Job verloren

Sie sind raus! Eine Kündigung rund um die Elternzeit – leider trauen sich Eltern meistens nicht, darüber zu sprechen. Aus Frust, aus Angst, aus Scham. Weil das eine mit dem anderen zusammenhängt, sind diese drei Geschichten nicht nur wichtig, sondern auch mutig

„Wollen Sie nicht ein paar Monate länger zu Hause bleiben – oder gleich ganz?“

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ährend meiner Schwangerschaft fuhr ich mit dickem Bauch zu Auswärtsterminen und saß spätabends noch im Büro. Heute denke ich, dass ich vielleicht von Anfang an unbewusst das Gefühl hatte, beweisen zu müssen, dass meine Firma keine Nachteile wegen des Babys bekommen würde. Jedenfalls fragte ich meine Vorgesetzten frühzeitig, ob ich nach einem Jahr Elternzeit mit etwa 25 Stunden weiterarbeiten könne. Das sei kein Problem, sagten sie und lobten meinen Einsatz. In den ersten Monaten nach Louisas Geburt war ich ausgefüllt mit Brei kochen, Krabbelkursen und Mami-Treffen. Aber

ich sehnte mich auch nach meinem Job zurück. Drei Monate vor Ende der Elternzeit sprach ich wie vorgeschrieben mit der Personalabteilung, um meine neue Stundenzahl abzuklären. Ich war total verdattert, als sie mir sagten, dass sich mein Einstieg aus betrieblichen Gründen leider verschieben würde. Um mich rechtlich abzusichern, schickte ich sofort einen Teilzeitantrag raus. Und kurz darauf lag ein Umschlag mit dem Firmen-Briefkopf im Postkasten. Im nüchternen Anwaltston informierte man mich, dass mein Teilzeitantrag leider abgelehnt sei, ich mich nach dem zweiten Jahr Elternzeit aber gerne

melden könne, um zu schauen, ob man mich wieder brauchen würde. Es zog mir den Boden unter den Füßen weg. Und plötzlich fiel mir auf, dass auch viele Ex-Kolleginnen nach der Elternzeit nicht wieder zurückgekommen waren. Zum Glück hatte ich eine Rechtsschutzversicherung, und schon bald gingen die Anwaltsbriefe hin und her. Es war wahnsinnig nervenaufreibend. Am Ende bekam ich eine Abfindung und startete einen Bewerbungsmarathon. Nach drei Monaten war ich wieder festangestellt: in Teilzeit.

Te x t : Silia Wiebe

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Foto: Simone Scardovelli

Tanja, 35, Art-Direktorin, Mama von Louisa, 2

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Was ist eigentlich Mobbing? „Eine Kündigung rund um die Elternzeit erscheint zwar zunächst unfair, ist aber nicht automatisch Mobbing. Echtes Mobbing liegt erst dann vor, wenn die Mitarbeiter nach ihrer Rückkehr systematisch über Monate schikaniert werden, bis sie aufgeben.“ Dr. Christian Stock, leitender Oberarzt im Medizinischen Zentrum für Gesundheit Bad Lippspringe und Mobbing-Experte

„Ein Anwalt, der Elternzeit nimmt? Das versteht doch kein Mandant“

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igentlich war alles gut: Die Partner der Kanzlei, in der ich arbeitete, waren voll des Lobes und beendeten meine Probezeit vorzeitig. Alle Mandanten äußerten sich positiv. Ich fühlte mich wohl im neuen Team, arbeitet viel und gern! Doch dann, ein paar Monate später, saß ich noch spätabends mit meiner Chefin über den Akten. Ich erzählte ihr, dass ich gerne für fünf Monate in Elternzeit gehen würde. Denn ich wollte meiner Lebensgefährtin einen schnelleren Wiedereinstieg in den Job ermöglichen. Meine Chefin hatte selbst eine dreijährige Babypause hinter sich, und nachdem ich ihr einen

