Ist der Agrarfreihandel ein Notwendigkeit?

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Author: Hertha Maus
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Ist der Agrarfreihandel ein Notwendigkeit?

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Freihandel führt nicht zu befreiten Bauern sondern zur Befreiung der Schweiz von ihren Bauern

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England und Portugal: Annahmen Ricardos (1817) • Es gibt 2 Güter: Wein und Tuch • Beide Güter werden nur mit dem Faktor Arbeit produziert • Input an Arbeitsstunden zur Produktion einer Einheit Tuch und einer Einheit Wein:

England

Tuch 100

Wein 120

Portugal

90

80

England und Portugal: Opportunitätskosten Opportunitätskosten von Wein in Tucheinheiten: England: 120/100 = 1.20 Tucheinheiten Portugal: 80/90 = 0.89 Tucheinheiten Opportunitätskosten von Tuch in Weineinheiten: England: 100/120 = 0.83 Weineinheiten Portugal: 90/80 = 1.125 Weineinheiten

England und Portugal: Produktionsmöglichkeiten vor Handel Tuch

Wein

England

1

1

Portugal

1

1

Total

2

2

England und Portugal: Produktionsmöglichkeiten nach Spezialisierung und Handel Tuch

Wein

England

2.2

0

Portugal

0

2.125

Total

2.2

2.125

England und Portugal: Warum hat Portugal nicht profitiert? • England produzierte niemals Wein in nennenswertem Ausmass. Es war deshalb äussert „grosszügig“ von den Engländern, auf die Weinproduktion zu verzichten und sich auf Tuch zu spezialisieren. • Die Weinproduktion in Portugal konnte die freigewordenen Arbeiter aus der Tuchproduktion nicht alle aufnehmen. Die Weinproduktion lässt sich im Unterschied zur Tuchproduktion nicht beliebig steigern, da sie an den Boden gebunden ist. • Der Freihandel diente in diesem Beispiel einseitig den Interessen von England, wobei es darum ging, die unliebsame Konkurrenz der Portugiesischen Tuchindustrie auszuschalten.

Freihandel und komparative Vorteile: Fazit • A priori sind Freihandel bzw. Globalisierung weder gut noch schlecht. Es gibt Erfolgsbeispiele und Beispiele für Misserfolge. Jeder Fall muss gesondert betrachtet werden. • Das Modell der komparativen Vorteile geht von Annahmen aus, die in der Praxis häufig nicht erfüllt sind. In diesem Fall führt Freihandel nicht unbedingt zu Wohlstandsgewinnen. • Bei den meisten Produkten und insbesondere bei HighTech-Produkten überwiegen die Vorteile des Freihandels • Bei Agrarprodukten überwiegen die Nachteile des Freihandels sowohl in den meisten reichen als auch in den meisten armen Ländern.

Freihandel ja – Agrarfreihandel nein!

Warum verlangt Freihandel stets Bauernopfer? Die landwirtschaftliche Tretmühle Willard Cochrane Farm Prices: Myth and Reality (1958)

Landwirtschaft in der modernen Wirtschaft: Zwei grundlegende Probleme 1. Wachstumsmöglichkeiten in der Landwirtschaft sind beschränkt 2. Bauern verkaufen ihre Produkte nicht an Endverbraucher sondern an Lebensmittelverarbeiter. Dort treffen viele kleine Anbieter homogener Produkte (Bauern) auf eine inelastische Nachfrage weniger grosser Nachfrager (Lebensmittelverarbeiter)

Inelastische Nachfrage für Nahrungsmittel

Preis

Angebot an Nahrungsmitteln

technis

cher Fo

p1

p2

rtschrit t

PR 1

PR 2 Nachfrage nach Nahrungsmitteln x1x2 Menge an Nahrungsmitteln

Nachfragemacht in der ökonomischen Theorie Monopson: ein einziger Nachfrager dominiert den Markt Oligopson: wenige, grosse Nachfrager dominieren den Markt In diesen Fällen kann der Marktpreis durch die Nachfrager beeinflusst werden und wird dadurch zu einer strategischen Variable. Im allgemeinen resultiert ein geringerer Preis im Vergleich zu einem Markt mit vielen Nachfragern und der Monopsonist (bzw. die Oligsoponisten) erzielt einen höheren Gewinn auf Kosten der Anbieter. Zu diesem Thema fand im Jahre 2003 ein Hearing beim Senat in den USA statt: „Monopsony Issues in Agriculture: Buying Power of Processors in Our Nation‘s Agricultural Markets“

Produzentenpreise für Milch und Fleisch

Konsumentenpreise für Milch und Fleisch

In den USA hat das Department of Agriculture geschätzt, dass der Wertschöpfungsanteil der Landwirtschaft an einem Warenkorb von Lebensmitteln im Schnitt 24 Prozent beträgt. Die Verpackung macht etwa 12 Prozent aus.

Preiserhöhungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse und ihre Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise

Produktdiversifizierung am Beispiel Milch Milchsortiment des Bauern: • Rohmilch

Anzahl Produkte 1

Le Shop-Milchsortiment: • Drinks • Frischmilch • UHT Milch • Aromatisierte • Vollmilch • Kids • Milch - lactosefrei • Pflanzlich, Vitamine, Kalzium

31 5 14 4 4 6 1 5

Freihandel und Landwirtschaft: Komparativer Nachteil in den Industrieländern • Nach dem Argument der komparativen Vorteile müsste man die Landwirtschaft in den meisten Industrieländern aufgeben (Ausnahmen: Australien, Neuseeland) • Nur mit massiven Subventionen und Grenzschutz lässt sich die Landwirtschaft in Industrieländern aufrecht erhalten. Das gilt in noch viel stärkerem Ausmass für Länder mit einem hohen Anteil von kleinflächigen Bergbauernbetrieben wie der Schweiz. • Ohne Grenzschutz müssen die Subventionen nochmals massiv verstärkt werden, wenn Landwirtschaft aufrecht erhalten werden soll.

Agrarfreihandel und Entwicklungsländer

Warum profitieren auch die Bauern in den ärmsten Ländern nicht? • Die ärmsten Länder haben sich auf den Export einiger weniger Rohstoffe konzentriert (Zucker, Kaffee, Baumwolle etc.). Deren Preise sind gesunken und die Terms of Trade haben sich verschlechtert. • Auf der anderen Seite sind die Bauern zunehmend abhängig von Produzenten von Saatgut- Düngemittelund Schädlingsbekämpfungsmitteln (z.B. Monsanto) • Lokale Versorgungssysteme wurden vernachlässigt bzw. zerstört und stattdessen werden teure Lebensmittel importiert (Fleisch, Milchpulver, Fruchtsäfte etc.). • Es profitieren im allgemeinen nur ein paar wenige Grossgrundbesitzer bzw. Handelsunternehmen vom Freihandel. Die Kleinbauern, welche die absolute Mehrheit der Bevölkerung darstellen, haben nichts davon.

Warum erhalten wir die Landwirtschaft mit Subventionen? •Versorgungssicherheit (Ernährungssouveränität) •Gesunde Ernährung •Erhaltung der Kulturlandschaft •Ökologie Diese Aspekte werden von der Theorie der komparativen Vorteile vernachlässigt

Wichtigkeit Schweizerischer Institutionen: Umfrage des Schweizer Fernsehens DRS November 2008

Aufgrund der Zunahme der Futtermittelimporte in den letzten Jahren ist der Rückgang des Netto-Selbstversorgungsgrades noch ausgeprägter als jener des BruttoSelbstversorgungsgrades. Er sank zwischen 1990/92 und 2002/04 von 58 auf 53 Prozent.

Vergleich der Förderung: Schweiz und Österreich (2006)

Schweiz

Österreich

Bruttowertschöpfung in der Landwirtschaft zu Herstellungspreisen

ca. 3700 Mio. CHF

ca. 4000 Mio. CHF (2458 Mio. Euro)

Abnahme der Nettowertschöpfung von 1995 bis 2006

- 43 Prozent

- 41 Prozent

Direktzahlungen an die Bauern

2687 Mio. CHF

ca. 3000 Mio. CHF (1886 Mio. Euro)

Direktzahlungen als Anteil an der Bruttowertschöpfung

73 Prozent

75 Prozent

Subventionen der Landwirtschaft landen zu einem grossen Teil bei: • vorgelagerten Betrieben (hoher Vorleistungsanteil) • nachgelagerten Betrieben (inelastische Nachfrage, Nachfragemacht) Einkommen der Bauern steigt trotz steigenden Subventionen nicht an.

