Kapitel 5 (Ebene autonome Systeme) Abschnitt 5.1 (Reduktion auf skalare Di.gleichungen)

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Author: Michael Hauer
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Abschnitt 5.1 (Reduktion auf skalare Differenzialgleichungen)

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Kapitel 5 (Ebene autonome Systeme) Abschnitt 5.1 (Reduktion auf skalare Di.gleichungen) Aufgabe 1 , Seite 190 Das gegebene System besitzt oensichtlich genau eine Ruhelage, nämlich (0 , 0). Alle anderen Trajektorien lassen sich (vgl. Satz 5.1.1) anhand der beiden skalaren Differenzialgleichungen

dy y + x2 y = − = − − x bzw. dx x x

dx x = − dy y + x2

(1)

berechnen. Die erste Gleichung ist linear (also lösbar), und der zweiten sieht man sofort an, dass sie (für y 6= 0) die triviale Lösung besitzt. Insbesondere sind also die beiden y -Halbachsen der (x, y)-Ebene Trajektorien des gegebenen Systems. Um die Trajektorien in den beiden Halbebenen x < 0 bzw. x > 0 zu bestimmen, berechnen wir die allgemeine Lösung der ersten Gleichung in (1). Nach der Übersicht auf Seite 160 des Buches hat sie für ξ > 0 die Form Z x ξ2 ξ η x2 λ(x ; ξ, η) = η eln ξ−ln x − − + , [s eln s−ln x ] ds = x 3 3x ξ und für ξ < 0 hat man in dieser Beziehung x durch −x zu ersetzen. Die Abbildung L.7 zeigt die Gesamtheit der Trajektorien des gegebenen Systems, deren Orientierungen unmittelbar der rechten Seite des Systems zu entnehmen sind.

Alternativ kann man die erste Gleichung in (1) auch in der impliziten Form

y 0 x + y + x2 = 0 untersuchen. Wie im Beispiel 4.1.3 gezeigt, ist diese Differenzialgleichung exakt, und S(x, y) = xy + x3 /3 ist eine Stammfunktion. Durch Auflösen der Gleichung S(x, y) = S(ξ, η) nach y erhält man ebenfalls die zur Erstellung des Phasenporträts benötigte allgemeine Lösung λ(x; ξ, η).

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Aufgabe 3 , Seite 191 In Fortsetzung der Analyse des Beispiel 5.1.12 stellen wir die Funktion

F (x, y) := α ln |y| − β y + γ ln |x| − δ x , die bekanntlich ein erstes Integral des betrachteten Systems in den vier oenen Quadranten ist, zunächst im zweiten Quadranten (−∞, 0) × (0, ∞) wie folgt dar:

F (x, y) = p(x) + q(y) mit p(x) := γ ln(−x) − δ x , q(y) := α ln y − β y . Die Funktion p(x) ist streng monoton fallend, während q(y) an der Stelle α/β ein globales Maximum Mq besitzt (siehe Abbildung L.8).

Abb. L.8

Graphen von p(x) und q(y)

Da die zu bestimmenden Trajektorien den Gleichungen F (x, y) = c für die verschiedenen Niveaus c ∈ R genügen (vgl. Satz 5.1.8), suchen wir für jedes c ∈ R die Koordinaten der Punkte (x, y) ∈ (−∞, 0) × (0, ∞), die der Gleichung p(x) + q(y) = c genügen. Zunächst ist klar (siehe Abbildung L.8), dass es zu jedem c ∈ R und jedem y¯ > 0 genau ein x < 0 gibt mit q(¯ y ) + p(x) = c, nämlich x = p−1 (c−q(¯ y )) (siehe auch Abbildung L.9). Andererseits gibt es zu jedem c ∈ R

Abb. L.9 Phasenporträt des Systems x˙ = x (α − βy) , y˙ = y (δx − γ)

