Juni 2014

Briefing für Personalverantwortliche Q2/2014 26. Juni 2014 Matthias Füssel Rechtsanwalt +49 69 79 41 2231 [email protected] Vanessa Klesy R...
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Briefing für Personalverantwortliche Q2/2014 26. Juni 2014

Matthias Füssel

Rechtsanwalt +49 69 79 41 2231

[email protected]

Vanessa Klesy

Rechtsanwältin +49 69 79 41 2231

[email protected]

Mayer Brown is a global legal services provider comprising legal practices that are separate entities (the "Mayer Brown Practices"). The Mayer Brown Practices are: Mayer Brown LLP and Mayer Brown Europe-Brussels LLP both limited liability partnerships established in Illinois USA; Mayer Brown International LLP, a limited liability partnership incorporated in England and Wales (authorized and regulated by the Solicitors Regulation Authority and registered in England and Wales number OC 303359); Mayer Brown, a SELAS established in France; Mayer Brown JSM, a Hong Kong partnership and its associated entities in Asia; and Tauil & Chequer Advogados, a Brazilian law partnership with which Mayer Brown is associated. "Mayer Brown" and the Mayer Brown logo are the trademarks of the Mayer Brown Practices in their respective jurisdictions.

Agenda • Achtung bei Befristungen: LAG Baden-Württemberg widerspricht dem BAG! • Das könnte auch für deutsche Arbeitgeber teuer werden: Laut EuGH muss ein urlaubsbedingter Ausfall von Provisionen ausgeglichen werden. • Im Nachgang zur Betriebsratswahl 2014: Kostspielige Ansprüche des Betriebsrats auf Schulungen, Beiziehung von Rechtsanwälten / Sachverständigen, Schreibkraft etc. • Fallstricke bei Kündigungen – kleine Fehler mit großen Auswirkungen!

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Achtung bei Befristungen: LAG Baden-Württemberg widerspricht dem BAG (1/4) • Rechtsgrundlage - § 14 TzBfG –

Abs. 2: Befristung ohne sachlichen Grund: „Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig […]. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.“

• BAG, vom 29.07.2009 – 7 AZR 368/09 –

Es kommt „auf den zeitlichen Abstand“ nicht an.



„Der Senat hält […] den Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG für eindeutig.“

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Achtung bei Befristungen: LAG Baden-Württemberg widerspricht dem BAG (2/4) • BAG vom 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 –

Der Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund zu befristen, steht ein früheres Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit demselben Arbeitgeber nicht entgegen, wenn das Ende des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mehr als drei Jahre zurückliegt.



Der Zweck der Regelung besteht darin, zu verhindern, dass die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung zu „Befristungsketten“ missbraucht wird. Zur Verwirklichung dieses Zwecks bedarf es keines lebenslangen Anschlussverbots.



Ein uneingeschränktes Anschlussverbot birgt strukturell die Gefahr, als arbeitsrechtliches Einstellungshindernis die durch Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers unverhältnismäßig zu begrenzen.

• Bestätigung durch BAG vom 21.09.2011 – 7 AZR 375/10

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Achtung bei Befristungen: LAG Baden-Württemberg widerspricht dem BAG (3/4) • LAG Baden-Württemberg vom 21.02.2014 – 7 Sa 64/13 –

Sachverhalt •

Zwischen den Parteien bestand zwischen 2001 und 2005 ein Arbeitsverhältnis.



Die Parteien begründeten mehr als sechs Jahre später ein vermeintlich sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis für den Zeitraum von September 2011 bis August 2013.



Nach Ablauf der „Befristung“ erhob der Kläger Entfristungsklage und machte geltend, dass die Befristung unwirksam erfolgt sei und deswegen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe.



In der ersten Instanz wurde die Klage in Einklang mit der neuen Rechtsprechung des BAG aus dem Jahre 2011 abgewiesen, weil das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurück lag.

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Achtung bei Befristungen: LAG Baden-Württemberg widerspricht dem BAG (4/4) • LAG Baden-Württemberg vom 21.02.2014 – 7 Sa 64/13 –

Entscheidung •

Entgegen der Ansicht des BAG besteht das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG zeitlich uneingeschränkt. –



Eindeutiger Wortlaut, Regelungssystematik, Entstehungsgeschichte und Normzweck des § 14 Abs. 2 TzBfG.

Kein Vertrauensschutz: weil die neue Rechtsprechung „auf so erhebliche Kritik gestoßen ist, dass der unveränderte Fortbestand dieser Rechtsprechung nicht gesichert erscheinen“ konnte.

