Jochen Kalka

Wi n n e n d e n

Joch en K a lk a

Wi n n e n d e n Ein Amoklauf und seine Folgen

Deutsche Verlags-Anstalt

Winne nde n ist zum Synonym geworden. »Winnenden« steht nicht mehr für eine kleine schwäbische Stadt in der Nähe Stuttgarts, für friedfertige, fleißige, brave Menschen, sondern für ein Verbrechen, das als Amoklauf bezeichnet wird. »Winnenden« steht für sechzehn Tote. Die Medien benutzen »Winnenden« in merkwürdigen Konstellationen: »seit Winnenden«, »als Winnenden war«, »das war wie Winnenden«. Für den Winnender gibt es diese Wortkombinationen nicht. Auch wenn der Winnender weiß: »Winnenden« wird man nicht vergessen. Am 11. März 2009 erschießt ein siebzehnjähriger ehemaliger Schüler der Albertville-Realschule in Winnenden innerhalb von drei Minuten zwölf Menschen: acht Schülerinnen, einen Schüler und drei Lehrerinnen allein im Schulgebäude. Als die Polizei nach wenigen Minuten eintrifft, flüchtet der Mörder, der wohl ein noch viel schlimmeres Massaker geplant hatte. Im Park der Psychiatrischen Landesklinik tötet er einen Angestellten. Dann kidnappt er ein Fahrzeug mit Fahrer. Zwei Stunden irren die beiden durch die Gegend, bis der Fahrer in der Nähe einer Polizeisperre bei Wendlingen aus dem Wagen springen kann. Der Täter flüchtet weiter zu Fuß zu einem nahen Autohaus, wo er einen Verkäufer und einen Kunden erschießt, bevor er sich selbst tötet. Der siebzehnjährige Mörder soll am Vorabend der Tat seine Zeit mit Killerspielen am PC verbracht haben. Die ungeschützt 5

lagernde Großkaliberwaffe seines Vaters hat er aus dem elterlichen Schlafzimmer genommen. Wenige Wochen vor dem Attentat soll er gemeinsam mit seinem Vater rund tausend Patronen gekauft haben, 284 davon nimmt der Täter mit, 113 verschießt er. Sohn und Vater waren Mitglied im Schützenverein.

E i n e M u t t e r , i r g e n d e i n e, ist spät dran, viel zu spät. Es ist längst nach zehn Uhr.Wenn sich kein Unfall auf dem Weg ereignet hat und nicht alle Ampeln auf Rot stehen, ist es noch zu schaffen. Heute muss sie nur zwei Stunden unterrichten, Englisch, wie jeden Mittwoch. Schnell das Autoradio an, SWR 3. Einmal links abbiegen, dann rechts. »Wie fährt der denn? Spinnt der?« Die Frau muss scharf bremsen. Dabei fliegt ihre Tasche vom Beifahrersitz auf den Boden. »Was fällt dem ein?« Sie sieht jetzt, dass es ein ziviler Wagen mit aufgesetztem Blaulicht ist, der ihr da so sportlich entgegenkommt. Dabei ist die Gerberstraße eine Tempo-30-Zone. Und dann noch diese verdammte Baustelle, wo es hier eh so eng ist. Im Verkehrsfunk hört sie etwas von »keine Anhalter mitnehmen«, die Lehrerin stellt lauter, bevor sie in die Bundesstraße einbiegen will. »Im Raum Winnenden«, bekommt sie noch mit. »Wohl wieder einer aus der Psychiatrischen Klinik ausgebrochen«, denkt sie. Kurzer Kontrollblick auf die Knöpfe an den Türen, sie sind alle unten, alles dicht, die Frau wähnt sich in Sicherheit. »Wir kriegen gerade eine Meldung rein«, meldet die Stimme aus dem Radio. Die Autofahrerin konzentriert sich auf den Verkehr. Es ist nicht gerade leicht, an dieser Kreuzung 6

