Kapitel 4. Steuerungstheorie. Automatisierungstechnik in der Wasserwirtschaft

Kapitel 4 Steuerungstheorie Peter-Wolfgang Gräber Automatisierungstechnik in der Wasserwirtschaft In diesem Abschnitt soll die Einbindung der Aus...
Author: Sara Simen
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Kapitel 4

Steuerungstheorie

Peter-Wolfgang Gräber

Automatisierungstechnik in der Wasserwirtschaft

In diesem Abschnitt soll die Einbindung der Aussagen der vorhergehenden Abschnitte, der Signaldarstellung und der Übertragungsglieder, in den zu beeinflussenden technologischen bzw. technischen Prozess dargestellt werden. Als Hauptaufgaben der Steuerung sind die

• Prozessüberwachung und -sicherung • Prozessstabilisierung • Prozessführung • Prozessoptimierung

zu sehen. Diese Aufgaben werden durch die Vorgänge Messen, Stellen und Steuern gelöst. Unter Messen soll die Informationsgewinnung, -vorverarbeitung, -übertragung und die Darstellung von Signalen und Informationen verstanden werden. Diese Problematik wird vor allem im Abschnitt 2.1 Messtechnik weiter behandelt. Das Stellen ist in der Automatisierungstechnik die zielgerichtete Beeinflussung von Prozessen durch Eingriffe in den Energie- und Massenstrom oder in den Informationsfluss. Diese Eingriffe werden auf Grund von Informationen manuell oder automatisch ausgeführt. Stelleingriffe sind erforderlich, um den Energie- oder Massenstrom im Sinne der Aufgabenstellung zu beeinflussen. Stelleinrichtungen werden vorwiegend mit einem energiearmen Eingangssignal angesteuert, sind aber meist in der Lage, große Kräfte und Leistungen zu erzeugen und dadurch erhebliche Energie- und Masseströme zu stellen. Wassertechnische Stelleinrichtungen sind z.B. Drosselklappen, Ventile, Schieber, Pumpen, Verdichter und Förderbänder. Unter Steuern wird die zielgerichtete Erfüllung von Aufgaben zur Prozessstabilisierung, -führung und -optimierung verstanden. Steuern ist ein Vorgang, bei dem eine oder mehrere Größen (Eingangsgrößen) andere Größen (Ausgangsgrößen) auf Grund der dem Steuerungssystem zugeordneten Gesetzmäßigkeiten beeinflussen. Im Allgemeinen wird die Steuerung in die offene Steuerung, (als Steuerung oder als Vorwärtssteuerung bezeichnet), und in die geschlossene Steuerung, (als Regelung oder als Steuerung mit Rückführung bezeichnet), eingeteilt. Automatisierungstechnik in der Wasserwirtschaft

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4.1. S TEUERUNG UND R EGELUNG

4.1 Steuerung und Regelung 4.1.1 Steuerung Bei der Steuerung (siehe Abbildung 4.1 (a)) liegt zwischen der Zielgröße x und der Stellbzw. Steuergröße y kein geschlossener Wirkungsablauf (offene Wirkungskette) vor. Das Prinzip funktioniert nur so lange automatisch, wie keine Störungen z vorliegen. Sind die Störungen messbar, so können sie u.U. im Steuerungsalgorithmus berücksichtigt werden. Die Vorteile der Steuerung bestehen darin, dass: • das Verhalten offener Wirkungsabläufe einfach zu überschauen ist • sofort und unmittelbar bei Wirken einer messbaren Störung in den Prozess eingegriffen werden kann • die Zielgröße nicht gemessen werden muss

Die Nachteile sind darin zu sehen, dass: • nur die messbaren Störungen beseitigt werden können • der Prozess sehr genau bekannt sein muss, um den richtigen Steuerungsalgorithmus anzuwenden • keine Rückmeldung erfolgt, ob der Steuereingriff die gewünschte Änderung der Zielgröße zur Folge hatte

4.1.2 Regelung Charakteristisch für die Regelung (siehe Abbildung 4.1 (b)) ist, dass ein geschlossener Wirkungsablauf, eine Rückführung der Zielgröße x, vorhanden ist. Die Auswirkungen von Störungen z oder Führungsgrößenänderungen w werden mit der Zielgröße x erfasst und brauchen deshalb nicht extra gemessen zu werden. Es ist auch möglich, ausschließlich oder zusätzlich innere Größen, Zustandsgrößen xz , des Prozesses zurückzukoppeln. Die Rückkopplung der Zielgröße x muss derart erfolgen, dass die abgeleitete Stellgröße y der Störung entgegen wirkt. 35

KAPITEL 4. STEUERUNGSTHEORIE

Vorteile von Regelungen bestehen darin, dass: • eine ständige Rückmeldung über die Wirkung der Steuereingriffe vorhanden ist • alle Störungen, auch die nichtmessbaren, ausgeregelt werden, da ein ständiger Vergleich zwischen Ist- und Zielgröße erfolgt

Nachteilig ist dagegen, dass: • die Ausregelung der Störung erst dann erfolgt, wenn ihre Auswirkung auf die Zielgröße erfolgt ist (bei sehr trägen Systemen kann dies sehr lange dauern, zeitverzögert) • durch die Rückkopplung ein relativ kompliziertes, schwer überschaubares Systemverhalten auftritt • durch die Rückkopplung Instabilitäten des Systems (Schwingungen) entstehen können

Abbildung 4.1: Steuerung (a) und Regelung (b)

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4.1. S TEUERUNG UND R EGELUNG

