Journalism just got mobile

Journalism just got mobile Wie die verstärkte Internetnutzung durch mobile Geräte den Journalismus verändert. Eine Fallstudie am Beispiel der Deutsch...
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Journalism just got mobile

Wie die verstärkte Internetnutzung durch mobile Geräte den Journalismus verändert. Eine Fallstudie am Beispiel der Deutschschweiz.

Masterarbeit von Simon Hutmacher

Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grads Master of Arts in «New Media Journalism»

Eingereicht am 17. September 2015

Journalism just got mobile Wie die verstärkte Internetnutzung durch mobile Geräte den Journalismus verändert. Eine Fallstudie am Beispiel der Deutschschweiz.

Leipzig School of Media im Externat an der HTWK/Universität Leipzig

Start des Bearbeitungszeitraums: 30. April 2015 Ende des Bearbeitungszeitraums: 17. September 2015

Betreuer und Erstgutachter:

Prof. Dr. Josef Trappel

Zweitgutachter:

Ralf Ressmann

Kontaktdaten: Simon Hutmacher, Albisstrasse 108, 8038 Zürich E-Mail: [email protected] 1

Danksagung Die vorliegende Arbeit bedeutet den Schlusspunkt des rund zweijährigen Studiums, das ich nun hinter mir habe. Ich behalte es als äusserst lehrreiche, vielseitige und spannende wenn auch intensive Zeit in Erinnerung. Insbesondere verdanken möchte ich zu diesem Anlass folgende Personen oder Institutionen:



Die Masterarbeits-Betreuer Prof. Dr. Josef Trappel sowie Ralf Ressmann für die wertvolle Unterstützung vor und während der Masterarbeit



Die Journalisten Adrian Eng, Christoph Brunner, Simon Eppenberger, Maurice Thiriet, Christoph Stricker, Corsin Zander, Lea Hartmann, Roman Neumann, Jacqueline Büchi, André Müller, Oliver Baumann sowie Pia Wertheimer für ihre wertvolle Zeit und die spannenden und aufschlussreichen Interviews



Meinen

ehemaligen

Arbeitgeber

Radio

Energy

Zürich

AG

für

das

Entgegenkommen bei der Einteilung meiner Arbeitspensen während der Vorlesungszeit 

Meine Schwester Emanuelle für das tolle Cover



Und nicht zuletzt meine NMJ-Mitstreiter für die lehrreichen, aktiven und oftmals auch unterhaltsamen Tage während den Vorlesungen in Leipzig, Luzern, Hamburg und Salzburg

2

Hinweis im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung der Sprache (wie beispielsweise Teilnehmer/Innen) verzichtet. Mit der männlichen Form sind im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich auch weibliche Personen gemeint.

3

Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre hiermit an Eides Statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungskommission vorgelegt und auch nicht veröffentlicht.

Datum

Unterschrift

4

Abkürzungsverzeichnis CMS

Content-Management-System

DAB

Digital Audio Broadcasting

Full HD

Full High Definition

GB

Gigabyte

GPRS

General Packet Radio Service

GSM

Global System for Mobile Communications

HD

High Definition

HSDPA

High Speed Downlink Packet Access

HSPA

High Speed Packet Access

HTML

Hypertext Markup Language

IT

Informationstechnik

kbit

Kilobit

LTE

Long Term Evolution

MB

Megabyte

Mbit

Megabit

MUI

Media Use Index

SIM

Subscriber identity module

TA

Technikfolgenabschätzung

UMTS

Universal Mobile Telecommunications System

UC

Unique Clients

WLAN

Wireless Local Area Network

5

Inhaltsverzeichnis 1

2

Einleitung............................................................................................................. 3 1.1

Persönliche Motivation für diese Arbeit ......................................................... 3

1.2

Relevanz des Themas ................................................................................... 4

1.3

Aufbau der Arbeit........................................................................................... 6

Der mobile Wandel .............................................................................................. 7 2.1

Fallauswahl Entwicklung Mobile Devices ...................................................... 7

2.1.1 2.2

Die Evolution des Smartphones .................................................................... 9

2.2.1 2.3 3

Begriffsdefinition Smartphone ................................................................. 8 Weltweite Entwicklung der Bildschirmgrössen ...................................... 17

Der „Sonderfall Schweiz“ ............................................................................. 19

Theorie und Stand der Forschung ..................................................................... 24 3.1

Der Einfluss der Technik auf den Journalismus .......................................... 24

3.1.1

Die Abkehr vom Determinismus............................................................ 25

3.1.2

Technikfolgenabschätzung als Lösung ................................................. 26

3.1.3

TA in der Anwendung ........................................................................... 28

3.2

Veränderter Medienkonsum durch Mobilität ................................................ 33

3.2.1

Ubiquität ................................................................................................ 33

3.2.2

Veränderte Darstellung ......................................................................... 34

3.2.3

Prosument............................................................................................. 35

3.3

Änderungen für die Journalisten .................................................................. 36

3.4

Qualitätsmessung ........................................................................................ 39

4

Fragestellungen und Hypothesen ...................................................................... 41

5

Empirischer Teil ................................................................................................. 43 5.1

Operationalisierung der Variablen ............................................................... 43

5.2

Messinstrumente ......................................................................................... 45

5.2.1

Qualitative Inhaltsanalyse ..................................................................... 46

5.2.2

Sample für die qualitative Inhaltsanalyse .............................................. 46

5.2.3

Methodik der qualitativen Inhaltsanalyse .............................................. 48

5.2.4

Qualitative Experteninterviews .............................................................. 50

5.2.5

Sample der Experteninterviews ............................................................ 51

5.2.6

Methodik Qualitative Interviews ............................................................ 53

5.3

Messgütekriterien ........................................................................................ 54

5.4

Ergebnisse der Inhaltsanalyse .................................................................... 57

5.4.1

Live-Ticker ............................................................................................ 58

5.4.2

sda-Bericht ............................................................................................ 69 1

5.4.3

Kommentar ........................................................................................... 70

5.4.4

Eigenbericht .......................................................................................... 72

5.4.5

Bilder-Story ........................................................................................... 75

5.4.6

Twitter-Story.......................................................................................... 75

5.4.7

Pushs .................................................................................................... 76

5.4.8

Zwischenfazit ........................................................................................ 78

5.5

6

7

Ergebnisse Qualitative Interviews................................................................ 80

5.5.1

Fokus auf mobile Rezeption von Verlagshäusern und Journalisten ...... 80

5.5.2

Art und Umfang der Veränderung von Online-Artikeln .......................... 82

5.5.3

Wahrnehmung zum Zeitdruck ............................................................... 84

5.5.4

Multimedialität ....................................................................................... 85

5.5.5

Veränderung des Texts ......................................................................... 87

5.5.6

Veränderte Anforderungen.................................................................... 88

5.5.7

Beurteilung von Rezipienten-Inputs ...................................................... 92

5.5.8

Beurteilung der Qualitätsentwicklung .................................................... 93

5.5.9

Zukunftsvision ....................................................................................... 94

Prüfung der Hypothesen.................................................................................... 97 6.1

Hypothese 1 – Tempoentwicklung im Journalismus .................................... 97

6.2

Hypothese 2 – Multimedia ........................................................................... 98

6.3

Hypothese 3 – Länge der Texte .................................................................. 99

6.4

Hypothese 4 – Prosumer ........................................................................... 100

6.5

Hypothese 5 – Technische Anforderungen ............................................... 101

6.6

Hypothese 6 – Qualitätswahrnehmung...................................................... 102

Fazit................................................................................................................. 103 7.1

Zusammenfassung .................................................................................... 103

7.2

Methodenkritik ........................................................................................... 106

7.3

Ausblick ..................................................................................................... 107

8

Abbildungsverzeichnis ..................................................................................... 109

9

Literaturverzeichnis ......................................................................................... 112 9.1

Internetquellen [Stand: 13.09.2015]:......................................................... 117

2

1 Einleitung In diesem Kapitel wir die Motivation des Autors für das Arbeitsthema erläutert. Zudem wird die Relevanz des Themas aufgezeigt und ein Überblick über die Struktur der Arbeit gegeben. 1.1

Persönliche Motivation für diese Arbeit

Innerhalb weniger Jahre hat nach der Jahrtausendwende eine technische Revolution stattgefunden. Das Mobiltelefon hat sich in der westlichen Welt nicht nur als persönlicher Alltagsgegenstand durchgesetzt sondern gewann innert weniger Jahre massiv an Fähigkeiten dazu. Vor fünf Jahren (2010) diente es in erster Linie noch als Kommunikationsgerät zwischen einzelnen Personen, nun ist es ein vollwertiges internetfähiges Gerät, das klassischen Geräten wie dem Computer massiv das Wasser abgräbt. Persönlich beobachte ich diesen Prozess sehr interessiert und wechsle das eigene mobile Gerät mit einer hohen Kadenz, um technische Neuerungen zeitnah auszuprobieren. Der rasche Wandel scheint sich auch auf die Medienhäuser und deren Journalisten auszuwirken. Bei Redaktionsbesuchen für den Masterlehrgang „New Media Journalism“ sprachen Verleger und Redaktionsleiter von „Sharable Content“, „Mobile first“-Strategien und dem Ziel, die Konsumenten durch deren Alltag zu begleiten. Als Journalist war ich bislang in klassischen Medien tätig, als Redakteur beim Privatradio und als Journalist beim Fernsehen bediente ich die Konsumenten in erster Linie auf klassischen Empfangsgeräten und zu fixen Publikationszeitpunkten – solche neuen Anforderungen waren mir also eher fremd. Selber wanderte mein Medienkonsum innerhalb weniger Jahre aber verstärkt auf das Mobiltelefon – Journalistische Erzeugnisse konsumiere ich je länger je weniger auf Papier oder grossen Bildschirmen, sondern auf meinem Mobiltelefon – und zwar wann und wo ich will. Dass dieses Verhalten einem Trend entspricht soll die vorliegende Arbeit unter anderem aufzeigen. Unklar ist aber, ob dieser enorme Wandel einen Einfluss auf das tägliche Schaffen von Journalisten und deren Produkte hat und wenn ja wie dieser Einfluss aussieht. Hat ein Technikwandel dem Journalismus eine neue Richtung gegeben? Oder wird der Einfluss des Wandels überschätzt? Und in welche Richtung könnte sich der Journalismus entwickeln? Diese spannenden Fragen sollen mithilfe der vorliegenden Masterarbeit angegangen werden. Simon Hutmacher, Zürich am 14. September 2015

3

1.2

Relevanz des Themas

„Die breite Bevölkerung interessiert sich praktisch nur fürs Telefonieren und das Senden oder Empfangen von SMS-Nachrichten. Der Verkauf von Handys mit PCEigenschaften, von so genannten Smartphones, dümpelt bei fünf Prozent am gesamten

Endgeräteabsatz.

Das

Hochleistungsnetz

UMTS

wird

kaum

genutzt.“ (Cash: 2006). So fasste eine Wirtschaftszeitung vor neun Jahren die Situation von Smartphones und mobilem Internet in der Schweiz zusammen – in der Zwischenzeit hat sich in der Schweiz wie auch global einiges getan. Im Juni dieses Jahres machte das amerikanische Traditionsblatt „The New York Times“ von sich Reden. Während einer Woche wurde den Journalisten auf den Arbeits-Desktop-Computern nämlich der Zugang zu der hauseigenen New York Times-Homepage gesperrt. Der Grund dafür wurden den Mitarbeitenden des Newsrooms in einer Mail erläutert: „Mehr als die Hälfte des Traffics auf unserer Seite geschieht über Mobile Devices. Wir hoffen, dass diese temporäre Sperrung uns helfen wird, dass der Fokus auf mobile Inhalte einen zentraleren Stellenwert in unserem täglichen Schaffen erhält“. Die Mitarbeitenden waren angehalten, die hauseigene Website über ihre eigenen mobilen Geräte aufzurufen (The Wall Street Journal, Juni 2015). Das traditionelle Medienunternehmen unternimmt solche Experimente wegen einem tiefgreifenden Nutzungswandel. In den USA verzeichnen bereits 39 von 50 Nachrichten-Webseiten mehr Traffic von Smartphones und Tablets als von herkömmlichen Desktop-Computern. Gleichzeitig verbringen aber nur bei 10 von jenen 50 Webseiten die Mobil-Nutzer mehr Zeit pro Besuch als die Desktop-User. Anders ausgedrückt: Es greifen zwar immer mehr Nutzer per Mobilgerät auf Online-Nachrichtenangebote zu, dies aber kürzer als am grossen Computerbildschirm (Pew Research Center 2015). Nicht nur in den USA sind Medienunternehmen wegen dem rasch stattfindenden Nutzungswandel gefordert. Die britische Tageszeitung “The Guardian” hat jüngst ein Team ins Leben gerufen, welches Innovationen entwickeln soll, um Nachrichten besser auf mobile Geräte anzupassen. Eine Medien-Stiftung hat dafür 3 Millionen USDollar springen lassen. Deren Vizepräsidentin erklärte die Grossinvestition folgendermassen: “Mittlerweile wird die Hälfte der News mobil konsumiert. Die Medienunternehmen müssen daher sehr rasch neue Strategien für die Zukunft entwickeln, damit Nachrichten auf kleineren Bildschirmen attraktiver dargestellt 4

werden können (The Guardian 2015). Im aktuellen Innovationsreport der BBC (erschienen Ende Januar 2015) werden fünf technische Trends geortet – einer davon ist die steigende Konnektivität der Nutzer durch mobile Geräte. Die BBC prognostiziert, dass diese Technologie die Nutzer noch stärker dazu befähigt, qualitativ hochstehende Inhalte sowohl überall und jederzeit zu konsumieren wie auch selber herzustellen. Das führe dazu, dass Medienorganisationen grosse Innovationen für den digitalen Content hervorbringen müssten und die Leute vermehrt unterwegs Video schauen würden, da die Konnektivität und die Anzeigegeräte auch mobil bessern würden (BBC 2015: 15).

Auch in der Schweiz ist der Fokus von Medienunternehmen hin zu den mobilen Empfangsgeräten gerückt. Die jüngst bekannt gewordene neue Digitalstrategie des öffentlich-rechtlichen Rundfunkbetreibers SRF in der Deutschschweiz beinhaltet den Ansatz „Mobile First“. Und der ehemalige Chefredakteur des Spiegels, Wolfgang Büchner, hat als neuer Geschäftsführer der „Blick“-Gruppe in der Schweiz seinen Mitarbeitenden folgende Zielvorstellung formuliert: Ab Anfang 2016 soll der Newsroom der „Blick“-Gruppe noch stärker auf die Herausforderungen der fortschreitenden Digitalisierung ausgerichtet sein. Ab dann soll der Newsroom Inhalte produzieren, die in erster Linie auf dem Smartphone konsumiert werden (Tagesanzeiger 2015). Und kurz vor Fertigstellung dieser Arbeit lancierte 20Minuten Ende August eine Neuauflage der eigenen Mobil-App, in welcher die Leser wesentlich stärker eingebunden werden. Der Verlag liess sich die Weiterentwicklung gemäss eigenen Aussagen eine siebenstellige Summe kosten. Die Journalisten sehen sich also mit einer neuen Art des Wandels konfrontiert. Während die Digitalisierung noch in vollem Gange ist, müssen sie den Kanal „Online“ nun anfangen zu differenzieren – in stationäre und mobile Nutzung. Bei der Entwicklung und Verbreitung von Smartphones kann von einer disruptiven Innovation gesprochen werden und es ist insofern spannend, ob und wie sich die Schweizer Medienhäuser konkret gegenüber dieser Entwicklung verhalten und bewegen.

5

1.3

Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit ist in drei Hauptteile aufgegliedert:

Zunächst soll eine Einleitung die Relevanz des Themas aufzeigen. Im Anschluss wird anhand diverser Gerätebeispiele und Marktzahlen aufgezeigt, wie der mobile Wandel in der Schweiz und auch global innerhalb weniger Jahre von statten gegangen ist. Der erste Teil erstreckt sich von Kapitel 1 bis 2.

Anschliessend wird im Theorieteil der aktuelle Stand der Forschung aufgezeigt. Insbesondere

soll

auf

die

nicht

mehr

zeitgemässe

Anwendung

des

Technikdeterminismus und daraus folgend auf die Technikfolgenabschätzung eingegangen werden. Zudem werden aktuelle Forschungsbefunde zum veränderten Medienkonsum aufgrund des mobilen Wandels aufgelistet. Dieser mittlere Teil umfasst das Kapitel 3.

Der dritte und umfangreichste Teil widmet sich der Empirie. Zunächst werden aufgrund von Forschungsfragen überprüfbare Hypothesen gebildet. Danach wird beschrieben, mit welcher Methodik die Hypothesen überprüft werden sollen. Zum Schluss werden die Forschungsergebnisse präsentiert und ein Fazit gezogen. Dieser Teil erstreckt sich über die Kapitel 4 bis 7.

6

2 Der mobile Wandel In diesem Kapitel wird aufgezeigt, welche Entwicklung Smartphones in Bezug auf die mobile Internetverbindung, die Darstellung und Portabilität innerhalb von 10 Jahren durchlaufen haben. Dazu wird aufgezeigt, wie die Netzbetreiber die mobile Internetversorgung ausgebaut haben und wie stark das mobile Internet über die Zeit genutzt wurde. Dafür werden Zahlen der Nutzung am Beispiel Schweiz aufgezeigt. Die Fallauswahl wird im folgenden Abschnitt dargelegt.

2.1

Fallauswahl Entwicklung Mobile Devices

Um den Wandel hin zum verstärkten mobilen Konsum zu dokumentieren, wird als Fallauswahl die Schweiz definiert. Dies aus verschiedenen Gründen. Zum einen findet die technologische Entwicklung des mobilen Internets je nach Weltregion mit unterschiedlichem Tempo statt. Aus geographischen Gründen können einzelne Länder einfacher eine landesübergreifende Netzabdeckung anbieten als andere, beispielsweise weil sie topographisch weniger Höhenunterschiede aufweisen als andere. Dazu kommt auch die Ausgestaltung der politischen Mitspracherechte. Während Mobilfunkantennen in gewissen Regionen schnell und unkompliziert gebaut werden können, müssen sie in anderen Teilen der Erde einen regelrechten Marathon durch verschiedene Vernehmlassungsformen nehmen – das Mitspracherecht der Bevölkerung und die Ansprüche an die Bauform können den Bau um Jahre hinauszögern oder sogar ganz verhindern. Unter anderem diese Unterschiede führen dazu, dass einzelne Ländern in der mobilen Technologie wesentlich fortgeschrittener sind als andere. Südkorea beispielsweise führte bereits im Jahr 2011 flächendeckend den Mobilfunkstandard LTE ein, während in der Schweiz zu diesem Zeitpunkt noch mit dem deutlich langsameren HSDPA-Standard gesurft wurde. Dies unter anderem deswegen, weil die LTE-Frequenzen vom Bund (die eidgenössische Verwaltung) erst ein Jahr später an die Mobilfunkbetreiber versteigert wurden. Für die folgende Untersuchung bietet es sich also an, den Fokus auf ein Land zu richten. In der Schweiz ist die Smartphone-Durchdringung ausserordentlich hoch und hat bei jungen Leuten nahezu den Faktor 100% erreicht (MUI 2014) – dazu besitzt die Schweiz ein hohes Wohlstandsniveau. Generell ist die Schweiz zwar eine Hochpreisinsel, nicht jedoch für Elektronikprodukte. Diese sind in den umliegenden Ländern Österreich, Frankreich und Italien deutlich teurer – ein iPhone 6 128GB kostet im August 2015 beim 7

günstigsten Schweizer Anbieter beispielsweise 29% weniger als bei den günstigsten Deutschen und Österreichischen Anbietern – Italiener müssen gar 58% mehr für dasselbe Telefon bezahlen. Und dies, obwohl der Schweizer Kaufkraftstandard (das verfügbare Einkommen) gemäss dem Bundesamt für Statistik im Jahr 2014 1.7-mal höher als in Italien und 1.3-mal höher als in Deutschland war. Die tiefen Preise für Elektronikartikel liegen unter anderem daran, dass ein harter Wettbewerb zwischen den Online-Shops tobt. Diese Faktoren, das hohe Lohnniveau und die tiefen Preise für Elektronikartikel, führen dazu, dass sich hochwertige Smartphones in der Schweiz rasch etablieren. Die Schweizer sind zudem Weltmeister im Zugfahren, nirgends sonst werden derart viele Bahnkilometer pro Person und Jahr zurückgelegt (Litra 2011). Dadurch kann auch von einem hohen Grad an Nutzung von mobilem Internet ausgegangen werden – denn im Gegensatz zum Autoverkehr kann im öffentlichen Verkehr das mobile Internet nahezu hürdenlos genutzt werden. Da in der vorliegenden Arbeit sowohl die Entwicklung der mobilen Endgeräte aber auch die journalistischen Erzeugnisse dafür sowie Aussagen von Journalisten analysiert werden, gibt es auch logistische Gründe für die Fallauswahl Schweiz. Der Autor ist selber in der Schweiz wohnhaft – daher sind die Analyse der journalistischen Erzeugnisse sowie die Face-to-Face-Interviews mit Experten wesentlich einfacher zu bewerkstelligen als wenn dies in einer anderen Region geschehen würde (Die Fallauswahl der Medienhäuser und Experten wird in Kapitel 5.2 erläutert). Zusammengefasst kann daher festgehalten werden, dass der mobile Wandel in der vorliegenden Arbeit sich auf das Fallbeispiel der Schweiz begrenzt.

2.1.1 Begriffsdefinition Smartphone Zunächst soll in diesem Unterkapitel festgehalten werden, wie in dieser Arbeit der Begriff „Smartphone“ definiert wird, damit die späteren Ausführungen, welche darauf Bezug nehmen, klar gekennzeichnet sind. Unter einem Mobile Device – oder auch mobilem Endgerät – versteht man ein technisches Gerät, das sich aufgrund von Grösse und Gewicht leicht transportieren lässt und durch seine „autarke Stromversorgung an wechselnden Orten“ verfügbar gemacht werden kann (Rügge 2007:18). 8

Der Begriff Smartphone ist ursprünglich eine Bezeichnung aus dem Marketing, entsprechend gibt es verschiedene Definitionen für den Begriff. Pitt (2010: 27) definierte etwa, dass ein Smartphone vier Eigenschaften mitbringen muss, nämlich multimediale

Einsatzmöglichkeiten

mit

hochauflösenden

Bildschirmen,

Beschleunigungs- und Lagesensoren sowie Ortungsfähigkeit und App-Stores. Für die vorliegende Arbeit sollen die Kriterien aber verändert werden, um die Entwicklung der Geräte über zehn Jahre hinweg aufzeigen zu können. Der Fokus wird auf die mobile Internetverbindung gerichtet. Für die Definition eines Smartphones soll also das Kriterium aufgestellt werden, dass ein Mobile Device selbstständig ohne zusätzliche Hardwarekomponente eine Verbindung mit dem mobilen Internet herstellen kann – dies sowohl über WLAN wie auch mittels einer SIM-Karte über das Mobilfunknetz. Die Telefonie über GSM soll ebenso möglich sein – damit wird die Abgrenzung zu Tablets mit Internetzugang sichergestellt. Da es einige Ausnahmen unter den Tablets gibt, wird die maximale Diagonale des Bildschirms auf 17.27 Zentimeter (6.8 Zoll) festgelegt. Zudem verfügt ein Smartphone über einen Bildschirm, welcher mittels Berührung die Steuerung zulässt, einen sogenannten Touchscreen. Zum Eingeben von Text wird ein Buchstabenfeld eingeblendet oder eine Hardware-Tastatur verwendet und ein Sensor erfasst, wie der Nutzer das Smartphone hält, um die Inhalte in Hoch- oder Querformat darzustellen. Auf der internen Festplatte können beispielsweise Musik, Videos und Fotos gespeichert werden (Vgl. Definition itwissen.de).

2.2

Die Evolution des Smartphones

Innerhalb von zehn Jahren – von 2005 bis 2015 – haben sich Bauform, technische Fähigkeiten und Ausstattung von Smartphones deutlich verändert. Im Jahr 2005 waren Smartphones noch Nischenprodukte.

Den grössten Marktanteil unter allen

Mobiltelefonen wiesen Geräte mit dem Betriebssystem Symbian OS mit 51% auf (TDG Research 2006) und der Grossteil der Geräte waren keine Smartphones. Erste Geräte, welche gemäss Definition dieser Arbeit zu der Kategorie der Smartphones gehörten, liefen mit dem Betriebssystem Windows Mobile 5.0 von Microsoft. Der Marktanteil dieser Geräte lag im Jahr 2005 weltweit bei 17% (TDG Research: 2006). Gemeinsam hatten die Geräte, dass der Bildschirm nicht mit dem Finger sondern einem Passiven 9

Stylus bedient wurden. Auf das Internet wurde mittels WLAN oder UMTS zugegriffen. Die folgende Auflistung richtet das Augenmerk auf je ein Gerät pro Erscheinungsjahr. Es sollen Geräte präsentiert werden, die bestimmte technische Eigenschaften wie eine verbesserte Auflösung des Bildschirms oder einen schnelleren Internetstandard als eines der ersten Geräte auf dem Markt innehatten. Die Liste soll dadurch aufzeigen, welche technischen Möglichkeiten zu jenem Zeitpunkt vorherrschten (ausgewählt werden ausschliesslich Geräte, die global vertrieben wurden).

2005: Das erste Produkt mit eingebautem UMTS-Modul war das Modell „HTC Universal“. Die maximale Geschwindigkeit für das mobile Internet betrug 384 kbit/Sekunde. Der Bildschirm mass 9.1 Zentimeter in der Diagonale (3.6 Zoll) und löste mit 480 x 640 Pixel auf. Das Gerät brachte ein Gewicht von 287 Gramm auf die Waage.

Abbildung 1: HTC Universal (Quelle: pdadb.net)

2006: Im Jahr 2006 kamen die ersten Geräte mit dem schnelleren Internetstandard HSDPA auf den Markt. Unter ihnen war das HTC Hermes 300. Dank der UMTS-Erweiterung HSDPA verfügte das Gerät über eine maximale mobile Internetgeschwindigkeit von 7.2 Mbit/Sekunde. Der Bildschirm wies eine diagonale Länge von 7.1 Zentimetern (2.8 Zoll) auf und löste mit 240 x 320 Pixel auf – auch hier erfolgten die Eingaben mittels eingebautem Stift. Insgesamt wog das Gerät 176 Gramm.

10

Abbildung 2: HTC Hermes 300 (Quelle: pdadb.net)

2007: 2007 folgte ein Meilenstein in der Entwicklung des Smartphones. Apple lancierte die erste Generation des iPhone. Das Gerät unterstützte zwar lediglich den Internetstandard GPRS und Edge (maximal 384 kbit/Sekunde), bot also in Sachen Internetverbindung keine Neuheiten. Neuartig war aber die Art der Bedienung: Statt mit einer Hardwaretastatur wurden alle Eingaben auf dem Touchscreen mittels den Fingern vorgenommen. Apple hatte dazu das Betriebssystem iOS mit extra grossen Icons entwickelt sowie die „Multi-Touch-Technologie“ eingeführt. Dies bedeutet, dass mehrere Finger gleichzeitig Eingaben vornehmen können. Der Bildschirm mass 8.89 Zentimeter (3.5 Zoll) und löste mit 480 x 320 Pixel auf. Insgesamt wog das Gerät 135 Gramm.

Abbildung 3: iPhone (Quelle: allenpike.com)

11

2008: Im Jahr 2008 folgte die Antwort von Google. Mit dem HTC Dream lancierte der Suchmaschinenanbieter mit Android ein neues Betriebssystem und das HTC Dream war das erste Gerät, welches damit ausgestattet war. Auch Android setzte auf die Eingabe via Finger, obschon zunächst viele Android-Geräte noch mit HardwareTastaturen erschienen. Das Gerät verfügte über eine HSPA-Internetanbindung (7.2 Mbit/Sekunde), einen 8.1 Zentimeter (3.2 Zoll) grossen Bildschirm mit einer Auflösung von 320x480 Pixel sowie über ein Gewicht von 158 Gramm.

Abbildung 4: HTC Dream (Quelle: phonesdata.com)

2009: Bereits die dritte Generation des iPhone, das iPhone 3GS, wurde von Apple 2009 lanciert. Apple stieg nun auch auf den Zug des damals schnellen mobilen Internets auf und

spendierte

dem

Gerät

den

Internetstandard

HSDPA.

Damit

wurden

Downloadraten von 7.2 Mbit/Sekunde möglich. Bildschirm und Gewicht blieben identisch mit dem iPhone der ersten Generation (3.5 Zoll bei Auflösung 320x480 Pixel, 135 Gramm).