auf die stark befahrene B14 zu kommen. Gut, dass in einem halben Jahr die Umgehungsstraße endlich fertig sein wird. Dann wird es ruhig in Winnenden werden. Von links kommt ein großer Lastwagen, danach könnte frei sein. Rechts kommt grad keiner, erst weiter hinten. »Amoklauf«, »Schule«, »Winnenden« schnappt die Mutter aus dem Radio auf, gibt Gas, um die Lücke zu nutzen, und zweifelt plötzlich an dem, was sie vernommen hat. Sie schaltet in den zweiten Gang, beschleunigt mit ihrem Fahrzeug, während sie das Piepen ihres Handys hört, das Piepen einer SMS. Obwohl sie überhaupt keine Zeit hat, lenkt sie den Wagen geistesgegenwärtig nach rechts auf einen Stellplatz.Vor ihr ein Schild »Privatparkplatz Allianz«. Hektisch angelt die Frau nach ihrer schwarzen Tasche, stellt sie zurück auf den Beifahrersitz, wühlt nach dem Handy und sieht, dass die Nachricht von ihrer elfjährigen Tochter Emma ist. Sie wundert sich, dass ihre Tochter während des Unterrichts eine Mitteilung schickt. Emma schreibt so gut wie nie eine Kurznachricht an ihre Mutter. Kinder kommunizieren viel mit der ganzen Welt. Aber wenig mit der eigenen Familie. Klick, Klick, dann flammen ihr, der Mutter, die Worte auf dem Display entgegen: »Amoglauf an Schule. Mind 1 toter, 2 verletzt. Pass auf!« Emmas Mutter ringt nach Luft, kann kaum mehr atmen, dreht das Radio lauter, doch da läuft längst wieder Musik. »Heaven is a place on earth«. Sie zappt durch die Sender, Antenne, Energy, alle bringen nur Musik. Es ist 22 Minuten nach zehn. Ein Amoklauf bei ihrer Tochter? Ein Toter? Wieso schreibt sie »Pass auf«? Wieder und wieder liest sie die SMS. Was ist da los? Was kann sie tun? Wo soll sie hin? Jetzt noch zur Arbeit fahren? Die junge Frau ist nervös. Nein, nicht, so lange ihre Tochter in Gefahr ist. Hinter ihr ertönt das Geräusch einer Polizeisirene. 7

Die Lehrerin ruft bei ihrer rund zehn Kilometer entfernten Schule an. Als sie die nüchterne Stimme der Sekretärin hört, schnürt es ihr die Kehle zu. Mit gequetschter Stimme teilt sie mit, dass an der Winnender Schule ein Amoklauf sei, vielleicht bei ihrer Tochter, sie wisse nichts Näheres, könne heute nicht zum Unterrichten kommen … Wieder saust ein Polizeiwagen mit Martinshorn vorbei. Mehr kann die Mutter nicht sagen – ob die Sekretärin ihre Situation nachvollziehen kann? Sie kann. Und sie kann nicht. Nach dem Telefonat will die Lehrerin wieder zurücksetzen, auf die Bundesstraße, doch sie sieht nur noch verschwommen. Ihre Augen sind feucht, die Kontaktlinsen trüb. Sie zwinkert einmal, zweimal, es wird besser, doch es kommen neue Tränen nach. Obwohl sie noch gar nicht genau weiß, was los ist. Eine Lücke, schnell raus, sie gibt kräftig Gas, dann muss sie bremsen, stark bremsen, der Verkehr vor ihr stockt. An der nächsten Kreuzung will sie links abbiegen, in Richtung Schulzentrum. Dort, wo ihre Tochter ist. Doch in dem Moment stellt sich ein Polizeiwagen quer, lässt kein Auto mehr durch. Die Mutter lässt ihr Fenster herunter. Hemmungslos schreit sie über den Gegenverkehr hinweg einem Polizisten zu: »Ich will zu meiner Tochter. Ich will sie da rausholen. Lassen Sie mich durch, bitte lassen Sie mich da durch …« Der Polizist erklärt der aufgelösten Mutter, dass sie die Innenstadt umfahren müsse, es werde eine Sammelstelle für Schüler und Eltern gebildet, am Wunnebad. Die Frau hat keine Wahl. Sie muss zur Sammelstelle.Wie das klingt, Sammelstelle. Ein Wort, das sie noch nie aktiv benutzt hat in ihrem Leben. Das irgendwie nach Krieg riecht, nach Flucht, nach Vermissten. Das Wort hat nichts Angenehmes an sich. Und wieder Polizei. Eine ganze Polizeikolonne kommt da an. Von hinten ein Krankenwagen, die schrillen Töne der 8

Martinshörner überschwemmen den kleinen Ort, die Sirenen verschmelzen zu der dröhnenden, bedrohlich klingenden Musik eines Panikorchesters. Als die Frau sich wieder auf der B14 eingeordnet hat, geht nichts mehr. Der ganze Verkehr bricht zusammen. Auch in der entgegengesetzten Richtung Stillstand. Herzstillstand einer Stadt. Da ist es wieder, dieses »Amoklauf« im Radio.Von »aktuellen Informationen« ist die Rede, von »mindestens zwei Toten«, von »womöglich mehreren Tätern« an einer »Schule in Winnenden«, »anscheinend der Albertville-Realschule«. Ein bisschen atmet die Mutter auf, weil ihre Tochter an dem gegenüberliegenden Gymnasium ist und nicht an der eben genannten Schule. Wenn es denn die ist. Beunruhigt ist sie aber auch.Weil die Täter noch auf der Flucht sind, abermals der »dringende Hinweis, nehmen Sie bitte im Raum Winnenden keine Anhalter mit …« Nichts geht mehr, das ganze Leben scheint ins Stocken geraten zu sein, Schockstarre in Winnenden. Wieder greift die Frau zu ihrem Handy. Erst jetzt kommt sie auf die Idee, ihre Tochter anzurufen. Sie weiß die Nummer nicht auswendig, zu selten wählt sie sie. Sie klickt nochmals die SMS ihrer Tochter an, ihr Atem stockt, als sie wieder dieses »Amoglauf« liest, dann drückt sie auf Wählen. »Emma« ist auf dem Display zu lesen, »Verbindung aufnehmen«, die Pfeile bewegen sich durch die Anzeige, ewig dauert das, dann, endlich, das Leerzeichen. »Ja? Hier ist Emma«, meldet sich das Kind mit seiner so unschuldigen, hohen Stimme. Obwohl absolut klar ist, dass es lebt, dass es nicht in Gefahr ist, kämpft die Mutter mit den Tränen.Tapfer spricht sie: »Hallo, Emma, hier ist deine Mama.« Pause. »Hallo, Mami«, antwortet das helle Stimmchen des Mädchens. 9