4.1.3 Grundbegriffe des Regelkreises Die wichtigsten regelungstechnischen Größen sind (siehe Abbildung 4.1): x

Regel- bzw. Steuergröße

z

Störgröße

y

Stellgröße

w

Führungsgröße

xW

Regelabweichung

xd

Regeldifferenz

RE

Regeleinrichtung

SE

Steuereinrichtung

SR

Regelstrecke

SS

Steuerstrecke

v

Ersatzregelgröße

• Regel- bzw. Steuergröße (Zielgröße) Die Zielgröße x ist die Größe im Prozess, die entsprechend dem Ziel durch Steuereingriffe in den Prozess beeinflusst werden soll bzw. kann. Sie wird entsprechend der offenen oder geschlossenen Steuerung als zu steuernde Größe x oder Regelgröße x bezeichnet. • Führungsgröße (Sollwert) Die Führungsgröße (Sollwert) w gibt den gewünschten Wert der Zielgröße x bzw. dessen Verlauf als Funktion der Zeit oder anderer Größen vor. • Regelabweichung und Regeldifferenz Die Regelabweichung xW = x−w gibt an, in welcher Größe und Richtung die Zielgröße von der Führungsgröße abweicht und wie demzufolge in den Prozess einzugreifen ist. Die Regeldifferenz xd = w − x führt zu den gleichen Aussagen mit umgekehrtem Vorzeichen, d.h. xW = −xd . 37

KAPITEL 4. STEUERUNGSTHEORIE

• Stellgröße Die Stell- bzw. Steuergröße y ist die Größe, über die in den Prozess eingegriffen wird, um die Zielgröße x einzuhalten. Bei der geschlossenen Steuerung ist die Stellgröße y so zu wählen, dass die Regelabweichung xW beseitigt wird. • Störgröße Störgrößen z sind zufällig auftretende und nicht beeinflußbare Größen, die von außen auf das System einwirken. Bei der offenen Steuerung können nur die Störgrößen kompensiert werden, die meßtechnisch erfassbar sind. Demgegenüber werden bei der geschlossenen Steuerung, der Regelung, alle Störgrößen, die auf die Zielgröße x einwirken, ausgeregelt. Dies ist oft mit einer Zeitverzögerung verbunden. • Ersatzregelgröße Die Ersatzregelgröße v stellt eine Hilfsgröße innerhalb des Regelkreises dar, die für eine effektive Informationsübertragung und -verarbeitung geeignetere physikalische Eigenschaften als die Zielgröße x besitzt. In ihrem Systemverhalten wird sie aus der Zielgröße x abgeleitet. • Steuer- bzw. Regelstrecke Die Steuer- bzw. Regelstrecke umfasst den durch die Stellgröße y beeinflussbaren Teil eines Prozesses mit der Ausgangsgröße, der Zielgröße x. Dazu werden auch die Glieder gerechnet, die unveränderlich vorgegeben sind (z.B. feststehende Stell- und Messglieder) • Steuer- bzw. Regeleinrichtung Die Steuer- bzw. Regeleinrichtung umfasst bei der geschlossenen Steuerung alle Glieder, die zur Informationserfassung (Messeinrichtung, Messwertspeicher, Messwertübertragungseinrichtung), Informationsverarbeitung (Regler, Rechner, Mensch) und Informationsnutzung (Stelleinrichtungen) bei der Erfüllung der Steuerungsaufgaben dienen.

Bei den Einrichtungen zur Informationserfassung wird aus der zu steuernden Größe bzw. aus der Regelgröße x die Ersatzregelgröße v gebildet. In dem Block der Informationsverarbeitung wird der Vergleich zwischen der zu steuernden Größe x oder der daraus abgeleiteten Ersatzregelgröße v und der Führungsgröße w durchgeführt. Als Ergebnis entsteht die Regelabweichung xW , die in die Stelleinrichtungen des Informationsnutzungsblockes einfließt und die Stellgröße y an die Strecke (Prozess) liefert. In der Abbildung 4.2 sind am Beispiel der Beeinflussung des Grundwasserströmungsprozesses die oben aufgeführten Definitionen dargestellt.

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4.1. S TEUERUNG UND R EGELUNG

Abbildung 4.2: Schematischer Regelkreis von Grundwasserprozessen mit beispielhaften Regelgrössen

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4.1.4 Reglerarten Die Regeleinrichtungen (kurz auch als Regler bezeichnet) werden entsprechend ihres Arbeitsverhaltens in stetige und unstetige Regler eingeteilt. Analog zur Quantisierung der Signaldarstellung wird auch bei den unstetigen Reglern eine Quantisierung der Zeit und des Informationsparameters durchgeführt.

4.1.4.1 Unstetige Regler Bei unstetigen Reglern kann die Stellgröße unter Vernachlässigung der Schaltübergänge nur eine begrenzte Zahl verschiedener Werte (z.B. zwei, drei) annehmen. Die in der Praxis eingesetzten unstetigen Regeleinrichtungen sind im wesentlichen Zweiund Dreipunktregler. Die Regelgröße schwankt dann zwischen diesen Grenz- bzw. Schaltwerten.

Abbildung 4.3: Regelverhalten eines Zweipunktreglers

Zweipunktregler geben als Stellgröße nur zwei Schaltzustände ”0” oder ”1” ab. Diese Schaltzustände werden durch so genannte Grenzwertschalter, z.B. Schwimmerkontakte, erzeugt. Um die Schalthäufigkeit der Zweipunktregler gering zu halten, empfiehlt es sich, 40

4.1. S TEUERUNG UND R EGELUNG

sie auf langsame (Verzögerungsverhalten mit großer Zeitkonstante) Regelstrecken einwirken zu lassen (siehe Abbildung 4.3). Es ist zu beachten, dass die Schalthäufigkeit mit kleiner werdender Schwankungsbreite der Regelgröße zunimmt. Beim praktischen Einsatz kann eine hohe Schalthäufigkeit zur Zerstörung der mechanischen Schaltelemente (Relais, Ventile) und zu einem überhöhten Energie- und Stoffverbrauch führen.