12

Abbildung 5: iPhone 3GS (Quelle: d3nevzfk7ii3be.cloudfront.net)

2010: Einen weiteren Meilenstein in der Entwicklung konnte HTC mit dem Modell EVO 4G setzen. Das Android-Gerät war das erste weltweit verfügbare Smartphone mit der mobilen Internet-Technologie 4G, auch LTE genannt. In diesem Gerät betrug die maximale Downloadrate 10Mbit/Sekunde. Das Smartphone verfügte mit 10.9 Zentimetern Bildschirmdiagonalen (4.3 Zoll) und einer Auflösung von 480 x 800 Pixel auch über einen deutlich grösseren und schärferen Bildschirm als die Vorgänger. Das Gerät wog 170 Gramm.

Abbildung 6: HTC EVO 4G (Quelle: img.gadgetian.com)

13

2011: Die

Auflösung der Bildschirme und die

verfügbare

Internetgeschwindigkeit

entwickelten sich weiter. Motorola veröffentlichte 2011 das Modell Droid Razr. Es wies bei einer Bildschirmdiagonale von 10.9 Zentimetern (4.2 Zoll) eine Auflösung von 540 x 920 Pixel auf. Durch die erweiterte LTE-Technologie waren Downloadraten von bis zu 50 Mbit/Sekunde möglich. Das Gerät brachte 127 Gramm auf die Waage.

Abbildung 7: Motorola Droid Razr (Quelle: shopologgy.pk)

2012: In den Listen der beliebtesten Smartphones tauchte nun Samsung immer häufiger als Hersteller auf. Im Jahr 2012 veröffentlichten die Südkoreaner die zweite Ausführung ihres Phablets, das Galaxy Note 2. Samsung war es, welcher den Begriff Phablet (eine Mischung aus den Begriffen Phone und Tablet) salonfähig gemacht und damit eine neue Nische im Smartphone-Markt etabliert hat. Die erste Generation des Note verkaufte sich 2011 überraschend gut, deshalb lancierte Samsung weitere Versionen der für diese Zeit überdimensionierten Geräten. Das Galaxy Note 2 wies einen wuchtig grossen Bildschirm mit einer Diagonalen von 13.9 Zentimetern (5.5 Zoll) und einer Auflösung von 720 x 1280 Pixeln auf. Durch den Standard HSPA+ wurden Downloadgeschwindigkeiten von maximal 42.2 Mbit/Sekunde möglich, das Gerät wog 182 Gramm.

14

Abbildung 8: Samsung Galaxy Note 2 (Quelle: matjarey.com)

2013: Mittlerweile als Tochterunternehmen von Microsoft, veröffentlichte der einstige finnische Gigant Nokia weitere Smartphones. Im Jahr 2013 stellte Nokia das Lumia 1520 vor. Das Smartphone lief mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone und wies eine Bildschirmdiagonale von 15.2 Zentimetern (6 Zoll) auf. Dazu löste der Bildschirm mit Full HD, also mit 1080 x 1920 Pixeln auf. Das Gerät brachte 209 Gramm auf die Waage und konnte via LTE Internetverbindungen von bis zu 150 Mbit/Sekunde herstellen.

Abbildung 9: Nokia Lumia 1520 (Quelle: phonesdata.com)

2014: Lange wehrte sich Apple gegen den Trend der wachsenden Smartphone-Bildschirme, nun aber stellte der amerikanische Konzern nach dem Tod des Firmengründers Steve Jobs mit dem iPhone 6 Plus erstmals auch ein Phablet vor. Das Gerät verfügte über eine Bildschirmdiagonale von 13.9 Zentimetern (5.5 Zoll) und eine Full HD-Auflösung 15

(1080 x 1920 Pixel). Auch hier waren nun Downloadgeschwindigkeiten von bis zu 150 Mbit/Sekunde möglich, dazu wog das Gerät 172 Gramm. Apple lancierte erstmals zwei Geräte in einem Jahr, das eine Modell blieb mit einem 4.7 Zoll-Bildschirm vergleichsweise klein.

Abbildung 10: iPhone 6 neben iPhone 6 Plus (Quelle: blogs-images.forbes.com)

2015: Während sich die meisten Geräte bei einer Bildschirmgrösse zwischen 5 und 5.5 Zoll einpegelten, tauchten auch gigantische Geräte auf, welche die Grenze zwischen Smartphones und Tablets noch stärker aufweichten. Der aufstrebende Chinesische Hersteller Huawei stellte 2015 das Gerät Huawei P8 Max vor. Das Smartphone wies eine Bildschirmdiagonale von 17.2 Zentimetern auf (6.8 Zoll) auf, dies mit einer Full HD-Auflösung (1080 x 1200 Pixel). Das Gerät wog 228 Gramm und stellte LTEInternetverbindungen von maximal 150 Mbit/Sekunde her.

Abbildung 11: Huawei P8 Max (Quelle: i.ytimq.com)

16

Weitere Trends im Jahr 2015 waren 2K-Bildschirme, die eine schärfere Auflösung als Full HD lieferten. Sony stellte Anfang September 2015 dann das weltweit erste Gerät mit einem 4K-Bildschirm, also der vierfachen HD-Auflösung, vor.

2.2.1 Weltweite Entwicklung der Bildschirmgrössen Die exemplarisch ausgewählten Smartphones im vorangehenden Abschnitt lassen den Schluss zu, dass die Bildschirmgrösse bei den Smartphones innerhalb weniger Jahre massiv gewachsen und auch die Geschwindigkeit des mobilen Internets rasch angestiegen

ist.

Technik-Blogger

Alex

Barredo

hat

zur

Entwicklung

der

Bildschirmgrösse eine Statistik erstellt (Gizmodo.com: 2014). Nach der Lancierung des ersten iPhones im Jahr 2007 erfasste er über 4‘000 Smartphones, welche weltweit lanciert wurden, in einer Datenbank. Die Messung dauerte bis Anfang 2014.

Abbildung 12: Durchschnittliche Bildschirmgrössen (Quelle: gizmodo.com)

Anhand der Kurve ist zu beobachten, dass es fünf Jahre gedauert hat, bis die durchschnittliche Bildschirmgrösse von 3 auf 4 Zoll angewachsen ist. Innerhalb von zwei Jahren ist die Durchschnittsgrösse dann aber auf 5 Zoll angewachsen, das Wachstum hat sich also beschleunigt und die aktuellen Spezifikationen von 17

Smartphones zeigen, dass dieser Trend bis zum aktuellen Zeitpunkt ungebrochen bleibt.

Die Statistik zeigt weiter, dass die Portabilität von Smartphones nicht zugenommen hat. So sind die aktuellen Geräte leicht grösser als vor einigen Jahren. Die Zunahme der Gerätegrösse ist aber deutlich flacher als diejenige der Bildschirme. Dies liegt daran, dass die Hersteller den Screen-to-Bezel-Ratio (Verhältnis der Bildschirmgrösse zu der Gesamtgrösse des Geräts) erhöhen konnten – Smartphones mit deutlich grösserem Bildschirm sind also nur minim grösser als die älteren Produkte mit deutlich kleineren Bildschirmen.

Abbildung 13: Durchschnittliche Screen-to-Bezel Ratio (Quelle: gizmodo.com)

18

2.3

Der „Sonderfall Schweiz“

Seit 2009 verfasst die Y&R Group Switzerland einen jährlichen Media Use Index (MUI). Dabei werden zwischen 1‘500 und 2‘000 Personen zwischen 14 und 69 Jahren in der Schweiz (Deutsch- und Westschweiz) online zu ihrem Mediennutzungsverhalten befragt. Die Strichproben sind laut Y&R Group repräsentativ gemäss den offiziellen Strukturdaten der Länder. Im Jahr 2009 besassen 35% der Schweizer ein iPhone, nirgends sonst auf der Welt war die Durchdringung des Apple-Geräts derart stark wie in der Schweiz (Y&R Group Switzerland, Media Use Index 2009). Der Siegeszug des iPhones setzte sich fort, im Jahr 2012 nutzte die Hälfte aller Smartphone-Besitzer in der Schweiz ein Apple-Gerät, während 40% das Konkurrenz-Betriebssystem Android benutzten. Erst ab 2012 flachte die Marktdomination von iOS in der Schweiz langsam ab und 2014 hatte Android erstmals die Nase vorn (MUI: 2014). Diese Entwicklung widerspiegelt keinesfalls die globale Entwicklung. 2012 wies Android eine Marktdominanz von 69.3% auf und steigerte diese bis 2015 auf 82.8%. Das Apple-Betriebssystem iOS wies 2012 einen Anteil von 16.6% auf und sackte bis 2015 auf 13.9% ab (IDC: 2015).

Marktanteile iOS und Android 90 80 70

79.8

84.8

69.3

60 50

50

40

40

48 45

49 42

12.9

11.6

2013

2014

30 20

16.6

10 0 2012

Android global

iOS global

Android CH

iOS CH

Abbildung 14: OS-Marktanteile. (Eigene Darstellung. Daten-Quellen: MUI 2012-2014 / IDC 2012-2014)

19

Die Schweiz war und ist gemäss diesen Zahlen eine iPhone-Hochburg. Dies ist insofern relevant, weil damit vor allem die Geräteentwicklung von Apple den technischen Wandel des mobilen Internets in der Schweiz definiert hat. Das erste iPhone mit Breitband-Internetstandard war das iPhone 3GS mit HSDPA und einer maximalen Downloadrate von 7.2 Mbit/Sekunde. Dieses Gerät erschien 2009, vorher war schnelles mobiles Internet in der Schweiz also ein eher untergeordnetes Thema. Auch das Entgegenhalten von Apple zum Trend der immer grösser werdenden Smartphone-Bildschirme hatte vermutlich einen Einfluss auf die Nutzungsarten in der Schweiz.

Abbildung 15: Average Screen Size of New iPhones (Quelle: gizmodo.com)

Wie obige Grafik demonstriert, machte Apple erst 2012 mit dem iPhone 5 einen Vergrösserungsschritt beim Bildschirm und hinkte der Konkurrenz bewusst weiterhin hinterher, ehe man 2014 das erste Phablet präsentierte (siehe Kapitel 2.3). Dies dürfte dazu geführt haben, dass der verstärkte mobile Konsum von Internetinhalten in der Schweiz erst 2012 eingetreten ist. Bereits in den Neunzigerjahren gab es Studien über die Auswirkung von kleinen Bildschirmen in Bezug auf die Fähigkeit, im Internet zu surfen. Eine Studie (Han / Kwahk 1994: 360ff.) kam zum Schluss, dass kleinere Bildschirme die Effektivität von User-Interaktionen um bis zu 50% reduzieren können. Dillon, Richardson und McKnight (1990: 215ff.) stellten fest, dass es für die Nutzer schwieriger ist, sich auf Inhalte auf kleineren Bildschirmen zu fokussieren, da mehr 20

gescrollt werden muss. Edwards (2013: 68-70) hält fest, dass vor allem die wachsende Grösse von Smartphones dazu führt, dass Notebooks und Desktop-Computer ersetzt werden und Stockwell (2008: 253ff. ) sowie Cheon et al. (2012: 1054ff. ) konnten nachweisen, dass unter anderem die Grösse des Bildschirm darüber entscheidet, ob eine mobile Applikation Erfolg hat oder nicht.

Betrachtet man den Media Use Index der Schweiz über den Zeitraum der Jahre 20102014 bezüglich des mobilen Internetkonsums, kann die These nachvollziehbar dargestellt werden. Im Jahr 2010 nutzten 25% der Bevölkerung das Internet per Mobiltelefon, 2011 waren es 44%, was der grössten Penetrationsrate in den deutschsprachigen Ländern Europas entsprach. 2012 waren es 54% und ein grosser Sprung war 2013 zu beobachten: 70% der Schweizer gingen in diesem Jahr per Smartphone ins Internet, zudem gaben 76% der Smartphone-Besitzer an, täglich mobil auf das Internet zuzugreifen und knapp die Hälfte der Teenager gab an, häufiger mit dem Smartphone online zu sein als mit einem Computer. 2014 schliesslich gingen 75% der Bevölkerung mit dem Smartphone online (MUI: 2010-2014). Bedenkt man, dass das Modell iPhone 5 von Apple Ende September 2012 auf dem Schweizer Markt erschien und erstmals statt 3.5 Zoll einen 4 Zoll-Bildschirm mit sich brachte, kann der Anstieg im Jahr 2013 als Folge der einfacheren Lesbarkeit und Bedienbarkeit mit einem grösseren Bildschirm gedeutet werden.

CH-BEVÖLKERUNGSANTEIL, DER MIT SMARTPHONE ONLINE GEHT Bevölkerungsanteil 80%

iPhone 5 Lancierung

60% 40%

20% 0% 2010

2011

2012

2013

2014

Abbildung 16: Bevölkerungsanteil, der mit Smartphone online geht. (Eigene Darstellung. Quelle der Daten: MUI 2010-2015)

21

Auch die technische Entwicklung bezüglich Netzabdeckung für mobiles Internet in der Schweiz hat in den vergangenen zehn Jahren einige Meilensteine gesetzt. Für die folgende Übersicht wird vom Szenario ausgegangen, dass ein Medienkonsument einen zweiminütigen Video-Beitrag unterwegs auf seinem Smartphone abrufen will. Es wird davon ausgegangen, dass dieses Video 80 MB gross ist. Die folgenden Zeitangaben gehen immer von Laborwerten, also der maximal möglichen Geschwindigkeit aus – in der Praxis wies das Netz viele Lücken auf oder bot zu wenig Bandbreite, um alle Nutzer mit der maximal möglichen Geschwindigkeit bedienen zu können.

2005: Die Vergabe der UMTS-Lizenzen ist schon fünf Jahre her, nun startet Swisscom mit dem Ausbau des Netzes. Auch Orange zieht nach und bedient ab Oktober städtische und touristische Gebiete. Die maximale Geschwindigkeit beträgt 384 Kbit / Sekunde. Das bedeutet: Für den Abruf des Nachrichtenvideos werden mindestens 27 Minuten und 47 Sekunden benötigt. 2006: Swisscom nimmt das „Turbo-Mobilfunknetz“ mit der Bezeichnung HSDPA in einigen Grossstädten in Betrieb. Bis Ende Jahr werden rund 40% der Kunden mit der Technologie abgedeckt. Die maximale Downloadrate beträgt 1.8 Mbit / Sekunde. Für den mobilen Konsum des Nachrichtenvideos bedeutet das eine Wartezeit von mindestens 5 Minuten und 56 Sekunden.

2007-2008: Swisscom baut die Technologie auf HSPA (Kombination von HSDPA und HSUPA) aus. Maximal sind nun Downloadraten von 7.2 Mbit / Sekunde möglich. Das Nachrichtenvideo kann nun mobil innert 1 Minute und 29 Sekunden heruntergeladen werden.

2009-2010: Einmal mehr legt Swisscom vor und konzentriert sich auf den Ausbau von HSPA+. Dabei werden Bandbreiten von bis zu 28 Mbit / Sekunde möglich. Neu dauert der Abruf des 80 MB grossen Videos noch 23 Sekunden. Allerdings zeigt ein Test der Sendung

Kassensturz

im

Oktober

2010,

dass

die

durchschnittliche

Downloadgeschwindigkeit auf dem Swisscom-Netz gerade mal 1.6 Mbit / Sekunde beträgt.

22

2012 – 2015: Ab Dezember schaltet Swisscom als erster Netzbetreiber in der Schweiz das LTE-Netz auf. Zunächst nur in zwölf Städten, doch wächst das Netz stetig weiter. Mitte 2015 sind laut Swisscom 97% der Bevölkerung mit LTE versorgt. Die maximale Downloadrate beträgt nun 150 Mbit / Sekunde – das Nachrichtenvideo kann also innert 4

Sekunden

heruntergeladen

werden.

LTE

bietet

nebst

hohen

Übertragungsgeschwindigkeiten auch kurze Antwortzeiten was wichtig für den Abruf aufwändiger Websites ist. Swisscom kündigt an, ab Ende 2015 auf den Standard 4G+ zu setzen, welcher doppelt so schnelle LTE-Geschwindigkeit bringen soll. International wird zudem bereits über die nächste Generation, ein 5G-Netz, diskutiert. Dieses soll in Europa ab 2020 gar die hundertfach höhere Datenrate als LTE-Netze bieten.

Die Daten des Media Use Index, die Beobachtung der Entwicklung der mobilen Internettechnologie in der Schweiz sowie der Blick auf die Entwicklung der Smartphone-Modelle zeigen auf, dass alleine zwischen 2012 und 2015 enorme Entwicklungsschritte von statten gingen. Die Zahl der Leute, die mit dem Smartphone auf das Web zugreifen hat genauso wie die mobile Internetgeschwindigkeit massiv zugenommen und dazu wurden die Geräte multimedialer und moderner.

Inwiefern ein solch umfassender technischer Wandel Einfluss auf soziale Systeme wie die Medien nehmen könnte, soll das folgende Kapitel aufgrund von Theorien und wissenschaftlichen Erkenntnissen ausarbeiten.

23

3 Theorie und Stand der Forschung In diesem Kapitel wird zum einen mithilfe von Sekundärliteratur reflektiert, welchen möglichen Einfluss Technik auf den Journalismus nehmen kann. Darauffolgend soll eine theoretische Auslegeordnung über die Zuschreibung von Technik und ihren Folgen gemacht werden. Als dritter Theorieteil werden die verschiedenen Auswirkungen des verstärkten mobilen Medienkonsums wissenschaftlich beleuchtet.

3.1

Der Einfluss der Technik auf den Journalismus

Journalismusforscher untersuchten bislang einerseits vor allem die Phänomenen des Wandels (Fengler/Kretzschmar 2009; Hohlfeld et al. 2002) und andererseits die MetaProzesse

und

die

daraus

folgenden

Auswirkungen

für

gesellschaftliche

Selbstverständigung und Selbstbeobachtung (Schneider 2012; Schmidt 2011; Neuberger 2009). Analysen zu den Einflüssen des ökonomischen, medienpolitischen und handwerklichen Wandels auf den Journalismus sind selten (Kramp 2012: 94 ff.). Die disruptive Innovation im Bereich der Smartphones kann zum ökonomischen und handwerklichen Wandel dazugezählt werden. Zudem blieb bislang die Meso-Ebene, also konkrete betriebliche Strukturen, in denen Innovationsprozesse ablaufen, weitgehend unerfroscht. Auf der Meso-Ebene spielen die Mitarbeiter eine wichtige Rolle, das heisst eine Analyse muss die Redakteure als zentrale Akteure in den Blick nehmen (Loosen et al 2013: 9). Insofern soll mit dieser Arbeit eine Analyse auf der Meso-Ebene durchgeführt werden.

Es gibt verschiedene Interpretationen, welchen Einfluss Technik auf den Journalismus nimmt (Brosda 2007: 285-286). Eine optimistische lautet, dass die Technisierung der Redaktion der Ermöglichung journalistischen Handelns dient, insbesondere im Hinblick auf Verbreitung und Vervielfältigung. Eine andere Interpretation besagt, dass die Technisierung eine notwenige, effizienzsteigernde systemische Ausdifferenzierung der Bereiche materieller Reproduktion darstellt. Negativer wird der Einfluss der Technik in dieser Interpretation bewertet: Die Technisierung führt zu einer problematischen Kolonialisierung journalistischen Handelns, indem redaktionelle Spielräume nicht mehr kommunikativ und kooperativ gestaltbar sind, sondern technisch vorgeprägt werden – man stellt also das Prinzip der Pfadabhängigkeit 24

technischen Wandels in den Vordergrund. Weischenberg nennt die elektronischen Systeme aus diesem Grund gar „Selbstschussanlagen für einen qualifizierten Journalismus“ (Hienzsch 1990: 242) und bezieht sich dabei auf die Ergebnisse von Hienzsch, der feststellt, dass die durch Technik forcierte Kybernetisierung der redaktionellen Arbeit die Redaktionsarbeit „entsprachliche“ (Vgl. Hienzsch 1990: 287). Pavlik (2000: 229-237) stellt die These auf, dass sich verändernde Technologien den Journalismus in mindestens vier Gebieten beeinflussen – nämlich in der Art, wie Journalisten arbeiten, im Inhalt der Nachrichten, in den Strukturen der Organisation und in der Beziehung zwischen verschiedenen Medienorganisationen. Es ist also entscheidend, ob Technik als Akteur oder als formbare Masse betrachtet wird. Über diese Definition war sich die Wissenschaft über die vergangenen Jahrzehnte nicht einig, wie die folgenden Abschnitte aufzeigen.

3.1.1 Die Abkehr vom Determinismus Die neue Realität, dass in der Schweiz Zugriffe auf das Internet verstärkt mobil erfolgen, hat Einfluss auf die hiesigen Medienhäuser. Ob und inwiefern technischer Wandel die Art des Journalismus verändert, wäre in den vergangenen Jahrzehnten je nach vorherrschender theoretischer Lehre aber sehr differenziert beantwortet worden.

Unerwünschte Folgen von Technik zeigten sich bereits im Altertum durch den übermässigen Einsatz von Landbautechnik in dafür ungeeigneten Regionen oder durch den Kahlschlag der mediterranen Waldgebiete für den Bau von Schiffen oder Gebäuden mit der heute noch sichtbaren Folge der Verkarstung ganzer Regionen (Grundwald 2010: 23). Doch wie stark und von welcher Seite Einfluss genommen wird, wurde in der wissenschaftlichen Geschichte unterschiedlich ausgelegt. Noch in den Siebzigerjahren hätte der wissenschaftliche Konsens gelautet, dass die technische Veränderung durch Smartphones tonangebend in der Veränderung, respektive der Weiterentwicklung des Journalismus ist – die Rede ist von der technikdeterministischen Sichtweise – in dieser Anschauung determiniert die Technik das soziale System, wird von diesem selbst aber nicht beeinflusst. Technik wird also als autonomes, exogenes und aussergesellschaftliches Phänomen betrachtet (Rammert 2007: 11-36). Im Technikdeterminismus wird die Gesellschaft durch 25

technologische Entwicklungen bestimmt – die Technik beeinflusst menschliches Verhalten und soziale Kommunikation (Belliger et al. 2011: 3). Technik wird als „Sachzwang“ oder als sich verselbständigte Entäusserung beziehungsweise Erweiterung des Menschen betrachtet (Schelsky, 1965; Gehlen, 1986). Später folgte die Gegenthese des Sozialdeterminismus, hier war die Kausalrichtung genau gegenstellig – man wäre also davon ausgegangen, dass Journalisten mitbestimmen, wie sich die Technik weiterentwickelt. Unter anderem haben Ansätze des niederländischen Sozialkonstruktivismus (Bijker et al. 1987; Bijker / Law 1994: 225ff.) sowie kulturalistischer Verständnisse des Verhältnisses von Technik und Gesellschaft (Weingart 1989) dazu beigetragen, Technik als eine sozial beeinflussbare Grösse zu verstehen. Gemäss Dolata (2007:65) war das Vertrauen ein Doppeltes: ein Vertrauen in die soziale Gestaltbarkeit von Technik als solche und darüber hinaus noch ein Vertrauen darin, dass eine derartig gestaltete Technik erheblich weniger unbeabsichtigte Nebenfolgen zeitigen werde. In gewisser Weise sei es eine Wiederkehr des Planungsoptimismus

in

neuem

Gewand.

Sowohl

die

Ansätze

des

Technikdeterminismus wie auch des Sozialdeterminismus gelten heute als überholt. Angetreten, den Irrtum des technologischen Determinismus zurückzuweisen, hat der Sozialkonstruktivismus den gegenteiligen Irrtum eines soziologischen Voluntarismus geboren (Ropohl 1999: 296).

3.1.2 Technikfolgenabschätzung als Lösung Durch den nicht lösbaren Widerspruch der beiden Determinismus-Richtungen, entwickelte

sich

neu

die

Technikfolgenforschung

(Constructive

Technology

Assessment, kurz TA) – der Begriff tauchte erstmals 1966 in einem US-Senatsbericht im Zusammenhang mit positiven und negativen Folgen technischer Entwicklungen auf . Massgeblich beteiligt an der Entstehung und inhaltlichen Ausgestaltung der TA-Idee in den USA waren neue soziale Bewegungen wie insbesondere die Umweltbewegung und die Konsumentenbewegung, die in zunehmenden Masse die nicht-intendierten negativen Folgen des Technikeinsatzes thematisierten (Paschen 1999: 77). Die Forschung und Methodik rund um die Technikfolgenabschätzung hat sich seit dann als gangbarer Mittelweg etabliert. In den Siebzigerjahren verbreitete sich der 26

Forschungszweig auch in Europa. Denn technischer Wandel erfolgt ausgehend von der bestehenden Konstellation durch Veränderung oder grundlegender Neuerung technischer

Wirkungszusammenhänge

und

zugleich

Nutzungsvorstellungen,

Nutzungspraktiken und institutionellen Rahmenbedingungen des Technikeinsatzes (Grunwald 2010: 64). Durch Beobachtungen und Analysen von Techniktrends sollen also Chancen und Risiken abgeschätzt werden. Technikfolgenabschätzung (TA) steht als Bezeichnung für Verfahren der Erfassung und kritischen Beurteilung von Bedingungen und gesellschaftlichen Folgen technischen Handelns. Der Begriff hat sich als Übersetzung von „technology assessment“ weitgehend durchgesetzt. Entweder synonym mit TA oder als Kennzeichnung eines speziellen Ansatzes der TA wird auch der Begriff „Technikbewertung“ verwendet. Die deutsche Übersetzung von TA ist in mindestens zweifacher Hinsicht irreführend. Erstens hat „assessment“ im Gegensatz

zu

„Abschätzung“

durchaus

den

Unterton

eines

rationalen

Beurteilungsprozesses. Zweitens wird durch „technology“ im Unterschied zu „Technik“ keine scharfe Grenze beispielsweise zu den Naturwissenschaften und medizinischen Disziplinen markiert. Alternative Übersetzungsvorschläge wie zum Beispiel Technikfolgenbeurteilung haben sich jedoch nicht durchsetzen können – deshalb wird auch in dieser Arbeit der Begriff Technikfolgenabschätzung verwendet. Inhaltlich

bestehen

also

starke

Überschneidungen

zu

Fragestellungen

der

Wissenschaftsethik. (Gethmann / Grunwald 1996: 7)

Die zunehmende Nutzung des Internets durch mobile Geräte und damit auch die Frage, inwiefern diese Geräte spezifisch von den Medienhäusern mit Informationen bespielt werden sollen, befindet sich in der Stabilisierungsphase (im Anschluss an die vorhergegangene Entstehungsphase vor einigen Jahren) – mittlerweile greift ein Grossteil der Bevölkerung mobil auf Informationsplattformen zu und es können Hypothesen über neue sozio-technische Handlungsformen erstellt werden, die in der kommenden Durchsetzungsphase dann Wirklichkeit werden – oder eben auch nicht oder in anderer Weise als zunächst gedacht (vgl. Schulz-Schaeffer: 16-17). Ein „Blick in die Zukunft“ ist also von Nöten, um die Frage des Einflusses auf den Journalismus beantworten zu können. Genau dafür eignet sich die Technikfolgenforschung – sie soll zukünftige Wirkungen neuer Techniken antizipieren und auf diese Weise eine Frühwarn-Funktion übernehmen; sie soll die zu beurteilende Technik im Kontext von Handlungsalternativen betrachten; sie soll herausfinden, wo Handlungsbedarf besteht 27

und welche Handlungsoptionen zur Verfügung stehen (vgl. Paschen / Petermann 1991: 26ff.). Allerdings ist die TA auch Jahrzehnte nach ihrer Entstehung noch immer eine junge Forschungskonzeption, in der sich auch innert wenigen Jahren noch viel ändern kann (Grunwald 2010: 11). Die Geschichte der Technikfolgenabschätzung lässt sich durchaus als Lernprozess interpretieren. Zudem wird der Begriff der Technikfolgenabschätzung selten in einen Zusammenhang mit dem Theoriebegriff gebraucht, TA gilt häufig als Praxis. Es

ist

deshalb

entscheidend

zu

definieren,

wie

die

Ausgestaltung

der

Technikfolgenabschätzung im vorliegenden Fall für den Einfluss des mobilen Wandels auf den Journalismus in der Schweiz angewendet werden soll. Dazu sollen zuerst die Begriffe reflektiert werden. Technik bedeutete zu den Anfängen der TA die Fokussierung auf Technik im traditionellen Ingenieurssinn wie zum Beispiel Grossanlagen. In den vergangenen 20 Jahren hat aber eine Verschiebung hin zu Querschnittstechnologien stattgefunden (Grunwald 2010: 275). Dazu zählt unter anderem die Informations- und Kommunikationstechnik. Es wird also eine moderne Form der TA angestrebt, welche sich von den industriellen Wurzeln loslöst. Der Begriff Folge kann als intendiert oder nicht intendiert interpretiert werden, dazu gibt es Hauptund Nebenfolgen, erwünschte und unerwünschte sowie vorhersehbare und unvorhersehbare Folgen (Grunwald 2010: 75). In der vorliegenden Arbeit sollen die möglichen Folgen als nicht intendierte, unerwünschte und damit unvorhersehbare Nebenfolgen definiert werden. 3.1.3 TA in der Anwendung Es gibt

keine allseits anerkannte generelle Struktur für TA-Projekte. Jede TA-

Untersuchung muss ihre eigene Struktur und die verwendete Methodik festlegen und begründen, angepasst an Fragestellungen, Anforderungen, Adressaten und den Gegenstandsbereich. Vor Beginn eines TA-Projekts muss eine Situationsanalyse vorgenommen werden (Grunwald 2010: 122). TA hat sich vor allem in der Politik manifestiert, in diversen Ländern sind Institute oder Büros für Technikfolgenabschätzung zu einer fixen Institution geworden. Beim Deutschen Bundestag gibt es etwa das Büro für Technikfolgenabschätzung – es ist eine selbstständige wissenschaftliche Einrichtung, die den Deutschen Bundestag und seine Ausschüsse in Fragen des wissenschaftlich-technischen Wandels berät. In der 28

Regel umfassen die TA des Büros Analysen sowohl zu den positiven und negativen Auswirkungen als auch zu den Potenzialen, Chancen und Realisierungsproblemen wissenschaftlich technischer Entwicklungen (Paschen 1999: 83). Das TA-Büro hat 1995 beispielsweise einen 250-seitigen Bericht zum aktuellen Entwicklungsstand von Multimedia in Deutschland verfasst. Dies illustriert, dass TA im Politikprozess aufwändig gestaltet ist. Der Bericht ist nämlich erst die Vorstufe für ein TA-Projekt, das dank der konkreten Vorschläge des Berichts aufgegleist werden könnte. Und dieses Projekt würde dann auch wieder über ein Jahr dauern. Auch in der Schweiz gibt es eine Institution für TA – das Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS. Es betreibt seit 1992 TechnologiefolgenAbschätzung gemäss einer im Bundesgesetz über die Förderung und Forschung und der Innovation verankerten Aufgabe (ta-swiss.ch 2015). Technikfolgenabschätzung wird in der Praxis also meist in der Politik betrieben, kann aber durchaus auch für kleinere Projekte wie die Fallstudie in der vorliegenden Arbeit genutzt werden. Renn und Wachlin (1998: 2ff) stellten vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Forschung an der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg ein Klassifikationsschema der TA mit vier Diskurstypen zur Diskussion. Der kognitive oder Wissensdiskurs umfasst Kommunikationsprozesse, bei denen Experten für Wissen mit dem Ziel einer möglichst wirklichkeitsgetreuen Abbildung und Erklärung eines Phänomens um die Klärung eines Sachverhaltes ringen. Die zweite Kategorie, der Reflexionsdiskurs, umfasst Kommunikationsprozesse, bei denen es um die Interpretation von Sachverhalten geht, um also Präferenzen und Werte zu klären. Daneben umfasst der Gestaltungsdiskurs Kommunikationsprozesse, die auf die Bewertung von Handlungsoptionen und/oder die Lösung konkreter Probleme abzielen. Dazu gehören Verfahren der Mediation ebenso wie Schlichtungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern oder politische beziehungsweise wirtschaftliche Beratungsgremien, die konkrete Politikoptionen vorschlagen oder evaluieren sollen. Die vierte Kategorie schliesslich ist der Vermittlungsdiskurs, welcher allerdings einen Sonderfall darstellt. Er dient dazu, einerseits die Ergebnisse der drei anderen Diskursformen

oder

auch

anderweitig

zustande

gekommene

Sachverhalte,

Bewertungen oder Gestaltungsvorschläge an unterschiedliche Adressaten zu vermitteln und allgemein oder zielgruppenspezifisch zum besseren Verstehen beizutragen. Die Vorgehensweise ist hier nicht zwangsweise diskursiv, auch wenn sie 29

diskursive Züge tragen kann. Der Vermittlungsdiskurs entspricht somit nicht dem Diskursbegriff im strengen Sinn.

