Jedes Hochwasser beginnt mit Starkregen! Die Phänomene, deren Ursachen und Vorhersagemöglichkeit.
Eine Betrachtung aus meteorologischer Sicht. Mag. Bernhard Niedermoser ZAMG Salzburg Oberösterreich Sonnblick
Hochwasser ist nicht gleich Hochwasser Gruppierung - das große und flächige Hochwasser
ZAMG / Wels / Sept. 2014
- große Fläche - dauert mehrere Tage - ist träge (kommt und geht langsam) - großer Sachschaden - kaum Personenschaden - große Gebiete mit viel Regen - entkoppelt vom Regenereignis
News.at Juni 2013
Hochwasser ist nicht gleich Hochwasser Gruppierung - das „kleine“ und punktuelle Hochwasser
ZAMG / Wels / Sept. 2014
- kleine Fläche - ca. ½ - 1 Tag - abrupt (kommt und geht rasch) - Sach- und teilweise auch Personenschaden - kleine Gebiete mit extrem viel Regen - unmittelbar verknüpft mit dem Regenereignis
APA FF Neukirchen Ende Juli 2014
Ursache(n) für Hochwasser Ein Hochwasser braucht intensiven Regen, aber nicht nur … Die Zutaten:
ZAMG / Wels / Sept. 2014
Regen als primärer Input (Meteorologie) mitentscheidend: Gelände Abflusseigenschaften Gewässernetz Bodenbeschaffenheit Versiegelung Schneedecke Grundwasser die Vorgeschichte (Sättigung, ..) Zeit als wichtige Größe: Regenintensität (Regen in welcher Zeit) – Pausen können entschärfen Wie schnell erfolgt der Abfluss – es gibt „Bremsen“ und Puffer.
Das „Verstehen“ und die Vorhersage sind eine komplexe und interdisziplinäre Aufgabe! (Meteorologie, Hydrologie, Geologie, SKKM, …)
Hochwasser – Wie kommt es dazu? Eine simple Klassifizierung zur Entstehung - aus meteorologischer Sicht
ZAMG / Wels / Sept. 2014
Intensiver meteorologischer Input (Regen) kann zu einem Hochwasser führen. Weniger intensiver Regen (Input) + sensibles Gelände + ungünstiger Vorgeschichte kann auch zu einem Hochwasser führen. Intensiver meteorologischer Input (Regen) + sensibles Gelände + ungünstiger Vorgeschichte führt mitunter zur „Hochwasserkatastrophe“. Bei außergewöhnlichen Ereignissen treffen immer mehrere ungünstige (meteorologische und andere) Faktoren zusammen! - Juni 2013 (Starkregenereignisse nach regnerischen Monaten, extreme Niederschlagsspitzen, niedrige Schneefallgrenze, ungünstiges Zusammentreffen hochwasserführender Zubringer) - August 2005 (2 Starkregenereignisse innerhalb weniger Tage) - August 1987, Ötztalhochwasser (Starkregenereignis trifft mit intensiver Schneeschmelze zusammen)
Die große und flächige Hochwassersituationen Charakteristika und typischer Ablauf
ZAMG / Wels / Sept. 2014
Betrifft ein großes Gebiet. Hat eine längere Vorlaufzeit. Hochwassersituation dauert mehrere Tage bis Woche an. Gut vorhersagbar. Großer Sachschaden, kaum Personenschäden. Immer in Verbindung mit langanhaltendem Dauerregen. Dieser fällt typischerweise (für viele betroffene Gebiete) woanders. Konkrete meteorologische Ursache: An der Alpennordseite fast immer Vb-Tiefdruckgebiete. Oft in Verbindung mit ungünstiger Vorgeschichte – regnerische Wochen davor, vorangehendes Starkregenereignis. Wesentlicher Steuerparameter ist oft die Schneefallgrenze. Beispiele: Juni 2013, Alpenhochwasser August 2005, Elbe bis Alpennordrand 2002, 2000, 1997, 1987, 1993 , …..
