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Festschrift Lermen 25.10.02 1 „Ein selbstverständliches fragloses Judesein“. Jenny Rosenbaum in Palästina / Israel (1939-1948) Am 5. Dezember 1939 ...
Author: Kristin Haupt
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„Ein selbstverständliches fragloses Judesein“. Jenny Rosenbaum in Palästina / Israel (1939-1948) Am 5. Dezember 1939 kam die 22-jährige Jenny Rosenbaum aus Berlin in Palästina an. Etwa acht Jahre später liegt sowohl in ihrer Biographie als auch in der Geschichte ihres neuen Heimatlandes ein tiefer Einschnitt: Anfang 1948 heiratet Jenny Rosenbaum Esra Aloni – unter dem Namen Jenny Aloni wird sie wenig später ihre ersten deutschsprachigen Gedichte, Erzählungen und Romane veröffentlichen; im Mai 1948 erklärt der Teil des britischen Mandatsgebietes Palästina, der durch den UN-Beschluss vom November 1947 den Juden zugesprochen worden war, seine Selbstständigkeit als Staat Israel. In diesem Staat lebt Jenny Aloni bis zu ihrem Tod 1993, hier entwikkelt sie sich seit den fünfziger Jahren zur bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellerin des Landes in ihrer Generation. Dieser Zeitraum – 1939-1948 – soll im Folgenden näher betrachtet werden. Er wurde in den bisherigen Arbeiten über Jenny Aloni nur kurz gestreift, weil sehr wenige Zeugnisse aus der Zeit bekannt waren, in der sie als Schriftstellerin noch nicht hervorgetreten war. Hier werden erstmals die Tagebücher dieser Jahre ausgewertet, die in zwei Heften über 200 Seiten umfassen.1 Damit können wesentliche Stationen ihrer Entwicklung, ihres Denkens und Schreibens nachgezeichnet werden. Zugleich werden der Beschäftigung mit der Exilliteratur und speziell mit dem Exil in Israel neue Materialien erschlossen. Diese sind nicht zuletzt von einigem Interesse für die Geschichte des Landes in einer ihrer spannungsreichsten Phasen: den Weltkriegsjahren im Mandatsgebiet und den Jahren zwischen Kriegsende und Staatsgründung. Aus dieser Epoche sind bisher nur wenige autobiographische Zeugnisse bekannt, die aus einer ähnlichen Perspektive die Entwicklungen sehen und kommentieren: aus der Perspektive einer jungen Frau und an-

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gehenden Schriftstellerin, die den Alltag erfährt und erlebt (davon mehr als die Hälfte der Zeit in der Armee), die aber zugleich immer noch eine zwiespältige Bindung an Deutschland verspürt. Die besondere Situation der Neueinwanderin und damit ihre Sicht dieser Zeit ist von mehreren Faktoren bestimmt. Der wichtigste davon ist ihr Selbstverständnis als Zionistin. Bereits die 15-jährige Schülerin war in ihrer Heimatstadt Paderborn mit zionistischen Ideen bekannt geworden. Sie war so überzeugt davon, dass sie im Frühjahr 1935 die Schule verließ und für 15 Monate ein Vorbereitungslager der Kinder-Alijah in Gut Winkel in der Nähe von Berlin besuchte. Diese 1933 gegründete Organisation hatte es sich unter anderem zum Ziel gesetzt, Kindern und Jugendlichen, die ohne Eltern auswandern wollten, sollten oder mussten, die Grundfertigkeiten zum Leben in der neuen Heimat zu vermitteln. Hier erlernte Jenny Rosenbaum die praktischen Fähigkeiten, die man in Palästina in erster Linie benötigte – Landwirtschaft, Gartenbau, Hauswirtschaft –, daneben belegte sie Kurse in Palästinakunde und Ivrith. Nach Beendigung dieser Ausbildung im Sommer 1936 stellte sie die Auswanderung zunächst noch zurück, vor allem um ihre Eltern und ihre ältere Schwester, die nicht auswandern wollten oder konnten, nicht im Stich zu lassen. Als Mitglied des zionistisch-sozialistischen Jugendbundes Habonim Noar Chalutzi arbeitete sie noch drei Jahre lang in Berlin in verschiedenen jüdischen Organisationen; sie holte ihr Abitur nach, verbesserte ihr Ivrith, begann arabisch zu lernen und gab schließlich als Jugendleiterin und Lehrerin in dem Alijah-Lager Schniebinchen in der Niederlausitz weiter, was sie gelernt hatte.2 Zum Zeitpunkt ihrer Auswanderung hatte sich Jenny Rosenbaum also bereits etwa sechs Jahre lang intensiv mit dem Zionismus beschäftigt, sich in einer zionistischen Jugendbewegung engagiert und an den innerzionistischen Streitigkeiten über den künftigen Weg des Judentums teilgenommen. So war die Auswanderung ihre eigene, aus Über-