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Vorschlag gemacht hatte, wie man meine Abwesenheit überbrücken könnte, sagte sie, sie werde das Thema mit den übrigen Partnern besprechen. Zwei Tage später stand sie dann plötzlich mit zwei Kanzlei-Partnern in meinem Büro. Ihnen seien die katastrophalen Neuigkeiten zu Ohren gekommen, erklärten sie. Aber Elternzeit von Anwälten könnten sie nun mal nicht dulden, wie solle man das den Mandanten erklären? Schon mein Wunsch zeige ja, dass ich nicht in ihre Kanzlei passe. Zusammen mit dieser Erklärung überreichten sie mir eine Kündigung, die beschlossen und unabwendbar sei. Ich war

geplättet, aber auch wütend über die Unverfrorenheit, mit der sich ausgerechnet Anwälte über geltendes Recht hinwegsetzten. Ich reichte Kündigungsschutzklage ein, erhielt eine Abfindung und bewarb mich neu. Gleich im ersten Vorstellungsgespräch sagte ich offen, dass ich wegen meiner Elternzeitpläne gekündigt worden war. Noch am selben Abend rief mich meine heutige Chefin an: Ich hätte von allen Bewerbern die besten Qualifikationen, und sie sei bereit, mich mit Rücksicht auf die Elternzeit erst sechs Monate nach dem eigentlich angedachten Termin einzustellen …

Fotos: Thomas KOY, JOANNA NOT TEBROCK

Andreas, 37, Jurist, Papa von Johanna, 18 Monate

Job verloren

Rechtsschutz Die entsprechende Versicherung hilft bei juristischen Streits. Aber: unbedingt vorher klären, ob das Arbeitsrecht mit abgedeckt ist und formal alle Voraussetzungen für eine Leistungsübernahme – also zum Beispiel die Anwaltskosten – erfüllt sind. Versicherungen, die erst abgeschlossen werden, wenn der Streit schon droht, zahlen in der Regel nicht. Übrigens: Auch eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft beinhaltet in der Regel Rechtsschutz. Nachfragen lohnt sich.

„Für Gluckenmuttis haben wir hier nichts“ Jeanine, 28, Vertriebsassistentin, Mama von Finnja, 18 Monate

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ls die Bürotür hinter mir zufiel, kam ich mir vor wie in einem schlechten Film. Aber ich war auch erleichtert – obwohl mir meine Chefin nach acht Jahren gerade gekündigt hatte. Es war mein erster Arbeitstag nach der Elternzeit, Finnjas Geburtstag. Nun versuchte ich, den Film zurückzuspulen. Wo war der Turning Point gewesen? Wann wurde es ein Gruselfilm? Denn eigentlich war es gut losgegangen: Meine Chefs hatten in der Schwangerschaft verständnisvoll reagiert, als ich wegen eines Nabelschnurproblems oft zur Vorsorge musste. Sie hatten mir herzlich zur Geburt gratuliert! Die Kollegen hatten mir nette

Mails in der Elternzeit geschickt, und ich hatte nette Mails zurückgeschrieben. Bis sechs Monate vor meiner Rückkehr der merkwürdige Anruf eines Vorgesetzten kam: Er wollte wissen, wann wieder mit mir zu rechnen sei. Ich war überrascht, denn ich hatte ein Jahr Elternzeit eingereicht und noch keine KitaZusage. Aber nun kam der Anruf regelmäßig. Ich fühlte mich unter Druck. Als ich endlich einen Kitaplatz sicher hatte, gab ich sofort im Büro Bescheid, dass ich nun Vollzeit weiterarbeiten kann. Doch da erklärte mir meine Chefin distanziert, dass sich mein Arbeitsplatz ändern werde. Per WhatsApp wurde ich von da an

ständig aufgefordert, sofort bei ihr anzurufen, und erfuhr dann, wohin ich versetzt werden sollte – oder doch nicht, oder nur vielleicht … Es ging hin und her. Der Höhepunkt: Meine Chefin nannte mich am Telefon abfällig „Gluckenmutti“. Bei meiner Rückkehr wurde ich abgefangen. Man begrüßte mich mit den Worten: „Sie dürfen direkt wieder nach Hause gehen.“ Einen Kündigungsgrund müsse man mir ja nicht nennen. Und meine Arbeit würde nun meine Vertretung fortsetzen: Deren Kinder waren groß und hatten die Windpocken schon gehabt. Sie hatten an alles gedacht. 107

