Kapitel Grundlagen 1

1 Kapitel Grundlagen 8 1 | Grundlagen Kapitel 1 Grundlagen Notizen 1.1 Maschinenachsen Die Bewegungsachsen von numerisch gesteuerten Maschinen s...
Author: Liese Kästner
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1 Kapitel Grundlagen

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Kapitel 1

Grundlagen Notizen

1.1 Maschinenachsen Die Bewegungsachsen von numerisch gesteuerten Maschinen sind nach DIN 66217 bzw. ISO 841 in einem rechtwinkligen Koordinatensystem festgelegt. Dieses System bezieht sich auf das eingespannte Werkstück. Die Achsen einer Werkzeugmaschine werden in lineare und rotatorische Achsen unterteilt.

1.2 Lineare Achsen Die drei linearen Hauptachsen werden mit X, Y und Z bezeichnet.

1.3 Rotatorische Achsen Jeder Linearachse ist eine Rundachse zugeordnet: • A (Rundachse zur Linearachse X) • B (Rundachse zur Linearachse Y) • C (Rundachse zur Linearachse Z) Zur einfachen Darstellung des Koordinatensystems kann die „Rechte-HandRegel“ herangezogen werden: Steht man vor der Maschine, so zeigt der Mittelfinger der rechten Hand gegen die Zustellrichtung der Hauptspindel. Dann bezeichnet:

+Z +Y

• der Daumen die Richtung +X • der Zeigefinger die Richtung +Y • der Mittelfinger die Richtung +Z

+X

Notizen

1.4 Bearbeitungsebenen

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Jeweils zwei Koordinatenachsen legen eine Arbeitsebene fest. Die dritte Koordinatenachse (Werkzeugachse) steht jeweils senkrecht auf dieser Ebene und bestimmt die Zustellrichtung des Werkzeugs.

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G19 Beim Programmieren ist es erforderlich, der Steuerung mitzuteilen, in welcher Arbeitsebene gearbeitet wird, damit z.B. Werkzeugkorrekturwerte richtig verrechnet werden. Ebene

Werkzeugachse

G-Code

X/Y

Z

G17

Z/X

Y

G18

Y/Z

X

G19

1.5 Punkte im Arbeitsraum

Maschinennullpunkt Der Maschinennullpunkt M ist ein fester Punkt der Werkzeugmaschine, auf den sich alle (abgeleiteten) Messsysteme zurückführen lassen. Er ist damit der Ausgangspunkt für alle weiteren Koordinatensysteme. Siehe auch die Dokumentation des Maschinenherstellers.

Werkstücknullpunkt Der Werkstücknullpunkt W bildet den Ausgangspunkt für das Werkstückkoordinatensystem. Er ist durch Abstände zum Maschinennullpunkt definiert. Er kann frei gewählt werden und sollte dort angeordnet sein, von wo in der Zeichnung die meisten Maße ausgehen.

G18

G17

-Y Y

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+Z

+X

Maschinenreferenzpunkt Der Maschinenreferenzpunkt R ist ein Punkt der Werkzeugmaschine, auf den sich das Messsystem der Maschinenachsen bezieht. Die Lage des Referenzpunktes wird vom Maschinenhersteller festgelegt. Beim Anfahren des Referenzpunktes wird die Positionsanzeige der Steuerung mit dem Maschinenkoordinatensystem abgeglichen. Weitere Punkte an einer Fräsmaschine

XMW

YMW

ZMW

XPF

ZPF

XMF

ZMF

ZMR

ZMR

Entspricht dem Abstand vom Maschinennullpunkt zum Werkstücknullpunkt. Der Werkstücknullpunkt muss vom Bediener durch Ankratzen oder -tasten ermittelt und in die Korrekturspeicher eingetragen werden. Abstände vom Werkzeugträgerbezugspunkt zum Werkzeugpunkt an der Werkzeugschneide bzw. an der Stirnfläche des Fräsers. Abstände vom Maschinennullpunkt zum Werkzeugträgerbezugspunkt. Der Abstand wird vom Hersteller ermittelt und in der Steuerung eingetragen.

XMR XMW

YMR

YMR

Abstände vom Referenzpunkt zum Maschinennullpunkt. Diese werden vom Hersteller bei der Inbetriebnahme eingestellt und werden nach dem Überfahren des Referenzpunktes an die Steuerung übergeben.

