200.000 TSH, für Medizin etc. Er gab sie uns – ohne Widerworte. Ich würde die Medizin dann nach Mwanza mitbringen, wenn ich dahin fahre. Das Geld gaben wir dann Siwema, die Schwestern knoteten es in ihr Kleid ein, damit sie es ihrer Mutter geben kann, wenn sie zu Hause ankommt. Was der Vater nun mit den restlichen 280.000 TSH macht, wissen wir nicht. Auf uns macht er nicht wirklich einen guten Eindruckt. Aswila hat ihn am Freitag ins Kreuzverhör genommen, und gefragt, warum er sich über ein Jahr nicht um sein Kind gekümmert hat. Er sagte, er hätte anfangs versucht anzurufen, er wäre auch auf dem Weg nach DSM gewesen, aber in Mwanza krank geworden, dann kein Geld gehabt (aber ein Handy) ... naja, wie auch immer ... ob faule Ausrede oder nicht ... wenn man sein Kind sehen will, dann gibt es immer Mittel und Wege. Denke ich, denken wir. Zumindest bin ich froh, dass der Vater (der scheinbar das Sagen in der Familie hat) uns hinsichtlich unserer Bemühungen, eine Schule für Siwema zu finden, unterstützt. Gut, „unterstützen“ ist wohl zu viel gesagt, aber uns zumindest freie Hand lässt. Und was das Thema Schule betrifft, haben wir erhebliche Fortschritte gemacht. Ok, erst einmal zu Siwemas Schule: Ich habe nun schon einige Gespräche mit der Montessori-Schule in Mwanza gesprochen (Danke für den Tipp, Angela). Nachdem ich mit mehreren Leuten gesprochen habe bzgl. einer geeigneten Schule für Siwema, kam © KERSTIN KEIMLING

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ich zu dem Schluss dass die Montessori-Schule wohl für sie das Beste ist. 13 Jahre, fast 14, noch nie in der Schule gewesen. Also müsste sie auch erst mit Grundschule anfangen. Also wäre Sie an jeder Schule zusammen mit Kindern im Alter von 6 oder 7 Jahren in einer Klasse. Dann vermutlich keine Sonderbehandlung für sie, was sie allerdings bei ihrem Bildungsniveau braucht. Außerdem fällt ihr das Lernen nicht ganz so einfach. Sie ist schon clever, aber sich zu konzentrieren und das Lernen selbst, muss sie erst einmal lernen. Ich hoffe, dass man dort besser ihre Talente fördern kann, sie kann z.B. sehr schnell und sehr gut Dinge wie Funktionsweisen einer Digicam und eines Computers erfassen. Wow, ich war echt verblüfft, als ich sie das erste Mal am Computer gesehen haben. Andere Leute brauchen 3 Tage um das Prinzip des Drag&Drop zu begreifen, aber sie checkt das sofort. Ich hoffe mal, dass man das Ausbauen kann, vielleicht kann sie ja mal in diesem Bereich arbeiten. Wir müssen daran denken: beide Mädchen werden auf Grund Ihrer Herzprobleme nie körperlich schwere Arbeiten machen können. Ich hatte jetzt noch einmal mit der Managerin der Schule gesprochen, lustigerweise eine Schweizerin. Siwema könnte eventuell sogar bei ihr wohnen, hatte sie mir heute angeboten. Ich muss mal fragen, wie das dann mit Verpflegung und so läuft, aber hörte sich alles ziemlich gut an. Ich will in 2 Wochen nach Mwanza um dort die Schulmanagerin zu treffen und Siwema vorzustellen. Ich hoffe, dass es ihr gefällt, obwohl sie eigentlich lieber in Geita in die Schule gehen würde. Ihre Familie wohnt jetzt 1 Std zu Fuß von Geita entfernt. Geita selbst ist eine Diamantminen-Stadt und etwa 2 Fahrstunden von Mwanza entfernt. Allerdings hat ihr Vater sie schon angewiesen in Mwanza auf die Schule zu gehen, na ja, und wenn er auch froh ist, wenn wir ihm ein Problem abnehmen, so stellt er sich wenigstens nicht in den Weg. Und nun zu Betty: Ich erzählte Bettys Mutter, dass ich für Betty einen Sponsor gefunden hätte, um sie auf eine bessere Schule zu schicken, dass das allerdings nicht auf dem Dorf sein könnte, wo sie lebt sondern z.B. in Iringa, wo sie 2 Fahrstunden entfernt leben. So kam von beiden die Aussage, dass es auch o.k. wäre, wenn Betty in DSM zur Schule gehen würde. Super! Hier hat sie das Krankenhaus in der Nähe, medizinische Versorgung ist also gewährleistet (sofern mal wieder nicht gestreikt wird und die restlichen Umstände stimmen) und wir hätten hier Leute um nach ihr zu schauen. Also sind Aswila und ich am nächsten Tag zur St. Marys Boarding School gefahren. Nachdem man uns erst nicht herein lassen wollte (der Askari wollte mal wieder seine Power zeigen), haben wir dann die richtige Person bequatscht, die wusste dass der Deputy Director da ist und ihn nach einem Gespräch gefragt hat. Er nahm sich dann 1,5 Std Zeit für uns, erklärte alles und zeigte und das Gelände und die Zimmer. Die Schule hat letztes Jahr den ersten Platz im Schulwettbewerb in der Region DSM gemacht. Betty hat uns letztens erzählt, dass sie mal Ärztin werden möchte. Und das Mädel ist clever genug, um das zu schaffen. Aswila war diese Woche bei der Einstufung mit ihr. Sie kam in Standard 3 (was so Klasse 3 ist, glaube ich). That’s not too bad. Jetzt müssen wir nur noch alle Unterlagen zusammen bekommen und sie anmelden, dann kann sie im Januar starten. Und für Siwema möchte ich alles gern noch vor Ende des Jahres festziehen, damit auch sie im Januar starten kann. Daumen drücken ist weiter angesagt. Einschub vom 01.01.06: So mittlerweile ist das Jahr auch zu Ende, das neue hat begonnen. Zugegeben, in den letzten Wochen ist auch bei dem Thema der Mädels einiges in Gang gekommen. Ich war vor 3 Wochen in Mwanza um dort mit Siwema, ihrem Vater und Großfvater die Schule zu besichtigen und mit der Managerin zu sprechen. Ich bin nach Mwanza geflogen. Die Managerin von der Montessori-Schule ist echt klasse. Angela, die kann sich auch noch an dich erinnern - viele Grüße von ihr. Als ich ihr Siwemas Geschichte erzählt habe, hat sie dem Vater genau die Fragen gestellt, die wir vorher schon gestellt hatten: warum er seine Tochter im Krankenhaus abgibt und sich 1 Jahr und 3 Monate nicht um das Kind kümmert. Kein Geld für Essen, nichts hatte er ihr gegeben. Warum er nicht einen Brief geschrieben hat, nicht einmal angerufen. Ich habe das gestern einer Bekannten erzählt und sie meinte nur, dass die Eltern das Mädchen wohl mit dem Abliefern im Krankenhaus abgeschrieben hätten. Ich habe im Flieger nach Mwanza am Samstagmorgen einen Monolog geschrieben, auf Kiswahili, den ich Siwema dann vorgelesen habe. An meinem Kiswahili arbeite ich immer noch. Ich wollte Siwema klar machen, warum sie auf jeden Fall zur Schule gehen muss und das ganze so wichtig für sie ist. Ich denke (hoffe) sie hat es verstanden. Wir haben uns neben der Schule auch den Platz angeschaut, wo Siwema leben wird. © KERSTIN KEIMLING