Abbildung 17: Diskurstypen der TA. (Quelle: Oppermann / Langer 2002: 5-6)

In der vorliegenden Arbeit soll der der Reflexions-Diskurstyp angewendet werden, weil der mobile Wandel im journalistischen Sinne analysiert und bewertet werden soll.

30

Paschen (1999: 80-82) streicht wegen dem bis heute anhaltenden Prozess der Umorientierung und Modifizierung des TA-Konzepts und der TA-Philosophie die aus seiner Sicht sechs wichtigsten bisherigen Ergebnisse dieses Entwicklungsprozesses heraus:

I.

Neben die Funktion der Frühwarnung vor potenziellen negativen Technikfolgen („Wachhundfunktion“) sind als weitere gleichrangige Aufgaben des Technology Assessment

das Ausloten

der

Potenziale

wissenschaftlich-technischer

Entwicklungen und der damit verbundenen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Chancen („Spürhundfunktion“) getreten II.

Gesellschaftliche

Probleme,

Bedürfnisse

und

Erwartungen

bilden

in

zunehmenden Masse den Ausgangspunkt von Technikfolgenabschätzungen („probleminduzierte“ TA gegenüber der mehr an der Angebotsseite orientierten „technikinduzierten“ TA). Es geht darum, plausible oder wünschenswerte Szenarien zu entwerfen und alternative Wege zu beschreiben und zu analysieren, mit denen diese Szenarien erreicht werden können III.

Zentrale Zielsetzung moderner Technikfolgenabschätzung ist es, Prozesse der strategischen

Entscheidungsfindung

im

Bereich

von

Forschung

und

technischer Entwicklung und der Verbesserung von rechtlichen und sonstigen Rahmenbedingungen

für

technische,

soziale,

organisatorische

und

institutionelle Innovationen zu unterstützen. Dazu soll sie zur Gestaltung wissenschaftlich-technischer Entwicklungen und ihrer Anwendungsmodalitäten beitragen. IV.

Weitgehend

geteilt

wird

heute

in

die

Auffassung,

dass

Technikfolgenabschätzungen in vielen Fällen nur wirklich erfolgreich sein können, wenn sie nicht als „Einmalstudien“, sondern als Folgen bei Bedarf zu wiederholender Analysen und Bewertungen konzipiert sind. V.

Ein hohes Mass an Zustimmung hat inzwischen auch die Forderung nach Beteiligung interessierter und betroffener Einzelpersonen und Gruppen und sogar der allgemeinen Öffentlichkeit an wichtigen Technikfolgenabschätzungen gefunden. Zur Begründung dieser Forderung wird vor allem angeführt, dass durch die breite Partizipation von Nicht-Fachleuten die kognitiven Grundlagen von Technikfolgenabschätzungen verbessert, ihre Glaubwürdigkeit und

31

Akzeptanz erhöht und ihr Konfliktlösungspotenzial und ihre politische Legitimation verstärkt werden können. VI.

Technikfolgenabschätzungen

werden

heute

allgemein

als

„wertsensible“ Analysen aufgefasst, deren Ergebnisse in hohem Masse von den subjektiven Einschätzungen der TA-Analytiker, ihrer Auftraggeber und gegebenenfalls anderer an der Untersuchung Beteiligter abhängen. Auf jeder Stufe der Durchführung von Technikfolgenabschätzungen müssen Werturteile gefällt werden, so zum Beispiel bei den besonders kritischen und ergebnisbestimmenden

Festlegungen

über

die

Abgrenzung

der

Untersuchungsbereiche.

Im Sinne dieser Erkenntnisse setzt sich die vorliegende Arbeit explizit auch mit der „Spürhundfunktion“ der Technikfolgenabschätzung auseinander. Sie nimmt also weniger die Funktion eines Frühwarnsystems ein sondern soll stattdessen wissenschaftlich nachvollziehbar neben Gefahren auch Potenziale und Chancen des mobilen Wandels für den Journalismus beleuchten. Da gesellschaftliche Probleme und Erwartungen in der TA gemäss Paschen in den Vordergrund rücken, eignet sich eine Analyse des Einflusses auf das Mediensystem denn ohne freie Medien ist keine ungehinderte Meinungsbildung des Bürgers und damit keine Demokratie möglich (Kleinsteuber 1996: 33). Gemäss Punkt III hat die vorliegende Arbeit auch den Anspruch, Medienunternehmen in der strategischen Zielfindung im Zeichen des mobilen Wandels zu unterstützen denn TA hat den Anspruch, Orientierung für gegenwärtig

anstehende

Entscheidungen

durch

Reflexion

auf

zukünftige

Technikfolgen bereitzustellen (Grunwald 2010: 41).

32

Als betroffene Einzelpersonen sollen Journalisten miteinbezogen werden. Denn bei der TA spielt die Verteilungsgerechtigkeit in Bezug auf Chancen und Risiken von Technik eine besondere Rolle (Gethmann 1994: 20ff.). Adressaten der Beratung sind unter anderem Berufsgruppen und Individuen, die in der Ausübung ihrer Tätigkeiten mit der Gestaltung

wissenschaftlich-technischer Entwicklungen

befasst

sind

(Grunwald 2010: 80).

3.2

Veränderter Medienkonsum durch Mobilität

3.2.1 Ubiquität Nach der Festlegung der Gewichtung der Technik an für sich und der damit verbundenen Vorgehensweise drängt sich auch eine wissenschaftliche Einordnung der Veränderung durch den verstärkten Gebrauch von Smartphones auf. Dadurch, dass Smartphones in grossen Teilen der Bevölkerung bereits das Hauptgerät für den Internetkonsum

sind,

verändert

sich

auch

das

Nutzungsverhalten

bei

Medienangeboten. Bislang gab es stets Einschränkungen im Konsum von digitalen Medien. Das Radioprogramm konnte nur mit einem entsprechenden UKW-, respektive DAB-Gerät abgerufen werden – dazu werden die Nachrichten immer nur zu einem bestimmten Zeitpunkt gesendet. Selbstverständlich setzten die Radiostationen später auf Webradio und Podcasts, doch konnten diese auch nur stationär am DesktopComputer konsumiert werden – dasselbe galt für Videoangebote. Onlineportale wiesen zwar keine zeitlichen Restriktionen mehr auf, sehr wohl aber räumliche – da man an ein stationäres Empfangsgerät gebunden war. Durch die Verbreitung von Smartphones und der mobilen Internettechnologie werden diese Grenzen endgültig aufgebrochen. Es gibt keine zeitlichen und räumlichen Restriktionen mehr, der Zugriff auf gewünschte Informationsdienstleistungen wird also ubiquitär. Unter diesem Begriff wird verstanden, dass zum einen internetfähige Geräte in handlicher Form überallhin mitgenommen werden können (Auflösung räumlicher Restriktionen) und dadurch jederzeit Zugriff auf beliebige Online-Angebote möglich wird (Auflösung zeitlicher Restriktionen) (Hagen et al. 2013: 54). Die bislang gültige feste Ortszuschreibung wird aufgelöst. Tully (2009: 23) spricht auch davon, dass die moderne Kommunikations- und Mobilitätstechnik die Spuren der Orte verwischt. 33

Das Smartphone wird auch häufig zur Überbrückung von Wartezeiten, etwa der morgendlichen Zugfahrt zur Arbeit genutzt (Hulme / Truch 2006: 168). „Zweifellos kann die Zeit, die für den Berufsverkehr und das Warten in Banken und Flughäfen draufgeht jetzt für die Kommunikation per Handy besser genutzt werden“ (Katz 2006: 200). Köhler (2012: 228) geht noch weiter: „Allgegenwärtiges Internet und Smartphone bescheren uns eine neue Dimension in Sachen Unbestimmtheit“. Bei der Nutzung von Mobiltelefon stellt sich auch die Frage, die Winter (2006: 97) unter dem Stichwort „Konvergenz-Paradox“ anspricht: „Wissen wir, ob und wie jemand, der zu jeder Zeit, an jedem Ort mit prinzipiell jedem und allem verbunden sein kann, in Zukunft noch mit Dingen und Menschen verbunden sein wird?“. Gemäss Book et al. (2005: 119) gibt es drei Grade der Mobilität, nämlich die Gerätemobilität, die Nutzermobilität sowie die Dienst-Portabilität. Die Gerätemobilität ist dann gegeben, wenn ein Gerät mit einem Netzwerk verbunden bleibt, während es sich physisch in Bewegung befindet. Nutzermobilität bedeutet, dass der Benutzer nicht an ein bestimmtes Gerät gebunden ist um einen Dienst zu nutzen. Und DienstPortabilität bedeutet, dass ein Dienst überall unabhängig vom Aufenthaltsort des Nutzers verfügbar ist. Der Konsum von Medien via Smartphone deckt diese drei Grade der Mobilität allesamt ab.

3.2.2 Veränderte Darstellung Auch in die Art der Darstellung wird durch den mobilen Wandel beeinflusst. Wie Kapitel 2.2.1 gezeigt hat, sind die Smartphone-Bildschirme innert weniger Jahre stark gewachsen und auch die Darstellungstechnik hat sich bezüglich Auflösung deutlich verbessert. Trotzdem bleiben die Bildschirme im Vergleich mit klassischen Anzeigegeräten wie Desktop-Bildschirme oder Notebooks immer noch deutlich kleiner. Chittaro (2006: 2) unterscheidet deshalb zwischen „Traditional Visualization“ und „Mobile Visualization“. Unter anderem ist die Möglichkeit der Eingabe auf einem Smartphone deutlich eingeschränkter als auf einem klassischen Empfangsgerät, etwa infolge der verkleinerten Tastatur – dies hat Auswirkungen auf etwaige Eingaben, die vom Rezipienten verlangt werden, beispielsweise das Ausfüllen einer Umfrage oder eines Quiz. Chittaro streicht zudem heraus, dass die physikalische Umgebung bei der mobilen Rezeption sehr unterschiedlich sein kann. Die Inhalte können zum Beispiel 34

sowohl bei grellem Sonnenlicht – etwa im Sommer in der Badeanstalt – oder bei totaler Dunkelheit bei der Fahrt durch einen Tunnel konsumiert werden. Dies habe Einfluss auf die Wahrnehmung von Farben und Grafiken. Je nach Einsatzgebiet würden zudem traditionelle Geräte dem Smartphone vorgezogen und umgekehrt. Wenn ein Medizinforscher an einer Studie mit 10‘000 Patienten arbeitet, dann wird er den Desktopcomputer gegenüber dem Smartphone bevorzugen. Will er aber nur den Fortschritt eines einzelnen Patienten visualisieren, dann bietet sich eher das Smartphone an, da die Daten überall abgerufen werden können, auch direkt neben dem Spitalbett der Patientin (Chittaro 2006: 2). Diese Ausführungen lassen den Schluss zu, dass Medieninhalte für den mobilen Konsum, also als „Mobile Visualization“, speziell neu aufbereitet werden müssen. Gleichzeitig verschmelzen verschiedene Medien auf den Smartphones durch die Erhöhung der Bandbreite des mobilen Internets – denn die Distribution aller Arten von Content über das Internet wird gemäss Hess (2007: 8) ausschliesslich durch fehlende Bandbreiten begrenzt.

3.2.3 Prosument Mit der Verbreitung der mobilen Internettechnologie steigt auch das Potenzial der Interaktion zwischen Medienhäusern und deren Rezipienten. O’Reilly (2005) prägte den Begriff „Web 2.0“, welchen das Internet als „Mitmach-Web“ bezeichnet. Jenkins et al. (2006: 6) sprachen anschliessend von einer „new participatory culture“, die vor allem jüngere Internet-Konsumenten durch ungewöhnlich starkes Engagement auszeichnet. Sie schliessen sich sozialen Netzwerken an, nehmen darüber hinaus aber auch an Geschäftsprozessen aktiv teil und wollen direkt involviert werden, um eigene Beiträge zu leisten, ja direkt Einfluss zu nehmen auf das, was die eigentliche Funktion einer bestimmten Sach- oder Dienstleistung sein soll (Hellmann 2010:14). Durch die Verbreitung des Smartphones wurden solche sozialen Netzwerke zum ständigen Begleiter im Alltag (Höffken 2015:9). Die Zahl an potenziellen Prosumenten – also eine Mischung aus Konsument aber auch Produzent- steigt damit für Medienhäuser an. Die Tatsache, dass Smartphones personalisierte Geräte sind, also niemand anderes sie nutzt, reduziert den Aufwand bezüglich Registrierungen und der Eingabe von Passwörtern bei jedem Anmeldeprozess. So kann die Hemmschwelle der Teilnahme 35

an Beteiligungsverfahren sinken. Zudem sind aktuelle Smartphones mit einer ganzen Bandbreite an Sensoren und Funktionalitäten ausgestattet, so dass Informations- und Datenaustausch nicht nur über Text stattfindet sondern auch über die integrierte Kamera und Mikrofone, also mit Bildern, Videos, Audio-Dateien und Mischformen dieser Medien. Gemäss Höffken (2015:20) sind mobile Geräte Teil der alltäglichen KommunikationsInfrastruktur geworden. Dies prädestiniere

Smartphone-Besitzer dazu, neue

partizipative Wege zu beschreiten.

3.3

Änderungen für die Journalisten

Überträgt man diese Überlegungen in die Journalistik, bedeutet das, solche Akteure in den Mittelpunkt der Analyse zu stellen, die den Wandel tragen, das heisst primär Journalisten (Loosen et al. 2013: 5). Fakt ist, dass Journalismus und Medien ohne die Verbreitungsmöglichkeiten der Technik, verstanden als die „Verwendung bestimmter Werkzeuge durch den Menschen“, genauso wenig denkbar sind wie ohne redaktionelle Organisation. Neu hinzugekommen ist allerdings, dass auch die redaktionelle und damit die journalistische Arbeit selbst zunehmend technisch geprägt ist – und zwar unabhängig vom jeweiligen Medium. Relevant ist dies auch deshalb, weil technischer Wandel mit organisatorischem und institutionellem Wandel eng verknüpft ist (Brosda 2007: 284). Wolff (2013) hat zehn Dimensionen von mobilem App-Journalismus herausgearbeitet und definiert. Unter anderem umfasst das Potenzial die Möglichkeit zur Multimedialität der Inhalte sowie zur hohen Aktualität. Zudem

fördern

Smartphones

das

Zusammenspiel

von

Content

und

Hardwareelementen: So kann etwa der Lagesensors als Storytelling-Instrument eingesetzt werden, um spezifische Inhalte eines Beitrags durch die veränderte Haltung des Endgeräts zu rezipieren. Dies bedeutet für Journalisten neue Möglichkeiten, wie sie Geschichten erzählen und umsetzen können. Generell gibt es jedoch noch wenige Untersuchungen, welchen konkreten Einfluss die verstärkte Mobilität der Medienkonsumenten auf die Arbeit in den Redaktionen hat. Es gibt Ansätze, welche Journalisten in den Fokus rücken - zumeist beschränkt sich die Untersuchung aber eher generell auf die digitale Entwicklung.

36

Range/Schweins (2007: 72) schätzen die neuen Aufgabengebiete von OnlineJournalisten folgendermassen ein: Die Hauptaufgabe des Online-Journalisten besteht in der onlinegerechten Aufbereitung komplett vorliegender Texte. Vornehmste Aufgabe des Online-Redakteurs (…) ist das Einpflegen von Inhalten. Dieses Zitat stammt aus einer Zeit, wo Online-Journalismus noch vorwiegend für die Rezeption an stationären Computern angedacht war – die Anforderung des passgenauen „Einpflegens“ dürfte sich durch die verstärkte mobile Nutzung noch weiter erhöht haben. Laut Hakes (2011: 20) verteilen Medien als Konsequenz der digitalen Entwicklungen ihre Botschaften nämlich heute über mehrere Kanäle, aufbereitet für eine Vielzahl möglicher Endgeräte und Nutzungssituationen. Damit ändert sich auch das Anforderungsprofi an Journalisten, die in Zukunft immer öfter medienübergreifend werden planen und produzieren müssen. Diese Entwicklung hin zu einer crossmedialen Arbeitsweise führt nicht nur zu veränderten Arbeitsabläufen, sondern auch zur Entstehung neuer journalistischer Darstellungsformen. Für Journalisten birgt dieser Prozess eine Vielzahl neuer Herausforderungen aber auch beruflicher Möglichkeiten. Welche neuen Kompetenzen Journalisten dadurch mitbringen müssen, hat Alexandra Stark in ihrer Masterthesis (2010: 40-41) zusammengefasst:

Bereitschaft: Der Journalist interessiert sich für die allgemeine technologische Entwicklung im Bereich der Medien und für die sich daraus eröffnenden Möglichkeiten (der Produktion und Nutzung); Er steht Neuerungen grundsätzlich offen, aber auch kritisch gegenüber; Er akzeptiert, dass Aufgabenfelder und Prozesse sich aufgrund technologischer

Entwicklungen

verändern;

Er

verfügt

über

ein

gewisses

Frustrationspotenzial.

Fähigkeit: Der Journalist ist in der Lage, das Potenzial technologischer Entwicklungen (insb. auch die Verknüpfbarkeit) für den Journalismus zu erkennen; Er ist sich bewusst, dass nicht alles, was technisch möglich ist, journalistisch auch Sinn macht und allenfalls auch ethisch problematisch sein kann; Er ist sich bewusst, dass die Vermischung von Privatem und Journalistischem heikel sein kann; Er kann einschätzen, dass die Publikation aufgrund potenziell weltweiter Verbreitung ausserhalb der Zielgruppe eine andere Wirkung haben kann; Er ist in der Lage, sich in die Positionen (Sachzwänge) der anderen Projektteammitglieder einzudenken. 37

Fertigkeit: Der Journalist kann Inhalte kanalspezifisch aufarbeiten; Er weiss die neuen Recherche-, Kommunikations- und Produktions-Tools (Hard-/Software) effizient zu nutzen; Er lässt bei schnellen digitalen Kanälen genau die gleiche Sorgfaltspflicht walten wie zum Beispiel beim Print; Er kann, weil er das nötige Grundverständnis für die verschiedenen Bereiche der Medienproduktion (vor allem Finanzen und Technik) mitbringt, mit allen Beteiligten klar kommunizieren.

Wissen: Der Journalist kennt die aktuellen technischen Trends sowie Anwendungen, die journalistisch eine Rolle spielen (könnten); Er weiss, welche Geräte und Anwendungen (Hard- und Software) das Zielpublikum nutzt; Er kennt die spezifischen technischen Anforderungen, die die einzelnen Publikationskanäle stellen; ER kennt die journalistischen Stärken und Schwächen der Kanäle und weiss, welcher Kanal sich für welchen Aspekt des Inhalts eignet.

Die neuen Empfangsgeräte bergen zusammengefasst also grosses Potenzial, verlangen von den Journalisten aber auch neues Wissen und Anpassungsfähigkeit. Die Herausforderung für Medienanbieter besteht derzeit darin, alte und neue Nachrichtenkanäle zu integrieren und die Inhalte so aufeinander abzustimmen, dass der Nutzer in verschiedenen Rezeptionssituationen (…) zwar das Endgerät oder das Trägermedium, aber möglichst nicht den Anbieter wechselt. Ziel der Crossmedialen Strategie ist dann die komplementäre Nutzung aller integrierten Medien (Borowski 2003: 236).

38

3.4

Qualitätsmessung

Jährlich erheben Medienwissenschaftler der Universität Zürich die Entwicklung der Qualität in Schweizer Medien und halten diese in einem Jahrbuch fest. Im aktuellen „Jahrbuch 2014“ kommen die Forscher unter anderem zu folgenden Schlüssen, die direkt mit dem mobilen Wandel verknüpft sind: Innerhalb des Journalismus verdrängt Reichweite die Qualität, auch innerhalb des Informationsjournalismus setzt sich der Trend zur Unterhaltung fort.

Diese

Entwicklung wird durch den wachsenden mobilen Konsum und durch die HumanInterest-Bedürfnisse in den Social Networks verstärkt: „Virale News“ sind zum überwiegenden Teil Softnews (fög 2014: 2). Unter Softnews wird verstanden, dass sich Nachrichten mit bekannten Persönlichkeiten und Gesellschaft beschäftigen – sie dienen in erster Linie der Unterhaltung. Hardnews hingegen informieren über gesellschaftliche zentrale Themen der Wirtschaft, Politik und den Katastrophen (Burger 2005: 211). Unter Unterhaltungsnews

stärker

anderem

weil

nachgefragt

auf werden,

mobilen

Devices

vergrössert

sich

kurze der

Qualitätsunterschied zwischen den Onlinetiteln und ihren Pressependants. Immer weniger zeigt sich in den Onlineangeboten diejenige journalistische Qualität, die die Zeitungsmarken eigentlich erwarten liessen. Zusätzlich befördert die stark wachsende mobile Nutzung von Social Networks wie der Onlinenagebote rasch konsumier- und viral verbreitbare Kurz- und Kürzestmeldungen (fög 2014: 7-8). Das Jahrbuch attestiert also, dass der mobile Wandel Softnews gegenüber Hardnews fördert und zugleich dafür sorgt, dass Nachrichten kürzer werden. Dies führt gemäss den Forschern auch zu einem Wandel des Berufsprofils des Journalisten: Überspitzt formuliert laufe die Entwicklung weg von Spezialisten für Inhalt hin zu Spezialisten für ContentManagement-Systeme und Generalisten für Inhalte. Das tagesaktuelle Aufbereiten von Softnews-Inhalten und Kurznachrichten gewinne in der industrialisierten Newsproduktion auf Kosten des journalistischen Handwerks, also der Recherche und der Einordnung, an Bedeutung. Die Folgen davon seien zunehmende Unzufriedenheit auf Seiten der Journalisten (fög 2014: 20).

39

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass innerhalb weniger Jahre ein starker technologischer Wandel im Bereich der Smartphones stattgefunden hat, er entspricht einer disruptiven Innovation. Dies führt zu einer ubiquitären Nutzung von Medieninhalten, dazu werden die Rezipienten gleichzeitig auch zu Produzenten. Medieninhalte verändern sich durch die verstärkte mobile Nutzung aber laut Forschern auch deren Qualität. Aus diesen theoretischen Erkenntnissen ergeben sich im Rahmen der Fallstudie für diese Arbeit spezifische Fragestellungen und damit verbunden Forschungshypothesen.

40

4 Fragestellungen und Hypothesen F1: Welchen Einfluss hat die zunehmende mobile Nutzung auf die Geschwindigkeit im Journalismus? H1: Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto schneller und häufiger publizieren Journalisten. Diese Hypothese leitet sich aus dem Theorieteil über Ubiquität ab. Zudem gilt Aktualität als eine der Dimensionen des App-Journalismus und das Kapitel über den Wandel mobiler Geräte hat aufgezeigt, dass sich die Wartezeit des Konsumenten für Multimedia-Inhalte durch gesteigerte Bandbreite deutlich verringert hat. Dazu stellen die Forscher der Universität Zürich fest, dass durch erhöhte Mobilität mehr kürzere Inhalte durch Medien erzeugt werden.

F2: Wie verändert sich das publizistische Produkt aufgrund der verstärkten mobilen Rezeption? H2: Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto multimedialer sind journalistische Erzeugnisse. Diese Hypothese wird aufgrund der von Wolff (2013) gebildeten Dimensionen des App-Journalismus aufgestellt, wovon eine die Multimedialität ist. Zudem hat das Kapitel über den mobilen Wandel aufgezeigt, dass die mobilen Breitbandverbindungen deutlich vergrössert wurden und gleichzeitig die Bildschirme von Smartphones gewachsen sind – das Potenzial für speicherlastige Medien wie Bilder, Videos und interaktive Formen also vergrössert wurde. Zudem haben unter anderem Han und Kwahk (1994) aufgezeigt, dass grössere Bildschirme die Effektivität von user-Interkationen vergrössern.

F3: Welche neuen publizistischen Anforderungen stellen sich für Journalisten aufgrund der verstärkten mobilen Nutzung? H3: Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto kürzer fallen die journalistischen Texte aus. Unter anderem aufgrund der Ubiquität im mobilen Konsum von Medien wird diese Hypothese aufgestellt. Durch den Konsum an allen erdenklichen Orten – so auch im Freien – kombiniert mit den kleineren Bildschirmen könnte dazu führen, dass die Rezipienten aufgrund der eingeschränkten Lesbarkeit kürzere Texte wünschen. Unter anderem haben Richardson und McKnight (1990) festgestellt, dass es für Nutzer schwieriger ist, sich auf Inhalte auf kleinen Bildschirmen zu fokussieren.

41

F4: Welche Veränderung bezüglich Inputs von Rezipienten gibt es infolge der steigenden Konnektivität derselbigen? H4: Je mehr Konsumenten mobil auf Medieninhalte zugreifen, desto mehr publizistische Inputs geben diese in die Redaktionen. Diese Hypothese leitet sich aus dem Prinzip des Rezipienten als Prosument ab. Durch Ubiquität und Konnektivität werden soziale Netzwerke auch mobil genutzt und fördern die Interaktivität. Gerade jüngere Rezipienten sind es sich seit „Web 2.0“ gewohnt, Inhalte verbunden mit einem Gegenkanal zu konsumieren und damit zu interagieren. Zudem steigern die verbesserten Sensoren wie Kameras oder Mikrofone sowie die erhöhte mobile Bandbreite das Potenzial von multimedialen Prosument-Inhalten, welche den Qualitätsstandards von klassischen Medienunternehmen entsprechen.