ZPF

XMR

ZMW

Notizen

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YMW

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Um eine gewünschte Werkstückkontur direkt programmieren zu können, muss die Steuerung unter Berücksichtigung des Radius des eingesetzten Werkzeuges eine äquidistante Bahn zur programmierten Kontur verfahren. Hierzu wird die programmierte Werkzeugmittelpunktsbahn, abhängig vom Werkzeugradius und von der Bewegungsrichtung, so verschoben, dass die Werkzeugschneide exakt an der gewünschten Kontur entlang fährt. Die Aktivierung der Werkzeugradiuskorrektur erfolgt über G41/G42.

1.7 Längenkorrektur Mit dem Längenkorrekturwert werden die Längenunterschiede zwischen den eingesetzten Werkzeugen ausgeglichen. Als Werkzeuglänge gilt der Abstand zwischen Werkzeugträgerbezugspunkt und Werkzeugspitze. Die vermessene Länge wird in die Werkzeugliste eingegeben. Hieraus und aus den Verschleißwerten errechnet die Steuerung die Verfahrbewegungen in der Zustellrichtung.

1.8 Koordinatensysteme 1.8.1 Polarkoordinaten Das rechtwinklige Koordinatensystem wird genutzt, wenn die Fertigungszeichnung rechtwinklig bemaßt ist. Bei Werkstücken, die mit Kreisbögen oder Winkelangaben vermaßt sind, ist es sinnvoller, Positionen mit Polarkoordinaten festzulegen. Dies ist möglich, wenn eine Gerade oder ein Kreis programmiert wird. Polarkoordinaten haben ihren Nullpunkt im „Pol“.

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1.6 Werkzeugradiuskorrektur

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Notizen

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Beispiel Die Punkte P1 und P2 könnte man dann – bezogen auf den Pol – über den jeweiligen Radius und den entsprechenden Winkel beschreiben: P1: Radius = 100 / Winkel = 30° P2: Radius = 60 / Winkel = 75°

1.8.2 Kartesische Koordinaten Absolutmaß (G90) Beim Absolutmaß beziehen sich alle Positionsangaben immer auf den gerade gültigen Nullpunkt. Im Hinblick auf die Werkzeugbewegung bedeutet das, die Absolutmaßangabe beschreibt die Position, auf die das Werkzeug fahren soll.

Beispiel Die Positionsangaben für die Punkte P1 bis P3 im Absolutmaß lauten bezogen auf den Nullpunkt: P1: X20 Y35 P2: X50 Y60 P3: X70 Y20

Für Fertigungszeichnungen, bei denen sich die Maße nicht auf den Werkstücknullpunkt, sondern auf einen anderen Werkstückpunkt beziehen, gibt es die Möglichkeit der Inkrementalmaßeingabe (Kettenmaß). Bei der Inkrementalmaßeingabe bezieht sich eine Positionsangabe auf den jeweils vorher programmierten Punkt.

Beispiel Die Positionsangaben für die Punkte P1 bis P3 im Kettenmaß lauten: P1: X20 Y35;

(bezogen auf den Nullpunkt) P2: X30 Y25; (bezogen auf P1) P3: X20 Y-40; (bezogen auf P2)

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Inkrementalmaß (G91)

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Notizen

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1.9 Einführung Schwenkzyklus Der Schwenkzyklus ist eine statische Ebenentransformation, mit der unter Zuhilfenahme einer 5-Achsmaschine (z.B. mit Schwenkkopf oder Schwenktisch) eine schräge Ebene im Raum definiert werden kann. In dieser Ebene kann dann eine 2Doder 3D-Bearbeitung programmiert werden. Man spricht hier auch von 3+2-Achsen-Positionieren. Das bedeutet im Klartext, dass die beteiligten Rundachsen in der Transformation nur positioniert werden, während die Linearachsen bei der Bearbeitung verfahren. Durch den Zyklus werden durch Aufruf der entsprechenden NC-Funktion die aktiven Werkstücknullpunkte (z.B. G54) und Werkzeugkorrekturen unter Berücksichtigung der Maschinenkinematik auf die schräge Bearbeitungsebene umgerechnet und die physikalischen Rundachsen (wahlweise) positioniert. Dabei können Sie die Schwenkachsen der Maschine (A,B,C) programmieren oder die Drehung um die Geometrieachsen (X,Y,Z) des aktiven Werkstück-Koordinatensystems angeben. Die Drehung des Koordinatensystems oder die Schwenkwinkel im Programm werden dann automatisch bei der Bearbeitung des Werkstücks in die Drehung der jeweiligen Schwenkachsen (tatsächlichen Rundachsen) der Maschine umgerechnet, dabei wird auch der zuvor gesetzte Nullpunkt automatisch auf die neue Bearbeitungsebene umgerechnet. Die danach programmierten

Die Schwenkachsen werden dabei immer so eingedreht, dass die Bearbeitungsebene senkrecht zur Werkzeugachse liegt. Während der Bearbeitung steht die Bearbeitungsebene dann fest.