Der kleine Saft von innocent

Was Fachleute sagen

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Küh lre l ga

Warum passiert so was heute immer noch? Marco Fröleke von der Personalberatung Fröleke & Kollegen in Frankfurt

Was spricht gegen eine Mittagspause im Freien, mit einem frischen Sandwich und natürlichem Saft? Wir haben lange nachgedacht: nichts. Deshalb füllen wir unseren köstlichen Saft jetzt auch in kleine Karaffen, die genau in Deine Mittagspause passen.

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F o t o s : PRIVAT

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s gibt immer noch Firmenchefs, die sich nicht darauf eingestellt haben, dass auch Väter Elternzeit nehmen möchten. Richtig ist aber auch, dass besonders kleinere Unternehmen oft Probleme haben, die Elternzeit organisatorisch zu überbrücken, vor allem, wenn es sich um einen Arbeitnehmer mit Führungsverantwortung handelt und um mehr als zwei, drei Monate. In der Regel hat jede Kündigung ihre spezifischen Hintergründe, die schwer von außen zu bewerten sind. Manchmal stecken auch Gründe dahinter, die nichts mit der Elternzeit zu tun haben – sie wird nur zum Anlass genommen. Deshalb ist es ist aus meiner Sicht wichtig, dass ein Arbeitnehmer sich nicht nur auf seine rechtliche Position zurückzieht, sondern vorher den Dialog mit dem Unternehmen sucht und Vorschläge macht: Wie sind die konkreten Pläne, wie könnte die Lücke, die er während der Elternzeit hinterlässt, kompensiert werden? Es ist also Kommunikation von beiden Seiten gefragt, um eine tragfähige Lösung zu entwickeln. Dann wird vermutlich auch schnell klar, ob die Arbeitskultur zur persönlichen Vorstellung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie passt und ob das Unternehmen langfristig mit dem Mitarbeiter plant.

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Sich wehren tut gut – aber hilft es auch? Cornelia Spachtholz vom Verband berufstätiger Mütter e. V. in Köln

ie geschilderten Kündigungen sind keine Einzelfälle, leider! Kündigungsschutz besteht während der Elternzeit, aber vorher und nachher können die gesetzlichen Regelungen locker umschifft werden. Wir raten Müttern und Vätern, sich bereits vor der Elternzeit darüber zu informieren, wie der eigene Arbeitgeber mit dem Thema Vereinbarkeit umgeht: beim Betriebsrat oder bei Kollegen, die bereits Eltern sind. Ist der Konflikt schon da, muss man sich klarmachen, was man will. Wer sich wehrt – zum Beispiel mit juristischen Mitteln oder mit dem Weg an die Öffentlichkeit – fühlt sich häufig besser und findet ein Ventil für seine Wut und die Kränkung. Trotzdem muss hier auf die Verhältnismäßigkeit geachtet werden, sodass keine Verleumdungsklagen drohen. Und: Sowohl Rechtsstreit als auch öffentlichkeitswirksame Aktionen führen natürlich dazu, dass das Vertrauensverhältnis zum Unternehmen gestört ist. Ein Arbeitgeberwechsel ist dann meistens unvermeidlich.

Die Familienfreundlichkeit einer Firma erkennt man an: • Müttern in Führungspositionen • Kollegen, die bereits Teilzeit arbeiten • Vätern, die trotz leitender Positionen in Elternzeit gehen • Betriebs-Kitas auf dem Arbeitsgelände

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