Auf der B14 geht es jetzt ein klein wenig voran, zwei, drei Meter vielleicht, dann stockt der Verkehr wieder. Abermals Stillstand. »Wie geht es dir denn?«, fragt die Mutter ihre Tochter und muss sich dabei richtig zusammennehmen, um nicht doch noch in Tränen auszubrechen. »Ganz gut«, sagt das Mädchen, »weißt du, wir sitzen hier am Boden und machen Spiele. Und wir dürfen alle mit dem Handy telefonieren. Aber, Mami«, fährt es fort, »du musst aufpassen, der Amokläufer ist noch unterwegs. Es gibt schon mindestens zwei Tote und ganz viele Verletzte, pass auf, bitte pass auf!«, sagt das Kind zu seiner Mutter mit völlig ungewohnt empathischer Stimme. »Ja, ich pass schon auf. Du musst aber auch aufpassen, versprichst du mir das?« »Na klar, Mami.« Und nach einer kurzen Pause: »Mami, holst du mich nachher ab?« »Natürlich hol ich dich ab, ganz sicher hol ich dich ab, wenn das Ganze hier vorbei ist …« Wieder steigen der Mutter Tränen hoch. Hätte sie ihr Mädchen nur schon bei sich, in Sicherheit. »Wie lange dauert das noch?«, fragt Emma ihre Mutter. »Nicht mehr lange, es ist sicher gleich vorbei«, versucht die Mutter zu trösten. »Kannst du mir mal deinen Lehrer geben?« »Mami, das ist doch voll peinlich«, regt sich das Kind auf. Aber es leistet nicht lange Widerstand, wenige Sekunden später ist der Lehrer dran. »Ja, hier Lorsch.« »Hier ist die Mutter von Emma. Ich wollte nur fragen, wie die Situation ist.« »Wir sind hier im Klassenraum in Sicherheit. Die Türen sind alle abgesperrt, es kann nichts passieren«, versucht der Lehrer zu beruhigen. »Auch das Schulgebäude ist abgerie10

gelt, wir sind in Sicherheit«, wiederholt er. »Ihrer Tochter geht es gut. Allen Kindern hier geht es gut. Wir machen gerade Spiele.« »Vielen Dank, Herr Lorsch.« »Ich gebe Ihnen Ihre Tochter wieder.« »Hallo, Mami!« »Hallo, mein lieber Spatz, mein Schatz, meine Maus, du, dir geht es gut, ja?« »Ja klar, wir sitzen hier auf dem Boden und machen Spiele. Ich muss jetzt aufhören …« »Also gut. Melde dich bitte wieder, wenn ihr raus könnt. Melde dich. Ich hol dich dann ab, ja?« »Ja, ich weiß. Tschüss, Mami, bis gleich, Mami, tschüss, … Tschüss.« »Tschüss, Süße, tschüss, ich komme dann, ich bin gleich da, tschüss …« Wieder kann die Frau kaum noch etwas sehen, sie blickt wie durch einen Schleier. Längst müssen die Autos eine Gasse für die vielen Einsatzkräfte bilden. Ein Polizeiwagen nach dem anderen. Dann wieder Krankenwagen. Sie fahren in alle Richtungen. Es hat etwas Zielloses, völlig Willkürliches. Ihr Mann, ihr Mann weiß ja noch gar nichts. Sie muss ihn sofort sprechen, sofort anrufen, in München, warum muss er ausgerechnet heute in München sein, drei Stunden von Winnenden entfernt, warum heute? Eigentlich ist er jeden Tag in München, fast jeden Tag, denn er arbeitet dort. Die Nummer kennt sie auswendig. Doch er geht nicht ran, ans Telefon. Sie wählt nochmal, nochmal und nochmal. Nicht einmal die Mailbox springt an. Sie wählt die Nummer seines Sekretariats, das immer zu erreichen ist, nur diesmal nicht. Da gibt es doch noch diesen Freund, den Kollegen, mit dem man sich schon mal privat 11