F5: Welche neuen technischen Anforderungen stellen sich für Journalisten aufgrund der verstärkten mobilen Nutzung? H5: Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto mehr technische Fertigkeiten müssen Journalisten beherrschen. Diese Hypothese stützt sich darauf, dass unter anderem Hakes (2011) festhält, dass Medien als Konsequenz der digitalen Entwicklung ihre Botschaften über mehrere Kanäle aufbereitet für eine Vielzahl von Endgeräten und Nutzungssituationen zur Verfügung stellen müssen. Journalisten müssen diese neuen Kanäle kennen und sich neue Fertigkeiten zulegen, wie Stark (2010) aufzeigt. Das rasche Wachstum der mobilen Rezeption führte innerhalb einer kurzen Zeit zu neuen Kanälen und Endgeräten, die bedient werden wollen.

F6: Wie beurteilen Journalisten die publizistische Qualität aufgrund des mobilen Wandels? H6: Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto schlechter beurteilen Journalisten die publizistische Qualität ihrer Produkte. Diese Hypothese wird aus den Ergebnissen des Jahrbuchs der Medien 2014 abgeleitet. Die Forscher der Universität Zürich attestieren den Schweizer Medien eine sinkende Qualität, nicht zuletzt aufgrund des mobilen Wandels, der den Kampf um Klicks und damit Berichte mit tiefer Relevanz fördert. Die Forscher halten zudem fest, dass dies dazu führe, dass Journalisten zunehmen unzufrieden mit ihrem eigenen Produkt würden.

Sämtliche

Forschungshypothesen

werden

als

nicht

deterministisch

sondern

probabilistisch behandelt.

42

5 Empirischer Teil In diesem Kapitel werden die Operationalisierung der Variablen sowie die daraus folgenden Messinstrumente und die Abschätzung der Messgütekriterien vorgestellt. Im Anschluss werden die Untersuchungssamples vorgestellt und begründet, bevor ein Übererblick über die Messergebnisse gegeben wird. 5.1

Operationalisierung der Variablen

Die Forschungshypothesen sind kollektiv und beinhalten jeweils zwei skalierbare Variablen – es wird von einem monoton steigenden Zusammenhang ausgegangen. Die Dimension „Journalist“ wird bewusst nicht als „Online-Journalist“ definiert, da diese Trennung in Zeiten konvergenter Newsrooms nicht mehr zeitgemäss wäre. Entsprechend der Untersuchung wird aber davon ausgegangen, dass der Journalist Erzeugnisse auch im Internet veröffentlicht. Die unabhängige Variable „Konsum von journalistischen Inhalten mobil“, respektive „mobile Zugriffe auf Medieninhalte“ bei Hypothese H4 wird über die Zeit beobachtet. Dazu werden die repräsentativen Nutzungsstatistiken des Media Use Index (MUI) verwendet, dessen Ergebnisse bereits in Kapitel 2.3 herausgearbeitet wurden. Zudem wird anhand der NET-Metrix-Messung die Veränderung der mobilen Zugriffe im Kapitel 5.2.2 des Untersuchungssamples der Medienportale analysiert. Die unabhängige Variable bezeichnet also den Anteil der Bevölkerung, die mobil auf das Internet zugreift sowie den Anteil mobiler Zugriffe in Bezug auf die Gesamtzugriffe bei Medienportalen. Somit werden alle unabhängigen Variablen der sechs Forschungshypothesen durch kein aktives Messinstrument nachgeprüft, sondern die Veränderung über die Zeit wurde (MUI), respektive wird (NET-Metrix) mittels Sekundärdaten aufgezeigt. Die abhängige Variable „publizieren“ in H1 wird durch den zeitlichen Abstand zwischen Online-Publikationen sowie auch die Gesamtzahl der Publikationen über einen bestimmten Zeitraum verteilt definiert. Als Publikation gilt, wenn ein Journalist Inhalte neu generiert oder ändert und diese dann im Internet öffentlich macht. In H2 wird die Variable „multimedial“ folgendermassen operationalisiert: Je mehr verschiedene Medientypen in einem publizistischen Erzeugnis vorkommen (klassische 43

Medien wie Text, Bild, Video, Ton, Grafik aber auch neue Medientypen wie Tweets, Facebookposts oder interaktive Elemente), desto multimedialer ist das Erzeugnis. Die Variable „Textlänge“ aus H3 bezeichnet den Umfang von journalistischen Erzeugnissen, die online publiziert werden, bezüglich ihrer Zeichenzahl in einem Text. Unter der Variable „publizistische Inputs“ aus H4 werden alle Text-, Bild-, Audio- und Videokreationen von Medienrezipienten verstanden, die Medienhäusern direkt zur Verfügung gestellt werden. Die H5-Variable „technische Fertigkeiten“ bezieht sich auf die Anforderung an Journalisten bezüglich der Bedienung von elektronischen Eingabegeräten im Rahmen des Arbeitsplatzes aber auch der Navigation im Internet. In H6 schliesslich ist „die Beurteilung“ die Variable und nicht die publizistische Qualität – diese wird in dieser Arbeit nicht gemessen. Sie bezieht sich auf die subjektive Einschätzung von Journalisten bezüglich der Qualitätsentwicklung im Journalismus allgemein.

Wie in Kapitel 2.1 erläutert, wird für den Wandel hin zum verstärkten mobilen Konsum die Schweiz als Fallbeispiel herangezogen. Dies aufgrund dessen, dass einzelne Länder wegen der Topographie und der Politik in unterschiedlichen Geschwindigkeiten mobile Technologien wie beispielsweise die Netzabdeckung entwickeln. Zudem wurde aufgezeigt, dass die Schweiz nicht zuletzt wegen der hohen Kaufkraft und der dennoch unterdurchschnittlichen Preisen für Elektronik eine hohe Smartphonedurchdringung aufweist. Dazu kommt, dass die Bevölkerung in keinem anderen Land derart häufig und lang mit dem Zug unterwegs ist wie in der Schweiz, wodurch von verstärktem mobilem Konsum ausgegangen werden kann.

44

Und nicht zuletzt wurde die Schweiz gewählt, da sich in diesem Land das iPhone von Apple grosser Beliebtheit erfreut. Wie aufgezeigt wurde, wartete Apple mit technischen Revolutionen stets ab – der Wandel dürfte in der Schweiz also relativ schnell und heftig von Statten gegangen sein mit spürbaren Auswirkungen auf den Journalismus – es liegt eine disruptive Innovation vor.

5.2

Messinstrumente

Da die vorliegende Arbeit für den Überbau der Messung die Methodik der Technikfolgenabschätzung verwendet, werden deren Kriterien für die Wahl und Ausgestaltung geeigneter Messinstrumente verwendet. Gemäss Paschen (1990: 8082) soll die TA den Prozess der strategischen Entscheidungsfindung unterstützen, dies im Optimalfall durch die Beteiligung interessierter und betroffener Einzelpersonen. Zudem wurde festgelegt, dass der Reflexions-Diskurstyp nach Oppermann und Langer (2002: 5-6) für die vorliegende Arbeit angewendet werden soll. Dies führt zum Schluss, dass für die Messung die Journalisten als beteiligte Akteure zur Sprache kommen sollen. Daher werden Interviews als eines der beiden Messinstrumente festgelegt. Nicht zuletzt auch deswegen, um im Sinne der Technikfolgenabschätzung (Oppermann / Langer 2002: 5-6) bewusst auch auf die wahrgenommenen Potenziale und Chancen des mobilen Wandels einzugehen. Das zweite Messinstrument ist eine Inhaltsanalyse, deren Reflexion die Grundlage für die Interviews sein soll. Sowohl die Interviews wie auch die Inhaltsanalyse sollen qualitativer Natur sein. Denn damit können interessante Aspekte, die während der Forschung auftauchen in die Auswertung mit einfliessen. Dies bedingt, dass die Vorgehensweise der Forschung präzis beschrieben und dokumentiert wird. Dies gilt auch für das Vorverständnis des Forschers, das vollständig offengelegt werden muss (vgl. Mayring 2002: 28 ff.). Der Forscher der vorliegenden Arbeit arbeitet seit 2010 im Journalismus und war als Nachrichtenredakteur bei Radio- und TV-Stationen tätig. Aktuell amtet er als Videojournalist bei SRF und erstellt dort Fernsehbeiträge sowie dazu gehörige Webtexte. Weitere Tätigkeiten im Bereich des Onlinejournalismus weist er nicht auf, er kennt auch die inhaltlichen und gestalterischen Vorgaben des Onlinejournalismus ausschliesslich aus der Theorie.

45

5.2.1 Qualitative Inhaltsanalyse Das Instrument der qualitativen Inhaltsanalyse wird zum einen deshalb ausgewählt, weil

es

einen

objektiven

Vergleich

zwischen

den

Medienportalen

des

Untersuchungssamples zulässt – im Gegensatz zu qualitativen Interviews, die stark von der Einstellung und Erfahrung des Interviewpartners abhängig ist. Die Inhaltsanalyse kann sich zudem nicht nur mit dem semantischen Inhalt sondern auch

den

formalen

Gesichtspunkten

von

Texten,

Filmen

oder

Bildern

auseinandersetzen (Diekmann 2007: 576). Dabei sollen die journalistischen Produkte, gezimmert für den mobilen Konsum, analysiert werden – wissenschaftlich strukturiert mittels festgelegter Kategorien, welche eine Vergleichbarkeit und AnalyseAussagekraft gewährleisten. Die Arbeit wählt dafür die qualitative Vorgehensweise, da ein Hauptkritikpunkt der quantitativen Inhaltsanalyse ist, dass Zeichen und Symbolen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt würden (Dieckmann 2007: 607). Mittels einer Strukturierung sollen unter der Verwendung eines Kategoriensystems. Bei dieser Analyse rücken qualitative Aspekte in den Vordergrund, deshalb hat die Analyse nicht den Anspruch von Repräsentativität.

5.2.2 Sample für die qualitative Inhaltsanalyse Für die qualitative Inhaltsanalyse sollen verschiedene Medientitel aus der Deutschschweiz in die Fallauswahl miteinbezogen werde. Dies aus logistischen Gründen, da eine Sprachraumübergreifende Untersuchung nicht im

Umfang der

vorliegenden Arbeit realisiert werden könnte. Ein weiteres Kriterium ist, dass das Medium laufend online publiziert. Es darf zwar fixe Publikationszeiten aufweisen, etwa für ein tägliches News-Briefing – der Hauptteil der Publikationen sollen aber anhand der Aktualität und ungebunden an einen Publikationszeitpunkt veröffentlicht werden. Es soll sich also explizit um onlinejournalistische Produkte und nicht um leicht verändert dargestellte Printerzeugnisse handeln, die später noch im Internet veröffentlicht werden. Ein weiteres Auswahlkriterium ist die Verbreitung. Die Onlineportale der Medientitel sollen mindestens eine Million Unique Clients (Anzahl an Geräten, die mindestens einmal im Monat auf das Portal zugreifen) aufweisen. Zudem sollen sie inhaltlich nationale Ausstrahlung haben, also die Rubrik „Schweiz“ auf der 46

Internetseite platziert haben. Zudem wird darauf geachtet, dass die ausgewählten Portale möglichst alle von unterschiedlichen Medienhäusern kommen – dies um verschiedene Strategien aufzeigen zu können und ein möglichst umfassendes Bild durch Vielfalt zu erhalten (Kohorteneffekte sollen bewusst zugelassen werden). Die Medientitel, welche diese Kriterien erfüllen, sind 20Minuten Online (tamedia), tagesanzeiger.ch/Newsnetz (tamedia), watson (AZ Medien), NZZ Online (Neue Zürcher Zeitung), SRF Online (SRF) sowie Blick Online (Ringier). Die Portale 20min Online sowie tagesanzeiger.ch/Newsnetz werden trotz demselben Verlagshaus beide in der Fallauswahl berücksichtigt. Beide haben deutlich mehr als eine Million Unique Clients, verfügen aber über getrennte und eigenständige Redaktionen. Im Falle von blickamabend.ch, welches ebenfalls Ringier gehört und auch die benötigte Anzahl Unique Clients aufweisen könnte, werden viele Inhalte von der Blick Online-Redaktion übernommen. Deshalb wird dieses Portal für die Fallauswahl nicht berücksichtigt. Ausser watson, das seit der Gründung ausschliesslich online publiziert und SRF, wo die Online-Redaktion grösstenteils ausschliesslich Web-Inhalte generiert, haben alle Medienportale konvergente Redaktionen – die Journalisten arbeiten also sowohl für Print- wie auch für Onlineformate.

Die Nutzerzahlen über die vergangenen drei Jahre zeigt eine deutliche Erhöhung der mobilen Nutzer. Anhand der folgenden Tabelle wird in Prozentpunkten aufgezeigt, wie stark die Zahl der Unique Clients UC (Anzahl mobiler Geräte, die mindestens einmal pro Monat auf das Portal zugreifen) gestiegen ist. Aufgrund fehlender Zahlen von SRF Online und weil watson erst seit 2014 online ist, beschränkt sich die Untersuchung auf vier Medienportale des Untersuchungssamples.

47

Juli 2012 20 Minuten Online 1‘440‘000 UC

Juli 2015

Differenz %p

3‘478‘000 UC

+ 142 %p

Blick Online

720‘000 UC

2‘150‘000 UC

+ 199 %p

NZZ Online

315‘000 UC

1‘031‘000 UC

+ 227 %p

tagesanzeiger.ch

342‘000 UC

891‘100 UC

+ 160 %p

Abbildung 18: Veränderung der mobilen Unique Client-Zahlen. (Eigene Darstellung und Berechnung. Quelle Datensatz: netreport.net-metrix.ch/mobile)

Die Tabelle verdeutlicht den rapiden Anstieg mobiler Zugriffe innerhalb von drei Jahren – im Falle von NZZ Online wurde der Wert mehr als verdoppelt.

5.2.3 Methodik der qualitativen Inhaltsanalyse Die Forschungshypothesen H1-H3 sollen sowohl mithilfe der Inhaltsanalyse wie auch der Interviews überprüft werden. Dies ergibt für die qualitative Inhaltsanalyse die beiden Kategorien: 

Umfang und Aktualisierungsrate



Aufbau und Einzelelemente

Durch die Inhaltsanalyse sollen alle erfassten Artikel gemäss ihrer Ausgestaltung in Typen unterteilt und diese Typen dann mit den zwei obenstehenden Kriterien kategorisiert werden. Kategorie 1 ist dabei geschlossener und widmet sich gemäss Operationalisierung der Hypothesen der Anzahl Zeichen sowie den Zeitintervallen zwischen neuen Publikationen. Kategorie 2 ist bewusst offener gehalten und soll mittels deduktivem Vorgehen analysieren, welche verschiedenen Elemente in den journalistischen Erzeugnissen vorkommen.

Um die Vergleichbarkeit trotz tiefer Fallzahl zu gewährleisten, wurden von jedem Portal alle Erzeugnisse zum Thema „Zürcher Kantons- und Regierungsratswahlen“ am eigentlichen Wahltag als mobile Darstellung aufgezeichnet und anschliessend ausgewertet. Der Wahltag fand am Sontag, den 12.04.2015 statt und gilt als national 48

bedeutendes, politisches Ereignis, da es als „Gradmesser“ für die nationalen Wahlen im Herbst bezeichnet wird – alle grossen Medienhäuser berichteten entsprechend darüber. Da die FDP als grosse Wahlsiegerin aus den Wahlen hervorgegangen ist, deuteten dies viele Medien als Vorzeichen, das die FDP auch national bei den eidgenössischen Wahlen im Oktober 2015 obsiegen werde. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass die Zürcher Wahlen trotz regionalem Charakter zu einem nationalen Ereignis gehören. Zudem fliessen an Wahltagen über den Tag verteilt stets neue Informationen in die Redaktionen – das Thema eignet sich also für die Analyse mit Fokus auf die mobile Rezeption, da die Medienhäuser davon ausgehen müssen, dass ihre Konsumenten am arbeitsfreien Sonntag Informationen eher mobil empfangen – statt im Büro befinden sich die Rezipienten beispielsweise auf einem Ausflug. Überdies kann durch die laufende Entwicklung ausgeschlossen werden, dass bereits erzeugte Printprodukte für die mobilen Anwendungen optimiert wurden. Um die Fallauswahl einzuschränken, sollen nur Erzeugnisse ausgewählt werden, welche am Sonntag zwischen 12.00 Uhr (erste Hochrechnung) und 20.00 Uhr veröffentlicht, respektive aktualisiert wurden. Die Artikel müssen das Keyword „Zürich“

zwingend

enthalten,

zudem

mindestens

den

Begriff

„Kantonsratswahl*“ und/oder „Regierungsratswahl*“. Damit die Erzeugnisse aufgezeichnet werden, wie sie auf einem mobilen Gerät angezeigt werden, wurde das Programm WinWGet (ehemelas GetURL) für Windows PC verwendet. Dieses Programm dient dazu, relativ schnell und einfach Webseiten zu speichern und zu Archivieren. Im Gegensatz zu herkömmlichen Speichermethoden von Webseiten (etwa das einfache Speichern via Browser) kann WinWGet die Inhalte sogenannt rekursiv downloaden. Beim herkömmlichen Speichern werden Webseiten über den Druckertreiber heruntergeladen, man erhält also lediglich ein Abbild über das Ersichtliche auf der aufgerufenen Seite. Beim rekursiven Download hingegen werden auch verlinkte Unterseiten mitgespeichert – zudem werden auch Medien wie etwa verlinkte Videos mitgespeichert. Gleichzeitig gilt WinWGet als robustes Programm. Kann keine Verbindung mit der Webseite aufgenommen werden, versucht es das Programm weiter, bis Inhalte abgerufen werden können. Damit die Inhalte auf den Nachrichtenseiten so dargestellt werden, wie sie auf mobilen Geräten aussehen, muss bei WinWGet der „User Agent“ so eingestellt werden, als würde ein Smartphone auf die Seiten zugreifen. Für die vorliegende Untersuchung wurde dafür das Gerät Google Nexus mit dem Betriebssystem Android 4.0.4 eingegeben – zudem wurde eingestellt, 49

dass das Gerät mit dem mobilen Chrome Browser auf die Inhalte zugreift. Die Art der Darstellung von Webseiten kann nämlich je nach Gerät, nach Betriebssystem und nach Art des verwendeten Browsers unterschiedlich ausfallen. Dazu wurde die Einstellung so vorgenommen, dass verlinkte Inhalte bis auf Level 3 mitgespeichert werden – das bedeutet, dass etwa eine verlinkte Seite in einem Newsbeitrag automatisch mitgespeichert wird und wenn diese ebenfalls einen Link enthält, dann auch diese verlinkte Seite. Das Programm wurde mittels Windows Task so eingestellt, dass es alle dreissig Minuten automatisch eine Sicherung von den Artikeln machte. Die Links zu diesen Artikeln wurden vom Autor selbständig in das Programm eingetragen. Mittels der Suchfunktion auf den Newsseiten und den Begriffen „Zürich“, „Regierungsratswahlen“ und „Kantonsratswahlen“ wurden diejenigen Artikel ermittelt, welche über die Wahlen berichteten – während dem Untersuchungszeitraum war die manuelle Präsenz also nötig, da teilweise neue Artikel erstellt wurden. Zudem wurden die

sogenannten

Push-Meldungen

der

Nachrichtenseiten

über

den

Untersuchungszeitraum hinweg vom Autor persönlich erfasst und dokumentiert da diese ebenfalls journalistische Erzeugnisse mit Inhalt darstellen. Diese lassen sich ausschliesslich mit einem Smartphone empfangen. Dafür wurden alle Apps der zu untersuchenden Nachrichtenportale auf einem Samsung Galaxy Note 4 mit dem Betriebssystem Android 5.0.1 installiert und der Empfang der Push-Meldungen aktiviert. Das Protokoll über die empfangenen Push-Meldungen findet sich im Anhang dieser Arbeit. 5.2.4 Qualitative Experteninterviews Die zweite Untersuchungsanordnung zur Messung der abhängigen Variablen ist eine Journalistenbefragung, die nach der Auswertung der Inhaltsanalyse stattfinden soll. Grund dafür ist, dass Resultate aus der qualitativen Inhaltsanalyse in den Fragekatalog einfliessen sollen – also, dass Journalisten sich zu den produzierten Ergebnissen und Abweichungen gegenüber Konkurrenzmedien äussern. Für die Befragung soll die Methode

der

qualitativen

Leitfadeninterviews

gewählt

werden.

In

der

Journalismusforschung sind neben repräsentativen standardisierten Befragungen Leitfadeninterviews als Erhebungsmethode etabliert (Riesmeyer 2011: 223). Zudem gehören Experteninterviews zum Standardrepertoire der Technikfolgenabschätzung. Sie können mehr oder weniger formalisiert sein und reichen von eher informellen 50

Expertengesprächen bis hin zu stark methodisch orientierten Verfahren. Zur Sicherung der Vergleichbarkeit sind strukturierte Interviewleitfäden oder ausformulierte Fragebögen wesentlich (Grunwald 2010: 186). Als Ergänzung zu den qualitativ gewonnenen Daten dienen Leitfadeninterviews dazu, Informationen zu erheben, die über das hinausgehen, was mit den Beobachtungen zu erfassen ist. Im Sinne der Offenheit der Technikfolgenabschätzung soll bewusst eine überschaubare Anzahl fest definierter Kategorien für die Interviews festgelegt werden. Mithilfe der Experteninterviews sollen die Forschungshypothesen H1-H6 überprüft werden (H1-H3 werden sowohl durch die Inhaltsanalyse wie auch durch die Interviews überlappend überprüft).

5.2.5 Sample der Experteninterviews

Pro untersuchtes Medienportal wurden je zwei Journalisten interviewt, insgesamt fanden also 12 Interviews statt. Die Anforderung, welche die Journalisten primär erfüllen mussten, war mehrjährige Berufserfahrung im Onlinejournalismus und, dass sie im Bereich „Information“ tätig sind. Zudem wurde darauf geachtet, dass die Altersverteilung möglichst breit ausfällt um eine grösstmögliche ErfahrungsPerspektive abzudecken. Auf weitere Einschränkungen wurde aber bewusst verzichtet, explizit wurde in der Anfrage nicht erfragt, ob die Journalisten ausschliesslich für den Kanal „Online“ tätig sind. Auch gab es für das Sample nicht die Vorgabe, dass die Interviewpartner am Tag der Zürcher Wahlen Artikel publiziert haben – dies zugunsten einer universellen Betrachtung der Ergebnisse, da die Ausgestaltung von OnlineErzeugnissen an anderen Tagen je nach Themenlage anders aussehen könnte und weil die Analyse von Ergebnissen anders ausfällt, wenn der Interviewpartner nicht aktiv an deren Gestaltung beteiligt war – es ist eine zusätzliche Aussenperspektive. Mittels E-Mails an die Redaktionen und den genannten Anforderungen wurden die Journalisten ausgewählt. Nachfolgend werden sie kurz vorgestellt:

Adrian Eng (33). Herr Eng ist seit Anfag 2014 bei watson als Chef vom Dienst und Blattmacher tätig (Leiter Newsdesk). Zuvor war er bei der Aargauer Zeitung und bei 20 Minuten tätig, insgesamt hat er schon acht Jahre für den Kanal Online publiziert. 51

Christoph Brunner (38). Christoph Brunner arbeitet seit 2012 bei Radio SRF im Regionaljournal Zürich/Schaffhausen als Moderator, Redakteur und Reporter. Nebst Radioberichten verfasst er dort auch Inhalte für den Online-Kanal. Zuvor arbeitete er 10 Jahre bei Radio 24, wo er in seinen letzten zwei Jahren auch Online publizierte. Am Zürcher Wahltag sass Christoph Brunner am News-Ticker.

Simon Eppenberger (37). Arbeitet seit 2006 für den Tagesanzeiger und seit 2008 publiziert er auch für den Kanal Online. Er ist stellvertretender Ressortleiter der Abteilung Zürich.

Maurice Thiriet (34). Herr Thiriet ist seit Anfang 2014 bei watson als Ressortleiter Gesellschaft und Politik tätig. Zuvor arbeitete er fünf Jahre für die Printausgabe des Tagesanzeigers und davor zwei Jahre für 20 Minuten Online. Insgesamt hat er also 3.5 Jahre Online-Erfahrung.

Christoph Stricker (58). Er arbeitet seit 1984 im Onlinejournalismus und ist seit 2013 bei SRF News als Onlineredakteur tätig. Zuvor arbeitete er beim Tagesanzeiger und bei NZZ Online.

Corsin Zander (26). Corsin Zander arbeitet seit zwei Jahren bei NZZ Online in den Schichten des Online-Diensts und als Reporter. Zuvor absolvierte er ein Praktika bei den Printzeitungen Schweiz am Sonntag, bei der WOZ und bei der NZZ.

Lea Hartmann (24). Frau Hartmann arbeitet bei Blick Online als Redakteurin im Ressort Nachrichten und am Newsdesk und dies seit zwei Jahren. Vorher war sie während

ihrem

Journalismusstudim

als Praktikantin

bei der SRF-Sendung

Kassensturz und beim Blick tätig.

Roman Neumann (32). Er ist seit Anfang 2014 bei 20 Minuten Online (konvergente Redaktion) als Nachrichten-Reporter tätig. Zuvor arbeitete er während sieben Jahren für Blick Online und davor 9 Monate für die Printzeitung Sonntags Blick.

52

Jacqueline Büchi (25). Jacqueline Büchi arbeitet als Reporterin für 20 Minuten (konvergente Redaktion) und dies seit 3 Jahren. Zuvor arbeitete sie bei Radio Top und publizierte dort auch für den Online-Kanal.

André Müller (25). Herr Müller arbeitet seit 2013 bei der NZZ im Ressort Zürich und ist dort am Newsdesk für den Online-Dienst zuständig, zudem arbeitet er als Reporter. Zuvor war er Chefredakteur des Jugend-Online-Portals tink.ch.

Oliver Baumann (36). Er ist seit 2012 bei Blick hauptsächlich als Online-NachrichtenRedakteur tätig. Zuvor war er 10 Jahre bei der Aargauer Zeitung, zunächst als Printjournalist, danach als Online-Produzent.

Pia Wertheimer (40). Pia Wertheimer arbeitet seit Oktober 2006 beim Tagesanzeiger in der Regionalredaktion. Vor fünf Jahren wechselte sie dann ins Online-Ressort und arbeitet seit 2012 konvergent. Sie hat die Leitung des Politikteams inne.

5.2.6 Methodik Qualitative Interviews Die Interviews wurden so festgelegt, dass sie rund 30 Minuten dauern, den Interviewpartnern wurde dies vor den Gesprächen mitgeteilt. Für die Durchführung wurde ausschliesslich die Methodik der Face-to-Face-Interviews ausgewählt, der Autor dieser Arbeit traf sich also mit den Journalisten entweder in öffentlichen Cafés oder an deren Arbeitsplatz. Durchgeführt wurden die Interviews zwischen dem 14. Juli und dem 4. August 2015 in Zürich. Der Einstieg fand immer nach demselben Muster statt. Zuerst wurde nach biografischen Daten und der journalistischen Laufbahn der Interviewpartner gefragt. Im Anschluss lautete die Einstiegsfrage, inwiefern die Journalisten beim Publizieren von Online-Artikeln an die Empfangs- und Rezeptionssituation ihrer Rezipienten denken. Im Anschluss folgte das Interview einem Leitfaden, welcher aufgrund der zu messenden Variablen und deren Operationalisierung folgende Kategorien wenn möglich in dieser Reihenfolge durchlaufen musste:

53



Ausprägung des Fokus auf mobile Rezeption (Unterscheidung Verlagshaus/Journalist)



Wahrnehmung über Art und Umfang der Veränderung über die vergangenen drei bis fünf Jahre, respektive seit Beginn im Onlinejournalismus



Wahrnehmung bezüglich des Zeitdrucks



Wahrnehmung bezüglich des Einsatzes verschiedener Medien



Wahrnehmung bezüglich Veränderungen im Textumfang



Wahrnehmung über veränderte technische und publizistische Anforderungen



Beurteilung der Menge und der Qualität an Inputs von Rezipienten



Beurteilung bezüglich der Entwicklung publizistischer Qualität



Persönliche Zukunftsvision für den Schweizer Onlinejournalismus

Ergänzungs- und Nachfragen in anderen Themenbereichen, die sich aus dem Gespräch ergaben wurden wenn möglich gezielt gestellt, um der qualitativen Ausprägung des Messinstruments gerecht zu werden. Die Fragestellungen bezüglich der vierten Kategorie über den Einsatz verschiedener Medien enthielten dabei Resultate aus der Inhaltsanalyse, worauf die Journalisten direkt Bezug nehmen konnten. Die Ergebnisse wurden nicht optisch gezeigt, sondern mündlich zusammengefasst wiedergegeben. Der dazugehörige Interview-Leitfaden sowie die transkribierten Einzelinterviews finden sich im Anhang dieser Arbeit. Mit den Journalisten wurde vereinbart, dass sie mit Namen in dieser Arbeit zitiert werden dürfen, jedoch das Transkript der Interviews vertraulich behandelt wird. Somit wurde ermöglicht, dass die Journalisten möglichst offen von Erfahrungen und Beispielen berichten konnten.