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Sie wird bei den Lehrerinnen der Schule wohnen. Dank der Hilfe von der Managerin Schwester Denise konnte sie dort untergebracht werden. Normalerweise haben die nämlich an der Schule kein Boarding. Siwema schien das auch alles super gefallen zu haben. Ich kann euch gar nicht sagen, wie schön die Schule ist. Nachdem sie durch ihre Krankheit etwa 2,5 Jahre nur im Krankenhaus verbracht hat, hoffe ich, dass sie so noch etwas ihrer Kindheit ausleben kann. Mittlerweile wissen wir noch nicht einmal wann eigentlich Siwemas Geburtstag ist und ob sie 13 oder 14 Jahre ist. Im Pass steht ein anderes Datum als auf der Geburtsurkunde. Ehrlich gesagt wäre das der Familie auch nicht aufgefallen, wenn ich es nicht bemerkt hätte. Abends habe ich dann Siwema, Vater und Großvater zum Essen eingeladen. Chipsi na Kuku (Fritten mit Broiler – so ungefähr) für alle – für mich gabs Fisch. Während wir uns dann so unterhalten haben (auf Kiswahili!) fragte der Großvater mich irgendwann, was Siwema für mich ist – ein Freund oder wie meine Tochter. Ich sagte ihm dann nur, dass sie meine Freundin ist, wie meine dada ndogo (kleine Schwester), und auf den Vater zeigend, dass sie seine Tochter ist. Am Montag darauf sollte der Großvater zur Schule und Siwema anmelden. Er hat dann nur angerufen und gesagt, dass er nicht könne aber mit ihr am 10. Januar zum Schulanfang kommen würde. Tja, ich bin gespannt ob die da erscheinen werden. Den Großvater halte ich insgesamt für kooperativer und aktiver als den Vater, der nur froh ist wenn sich jemand um das Kind kümmert. Mit der Borading School scheine ich ihm da ja ein Stück entgegenzukommen, doch trotzdem hat er die Verantwortung für das Kind. Das habe ich ihm auch gesagt. Mein Mama, die sich bereit erklärt hat für Siwemas Schule zu bezahlen, sorgt dafür dass sie eine Ausbildung bekommt, fertig. Trotzdem bleibt er der Vater, das Familienoberhaupt der die Verantwortung für das Kind hat. Ich bin mal gespannt und warte auf den 10.01. Bettys Registrierung an der Schule werde ich am Montag machen. Ich habe jetzt Geburtsurkunde und Passfotos. Wie cool das ist! Freu mich so, wenn die beiden zur Schule gehen können. Endlich wieder ein normales Leben für die beiden – wobei sich Siwema sicherlich noch an die Normalität des Lebens eines Schulkindes gewöhnen muss.