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zeugung getroffene Entscheidung, die durch die ständige Verschlechterung der Situation der Juden in Deutschland nur bestätigt wurde. Ein entscheidender Vorteil der zionistischen Überzeugung war es, dass man den Weg nach Palästina nicht als Vertreibung in ein Exil empfand, sondern als „Aufstieg“ (so die Bedeutung des hebräischen Begriffs „Alijah“) in die „Heimat Israel“ (Erez Israel ist der traditionelle religiöse zionistische Name des Landes, das zu dieser Zeit politisch Palästina heißt). Jenny Rosenbaum interessierte der Zionismus allerdings nicht als religiöses und nur in begrenztem Maße als kulturelles Phänomen, sondern in erster Linie als ein politischer Weg des Judentums. Daraus ergab sich für sie die Selbstverständlichkeit der Auswanderung, um daran mitzuarbeiten, Theodor Herzls Vision von einer „Heimstätte“ für Juden zu verwirklichen. Deswegen fühlte sie nach der Ankunft in Palästina eine besondere Verpflichtung, nicht nur sich selbst aktiv an diesem Aufbau zu beteiligen, sondern auch Fehlentwicklungen, die sie sah oder zu erkennen glaubte, kritisch zu kommentieren. Eine weitere Prägung erfuhr die Neueinwanderin dadurch, dass sie allein ankam, ohne jede Verwandtschaft, ohne nähere Bekannte, zwar mit einem kleinen Stipendium für die Hebräische Universität Jerusalem, aber praktisch mittellos. Das führte zum einen dazu, dass sie sich anfangs öfter fremd und einsam fühlte, dass ihre Gedanken immer wieder den in Deutschland zurückgelassenen Eltern und Verwandten galten, schließlich, dass der Alltag sehr rasch dominiert wurde von materiellen Sorgen, Arbeitssuche, der Tätigkeit in untergeordneten, schlecht bezahlten Stellungen. Die Fülle der Tagesarbeit berührt auch die dritte wesentliche Prägung der Neueinwanderin: ihr Selbstverständnis als Schriftstellerin. Bereits in ihrer Schulzeit hatte Jenny Rosenbaum zu schreiben begonnen; zu dem wenigen, das sie bei ihrer Auswanderung mitnehmen konnte, gehörten einige Kladden voller Gedichte, erzählerischer und dramatischer Werke. In den

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schwierigen Anfangsjahren in Palästina fand sie nur begrenzt die Zeit zum Schreiben (außer dem Führen des Tagebuchs). Zudem bestanden in der Kriegszeit für eine völlig unbekannte Autorin nur sehr geringe Chancen zur Veröffentlichung. Selbst die meisten prominenten nach Israel emigrierten deutschen Schriftsteller hatten in diesen Jahren größte Schwierigkeiten, ihre Werke drucken zu lassen. Weit mehr Gedanken macht sich Jenny Rosenbaum allerdings über die Frage, in welcher Sprache sie künftig schreiben solle. Bereits in den letzten Jahren in Deutschland war dies für sie ein zentrales Problem: Ihre Muttersprache war zur Sprache der Mörder geworden und unter Zionisten zunehmend verfemt; die neue Sprache Ivrith beherrschte sie zwar relativ gut, aber nicht so sicher und selbstverständlich, wie ihr das für eine Schriftstellerin unumgänglich erschien. Zudem hatte sie die Befürchtung, dass „die lebende hebräische Sprache [...] noch nicht so geschmeidig genug geworden“ sei, „um jedem Druck des Gefühls nachzugeben, dem der Dichter Ausdruck verleihen will“ (13.1.1938). So litt sie an dem Gedanken, nicht zu wissen, wie es mit ihrem Schreiben weitergehen könnte, dem „Zwiespalt in zwei Sprachen leben zu müssen, in deutsch und hebräisch, vor dem ich Angst habe, denn ich bin ja keine von den ganz Grossen, denen die Materie gefügsam sein muß, weil ihr Geist ihr die Form einprägt, wie er sie will“ (25.5.1939). Wenige Tage später schreibt sie erneut über die „Qual in zwei Sprachen besser, zwischen zwei Sprachen leben zu müssen“ und registriert dankbar den Hinweis einer Freundin, „auch diese Spannung kann fruchtbar werden“ (30.5.1939). Die Bedeutung dieses Problems zeigt sich darin, dass Jenny Rosenbaum es bereits in den ersten Tagebucheintragungen nach der Ankunft weiterdiskutiert. Schon am 17.12.1939 notiert sie erleichtert: „Ich hatte Angst, Eretz Jisrael würde mich stumm machen. Jetzt weiss ich, es wird nicht so sein.“ Die Rolle der drei genannten zentralen Themen – Zionismus und politische Entwicklung, Leben als junge Frau im Alltag mit materiellen Sorgen,