4.1.4.2 Stetige Regler Bei den stetigen Reglern kann die Stellgröße y jeden beliebigen Wert innerhalb des Stellbereiches einnehmen, der zur Aufrechterhaltung des gewünschten Wertes der Regelgröße benötigt wird. Stetige Regler besitzen die im Abschnitt 3 Übertragungsverhalten vorgestellten Übertragungseigenschaften. Als ausgewähltes Übertragungsverhalten, auch als Regelverhalten bezeichnet, treten dabei das P-, I-, PI- und das PID-Verhalten auf. Im Allgemeinen können für die Reglertypen folgende Merkmale angegeben werden:

• P-Regler bleibende Regelabweichung; immer anwendbar, außer bei Strecken mit Laufzeitverhalten (Totzeitstrecken) • I-Regler keine bleibende Regelabweichung; nur an Strecken mit Laufzeitverhalten gut anwendbar; an Strecken ohne Verzögerungsverhalten nicht verwendbar; langsame Ausregelung bei großen Zeitkonstanten der Strecke • PI-Regler keine bleibende Regelabweichung; schnellere Ausregelung als beim I-Regler; für alle Strecken geeignet • PID-Regler keine bleibende Regelabweichung; hohe Regelgüte erreichbar, wenn der Anteil der Laufzeit am Zeitverhalten der Regelstrecke gering ist; schwierige Einstellung

Die stetigen Regler sollen im Weiteren Gegenstand der Betrachtung sein, da sie auf Grund ihrer ständigen Regelung dem Prozess wesentlich schneller folgen. Damit läßt sich eine wesentlich höhere Regelgenauigkeit erreichen. Die verbesserte Regelgenauigkeit bringt im Allgemeinen eine Einsparung an Energie- und Stoffverbrauch. Weiterhin wird dadurch die Prozesssicherheit erhöht. 41

KAPITEL 4. STEUERUNGSTHEORIE

Das Übertragungsverhalten G(p) eines Regelkreises ergibt sich aus der Reihenschaltung des Übertragungsverhaltens der Regeleinrichtung R(p) und des der Regelstrecke S(p) bei Auftrennung der Rückkopplung. G(p) = R(p)·S(p)

(4.1)

Da das Übertragungsverhalten der Strecke durch die technischen, naturwissenschaftlichen oder technologischen Bedingungen meist vorgegeben ist, kann zur Erreichung eines bestimmten Übertragungsverhaltens des Regelkreises nur das der Regeleinrichtung R(p) frei gewählt werden. Die Forderungen an das Übertragungsverhalten des Regelkreises beziehen sich auf: • den technologischen Betriebsablauf • das statische (bleibende Regelabweichung) und dynamische Verhalten (Stabilität, Überschwingen, Ausregeln) bei Führungs- und Störgrößenänderungen • Investitions- und Betriebskosten • die Betriebssicherheit und Zuverlässigkeit (Ausfallwahrscheinlichkeit) • die Realisierungsmöglichkeit durch die verfügbare Technik • das Verhältnis zum Bedienpersonal (Arbeitsbedingungen, Mensch-Maschine-Kommunikation) • die Auswirkung auf die Umwelt Der zeitliche Verlauf der Regelabweichung xw (t) nach einer Führungs- oder Störgrößenänderung, der wegen stets vorhandener Trägheit nicht der Idealwert xw (t) =⇒ 0 sein kann, dient zur Bewertung der Qualität einer Regelung. Das Verhalten der Regelgröße nach einer Führungs- oder Störgrößenänderung ist in Abbildung 4.4 dargestellt. Die Regelabweichung xw (t) und damit auch die optimale Wahl des Übertragungsverhaltens der Regeleinrichtung R(p) hängt vom jeweiligen Eingangssignal, der Führungs- oder der Störgröße, ab. Je nach den am Regelkreis zu erwartenden Größen muss R(p) beispielsweise wie in Tabelle 4.1 gewählt werden. Bei der Festlegung der Regeleinrichtung R(p) müssen • der zeitliche Verlauf der Regelgröße • der zeitliche Verlauf der Störgröße 42

4.1. S TEUERUNG UND R EGELUNG

Abbildung 4.4: Regelverhalten eines stetigen Reglers

• die Angriffsstellen der Störgröße • der zeitliche Verlauf der Führungsgröße

untersucht werden.

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Tabelle 4.1: Beispiele von Regelzielen Eingangsfunktion Sprung- und rampenartige Führungsgrößenänderung Störgrößensprung am Streckeneingang oder -ausgang periodische Störgrößen stochastische Störgrößen

gewünschtes Zielverhalten gutes Folgeverhalten gute Störungsausregelung kleine Amplitude der bleibenden Regelabweichung minimales quadratisches Mittel der Regelabweichung

Tabelle 4.2: Wahl eines geeigneten Reglers bei bekannter Übergangsfunktion der Regelstrecke Regler Strecke TL

P

I

PI

PD

PID

unbrauchbar

Führung + Störung

unbrauchbar

unbrauchbar

TL +PT1

unbrauchbar

etwas schlechter als PI schlechter als PI

unbrauchbar

Führung + Störung

TL +PT2

nicht geeignet Führung

etwas schlechter als PID schlechter als PID Störung

schlecht

Führung + Störung Störung bei Verzögerung Führung + Störung

PT1 +TL (TL ∼0) PTn

P+TL

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schlecht

nicht geeig-net

nicht geeig-net schlechter als PID

Führung (ohne Verzögerung)

unbrauchbar, strukturstabil

etwas schlechter als PID Störung (ohne Verzögerung)

Führung bei Verzögerung nicht geeignet

Führung

Störung

4.2 Verbesserte Steuerungskonzepte Ausgehend von den Vor- und Nachteilen der offenen und geschlossenen Steuerung liegt es nahe, Strukturen anzuwenden, die die Vorteile von beiden Systemen vereinen und damit die Nachteile weitgehend eliminieren. Solche Steuerungsstrukturen lassen sich, im Gegensatz zu den Grundregelkreisen, nur noch mit mehrschleifigen Regelkreisen aufbauen. Die bekanntesten Methoden sind: • die Störgrößenaufschaltung • die Nutzung einer Hilfsregelgröße • die Nutzung einer Hilfsstellgröße

4.2.1 Störgrößenaufschaltung Durch die Methode der Störgrößenaufschaltung (siehe Abbildung 4.5) können die Einflüsse der messbaren Störgrößen, deren Reaktionsort in der Regelstrecke lokalisierbar ist, mittels zusätzlicher Stellsignale vollständig oder teilweise aufgehoben werden. Der Auswirkung der Störgrößen wird durch zusätzliche Reaktionen der Regeleinrichtung bereits vor ihrer Wirkung auf die Steuerstrecke entgegengewirkt. Diese zusätzliche Steuerung wird dem bestehenden Regelkreis überlagert. Damit bleibt der Regelkreis einschleifig und es wird • das Führungsverhalten nicht geändert • die Stabilität nicht beeinflusst • aber nur der aufgeschalteten Störgröße entgegengewirkt