Siwema mal wieder mit Geschenken.

In ihren neuen Klamotten.

Siwema + ich im Muhimbili.

Siwema mit Dr. Helga.

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Bilder von Mwanza:

Airport Mwanza.

Schwester Denise – die Managerin der Schule. Sie hat die Schule gegründet und aufgebaut.

Vor einem Klassenraum.

Die Schuhe der Kids.

Siwemas Vater (links) und der Großvater. Im Klassenraum.

Annelie – eine deutsche Praktikantin – und Siwema.

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Siwema.

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Blick auf den Victoria Lake vom Restaurant aus.

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Der Strand, wo ich in einer Hütte gewohnt habe.

The sun in my hand.

Auf den Spuren deutscher Historie in Ostafrika Im Oktober bekam ich Besuch aus Deutschland: Johannes kam mit seinem Vater. In den Taschen: neben abermals ganz vielen tollen Sachen aus Deutschland für mich (Schwarzbrot, Dosenfisch, Kosmetik ....) hatten sie den Plan, ein altes Schiff namens „Somali“ zu finden, auf dem Johannes’ Großvater während des ersten Weltkriegs entlang der Küste Tanzanias fuhr. Der Großvater kam nach Tanzania um auf diesem Schiff für die deutsche Handelsmarine zu arbeiten. Als der erste Weltkrieg von Europa auf die Kolonien übergriff, wurde die Somali in ein Kohleboot umgebaut, das dem eigentlichen Kriegsschiff „Königsberg“ als Kohlelieferant und Begleitschiff dienen sollte. Nachdem beide deutsche Schiffe anfänglich ganz gut die Gewässer um DSM verteidigen konnten, waren sie nach einiger Zeit aufgrund von Kohlemangel gezwungen, im Rufiji-Delta Deckung zu suchen. Irgendwann fanden die Briten heraus, dass beide Schiffe in dem vermeintlich unzugänglichen Delta sein mussten. Dort entdeckt, wurden beide deutsche Schiffe nach kurzer Zeit abgeschossen. Die MS Königsberg versank irgendwo im Grunde des Flusses und die Somali brannte am Flussufer aus. Die Somali sollte also noch irgendwo halbverrottet im Delta des Rufiji Rivers (ca. 200km südlich von DSM) am Ufer liegen. So weit so gut. Wir fanden sogar ein Bild von 2001 im Internet und die Angabe, es müsse irgendwo in der Nähe eines Ortes Salale liegen. Bevor sie kamen versuchte ich schon etwas Recherche zu betreiben. Irgendwann musste ich feststellen, dass meine Idee, das Auto 500m entfernt zu parken, dann etwas durch den Wald zu trotten, zum Schiff zu kommen, ein paar Bilder zu machen und dann wieder zu gehen, völlig unrealistisch war. Die erste Vorwarnung bekam ich von einem Deutschen, dessen Kontakt ich von einem anderen Deutschen hatte. Dieser sagte mir dann, dass er bereits 2003 eine Expedition zu dem Wrack machen wollte, aber leider kein Motorboot bekommen konnte und man bräuchte das dafür, denn die Einbaum-Boote der Fischerleute wären zu unsicher. Um ein Bild davon zu bekommen, wie die Gegend eigentlich so beschaffen ist, ging ich zum Ministry of Landuse and whatever, wo es einen Map Shop gibt. Dort kaufte ich mir eine Karte von dem Gebiet Salale. Die Karte wurde mit 3 Farben angefertigt (nach Farbanteilen): blau (sehr blau), weis (etwas, nicht viel), schwarz (nur Konturen). Erst dachte ich, das wäre eine Fehlproduktion. Nein, man erklärt mir, das wäre alles Sumpfgebiet und Mangrovenwälder. Aha. Darum also das Motorboot. Über einen sehr freundlichen Mann in der Nationalbibliothek und einen anderen bei dem Rufiji Bassin Whatever Project bekam ich die Nummer von Mjema aus Utete. Mjema seines Zeichens ist Social Welfare Officer im District Utete. Nachdem ich ihm die ganze Geschichte erzählte, sagte er, dass er mal schauen wollte, was er tun kann. Ich sollte am nächsten Tag noch einmal anrufen. Beim nächsten © KERSTIN KEIMLING