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Möglichkeiten und Schwierigkeiten des Schreibens – soll anhand einiger Beispiele entwickelt werden, die zugleich die enge Verflechtung dieser Komplexe veranschaulichen können. Die erste Notiz im neuen Lande (unklar datiert, wohl vom 15.12.1939) zeigt eine Mischung zwischen Offenheit und Hoffnung einerseits, Nüchternheit andererseits: „Vorgestern waren es 8 Tage, dass ich im Land war (am 5.12.1939). Man dringt sehr schnell in die Wirklichkeit ein. Man trinkt sich voll an der Schönheit und dem Ungewohnten, was es birgt, aber man sieht nackt und jeder Ideologie entkleidet die Schäden.“ Und wenige Tage später heißt es: „Vorerst stehe ich vor der Tatsache, dass ich ausser dem Geld für die Reise von Tel Aviv nach Jerusalem keinen Pfennig mehr besitze. Der Transfer wird nicht kommen. Soll ich deswegen das Studium an den Nagel hängen und schon jetzt in den Kibbuz gehen. Eindeutig nein. Ich will, ja mehr ich muss es schaffen. Bereue ich, ins Land gekommen zu sein, denn ich bin ja trotz allem gekommen, ohne das Gefühl zu haben, fliehen zu müssen? Nein. Auf dem Schiff überfiel mich plötzlich eine solche Angst vor dem Land, dass ich versucht war ins Wasser zu springen (damit ist eine wenig schöne Situation verbunden), hier aber [...] hier wächst der Wille in mir stark zu werden (noch bin ich es nicht immer) und durchzuhalten meiner Aufgabe wegen, die ich in mir spüre.“ (17.12.1939) Nach drei Wochen zieht sie eine erste Zwischenbilanz: „Noch bin ich nicht weit genug in das wirkliche Leben des Landes eingedrungen, noch kann ich nicht urteilen. Ich kann lediglich versuchen, Eindrücke zu sammeln. Ich weiss, dass es besser ist, hier nicht satt zu werden als in Deutschland gesichert zu leben. Und doch gibt es Umstände, die mir gerade das Leben hier sehr schwer machen. In Deutschland habe ich mich nicht so für alles verantwortlich gefühlt, was geschah (im Gegenteil). Hier aber unter Juden fühle ich mich irgendwie mitverantwortlich für das Gebaren der Einzelnen. Wenn das

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Wort ‚jüdisches Volk‘ keine Phrase ist, dann muss es irgendwie eine gemeinsame Verantwortlichkeit geben.“ (23.12.1939) Sie nennt sich eine „Sozialistin, aber mit dem verwässerten Sinn dieses Wortes will ich nichts gemein haben“, sie definiert dies vielmehr durch die einzige Idee, an die sie glaubt, „an die einzige wahre Idee, die es geben kann, an die Idee der Gerechtigkeit“. Daraus leitet sie ihre angestrebte Lebensaufgabe ab, sozialen Tätigkeiten nachzugehen. In der gleichen Eintragung führt sie das Gespräch mit sich selbst über die Möglichkeit der Dichtung weiter und redet sich Mut zu: „Eine Gewissheit habe ich. Erez Jisrael macht mich nicht stumm. Ich werde, was ich in Gedichten und sonst zu sagen habe, auch hier sagen können, solange es nicht in Ivrith geht, in Deutsch.“ Trotzdem entschließt sie sich, um sich rascher an den Alltag zu gewöhnen, auch im Tagebuch zur hebräischen Sprache überzugehen; auf Hebräisch schreibt sie am 25.12.1939: „Von jetzt an und weiterhin werde ich meine persönlichen Aufzeichnungen in hebräisch machen, auch wenn ich anfangs sicherlich nicht alles ausdrükken kann.“ Am gleichen Tag notiert Jenny Rosenbaum einen ersten hebräischen Gedichtversuch in ihr Tagebuch („Noch werde ich Dich nicht Mutter nennen / noch bist Du meinem Herzen fremd ...“) Das am Folgetag geschriebene Gedicht „Nach der Ankunft in Israel“3 wählt dann doch wieder das vertraute Deutsch, um die schwierige ambivalente Stimmung differenzierter zu fassen: Das ist der Wind nicht mehr, der mich umstrichen, nicht mehr der Sturm, der mich zu trösten wußte, das ist nur noch sein Zerrbild, grau verblichen, der Kern nicht mehr, nur noch die hohle Kruste. Da sind die Nebel, die aus Höhlen fließen, gleich stumpfen Mauern wachsen sie empor, und Wasser müssen sein im Ungewissen, in Tälern, drin der Regen sich verlor. Ich weiß es nicht, woher die Steine stammen, die sich zu kahlen Hügelketten ballen.