4.2.2 Nutzung einer Hilfsregelgröße Eine andere Möglichkeit der Verbesserung des Regelalgorithmus stellt die Einführung einer Hilfsregelgröße (siehe Abbildung 4.6) dar. Das bedeutet, dass aus solch einer Hilfsregelgröße, die im Inneren der Regelstrecke gemessen werden kann, ein zusätzliches Stellsignal zur Verbesserung des Regelkreisverhaltens abgeleitet wird. Diese Hilfsregelgröße reagiert auf Störgrößen, die am Streckeneingang mit einer geringeren Trägheit als die Regelgröße angreifen. Peter-Wolfgang Gräber

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Abbildung 4.5: Regelkreis mit Störgrößenaufschaltung

Mit der Aufschaltung einer Hilfsregelgröße wird angestrebt, die Störgrößen bereits durch die innere Schleife mit geringerer Trägheit auszuregeln, wodurch das dynamische Verhalten des Kreises durch die innere Rückführung verbessert wird. Dabei kann die Aufschaltung der Hilfsregelgröße entweder • auf die Stellgröße (Streckeneingang) oder • auf die Regelabweichung (Reglereingang) erfolgen. Mit der Aufschaltung einer Hilfsregelgröße wird eine zusätzliche Schleife im Regelkreis geschaffen, die • das Führungs- und Störverhalten verändert • die Stabilität des Kreises beeinflusst • allen Störgrößen, bevorzugt aber denen innerhalb der Schleife angreifenden, entgegenwirkt

4.2.3 Nutzung einer Hilfsstellgröße Eine Möglichkeit, die allgemein zur Verbesserung des Verhaltens eines Regelkreises dient und gleichzeitig erfolgversprechend für die Steuerstrategie bei Wassergewinnungsprozessen ist, stellt die Anwendung einer Hilfsstellgröße (siehe Abbildung 4.7) dar. Mit dieser 46

4.2. V ERBESSERTE S TEUERUNGSKONZEPTE

Abbildung 4.6: Regelkreis mit Hilfsregelgrößenaufschaltung auf den Streckeneingang (a) und auf die Regelabweichung (b)

Hilfsstellgröße, die wie die Hauptstellgröße aus der Regelabweichung abgeleitet wird, kann, wenn Stellmöglichkeiten vorhanden sind, im Inneren der Regelstrecke zusätzlich auf die Regelgröße mit geringerer Trägheit als durch die Hauptstellgröße eingewirkt werden. Die Hilfsstellgröße dient zum schnelleren Abbau einer Regelabweichung, die durch • Änderung der Führungsgrößen und • angreifende Störgrößen in Nähe des Streckenausganges

entstehen.

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Abbildung 4.7: Regelkreis mit Hilfsstellgröße

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4.3 Hierarchische Steuerungskonzepte Der Grundgedanke hierarchischer Steuerungskonzepte besteht darin, dass das technisch/technologische System, das zu steuern ist, in einzelne Stufen zerlegt wird. Der Abstraktionsgrad und die Detaildarstellung unterscheiden sich dabei in den einzelnen Stufen. Für die technisch/technologischen Prozesse bei der Wasseraufbereitung und der Abwasserbehandlung kann z.B. folgende Hierarchiestruktur (siehe Abbildung 4.8) angegeben werden:

Erste Ebene: In der Prozessebene erfolgt die Automatisierung vor Ort. Diese Ebene ist für die Erfassung und Überwachung der Prozessparameter und für die Auslösung der Steuerbefehle direkt an der technologischen Steuerstrecke verantwortlich. Zweite Ebene: In der prozessnahen Ebene werden die Verarbeitung und die Überwachung ausgewählter Prozessparameter sowie eine weitere Datenverdichtung für die weitere Verarbeitung in der übergeordneten Ebene, für die Stabilisierung und für die dezentralisierte Koordinierung des Systems durchgeführt. In dieser Ebene wird die Basisautomatisierung durchgeführt. Dritte Ebene: Die zentrale Ebene übernimmt die Berechnung und Vorgabe der Sollwerte bzw. Führungsgrößen, die zentralisierte Steuerung, Überwachung, Optimierung und Koordinierung des Systems eines technologischen Prozesses sowie die Kontrolle der Hilfsprozesse. In dieser Ebene sind die zentralen Warten angesiedelt. Ab vierter Ebene: In der vierten und in weiteren Ebenen werden die Koordinierung und Optimierung der Gesamtsysteme aller technologischen Prozesse vorgenommen. Sie wird deshalb als Dispatcherebene oder als überregionale Ebene bezeichnet.

In vielen technischen Bereichen, insbesondere aber bei wasserwirtschaftlichen Prozessen, lässt sich die Steuerung nicht vollständig durch gerätetechnische Lösungen erzielen. In diesen Fällen ist es notwenig, dass der Mensch mehr oder weniger in den Steuerungsprozess eingreift. Die Stellung des Menschen innerhalb eines hierarchischen Steuerungssystems lässt sich in sechs Gruppen einteilen. Der Mensch dient dabei entsprechend Abbildung 4.9 a) als alleiniger Regler im Teilsystem b) zur Überwachung des Teilsystems c) zur Überwachung des Systems und verwendet den Rechner als Hilfsmittel zur Steuerung d) zur Entscheidung über die Prozessführung nach im Rechner direkt anstehenden Daten Peter-Wolfgang Gräber

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Abbildung 4.8: Hierarchische Struktur von wasserwirtschaftlichen Anlagen

e) als Programmierer und als Überwacher der technologischen Prozesse f) als Überwacher des Gesamtsystems und der Kopplung zu den übergeordneten Führungssystemen. Für die verschiedenen Stufen werden auch oft die angelsächsischen Begriffe off-/on-line und open-/closed-loop verwendet.