getroffen hat, sie hat sogar seine Nummer in ihrem Handy eingespeichert. Die Frau wählt, erreicht auch ihn nicht, aber immerhin geht die Mailbox an. »Hi, Philipp, hier bin ich. Pass auf, hier ist ein Amoklauf, an der Schule, würdest du bitte meinen Mann anrufen, sagst du ihm, dass es Emma gut geht, wenn du das hier abhörst, okay, ja? Danke dir, liebe Grüße, tschüss.« Polizeiwagen mit Blaulicht von vorne, noch einer und noch einer. Dann geht es wieder ein paar Meter voran. Sirenen. Hubschrauber kreisen über der Stadt. Einer, zwei, mindestens drei Hubschrauber. Es wirkt so, als sei man in den Universal Studios in Hollywood. Das, was hier passiert, kann nicht real sein. Jetzt, endlich, kann die Mutter rechts abbiegen. Sie merkt, dass es sinnlos ist, zur Sammelstelle zu fahren. Da wird sie nie ankommen. Nicht mit dem Auto. Also rechts ab und dann irgendwie wieder zurückfahren. Doch auch hier ist alles verstopft. Langsam geht es, ganz langsam geht es doch voran, immer wieder ein paar Meter. Etwas später rechts ab, irgendwie hintenrum wieder zurück, nach Hause. »Wen muss ich noch anrufen? Was kann ich nur tun? Was mach ich denn jetzt?«, fragt sie sich, als sie etwas später in die Garage ihres Einfamilienhauses fährt.

E i n Vat e r , i r g e n d e i n e r , muss los. Punkt zehn Uhr beginnt die Konferenz in der Münchner Redaktion. Wie jeden Mittwoch. Das Handy klingelt. Er hat es wieder nicht ausgemacht. Da er einen wichtigen Rückruf erwartet, stellt er den Klingelton aus. Es vibriert. Er schaut auf die Anzeige: Anrufer unbekannt. »Das kann nur VW sein«, denkt der Journalist. »Da hatten wir eine Personalie im Blatt, die sicher für Ärger sorgt. Vom Wechsel im Marketing wusste noch keiner.« Und wieder vibriert das Handy. 12

Dass seine Frau ihn erreichen will, verzweifelt, kann er nicht ahnen. Längst hat die Konferenz begonnen. Es geht um Termine, dann, etwas später, um die Titelplanung des nächsten Magazins.Wieder und wieder vibriert das Telefon. Auf der Anzeige ständig »unbekannt«. »Nein, ich gehe nicht ran, nicht jetzt.« Das Handy nervt den Journalisten. Dessen Kollegen sind ebenfalls genervt, weil es ständig rattert. Dass seine Tochter ihn anrufen will, die in ihrer Schule eingesperrt ist, kann er nicht ahnen. Als er sich gerade wieder in die Besprechung einklinken will, geht die Tür auf. Eine aufgeregte Mitarbeiterin aus dem Sekretariat. »Kommst du bitte mal ganz dringend«, ruft sie ihm zu. »Nicht jetzt«, mault er zurück, »wir ziehen erst die Konferenz durch …« »Nein, bitte, es ist ganz dringend, der Philipp ist am Telefon.« Seine Mitarbeiterin wirkt äußerst beunruhigt. Er verlässt den Raum, folgt ihr zum Telefon. »Hallo?« »Hallo, hier ist der Philipp«, sagt sein Kollege und Freund. »Deine Frau hat mich eben angerufen. Keine Angst, es geht ihr gut«, sagt er. Einfach so. Das sagt man doch nur, wenn was ist, wenn es ihr nicht gut geht, durchzuckt es ihn. »Was ist denn los?«, platzt es aus ihm heraus. In ganz ruhigen Worten erklärt er sehr, sehr langsam: »Es – ist – ein – Amoklauf – an – der – Schule. Aber, keine Angst, es sind alle in Sicherheit …« Der Journalist will antworten und merkt, dass er keine Stimme mehr hat. 13