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Telefonat sagte er mir, dass sein Bruder im Mangroves Development Project in Kibiti, nahe dem Rufiji-Delta, arbeitet und auch für das Delta-Gebiet zuständig ist. Er könnte uns ein Motorboot mit Guide zur Verfügung stellen. Wow, ich war baff. Ein Anruf bei der richtigen Person und schon war alles organisiert. Wir fuhren dann an einem (wie üblich) sonnigen Donnerstag(?)morgen los gen Süden. Gegen 12.30 Uhr etwa trafen wir in Kibiti ein. Dort sprachen mir mit Yusuf, Mjemas Bruder. Nach einer etwa 30minütigen Einführung in die umfassenden Aufgaben des Projects (was ja auch interessant war, aber sicherlich auch in 10 Minuten gegangen wäre) zogen wir mit Mr. (schon wieder ein Name vergessen) und Michael (der Name ist zum Glück nicht allzu schwer) los, um zu einem Ort am Delta zum zu fahren, wo man mit einem Motorboot auf uns warten würde. Dort kamen wir so gegen 14 Uhr an. Und dann ging es auch direkt los mit dem Boot. Es war umwerfend! Die Landschaft dort ist atemberaubend. Wie Krombacher-BierWerbung nur in größer und viel schöner. Von Seiten des Tourismus völlig unerschlossen und einfach nur wunderschön. Die Arme des Flusses sind so breit, dass selbst der Rhein schon bei einem Arm einpacken kann. Nach etwa 45minütiger Bootsfahrt kamen wir dann bei dem Wrack an. Wow, unglaublich wenn man so ein Stück deutscher Geschichte halb versunken im Morast des Rufiji Rivers stecken sieht. Natürlich sind wir dann auch auf das Boot geklettert um alles zu erkunden, aber allzu viel war nicht mehr zu sehen – die Natur hat sich des Schiffes bemächtigt. Und wenn man dann an Deck steht und die Augen schließt, ist man fast wieder da, wo Johannes Großvater fast 90 Jahre zuvor einmal stand. Man sagte uns auch noch, dass wir Glück gehabt hätten und bei Ebbe kamen, bei Flut würde man das Wrack nämlich nicht sehen. Deshalb blieben wir auch auf dem Rückweg mit dem Motorboot stecken, aber mit vereinten Kräften ging es dann auch weiter. Ich hätte ehrlich gesagt etwa 4 Wochen nicht mehr dran geglaubt, dass wir es jemals zu dem Wrack schaffen. Mein persönlicher Ehrgeiz war zwar entsprechend hoch, aber als ich hörte dass dieser eine Mann auch mit seiner professionell geplanten Expedition keinen Erfolg hatte ... mein Gott, wie hätten wir dahin kommen sollen? Aber, mungoakipenda (if god wishes ... and he did), wir haben’s gefunden. Und dabei noch eine der schönstens Landschaften Tanzanias gesehen, wo eben nicht jeder so einfach hinkommt. Wir haben auf dem Rückweg noch einen Abstecher nach Salale gemacht, um eine Kisten mit Kleidung, Schulzeug und Spielsachen vorbei zu bringen. Etwas misstrauisch wurden wir im Dorf empfangen. Da merkte man, dass hier wohl nicht jeden Tag irgendwelche Weisnasen vorbeikommen und etwas zu verschenken haben. In 5 Minuten erklärte ich mit meinem gebrochen Kiswahili, wer wir sind, woher wir kommen und was wir hier machen. Nachdem ich meinen Monolog beendet hatte, fragte mich einer der Lehrer auf Englisch „And now, tell us, where do you come from and what are you doing here.“ – Ok, ich hab’s dann noch einmal auf Englisch erzählt, aber gemerkt dass mein Kiswahili doch noch um einiges verbesserungswürdig ist. Im Dorf hat man uns dann herumgeführt und die Schule gezeigt. Und wir sind dann aber relativ schnell wieder los, damit wir noch vor Einbruch der Dunkelheit am Auto ankommen. Zugegeben, ich einem Dorf wie diesen würde ich es wohl 24 Stunden aushalten, maximal. Danach würde ich den absoluten Inselkoller bekommen. Überlegt euch mal: euch geht’s übel, ihr habt irgendwas, müsst zum Doktor und um dahin zu kommen, muss erst einmal 4 Stunden – vielleicht noch bei Nacht – mit dem Boot durch so ein Flussdelta geschippert werden. Mh, dann lieber doch Großstadt für mich.

Johannes Vater mit Michael, unserem Guide.

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Das Schiffwrack – zum Glück war Ebbe, bei Flut gäb’s nix zu sehen.

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Auf dem Motorboot.

Die alte Schule in Salale – Tafel mit Zetteln an der Wand.

Im Dorf Salale.

Die Yusuf im Magroves Development Project von Kibiti.

Am Bug des Schiffs.