5.3

Messgütekriterien

Messungen sollten möglichst objektiv, zuverlässig und gültig sein – deshalb wird in der Wissenschaft darauf geachtet, dass die Messgütekriterien der Objektivität, der Reliabilität und der Validität eingehalten werden.

54

Notwendig aber nicht hinreichend für eine gültige Messung ist das Kriterium der Objektivität. Es besagt, in welchem Masse das Messinstrument unabhängig von derjenigen Person ist, die es angewendet hat. Lienert und Raatz (1969:14) unterscheiden zwischen Durchführungsobjektivität und Auswertungsobjektivität. Letztere kann mit der vorliegenden Arbeit durch klar definierte Kategorien bei der Auswertung der Inhaltsanalyse erreicht werden, da ausschliesslich eine Person – der Autor dieser Arbeit – gemessen hat. Die Durchführungsobjektivität wird dadurch sichergestellt, weil ein Computerprogramm (WinWGet) die Messung gemäss einer vordefinierten Programmierung vorgenommen hat. Bei den qualitativen Interviews wurde die Durchführungsobjektivität dadurch sichergestellt, dass die qualitativen Interviews immer nach demselben Schema und durch denselben Interviewer durchgeführt wurden, nämlich Face-to-Face (das Angebot eines Protagonisten, das Interview per Telefon durchzuführen, wurde deshalb abgelehnt) sowie nach einem Leitfaden, an den sich der Interviewer stets zu halten hatte. Die Auswertungsobjektivität wurde wie bei der Inhaltsanalyse durch ein vordefiniertes Kategoriensystem angestrebt.

Ebenfalls notwendig aber noch nicht hinreichend ist das Messgütekriterium der Reliabilität. Es definiert, ob das verwendete Messinstrument immer gleich misst. Realiabilität ist also das Mass für die Reproduzierbarkeit von Messergebnissen (Dieckmann 2007: 250). Bei der Auswertung der qualitativen Inhaltsanalyse sowie der qualitativen Interviews wurde deshalb die Test-Retest-Methode angewendet. Drei zufällig ausgewählte Interviews sowie drei zufällig ausgewählte Datensätze von den Medienportalen wurden anhand des Kategoriensystems ausgewertet. 14 Tage später wurde noch einmal nach denselben Kriterien ausgewertet und überprüft, ob dieselben Inhalte mit denselben Kategorien versehen wurden. Dies führte dazu, dass die erste Kategorie der Inhaltsanalyse (Umfang und Aktualisierungsrate) deutlicher definiert wurde. Zudem wurden Kategorien für die Auswertung der Interviews thematisch aufgespalten (etwa die Differenzierung des Fokus auf mobile Rezeption zwischen dem Journalisten und dem Verlagshaus).

Das wichtigste Messgütekriterium schliesslich ist die Validität und bezeichnet die Gültigkeit von Messungen und deren daraus folgenden Aussagen. Objektivität und Reliabilität sind lediglich notwendige Minimalanforderungen an ein Messinstrument. 55

Da Hauptziel ist dagegen die Konstruktion möglichst valider Messinstrumente (Dieckmann 2007: 256). Je nach Literatur werden verschiedene Unterkategorien von Validität festgelegt. Hier sollen die drei Unterkategorien gemäss Dieckmann 2007 verwendet werden, die der Inhalts-, Kriteriums und Konstruktvalidität. Die Unterkategorie der Inhaltsvalidität verlangt, dass zur Messung einer Variable das bestmöglichste Messinstrument angewendet wird. Aus diesem Grund wurden die beiden Messinstrumente der qualitativen Inhaltsanalyse sowie des qualitativen Leitfadeninterviews ausgewählt. Die Inhaltsanalyse entspricht einer neutralen Momentaufnahme, sie liefert einen direkten Vergleich innerhalb der Medienportale. Allerdings blendet sie Veränderungen über die Zeit, organisatorische Informationen aus den Redaktionen sowie weitere Einschätzungen der Akteure komplett aus. Die Interviews im Gegensatz können mittels retrospektiven und einschätzenden Fragen genau diese Defizite abdecken, sind aber immer stark von der interviewten Person und deren persönlichen Einschätzung abhängig. Durch die Kombination dieser beiden Instrumente sollte eine möglichst hohe Inhaltsvalidität erreicht werden. Die zweite Unterkategorie

-

die

Kriteriumsvalidität

-

gibt

an,

inwieweit

ein

Untersuchungsverfahren ein interessierendes Merkmal so misst, dass es mit einem für das Merkmal relevanten Aussenkriterium übereinstimmt. Dafür wurde für das Instrument des qualitativen Leitfadeninterviews ein sogenannter Pretest durchgeführt. Mit einem nicht in der Messung enthaltenden Online-Journalisten des Medienhauses SRF wurde das Interview gemäss Leitfaden durchgeführt und ausgewertet. Im Anschluss wurden die Resultate mit dem Journalisten zusammen besprochen. Dies offenbarte gewisse Schwächen bei den Fragen – beispielsweise die erwünschte Messung nach der Beurteilung, ob durch den mobilen Wandel schneller und häufiger publiziert werde. Anfänglich wurde die Frage exakt so ausformuliert gestellt, der Journalist konnte darauf aber keine gewissenhafte Antwort geben. Im gemeinsamen Auswertungsgespräch wurde dann ersichtlich, dass die Frage konkreter auf Untersuchungsergebnisse der Inhaltsanalyse abzielen muss. Im Falle dieser Arbeit also auf die Liveticker-Form verbunden mit der Frage, ob solche Formate aus Sicht des Journalisten zugenommen haben. Die Konstruktvalidität schliesslich wurde angestrebt, indem die Kategorien für die Auswertung der beiden Messinstrumente anhand der Literaturrecherche (Kapitel 3) vorgenommen wurden.

56

5.4

Ergebnisse der Inhaltsanalyse

Zunächst gilt es festzuhalten, dass jedes in dem Sample enthaltene Medienportal für die Berichterstattung zu den Zürcher Wahlen mindestens einmal das Instrument eines „Live-Tickers“ eingesetzt hat und dies auch zu den Haupterzeugnissen von allen Portalen an diesem Wahltag gezählt werden kann. Es handelt sich dabei um einen neuartigen

Typ

verschiedenen

der Berichterstattung, der schriftliche Kurzkommentare mit grafischen

Darstellungsformen

und

statistisch-tabellarischen

Informationen zu einem multimodalen und interaktiven Gesamtkomplex kombiniert. Nutzer lesen einen laufend aktualisierten Bericht zu einem Ereignis, und zwar während dieses Ereignis stattfindet. Im Unterschied zur Live-Berichterstattung des Fernsehens verlagert sich beim Live-Ticker die Darstellung vom audio-visuellen Live-Ereignis auf eine überwiegend textbasierte und grafische Ebene der Ereignispräsentation (Hauser 2008: 1). Die Art, wie diese Live-Ticker ausgestaltet waren, unterschied sich dennoch stark zwischen den einzelnen Portalen. Ausserdem wurden, je nach Portal, noch andere Formen von Publikationen gewählt. In der folgenden Tabelle findet sich eine Übersicht über die publizierten Stücke zwischen 12.00 Uhr und 20.00 Uhr – die Kategorien der festgestellten Berichte wurden während der Inhaltsanalyse gebildet.

Live-

sda-

Kommentar

Ticker

Bericht

watson

1

1

1

20min

1

-

Blick

1

NZZ SRF

Eigenbericht

Bilder-

Twitter-

Pushs

Story

Story

-

-

-

5

-

-

-

-

1

2

1

1

-

-

5

2

-

1

1

1

-

7

1

-

-

3

-

-

2

Tagesanzeiger 4

-

1

-

-

1

8

In den folgenden Abschnitten werden die Resultate sowie die Ausprägung der sieben Artikelarten vorgestellt. Der Schwerpunkt der Analyse entfällt auf die Live-Ticker, da sie bei allen sechs Portalen das umfangreichste Publikationselement am Wahlsonntag waren. Gemäss der zu überprüfenden Hypothesen H1-H3, werden die Elemente qualitativ auf die beiden Kategorien „Umfang und Aktualisierungsrate“ sowie „Aufbau und Einzelelemente“ hin untersucht.

57

5.4.1 Live-Ticker Nachfolgend findet sich eine Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Analyse der verschiedenen Live-Ticker.

watson: Kategorie Umfang und Aktualisierungsrate: Der Live-Ticker weist folgende Eigenschaften auf bezüglich Aktualisierungsrate und Umfang auf: -

47 Einträge insgesamt mit 15‘322 Zeichen

-

Durchschnittlich 326 Zeichen pro Eintrag

-

Durchschnittlich alle 6.7 Minuten ein Beitrag

Die Anzahl der Ticker-Beiträge sowie die durchschnittlichen Zeitabstände zwischen den einzelnen Beiträgen entsprechen damit in etwa dem Mittel der untersuchten Portale.

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Bei watson fällt sofort die Filterung und Einordnung einzelner Ticker-Einträge auf. Die wichtigsten Meldungen wie etwa neue Hochrechnungen sind mit einer speziellen Farbe gekennzeichnet. User können anwählen, ob sie nur diese wichtigsten Etappenmeldungen oder alle Einträge sehen wollen und auch, in welcher Reihenfolge (Neustes zuoberst oder am Seitenende) der Ticker angezeigt werden soll. Während der Live-Berichterstattung gibt es keine anderen Beiträge auf der Seite zu den Wahlen, der Live-Ticker ist das Hauptinstrument und soll mit den Filtereinstellungen verschiedene Interessen gleichzeitig abdecken.

58

Abbildung 19: Screenshot Filterung bei watson-Ticker (Quelle: watson.ch)

Jeder Eintrag besitzt eine eigene Schlagzeile. Der Hauptteil des Tickers sind Textblöcke

über

aktuelle

Prozentpunktdifferenzen

Ereignisse

zwischen

den

wie

neue

Parteiergebnissen

Resultate,

auch

werden

Text

als

ausgegeben. Dazu werden auch Grafiken eingebaut, welche Screenshots vom Statistischen Amt Zürich sind (teilweise ohne Quellenangabe). Zudem werden auch Tweets von beteiligten Akteuren oder Beobachtern eingebaut – einmal wurde die Tweet-Äusserung eines Bloggers zum Abschneiden der SVP in einer bestimmten Gemeinde direkt übernommen und als Neuigkeit eingeordnet – als Quellen dienten also nicht nur Agenturen und Reporter sondern auch Private. Im Ticker fanden sich auch Agenturbilder, die frisch reinkamen. Insgesamt sind drei Redakteure am Ticker beteiligt, es ist für den Leser jeweils ersichtlich, welcher Input von wem geschrieben wurde. Zuoberst sind fix die provisorischen Hochrechnungsresultate eingeblendet, welche zeitnah zu neuen Ergebnissen aktualisiert werden. Der Leser hat also jederzeit die schnelle Übersicht über den aktuellen Auszählungsstand ohne zu scrollen. Der Ticker besitzt neben der Filtrierung zwei Alleinstellungsmerkmal gegenüber den anderen Portalen. Erstens werden Erzeugnisse der Konkurrenz zitiert in den Ticker eingebunden und verlinkt, etwa ein Reaktionsvideo von Esther Guyer, das im Ticker auf Tagesanzeiger Online zu sehen war. Weiter hat watson mit der Möglichkeit, Inputs von Lesern mit in den Ticker zu nehmen. So wurde etwa die Frage eines Users nach den Prozentpunkten aufgenommen und sogleich im Ticker integriert beantwortet. Der Ticker wurde bis 17.06 Uhr betrieben.

59

20MIN ONLINE:

Kategorie Umfang und Aktualisierungsrate: -

43 Einträge insgesamt mit 11‘739 Zeichen

-

Durchschnittlich 273 Zeichen pro Eintrag

-

Durchschnittlich alle 8 Minuten ein Beitrag

Sowohl mit der Anzahl der Ticker-Beiträge sowie mit den durchschnittlichen Zeitabständen zwischen diesen Beiträgen bewegt sich 20 Minuten damit im Mittel der untersuchten Medienportale.

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: 20 Minuten baut den Ticker hauptsächlich auf Text-Elementen auf, sie machen den Grossteil des Inhalts aus. Auffällig ist, dass einzelne aus Sicht des Mediums wichtige Sätze und Aussagen in den Textblöcken jeweils fett geschrieben sind und damit herausgehoben werden. Eine leicht überschaubare Zusammenfassung gibt es innerhalb des Tickers nicht, die neuste Haupterkenntnis wird im Titel des Tickers festgehalten, welcher auf der Hauptseite von 20 Minuten ersichtlich ist und auf den Ticker verlinkt. Zudem hat der Leser die Möglichkeit, die Reihenfolge der Einträge (Neuste zuoberst oder ganz unten) zu ändern. Im Ticker werden Tweets eingebunden, sie beinhalten Einschätzungen und Reaktionen zu den Wahlergebnissen. Auch Grafiken finden sich im Ticker, zum einen sind es Screenshots vom Statistischen Amt Zürich (mit Quellenangabe), zum anderen eigene Kuchendiagramm-Grafiken über die aktuellen Sitzverteilungen (welche nicht dynamisch sind sondern als einfache Grafik daher kommen). 20 Minuten hat Reporter vor Ort im Wahlzentrum und nennt dies auch im Ticker, Aussagen von Akteuren vor Ort werden paraphrasiert und es werden eigene Bilder der Reporter in den Ticker eingebunden. Diese scheinen mit einem Mobiltelefon erstellt worden zu sein.

60

Abbildung 20: Reporter-Bilder bei 20 Minuten (Quelle: 20min.ch)

Dazu findet sich ein Video, das ebenfalls von den Reportern vor Ort erstellt wurde. Es zeigt einen hüpfenden Kantonsratskandidaten. Der Ticker wurde bis 18.00 Uhr betrieben und zeigte nach den ausgezählten Ergebnissen vor allem bildliche Eindrücke der jeweiligen Parteitreffen.

BLICK O NLINE:

Kategorie Umfang und Aktualisierungsrate: -

56 Einträge insgesamt mit 27‘272 Zeichen

-

Durchschnittlich 487 Zeichen pro Eintrag

-

Durchschnittlich alle 5.5 Minuten ein Beitrag

Blick Online hat damit über den Untersuchungszeitraum von den Medienportalen am meisten Ticker-Einträge verfasst. Gleichzeitig ist der Zeitabstand zwischen den Einträgen nirgends so tief wie bei Blick Online.

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Der Blick-Ticker weist eine hohe Dynamik auf: Viele Einträge sind lediglich zwei Sätze lang, dafür werden mit einer hohen Kadenz neue Einträge publiziert. Der Ticker ist textlastig, baut aber vor allem wie kein anderes Portal auf Tweets auf. Zum einen finden sich Tweets mit Einschätzungen oder Meinungen, andere enthalten Fakten. Solche werden vom Autor gerne auch eingeordnet

61

Abbildung 21: Ticker-Kommentar bei Blick Online (Quelle: blick.ch)

Im Text wird nicht nur auf das aktuelle Geschehen bei den Zürcher Wahlen Bezug genommen, sondern es werden auch Resultate von den Wahlen im Kanton Appenzell verkündet – ein Alleinstellungsmerkmal vom Blick-Ticker. Dazu werden aus Agenturtexten auch einzelne Statements von Akteuren rezitiert und mit der Agenturquelle gekennzeichnet. Für die Nutzer gibt es weder Filter- oder Ordnungsoptionen für den Ticker, noch eine Zusammenfassung mit den neusten Erkenntnissen. Diese werden im Titel zusammengefasst, der auf der Hauptseite von Blick Online auf den Ticker verlinkt. Neben den Textbausteinen werden im Ticker auch Grafiken von Hochrechnungen des Statistischen Amts Zürich eingebaut, allerdings ohne Quellenangabe. Dazu werden Bilder eingebunden – teilweise sind es Rückschauen (etwa, wie die Kandidaten im Vorfeld mit Plakaten für sich geworben haben), offizielle Kandidatenbilder von deren Homepage oder auch Fotomontagen Der letzte Eintrag im Ticker erfolgte um 17.08 Uhr.

NZZ ONLINE:

Kategorie Umfang und Aktualisierungsrate: -

49 Einträge insgesamt (2 Ticker) mit 27‘272 Zeichen

-

Durchschnittlich 627 Zeichen pro Eintrag

-

Durchschnittlich alle 11.3 Minuten ein Beitrag

NZZ Online weist damit am zweitmeisten Ticker-Einträge (hinter Blick Online) auf. Zudem weist kein anderes Portal des Untersuchungssample längere Zeitabstände zwischen den einzelnen Einträgen auf.

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Die NZZ arbeitet zur Abdeckung der Wahlen mit zwei Tickern. Einer deckt die Regierungsratswahl (Exekutive) ab, der andere die Wahl und Aufstellung des neuen Kantonsrates (Legislative). Der Hauptbestandteil sind Textblöcke, alle Einträge haben eine eigene Überschrift, Tweets finden sich in beiden Tickern keine. Im Unterschied zu anderen textlastigen Tickern wie beispielsweise demjenigen von Blick Online, weist jeder Eintrag den Umfang von mindestens fünf Sätzen auf – die Einträge können also jeweils als eine Art Mini-Bericht gedeutet werden. Im Text selber gibt es keine 62

Heraushebungen, auch neue Hochrechnungsresultate werden gleich behandelt wie die anderen Informationen. Zitate von Akteuren vor Ort werden im Text rezitiert. Einmal wird auch auf einen Vorberichterstattungs-Beitrag der NZZ verlinkt. Neben dem Text arbeitet der Ticker auch mit Bildern von NZZ-Fotografen vor Ort. Die Bilder scheinen nicht mit einem Mobiltelefon gemacht worden zu sein sondern mit hochwertigen Kameras (Ausleuchtung spricht für einen grossen Bildsensor, der in Smartphones nicht vorhanden ist).

Abbildung 22: Hochwertige Bilder im NZZ-Ticker (Quelle: nzz.ch)

Ausser dem Titel und dem Lead gibt es oberhalb des Tickers keine aktuellen TextInformationen, die das bisher Geschehene zusammenfassen. Allerdings setzt der NZZ-Ticker auf eigene Grafiken. Diese werden teilweise im Ticker als verlinkten Button hinterlegt (etwa die spezifischen Resultate einer Partei in einer Wohngemeinde). Die Übersicht über alle Resultate sind in grafischer Form daneben immer ganz oben im Ticker verlinkt – die NZZ hat offensichtlich eigene Grafiken vorprogrammiert, die während dem Wahlnachmittag mit Resultaten gespiesen werden und sich anpassen. Der Leser kann verschiedene Elemente auswählen, etwa eine Kantonskarte mit den

63

Resultaten, den Vergleich zu den Vorwahlen vor vier Jahren oder die Köpfe der gewählten Kandidaten.

Abbildung 23: Dynamische NZZ-Grafiken (Quelle: nzz.ch)

Der letzte Ticker-Eintrag erfolgte um 17.09 Uhr.

SRF ONLINE:

Kategorie Umfang und Aktualisierungsrate: -

36 Einträge insgesamt mit 15‘693 Zeichen

-

Durchschnittlich 454 Zeichen pro Eintrag

-

Durchschnittlich alle 9.7 Minuten ein Beitrag

SRF Online weist damit innerhalb der verglichenen Portale die tiefste Zahl an TickerEinträgen auf. Zudem sind die Zeitabstände zwischen den einzelnen Einträgen grösser als der Durchschnitt über alle Portale.

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Der Live-Ticker von SRF bindet verschiedenste Medienelemente ein. Vor allem zu Beginn der Berichterstattung ab 12.00 Uhr gibt es selten Einträge, die lediglich mit Text bespielt sind – meist ist es eine Kombination mit anderen Medien. Eingebunden 64

werden häufig Screenshots von Grafiken vom Statistischen Amt Zürich (mit Quellenangabe), aber auch Radio- und TV-Beiträge von SRF kurz nach deren Ausstrahlung sowie die Verlinkung auf den Livestream des Radioprogramms. Der Inhalt der Beiträge wird vom Redakteur jeweils kurz textlich zusammengefasst, jeder Beitrag hat eine eigene Überschrift. Auch Bilder von Reportern vor Ort (aufgrund des Bildrauschens wahrscheinlich mit einem Mobiltelefon erstellt) werden eingebunden.

Abbildung 24: Paraphrasierte Interviews bei SRF (Quelle: srf.ch)

Auf Tweets verzichtet der SRF-Ticker vollständig. Eingebunden werden neben den eigenen Erzeugnissen noch Agenturbilder. Einmal werden die Bilder eines Reporters zu

einer

Collage

geschnitten,

zudem

wird

auf

SRF-Online-Berichte

zu

Abstimmungsresultaten in Schaffhausen und Winterthur verlinkt. Der Leser hat keine Möglichkeit, einzelne Elemente des Tickers herauszufiltern oder die Reihenfolge zu ändern. Für die Übersichtlichkeit hat der SRF-Ticker nicht nur die neuste Information in den Titel und den Lead des Tickers gepackt, sondern bietet ganz oben sogenannte „Bullet-Points“ an, welche in einigen Stichworten die wichtigsten und neusten Entwicklungen zusammenfassen. 65

Abbildung 25: Bullet-Points bei SRF (Quelle: srf.ch)

Gegen Ende des Tickers werden die Textbeiträge länger, sie sind versehen mit Grafiken, die nun von SRF selber erstellt wurden. Nach den offiziellen Ergebnissen läuft der Ticker weiter und berichtet über Reaktionen von Gewinnern und Verlierern der Wahl. Auch nach dem Ende des Erfassungszeitraums bis 20.00 Uhr werden noch Beiträge veröffentlicht.

TAGEANZEIGER.CH/NEWSNETZ:

Kategorie Umfang und Aktualisierungsrate: -

46 Einträge insgesamt (4 Ticker) mit 31‘384 Zeichen

-

Durchschnittlich 682 Zeichen pro Eintrag

-

Durchschnittlich alle 7.1 Minuten ein Beitrag

Tagesanzeiger.ch/Newsnetz hatte damit die dritthöchste Zahl an Live-TickerEinträgen (hinter Blick Online und NZZ Online). Gleichzeitig ist auch die Aktualisierungsrate überdurchschnittlich hoch (Nur Blick Online wies kürzere Abstände zwischen einzelnen Ticker-Einträgen auf).

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Die Verantwortlichen bei Tagesanzeiger Online haben sich entschieden, mit insgesamt vier parallel laufenden Live-Tickern über die Zürcher Wahlen zu berichten. Je ein Ticker fasst die Neuigkeiten und Resultate zu den Kantons- und Regierungsratswahlen zusammen. In diesen beiden Resultats-Tickern dominiert vor 66

allem der Text, pro Abschnitt wird vom Redakteur eine Schlagzeile gesetzt. Die Einträge unterscheiden sich stark in ihrer jeweiligen Länge – es gibt lange Teile und kurze, wo teilweise ein einziger Satz für einen Tickereintrag steht. Die längeren Texte sind in Abschnitte gegliedert. Ganz oben findet sich eine Bildstrecke. Zu Beginn ist diese noch gefüllt mit Archivbildern, gewinnt dann aber im Laufe das Nachmittags aktuelle Bilder des Tages dazu. Im Text wird einmal auf ältere Berichte des Tagesanzeigers verlinkt, ansonsten finden sich auch Screenshots der Grafiken des Statistischen Amtes Zürich (mit Quellenangabe). Tweets oder Videos sind in diesem Ticker keine vorhanden. Nach dem Bekanntwerden der Endresultate änderten sich die beiden Resultate-Ticker in einer Art, wie das bei keinem anderen Medium im Sample zu beobachten war. Oben auf der Seite ist eine Art klassischer Textbeitrag mit Abschnitten und Zwischentiteln. Dieser fasst das Geschehen des Tages zusammen. Unterhalb dieses Textes findet sich dann der Ticker – diesmal aber in umgekehrter Reihenfolge (die ältesten Ereignisse befinden sich nun also oben). Der Ticker wird nun als „Chronologie“ bezeichnet. Die anderen beiden Live-Ticker widmen sich den Reaktionen von Akteuren und Beobachtern – auch wieder aufgeteilt in Kantons- und Regierungsratswahlen. In diesem Ticker findet sich weniger Text, dafür mehrere Videos. Reporter vor Ort interviewen während des Nachmittags Akteure wie etwa Parteipräsidenten zu deren Befinden. Die Videos sind offensichtlich mit einem Smartphone erstellt und wirken daher nicht wie klassische TV-Beiträge (Der Interviewte etwa schaut mehrmals direkt in die Kamera, was in klassischen TVInterviews nicht vorkommt). Die Hauptaussagen der Videoteilnehmer werden jeweils im Text zusammengefasst. Bereits um 12.30 Uhr wird ein erstes Video publiziert, wo ein Verantwortlicher der Partei CVP interviewt wird. Die Aussagekraft des Videos hält sich insofern in Grenzen, da der Interviewte selbst sagt, dass es noch zu früh sei, um Resultate zu beurteilen, da noch nichts Aussagekräftiges vorliege.

67

Abbildung 26: Handy-Video bei Tagesanzeiger (Quelle: tagesanzeiger.ch)

Die Videos vermitteln aber die Stimmung aus dem Wahlzentrum. Nach der Abwahl des Regierungsrates Graf etwa wird auf einem verwackelten Video gezeigt, wie der Abgewählte sichtlich angespannt durch die Menge an Reportern schreitet und der TVStation SRF vorerst kein Interview geben will. Zudem werden auch Bilder von Reportern vor Ort in den Ticker eingebunden, auch diese sind offenbar mit einem Smartphone erstellt worden. Dazu werden einzelne Zitate der Akteure aus den Bildern im Text rezitiert. Auch Tweets sowie Agenturbilder sind Bestandteil des ReaktionenTickers. Der letzte Eintrag in die Ticker fand um 17.30 Uhr statt, um 18.00 Uhr wurde dann

bei

den

Resultate-Tickern

die

Reihenfolge

umgekehrt

und

eine

Zusammenfassung vorangeschoben.

Allgemeine Auffälligkeit zu den Live-Tickern:

Die Titel der Live-Ticker, welche von der Hauptseite der Medienportale auf den eigentlichen Ticker verlinkten, waren nicht immer synchron zum aktuellen Geschehen. So war die Neuigkeit, dass Regierungsrat Graf abgewählt wurde, um 17.00 Uhr noch nicht in den Titeln von SRF, Tagesanzeiger und NZZ enthalten – SRF etwa titelte „Ausgang bei Regierungsratswahlen weiter offen“. Die Meldung der Abwahl wurde aber bereits Minuten vorher sowohl im Ticker wie auch mit einer Push-Meldung verbreitet.

68

5.4.2 sda-Bericht Die

sda

(Schweizerische

Depeschenagentur)

ist

die

einzige

Schweizer

Nachrichtenagentur und beliefert deren Kunden, Medienhäuser aller Art, mit publizierbaren Nachrichtentexten. Nach dem Bekanntwerdender Resultate publizierte watson einen, Blick zwei sda-Texte.

WATSON:

Kategorie Umfang und Aktualisierungsrate: Der Text umfasst 3‘504 Zeichen und wurde einmal publiziert.

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Der sda-Text beschäftigt sich mit den Wahlergebnissen bei der Wahl der neuen Regierung. Im Text wird zusammenfasst, welche Partei und deren Kandidaten wie viele Stimmenanteile erhalten haben. Der Text hat einen Titel aber keinen Lead, ist in vier Abschnitte gegliedert wovon jeder einen Zwischentitel hat. Dazu wurden ganz oben und in der Mitte des Artikels je ein Agenturbild eingepflegt.

BLICK O NLINE:

Kategorie Umfang und Aktualisierungsrate: Der kürzere Text umfasst 1‘670 Zeichen, der längere 1‘689 Zeichen. Beide Artikel wurden einmal publiziert.