»Was ist denn passiert?«, will er wissen, doch er kriegt einfach keinen Ton raus. »Ruf am besten gleich zu Hause an«, sagt der Freund. Der Angerufene presst ein »Okay« heraus und ein »Danke«, legt auf. Wilde Bilder gehen ihm durch den Kopf. Ein Amoklauf. Ein Amoklauf? Ja, wo denn eigentlich? Bei seiner Frau an der Schule? Oder bei einem seiner beiden Kinder? In dem Moment piepst sein Handy. Es ist 10.54 Uhr. »amoklauf an schule. Emma gehts gut.« Eine SMS seiner Frau. Wenn sie schreibt, dass es Emma gut geht, dann ist der Amoklauf bei … »Oh Gott, bei meiner Tochter ist ein Amoklauf«, elektrisiert es ihn. Er steht auf, blickt starr in die Ferne, taumelt zwei Zimmer weiter in sein Büro. Zu seiner Mitarbeiterin sagt er mit erstickter Stimme: »Ein Amoklauf.« An seinem Rechner geht er sofort auf spiegel.de, wo groß über den »Amoklauf von Winnenden« berichtet wird. Von zwei Toten ist die Rede. Er hat die Vorstellung, dass der Täter im Schulhof um sich geschossen hat. Er soll noch auf der Flucht sein. Der Journalist findet keine Zeit, die Meldung in Ruhe zu lesen. »Ich muss zurück in die Redaktionskonferenz.Wir müssen die nächste Ausgabe unserer Zeitschrift planen.Vielleicht noch schnell meine Frau anrufen.« Besetzt. Mist. Er versucht es wieder und wieder. Währenddessen saugt er Nachrichten aus dem Internet. Sueddeutsche.de, spiegel.de. Es gibt bislang kaum Informationen. Weder zur Tat noch zum Täter, noch zu den Opfern. Auf zwei Tote haben sich die Newsseiten geeinigt. Momentan. Endlich das Freizeichen. Aufgeregt wartet er auf die Stimme seiner Frau. 14

Er ist so froh, sie zu hören, die Vertrautheit zu spüren. »Ich habe die ganze Zeit versucht, dich anzurufen«, sagt sie völlig aufgelöst – und wirkt doch souverän. »Wo ist der Amoklauf? Ist Emma in Sicherheit?«, will der Vater wissen. »Ja, Emma ist in Sicherheit. Es geht ihr gut …« »Und Lena?« »Auch. Beide sind in den Schulen eingesperrt.« »Eingesperrt?« »Ja, den Täter hat man noch nicht«, sagt sie. »Mit Emma habe ich telefoniert. Es geht ihr gut«, wiederholt sie. »Sie sitzen auf dem Boden und machen Spiele. Die Schulen haben alles verriegelt …« »Ja, und wann kommen sie frei?« »Wenn der Täter gefasst ist.« »Ich ruf dich wieder an«, sagt der Vater. Er muss zurück in seine Konferenz. Also zurück in den Besprechungsraum. Alle gucken ihn mit großen Augen an. Trauen sich nicht zu fragen, was los ist. »Ein Amoklauf an der Schule meiner Tochter …« Die Kollegen sitzen wie erstarrt vor ihm. »Ach«, sagt er, »das gibt’s doch gar nicht. Schon wieder ein Amoklauf. Erst vor wenigen Jahren, da war ein Amoklauf bei der Schwester meiner Frau. Die ist auch Lehrerin …« Er denkt, das interessiert doch niemanden und will zurück zur Tagesordnung. Gleichzeitig kommt ihm all das in den Sinn, was mit Gewalt zu tun hatte in seinem Leben: Der Mord im Stuttgarter Rosensteinpark, bei dem er als Kind Zeuge war, vor fast vierzig Jahren. Der Pyromane, der im Hof seine Spielsachen in Brand gesteckt und später in seinem Keller und der Tiefgarage gezündelt hat. Er weiß nicht, ob er es laut ausgesprochen – oder nur gedacht hat. Erneut versucht er, zur Tagesordnung überzugehen. 15

»Was planen wir als Titelstory?«, fragt er. Er kommt sich vor wie in einem Vakuum. Als hätte er Watte in den Ohren, Schaumstoff um den Kopf herum. Es fällt ihm schwer, sich zu konzentrieren, zuzuhören. Was die anderen Kollegen sagen – keine Ahnung. Das Handy klingelt schon wieder. Sein Chef ist dran, der Verlagsleiter. »Ist Ihrer Familie was passiert?«, fragt er aufgeregt. Völlig ruhig und souverän antwortet der Redakteur: »Nein, alle in Sicherheit, die Kinder sind im Klassenzimmer eingesperrt …« »Sie fahren jetzt sofort nach Hause«, sagt sein Chef. Der Redakteur stammelt noch ein »Aber«, dann wiederholt sein Chef: »Sie gehen jetzt sofort nach Hause. Ihre Familie braucht Sie.« Sein Zuhause ist 250 Kilometer entfernt. In Winnenden. »Soll ich dich nach Hause fahren?«, fragen mehrere Kollegen. »Ist wirklich kein Problem …« Er lehnt ab. Zurück an seinem Schreibtisch ruft er wieder seine Frau an. »Gibt’s was Neues?« »Nein, die Kinder sind noch in den Schulen. Keine Ahnung, was los ist …« Gott, wie schrecklich, überlegt der Vater, was für eine Panik mag da sein, in den Klassenzimmern. Er will nicht daran denken. Er sagt, dass er jetzt heimfahren würde. »Wir telefonieren vom Auto aus«, sagt er, »dann verlieren wir keine Zeit.« Schnell verlässt er das Büro. Er kommt sich vor wie in einem schlechten Film. Oder wie in einem miesen Traum. Als er unten im Foyer des Verlagsgebäudes ist, laufen Bilder von Winnenden über den riesigen Monitor. Der Vater sieht rennende Polizisten, rotweiße Absperrbänder, Krankenwagen – und alles auf ihm vertrauten Straßen. 16