• Auswirkungen für die Praxis –

Vorsicht bei sachgrundlosen Befristungen – bis zur Revisionsentscheidung sollte aus Vorsichtsgründen das Vorbeschäftigungsverbot wieder absolut verstanden werden! 6

EuGH: Ausgleich des urlaubsbedingten Ausfalls von Provisionen (1/3) • EuGH, Urteil vom 22.05.2014, C-539/12 (Lock) Bei der Urlaubsvergütung muss der Ausfall von Provisionen ausgeglichen werden, der sich als Folge einer Urlaubsabwesenheit ergibt.

• Art. 7 der europäischen Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung (2003/88/EG) „Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen […] erhält, […].“

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EuGH: Ausgleich des urlaubsbedingten Ausfalls von Provisionen (2/3) • EuGH, Urteil vom 22.05.2014, C-539/12 (Lock) –

Art. 7 der Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung will jeden finanziellen Anreiz verhindern, der Arbeitnehmer vom Urlaub abhalten könnte.



Daher muss bei der Urlaubsvergütung der Ausfall von Provisionen ausgeglichen werden, der sich als Folge einer Urlaubsabwesenheit ergibt.



Sonst erleiden Arbeitnehmer, die neben ihrem Festgehalt eine erfolgsabhängige laufende Provision erhalten, aufgrund eines Urlaubs möglicherweise finanzielle Nachteile.



Denn auch dann, wenn diese Arbeitnehmer für die Zeit ihres Urlaubs ein Gehalt in üblicher Höhe erhalten, werden sie einige Zeit nach ihrem Urlaub weniger verdienen, weil sie während des Urlaubs keine provisionspflichtigen Geschäfte abschließen konnten.

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EuGH: Ausgleich des urlaubsbedingten Ausfalls von Provisionen (3/3) • Lage in Deutschland –

Urlaubsentgelt gemäß § 11 BUrlG: Bemessung nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Provisionen gehören zum Arbeitsverdienst.



Vertriebsmitarbeiter erleiden einen finanziellen Nachteil durch den Urlaub, da sie während des Urlaubs keine neuen provisionspflichtigen Geschäfte abschließen können. Deswegen erhalten sie einige Monate nach dem Urlaub weniger Arbeitsentgelt.



Kein Ausgleich dieser Verluste durch das Bundesurlaubsgesetz, daher verstößt § 11 BUrlG nach der Rechtsprechung des EuGH gegen Art. 7 der Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung, denn durch die in Deutschland übliche Urlaubsvergütung besteht für provisionsberechtigte Arbeitnehmer ein finanzieller Anreiz, der sie vom Urlaub abhalten könnte.

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Im Nachgang zur Betriebsratswahl 2014: Kündigungsschutz und kostspielige Ansprüche (1/5) • Kündigungsschutz –

BR-Mitglieder •



Besonderer Kündigungsschutz heißt: –

Kündigung nur bei Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes i.S.d. § 626 BGB; und



Zustimmung des BR / Zustimmungsersetzung durch Arbeitsgericht.

Ordentliche Kündigungen sind grundsätzlich möglich, wenn –

der gesamte Betrieb stillgelegt wird, vgl. § 15 Abs. 4 KSchG,



eine Betriebsabteilung geschlossen wird, in der das BR-Mitglied gearbeitet hat, vgl. § 15 Abs. 5 KSchG. Arbeitgeber muss notfalls aber Arbeitsplätze in anderen Betriebsabteilungen freikündigen.

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Im Nachgang zur Betriebsratswahl 2014: Kündigungsschutz und kostspielige Ansprüche (2/5) • Kündigungsschutz –

Ersatzmitglieder •

Grundsätzlich kein besonderer Schutz.



Besonderer Schutz durch „Nachrücken“:





Sobald die Ersatzmitglieder zeitweise oder dauerhaft in den BR nachrücken, genießen sie den gleichen Schutz wie BR-Mitglieder.



Der besondere Kündigungsschutz dauert so lange wie die Verhinderung des zu vertretenden BR-Mitglieds andauert.

Nachwirkender Kündigungsschutz –

Sobald die Vertretung endet, tritt der nachwirkende Kündigungsschutz des § 15 Abs. 1 S. 2 KSchG ein.



Unabhängig von der Dauer der Vertretung – ein Jahr. 11

Im Nachgang zur Betriebsratswahl 2014: Kündigungsschutz und kostspielige Ansprüche (3/5) • Kostspielige Ansprüche –

Räumlichkeiten •





Allgemein anerkannt, dass dem BR eigene Räumlichkeiten für seine BR-Tätigkeit zur Verfügung gestellt werden müssen.

Telefon und Anrufbeantworter •

Anspruch auf ungestörte Telefonbenutzung; Arbeitnehmer müssen BR anrufen können.



Für ständige Erreichbarkeit: Anspruch auf Anrufbeantworter.

PC •

PC inkl. Zubehör gehört zur normalen Büroausstattung.