Kategorie Aufbau und Einzelelemente:

Beide Artikel handeln von der Abwahl von Regierungsrat Graf, der eine Artikel beschäftigt sich mit dessen Reaktion (ein Zitat von ihm wird als Titel des Artikels verwendet), der andere damit, dass der abgewählte Regierungsrat nun noch Anspruch auf 14 Monate Gehalt hat. Vom Aufbau her gleichen sich die beiden Artikel, beide haben Titel und Lead und anschliessend Text in einzelnen, kleinen Abschnitten, die aber ohne Zwischentitel daherkommen. Dazu werden zwei, respektive ein Bild von Nachrichtenagenturen eingebunden. 69

5.4.3 Kommentar Zu dem Typus Kommentar werden diejenigen Erzeugnisse gezählt, die inhaltlich eine persönliche Einschätzung eines Redakteurs zum Geschehen beinhalten. Als Kriterium gilt, dass dieser Artikel namentlich als „Kommentar“ (oder gleichwertigen Bezeichnungen wie „Meinung der Redaktion“) gekennzeichnet sein muss.

W ATSON:

Kategorie Umfang und Aktualisierungsrate: 3‘071 Zeichen, einmal publiziert um 17.54

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Der Kommentar beginnt klassisch mit einem Titel und einem Lead. Im Anschluss aber gibt es keine Abschnitte mit Zwischentiteln sondern der Text wird portionsweise aufgeteilt, teilweise wird ein einziger Satz von den anderen Textstellen abgegrenzt. Auffällig sind zudem vier Verlinkungen innerhalb des Textes, die auf ältere Artikel zum Thema führen

BLICK O NLINE:

Kategorie Umfang und Aktualisierungsrate: 2‘263 Zeichen, einmal publiziert um 17.00 Uhr

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Der Kommentar beginnt mit klassischen textlich-journalistischen Formen wie einem Titel und Lead. Bereits im Titel wird aber angedeutet, dass sich der Artikel nicht an der klassischen Gliederung eines Online-Artikels mit Zwischenabschnitten orientiert („Vier Punkte, die uns der Zürcher Wahl-Krimi lehrt“). Zu Beginn des Textes wird auf den Live-Ticker des Nachmittags verlinkt und dann eine Frage in den Raum gestellt. Im Anschluss werden die Abschnitte in vier Punkte gegliedert, die Nummern sind jeweils gefettet. Der Kommentar kann damit zu dem Typus „Listicle“ gezählt werden – eine junge Art, Beiträge online zu publizieren, indem der Inhalt in einer Liste mit Nummern wiedergegeben wird. Die Artikelart „Listicle“ übt eine bekannte Funktion im 70

Rollenverständnis von Journalisten aus, die des Erklärers (Birthisel 2014: 15). Und der Blick Online-Kommentar nimmt auch in Anspruch, den Wahlausgang erklären zu können und die anfangs gestellte Frage beantworten zu können. Im Kommentar geht es nicht um den abgewählten Regierungsrat Graf, sondern darum, die neue Aufstellung des Zürcher Parlaments als Vorzeichen für die nationalen Wahlen im Oktober zu deuten. Zum Schluss, nach den vier Aufzählungen, schreibt der Redakteur ein kurzes Schlussfazit.

NZZ ONLINE: Kategorie Umfang und Aktualisierungsrate: 3‘601 Zeihen, einmal publiziert um 16.46 Uhr

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Die NZZ publizierte innerhalb der untersuchten Medienportale am frühesten einen Eigenkommentar. Dieser entspricht im Aufbau einem klassischen Text-Beitrag, wie er auch in Zeitungen vorkommt. Der Titel hält sich kurz („Graf abgewählt – FDP reitet auf Erfolgswelle“), auch der Lead ist lediglich ein Satz lang, danach folgt ein Bild eines NZZ-Fotografen. Im Anschluss folgen vier Abschnitte mit jeweiligen Zwischentiteln. Im Kommentar geht es zum einen um die neugewählten Regierungsrätinnen und den Versuch, deren Wahl zu erklären. Zum anderen wird eruiert, warum Parteien wie FDP im Moment an Stimmen dazugewinnen und beispielsweise die Grünen die grossen Verlierer sind.

TAGESANZGIER.CH/NEWSNETZ: Kategorie Umfang und Aktualisierungsrate: 3‘214 Zeichen, einmal publiziert um 18.35 Uhr

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Der Tagesanzeiger-Kommentar ist innerhalb des Samples der einzige seiner Art, welcher ohne ein Bild daherkommt. Der Titel umfasst zwei Sätze, danach steigt der Redakteur gleich in den Text ein. Dieser bespricht die neue Zusammensetzung des Regierungsrates und wie es zu diesem Triumph der Bürgerlichen kommen konnte. Portioniert wird der Text in sechs kleine Abschnitte, die jweils zwei bis drei Sätze lang sind – Zwischentitel finden sich keine. 71

5.4.4 Eigenbericht Als Eigenbericht werden diejenigen Erzeugnisse eingestuft, welche durch einen Autorennamen oder dessen Kürzel (nicht „sda“) gekennzeichnet sind. Zudem haben diese Berichte im Gegensatz zu den Live-Tickern einen einzigen Publikationszeitpunkt, an welchem der gesamte Artikel veröffentlicht wird.

BLICK O NLINE:

Kategorie Umfang und Publikationsrate: Publikation um 18.20 Uhr, Umfang 5‘471 Zeichen

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Der Eigenbericht des Blick fasst das Geschehene das Tages umfassend zusammen. Der Artikel beginnt klassisch mit einem Titel und Lead, dann folgt ein erster Abschnitt der die Resultate der Regierungsratswahl kurz zusammenfasst. Ein weiterer Abschnitt mit Zwischentitel zeigt noch einmal die Chronologie auf, beispielsweise den Zeitpunkt, wo alle Gemeinden ausgezählt waren. Es folgen weitere vier Abschnitte mit Zwischentiteln, die über eine neu gewählte Regierungsrätin, das Abschneiden von FDP und SVP sowie der Partei AL berichten. Der Artikel enthält keine Bilder oder andere Medien ausser Text. Gleich unterhalb des Artikels beginnt der Live-Ticker, der mit den Worten „Der Live-Ticker vom Wahl-Krimi zum Nachlesen“ angepriesen wird.

NZZ ONLINE:

Kategorie Umfang und Publikationsrate: Publikation um 17.15 Uhr, 5‘559 Zeichen

72

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Der Eigenbericht der NZZ ist das Erzeugnis mit den meisten verschiedenen Medientypen innerhalb eines NZZ Online-Berichts zu den Zürcher Wahlen an diesem Tag. Der umfangreiche Artikel beschäftigt sich mit den Regierungsratswahlen, beginnt klassisch mit einem Titel, einem Lead, einem Fotografen-Bild und mehreren Abschnitten mit Zwischentiteln. Im Text wird noch einmal die Chronologie des Geschehens zusammengefasst, dazu werden Reaktionen von Akteuren rezitiert. Innerhalb des Textes werden nun aber zwei Tweets eingebunden – das erste Mal an diesem Tag bei der NZZ-Berichterstattung über den Wahltag. Dazu verlinkt ein Button in der Mitte des Textes auf die eigenen programmierten Grafiken, die bereits im LiveTicker prominent beworben wurden. Am Ende des Artikels findet sich noch eine Bildercollage mit vier Bildern der Sieger und Verlierer des Tages.

SRF ONLINE:

Kategorie Umfang und Publikationsrate: 3'958 Zeichen um 17.53 Uhr, 18.26 Uhr mit 1‘808 Zeichen sowie 1‘156 Zeichen um 17.18 Uhr, je einmal publiziert.

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: SRF Online weist mit drei separierten Berichten zu den Zürcher Wahlen die höchste Zahl an Eigenberichten im Sample auf. Der kürzeste Text fasst zusammen, wie die neue Regierung aufgebaut ist. Dabei wird ein Titel, ein Lead, sowie ein Fliesstext publiziert, welcher in kleine Portionen (Länge 1-2 Sätze) aufgeteilt ist. Prominent nach dem Lead findet sich eine Collage von zwei Bildern (Verlierer Graf neben Gewinnerin Walker Späh), diese Bilder nehmen fast die Hälfte des Platzes für den Gesamtbericht ein. Unterhalb des Berichts findet sich eine Übersicht von allen gewählten und nicht gewählten Kandidaten mit Bild, der Anzahl Stimmen sowie teilweise mit verlinktem Audio-Interview.

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Abbildung 27: Verlinkte Audio-Interviews (Quelle: srf.ch)

Der zweite Eigenbericht ist noch multimedialer aufgebaut und fasst das Geschehen bei den Kantonsratswahlen zusammen. Auch hier wird wieder die klassische Form mit einem Titel und einem Lead angewendet. Gleich im Anschluss findet sich eine Bildstrecke mit drei Grafiken, welche den Wähleranteil der Parteien aufzeigen. Es folgt ein Lauftext, der in fünf Abschnitte mit Zwischentiteln aufgeteilt ist und detailliert über das Abschneiden der einzelnen Parteien berichtet. Dieser Lauftext wird zusätzlich aufgebrochen von mehreren Audio-Interviews mit Exponenten – noch vor dem Anklicken wird auch die Länge der Files angegeben. Unterhalb des Artikels finden sich zwei Tabellen, eine mit der Sitzverteilung und eine mit den Wähleranteilen der Parteien (dieselben Informationen wie in der Bildstrecke oben aber anders dargestellt). Der dritte und längste Eigenbericht handelt von der Abwahl des Regierungsrates Graf. Auch hier finden oben ein Titel und der Lead. Gleich im Anschluss gibt es ein anklickbares Audio-Interview mit Martin Graf, das mit einer Portraitaufnahme des Interviewpartners

sowie

dem

Titel

„Der

enttäuschte

Martin

Graf

im

Interview“ prominent platziert ist. Darauf folgt ein Fliesstext, der aber unterbrochen wird durch ein herausgehobenes Zitat des Abgewählten

Im

Anschluss

folgt

eingebettet

Korrespondentengesprächs,

wo

in

den die

Text

die

Moderatorin

Verschriftlichung im

Studio

eines der

Aussenkorrespondentin Fragen stellte. Dasselbe Interview wird auch als Video in der Mitte des Textes verlinkt.

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5.4.5 Bilder-Story NZZ ONLINE: Kategorie Umfang und Publikationsrate: 1‘162 Zeichen, einmal publiziert um 17.45 Uhr Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Eine einzigartige Art der Publikation innerhalb des Samples hat NZZ Online gewählt. Eindrücke und Resultate über den Wahlnachmittag hinweg werden mit Bildern von NZZ-Fotografen erzählt. Der Titel ist schlicht gehalten mit „Wahlen Zürich 2015“. Darauf folgen von oben nach unten verschiedene Bilder von Kandidaten, Gewinnern, Verlierern, die Auszählung der Wahlzettel aber auch die Ahnengallerie der bisherigen Regierungsräte. Unterhalb der Bilder wird jeweils in einem Satz schriftlich erzählt, was auf den Bildern zu sehen ist.

5.4.6 Twitter-Story TAGESANZEIGER.CH/NEWSNETZ:

Kategorie Umfang und Publikationsrate: 1‘703 Zeichen, einmal publiziert um 17.10 Uhr

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Auch Tagesanzeiger.ch/Newsnetz schaffte an diesem Tag innerhalb des Samples ein Alleinstellungsmerkmal mit einem Erzeugnis, wo Tweets zu den Wahlen kuratiert wurden. Der Artikel beginnt mit einem Titel und einem kurzen Lead, der die Frage aufwirft, wie die Twittersphäre die Ergebnisse diskutiert habe. Im Anschluss werden chronologisch (die neusten Tweets sind oben) Tweets mit einem Zeitstempel aufgelistet. Die Tweets sind eingebunden, dass man damit interagieren kann, also beispielsweise auf das Profil des Urhebers gelangen kann.

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Teilweise werden die Tweets mit einem Satz kommentiert, oft bleiben sie aber unkommentiert. Unter den Tweet-Autoren finden sich Privatpersonen, Politologen, Politiker, Parteien aber auch andere Journalisten von SRF und Blick.

5.4.7 Pushs Als sogenannte „Pushs“ werden diejenigen Kurzmeldungen bezeichnet, welche von den Verlagshäusern via hauseigene App auf die Smartphones der Benutzer geschickt werden. Hat der Nutzer diese Funktion aktiviert, wird er beim Eintreffen eines solchen Pushs benachrichtigt und kann diesen sogleich lesen, egal ob die entsprechende News-Applikation bereits geöffnet war oder nicht. Ein Klick auf die Push-Meldung verlinkt dann auf den entsprechenden Artikel innerhalb der Applikation. Diese Pushs sind in der Schweiz ein eher junges Instrument, 20 Minuten hatte diese Technologie Ende 2011 für iPhones eingeführt, etwas später dann auch für Android-Telefone. Später folgten andere Medienhäuser und bauten diese Funktion ebenfalls in ihre Applikation ein. Nachfolgend findet sich eine Übersicht über die Anzahl verschickter Pushs innerhalb des Untersuchungszeitraumes zum Thema Zürcher Wahlen sowie über deren Inhalt.

W ATSON: Kategorie Umfang und Publikationsrate: Insgesamt 5 Pushs, durchschnittlicher Zeitabstand dazwischen beträgt 57 Minuten

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Watson pushte einmal, gleich um 12.00 Uhr einen Hinweis, dass jetzt der Ticker startet und bald die ersten Hochrechnungsresultate eintreffen würden. Die restlichen PushMeldungen beinhalteten allesamt neue Fakten wie Hochrechnungsresultate. Dass Regierungsrat Graf abgewählt wurde, hat watson um 16.45 Uhr gepusht.

20 MINUTEN ONLINE: Kategorie Umfang und Publikationsrate: Insgesamt 1 Push kurz vor 12.00 Uhr 76

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Um 12.00 Uhr pusht 20 Minuten online den Hinweis, dass jetzt die LiveBerichterstattung zu den Zürcher Wahlen anlaufe. Weitere Pushs zu den Zürcher Wahlen wurden nicht verschickt.

BLICK: Kategorie Umfang und Publikationsrate: Insgesamt 5 Pushs, durchschnittlicher Zeitabstand dazwischen beträgt 49 Minuten

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Ebenfalls kurz vor 12.00 Uhr pusht Blick Online den Hinweis darauf, dass jetzt die Berichterstattung über den Wahlausgang beginne. Sechs Minuten darauf pusht Blick ein weiteres Mal und verweist auf erste Resultate. Auch die übrigen Push-Meldungen enthalten Informationen zu neusten Erkenntnissen. Um 16.07 Uhr vermeldet Blick Online per Push, dass Regierungsrat Graf abgewählt sei. Damit verkündet Blick Online diese Meldung als erstes Portal innerhalb des Samples.

NZZ ONLINE:

Kategorie Umfang und Publikationsrate: Insgesamt 7 Pushs, durchschnittlicher Zeitabstand dazwischen beträgt 44 Minuten

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: NZZ Online verschickt um 12.00 Uhr keine Pushmeldung als Hinweis auf die eigene Berichterstattung. Der erste Push um 12.13 verlinkt auf erste Hochrechnungen. Auch die restlichen Pushmeldungen beziehen sich auf neue Hochrechnungen bei der Regierungs- oder der Kantonsratswahl. Die definitive Meldung, dass Graf abgewählt ist, folgt um 16.48 Uhr, damit vermeldet NZZ Online innerhalb des Samples diese Nachricht als letztes Portal.

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SRF ONLINE:

Kategorie Umfang und Publikationsrate: Insgesamt 2 Pushs, Zeitabstand dazwischen beträgt 4 Stunden, 37 Minuten

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Auch SRF verzichtet darauf, einen Hinweis auf den eigenen Live-Ticker zu pushen. Die erste Meldung erfolgt um 12.08 Uhr als klar wird, dass es ein enges Rennen um den Sitz von Regierungsrat Graf gibt. Der zweite und letzte Push erfolgt dann um 16.45 Uhr, wo definitiv klar ist, dass Regierungsrat Graf abgewählt ist.

TAGESANZEIGER.CH/NEWSNETZ:

Kategorie Umfang und Publikationsrate: Insgesamt 8 Pushs, durchschnittlicher Zeitabstand dazwischen beträgt 40 Minuten

Kategorie Aufbau und Einzelelemente: Tagesanzeiger.ch/Newsnet pusht kurz vor 12.00 Uhr den Hinweis auf den eigenen Live-Ticker. Danach folgen in kurzen Abständen aufeinander Hochrechnungsresultate der beiden Wahlen. Um 16.48 Uhr wird zeitgleich mit der NZZ als letztes vermeldet, dass Regierungsrat Graf abgewählt ist.

5.4.8 Zwischenfazit Nach der Auswertung der qualitativen Inhaltsanalyse über die Erzeugnisse für mobile Geräte können erste Feststellungen bezüglich der Beurteilung von den ersten drei Forschungshypothesen, welche mithilfe der Inhaltsanalyse sowie den Interviews überprüft werden, gemacht werden.

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H1 (Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto schneller und häufiger publizieren Journalisten) tendiert nach der Auswertung dazu, vorerst nicht falsifiziert zu werden. Das Live-Ticker-Format war bei allen Medienportalen des Untersuchungssample das Hauptinstrument in der Publikation. Aufgrund des laufenden Tickers konnte eine Vielzahl an Publikationszeitpunkten festgehalten werden, dazu kamen noch die regelmässigen Push-Meldungen. Interessant ist, inwiefern die Journalisten in den Interviews eine Veränderung bezüglich Tempo und Publikationsdruck feststellen. H2 (Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto multimedialer sind journalistische Erzeugnisse). Eine vorzeitige Falsifizierung kann auch hier ausgeschlossen werden, allerdings ist die Tendenz weniger eindeutig als bei H1. Gewisse Erzeugnisse der Medienportale wiesen eine Vielzahl verschiedener Medientypen auf

(beispielsweise der SRF-Ticker mit Videos, Bildern und

Audiodateien), es gab aber auch Erzeugnisse, die ausschliesslich aus Text bestanden. Hier müssen zwingend Ergebnisse aus den Interviews verdeutlichen, ob sich in der Art der Berichterstattung bezüglich dem Einsatz verschiedener Medien etwas verändert hat. H3 (Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto kürzer fallen die journalistischen Texte aus) tendiert dazu, mit dieser Arbeit falsifiziert zu werden. Aufgrund der permanenten Berichterstattung via Live-Ticker weisen alle Medienportale eine umfangreiche textliche Berichterstattung auf. Auch für diese Forschungshypothese sollen aber auch noch die Einschätzungen der Journalisten in die Beurteilung miteinfliessen.

Aufgrund der zu prüfenden Forschungshypothesen sowie den Ergebnissen aus der Inhaltsanalyse wurde ein Leitfaden für die strukturierten, qualitativen Interviews mit den Journalisten herausgearbeitet. Die Resultate der Befragung werden im folgenden Abschnitt präsentiert.

79

5.5

Ergebnisse Qualitative Interviews

Im

Anschluss

werden

die

ausgewerteten

Interviews

präsentiert.

Die

Auswertungstabelle zum nachfolgenden Text findet sich im Anhang, ebenso die Transkripte der Interviews. Generalaussagen werden mit der Transkript-Nummer sowie den jeweiligen Absatznummern gekennzeichnet, Originalzitate mit deren exakten Zeilennummern.

5.5.1 Fokus auf mobile Rezeption von Verlagshäusern und Journalisten Die Mehrheit der befragten Journalisten erachtet es als wichtig, dass bei der Erstellung von Online-Erzeugnissen an die verschiedenen Empfangsgeräte gedacht wird, gerade auch an Smartphones. Einige beteuern, dass dies konsequenter verfolgt werden müsse, im hektischen Alltag aber oftmals vergessen gehe (N3 / 4). Einig sind sich die Journalisten darin, dass vor allem bei der Auswahl der Bilder die spätere Empfangssituation auf mobilen Kleingeräten wie Smartphones berücksichtigt werden muss. Der kleinere Bildschirm führe dazu, dass Bildausschnitte so ausgewählt werden müssen, dass beispielsweise Gesichter im Fokus sind und man schnell erkennt, was es auf dem Bild zu sehen gibt, dazu müssten Titel für Mobilgeräte kurz und spannend sein (N6 / 4). Einige Journalisten unterscheiden jedoch grundsätzlich nicht zwischen einzelnen Kanälen – für sie gibt es den Kanal Online, der dann auf diverse verschiedene Empfangsgeräte verteilt wird (N7 / 4). Wertheimer hatte diese Ansicht zunächst auch, änderte diese aber in den vergangenen Jahren:

Am Anfang war Online einfach ein Kanal. Dann kam das Smartphone auf, man behandelte es noch stiefmütterlich. Aber heute, wenn ich Tagesleitung inne habe und publiziere, überlege ich mir, wann publiziere ich das, wann empfangen das die Leser? Weil der Trend ist klar: Der Pendlerverkehr wird wichtiger. Früher war die Mittagszeit die Primetime und dann lief es aus. Heute ist es anders, am späteren Nachmittag beim Heimfahren der Leute haben wir einen Peak und um Mitternacht, wenn die Leute im Bett sind. Ich spiele deshalb heute eine gute Geschichte um 16.00 Uhr weil ich weiss, dass Pendler darauf 80

zugreifen, früher hätte ich das zurückbehalten für den nächsten Morgen. (N10 / 8-14)

Hauptverantwortlich dafür, dass die Journalisten zuweilen den Fokus auf mobile Geräte aus ihrer Sicht vernachlässigen, ist in ihren Augen ihr Hauptarbeitsinstrument – der Desktop-Computer. Da man stets daran arbeite und die Erzeugnisse auch darauf kontrolliere, würde der Gedanke, wie das auf kleineren Geräten wirkt, in den Hintergrund gerückt (N9 / 4). Die Journalisten sind sich zudem nicht sicher, ob man die ideale Form der Artikeldarstellung für mobile Geräte bereits gefunden habe – gerade bei Tickerformaten glauben wenige daran, dass die Leser an den Anfang des Tickers scrollen, um alle Informationen zu lesen (N9 / 24). Aus Sicht der Journalisten haben auch die Verlagshäuser erkannt, dass der Fokus stärker auf mobile Empfangsgeräte gerückt werden müsse. Auffällig ist aber, dass es (noch) fast keine klaren Vorgaben gebe, welche konkreten Massnahmen die Journalisten dafür unternehmen müssen. Baumann beteuert, dass der mobile Wandel zwar stets gepredigt aber nicht immer auch konsequent umgesetzt werde:

Jedes Mal bei einer Vollversammlung hören wir, wie wichtig der mobile Zugang sei, wie viele Handys verkauft würden, und so weiter, das ist durchaus ein Thema bei Redaktions- und Verlagsleitung. Allerdings: Unsere App ist nicht überragend, mich stört die Darstellung schon länger. Nur schon die Ladezeit ist zu gross. Das ist allen bewusst, aber es konnte noch nicht behoben werden, weil die App extern kreiert wird. Also das Bewusstsein für Mobile wäre da, aber die Umsetzung ist noch nicht so weit. (N 9 / 16-23).

Dennoch fangen die Verlage an, Formate bewusst für den mobilen Konsum herzustellen. So bietet etwa die NZZ neu das Format „NZZ Select“ an, bei welchem in Kurzform die wichtigsten Nachrichten des Tages kuratiert werden. Gemäss den Journalisten treffe dieses neue Format auf eine grosse Nachfrage und sei so konzipiert, dass es innert zwanzig Minuten gelesen werden könne – so lange, dass es für den Pendelweg nach Hause reiche (N5 / 13). Am konsequentesten in der Ausrichtung auf

81

mobile Empfangsgeräte ist das das jüngste Nachrichtenportal des Samples, nämlich watson. Eng fasst das so zusammen:

Wenn etwas auf Mobiles nicht funktioniert, dann machen wir es auch nicht. (N1 / 9-10)

5.5.2 Art und Umfang der Veränderung von Online-Artikeln Die Auffälligkeit aus der Inhaltsanalyse wird auch durch die Antworten der Journalisten bestätigt: Die Push-Meldung ist eine beliebte, noch junge (N12 / 8) Artikelart von Medienhäusern, um die Nutzer auf ihrem Smartphone zu erreichen und auf die eigene Seite zu holen. Durch die unmittelbare Rückmeldung, wie beliebt eine Online-Story bei Rezipienten ist, habe sich der Gebrauch von Push-Meldungen noch verstärkt, wie die Antwort von Hartmann zeigt:

Unsere Chefs sagen: Im Zweifel pushen, das gibt Klicks. Wir sehen ja sofort wie gut unsere Story läuft. Sobald wir einen Push rauslassen, geht der Traffic durch Mobilezugriffe sofort rauf. (N7 / 15-18)

Bestätig wird auch, dass sich der Einsatz der Push-Meldungen verändert hat. Wurden vor wenigen Jahren nur neuartige Ereignisse mit bedeutender Auswirkung (sogenannte „Breaking News“) per Push verschickt, so werden jetzt auch eigene Exklusivgeschichten per Push beworben oder es werden Verweise auf laufende Berichterstattungen gemacht (N10 / 22). Auffällig ist, dass die Journalisten gespalten sind in der Auffassung, wie diese Push-Meldungen bei den Lesern ankommen. Die meisten Journalisten, die aus Medienhäusern stammen, welche die Pushs auch als Promotionsinstrument verwenden, haben mit dieser Anwendungsart keine Probleme (N11 / 24). Andere wiederum haben das Gefühl, dass diese erhöhte Anzahl an PushMeldungen die Leute über die Zeit hinweg nervt – diese Meinung vertreten vor allem Journalisten aus Medienhäusern, welche sparsamer pushen (N9 / 14). Auf die Frage, weshalb am Wahlsonntag jedes Medienportal im Untersuchungssample auf mindestens einen Live-Ticker gesetzt hat, sind sich die Journalisten in einem Punkt einig: Ein Ticker ist insbesondere für die produzierenden Journalisten einfacher – vor 82

allem dann, wenn ein Ereignis von sich aus genügend Stoff für regelmässige Updates liefert (N9 / 16). Ausserdem sei der Live-Ticker eine Symbiose aus klassischen Artikelarten, wie Thiriet anfügt:

Wenn man bei solchem Grossereignis Informationen aus vielen kleinen Bereichen bringen will, Teilbereiche beleuchten will – da kann man nicht 16 Geschichten machen. Man hat auch verschiedene Formate,

Interviews,

Einschätzungen,

Kommentare



das

schmeissen wir alles in den Ticker. (N8 / 84-87)

Es ist auch die Meinung vertreten, dass ein solcher Ticker für den Leser einen Mehrwert darstellt, da es ihm ein Gefühl gebe, live bei einer sich entwickelnden Geschichte dabei zu sein (N9 / 16). Die Mehrzahl der befragten Journalisten jedoch glaubt nicht, dass der Live-Ticker entstanden ist, weil der Leser mehr davon hat, sondern weil es einfach ein Ressourcen-Spar-Modell sei (N8 / 30). Die Gefahr bestehe, dass der Leser rasch den Überblick verlieren könne (N7 / 30). Nicht einig sind sich die Journalisten ausserdem in der Frage, ob sich ständig aktualisierende Artikel wie der Live-Ticker über die vergangenen drei Jahre zugenommen haben. Es gebe eine Entwicklung hin zu dynamischeren Artikeln (N11 / 29) beobachten die einen, andere vertreten die Meinung, dass es dies seit der Einführung des Online-Journalismus ja schon immer gegeben habe (N6 / 40) und wieder andere reden gar von einer „Ausnahmeerscheinung“, wenn ein Live-Ticker eingesetzt werde (N5 / 28). Neu habe aber das Format des „Slow Ticker“ Einzug gehalten, ein Live-Ticker, der ein latent aktuelles Thema über mehrere Tage hinweg begleite und wo die Kadenz neuer Einträge wesentlich tiefer sei als beim klassischen Live-Ticker (N7 / 26). Laut Wertheimer hat sich der Live-Ticker etwas entschleunigt:

83

Wir sind etwas von dem Ticker weggekommen, der nur Schlagworte und immer wieder einen Eintrag bringt. Mittlerweile bereite ich mich beim Ticker-Schreiben wenn möglich schon vor dem Tag auf Ereignisse vor und stelle Hintergrundmaterial zusammen, das ich dann in den Ticker einfliessen lassen kann. (N10 / 125-128).

Ansonsten haben sich Online-Artikel dahin bewegt, dass Tweets als valable Quellenangabe eingebunden werden (N7 / 10), dass früher publiziert wird, auch wenn noch nicht alle Aspekte bekannt sind und diese dann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeliefert werden (N10 / 32). Ausserdem seien die Titel kürzer geworden, damit sie per Social Media stärker geteilt werden (N8 / 10). Ein Journalist stellt einen Gegentrend fest – von aufwändigen Grafiken hin zu schlichteren Darstellungsarten, da diese auf kleineren Smartphone-Bildschirmen einfacher zu deuten seien (N6 / 14). Zudem würden Listicles häufiger eingesetzt, da diese auch auf mobilen Geräten bis ganz nach unten gelesen würden (N1 / 18) und Bilder seien nicht mehr nur Illustration sondern ein Erzählmittel, auf das man textlich Bezug nehmen könne (N3 / 10).