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4.3. H IERARCHISCHE S TEUERUNGSKONZEPTE

Abbildung 4.9: Stellung des Menschen innerhalb eines Steuerungssystems (off-line: Bild c,d; on-line, open-loop: Bild e; on-line, closed-loop: Bild f)

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4.4 Praktische Beispiele Die Untersuchung des Zeitverhaltens praktischer Steuerungsvorgänge beginnt mit der Zerlegung des technisch/technologischen Systems in einzelne einfache Teilelemente. Bei dieser Zerlegung sollte man von dem Funktionsprinzip ausgehen und die Elemente entsprechend dem Massen- oder Energiestromfluss bilden. Das Übertragungsverhalten erhält man, indem der Regelkreis aufgeschnitten und das zeitquantisierte Übertragungsverhalten gebildet wird. Die exakte Methode führt über die Gesetze der Zusammenschaltung von Übertragungsgliedern (siehe Abschnitt 3.3). Für viele praktische Aufgaben, bei denen nur eine quantitative Aussage getroffen werden muss, reicht meist eine grafische Analyse aus. Der Vorteil dieser Methode besteht in der besseren Anschaulichkeit und der wesentlich einfacheren Handhabung. In der Abbildung 4.10 ist die Abstraktion einer Wasserstandsregelung in einem Regelkreis dargestellt. Dabei sind den Regelungstechnischen Begriffen die äquivalenten wassertechnologischen Begriffe und Anlagenteile zugeordnet. Die Abbildung 4.11 stellt ein Beispiel eines Regelkreises für die Mischung zweier Flüssigkeiten, speziell zur pH-Wert-Steuerung durch Kalkmilchzugabe, dar. Weiter Beispiele sind: • Steuerungsschema für einen Grundwasserleiter (siehe Abbildung 4.12) • Uferfiltratsteuerung (siehe Abbildung 4.13)

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4.4. P RAKTISCHE B EISPIELE

Abbildung 4.10: Schwimmergeregelter Füllvorgang

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Abbildung 4.11: Regelkreis zur pH-Wert-Regelung

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4.4. P RAKTISCHE B EISPIELE

Abbildung 4.12: Steuerungsschema für einen Grundwasserleiter

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Abbildung 4.13: Uferfiltratsteuerung

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4.5 Kennzeichnung von MSR-Einrichtungen Die Untersuchung technologischer Abläufe mittels automatisierungstechnischer Methoden beginnt mit der zeichnerischen Darstellung des Prozesses in Form eines Blockschaltbildes. Zur besseren Übersicht und zur Vereinfachung des automatisierungstechnischen Teils wurden standardisierte Symbole für die verschiedenen Mess-, Steuerungs- und Regelungseinrichtungen (MSR) eingeführt (vgl. DVWG-Regelwerk, DIN). In das technologische Schema einer Anlage werden die MSR-Einrichtungen eingetragen. Jede dieser Eintragung wird als MSR-Stelle oder Automatisierungsstelle bezeichnet. Diese Stelle wird durch ein Symbol (Abbildung 4.14) und einer Buchstabenkombination (Tabelle 4.3) dargestellt. Darüber hinaus erhält jede MSR-Stelle eine Nummer, die in Richtung des technologischen Prozesses fortlaufend gewählt werden sollte. Der Signalfluss zwischen den MSR-Stellen wird durch verbindende Wirkungslinien gekennzeichnet. Durch diese Art der Beschreibung sollen, unter Beachtung des Prozessablaufes, Funktion und Einsatzort der Automatisierungseinrichtung im technologischen Schema eindeutig zu erkennen sein. Auf dieser Grundlage muss die Verständigung der verschiedenen Partner, z.B. zwischen dem Wasserwirtschaftler und dem Automatisierungstechniker, möglich sein. Die in Tabelle 4.3 gezeigten Abkürzungen können beliebig kombiniert und anschließend in das Kreissymbol einer Messstelle eingetragen werden. So bedeuted z.B. die Kombination LIR, dass an dieser Stelle der Füllstand (L) angezeigt (I) und registriert (R) wird. Weitere Beispiele sind: LICA± Füllstandsmessung mit Anzeige und Regelung; Alarmsignal für Grenzwertüberschreitung (min. und max.) PDIA+ (max.)

Differenzdruckmessung mit Anzeige, Alarmsignal für Grenzwertüber-schreitung

QIRCA+ Qualitätsgrößenmessung mit Anzeige und Registrierung, Regelung, Alarmsignalisierung für Grenzwertüberschreitung (max.) An Stelle des genormten Buchstabenkürzels werden oft auch die physikalischen oder chemischen Kurzzeichen verwendet. So können anstelle des allgemeinen Stoffdatensymbols auch konkret die Zeichen pH, BSB oder O2 stehen.

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Abbildung 4.14: Beispiele zur Kennzeichnung von Automatisierungsstellen

Tabelle 4.3: Beispiele von Abkürzungen zur Kennzeichnung einer MSR-Stelle Prozessgrößen Temperatur Durchfluss Füllstand Druck Stoffdaten Geschwindigkeit Masse, Kraft Bewegung, Verschiebung, Dicke Radioaktivität sonst. Prozessgrößen

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Abkürz. T F L P Q S W U R X

Funktion Anzeige Registrierung Zählung Regelung Signalisierung, Alarm Noteingriff Handsteuerung

Abkürz. I R Q C A Z H

4.5. K ENNZEICHNUNG VON MSR-E INRICHTUNGEN

Abbildung 4.15: Messstellenschema für komplizierte Wasseraufbereitungsanlagen

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KAPITEL 4. STEUERUNGSTHEORIE

Abbildung 4.16: Messstellenschema einer Abwasserreinigungsanlage

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4.5. K ENNZEICHNUNG VON MSR-E INRICHTUNGEN

Die Anwendung der in den Abschnitten Messtechnik und Wasserinhaltsstoffe dargestellten Messverfahren und -geräte soll am Beispiel einer Abwasserreinigungsanlage (Abbildung 4.16) dargestellt werden. Dabei kommt es auf die Darstellung und Begründung der Messaufgabe und des eingesetzten Messverfahrens an. Die Darstellung des technologischen Prozesses ist nicht Gegenstand der Ausführungen und bleibt entsprechenden Disziplinen vorbehalten.