News.at Juni 2013
Vb - Tiefdruckgebiete Der Hochwasserbringer an der Alpennordseite ! Tief entsteht über der Adria, zieht im Osten am Alpenbogen vorbei in Richtung Polen. In der Endphasen der Vb-Lage – als Balkantief oder Osteuropatief – strömt von Norden feuchte Luft an den Alpenbogen lang anhaltender Regen nördlich der Alpen ist die Folge. Räumlich von Schweiz/Schwarzwald bis Tschechien – mit Spitzen im Stau – auch Süd- und Mitteldeutschland, sowie Tschechien, Südpolen können betroffen sein. Intensiver Regen oft 2-3 Tage – Zentrum wandert – in einem Gebiet sehr viel – Hochwasser im Starkregengebiet und Tage später entkoppelt auch in entfernteren Zonen.
ZAMG / Hofstätter
ZAMG / Wels / Sept. 2014
Köppen
Situation Beispiel 2013 ZAMG / Wels / Sept. 2014
Vorhersagbarkeit von großen und flächigen Hochwasser Ein großes und flächiges Hochwasser kommt nicht überraschend. Allgemein gut erfassbar, weil großskalig mit Vorlaufzeit von Tagen. Unschärfe 1 (Meteorologie): Genaue Position des Maximums schwierig. Unschärfe 2 (Meteorologie): Schneefallgrenze Unschärfe 3 (Meteorologie): Mengen variieren wenn sich die Regenzone verlagert. Eine Niederschlagsprognose kann nicht sagen ob es ein „Jahrhundert-Hochwasser“ wird – da viele andere Faktoren mitbestimmend EPS – ensemble forecast sind. Prognose geht ein in die SKKM Warnkette – Hydrographischer Dienst, Krisenstäbe Katastrophenmanagement, LWZentrale, .. Prognose wird laufend aktualisiert – ist ein permanenter Prozess. EFI – Extreme forecast index
ZAMG / Wels / Sept. 2014
Hochwasser Juni 2013 (INCA Analyse - Warnung) ZAMG / Wels / Sept. 2014
31.5 00 UTC – 01.06.00 UTC
01.6 00 UTC – 02.06.00 UTC
ZAMG - Warnportal www.zamg.ac.at/warnungen
02.06 00 UTC – 03.06.00:00
03.06 00 UTC – 03.04.00:00
Hochwasser Mai 2014 (INCA Analyse - Warnung) ZAMG / Wels / Sept. 2014
ZAMG - Warnportal www.zamg.ac.at/warnungen
Das „kleine“ und punktuelle Hochwasser Charakteristika und typischer Ablauf Betrifft ein „kleines“ Gebiet. Hat eine kurze Vorlaufzeit. Oft nur Stunden. Hochwassersituation dauert oft nur kurz, 1/2 bis ganzen Tag. Schwieriger zu prognostizieren – bzw. nur kurzfristig. Immer in Verbindung mit sehr intensivem „konvektiven“ Regen (Gewittercluster). Konkrete meteorologische Ursache: Gewittercluster – Kaltfronten – Gewitterlinien – oft in Verbindung mit schwülwarmer Luftmassen (West/Südwestströmung). Stationär oder mit wenig Verlagerung. Meist im Sommer – auch nach langen trockenen Phasen – aber auch nach regnerischen Wochen. Wesentlicher Steuerparameter für das Ergebnis „Hochwasser“ ist oft die Topographie und das Gelände bzw. die kleinräumigen Abflußeigenschaften. Beispiele: Juli 2014 (Pinzgau), Juli 2013 (Hallein), 2012 (Oberwölz), Murensommer 2012, …..
ZAMG / Wels / Sept. 2014
Intensiver Gewitterregen Hauptursache für kleinräumige Überflutungen und Hochwasser. Voraussetzung ist eine sehr labile Luftschichtung, eine hohe verfügbare Energie in der Atmosphäre (warm und feucht), eine schwache Höhenströmung (schwache Strömung) und ein Anstoß der die „explosive“ Luftschichtung in Bewegung setzt. Gewittercluster entstehen oft am Alpenrand, an Kaltfronten, oft in einer schwachen West/Südwestströmung. Stationäre Gewitterzellen und Schauer können extreme Regenmengen in kürzester Zeit freisetzen – Die Hälfte der durchschnittlichen Monatsmenge kann im Extremfall in einer halben Stunde niedergehen! Extreme Ereignisse gibt es praktisch nur zwischen Mai und Anfang September.