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Und wenn der Sonne erste Lichterflammen, den Tag beginnend, auf die Erde fallen, dann spür ich erst, wie fremd ich ihnen bin, und westwärts schickt, obgleich er es nicht sollte, ein Mensch den ruhelosen wunden Sinn. Und nah ist fern und fern, was nah sein sollte. Jerusalem 26.12.1939

Dieser Text wird, mehr als 16 Jahre später, Jenny Alonis ersten in Deutschland erscheinenden Band Gedichte (1956) eröffnen. Die Nähe und die Ferne, die verlassene und die neue Heimat, die Fremde in der neuen Heimat – das sind Themen, die Jenny Rosenbaum noch viele Jahre beschäftigen und belasten sollten. Noch nach fast einem Jahr im Lande notiert sie: „hier, in Erez Jisrael bin ich fremd, vielleicht nicht fremder als in Deutschland, aber auch nicht weniger. So ist es letztlich denn das Gefühl einer Heimatlosen, einer die dahingeht, ohne zu wissen wozu.“ (12.11.1940) Trotzdem empfindet sie Israel schrittweise mehr und mehr als Heimat. Symptomatisch ist die veränderte Sichtweise der Natur, die anfangs oft als kalt, karg und abweisend empfunden wird. Nur zwei Tage nach der Klage über ihre Fremdheit notiert sie: „Man kennt eine Landschaft, eine Stadt erst dann, wenn man sie im Wechsel der Jahreszeiten erlebt hat, erst dann auch kann ein Gefühl der Verbundenheit mit dem Orte entstehen.“ (14.11.1940) Die Einstellung schwankt noch längere Zeit, aber die Bekenntnisse zu Israel werden immer deutlicher. „Erez Israel hat mir ein wertvolles Geschenk vermacht“, schreibt sie 1942, „ein selbstverständliches fragloses Judesein. Es ist nun so selbstverständlich für mich Jude zu sein, alles was ich tue ist jüdisch, ohne dass ich mich bemühen muss eine künstlich jüdische Färbung hineinzubringen.“ (24.7.1942) Obwohl es auch später noch einschränkende Äußerungen gibt, setzt sich diese Überzeugung immer klarer durch. Aus den Fehlentwicklungen und Problemen, die sie im Lande sieht, folgen nicht mehr

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Zweifel; sie werden vielmehr zur Aufforderung an sich selbst, dagegen anzugehen. Wesentlich komplizierter und belasteter entwickelt sich Jenny Rosenbaums Verhältnis zu Deutschland, das eigentlich nach allem, was sie dort erfahren hat, eindeutig sein müsste, und das doch zwiespältig bleibt: „Ich kann mich nicht trennen und freimachen von Deutschland, sowohl nicht in Gedanken und nicht im Traum. Nacht für Nacht bedrücken mich Erinnerungen der Vergangenheit. Letzte Nacht zum Beispiel musste ich nach Deutschland zurückkehren und dann saß ich dort wie ein Vogel im Käfig und konnte mich nicht wieder befreien.“ (18.1.1940; in Hebräisch) „Warum hänge ich nur so an dem Land, in dem ich so viel Leid erfahren. Warum kann ich die Liebe zu ihm nicht einfach aus mir ausreißen, wie man ein Unkraut aus dem Beet zieht. – Ich will nicht kaputt gehen an diesen Gefühlen. Ich will leben.“ (4.2.1940) „Ich vermag es nicht zu hindern, dass mich mehr denn je Erinnerungen an Deutschland quälen. Ja das ist der richtige Ausdruck. Nachts im Schlaf peinigen sie mich in Bildern, die irgendein grausiges Erlebnis meiner Eltern oder Bekannten vor mich hinstellen. Es ist wahr, bei Tage gibt es Arbeit, die Flucht in andere Gedanken und Vergessen. Doch des Nachts bin ich den Erinnerungen preisgegeben. Keine Wehr ist möglich.“ (13.7.1940) Die angesprochene Tagesarbeit besteht in Tätigkeiten als Dienstmädchen, als Putzfrau, als Tellerwäscherin. Denn das Stipendium der Hebräischen Universität, mit dem sie ins Land gekommen ist, nutzt ihr wenig, wenn sie nicht die geringen Mittel erhält, die sie zum Leben benötigt. Die Erniedrigungen durch arrogante Arbeitgeber und Dienstherren kann Jenny Rosenbaum erst etwas besser ertragen, als sie beschließt, darüber ein „Tagebuch einer Studentin“ zu schreiben, eine Art autobiographisches Werk über ihre Anfangszeit in Israel. Sie kommt allerdings zunächst über Tagebucheintragungen und Notizen4 nicht hinaus.