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Potentiometrische Messung ± 1, 5%

pH - Wert pH = 0, 5 bis 13, 5

Feststoffgehalt

4

5

Potentiometrische Messung ± 1, 5% Elektrische Widerstandsmessung 1%

Schlammfüllstand bis 10m

pH - Wert pH = 0, 5 bis 13, 5

Temperatur −200 bis +550o C

8

9

Kapazitive Messung (Ex-Schutz !) Ultraschall-Echolot

Induktive Durchflussmessung ± 1, 5%

Durchlichtmessung -Lichtleiterkabel

7

6

Schlammdurchfluss NW 10 bis 800

Elektrische Widerstandsmessung 1%

Temperatur −200 bis +550o C

3

Streulichtmess, Oelgesamt ± 5%

Oelgehalt 0 bis 200mg/l

1

2

Messverfahren, Messfehler Venturi, ber.-los Echolot 1cm Rohrleitung, induktiv, 1%

Messaufgabe, Messbereich Abwassserzulaufmenge unbegrenzt bei Venturi

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Nr

Steuerung des Faulprozesses, Zeit, Temperatur, Impfung, Mischung, Faulwasserabzug Regelung der Temperatur im Faulbehälter auf Optimum

Überlaufsicherung, Einfluss auf Ablauf (Zulauf)

Hinweise, Begründung der Messaufgabe Steuerung zum Einsatz und Betrieb (O2 , Schlamm)der O2 -Belebung, Bilanzierung Signale bei Havarie, Sicherung der Belebung, Umleitung, Abbindung, Flotation, Separation Steuerung für biologische Prozesse, O2 -Eintrag, Wärmepumpeneinsatz Signale bei Extrema, Schutz der Biologie vor Vergiftung, Separation, Ableitung, Neutralisation Optimierung der Schlammräumung und Faulung =⇒ wasserarmer Schlamm Optimierung des Faulvorganges, Einfluss auf Beschickung, Umwälzung

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Tabelle 4.4: Messstellenübersicht einer Abwasserreinigungsanlage (nach Löffler)

Schlammspiegelmessung

Schlammdurchfluss NW 10 bis 800

Abwasserablaufmenge

Auslaufkontrolle von Güteparametern

Trübung, SiO2 -Äquiv. 0 bis 2000mg/l

16

17 18

19

20 23

21

15

14

13

12

11

10

Messaufgabe, Messbereich Gaszusammensetzung (CO2 , CH4 , u.a.) Feststoffgehalt Gasvolumen NW 50 bis 150 Sauerstoff 0 bis 45mg O2 /l, 3 Ber. Temperatur −200 bis +550o C Höhe der bewegl. Gasglocke bis 16m

Nr

Streulichtmessung ± 5%

Induktive Durchflußmessung ± 1, 5%

Ultraschall-Echolot, Photometrisch

Elektromechanische Messung, Hg-Schaltröhren

Warnung, Schutzsteuerung vor Verei-sung

Elektrische Widerstandsmessung 1%

Optimierung Schlammabzug Überschuss, Rücklauf, Alter Steuerung der optimalen Schlammkonzentration im Belebungsbecken Bilanzierung, Menge- und Frachtberechnung Einhaltung der Verträge Grenzwertkontrolle, Berechnungsbasis für stat. Auswertungen (Mittelwerte), Hilfsgrößen zur Abschätzung des BSB5

Gasbilanzierung, Abfacklung

Leistungsabrechnung Verbraucherabgabe Kontrolle und eventuelle Reglung des O2 - Gehaltes im Belebungsbecken

Hinweise, Begründung der Messaufgabe Prozeßüberwachung, Optimierung der CH4 - Ausbeute Steuerung des Rücklaufschlammes

Durchlichtmes. -Lichtleiterkabel Flügelradmessung-W OLTMANNZ. ± 2% Ringkammerblende ± 1,6 % Amperometrische Messung ± 3%, ± 1% bei Temp.-Kompens.

Titration, Gaschromographie

Messverfahren, Messfehler

4.5. K ENNZEICHNUNG VON MSR-E INRICHTUNGEN

Tabelle 4.5: Fortsetzung

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4.6

Planungsablauf

Der Aufbau von praktischen Automatisierungsanlagen erfordert einen hohen Planungsaufwand. Fehler, die in dieser Phase gemacht werden, verursachen hohe Kosten bei ihrer Beseitigung während der Realisierungs- oder Betriebsphase. Bei der Planung von Automatisierungseinrichtungen hat sich ein schrittweises Vorgehen bewährt: • Erstellung einer Projektstudie - Zweck der vorgesehenen Maßnahmen, Zielsetzung - Beschreibung der betroffenen Anlagen, IST-Zustand - vorgesehene Änderung in der Betriebsführung und -überwachung - Anforderung an die Automatisierungseinrichtungen auf den verschiedenen Ebenen - Anforderung an die Bedienungs-, Beobachtungs- und Dokumentationseinrichtungen - Lösungsvorschläge - Kostenschätzung - Kosten/Nutzen-Vergleich - Gliederung in Ausbaustufen (Abgrenzung, Schnittstellen) - Zeitplan • Ausarbeitung der Projektplanung - Prozessperipherie - Beobachtungsperipherie - Bedienungsperipherie - Übertragungseinrichtungen - Anpassbarkeit der Automatisierungseinrichtungen Automatisierungstechnik in der Wasserwirtschaft

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4.6. P LANUNGSABLAUF

• Erstellung der Anfrageunterlagen

- Pflichten-/Lastenheft, - Anfrage, Ausschreibung, • Bewertung der Angebote • Vergabe • Erstellung des Pflichtenhefts.

Für die Planung und die anschließende Projektabwicklung hat der Auftraggeber geeignetes Personal bereitzuhalten.