5.5.3 Wahrnehmung zum Zeitdruck Die Journalisten sind sich einig: Der Zeitdruck hat über die vergangenen Jahre zugenommen. Hauptverursacher dafür seien die Push-Meldungen. Medienhäuser wollten untereinander die schnellsten sein und gerieten unter Druck, wenn ein anderes die Meldung bereits per Push-Nachricht veröffentlicht hat (N11 / 24). Neumann fügt an, dass verbunden mit einem Push immer auch bereits ein OnlineArtikel veröffentlicht werden müsse:

Man hat halt durch Push einen extremen Zuwachs an Lesern. Aber das führt auch zu deutlich mehr Druck. Weil wir müssen die PushMeldung ja schon auf einen existierenden Artikel verlinken – wir benötigen dafür schnell einen Titel, ein Lead und wenn möglich ein Bild. (N11 / 58-61) 84

Als vor wenigen Jahren Push-Nachrichten in der Schweiz eingeführt worden sind, sei es sogar vorgekommen, dass die Chefs mit dem Handy zum Journalisten gekommen seien und gefragt hätten, weshalb man hinter der Konkurrenz nachhinke (N11 / 18). Allerdings empfindet niemand von den Befragten, dass dieser Druck zu gross geworden sei, um die journalistischen Aufgaben befriedigend erfüllen zu können. Es habe auch bereits ein Umdenken stattgefunden – man wolle nicht mehr um jeden Preis das schnellste Medium sein, da in der Vergangenheit unverzeihliche Fehler passiert und Unwahrheiten verbreitet worden seien (N10 / 20). Es gelte, sich zu besinnen und sich nicht der Nervosität hinzugeben, sagt Baumann:

Ich möchte nicht unbedingt der schnellste sein, aber wenn dann das eigene Smartphone ständig vibriert wegen Meldungen von der Konkurrenz, dann steigt die Nervosität. (N9 / 60-61)

In gewissen Medienhäusern gilt die Regel, dass nicht mehr gepusht werden muss, wenn die Konkurrenz dies schon mindestens fünf Minuten vorher gemacht habe (N8 / 16). Einige Journalisten beteuern, dass es nicht immer einfach sei, die Zwei-QuellenRegelung (eine Nachricht muss zwingend von zwei unterschiedlichen, unabhängigen Quellen bestätigt werden) durchzusetzen, wenn man den Tempo-Wettbewerb untereinander habe. Dafür müsse der geeignete Mittelweg noch gefunden werden (N5 / 16). Neben den Push-Nachrichten seien es auch die Live-Ticker, die das Tempo gesteigert hätten, weil diese ja den Anspruch hätten, möglichst unmittelbar zu berichten (N4 / 29).

5.5.4 Multimedialität Die Journalisten sind sich einig, dass es einen Treiber für eine wachsende Multimedialität in Online-Berichten gibt: Den Live-Ticker. Viele Journalisten reden davon, dass man verhindern wolle, dass der Ticker wie eine „Bleiwüste“ daherkomme (N11 / 30). Ticker würden durch Abwechslung lebendig, sagt Stricker:

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Gut ist auch, immer mal wieder Bilder oder in unserem Fall Videointerviews reinzugeben. Ein guter Mix zwischen Bilder, Text, Video und Social Elements wie Tweets wäre der Idealfall. Das gibt eine Live-Atmosphäre, nicht nur Live-Info. (N4 / 83-85)

Ein Hauptelement, das zugenommen habe, seien die eingebundenen Tweets. Diese würden nicht nur andere Meinungen und Akteure zu Wort kommen lassen sondern man habe sogleich auch eine Originalquelle verlinkt – grundsätzlich müsse etwa jeder dritte Ticker-Eintrag ein Tweet sein (N8 / 22). Es gibt aber auch skeptische Stimmen, die Tweets sparsam einsetzen weil diese kurzlebig seien und der Urheber nicht immer klar eruierbar sei (N5 / 34). Klare Richtlinien, wie multimedial die Artikel sein sollen, haben keine der befragten Journalisten erhalten. Viele reden aber davon, dass es vom Verlag ausdrücklich erwünscht sei, mehr Videos einzubinden (N10 / 8). Einige Redaktionen hätten dafür jüngst auch professionelle Videojournalisten eingestellt, um hochwertigere Videos anbieten zu können (N12 / 16). Gerade wenn die Leute unterwegs seien, hätte sie nicht immer Lust darauf, lange Texte zu lesen – dann würden sie lieber zuschauen und zuhören (N1 / 26). Die eigens programmierten Grafiken, welche die NZZ Online am Wahltag im Ticker präsentierte, seien in der Vorbereitung sehr aufwändig gewesen. Man habe dafür neue Leute eingestellt, die das vorbereitet hätten weil es eine klare Stosslinie des Verlags sei, interaktiver zu werden (N2 / 16). Das führt aber auch zu Kompromissen, allzu aufwändige Grafiken seien für Mobilgeräte nicht geeignet, weil die Nutzer dann auf den kleineren Bildschirmen zu stark zoomen müssen – man müsse einen Kompromiss finden (N1 / 8). Weitere multimediale Elemente, die laut den Journalisten zugenommen haben sind Quiz (N12 / 12) und Bildstrecken (N11 / 18). Weil es technisch einfacher geworden sei, multimediale Elemente einzubauen, werde das auch häufiger gemacht (N7 / 30). Innerhalb von wenigen Jahren hätte sich die Art, wie man Geschichten in der Schweiz online erzählt, stark verändert, fasst Eng zusammen:

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Der grösste Unterscheid war beim Wechsel zu watson, dass man nach neuen Erzählformen sucht. Dass man nicht nur Texte schreibt sondern die ganze Auswahl an Gifs, Videos, Grafiken, Aufzählungen, etc. nutzt. Vor 5 Jahren gab es noch kein Newsportal in der Schweiz, welches das so gemacht hat wie wir es jetzt machen, das war eine grosse Veränderung. (N1 / 35-40)

5.5.5 Veränderung des Texts Die Art, wie Texte präsentiert werden, hat sich seit dem Durchbruch der Smartphones radikal verändert, sind sich die Journalisten einig. Über die Auswirkungen auf die Länge hingegen nicht. Neben SRF, das aus konzessionsrechtlichen Gründen bis auf Ausnahmen Texte mit maximal 1‘000 Zeichen online stellen darf (N3 / 8: „in der Regel reicht das, eine Geschichte zu erzählen“) hat von den zu untersuchenden Portalen noch 20 Minuten eine Textobergrenze pro Artikel. Neumann sagt dazu:

Als ich bei 20 Minuten angefangen habe im Jahr 2014, hatte ich noch freie Hand was Länge anbelangt, nach 6 Monaten kam dann die Vorgabe, der Text dürfe 3'500 Zeichen nicht überschreiten. Meine Vermutung: Untersuchungen zeigten, dass die Leser lange Texte nicht fertig lesen. Das merke ich selber bei den Kommentaren, dass wichtige Stellen einfach überlesen werden. (N11 / 38-40)

Bei den anderen Medienportalen hingegen gibt es keine festgeschriebene Obergrenze für Textlängen. Es müsse attraktiv aussehen und nicht einer Textwüste gleichen – schliesslich wolle man schnell und nicht zu viel berichten (N7 / 18). Ansonsten gibt es die Anweisung, Zwischentitel zu setzen (N5 / 24) sowie, den Text auf den Punkt zu bringen (N4 / 6). Wichtig seien auch der Titel und der Einstieg – der Leser wolle gleich zu Beginn eine Zusammenfassung, was ihn erwartet (N1 / 28), zudem müsse ein Text 87

zwingend in angenehme Stücke portioniert werden (N8 / 6). Wenn man diese Punkte einhalte, dann würden auch längere Texte auf Smartphones bis ganz nach unten gelesen. Journalist Baumann ortet im zunehmenden Gebrauch von Live-Tickern sogar die Tendenz, dass Texte unnötig länger werden:

Ich bin nicht glücklich darüber (Anm. über den zunehmenden Gebrauch von Tickern) – man muss dann immer wieder was reinschreiben, obwohl nichts läuft. Während der Hitzewelle hatten wir auch einen Hitzeticker, das war sogar lustig, aber irgendwann ist es dann auch gut. Manchmal sind Dinge einfach abgeschlossen. (N9 / 90-93).

Ansonsten wurde auch angemerkt, dass der vermehrte mobile Konsum auch Auswirkungen auf die Titel habe, diese müssten kürzer sein, damit sie noch in einen Tweet reinpassen und so in sozialen Medien besser geteilt werden können (N5 / 6).

5.5.6 Veränderte Anforderungen Technisch: In keinem anderen Punkten waren sich die befragten Journalisten derart einig wie in der Frage, ob es technisch schwieriger oder einfacher geworden ist, Online-Artikel zu publizieren. Ausnahmslos alle Journalisten empfinden es – trotz steigender Multimedialität – als wesentlich einfacher als noch vor wenigen Jahren. Dies liege daran, dass man die redaktionsinternen CMS aufgrund Inputs von Journalisten praxistauglicher gemacht und damit vereinfacht habe (N11 / 22). Hinzu kommt, dass bis auf die Ausnahme NZZ (dort ist ein entsprechendes Update aber angekündigt) die CMS es nun erlauben, dass Inhalte einmal bereitgestellt werden und diese dann automatisch den verschiedenen Empfangsgeräten angepasst werden. Vor wenigen Jahren war es noch so, dass Bilder mehrfach geschnitten werden mussten (N3 / 10). Auch sonst seien die CMS benutzerfreundlicher gemacht worden, man könne nun auch viel einfacher und damit schneller Fremdinhalte wie Tweets bequem 88

miteinbinden (N5 / 10). Zudem habe die Arbeit erleichtert, dass nun im CMS auch angezeigt werde, die die Inhalte auf kleineren Bildschirmen in etwa aussehen würden – parallel dazu müssten die Journalisten die Erzeugnisse dann aber trotzdem auch noch auf ihren eigenen Smartphones testen (N1 / 6). Trotzdem bleibe es manchmal eine Bastelei, wenn man etwas Fremdes einbinden wolle, das bisher noch nie benutzt wurde – dafür benötigten die Journalisten minimalste HTML-Kenntnisse (N4 / 14). Deshalb sei es so wichtig, dass technische Fachleute mit in der Redaktion sitzen, findet Eng:

Ganz wichtig ist auch, dass die IT bei uns in der Redaktion ist. Ich habe das Gegenteil auch schon erlebt, das ist eine Katastrophe. Da braucht’s für eine kleine Änderung zwei Monate. Da haben wir einen riesen Vorteil, da kann man schnell reagieren. (N1 / 45-47)

Genau dies wünschten sich auch andere der befragten Journalisten und weisen dies als ein technisches Hauptproblem aus. Die Techniker müssten mit im Newsroom sitzen, ansonsten gehe es zu lange, eine Änderung zu implementieren (N9 / 12). So sind Funktionen, wie die Möglichkeit oberhalb eines Tickers die wichtigsten Neuigkeiten mit Bullet-Points festzuhalten, noch nicht überall möglich, von Journalisten aber dringend gewünscht (N9 / 24). Beim Tagesanzeiger machte man deswegen vier Ticker, weil es technisch im Moment nicht möglich sei, dass mehrere Leute für den gleichen Ticker gleichzeitig schreiben. Man hoffe, dies ändere sich rasch (N10 / 24). Wertheimer fasst dies etwas ernüchtert so zusammen:

Technisch gesehen kämpfen wir damit, dass wir hinterherhinken hinter dem, was wir leisten sollten. (N10 / 30

Publizistisch: Durch neue Publikationsformate wie etwa Live-Ticker oder Push-Meldungen ergeben sich aus Sicht einiger Journalisten auch neue oder veränderte Anforderungen an sie. Weil in einen Live-Ticker auch Tweets gehörten, müssten die Redakteure onlineaffin sein und sich auf den sozialen Medien auskennen. Einige Journalisten meinen, wohl 89

deshalb seien bei ihnen in der Onlineredaktion die meisten Redakteure noch relativ jung (N11 / 34). Einen Live-Ticker zu verfassen bedeutet aus Sicht mehrerer Journalisten, schnell zu sein aber auch multitaskingfähig und offen gegenüber neuen Technologien (N6 / 36). Journalistisch gesehen, sei es einfacher geworden – es brauche keine richtige Dramaturgie mehr weil man eine Geschichte häppchenweise erzählt. Dafür müssen man ständig dran bleiben und andere Quellen wie beispielsweise Twitter permanent überwachen (N7 / 32). Ein Journalist beschreibt, dass er sich die nötigen Fähigkeiten während dem Verfassen von Live-Tickern nach und nach angeeignet habe. Man lerne aus Fehlern und müsse auch viel ausprobieren, bekomme durch die Vermessung der Zugriffe auch schnell Rückmeldung über Erfolg oder Misserfolg der gewählten Strategie (N10 / 30). Brunner verfasste für die Zürcher Wahlen zum ersten Mal überhaupt einen Live-Ticker und merkte für sich, dass das Ticker-Schreiben anspruchsvoll sei:

Ich musste auch immer wieder schauen, dass der Titel des Tickers aktuell

ist,

dass

oben

bei

den

Bullet-Points

das

Neuste

zusammengefasst ist. Alles musste man ständig aktualisieren – diese Arbeit habe ich echt unterschätzt. (N3 / 81-83).

Die erhöhte Schnelligkeit aufgrund der ständigen Empfangsbereitschaft von Lesern durch mobile Geräte führt ausserdem dazu, dass Journalisten sich davon loslösen müssen, dass Geschichten bereits alle nötigen Facetten beleuchten. Es brauche etwas Mut, sich davon zu lösen, aber man merke schnell, dass man auch einfach mal Informationen in Kürze veröffentlichen kann und die Ergänzungen erst später folgen. Zudem sei der Tonfall beispielsweise in Live-Tickern anders – man nehme als Journalist eine Art Dialoghaltung ein, so dass die Leute direkt angesprochen werden (N3 / 27). Für die Journalisten ist klar, dass der mobile Wandel auch bedeutet, dass rund um die Uhr berichtet werden müsse. Es sei für die Journalisten selbstverständlich, den Redaktions-Twitter-Account auch mal am Wochenende privat von zu Hause aus zu benutzen und beispielsweise Anfragen zu beantworten oder Meldungen zu retweeten 90

(N3 / 16). Man warte nicht mehr, bis die Leute sich die Informationen selber holen, sondern pushe diese direkt zu ihnen aufs Gerät. Das bedeute erhöhte Bereitschaft, sagt Thiriet:

Mittlerweile ist es so, dass alle mitbekommen haben, dass man 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr bereit sein muss. Das ist ein Wettbewerb, da wird auch brutal aufgerüstet. Auch am Wochenende gibt es neu keine Unterschiede mehr. (N8 / 52-54)

Ausserdem habe sich das Spektrum an Formen, wie man Inhalte erzähle und aufbereite, mindestens verzehnfacht – grundsätzlich müsse es so verpackt werden, dass es auf sozialen Medien geteilt werde (N8 / 14). Der Journalist muss nun also auch aktiv mitdenken, in welcher Art er eine Geschichte erzählen möchte und kann nicht mehr stets auf gesetzte Vorlagen zurückgreifen. Chefs fragen die Journalisten nun auch aktiv, ob eine Geschichte „push-würdig“ sei (N11 / 22). Die neuen Erzählformen vergleicht ein Journalist mit einer grösseren Klaviatur, die er nun lernen müsse zu bespielen (N10 / 34). Allerdings wird auch festgehalten, dass es schon immer die Aufgabe des Journalisten gewesen sei, eine adäquate Form für Geschichten zu finden, um maximale Verständlichkeit zu erreichen. Nur die Verpackung habe sich halt geändert. Einig sind sich die Journalisten, dass bereit früh im Text angekündigt werden muss, was den Leser erwarten darf, wenn er innerhalb einer Geschichte runterscrollt (N8 / 6). Die breitere Klaviatur durch den vermehrten Einsatz verschiedener Medien in einem Artikel hat aus Sicht der Journalisten auch zu mehr Professionalisierung geführt. Das Ansehen von Online-Journalisten sei lange tief gewesen, Print-Redakteure seien klar besser angesehen worden. Dies hätte sich seit der mobilen Revolution geändert (N10 / 10) und das habe auch dazu geführt, dass nun besser ausgebildetes Personal in Online-Redaktionen angestellt würden (N9 / 10). Die Verlage seien auch davon weggekommen, sogenannte „eierlegende Wollmilchsäue“, also Allzweckjournalisten, die jedes Medium perfekt beherrschen, einzustellen. Viel mehr seien nun vermehrt Experten wie etwa spezifisch Videojournalisten angestellt worden, weil auch die Ansprüche an die Qualität der einzelnen Medien gestiegen seien (N12 / 10). Das empfinden die Journalisten als positive Entwicklung, allerdings benötige dies nun auch verbesserte Koordinationsarbeit innerhalb der Spezialistenteams, wie Eng sagt: 91

Der eine schreibt, der andere kümmert sich um das Besorgen von Videos, Tweets, etc. Es ist Teamwork mit einer hauptverantwortlichen Person. Das ist auf jeden Fall sehr anstrengend, macht aber auch viel Spass. (N1 / 94-96).

5.5.7 Beurteilung von Rezipienten-Inputs Auf die Frage, ob die Zahl an Einsendungen von der mobilen Leserschaft zugenommen hat, wird von den befragten Journalisten keine einheitliche Antwort gegeben. Blick und 20 Minuten stellen den sogenannten „Leserreportern“ Geld in Aussicht für spannende Inputs, die dann zu einem Bericht führen. Meist sind die eingesendeten Daten Bilder. Dies habe dazu geführt, dass die Zahl an Zusendungen innerhalb weniger Jahre drastisch zugenommen habe, sagt Neumann:

Mobile Leser sind stark, ich erwarte von ihnen Input wenn etwas passiert. Bei einem Autobahnunfall schaue ich beispielsweise immer sofort den Leserreporter-Eingang an. Zu 95% der Fälle hat man innert Minuten Fotos des Ereignisses. Auch bei Naturereignissen, zum Beispiel vielen Blitzen, ist der Eingang voller Blitzbilder, auch Hagelbilder kommen häufig, das hilft dem Newsdesk. Für mich als Reporter hilft‘s vor allem bei spezifischen Ereignissen. (N11 / 13-17)

Bei breit verteilten Ereignissen wie etwa Hagel kämen manchmal innert zwei Stunden 1‘000 Bilder von Lesserreportern auf elektronischem Weg in die Redaktion (N6 / 8). Die Journalisten der anderen Medienhäuser sind sich einig, dass Inputs von Lesern einen Mehrwert bieten können. Die meisten wünschten sich auch, sie hätten mehr solche Zusendungen, beispielsweise weil man so schneller ein aktuelles Bild zum Artikel liefern könnte (N2 / 12). Allerdings beschränke sich das Phänomen eher noch auf Einzelfälle (N4 / 22). Die Medienhäuser haben deshalb damit begonnen, aktiv nach 92

Leserinputs zu bitten – beispielsweise suchte man nach dem Terroranschlag in Tunesien nach Schweizer Touristen vor Ort, die ein Bild der Lage machen konnten (N11 / 10). Einige Journalisten reagieren aus Erfahrung aber eher zurückhaltend auf Leser-Inputs. Man müsse stark selektieren (N7 / 12) und die Inputs könnten auch dazu verleiten, eine Geschichte anders aufzuziehen als geplant, weil man ein attaktives Bild dazu

bekommen

habe

(N2

/

12).

Schlechte

Erfahrungen

hat

auch

tagesanzeiger.ch/Newsnetz gemacht: Anfang 2015 meldete ein Leserrepoter der Redaktion, bei einer Schiesserei zwischen der Polizei und einem Zivilisten in der Stadt Zürich sei dieser ums Leben gekommen. Tagesanzeiger pushte diese Nachricht, musste sie aber später korrigieren. Der Mann war lediglich verletzt. Seit diesem Ereignis sei man wesentlich defensiver gegenüber Inputs eingestellt (N10 / 14). Einig sind sich die Journalisten aber darin, dass die indirekten Leserinputs über Twitter wesentlich häufiger benutzt werden, als vor einigen Jahren, auch weil Twitter in der Schweiz innerhalb von drei Jahren stark gewachsen sei (N11 / 30).

5.5.8 Beurteilung der Qualitätsentwicklung Eine deutliche Mehrheit der befragten Journalisten widerspricht, dass die Qualität von Schweizer Medien über wenige Jahre deutlich abgenommen hat, wie dies vom Jahrbuch der Medien (Kapitel 3.4) postuliert wird. Die Journalisten stellen fest, dass die Zahl an Schreibfehlern wegen dem erhöhten Tempo zugenommen habe – dies bedeute aber nicht sofort schlechtere Qualität (N4 / 32). Auch die Recherchezeit sei unter Druck geraten (N12 / 24). Die Journalisten glauben aber nicht, dass die veränderte Technik daran schuld sei – im Gegenteil: Trockene Themen wie Wahlen könnten mit den neuen Möglichkeiten vielfältiger und attraktiver vermittelt werden (N12 / 24). Die Qualitätsdebatte entspringe einer pessimistischen Ansicht denn die Digitalisierung bringe mehr Vielfalt (N6 / 44) und die Journalisten seien weniger träge als früher (N8 / 32). Laut Baumann ist der Konkurrenzdruck förderlich für Qualität, es würden besser ausgebildete Leute eingestellt und die Definition von Qualität habe sich durch das erhöhte Tempo auch geändert:

Das gesteigerte Tempo bedeutet auch nicht unbedingt sinkende Qualität – man kann durchaus in der laufenden Berichterstattung 93

Spekulationen einbauen, wenn sie klar deklariert sind. Der Leser kann dies durchaus auch werten und einschätzen. (N9 / 121-124)

Einige Journalisten warnen aber und nehmen eine sinkende Qualität aufgrund der Digitalisierung und dem stärkeren mobilen Konsum wahr. Durch den Kampf um Aufmerksamkeit und Klicks lieferten die Medien vermehrt reisserische Titel, wo der Artikel dahinter dann gar nicht das Erwartete liefern könne. Dies sei eine Verballhornung der Leserschaft (N10 / 36). Zudem würden Tickerformate und die ständige Verbundenheit mit den Lesern dazu führen, dass viel Sinnloses verbreitet werde, wie Zander sagt:

Es gibt genug Beispiele, die das zeigen. Beispielsweise der Absturz der German Wings – Maschine in den französischen Alpen: Wie viel Nonsens da berichtet wurde! Beispielsweise mit Bild: «Durch dieses Gate wären sie gekommen» - völliger Nonsens weil die Medienhäuser sagen, dieses Thema läuft und sie müssen deshalb auf Teufel komm raus Neues dazu liefern, man hat halt online unbeschränkt Platz, dann schreibt man solchen Nonsens! (N5 / 142-145)

5.5.9 Zukunftsvision Zum

Abschluss

der

Interviews

und

im

Sinne

der

zukunftsgerichteten

Technikfolgenabschätzung mit sich bringt, wurden die Journalisten danach gefragt, wie ihr Produkt wohl in fünf Jahren aussehen werde. In einem Punkt sind sich die Journalisten absolut einig: Es wird eine Zweiteilung geben zwischen schnellen und vertiefenden Informationen.

94

Für die kurzen Nachrichten wie beispielsweise Unfallmeldungen könnten bald Roboter die Journalisten ersetzen – für längere und qualitativ hochwertige Nachrichten brauche es aber den Menschen weiterhin (N12 / 24). Für Wertheimer ist klar, dass die ständige Verbundenheit der Leser dazu führt, dass der Journalismus zum 24-Stunden-Beruf wird:

Und ich glaube auch, dass wir dazu kommen und zu fragen: Was ist mit den Leuten, die um Mitternacht die News haben wollen? Das mache ich ja auch im Bett mit dem Smartphone, mit einem Desktopcomputer hätte ich das nie gemacht! Und auch wenn die Leute aufwachen wollen sie sofort informiert sein. Der Journalismus wird also viel mehr ein 24-Stunden-Job. Das macht auch Sinn. (N10 / 190-196)

Einigkeit herrscht auch darüber, dass die mobile Rezeption von Inhalten sich noch verstärkt – unter anderem auch durch besseren Internetempfang in den Schweizer Zügen (N6 / 42). Deshalb werde der mobile Markt noch wichtiger, meint Baumann:

Innert kurzer Zeit ist das alles entstanden. Im Jahr 2009 las ich keine Artikel auf dem Handy, heute fast nur noch. Es ist klar, wir haben gar keine andere Wahl als noch stärker in diese Richtung zu gehen. (N9 / 134- 136)

Dadurch, dass die Handy-Kameras besser und das mobile Internet schneller wird, glaubt Eppenberger, dass die Medienhäuser den klassischen TV-Anbietern mehr und mehr das Wasser abgraben werden:

Ich denke, dass man noch mehr mit Handys streamen wird, beispielsweise Live-Interviews – wir werden zum Broadcaster. Der teure und komplizierte Livestream-Rucksack, den wir heute dafür benutzen, wird wohl durch das Handy abgelöst. (N12 / 70-72)

95

Trotz der mobilen Revolution werde die Rezeption durch grössere Bildschirme nicht gänzlich verschwinden, weil die Leute nach wie vor in Büros arbeiteten (N2 / 30). Mehrere Journalisten glauben auch, dass die Inhalte zukünftig interaktiver für die Leser werden, wie Neumann sagt:

Der Grad an Leserinteraktion ist noch nicht dort wo er sein könnte, es überrascht, dass das noch nicht mehr genutzt wird. Aber ich denke in 10 Jahren wird das völlig selbstverständlich sein. Ich denke, dadurch ändert sich auch die Publikationsform, die neuen Kanäle werden Apps wie Whatsapp oder sonstige personalisierte Gruppen sein. (N11 / 122126)

Die Journalisten glauben, dass sich die Leser noch stärker selber zusammenstellen können, was sie wollen (N6 /42). Dadurch verlierten Medienmarken an Bedeutung (N1 / 34) und Nachrichten würden individueller und regionalisierter (N5 / 16). Dazu gibt es auch Stimmen, die glauben, dass der Text stärker visuellen Formen wie Videos und Bildern weichen wird (N1 / 34). Thiriet meint, die Journalisten müssten flexibel bleiben und sich auf disruptive Innovationen jederzeit einstellen können:

Wie unser Produkt in fünf Jahren aussieht? Keine Ahnung, das kann man nicht sagen. Ich glaube das erste iPhone, mit dem man einigermassen vernünftig ins Internet konnte, kam 2012 heraus. Das machte zack und die ganze Welt sah anders aus, wegen so einem Gerät! Deshalb kann man das nicht sagen. Vielleicht fangen Leute plötzlich an, auf Smartwatches die News zu lesen, da muss man halt anfangen, anders zu denken. Die Kanäle ändern sich also mit der Zeit. Der Rest bleibt beim journalistischen Schaffen aber gleich, man muss diejenigen Informationen und Unterhaltungen vermitteln, welche die Leute wollen, das ist keine Hexerei, punkt. (N8 / 144-152)

96

6 Prüfung der Hypothesen Auf Basis der Theorie wurden insgesamt sechs Forschungsfragen und darauf folgende Forschungshypothesen

aufgestellt.

Diese

wurden

mithilfe

der

qualitativen

Inhaltsanalyse und der qualitativen Interviews geprüft. Die Ergebnisse werden in diesem Kapitel festgehalten. 6.1

Hypothese 1 – Tempoentwicklung im Journalismus

Hypothese 1: Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto schneller und häufiger publizieren Journalisten. Vorerst nicht falsifiziert

Dass der Konsum von journalistischen Produkten in der Schweiz über die vergangenen fünf Jahre zugenommen hat, wird in dieser Arbeit mit der Geräteentwicklung (vgl. Kapitel 2.2), dem MUI (vgl. Kapitel 2.3) sowie der Net-Metrix (vgl. Kapitel 5.2.2) festgehalten. Die Forschungshypothese 1 wurde mittels der Inhaltsanalyse und den Interviews geprüft und wird als vorerst nicht falsifiziert betrachtet. Die Inhaltsanalyse hat zu Tage gebracht, dass ausnahmslos alle Medienportale bei dynamischen Ereignissen wie Wahlen auf Live-Ticker setzen. Die Analyse zeigte weiter, dass diese Live-Ticker verglichen mit anderen Artikeln eine hohe Kadenz aufweisen, was die Aktualisierungsrate betrifft. Im Schnitt betrug der Abstand zwischen neuen Meldungen weniger als zehn Minuten. Der Live-Ticker, das haben die Interviews gezeigt, ist eine relativ junge Form im Journalismus. Die Vermutung liegt nahe, dass dieses Format durch die verstärkte mobile Nutzung an Aufwind gewonnen hat. Durch ständige Konnektivität wird der Rezipient ständig mit Neuigkeiten versorgt, es gibt ihm laut einem Journalisten das Gefühl, live mit dabei zu sein (vgl. Kapitel 5.6.4). Auch die Auswertung der Interviews führt zu Tage, dass das Verfassen von Live-Tickern zu einer erhöhten Kadenz führt. Trotz dieser Ergebnisse gilt es aber auch festzuhalten, dass die Ticker dazu führen können, dass klassische Artikel seltener oder gar nicht publiziert werden. Im Falle der Zürcher Wahlen lieferten einige Nachrichtenportale eine kurze Zusammenfassung des Tages und verwiesen für Detailinformationen auf den Ticker als Chronologie. Es darf die Vermutung aufgestellt werden, dass in früheren Zeiten des Online-Journalismus am Abend mehr Artikel 97

publiziert worden wären. Trotzdem wird Hypothese 1 als vorerst nicht falsifiziert betrachtet. Nicht zuletzt auch deswegen, weil neben den Tickern auch der vermehrte Gebrauch von Push-Meldungen aufgefallen ist. Sie wurden am Wahlsonntag in regelmässigen Abständen verschickt – zudem hat die Auswertung der Interviews gezeigt, dass von Seiten der Verlagsleitungen Druck gemacht wird, häufiger zu pushen. Die Tendenz, schnell eine Neuigkeit zu publizieren und im Nachgang Informationen nachzuliefern, kann aus den Interviews herausgelesen werden. Da Push-Meldungen ausschliesslich auf mobile Geräte zugeschnitten sind, kann deren Zunahme direkt mit der verstärkten mobilen Nutzung verknüpft werden. Zudem berichten mehrere Journalisten davon, dass die Tendenz bestehe, rund um die Uhr zu publizieren, weil die Rezipienten jederzeit empfänglich für Neuigkeiten seien.