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eine eindeutig bestimmte x-Koordinate xc < 0, und zwar xc := p−1 (c − Mq ), sodass die Gleichung p(xc )+q(y) = c genau eine Lösung y besitzt, nämlich y = α/β (siehe Abbildung L.9). Für die x < xc dagegen gibt es genau zwei y -Koordinaten mit p(x) + q(y) = c, während es für die x ∈ (xc , 0) kein solches y gibt. Diese Überlegungen zusammen genommen zeigen, dass das gesuchte Phasenporträt im zweiten Quadranten die in der Abbildung L.9 gezeigte Form hat. Die Analyse im vierten Quadranten erfolgt mit vertauschten Rollen von x und y . Im dritten Quadranten dagegen haben die Funktionen pe(x) := γ ln(−x) − δ x und qe(y) := α ln(−y) − β y , aus denen sich F (x, y) additiv zusammensetzt, die in der Abbildung L.8 links gezeigte streng monotone Form. Ist daher ein beliebiges c ∈ R gegeben, so gibt es zu jedem x < 0 genau ein y < 0 mit F (x, y) = c, und zu jedem y < 0 genau ein x < 0 mit F (x, y) = c. Die Trajektorien im dritten Quadranten haben daher die in der Abb. L.9 gezeigte hyperbelförmige Gestalt. Die Richtungen der Pfeile auf den Trajektorien ergeben sich wieder unmittelbar aus der rechten Seite des betrachteten Systems.

Aufgabe 5 , Seite 191 Das zur gegebenen Gleichung gehörige zweidimensionale System hat die Form

x˙ = y ,

y˙ = y 2 − sin x .

2



(2)

(a) Die Gleichungen y = 0 bzw. y − sin x = 0 (d. h. y = ± sin x ) beschreiben Isoklinen in Form von Geradenstücken bzw. Halbellipsen (ohne welche zu sein). Die Abbildung L.10 zeigt diese Isoklinen  und damit die Monotoniebereiche  sowie das Richtungsfeld des Systems (2) in einem repräsentativen Bildausschnitt.

Abb. L.10 Isoklinen, Monotoniebereiche, Richtungsfeld des Systems x˙ = y, y˙ = y2 − sin x ∂ ∂ (b) Da das System (2) wegen ∂x [y ] + ∂y [ y 2 − sin x ] = 2y die Integrabilitätsbedingung nicht erfüllt und daher keine Hamilton-Funktion besitzt, versuchen wir ein erstes Integral (gemäÿ Satz 5.1.11) zu berechnen. Hierzu benötigen wir einen integrierenden Faktor für die Differenzialgleichung

y 0 y − y 2 + sin x = 0 .

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Da es sich hierbei um eine implizite Darstellung der Bernoulli'schen Differenzialgleichung y 0 = y − (sin x)/x handelt, und wir hierfür (vgl. Beispiel 4.2.2) einen integrierenden Faktor kennen, nämlich y e−2x , reduziert sich die Suche nach einem ersten Integral für das System (2) auf die Bestimmung einer Stammfunktion für die exakte Differenzialgleichung

y 0 y e−2x + [ sin x − y 2 ] e−2x = 0 . Für die bei (0, 0) verschwindende Stammfunktion erhält man (gemäÿ Satz 4.1.6) Z x Z y −2ξ sin ξ e η e−2x dη S0 (x, y) := dξ + 0

h y2

0

cos x 2 sin x i 1 = e−2x − − + . 2 5 5 5 £ ¤ Folglich ist neben S0 (x, y) z. B. auch F (x, y) := e−2x 5 y 2 − 2 cos x − 4 sin x + 2 ein erstes Integral für das System (2). (c) Das Phasenporträt von (2) kann man mit Hilfe des ersten Integrals F (x, y) (gemäÿ Satz 5.1.8) bestimmen, indem man die Gleichungen F (x, y) = c für verschiedene Werte von c ∈ R nach y auflöst, oder indem man durch jeden Punkt (ξ, η) ∈ R2 die Trajektorie durch Auflösung der Gleichung F (x, y) = F (ξ, η) nach y berechnet. Da diese Vorgehensweise in jedem Fall aber mit einigem Rechnen  und zudem Fallunterscheidungen  verbunden ist, wählen wir einen anderen Weg. Wir betrachten die (gemäÿ Satz 5.1.1) zum System (2) gehörige skalare Differenzialgleichung dy sin x = y− dx y und nutzen aus, dass diese bis auf die Transformation t 7→ t + π mit der Bernoulli'schen Differenzialgleichung (4.33) des Beispiels 4.2.2 identisch ist. Die Abbildung 4.7 auf Seite 157 des Buches lässt sich daher zur Erstellung des gesuchten Phasenporträts heranziehen.