John Kerstholt
ZAMG / Wels / Sept. 2014
Beispiel: Juli 2014 Oberpinzgau Intensivster Regen im Obersulzbachtal
ZAMG – INCA Analyse
ZAMG / Wels / Sept. 2014
Juli 2014 Oberpinzgau Intensivster konvektiver Regen im Obersulzbachtal
ZAMG / Wels / Sept. 2014
Vorhersagbarkeit von „kleinen“ und punktuellen Hochwasser Die Vorlaufzeit ist kurz ..
22.09.2014 Folie 16
Vor Gewitterzellen (als Ursache für lokale Hochwasserereignisse) kann erst dann gewarnt werden, wenn die Zelle im Entstehen ist. Die Vorlaufzeit beträgt daher derzeit maximal 2 Stunden! Oft auch kürzer. Moderne Ansätze sind INCA (ZAMG) sowie intelligente Methoden des Zell-Tracking (Verlagerung und Lebenszyklus einer Gewitterzelle). .
ZAMG – INCA Analyse und Verlagerung
Zell-Tracking und automatisierte Warnung Zell-Tracking
Beispiel zur Vorhersagbarkeit - Juli 2014 Oberpinzgau Intensivster Regen im Obersulzbachtal (Vergleich Prognosemodelle zu INCA Analyse)
ZAMG / Wels / Sept. 2014
Verschiedene Prognosemodelle
ZAMG – INCA Analyse
Juli 2013 Hallstatt Intensiver Gewitterregen lässt Hallstatt übergehen
ZAMG / Wels / Sept. 2014
Bilder: APA
Juli 2013 Hallstatt ZAMG / Wels / Sept. 2014
Analyse der Gewitterzelle mittels INCA und Zelltracking Niederschlagsintensitätskarte für den Raum Hallstatt und Umgebung (weiße Raute).
Mittlere Geschwindigkeit der Zellen zwischen 10 km/h und 16 km/h Richtung Nord über West bis Südwest
Bis zu 150 mm in 15 Minuten!!
Starkregenvorhersage - Murenwarnsystem Projekt MUWA – im Projektstatus
ZAMG / Wels / Sept. 2014
Moderne Methode der Starkregenvorhersage – speziell für Murenwarnung Starkregenvorhersage (geeicht an Ereignissen) Rapid INCA – Dauerstufen 5-60mm in 5min Auflösung Topographische Kennwerte für 1x1km INCA Zelle Geländeeigenschaften (10x10mAuflösung)
Zusammenfassung ZAMG / Wels / Sept. 2014
Intensiver Regen ist der primärer Input (Meteorologie) für ein Hochwasser. Mitentscheidend sind aber auch zahlreiche andere Faktoren, das „Verstehen“ und die Vorhersage sind eine komplexe und interdisziplinäre Aufgabe!
Das große und flächige Hochwasser ist mittlerweile gut vorhersagbar. Es hat eine lange Vorlaufzeit. Verantwortlich sind bei uns fast ausschließlich Vb-Tiefdruckgebiete. Typisch ist intensiver Regen über 2-3 Tage in einem großen Gebiet, wobei sich das Zentrum oft verlagert. Hochwasser tritt im Starkregengebiet aber auch Tage später entkoppelt in entfernteren Zonen auf. Das „kleine“ und punktuelle Hochwasser ist deutlich schwieriger und nur kurzfristig zu prognostizieren. Es hat eine kurze Vorlaufzeit. Ausgelöst wird es fast immer von intensivem „konvektiven“ Gewitterregen. Typisch sind dabei die Kleinräumigkeit und die extrem hohen Intensitäten; bei stationären Gewitterclustern kann die Hälfte eines durchschnittlichen Monatsniederschlages im Extremfall in einer halben Stunde niedergehen! Moderne Methoden der Starkregenprognose sind: Für das große und flächige Hochwasser: Ensemble-Vorhersagen und Ansätze wie der ExtremeForecast-Index. Für das „kleine“ und punktuelle Hochwasser: INCA-Kurzfristvorhersagen und moderne Ansätze des Gewitter-Zell-Trackings.