1.10 Anwendungsbereiche des Schwenkzyklus 1.10.1 Bearbeitungen auf schrägen Flächen 2D-3D-Bearbeitungen von beliebigen Geometrien auf einer schrägen Ebene, dabei muss die Werkzeugorientierung veränderbar sein (dieses Beispiel zeigt eine Drehung der B-Achse). Das Werkzeug wird hierbei durch Positionieren der Rundachse senkrecht auf die Bearbeitungsfläche in der XY-Ebene ausgerichtet. Die darauf folgende Bearbeitung erfolgt dann in dieser Ebene.

1.10.2 Fräsen von Freiformflächen mit angestelltem Werkzeug Hier ist der Fräser zur Bearbeitungsfläche angestellt, um optimale Schnittbedingungen zu erzielen. Dabei ist oft mehrfaches Anstellen in verschiedenen Werkzeugorientierungen erforderlich, um eine Freiformfläche vollständig zu bearbeiten.

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Grundlagen

Verfahrbewegungen der Linearachsen beziehen sich dann auf diese Bearbeitungsebenen.

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Notizen

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1.10.3 Voraussetzung Es werden zusätzlich zu den Linearachsen X, Y, Z eine Kombination von zwei der Rundachsen A, B, C benötigt. Diese beiden Bearbeitungsvarianten sind auch unter dem Begriff 3+2-Achsen-Positionieren bekannt. Beim Drehen des Koordinatensystems um die Geometrieachsen bezieht man sich immer auf die DIN/ISO-Norm (rechte Hand Regel).

1.11 Aufbau von 5-AchsFräsmaschinen Eine 5-Achs-Fräsmaschine kann Werkzeugbewegungen in 5 Achsen steuern. Das sind die 3 bekannten Linearachsen X, Y, Z und zusätzlich 2 Rundachsen. Für beide Rundachsen gibt es unterschiedliche Kinematiklösungen, die in einer kinematischen Kette verknüpft und in einem Schwenkdatensatz definiert werden. Die gebräuchlichsten Kinematiklösungen stellen wir schematisch vor. Für verschiedene Anforderungen entwickeln die Hersteller von Werkzeugmaschinen immer wieder neue Kinematiklösungen. Mit der 840D sl SINUMERIK Operate sind wir in der Lage, aufgrund der integrierten kinematischen Transformation auch Sonderkinematiken zu steuern. Dennoch wollen wir auf Sonderfälle wie Hexapoden o. Ä. hier nicht näher eingehen.

Notizen 01

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Position Lage der Rundachsen

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kinematische Lösung

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2 Rundachsen im Kopf

Drehbarer Gabelkopf

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2 Rundachsen im Kopf

Kardanischer Kopf

03

1 Rundachse im Kopf 1 Rundachse im Tisch

Rundtisch und Gabelkopf

04

2 Rundachsen im Tisch

Kardanischer Rundtisch

05

2 Rundachsen im Tisch

Schwenkbarer Rundtisch

Wenn eine Drehachse nicht senkrecht auf einer Linearachse steht, spricht man von einer kardanischen Achse.

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Notizen

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1.12 Kinematikvarianten in der SINUMERIK Operate Die 840D sl SINUMERIK Operate bietet für die gängigsten 5-AchsMaschinenkonfigurationen eine kinematische Lösung an. Die Maschinenkinematik für jede dieser Maschinen wird in einem Schwenkdatensatz festgelegt. Die folgenden Bilder zeigen die Einbindung des Schwenkzyklus in das 840D sl SINUMERIK Operate System für die gängigsten 5-AchsMaschinenkinematiken.

Die Standardkonfiguration beim PC-Programmierarbeitsplatz ist der Schwenktisch mit A- und CAchse.

Schwenktisch Kinematiktyp P (Part) (Tisch + Tisch)

Schwenken Ebene im Bedienbereich Programm ShopMill

Kardanischer Tisch 45° Kinematiktyp P (Part) (Tisch + Tisch)

Schwenken Ebene im Bedienbereich Programm ShopMill

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Gabelkopf + Rundtisch Kinematiktyp M (Mixed) (Tisch + Tisch)

Schwenken Ebene im Bedienbereich Programm ShopMill

Kardanischer Kopf 45° Kinematiktyp T (Tool) (Kopf + Kopf)

Schwenken Ebene im Bedienbereich Programm ShopMill

Gabelkopf Kinematiktyp T (Tool) (Kopf + Kopf)

Schwenken Ebene im Bedienbereich Programm ShopMill