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4.7 Übungsaufgaben 1. Welche Aufgaben hat die Automatisierung im Rahmen der Wasser- und Abwasserbehandlung? 2. Welche drei Arten von Automatisierungseinheiten (Steuerung, Antriebe) kennen Sie? 3. Kennzeichnen Sie an einer einfachen WasserstandsRegelung (z.B. einer FüllstandsRegelung eines Rieselfeldteiches mittels Schwimmerprinzip) die Größen und Glieder einer Regelung! 4. Welche Vorteile haben unstetige Regler gegenüber den stetigen? Nennen Sie charakteristische Einsatzfälle für derartige Regler! 5. Wozu wird eine Regelung eingesetzt bzw. was soll sie ausregeln? 6. Welche Aufgaben hat die Regeleinrichtung (Regler) innerhalb des Regelkreises? 7. Welche Ziele werden mit der Automatisierung technologischer Prozesse verfolgt? Schildern Sie dazu an Hand der automatischen Steuerung eines Klärwerkes die Ziele der Automatisierung. Durch welche Prozessregime werden diese Ziele erreicht? 8. Nennen Sie aus der wasserwirtschaftlichen Praxis ein Beispiel für den Einsatz eines verbesserten Steuerungskonzeptes und bergründen Sie die Verbesserung! 9. Skizzieren Sie eine pH-Wert-Regelung mittels NaOH-Zugabe. Ordnen Sie dabei den einzelnen regelungstechnischen Größen und Gliedern prozessbezogene Begriffe zu und zeichen Sie das Verhalten der Regelung bei einer Änderung der Rohwasserqualität auf. 10. Ein Trinkwasserwerk auf Uferfiltratbasis hat zur Steigerung des Grundwasservorrates künstliche Infiltrationsbecken eingesetzt. Die Beschickung der Infiltrationsbecken richtet sich nach dem Bedarf an Rohwasser. Der Grundwasserspiegel in der Nähe der Förderbrunnen soll möglichst eine zeitliche konstante Höhe haben. Entwerfen Sie einen Regelkreis zur Regelung des Grundwasserstandes! Benennen Sie alle Teile und Größen mit den regelungstechnischen Begriffen und den wasserwirtschaftlichen Äquivalenten! Geben Sie geeignete Messtechnik (Geräte, Messort, Messzeit usw.) zur Überwachung der Regelparameter an! 11. Schildern Sie an einem Praxisbeispiel (z.B. Qualität der Rohwasserförderung) die Unterschiede zwischen einem Grundwassermonitoring- und einem Grundwassercontrollingsystem. Automatisierungstechnik in der Wasserwirtschaft

Peter-Wolfgang Gräber

4.7. Ü BUNGSAUFGABEN

Verwenden Sie dabei die systemtheoretischen Begriffe und stellen Sie diese in Beziehung zu wasserwirtschaftlichen. 12. Für die Überwachung der Rohwasserförderung in einem Grundwasserwerk soll ein Messsystem konzipiert werden. Skizzieren Sie ein Messprogramm (Messgerät/-verfahren, Art der Messung, Stoffgruppe) zur Überwachung. 13. Zur Wasserstandsregelung eines Absatzbeckens soll folgende Konstruktion (Abbildung 4.17) verwendet werden:

Abbildung 4.17: Luftgesteuertes Heberwehr

Skizzieren Sie für folgende Anordnung den Regelkreis und ordnen Sie den regelungstechnischen Begriffen die hydraulischen Größen und Anlagenteile zu. Ersetzen Sie in obiger Anordnung die mechanische Messwerterfassung und die Stellglieder durch elektrische Automatisierungseinrichtungen und begründen Sie Ihre Wahl. Skizzieren und beschreiben Sie eine Lösung, bei der die Mischstelle durch einen PC realisiert wird, der in der 500m entfernten Messwarte steht. Zeigen Sie an Hand eines Zeitdiagramms die Auswirkung einer Störgrößenänderung auf die Regelgröße. Zeigen Sie an Hand eines Zeitdiagramms die Auswirkung einer Führungsgrößenänderung auf die Regelgröße. 14. Zur pH-Wert-Regelung soll folgender Regelkreis (Abbildung 4.18) eingesetzt werden: Erläutern Sie die Messstellen 1 bis 4 an Hand der vorgegebenen Beschriftungen. Skizzieren Sie zu dem vorgegebenen Regelkreis das entsprechende Blockschaltbild und ordnen Sie den Regelungstechnischen Begriffen die hydraulischen Größen und 67

KAPITEL 4. STEUERUNGSTHEORIE

Abbildung 4.18: pH-Wert-Regelkreis

Anlagenteile bzw. Prozesse zu. Geben Sie für die einzelnen Blöcke des Regelkreises die Übertragungsfunktionen als Bezeichnung, als Zeitdiagramm und als Formel an. Zeigen Sie an Hand eines Zeitdiagramms die Auswirkungen einer Störgrößenänderung auf die Regelgröße. Zeigen Sie an Hand eines Zeitdiagramms die Auswirkungen einer Führungsgrößenänderung auf die Regelgröße. 15. Neben den elektrischen Steuerungseinrichtungen (Regler, Stellglieder) werden auch andere technische Lösungen benutzt. Nennen Sie die anderen technischen Realisierungen. Beschreiben und begründen Sie mindestens 2 wasserwirtschaftliche Beispiele, bei denen keine elektrischen Steuerungseinrichtungen verwendet werden. 16. Zur pH-Wert-Regelung soll folgender Regelkreis (Abbildung 4.19) eingesetzt werden: Skizzieren Sie zu dem vorgegebenen Regelkreis das entsprechende Blockschaltbild und ordnen Sie den Regelungstechnischen Begriffen die hydraulischen Größen und Anlagenteile bzw. Prozesse zu. Zeigen Sie an Hand eines Zeitdiagramms die Auswirkungen einer Störgrößenänderung auf die Regelgröße. Zeigen Sie an Hand eines Zeitdiagramms die Auswirkungen einer Führungsgrößenän68