Safari njema! Wie übernachteten dann in Kibiti. Am nächsten morgen ging es dann auf zum Selous Game Reserve zur Safari. Die Fahrt dahin führte nur über rough road – 120 km in 4 Stunden. Suuuper! Wir kamen dann gegen 14 Uhr im Ndovu Camp – unserer Bleibe für die beiden nächsten Nächte – an. An dem Tag wurde dann nur noch gechilled. Am nächsten morgen ging es dann zu meiner ersten richtigen Safari. Mal abgesehen von den ganzen Tieren – von denen wir so fast alles gesehen haben – hat das OffroadFahren am meisten Spaß gemacht. Ich muss ja sagen, dass ich Antilopen, Zebras etc. als sehr seltene Tiere gesehen habe, aber wenn man in so einem Nationalpark ist, hat man schon das Gefühl, die sind wie Kaninchen auf deutschen Feldern. Wir haben den ganzen Tag nach Löwen gesucht, gegen 17 Uhr haben wir dann auch noch welche gefunden. Nicht beim Wild reißen, sondern beim faul rumdösen im Schatten. Daher kommt wohl das „pole pole“. Nachts waren dann wohl auch ein paar Tierchen an unserem zelt, Affen oder so. Wer/was auch immer da war – ich hab wieder mal nix mitbekommen. © KERSTIN KEIMLING

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Entspannt...

…im Busch.

Der Busch.

Platz für unser Lunch-Break.

Krokodil – Vorsicht bissig.

Elefanten gabs auch, diesmal sogar ein Foto.

Baby-Busch-Falscher-Hase.

Der Affe puhlt grad in Elefantenkot.

Die pole pole Löwen.

Die fast noch mehr pole pole Hippos. SEITE 11 VON 17

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Sonnenuntergang am Rufiji River.

Tende: The bush makes me crazy.

Daphne und die heißen Freunde Seit Mitte September haben wir sogar eine Katze zu Hause. Wie auch das Klavier hat Raphael die Katze von einem Klienten bekommen, der das Land verlassen hat. Tja, ich hoffe nicht, dass er sich jedes Mal was aufschwatzen lässt. Katze scheint sich bei uns ganz wohl zu fühlen. Es dauerte ein paar Wochen bis sich Katze in den Garten getraut hat, die Hunde sind wohl auch nicht ganz katzenfreundlich. Die ersten Male mussten wir sie auch immer wieder vom Baum runterholen – da saß sie manchmal 2 Tage auf dem Baum. Irgendwann merkten wir dann, dass sie das auch ganz gut alleine kann. Seitdem hat sich das ganze Verhältnis zwischen uns und Katze deutlich entspannt. Nur eines hat sie sich noch nicht abgewöhnt und das ist das Mitten-im-Weg-rumstehen. Das beherrscht sie perfekt und ist immer genau da, wo man gerade seinen nächsten Schritt hin machen will. Mittlerweile haben wir auch einen Namen für sie: Daphne. Die Idee kam von Raphael und ist ungefähr mindestens genauso bescheuert, wie die mit den Visitenkarten im Gefrierfach. Wirklich, er hat im Gefrierfach Visitenkarten. Irgendwann frage ich ihn mal, was das eigentlich soll und er sagte mir, dass wären Karten seine Partyfreunde. Die seinen too hot und müssen deshalb abgekühlt werden. Ich hab dann nix mehr gesagt. Jedenfalls heißt Katze Daphne, es nennt sie aber keiner so, eventuell mal ich. Meistens heißt sie bei mir aber Katze. Und Raphael nennt sie meistens gar nicht. Ich habe mich aber nach Daphne nicht mehr gewehrt, schließlich fiel mir auch nix besseres ein.

Raphael mit Katze auf der Couch.

Katze auf Sessel.

Neue Geschichten von meinem Auto Tja, dass ich mit meinem Auto so viel Spaß und Erlebnisse habe, hätte ich auch nicht gedacht. Da gab es auch so einige nette kleine Geschichten in den letzten Monaten. Irgendwann kam ich abends gegen 21.30 Uhr mit der Fähre vom South Beach (Kipepeo) und wollte nach Hause. Mal wieder – scheint ein Hobby von mir zu sein – bin ich eine Einbahnstrasse verkehrt herum rein gefahren. Auf einmal springt von links so ein Polizist (allgemeine Polizei die zum Bewachen einer Bank da war, keine Verkehrspolizei) in die Straßenmitte. Ich konnte gerade noch nach rechts ausweichen um ihn nicht anzufahren. Jedenfalls erklärte er mir als stoppte, das wäre eine Einbahnstraße und ich © KERSTIN KEIMLING