Er beginnt zu zittern. Als die Schulgebäude abgefilmt werden, sagt er zum Pförtner: »Da ist meine Tochter drin.« Der versteht nicht. »Wie? Tochter? Da drin?« Er weiß natürlich nicht, dass dieser Mitarbeiter nicht in München wohnt, sondern in Winnenden, mehrere hundert Kilometer entfernt. Der Journalist geht zum Fahrradkeller, schließt sein Fahrrad los. Er kann die Situation nicht einschätzen. Nichts kann er einschätzen. Es ist Mittwoch, und eigentlich ist Redaktionskonferenz. Als er zu seiner Münchner Wohnung radelt, beginnt ein grauenhafter Graupelsturm. Binnen weniger Sekunden ist er voller Schnee. Es ist eiskalt, der Mann friert. Meter für Meter kämpft er sich voran, gegen diese Kaltfront. Dann geht alles ganz schnell, in seinem kleinen Appartement: Koffer krallen, rein ins Auto und sofort Radio an. Leider muss er noch tanken. Am liebsten würde er jedem erzählen, dass er nach Winnenden muss.Warum, weiß er nicht. Sinn macht das keinen. Er behält es für sich. Als er auf der Autobahn ist, zappt er durch die Radiosender. Die ganze Zeit. Ständig neue Informationsbrocken zum Amoklauf. Nach wie vor ist von zwei Toten die Rede. Auch von ein bis zwei Tätern wird gesprochen.Von mehreren Verletzten. Ein Mädchen sei schwerverletzt ins Krankenhaus gebracht worden, wird berichtet. Aber Näheres weiß kein Mensch. Wieder ruft der Journalist seine Frau an. »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, sagt sie. »Ich kann doch nicht einfach hier herumsitzen«. Dann erzählt sie ihm, wie sie es erfahren hat, vorhin, auf dem Weg zu ihrer Schule. Dass es eine Sammelstelle gebe, beim Wunnebad. Aber die ganze Stadt verstopft sei. Es gehe nichts mehr. Kein Auto komme mehr durch. 17

»Soll ich die Kinder einfach zu Fuß von der Schule abholen?«, fragt sie. »Auf keinen Fall«, befiehlt ihr Mann fast schon. »Der Täter ist noch unterwegs. Und er ist bewaffnet«. Das leuchtet ihr ein. »Geh nicht raus, auf gar keinen Fall«, sagt er. »Und mach die Rollläden zu. Der Täter kann sonst durchs Fenster schießen …« Erst jetzt wird ihr die akute Gefahr, die unmittelbare Bedrohlichkeit, bewusst. Sie legt auf, um die Leitung frei zu halten. Sie schließt alle Läden. Und irrt durch das dunkle Haus. Der Mann zählt die Kilometer runter und schaltet zwischen den Stationstasten des Radios hin und her. Weitere Tote werden gemeldet. Vier, fünf. Und jede Menge Verletzte. Es wird immer schlimmer. Ein Sender informiert, dass die beiden Täter in der Winnender Innenstadt gefasst worden seien. Detailliert wird berichtet, wie die Polizei sie an einer Tür gestellt hat. Natürlich ruft der Vater sofort seine Frau an, will ihr sagen, dass man die Täter hat. Doch er erreicht sie nicht. Dann beginnt sein Handy zu piepsen. Eine SMS. Und noch eine und noch eine. Ein Freund nach dem anderen, aber auch Kollegen, Halbbekannte,Verwandte schreiben ihm, fragen, wie es ihm und der Familie gehe. Er antwortet natürlich nicht. Nicht jetzt. Er ist auf der Autobahn. Er ruft Philipp an. Er muss einfach mit jemandem sprechen. Der Freund mahnt immer und immer nur, er solle vorsichtig fahren. Nach diesem Telefonat meldet sich seine Mutter. Seine Mutter, die seit Jahren nicht mehr bei ihm angerufen hat. Sie fragt, ob die Kinder okay seien. Sie sagt, dass sie an seine Familie denkt. Endlich wieder seine Frau. Sie hat Lena abgeholt.Von der Grundschule. Der Vater atmet auf. Er freut sich riesig, dass er schon mal ein Kind wiederhat. Der Gedanke kommt ihm pervers vor. 18