4.7. Ü BUNGSAUFGABEN

Abbildung 4.19: Regelkreis zur pH-Wert-Steuerung

derung auf die Regelgröße. 17. Warum ist es vorteilhaft, in der wasserwirtschaftlichen Praxis zu automatisieren? Nennen Sie drei signifikante Beispiele zum effektiven Einsatz von wasserwirtschaftlichen Automatisierungsanlagen. 18. Im Wasserwerk Hosterwitz wird ein Mehrschichtfilter zur Flusswasserfiltration verwendet. Zur Reinigung wird das Gegenstromspülverfahren eingesetzt. Entwerfen Sie ein Steuerungsschema zur automatisch gesteuerten Filterspültechnologie. Bilden Sie dazu ein Regelungstechnisches Schema ab. Ordnen Sie den Regelungstechnischen Größen und Bauteilen die entsprechenden wasserwirtschaftlichen Begriffe zu. Geben Sie schematisch die Übertragungsfunktion der Regelstrecke an. 19. Zeichnen Sie in das Technologieschema (Abbildung 4.20) eines Grundwasserwerkes das Messstellenschema ein und formulieren Sie die Messstellenübersicht, in der Sie zu jedem Messstandort Messaufgabe, -bereich, -verfahren, -fehler und eine Begründung der Messaufgabe angeben. 20. Nennen Sie die zwei Arten der Prozessanalyse und erklären Sie deren Vor- und Nachteile. 21. Erklären Sie den Unterschied zwischen Steuern und Regeln einschließlich der Vorund Nachteile. 22. Skizzieren Sie die Größen des Regelkreises (Abbildung 4.21) und leiten Sie den zeitlichen Verlauf der Stellgröße und der Regelgröße ab, wenn schlagartig eine großer ·

Volumenstrom V A entnommen wird. 69

KAPITEL 4. STEUERUNGSTHEORIE

23. Nennen und erklären Sie die hierarchische Struktur von wasserwirtschaftlichen Anlagen am Beispiel der Wasserversorgung Dresdens. 24. Skizzieren und erklären Sie ein Messstellenschema einer Wassergewinnungsanlage mit Uferfiltrat und künstlicher Grundwasseranreicherung. 25. Nennen Sie aus dem Bereich der Wasserwirtschaft ein Beispiel, wo durch automatisierungstechnische Maßnahmen Vorteile entstanden sind, und beschreiben Sie die Vorteile! 26. Warum werden in der Wasserwirtschaft auch hydraulische Automatisierungseinrichtungen verwendet? 27. Konstruieren Sie den Regelkreis zur Belüftung eines biologischen Klärbeckens. Ordnen sie dabei den wasserwirtschaftlichen Größen und Anlagen automatisierungstechnische Begriffe zu. 28. Zeichnen Sie in das Technologieschema (Abbildung 4.22) des Wasserwerkes DresdenCoschütz das Messstellenschema ein und formulieren Sie die Messstellenübersicht, in der Sie zu jedem Messstandort Messaufgabe, -bereich, -verfahren, -fehler und eine Begründung der Messaufgabe angeben. 29. Konstruieren und instrumentieren Sie den Regelkreis zur Belüftung eines biologischen Klärbeckens. Ordnen Sie dabei den wasserwirtschaftlichen Größen und Anlagen automatisierungstechnische Begriffe zu. Skizzieren Sie die Arbeit des Regelkreises, indem Sie den Sauerstoffgehalt im Klärbecken und den zugeführten Luft- bzw. Sauerstoffvolumenstrom in einem Diagramm unter besonderer Berücksichtigung des Zeitverhaltens darstellen. 30. Zeichnen Sie ein Technologieschema einer Abwasserreinigungsanlage (Abbildung 4.23)mit den Elementen Zulauf, Rechen, Sandfang, Absetzbecken, Belebungsbecken, Nachklärbecken, Ablauf, Faulbehälter, u.a. mit den dazugehörenden Messstellen. Geben Sie dabei auch die einsetzbaren Messverfahren und die auftretenden Messfehler an. 31. In einem Wasserwerk soll das ankommende Rohwasser von Schwebeteilchen durch die Flockungstechnologie gereinigt werden (Abbildung 4.24). Skizzieren Sie einen Regelkreis zur optimalen Zugabe des Flockungsmittels. Ordnen Sie dabei den wasserwirtschaftlichen Größen und Anlagen automatisierungstechnische Begriffe zu. Zeichnen Sie in einem Diagramm die Wirkung des Regelkreises bei plötzlicher Verschlechterung der Rohwasserqualität auf. 70

4.7. Ü BUNGSAUFGABEN

32. Zeichnen Sie in das Technologieschema (Abbildung 4.25) eines Klärwerkes das Messstellenschema ein und formulieren Sie die Messstellenübersicht, in der Sie zu jedem Messstandort die Messaufgabe, -bereich, -verfahren, -fehler und eine Begründung der Messaufgabe angeben. 33. Konstruieren und instrumentieren Sie den Regelkreis zur Belüftung eines biologischen Klärbeckens. Ordnen Sie dabei den wasserwirtschaftlichen Größen und Anlagen automatisierungstechnische Begriffe zu. Skizzieren Sie die Arbeit des Regelkreises, in dem Sie den Sauerstoffgehalt im Klärbecken und den zugeführten Luft- bzw. Sauerstoffvolumenstrom in einem Diagramm unter besonderer Berücksichtigung des Zeitverhaltens darstellen. 34. Skizzieren Sie am Beispiel der Überwachung einer Deponie das hierarchische Steuerungskonzept. 35. Welche Aufgaben sollen Messwarten erfüllen?

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KAPITEL 4. STEUERUNGSTHEORIE

Abbildung 4.20: Technologieschema eines Grundwasserwerkes

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4.7. Ü BUNGSAUFGABEN

Abbildung 4.21: Wasserstandsregelung mittels Schwimmer

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KAPITEL 4. STEUERUNGSTHEORIE

Abbildung 4.22: Technologieschema des Wasserwerkes Dresden-Coschütz

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4.7. Ü BUNGSAUFGABEN

Abbildung 4.23: Technologieschema einer Abwasserreinigungsanlage

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KAPITEL 4. STEUERUNGSTHEORIE

Abbildung 4.24: Schema zur Flockungstechnologie

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4.7. Ü BUNGSAUFGABEN

Abbildung 4.25: Technologieschema eines Klärwerkes

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