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wäre von der falschen Seite rein gefahren. Ich habe die ersten 30 sek. („Hello.“, „How are you?“) mit ihm auf Englisch gesprochen, bis ich auf Deutsch umgesprungen bin. Ich habe ihm dann immer auf Deutsch gesagt, dass ich ihn nicht verstehe und was er von mir wolle. Er fragte dann auf Englisch, welche Sprache ich sprechen würde und ob ich wüsste, was Englisch wäre. Ich sagte ihm abermals auf Deutsch, dass ich ihn nicht verstünde und nicht wüsste was Englisch ist, fragte ihn aber – natürlich in meiner Muttersprache – was er sprechen würde. Zwischendurch überlegte ich noch eine Pizza mit Doppelt-Käse zu ordern. Aber man soll ja nicht leichtsinnig werden. Nachdem der Polizist merkte, dass mit mir keine Kommunikation möglich war, zeigte er mir, dass ich wenden und dann links aus der Straße raus fahren solle. Das letzte Mal davor wurde ich auch nachts auf dem Weg zu einem Club angehalten, wie die Sache mit der Einbahnstraße. Da waren 3 Polizisten (natürlich keine Verkehrspolizisten, von denen wurde ich noch nie angehalten). Ich zahlte dann 5.000 TSH, das macht ein Bier für jeden. Dafür mussten die mir dann den Weg zum Club zeigen. Also kam ich dort an, die Polizisten – 2 mir so Maschinengewehren – stiegen aus. Ich suchte meinen Kram zusammen und stieg etwas später aus. Ein Maasai Askari fragte mich dann, ob ich für die UN arbeiten würde. Wegen meiner blauen Kennzeichen, sagte ich ja. Er meinte daraufhin, er würde mir nicht glauben, ich wäre schließlich mit der Polizei gekommen. Wo er Recht hat, hat er nun mal Recht! Vorletzte Woche bin ich 2x mit meinem Auto gegen etwas gefahren. Erst habe ich nachts beim Ausparken so einen Baum nicht gesehen (das war am Montagabend) und dann habe ich am Freitag vor dem Reisebüro einen Poller verbogen – wieder beim Ausparken. Lustig war das ganze vielleicht nicht, aber typisch. Als wir aus den Usambara-Bergen zurückkamen, gab ich am nächsten Tag dem Askari beim DED den Auftrag mein Auto von innen zu säubern. Als ich abends den Wagen anmachte ging die Klimaanlage an und es roch nach verwestem Tier. Da ich die AC während der Rückfahrt nicht anhatte, dachte ich dass da eine tote Ratte in der Klimaanlage wäre. Ich wäre nicht die erste, der so etwas passiert. Hab dann Eckhard angerufen und er hat die Wagen abholen lassen. Irgendwann nachmittags ruft er mich dann an, was das wohl mit der toten Ratte in der AC wäre. Ich solle das nächste Mal vielleicht das verwesende Fleisch aus dem Kofferraum nehmen. Ja, und da wusste ich dann auch woher das kam. Wir hatten unser Essen in die Berge selbst mitgenommen. Was übrig war, nahmen Mejah und ich zurück nach DSM. Als wir die Sachen aus dem Auto räumten muss wohl das Fleisch hinter das Ersatzrad gefallen sein. Tja, auf der Rechnung hat das Eckhard auch ausgewiesen: rotting pieces of meat removed. Mittlerweile ist mein Auto auch umgemeldet. es war wohl Ende Oktober, als das durch war. Nun gut, der Prozess dauerte ja auch fast 4 Monate. Ich habe jetzt anstatt einem Sticker auf der Frontscheide 3 kleben. Als ich die bekommen habe, war auch auf dem Sticker ein Fehler. Einmal war das Enddatum der Road Licence falsch geschrieben, dann auf einem anderen das Kennzeichen und auf dem 3. stimmte die Typenbezeichnung nicht. Aber wie schön das sich einiges selbst ändern lässt. Und der Rest? Ach egal, manchmal kann man eben nicht alles haben. Kulturschock zu Weihnachten Über Weihnachten habe ich Aswila und ihre Familie in Nairobi besucht. Ich bin mit Louis hingefahren, der aus Nairobi kommt und seine Freunde dort besucht hat. Auf der Fahrt haben wir Spielzeug und Kleidung an Kids verteilt. Das ist schon ein anderes Kinderbild, wenn man in der Mittagshitze die kleinen Maasai-Jungs 10 Kühe vor sich hertreiben sieht. Mit einem in Tanzania zugelassenen Fahrzeug nach Kenia zu fahren ist ja auch so ein Akt. Man muss das Auto in TZA abmelden, in Kenia anmelden, eine Versicherung abschließen etc. Naja, ob ich mit meinem Auto mal nach Kenia fahre bezweifle ich. Zumindest nicht allein. Hinter der Grenze sah auch alles schon wieder ganz anders aus. In TZA sind an der Straße immer so kleine Dörfer mit den Lehmhütten. Kenia sieht mehr entwickelt aus, sehr viel Industrie links und rechts der Landstraße. Das merkt man spätestens auch in Kenia im Supermarkt, sehr viele Produkte werden im Land produziert. In TZA leider nicht, das meiste wird importiert, obwohl es hier eigentlich viele Rohstoffe gibt. Nairobi sah auch schon ganz anders aus als Dar es Salaam. DSM wirkt sogar recht provinziell im Vergleich zu Nairobi. Wir trafen uns dann nach unserer Ankunft am Nachmittag des Heiligabend mit Aswila in einem Einkaufszentrum. Ich war erst mal völlig © KERSTIN KEIMLING