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Das Einleben in der neuen Heimat wird nicht zuletzt belastet und erschwert durch die politische Entwicklung. Bereits in Deutschland hatte sie sich, wie die meisten Zionisten, über das Verhalten der englischen Mandatsmacht in Palästina empört geäußert. Deren Versuch, sowohl den Arabern als auch den Juden gerecht zu werden, bedeutete konkret: die Begrenzung und Behinderung der jüdischen Einwanderung und die Schikanierung der Neueinwanderer. So war zunächst die englische Mandatsmacht für die Zionisten und die jüdischen Untergrundkämpfer ein politischer Gegner – der Ausbruch des Krieges führte allerdings dazu, dass man nun im Kampf gegen den gemeinsamen Feind, das nationalsozialistische Deutschland, zusammenstehen musste. „Die Stellung der Juden in Erez Jisrael ist im Augenblick völlig klar. Ihr Platz ist an der Seite Englands. Alle Auseinandersetzungen haben für den Augenblick zu schweigen. Und doch bleibt die Möglichkeit, dass England uns den Arabern zuliebe verrät.“ (16.6.1940) Als 1941 Hitlers Truppen in Nordafrika vorrücken, entschließt sich Jenny Rosenbaum, das Studium abzubrechen und – nach langem inneren Kampf – in die Armee einzutreten. Am 22.5.1942 notiert sie: „Zudem bin ich seit frühester Kindheit gegen den Krieg. Aber ich glaube, dass ich in dieser Stunde, wo der Ausgang des Krieges noch ungewiss ist, dorthin gehen muss, wo es im Augenblick am dringendsten ist.“ Der Eintritt in eine jüdischpalästinensische Hilfstruppe der britischen Armee (ATS, Auxiliary Troop Service) reißt die Zwiespälte im Verhältnis zu dem „Kriegsgegner“ Deutschland noch tiefer auf. „Nicht einmal zur Trauer bin ich mehr fähig“, notiert sie am 23.6.1942. „Jetzt geschieht es mir oft im Traum, dass ich im Traum an Deutschland und die Eltern denke. Ich soll in den letzten Nächten im Traum geschrieen haben. Wir sind ein verfluchtes Geschlecht und ich bin doppelt verflucht, denn ich bin mir dessen bewusst.“ (Erst Jahre später wird Jenny Rosenbaum erfahren, dass in eben diesen Wochen, im Juli 1942, ihre Eltern und ihre Schwester nach Theresienstadt und Auschwitz deportiert wurden.)

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Die Armeezeit dauert über dreieinhalb Jahre (von Juni 1942 bis Januar 1946). Jenny Rosenbaum ist vor allem im Krankenhausdienst tätig. In dieser Zeit lernt sie den Alltag in Israel aus einer neuen Perspektive kennen: das Leben in Gemeinschaften, gegen das sich ihr Individualismus sperrt; die Auseinandersetzungen zwischen den Sabres, den im Lande Geborenen, die am Schicksal der europäischen Juden nicht selten nur geringes oder kein Interesse zeigen, und den Einwanderern; die Konflikte mit den englischen Vorgesetzten, die häufig aus ihrer rassistischen und antisemitischen Einstellung kein Hehl machen; die oft geringschätzige Behandlung der Araber, gegen die sich ihr Gerechtigkeitssinn empört. Von den Greueltaten, die die Nationalsozialisten an den Juden verüben, hört Jenny Rosenbaum während der Kriegsjahre nicht viel, aber das Wenige genügt, die Sorgen um die Verwandten in Deutschland wachsen zu lassen. Erst nach Kriegsende erfährt sie von ihrem Onkel, der die Deportationen überlebt hat, vom Tod der Eltern und der Schwester in den Konzentrationslagern. Mitte 1947 meldet sich Jenny Rosenbaum zur Mitarbeit bei der Jewish Agency, um als Schlichut (Abgesandte) in Europa jüdischen Vertriebenen und Überlebenden der Konzentrationslager bei der Eingewöhnung in ein neues Leben und bei der Auswanderung nach Palästina zu helfen. Von dieser Reise sind über 40 Briefe erhalten, die ein bedrückendes Bild zeichnen vom Alltag im Nachkriegseuropa aus der Sicht einer 30-jährigen jüdischen Frau, die mit dem Bewusstsein kommt, dass die meisten ihrer Verwandten wenige Jahre zuvor von Deutschen ermordet wurden. Deprimierend sind die Erfahrungen in München: Sie trifft fast ausnahmslos auf Rechtfertigung und Verteidigung, ganz selten hingegen auf das Eingeständnis von Schuld. Zu einem traumatischen Erlebnis wird der Besuch des KZ Dachau. Später hat Jenny Aloni diesen Besuch in zweierlei Weise literarisch zu gestalten versucht5: zum einen dadurch, dass sie ihn als Leerstelle belassen, aber als solche um-