Warum brauchen wir ein Agrarfreihandelsabkommen mit der EU? Die Argumentation des Bundesrates

Bundesrat: Grosse Chancen durch Agrarfreihandel: • Zusätzliches Wachstum: Permanente Zunahme des BIP um mindestens 0.5 Prozent (2 Mrd. CHF) • Anstieg des Konsumentennutzens durch tiefere Lebensmittelpreise (Senkung um 25 Prozent) • Neue Exportchancen für hochwertige Schweizer Produkte

und eine kleine Herausforderung: • Rückgang des Einkommens in der Landwirtschaft (700 bis 800 Millionen im Jahr nach Zollabbau, mehrere Milliarden kumuliert in den folgenden Jahren)

Zwei grundsätzliche Probleme bei der Argumentation des Bundesrates! • Agrarfreihandel wird rein ökonomisch begründet. Erhalt der Landwirtschaft in der Schweiz beruht aber nicht auf ökonomischen Argumenten. Wenn man mehr Wachstum und tiefere Preise als Ziel für die Lebensmittelversorgung vorgibt, dann sollte man die Landwirtschaft in der Schweiz ganz aufgeben, denn die Schweiz besitzt hier einen komparativen Nachteil! • Der Bundesrat wirft die an die Bauern für ihre Rohstoffe bezahlten Produzentenpreise und die von den Konsumenten bezahlten Lebensmittelpreise in einen Topf. Hier geht es aber um zwei ganz verschiedene Märkte!

Zusätzliches Wachstum? • Der Anstieg ist eine reine Behauptung, die sich auf eine Prognose stützt. • Wenn die Haushalte das durch geringere Preise freiwerdende Einkommen für ausländische Lebensmittel ausgeben, verschwindet der Wachstumseffekt. • Der behauptete Anstieg des BIP ist geringer als die Direktzahlungen an die Bauern. Also warum diese nicht gleich aufgeben, dann hat man einen noch grösseren Wachstumseffekt!

Anstieg des Konsumentennutzens durch tiefere Lebensmittelpreise? • Preise für Lebensmittel werden tatsächlich sinken • Konsumentennutzen steigt dadurch nur wenig, da Anteil der Nahrungsmittelausgaben an den Verbrauchsausgaben der Haushalte relativ gering ist. Dieser ist trotz den höheren Preisen in der Schweiz etwa gleich hoch wie in andern EU-Ländern. • Konsumentennutzen geht aber auch verloren, da die lokale Versorgung mit gesunden Nahrungsmitteln nicht mehr funktionieren wird. Konsumenten wollen nicht nur möglichst billige Nahrungsmittel.

Für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke gibt ein Haushalt im Schnitt ca. 600 Franken pro Monat aus.

Neue Exportchancen? • Ja, aber nicht für Bauern, sondern für Lebensmittelhersteller, die jetzt mit billigen ausländischen Rohprodukten, „hochwertige Schweizer Lebensmittel“ herstellen können. (Swissness)! • Insgesamt sind Exporte von Lebensmitteln nicht von grosser Bedeutung für die Wirtschaft der Schweiz (Anteil etwa 3 Prozent, Käse etwa 2.5 Promille)

Exporte von Nahrungs- und Genussmitteln

Agraraussenhandel

Interpellation von Nationalrat Josef Kunz 18. 3. 2008 (Auszug): • Wie soll die Landwirtschaft nach Meinung des Bundesrates in Zukunft Rohstoffe für die Exportmärkte produzieren? • Aufgrund welcher Annahmen rechnet der Bundesrat überhaupt mit Mehrexporten? Antwort des Bundesrates: ...............

Fazit des Bundesrates:

Realistisches Fazit: • Kein volkswirtschaftlich sinnvolles Projekt. Wohlstand steigt nicht an und wenigen Gewinnern stehen viele Verlierer gegenüber (in der Schweiz). • Gewinner: Bauern in andern Ländern, Lebensmittelverarbeiter der zweiten Stufe (Schokolade, Teigwaren) Agribusiness, Nahrungsmittelmultis (Nestlé), Detail- und Grosshändler • Verlierer: Schweizer Bauern, Lebensmittelverarbeiter der ersten Stufe (Molkereien, Mühlen), und letztendlich auch Konsumenten

Die Zukunft der Landwirtschaft mit Freihandel Es bleiben noch drei Arten von „Bauern“: 1. Bauern in Schaulandwirtschaftsbetrieben, die wie Alphornbläser und Jodlerinnen zum touristischen Image der Schweiz als Heidiland beitragen und einige Nischenprodukte herstellen. 2. Staatlich angestellte Landschaftsgärtner, die nichts mehr anbauen. 3. Ein paar hocheffiziente, professionell gemanagte Grossbetriebe im Mittelland (auch Schweinezucht und Schweinemast).

Import von exotischen Früchten:

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