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TANZANIA NEWSLETTER #5

02.01.2006

überfordert. Am Bankautomaten von der Barclays bin ich dann in die Touristenfalle getappt. Das Menü an dem Automaten war wie in DSM an den Automaten. Also habe ich die gleichen Buttons gedrückt – die Macht der Gewohnheit. In DSM hebe ich immer die Höchstbetrag ab um Gebühren zu sparen, 400.000 TSH (Tansanische Shillings). In Nairobi war der Höchstbetrag 40.000 KSH (Kenian Shillings). Als ich den Betrag bestätigt hatte, drehte ich mich zu Louis um und fragte ihn, wie viel eigentlich 40.000 KSH sind? Er schaute mich an, als sei ich total verrückt. Er sagte ich solle bloß nicht so viel Geld abheben, das wären etwa 650$. Ich sagte dann, dass ich das aber jetzt bekommen würde. Woraufhin Louis mich dann wirklich für verrückt erklärte. Ungeahnter Reichtum – für 4 Tage. Naja, zurücktauschen lohnt sich nicht. Ich werde wohl noch ein paar Mal nach Kenia fahren müssen. Mombasa will ich ja auf jeden Fall noch sehen und nach Nairobi muss ich eventuell auch noch mal wegen der Jobsuche. Abends bin ich dann mit Aswila ausgegangen. Eine richtig nette Bar mit Namen „Cassablanca“ (Hey Jena, ich bleibe wohl immer irgendwie bei dem Namen hängen). Die Bar hätte locker auch in Paris, Barcelona oder Berlin sein können. Dort haben wir dann bis morgens um 3 getanzt und Weihnachten gefeiert. Das war echt gut. Am nächsten Tag habe ich dann ewig lange ausgeschlafen, bis halb eins mittags. Danach sind wir zum Village Market gefahren, was so mit Shops und Entertainment und Food Court eine kleine Ausgabe der OASE in Oberhausen ist. Mein Gott waren da viele Menschen. Und was es da alles zu Essen gab. Irgendwo war auch ein Stand wo es endlos viel Kuchen und Torten gab. Wow, als ich da nur so drauf gestarrt hab, meinte Aswila, ich solle nicht vergessen, dass wir die letzten Monate mehr oder weniger im Busch verbracht hätten. wenn ich DSM mit Nairobi vergleiche, hat sie auf jeden Fall Recht. Am Sonntagabend sind wir dann auf der Couch geblieben und haben die ganze Nacht DVD geschaut. Am nächsten Tag sind wir wieder ziemlich spät aufgestanden und danach gab es eine kleine Stadtrundfahrt. Das nächste Mal möchte ich in Nairobi mit Aswila in die Slums gehen. Dort gibt es kleines Projekt von einer deutschen Organisation im Bereich der Allgemeinmedizinversorgung in dem einen Slum. Das möchte ich mir gern mal anschauen. Abends gab es dann BBQ bei Aswilas Familie im Garten und später trafen wir dann noch Aswilas Cousin. Wir kamen gegen Mitternacht zurück und saßen dann noch bis 5 Uhr morgens auf der Couch und haben gequatscht. Am nächsten Morgen musste ich dann um 6.30 Uhr aufstehen, weil wir uns um 7.30 Uhr mit Louis treffen wollten, um die Rückreise nach DSM anzutreten. Aswilas Schwestern und Mutter entschuldigten sich bei mir, dass ich nicht so viel von Nairobi gesehen hätte. Aber ich war ganz froh so, das ganze Wochenende ziemlich entspannt zu verbringen. Irgendwie muss ich immer DSM verlassen, um mal ein Wochenende Ruhe zu haben und zu schlafen. Von wegen in DSM ist Busch! Als ich wegen Siwemas Schule in Mwanza war, bin ich auch am Samstagabend um 9 ins Bett gegangen. Da war auch nicht mehr viel mit mir anzufangen.

Tanzanias Norden ist völlig ausgetrocknet.

© KERSTIN KEIMLING

Kühe überqueren die Straße.

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TANZANIA NEWSLETTER #5

Kenia: Industrieanlagen am Straßenrand.

Der ehemals höchste Tower Nairobis.

Ich mit Aswilas Nichte.

Im Village Market.

© KERSTIN KEIMLING

02.01.2006

Bei der Einfahrt in Nairobi. Wahrscheinlich werden die in den Sudan fahren.