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kreist und bewusst ausgespart hat; zum anderen in dem Versuch, das Grauenhafte zu verfremden, in eine weite sprachliche und emotionale Distanz zu rücken. Nach über vier Monaten in Europa – der letzte Brief dieser Reise aus Prag trägt das Datum des 9. November 1947 – reiste sie nach Palästina zurück. Vor dem biographischen und zeitgeschichtlichen Hintergrund des ersten Jahrzehnts in Israel vollzogen sich wesentliche Entwicklungen Jenny Rosenbaums als Schriftstellerin. In Deutschland hatte sie keine Möglichkeiten zur Publikation gehabt. Bereits nach drei Monaten in Israel konnte sie zum ersten Mal einen ihrer Texte gedruckt sehen: Ihr „Bericht über Schniebinchen“ erschien im März 1940 in einer Zeitschrift der Jugend-Alijah.6 Es ist ein sachlicher Bericht über ihre Erfahrungen in dem Lager, in dem sie in den letzten Monaten vor ihrer Auswanderung gearbeitet hatte. Detailgenau, mit klarem Blick für die Probleme der Kinder und ihrer Ausbildung und mit bemerkenswert deutlicher Kritik an einigen Aspekten des Lagerlebens entwirft dieser Text ein anschauliches Bild eines (bis heute) kaum bekannten Aspektes der jüdischen Auswanderung. Jenny Rosenbaum erwähnte diese Schrift später nicht als erste Veröffentlichung. Der enge traditionelle Literaturbegriff, den ihr das deutsche Gymnasium vermittelt hatte, schloss einen derartigen Sachtext nicht ein. Während Jenny Rosenbaum in Deutschland ihre dichterischen Arbeiten nur einigen Freunden und Bekannten gezeigt hatte, legte sie ihre Texte in Israel erstmals einer „Autorität“ vor: Martin Buber. Sein Urteil war, wie sie im Tagebuch vom 4.2.1940 festhält, kritisch, „sein Rat war, viel Prosa zu schreiben“. Jenny Rosenbaum ist von der Persönlichkeit Bubers beeindruckt, stellt aber ihre eigene Auffassung von Kunst und von Lyrik gegen seine apodiktischen Urteile. Zwei Wochen später notiert sie ironisch das Urteil eines anderen Kritikers, das viel freundlicher ausfiel – das einzige Gedicht, das Buber als gelungen bezeichnet hatte, „Lied der Armen“, habe er allerdings

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schlecht gefunden (16.2.1940). Jenny Rosenbaum hält sich von deutschen Schriftstellern fern, sie will nicht Teil des Literaturbetriebes werden, unter den Einfluss dominierender Persönlichkeiten und ihrer Schreibweisen geraten. So sieht sie in Jerusalem zwar Else Lasker-Schüler, spricht sie aber bewusst nicht an. Nur Max Brod, der sich als Zionist ebenso wenig als Gast im Land betrachtet wie sie selbst, wird wiederholt für sie zu einem Gesprächspartner. Auch ihn bittet sie um ein Urteil über ihre Gedichte. Am 6.7.1946 notiert sie in ihr Tagebuch: „Er glaubt, dass ohne Zweifel eine starke Begabung vorhanden ist, deren Stärke v.a. auf der düsteren Seite des Lebens liegt, was er bedauert.“ Brods Bemühungen um eine Publikation (wir wissen bisher nicht, wie intensiv sie waren) bleiben erfolglos. Dennoch gelingt es Jenny Rosenbaum wenig später, Ende der vierziger Jahre, erste Gedichte in israelischen Gewerkschaftszeitungen zu veröffentlichen, nach ihrem eigenen Urteil „kümmerliche Versuche in Hebräisch“. Selbstkritisch schreibt sie: „Vielleicht hätte ich es nicht zulassen dürfen, selbst nicht unter dem Pseudonym Chana.“ (1.5.1949) In dieser Zeit erscheinen auch einige hebräische Prosatexte, „kurze Feuilleton-Skizzen für eine Monatsschrift“.7 Während Jenny Rosenbaum in Gedichten in erster Linie Beobachtungen aus dem Alltag und der Natur sowie Stimmungen und Gefühle gestaltet, fühlt sie von Beginn ihres Lebens in Israel an auch die verstärkte Verpflichtung, ihre Beobachtungen und Erlebnisse im Deutschland der Nazi-Zeit literarisch festzuhalten. Am 16.6.1940 notiert sie: „Ich will vielmehr ich muss jetzt arbeiten und unser Leben der letzten Jahre in Deutschland festzuhalten und zu gestalten zu suchen, bevor es sich in meinem Geiste verwischt.“ Und am folgenden Tag: „Ich muß mir diese Zeit von der Seele schreiben, sonst wird sie mich nie zufrieden lassen und ich will es solange sie noch frisch in mir ist.“ Sie kommt offenbar zu der Überzeugung, dass für diese Beschäftigung mit der Vergangenheit die Prosaform geeigneter ist als das Gedicht. Ein erstes Ergebnis dieses Schreibprozesses ist die Novelle „Der Beginn“