Eine Ausstattung „mittlerer Art und Güte“ genügt.

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Im Nachgang zur Betriebsratswahl 2014: Kündigungsschutz und kostspielige Ansprüche (4/5) • Kostspielige Ansprüche –

Internetbenutzung •



BR muss sich „umfassend und rechtzeitig über aktuelle Gesetzgebung und Rechtsprechung informieren können“.

Literatur und Fachzeitschriften •

Anspruch auf einschlägige arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Gesetzestexte, Kommentare und Fachzeitschriften.



Kosten eines Sachverständigen, vgl. § 80 Abs. 3 BetrVG



Rechtsanwaltskosten



Dolmetscherkosten

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Im Nachgang zur Betriebsratswahl 2014: Kündigungsschutz und kostspielige Ansprüche (5/5) • Kostspielige Ansprüche –

Schreibkraft •



Anspruch auf Zuweisung einer Bürokraft mit einer festen wöchentlichen Arbeitszeit, wenn regelmäßig Arbeit in entsprechendem zeitlichem Umfang anfällt.

Schulungen •

BR hat Anspruch auf Freistellung zur Teilnahme an einer Schulung sowie auf Bezahlung der Schulung, soweit sie für die BR-Tätigkeit erforderliche Kenntnisse vermittelt.

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Fallstricke bei Kündigungen – Die Kündigungsberechtigung (1/4) • Wer ist zum Ausspruch der Kündigung berechtigt? –

Bei juristischen Personen muss die Kündigung grundsätzlich durch das durch Gesetz zur Vertretung berechtigte Organ erfolgen, z.B. bei der GmbH durch den alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer.



Es muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die im Handelsregister eingetragene Vertretungsregelung befolgt wird. Es kann z.B. sein, dass der Geschäftsführer einer GmbH nur zusammen mit einem anderen Geschäftsführer zur Vertretung der GmbH berechtigt ist. Wenn dies der Fall ist, müssen beide Geschäftsführer die Kündigungserklärung unterzeichnen.



Der Arbeitgeber kann aber auch einem Bevollmächtigten die Befugnis zum Ausspruch von Kündigungen übertragen, z.B. einem Prokuristen oder dem Leiter der Personalabteilung.

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Fallstricke bei Kündigungen – Die Kündigungsberechtigung (2/4) • Vorsicht bei Erklärung der Kündigung durch einen per Vollmachtsurkunde bevollmächtigten Vertreter des Arbeitgebers! • § 174 BGB „Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.“

• Legt der Bevollmächtigte die Vollmachtsurkunde bei der Kündigung nicht im Original vor und weist der Arbeitnehmer aus diesem Grunde die Kündigung unverzüglich zurück, so ist die Kündigung nach § 174 BGB unwirksam. 16

Fallstricke bei Kündigungen – Die Kündigungsberechtigung (3/4) • Die Zurückweisung scheidet aus, wenn der Arbeitnehmer nach § 174 S. 2 BGB von der Kündigungsberechtigung in Kenntnis gesetzt wurde oder wenn der die Kündigung aussprechende Mitarbeiter eine Stellung innehat, mit der regelmäßig ein Kündigungsrecht verbunden ist. Die ist regelmäßig beim Personalleiter der Fall. • Beruht die Vertretungsberechtigung auf einer gesetzlichen Grundlage, so z.B. beim Geschäftsführer als gesetzlichem Vertreter der GmbH, scheidet eine Zurückweisung nach § 174 BGB aus. • Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfehlen wir daher in der Regel, dass die Kündigung durch den bzw. die im Handelsregister eingetragenen gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers erklärt wird.

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Fallstricke bei Kündigungen – Zugang der Kündigung (4/4) • Rechtssicher ist die persönliche Übergabe des Originals des Kündigungsschreibens an den Arbeitnehmer durch einen Boten, der den Inhalt des Kündigungsschreibens kennt, im Beisein von geeigneten Zeugen. • Keinesfalls Übergabe des Kündigungsschreibens an andere Person als den Arbeitnehmer! • Rechtzeitiges Einwerfen des Kündigungsschreibens in den Briefkasten. Der Bote und der Zeuge vermerken in einem Zustellungsprotokoll die genaueren Umstände der Zustellung. • Zustellung per Einschreiben nicht empfehlenswert, da nur Beweis für den Empfang eines Einschreibens, nicht aber für dessen Inhalt, d.h. die Kündigungserklärung. 18

Ihre Ansprechpartner Matthias Füssel Rechtsanwalt, Frankfurt am Main T: +49 69 79 41 2231 [email protected]

Vanessa Klesy Rechtsanwältin, Frankfurt am Main T: +49 69 79 41 2231 [email protected]

Vielen Dank!

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