Mit stetem Blick durch Gitter und Zäune komme ich irgendwie immer noch nicht so klar.

Aswila und ich.

Im Village Market.

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TANZANIA NEWSLETTER #5

02.01.2006

In Downtown Nairobi.

Diese Moshee wurde wohl von Sadolin Colours gesponsort.

Ein Schild am Tor eines Nachbarhauses von Aswila.

Wie geht’s weiter? Beantwortung der FAQs! Ich habe von vielen die Frage gestellt bekommen, wie lange ich eigentlich noch in TZA bleibe. Im Moment weiß ich das gar nicht so genau. Mein Vertrag mit dem DED endet im März. Ich würde allerdings gern noch etwas in TZA bleiben. Deshalb habe ich jetzt einige Gespräche bezüglich Jobs geführt. Ist aber gar nicht so einfach. Zumal die Bezahlung meist nicht der Hammer ist. Es gibt einige ganz gut bezahlte Jobs, aber wenn sie nicht das suchen, was man kann, dann bringt das auch nichts. Ich bin grad dabei ein paar Kontakte in Kenia zu bekommen. Eventuell Nairobi, was auch ganz cool wäre. Allerdings ist die Sicherheitslage in Nairobi nicht annähernd so entspannt wie in DSM, was hier ein eindeutiger Standortvorteil ist. Ansonsten schaue ich mich gerade weltweit nach Jobs um, mal schauen. Nach Deutschland zurück – mit dem Gedanken tue ich mich ziemlich schwer. Ich bewerbe mich zurzeit maßgeblich in der freien Wirtschaft im Marketing – Werbeagenturen etc. (hallo Argonauten!). Ich muss zugeben, dass ich von meinem Idealismus etwas zurücktreten musste und von der ganzen Idee der Entwicklungszusammenarbeit

(EZ)

etwas

desillusioniert

bin.

Das

Thema

EZ

ist

im

Moment

eines

meiner

Lieblingsdiskussionsthemen. Ob das alles so richtig ist, was wir hier tun? Na ja, auf den Fall ist erschreckend wie viel von der geleisteten Hilfe irgendwo versackt, verschiedenste Parteien an der Not der Menschen verdienen, arm ärmer wird und reich reicher. Ich meine, wenn man einige Zeit in der freien Wirtschaft gearbeitet hat und dann weiß, dass z.B. die Deutschen seit etwa 40 Jahren EZ in TZA betreiben, und man letztlich sieht auf welchem Entwicklungsstand TZA, dann frage ich mich, was da eigentlich die letzten Jahre gemacht wurde. Im Norden Kenias kommt es wohl bald zu einer Hungerskatastrophe. Bereits sind zig Menschen gestorben. Das Land ist im Moment sehr trocken, die Ernten schlecht. In Nairobi habe ich in der Zeitung gelesen, dass die Kenianer aufgefordert wurden, zu spenden. So eine Hungersnot kommt aber nicht von einem Tag auf den anderen. Und wenn ich mir anschaue wie viele Hilfsorganisationen in Kenias Norden sind, dann frage ich mich, warum das Thema erst publik wird, wenn es bereits zu spät ist. Na ja, jetzt kann die UN zumindest wieder ein paar Säcke Reis aus Amerika abwerfen und sagen „Schaut, was wir getan haben.“ Wie ihr seht bin ich von der EZ nicht mehr so ganz überzeugt. Ich muss jetzt einfach mal schauen, wie es beruflich für mich weitergeht. Ich habe jedenfalls gemerkt, dass ich mit „Projekten“ wie mit den Kids letztlich mehr erreiche als mit dem ganzen EZ-Kram. © KERSTIN KEIMLING

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TANZANIA NEWSLETTER #5

02.01.2006

Meine Stelle beim DED wird nicht verlängert, meine Aktivitäten sollen vom Office-Staff in DSM übernommen werden. Wie das funktionieren soll, weiß ich auch nicht, aber das ist ja dann nicht mehr mein Problem. Darüber hinaus ist mein Engagement wohl nicht so ganz beim DED angekommen, mein oberster Chef hier hatte mal von „übersteigertem Aktionismus“ gesprochen. Ok, denke ich mir jetzt: ich nehme mich etwas in meinem Aktivitätendrang zurück, mache meine Pflichtprojekte fertig und sehe zu, dass ich mich um einen Job kümmere. Soweit der Ausblick. Bin mal gespannt wie es weitergeht. Ob ich also in der EZ bleibe ist fraglich, wir werden sehen. Drückt mir die Daumen, dass sich hier ein Job finden lässt, der dann auch noch halbwegs anständig bezählt wird. Und noch ein paar Bilder von DSM:

Einer der best views über DSM – von einem Parkhaus aus auf den Hafen blicken.

© KERSTIN KEIMLING

Die St. Joseph Church – glaube ich von Deutschen gebaut.

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