6.2

Hypothese 2 – Multimedia

Hypothese 2: Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto multimedialer sind journalistische Erzeugnisse. Vorerst nicht falsifiziert

Auch die Forschungshypothese 2 wurde mithilfe der beiden Instrumente der Inhaltsanalyse und der Interviews überprüft. Auch sie kann vorerst als nicht falsifiziert stehen gelassen werden – obschon das Ergebnis weniger deutlich ausfällt als bei Hypothese 1. Bei der Analyse der Artikel des Wahlsonntags fiel auf, dass insbesondere Live-Ticker eine höhere Anzahl verwendeter Medien aufweisen als klassische Online-Artikel. Das meist verwendete Medium war Twitter – fast jeder LiveTicker wies eingebundene Tweets auf, welche ihrerseits Bilder, Grafiken oder Verlinkungen enthielten. Gemäss Twitter greifen über 80% der Nutzer über ihr Mobilgerät auf Twitter zu (Twitter Business 2015). Damit kann der Schluss gezogen werden, dass durch die verstärkte Nutzung von Smartphones auch der Anteil an Twitter-Usern in der Schweiz gestiegen ist. Die verstärkte Einbindung von Tweets in journalistische Erzeugnisse wie Live-Ticker kann daher direkt mit dem mobilen Wandel verknüpft werden. Weiter fiel der Einsatz weiterer Medien wie Bilder, Videos, AudioDateien sowie interaktiven Grafiken auf. Der Einsatz solcher Medien unterscheidet 98

sich aber stark nach untersuchtem Medienportal. Am meisten verschiedene Medien innerhalb des Live-Tickers band SRF ein. Da SRF als Öffentlich-Rechtlicher Broadcaster als Hauptaufgabe Fernseh- und Radioprogramme betreibt, kann diese Beobachtung nicht direkt mit dem mobilen Wandel in Verbindung gebracht werden. Die Interviews zeigten jedoch, auch bei privaten Medienhäusern Bestrebungen für den Einsatz mehrerer Medien bestehen. Insbesondere Bewegtbilder werden stärker forciert, welche auf grösseren und schärfer auflösenden Bildschirmen wesentlich angenehmer zu konsumieren sind. Dazu verhelfen die steigenden mobilen Bandbreiten dazu, dass solche Bewegtbilder unmittelbarer auch mobil abgerufen werden können (vgl. Kapitel 2.3). Die Interviews führten aber auch zu Tage, dass es innerhalb der Medienhäuser ansonsten keine klaren Vorgaben gibt, inwiefern die Artikel mehr verschiedene Medien enthalten sollten. Und die Inhaltsanalyse zeigte auch, dass abgesehen vom Ticker-Format Online-Artikel nach wie vor klassisch, das heisst Text angereichert mit einem Bild, daherkommen können.

6.3

Hypothese 3 – Länge der Texte

Hypothese 3: Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto kürzer fallen die journalistischen Texte aus. Falsifiziert

Im Rahmen der in dieser Arbeit angewendeten Untersuchungsanordnungen kann diese Hypothese als falsifiziert betrachtet werden. Der Hauptgrund dafür liegt in den Ergebnissen der qualitativen Inhaltsanalyse. Ausnahmslos alle Medienportale verwendeten für die Abdeckung der Zürcher Wahlen mindestens einen Live-Ticker. Diese wiesen im Vergleich zu klassischen Online-Artikeln, welche von allen OnlinePortalen im Untersuchungssample ebenfalls erzeugt wurden, deutlich umfangreichere Texte auf. Die Interviews führten weiter zu Tage, dass lediglich zwei der sechs untersuchten Medienportale Maximallängen für Online-Texte definiert haben. Einig waren sich die Journalisten darin, dass Texte portioniert werden müssen, damit sie auch auf mobilen Geräten konsumiert werden. Werde dies getan, würden aber auch 99

durchaus längere Texte auf mobilen Geräten bis zum Ende gelesen (vgl. Kapitel 5.6.5). Dazu wird vom Drang gesprochen, die Nutzer permanent mit Neuigkeiten zu versorgen, auch wenn sich eine Aktualisierung gemäss publizistischer Beurteilung nicht aufdränge. Dies führt ebenfalls nicht dazu, dass Texte kürzer werden. Die Journalisten sprachen von einem Trend, Berichte auch zu publizieren, auch wenn essenzielle Inhalte noch gar nicht vorliegen. Es kann also der Schluss gezogen werden, dass die einzelnen Publikationen wie Push-Nachrichten oder Ticker-Einträge tatsächlich kürzer werden – durch den ständigen Fluss in der Gesamtheit die Textmenge aber nicht abnimmt. Nicht zuletzt kann auch festgehalten werden, dass alle befragten Journalisten eine Steigerung des Arbeitstempos mit damit verbundenem Publikationsdruck feststellen. Da Text schneller erstellt werden könne als viele andere Medien, werde dieser wichtig bleiben. Allerdings weisen einige Journalisten in ihrem Blick in die Zukunft darauf hin, dass sie damit rechnen, dass das Bewegtbild einen Teil des Texts in Zukunft verdrängen könnte.

6.4

Hypothese 4 – Prosumer

Hypothese 4: Je mehr Konsumenten mobil auf Medieninhalte zugreifen, desto mehr publizistische Inputs geben diese in die Redaktionen. Falsifiziert

Diese Hypothese wurde mittels dem Messinstrument der qualitativen Interviews überprüft und kann im Rahmen dieser Arbeit falsifiziert werden. Dies aufgrund einer nicht eindeutig vorliegenden Sachlage. In einigen Medienhäusern wird eine deutliche Zahl an Lesereinsendungen wahrgenommen (meist Bilder) und diese Inputs werden auch direkt für die redaktionelle Berichterstattung benutzt. Allerdings sind dies Medienhäuser, die solche „Leserreporter“ aktiv fördern und beispielsweise auch monetär belohnen. Ein direkter Zusammenhang mit der verstärkten mobilen Nutzung kann also nicht aufgezeigt werden. Journalisten anderer Medienhäuser berichten von vereinzelten Fällen, wo Leser-Inputs in die Berichterstattung miteinfliessen. Interessant wäre es, diese Messung in fünf Jahren noch einmal durchzuführen. Viele Journalisten zeichneten in ihrer Zukunftsvision nämlich ein Bild, wie der Journalismus 100

in der Schweiz interaktiver werde – die Rezipienten also direkter angesprochen werden und auch aktiver an der Gestaltung von Geschichten mitwirken können. Die verstärkte Einbeziehung von Tweets bei allen untersuchten Medienportalen kann zwar indirekt als Zunahme von Prosumer-Elementen gedeutet werden. Die Tweets enthalten meist von Leser produzierte Zusatzinformationen, welche in die Berichterstattung miteinfliessen. Allerdings werden diese Inhalte nicht gezielt für ein Medienportal erstellt und fallen daher in der Beurteilung von Forschungshypothese 4 nicht ins Gewicht.

6.5

Hypothese 5 – Technische Anforderungen

Hypothese 5: Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto mehr technische Fertigkeiten müssen Journalisten beherrschen. Falsifiziert

Auch diese Forschungshypothese wurde mittels der Interviews überprüft und kann im Rahmen dieser Arbeit als falsifiziert betrachtet werden. Ausnahmslos hielten die Journalisten fest, dass die Arbeit mit den Redaktionssystemen (CMS) einfacher geworden sei. Die CMS seien dynamischer und schneller geworden. Man publiziert meist noch eine Version die dann den verschiedenen Empfangsgeräten angepasst wird – vor fünf Jahren mussten meist verschiedene Versionen wie unterschiedliche Bildgrössen vorgefertigt werden. Einige Journalisten vermuten, dass die CMS praxistauglicher geworden seien, weil die Journalisten Einfluss auf deren Weiterentwicklung genommen hätten. In einem Fall berichteten Journalisten davon, dass Entwickler mit ihnen zusammen im Newsroom sässen und die Implementierung von neuen Erzählformen damit noch einfacher von statten gehe. Die anderen Journalisten äussern den Wunsch, dass sich ihre Newsrooms ebenfalls in diese Richtung entwickeln. Sie würden gerne mehr aus der Technik herausholen, sind gemäss ihren Aussagen aber festgebunden an starren Redaktionssystemen, wo Änderungen

jeweils

einem

langwierigen

Prozess

unterworfen

sind.

Neue

Anforderungen orten sie daher eher im publizistischen Bereich wie Geschwindigkeit oder Multitaskingfähigkeit. Auch durch die von den Journalisten wahrgenommene 101

verstärkte Spezialisierung (Für Videos werden explizit Videojournalisten eingestellt) führt nicht dazu, dass die Medienschaffenden immer neue Medien produzieren müssen – man sei wieder davon weggekommen, Journalisten als Alleskönner auszubilden. Allerdings halten die Journalisten auch neue Anforderungen fest, die für sie aber selbstverständlich sind. Dazu gehört, dass ein Journalist rasch durch das Web navigieren kann und sich auf sozialen Medien wie Twitter auskennt. Solche neun Anforderungen dürften aber generell auf die Ausprägung des Onlinejournalisten zutreffen und nicht direkt mit dem mobilen Wandel verknüpft sein. Zudem müssen die Journalisten zwar wissen, welche Formen von Inhalten auf Smartphones funktionieren und

welche

nicht

Selbstverständlichkeit

– an,

aber

auch

da

für

diese sie

das

Anforderung

schauen

Smartphone

auch

sie

privat

als zum

Alltagsgegenstand geworden ist.

6.6

Hypothese 6 – Qualitätswahrnehmung

Hypothese 3: Je stärker der Konsum von journalistischen Produkten mobil erfolgt, desto schlechter beurteilen Journalisten die publizistische Qualität ihrer Produkte. Falsifiziert

Auch die sechste Forschungshypothese wird nach Auswertung der qualitativen Interviews im Rahmen dieser Arbeit verworfen und als falsifiziert betrachtet. Mehrere Journalisten stellen zwar eine sinkende Qualität fest, führen diese aber nicht zwingend auf den mobilen Wandel zurück. Alle Journalisten halten fest, dass mehr Schreibfehler entstünden, da das Tempo zugenommen habe – auch die Recherchezeit leide. Dies bedeute aber nicht automatisch auch sinkende Qualität. In der Digitalisierung und verstärkten mobilen Nutzung orten die Journalisten stattdessen gar qualitätsfördernde Elemente. So könnten trockene Themen vielfältiger und damit ansprechender vermittelt werden, dazu entstehe auch mehr Konkurrenz und dadurch mehr Vielfalt im Angebot.

Die

pessimistischen

Journalisten Zugang.

bezeichnen

Man

müsse

die vom

laufende

Qualitätsdebatte

Gedanken

wegkommen,

als dass

publizistische Erzeugnisse stets komplett sein müssten und alle nötigen Elemente wie 102

Ausgewogenheit beinhalteten. Vielmehr sei es durch die laufende Berichterstattung möglich geworden, Informationen häppchenweise zu verbreiten und damit dem Rezipienten mehr Transparenz über die journalistischen Prozesse bei der Entwicklung von Geschichten zu ermöglichen. Einzelne Journalisten orten zwar eine Tendenz zu einer sinkenden Qualität aber im verschärften Kampf um Aufmerksamkeit – dadurch würden Titel und deren Geschichten hochstilisiert, um die abgelenkten Rezipienten auf ihren Smartphones auf die Geschichte aufmerksam zu machen. Da diese Meinung aber

nicht

der

Mehrheit

der

befragten

Journalisten

entspricht,

wird

die

Forschungshypothese als falsifiziert betrachtet.

7 Fazit

7.1

Zusammenfassung

In der Einleitung der vorliegenden Arbeit wurden drei Fragen in den Raum gestellt: Hat ein Technikwandel (im Bereich mobiler Empfangsgeräte) dem Journalismus eine neue Richtung gegeben? Oder wird der Einfluss des Wandels überschätzt? Und in welche Richtung könnte sich der Journalismus entwickeln? Die Arbeit hatte also das Ziel herauszufinden, inwiefern der verstärkte mobile Konsum von Medien das Produkt klassischer Medienhäuser verändert und wie dieser Einfluss in den Medienhäusern wahrgenommen wird. Um es vorneweg zu nehmen: Der Wandel hat deutlich Einfluss auf den Journalismus genommen, allerdings nicht überall so, wie das aufgrund vorhandener Theorien zu erwarten wäre.

Für die Forschung wurde zum einen exemplarisch an Flaggschiff-SmartphoneModellen der vergangenen zehn Jahre der technische Wandel im Bereich der verfügbaren Hardware aufgezeigt – die Hauptentwicklung fand bei der Vergrösserung der Bildschirme sowie der Steigerung der mobilen Internetgeschwindigkeit statt. Gleichzeitig wurde am Fall Schweiz aufgezeigt, wie die Netzbetreiber das mobile Internet innert weniger Jahre massiv ausgebaut haben und wie der Smartphone-Markt dadurch stark angestiegen ist. Alleine schon mit dieser Auslegeordnung des Wandels wurde ersichtlich, dass innert kurzer Zeit ein umfassender Wandel im Medienverhalten stattgefunden hat. 103

In

einem

zweiten

Teil

wurde

mithilfe

einer

Auslegeordnung

vorhandener

wissenschaftlicher Texte aufgezeigt, dass der technische Einfluss auf soziale Systeme wie den Journalismus ganz unterschiedlich gedeutet werden kann. Zudem wurde deutlich, dass vorhandene Forschungsbefunde zu den Leitfragen nur spärlich vorhanden sind, da die Thematik jung ist und der Wandel noch nicht abgeschlossen ist.

Die

vorliegende

Arbeit

wählte

deshalb

das

offene

Vorgehen

der

Technikfolgenabschätzung um eruieren zu können, wie der Einfluss aussehen und in welche Richtung der Journalismus sich weiterentwickeln könnte. Gemessen wurde schliesslich mit zwei Instrumenten, welche die Aussenbeobachtung sowie die Praxiserfahrung berücksichtigen sollten: An einem Stichtag eines Ereignisses nationaler Ausstrahlung (Zürcher Kantons- und Regierungsratswahlen) wurden die sechs grössten Deutschschweizer Medienportale auf ihre mobilen Erzeugnisse hin analysiert – alle publizierten Artikel zu den Wahlen wurden also auf einem Smartphone aufgezeichnet und anschliessend ausgewertet. In einem zweiten Teil wurden von jedem dieser Medienportale zwei Journalisten befragt, es wurden also insgesamt zwölf Interviews durchgeführt. Bei der Analyse der Daten der beiden Erhebungen fielen folgende Punkte auf: 

Ausnahmslos jedes Portal setzte auf mindestens einen Live-Ticker



Text war in fast allen Berichten das Hauptmedium für Informationen



Das Instrument der Push-Benachrichtigungen wird rege genützt



Aufwändig produzierte Medien explizit kreiert für den Online-Kanal kamen nur von zwei Portalen



Fast überall spielt Twitter in der Berichterstattung eine wichtige Rolle



Der Zeitdruck und das Tempo haben für Journalisten deutlich zugenommen

Die Erhebung in dieser Arbeit führte zu Tage, dass der mobile Wandel in den Schweizer Medienhäusern angekommen ist. Die Leitungs-Gremien der Medienhäuser machen ihre Journalisten darauf aufmerksam, dass gezielter für die mobile Rezeption produziert werden müsse. Allerdings fehlen exakte Richtlinien dazu bislang. Deutlich herausgekommen ist, dass durch die ständige Empfangsbereitschaft der Rezipienten die Berichterstattung dynamischer wird – beispielsweise mit Live-Tickern oder auch Push-Meldungen. Dies führt dazu, dass Artikel nicht mehr klassisch mit allen nötigen Aspekten komplettiert sind, sondern sich im Laufe der Geschehnisse weiterentwickeln. 104

Dies führt auch dazu, dass das Berufsbild des Journalisten sich dazu entwickelt, einen Rund-um-die-Uhr-Service anzubieten. Der aufgrund von theoretischen Überlegungen gefällte Schluss, dass die Textmenge zugunsten der mobilen Rezeption abnimmt, wurde in dieser Untersuchung deutlich widerlegt: Durch die permanente Berichterstattung über Live-Ticker wurde im Vergleich zu den klassischen Publikationen deutlich mehr geschrieben. Dies deckt sich auch mit der Einschätzung der Journalisten – man müsse den Text lediglich mobilgerecht portionieren aber nicht zwingend verkürzen. Dazu gehört auch, einen abwechslungsreichen Mix mehrerer Medien anzubieten und soziale Netzwerke wie Twitter einzubauen. Trotz der neuen technischen Fertigkeiten der Smartphones halten sich die Medienhäuser aber noch zurück, aufwändige Medien wie Videos oder interaktive Grafiken für den Online-Kanal zu produzieren – unter anderem wird der kleine Bildschirm der mobilen Geräte als Grund dafür genannt. Der Druck hat auf die Journalisten zugenommen, der Wettlauf über die Zeit hat sich aufgrund der Push-Technologie weiter verstärkt. Dies führe zu mehr Fehlern und teilweise auch Verdrossenheit bei den Rezipienten – einige Journalisten warnen, dass die Medien damit das Instrument der Push-Benachrichtigung gleich selber zu Grabe tragen. Die Journalisten wollen im Gegensatz zu der Forschung aber nicht von sinkender Qualität sprechen – die meisten sind zufrieden mit der Entwicklung und sprechen von neuen Chancen. Für die Zukunft sehen sie keine absehbare neue disruptive Innovation, die ihr Schaffen grundsätzlich ändern würde. Sie glauben, dass der mobile Wandel dazu führt, dass der Kanal zu den Rezipienten interaktiver wird.

105

7.2

Methodenkritik

In diesem Abschnitt werden einige Kritikpunkte am methodischen Vorgehen aufgezeigt. Dadurch soll der Interpretationsrahmen der vorgelegten Ergebnisse besser eingeordnet werden können. Die Hauptschwäche dieser Arbeit liegt darin, dass sie sich zwar mit der Veränderung über die Zeit beschäftigt, jedoch keine Panel-Studie zum Einsatz kommt. Gemessen wird zu einem einzigen Zeitpunkt und die Informationen über die Vergangenheit werden mittels Retrospektivfragen eingeholt. Erinnerungslücken oder verfälschte Interpretationen der Vergangenheit fliessen so als Fehlerquelle in die Messung. Wünschenswert wäre es also, wenn eine Nachfolgestudie Erhebungen sowohl im Bereich der Inhaltsanalyse wie auch in der Befragung von Journalisten über mehrere Zeitpunkte hinweg macht. Dies wäre auch im Sinne der Technikfolgenabschätzung: Weitgehend

geteilt

wird

heute

nämlich

die

Auffassung,

dass

Technikfolgenabschätzungen in vielen Fällen nur wirklich erfolgreich sein können, wenn sie nicht als „Einmalstudien“, sondern als Folgen bei Bedarf zu wiederholender Analysen und Bewertungen konzipiert sind (Paschen 1990: 81). Anlass für Kritik gibt auch die Durchführung der Inhaltsanalyse: Schlüsse auf das Gesamtangebot der Portale lassen sich daraus nicht ziehen, da ein spezifisches Ereignis stattgefunden hat. Für eine gesteigerte Validität wäre es daher sinnvoll, eine zweite Kontrollmessung an einem anderen Tag durchzuführen und zu prüfen, ob die Art der publizierten Berichte noch immer gleich ausfällt. Da die vorliegende Arbeit innerhalb eines engen Zeitraumes entstanden ist, waren beispielsweise auch die Zeiträume innerhalb der Messungen der Test-Retest-Methode äusserst kurz – dadurch kann die Anwendung des Messinstruments die nachfolgende RetestMessung beeinflussen, was die Reliabilität mindert. Zudem weist auch das gewählte Messinstrument der qualitativen Face-to-Face-Interviews Schwächen auf: So spielen Fehlerquellen wie Befragtenmerkmale, Fragemerkmale sowie Merkmales des Interviewers und der Interviewsituation bei der Messung mit (Dieckmann 2007: 447). Zuletzt muss angefügt werden, dass aus dieser Fallstudie aufgrund der kleinen Fallauswahl

und

der

qualitativen

Vorgehensweise

aufgrund

der

Technikfolgenabschätzung-Stossrichtung keine Allgemeinaussagen getroffen werden können. So kann das Ergebnis einer TA-Studie kann stark durch die Auswahl der 106

befragten Experten oder die Art der gestellten Fragen bestimmt werden. (Grunwald 2010: 186). Zudem birgt die Arbeit die Gefahr eines voreingenommenen Schlusses – nämlich, dass der mobile Wandel den Journalismus auf jeden Fall beeinflusst. Denn eine technikinduzierte TA kann schon vom Ansatz her nicht als "neutral" gelten: Sie verfolgt Fragestellungen, die die Macht der geschaffenen Fakten, den "sich vollziehenden technischen Wandel" (BMFT 1989: 11) als Ausgangspunkt hinnehmen. Zuletzt sei noch erwähnt, dass die Deutung der technischen Zukunft äusserst fehleranfällig ist – dies aufgrund des Collingridge-Dillemma. Es besagt, dass Wirkungen nicht leicht vorhergesehen werden, solange die Technologie noch nicht ausreichend entwickelt und weit verbreitet ist. Da der mobile Wandel weiter anhält (siehe nächstes Kapitel), greift dieses Dillemma auch in dieser Untersuchung.

7.3

Ausblick

Der mobile Wandel ist nicht abgeschlossen – ein beobachtbarer Trend ist etwa die steigende Hyperlokalität, also der Zustand, wo alle Objekte miteinander verlinkt sind. Die Netzbetreiber bereiten dieses „Internet der Dinge“ gerade vor und ob und wenn ja, inwiefern sich das auf den Journalismus auswirkt, bleibt vorerst offen. Dazu gehört auch die zurzeit noch vorherrschende Unsicherheit, ob Wearables (tragbare Elektronikeinheiten mit Sensoren) wie etwa Smartwatches sich durchsetzen werden. Aufgrund dieser Entwicklungen kann jedoch davon ausgehen, dass Ubiquität und Konnektivität weiter gesteigert werden – und die daraus entstehenden journalistischen Produkte, welche diese Arbeit herausgearbeitet hat, sich weiter entwickeln. Die grosse Unbekannte bleibt dabei die zukünftige Art der Darstellung von Inhalten. Zum einen war über die vergangenen Jahre ein Trend hin zu grösseren Bildschirmen im mobilen Gebrauch zu beobachten. Zum anderen experimentieren Medienhäuser aber mit Nachrichten für Uhrenbildschirme oder für interaktive Brillengläser, welche eine ganz andere Art der Aufbereitung von Informationen verlangen. Unbekannt ist zudem, wie sich das Nutzungsverhalten über die Zeit ändert. Womöglich sind die Rezipienten irgendwann übersättigt mit der ständigen Verfügbarkeit von Informationen und der Trend geht in die gegenteilige Richtung. Für den Berufsstamm des Journalisten bedeuten diese Unsicherheiten vor allem eines: Die Anforderung an Flexibilität und 107

Anpassungsfähigkeit

wird

aufgrund

der

erwarteten

Szenarien

mit

hoher

Wahrscheinlichkeit weiter steigen.

108

8 Abbildungsverzeichnis Bild Titel-Cover (Quelle: https://www.knowlarity.com/5-must-mobile-apps-entrepreneurs-work-home/) Abbildung 1: HTC Universal (Quelle: http://pdadb.net/img/xda_exec.jpg)

Seite 11

Abbildung 2 : HTC Hermes 300 Seite 12 (Quelle : http://pdadb.net/img/gallery/big/t-mobile_mda_vario_ii_front_stift.jpg)

Abbildung 3 : iPhone Seite 12 (Quelle : http://www.allenpike.com/images/wp-uploads/2012/09/iphone1vs5.jpg)

Abbildung 4 : HTC Dream Seite 13 (Quelle : http://phonesdata.com/files/models/HTC-Dream-478.jpg )

Abbildung 5 : iPhone 3GS Seite 14 (Quelle: https://d3nevzfk7ii3be.cloudfront.net/igi/kBkXWHW5ImOiKqgM)

Abbildung 6 : HTC EVO 4G Seite 14 (Quelle : http://img.gadgetian.com/HTC-EVO-Design-4G-Sprint-Press-Shot1.jpg)

Abbildung 7 : Motorola Droid Razr

Seite 15

(Quelle: http://www.shopologgy.pk/product_images/uploaded_images/jake-callanddual-core-droid-razr-maxx-hd-wallpaper.jpg)

Abbildung 8 : Samsung Galaxy Note 2

Seite 16

(Quelle: http://matjarey.com/store/images/detailed/1/galaxy-note-2-hero.jpg)

Abbildung 9 : Nokia Lumia 1520

Seite 16

(Quelle : http://phonesdata.com/files/models/Nokia-Lumia-1520-870.jpg)

109

Abbildung 10 : iPhone 6 neben iPhone 6 Plus

Seite 17

(Quelle: http://blogs-images.forbes.com/gordonkelly/files/2014/09/2014-09-09_22-3802.jpg)

Abbildung 11 : Huawei P8 Max

Seite 17

(Quelle: http://i.ytimg.com/vi/Un5wI_4Z4Wc/maxresdefault.jpg)

Abbildung 12: Durchschnittliche Bildschirmgrössen

Seite 18

(Quelle: http://gizmodo.com/a-comprehensive-look-into-the-future-of-smartphonescre-1583303782)

Abbildung 13: Durchschnittliche Screen-to-Bezel Ratio

Seite 19

(Quelle: http://gizmodo.com/a-comprehensive-look-into-the-future-of-smartphonescre-1583303782)

Abbildung 14: OS-Marktanteile.

Seite 20

(Eigene Darstellung. Daten-Quellen: MUI 2012-2014, IDC 2012-2014)

Abbildung 15: Average Screen Size of New iPhones

Seite 21

(Quelle: http://gizmodo.com/a-comprehensive-look-into-the-future-of-smartphonescre-1583303782)

Abbildung 16: Bevölkerungsanteil, der mobil online geht

Seite 22

(Eigene Darstellung. Quelle der Daten: MUI 2010-2015)

Abbildung 17: Diskurstypen der TA

Seite 31

(Quelle: Oppermann / Langer 2002: 5-6)

Abbildung 18: Veränderung der mobilen Unique Client-Zahlen.

Seite 49

(Eigene Darstellung und Berechnung. Quelle Datensatz: netreport.netmetrix.ch/mobile)

Abbildung 19: Abbildung 18: Filterung bei watson-Ticker

Seite 60 110

(Quelle: watson.ch)

Abbildung 20: Reporter-Bilder bei 20 Minuten

Seite 62

(Quelle: 20min.ch)

Abbildung 21: Ticker-Kommentar bei Blick Online

Seite 63

(Quelle: blick.ch)

Abbildung 22: Hochwertige Bilder im NZZ-Ticker

Seite 64

(Quelle: nzz.ch)

Abbildung 23: Dynamische NZZ-Grafiken

Seite 65

(Quelle: nzz.ch)

Abbildung 24: Paraphrasierte Interviews bei SRF

Seite 66

(Quelle: srf.ch)

Abbildung 25: Bullet-Points bei SRF

Seite 67

(Quelle: srf.ch)

Abbildung 26: Handy-Video bei Tagesanzeiger

Seite 69

(Quelle: tagesanzeiger.ch)

Abbildung 27: Verlinkte Audio-Interviews

Seite 75

(Quelle: srf.ch)

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