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(von 1940).8 Ein Manuskript mit diesem Titel ist erhalten, allerdings undatiert, ferner eine (inhaltlich davon deutlich abweichende) Erzählung mit diesem Titel, die auf 1960/61 datiert ist und 1966 veröffentlicht wurde.9 Beide Erzählungen hängen thematisch eng mit dem Text „Bericht aus Schniebinchen“ zusammen, sie spielen in einem Vorbereitungslager in den Tagen um den Kriegsausbruch, Anfang September 1939. Von weiteren Schreibversuchen ist in den nächsten Jahren verhältnismäßig selten die Rede. Am 5.5.1944 stellt Jenny Rosenbaum fest: „Ich habe versucht etwas zu schreiben. Ohne Erfolg. Ich bin leer und ich möchte doch so gern gestalten können, was in mir ist. Vielleicht bin ich nicht begabt genug dazu, vielleicht fehlt mir nur die Beständigkeit.“ Einige Monate später schließt sie erstmals eine Erzählung ab, die ein in Deutschland erlebtes Geschehen festhält: Der Fackelzug10, eine Geschichte, die Ende Februar 1933 in einer deutschen Kleinstadt spielt, mit deutlich autobiographischem Hintergrund: Die Hauptperson ist ein 15-jähriges jüdisches Mädchen, das, wenige Wochen nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, erfahren muss, wie ihre Mitschülerinnen sich von ihr abwenden, wie in ihr das Gefühl, fremd und ausgestoßen zu sein, entsteht und wächst. In ihre Trauer mischt sich jedoch ein ihr bis dahin unbekanntes Selbstwertgefühl: Sie erkennt ihr Anderssein – ihr Judentum – als Teil ihrer Identität. Es bleibt zunächst bei diesen vereinzelten literarischen Versuchen, daher mahnt sich Jenny Rosenbaum wiederholt: „Mehr als bisher muss ich das Schreiben in den Mittelpunkt stellen, wenn ich wirklich etwas schaffen“ will (9.7.1946); sie plant, sich intensiver als bis dahin „mit dem Schaffen anderer zu befassen, besonders gegenwärtiger Künstler“. Aber die Muße zu einer solchen intensiveren literarischen Arbeit fehlt in dieser Zeit noch. Sie wird erst in den fünfziger Jahren kommen.