»Die Grundschule war verschlossen«, sagt seine Frau. »Ich war eben mit dem Auto dort. Man musste unterschreiben, dass man sein Kind abgeholt hat. Man durfte nur das eigene Kind mitnehmen, kein Nachbarskind …« »Hast du gehört?«, fragt ihr Mann. »Die haben die Täter.« »Das habe ich mitgekriegt. Es war aber wohl eine Falschmeldung«, sagt sie. Dann machen wir die Leitung wieder frei. Radio-Zapping. Von den gefassten Tätern ist keine Rede mehr. Bei keinem Sender. Dafür aber von immer mehr Toten. Der Vater wird wahnsinnig. Winnenden ist noch immer so weit weg. Weiter denn je. »Du wirst kaum durchkommen, durch Winnenden«, sagt seine Frau etwas später. »Hier sind alle Straßen gesperrt, sogar die Bundesstraße.« Noch bevor er in Ulm ist, hört er im Verkehrsfunk, dass es auf der Schwäbischen Alb einen größeren Stau gibt. Also verlässt er die Autobahn und fährt über Geislingen und Göppingen gen Winnenden. So fährt er nie. Selbst dann nicht, wenn Stau ist. »Dieser Weg wird kein leichter sein. Dieser Weg wird steinig und schwer«, dudelt es aus dem Radio. Später wird der Mann erfahren, dass sich der Täter nahe der Autobahnauffahrt Wendlingen erschossen hat. Dort, wo er sonst immer fährt. Nur heute nicht. Er ist bei Geislingen an der Steige, als seine Frau sich meldet. Sie hat Emma abgeholt, aus der Schule. Der Täter sei tot. Erschossen. Danach habe man die Schulen geöffnet und die Kinder herausgelassen. Sie sei sofort losgefahren. Es sei ein Chaos gewesen, aber ein stilles Chaos, ein befremdliches. Keiner habe gedrängelt, jeder habe jeden vorgelassen. Alle Eltern hätten ihre Kinder abgeholt. Nie zuvor hat die Frau so viele Autos, so viele Menschen in Winnenden gesehen.Weinende Menschen, sich umarmende 19

Menschen, traurige, entsetzte, verstörte Menschen. Menschen, die auf der Straße knieten, um zu beten. Menschen, die zusammengebrochen sind, die gestützt werden mussten, von anderen Menschen, die ebenfalls weinten. Es war unheimlich, sagt sie. »Wie sind die Mädchen drauf?«, fragt der Vater. »Ach, ganz gut. Ich habe auch gleich Emmas Freundin mit ihrer Mutter heimgefahren. Die Kids haben die ganze Zeit übertrieben gelacht … Willste Emma sprechen?« »Hallo, Emma«, sagt er, »geht es dir gut?« Erst kommt ein helles »Hallo, Papi«. Dann kommt kein Lachen. Sondern nur Schluchzen. Ein Kind, das weint, so jämmerlich, so schlimm, wie der Vater es noch nie gehört hat. In diesem Moment bricht für die Tochter eine Welt zusammen. »Paaapa«, sagt sie klagend, flehend, »wann kommst du heim?« »In einer halben Stunde bin ich da«, sagt er. »Es war so schlimm«, sagt das elfjährige Mädchen, »so schrecklich. Es ist so entsetzlich …« Mehr bringt sie nicht heraus. Jetzt merkt der Vater: »Meine Familie braucht mich. Und zwar ganz dringend.«

E i n e Fam i l i e, i r g e n d e i n e, ist endlich wieder komplett. Als ich meine Töchter umarme, bin ich für Minuten der glücklichste Mensch der Welt. Mir war nicht klar, wie privilegiert mein Leben ist. Mir war nicht klar, wie herrlich das scheinbar Normale ist.Wie dankbar man sein muss, jeden Tag aufs Neue. Mir war nicht klar, wie schnell das alles vorbei sein kann. Und es will mir auch gar nicht klar sein. Ich unterdrücke Tränen, als ich die Wärme meiner Töchter spüre. Und ich weiß, dass es in diesem Moment Menschen 20