Abb. L.11 Phasenporträt des Systems x˙ = y , y˙ = y2 − sin x

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Abschnitt 5.2 (Systeme in Polarkoordinaten)

Abschnitt 5.2 (Systeme in Polarkoordinaten) Aufgabe 1 , Seite 196 Zur Bestimmung der allgemeinen Lösung gehen wir wie im Beispiel 5.2.3 vor. In Polarkoordinaten hat das gegebene System (nach Satz 5.2.1) die Form

r˙ = α r − r3 ,

φ˙ = 1 ,

(3)

besteht also aus zwei voneinander unabhängigen Gleichungen. Bezeichnen wir die zur Anfangsbedingung (r(0), φ(0)) = (r0 , φ0 ) ∈ (0, ∞) × R gehörige Lösung von (3) mit (µ1 (t), µ2 (t)), so gilt oensichtlich µ2 (t) = t + φ0 . Zur Bestimmung von µ1 (t) müssen wir drei Fälle unterscheiden, wobei wir jedes Mal mittels Trennung der Veränderlichen und Partialbruchzerlegung vorgehen. Wir erhalten  √ r0 −α     p(r2 − α) e−2αt − r2 , falls α < 0 ,   0 0    r0 p , falls α = 0 , µ1 (t) = 2 r02 t + 1    √    r0 α   p , falls α > 0 .  (α − r02 ) e−2αt + r02 Unter Verwendung der Beziehungen ξ = r0 cos φ0 , η = r0 sin φ0 und der Additionstheoreme für Sinus und Cosinus erhalten wir (gemäÿ Satz 5.2.1) die allgemeine Lösung ϕ(t; ξ, η) des gegebenen Systems in kartesischen Koordinaten. Mit der Abkürzung r02 an Stelle von ξ 2 + η 2 hat sie die Form √  ³ ´ −α   p ξ cos t − η sin t , ξ sin t + η cos t , falls α < 0 ,   (r2 − α) e−2αt − r2   0 0   ³ ´  1 p ξ cos t − η sin t , ξ sin t + η cos t , falls α = 0 ,  2 r02 t + 1    √  ³ ´  α   ξ cos t − η sin t , ξ sin t + η cos t , falls α > 0 .  p (α − r02 ) e−2αt + r02 Um das Phasenporträt des betrachteten Systems zu diskutieren, sind Polarkoordinaten besser geeignet als kartesische. Zum einen erkennt man sofort, dass die Trajektorien den Punkt (0 , 0) mit konstanter Winkelgeschwindigkeit im Gegenuhrzeigersinn umrunden. Zum anderen sieht man der Funktion µ1 (t) an, dass sie sowohl für jedes α < 0 als auch für α = 0 streng monoton fällt und für t → ∞ gegen 0 konvergiert. Folglich sind in diesen Fällen alle Trajektorien Spiralen, die im Gegenuhrzeigersinn auf den Koordinatenursprung zulaufen. Im Fall α > 0 ist √ Das erkennt der Kreis mit Mittelpunkt (0, 0) und Radius α eine Trajektorie. √ man sowohl an der Gleichung (3) (wegen r˙ = 0 für r = α) als auch an der expliziten Darstellung von µ1 (t). Innerhalb dieses Kreises spiralen die Trajektorien gegen den Nullpunkt, auÿerhalb gegen den Kreis.

Abschnitt 5.2 (Systeme in Polarkoordinaten)

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Aufgabe 3 , Seite 196 In Polarkoordinaten hat das gegebene System die Form

r˙ = − r ,

φ˙ = r2 − 1 ,

(4)

der man sofort ansieht, dass jede (nichttriviale) Lösung (wegen r(t) ˙ < 0) streng monoton fällt. Die Winkelkoordinate φ(t) ist auÿerhalb des Einheitskreises (we˙ ˙ gen φ(t) > 0 für r(t) > 1) streng monoton wachsend, innerhalb (wegen φ(t)