hier in der Nachbarschaft gibt, die die Wärme ihrer Tochter nicht mehr spüren können. Nie mehr. Ich spüre, wie sich etwas verändert hat. Auch in unserem Haus. Es ist kalt, eiskalt. Es wird lange eiskalt bleiben. Die Kinder haben fahle Gesichter. Und riesige Augen. Ängstliche Augen. Sie sehen älter aus als sonst, erschöpft. Sie erzählen nicht viel. Im Gegensatz zu sonst. Auch auf Nachfrage berichten sie nur das Notwendigste: »Ja, wir waren eingesperrt.« »Und wir hatten keine Ahnung, was los ist.« »Bei uns war Polizei.« »Bei uns auch.« »Wir durften die Handys anmachen.« »Ich bin müde.« »Ich habe keinen Hunger …« Im Fernseher läuft n-tv. Im Wechsel mit N24. Manchmal ARD, RTL und ZDF. Stumm glotzen die Kinder auf den Bildschirm. Fassungslos. Und wir, die Eltern, mit. Wieder und wieder die gleichen Bilder. Die Schule, abgesperrt. Die Polizisten. Hubschrauber. Das ist nicht Amerika, das ist Winnenden. Bis jetzt durften unsere Töchter noch nie einen Krimi anschauen. Und heute das.Wir können es ihnen nicht verbieten. Es ist Realität. Die Aufnahmen entstehen wenige hundert Meter von diesem Haus entfernt. Wir sind wie betäubt. Es mag 16 Uhr sein, als wir die Kiste ausmachen. Wir können nicht mehr. Die Kinder erzählen wieder, ein klein wenig. »Unsere Lehrerin hat nicht gesagt, was los ist. Aber wir wussten, dass es nichts Gutes war. Wir haben die Lehrerin gefragt …« »Bei uns sind die Jungs mit dem Handy ins Internet. Die haben dann immer gesagt, wie viel Tote es sind …« 21

Am Abend dann der Trauergottesdienst. Die Kirchenglocken dröhnen. Sie klopfen bei Gott an und stellen eine einzige Frage: »Warum?« Die Antwort bleibt aus. Es wird keine geben. Wir bringen die Kinder ins Bett. Heute ist das Reden beim Gutenachtsagen wichtiger denn je. Die Eltern müssen trösten. Verharmlosen. Selbst das ist noch ein Horror. Die Toten bleiben tot. Der Schock bleibt Schock. Die Stadt ist verwundet. Es werden Narben bleiben. In allen Seelen der Stadt. In Kinderseelen besonders tief. Mit Gewalt knallt hier plötzlich Schuld auf Unschuld. Das schmerzt. Wir dürfen das Licht im Kinderzimmer nicht ausmachen. »Bitte, bitte anlassen.« Wir dürfen die Türen der Zimmer nicht schließen, müssen sie weit offen stehen lassen. Die Kinder wollen nicht in ihrem Zimmer bleiben. »Ich habe Angst«. Keine Minute wollen sie alleine bleiben. Natürlich dürfen sie heute ins elterliche Schlafzimmer. Die ganze Nacht. Kurz bevor auch wir Eltern ins Bett gehen, bricht meine Frau plötzlich in Tränen aus. Ganz unvermittelt. Es ist ein Weinkrampf zwischen Trauer und Wut. Die Wunde platzt aus dem Tag. Dem Tag, der blutrot getränkt ist. Eitrig fließt dieser Tag aus ihrem Kopf.

E i n e M u t t e r , e i n e vo n f ü n f z e h n, weiß: Sie wurde gesehen. Ganz sicher. Ihre Tochter war im Wunnebad, im Freibad, in Freiheit, bei all den anderen Schülern. Sie war dem Grauen entkommen, ja, sie wurde gesehen, ganz bestimmt. Das haben Freunde ihrer Tochter gesagt. Aber sie hat sich nicht gemeldet. Den ganzen Tag lang nicht. 22

Am Abend erst erfährt die Mutter. Ganz überraschend. Und ganz offiziell. Ihre Tochter war nicht im Wunnebad. Sie hat es nie bis dorthin geschafft. Das erzählt die Mutter sieben Monate später in einem Fernsehinterview dem Moderator Frank Elstner.

E i n e an d e r e M u t t e r schickt eine SMS an ihre Tochter in die Albertville-Realschule: »Alles okay?« Eine Antwort wird sie, Gisela Mayer, nie erhalten. Noch hofft sie aber, wie so viele Eltern zu dieser Stunde. Eine Stadt der Hoffnung. Und des Bangens. Die Hoffnung stirbt. Das Kind ist tot. Am Morgen ist ihre Tochter noch zur Schule gegangen, wie jeden Morgen, als junge Referendarin. Wie kann es sein, dass ein ganz normaler Morgen der letzte Morgen ist? 36 Stunden dauert es, bis die Mutter zu ihr darf. Zum leblosen Körper des eigenen Kindes. Ein Opfer in einer Kleinstadt. Wie im Krieg. Mitten in Deutschland. Die Mutter berichtet ein Jahr nach diesem Tag darüber in ihrem Buch Die Kälte darf nicht siegen.Was Menschlichkeit gegen Gewalt bewirken kann.

Eine Mutte r versucht verzweifelt, ihre Tochter Kristina anzurufen, als sie von dem Attentat erfährt. Sofort bricht sie in Richtung Schule auf. Und wieder und immer wieder ruft sie ihr Mädchen an. »Sie hat ihr Handy bestimmt im Schulranzen auf dem Rücken. Wie immer«, denkt die Mutter. »Ihr kriegt alle Eure Kinder wieder«, schreit ein Polizist, irgendwo, den aufgeregten Eltern entgegen. Orientierungslosigkeit. »Zur Halle, alle Eltern zur Halle.« 23