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Nach der Rückkehr Jenny Rosenbaums von ihrer ersten Europareise nach Kriegsende im November 1947 weist das Tagebuch eine Lücke von mehr als einem Jahr auf. Der erste Tagebucheintrag nach dieser langen Unterbrechung zeigt fast symbolisch die Wendung von der deutschen Vergangenheit zur israelischen Gegenwart: Sie berichtet vom Krieg 1948 vor und nach der Unabhängigkeitserklärung, insbesondere vom Kampf um Jerusalem. Seit etwa Anfang der fünfziger Jahre entwickelt Jenny Aloni allmählich, seit Ende des Jahrzehnts immer häufiger aus den Erlebnissen und Ereignissen ihres ersten Jahrzehnts in Palästina/Israel und aus ihren Tagebuch- und Briefnotaten literarische Texte. Außer einigen Erzählungen sind das auch zwei Romane. Aus den frühen Aufzeichnungen „Tagebuch einer Studentin“ entsteht der Roman, Zypressen zerbrechen nicht (1961), der zahlreiche Elemente von Jenny Rosenbaums Leben und Denken von der Ankunft in Palästina bis zum Eintritt in die Armee verarbeitet. Die erwähnten Notizen zum Kampf in Jerusalem werden zu einer umfangreichen packenden Schilderung innerhalb des Romans Der blühende Busch (1964).11 Allerdings: Der Kampf ist nun – der Roman spielt in der Gegenwart zur Zeit der Niederschrift um 1960 –, selbst bereits Vergangenheit und wird in der rückblickenden Erzählung einer der beteiligten weiblichen Hauptpersonen wiedergegeben. Teil der Darstellung sind Berichte anderer Menschen, die sich an Kämpfe – Explosionen, Brände, Mörserfeuer, verwundete und zerfetzte Körper – in Europa erinnert fühlen. So werden in den literarischen Texten die verschiedenen Zeitebenen übereinander gelagert, das Tagebuch wird zu einem wichtigen Erinnerungsfundus. Die doppelte Fokussierung auf die deutsche Vergangenheit und auf die israelische Gegenwart zieht sich als ein zentraler roter Faden durch zahlreiche Texte. Häufig sind beide Länder und ihre Geschichten eng, ja untrennbar aufeinander bezogen, und ebenso gilt dies für die verschiedenen Zeitstufen:

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Bei den Gegenwartserzählungen aus Deutschland sind die nationalsozialistische Vergangenheit und das Jüdische stets präsent. Und ebenso haben viele Juden in Israel eine Geschichte, die in Deutschland und in Europa begann und die in ihr gegenwärtiges Denken, Fühlen und Handeln hineinreicht, es nicht selten beeinflusst, traumatisiert. Dieses Spannungsverhältnis prägt weite Teile des Werkes von Jenny Aloni, das seit den frühen fünfziger Jahren entsteht: fünf Romane, eine große Anzahl von Erzählungen, Kurzprosa-Texten und Gedichten. Mit diesen Werken schreibt sich Jenny Aloni ein in die Literaturgeschichten Israels und Deutschlands, der deutschsprachigen wie der deutsch-jüdischen Literatur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

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Anmerkungen 1

Die Tagebücher von Jenny Aloni (12 Bände, 1935-1993) liegen wie ihr gesamter Nachlass im Jenny-Aloni-Archiv der Universität Paderborn. Die Transkription wurde im Rahmen eines DFG-Projektes seit 1996 durchgeführt; ich danke der DFG und dem Ministerium für Schule, Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen für ihre Förderung. Über Art und Umfang einer Publikation der Tagebücher wurde bisher (Anfang 2000) noch nicht entschieden. Zitate im Text werden mit dem Datum des Eintrags nachgewiesen. Die in Israel geführten Tagebücher beginnen am Ende von Heft 4, die letzte Eintragung vor der Staatsgründung steht zu Beginn von Heft 7. – Zitate aus Werken werden im Text nachgewiesen nach der Ausgabe: Gesammelte Werke in Einzelausgaben (= GW). Hg. von Friedrich Kienecker und Hartmut Steinecke, 10 Bde., Paderborn u.a. 1990-97. Die wichtigste Forschungsliteratur ist verzeichnet in meinem Beitrag über Jenny Aloni im „Kritischen Lexikon der Gegenwartsliteratur“ (hg. von Heinz Ludwig Arnold, 53. Nachlfg., 1997) sowie Jenny Aloni/Hartmut Steinecke: „... man müßte einer späteren Generation Bericht geben“. Ein literarisches Lesebuch zur deutsch-jüdischen Geschichte und eine Einführung in Leben und Werk Jenny Alonis, Paderborn u.a. 21997; seither erschienen u.a. Hartmut Steinecke: Jenny Aloni. „Ich muss mir diese Zeit von der Seele schreiben“. In: ders.: Gewandelte Wirklichkeit – verändertes Schreiben? Zur neuesten deutschen Literatur: Gespräche, Werke, Porträts, Oldenburg 1999. S. 155-171; sowie „Warum immer Vergangenheit?“ Leben und Werk Jenny Alonis (1917-1953). Hg. von Hartmut Steinecke. Münster 1999.

2

Diese Phase der Entwicklung Jenny Alonis behandele ich in dem Aufsatz „‘Wird es ein morgen geben’? Jenny Rosenbaum in Berlin (1936-39)“, in: Festschrift für Horst Denkler (erscheint 2000).

3

GW 7, S. 9.

4

Siehe dazu ausführlicher GW 10, S. 168-170.

5

Z.B. in den Erzählungen „Fahrt in die Erinnerung“ (GW 6, S. 28-39), „Besuch 1947“ (GW 6, S. 264-265), „Ich beneidete sie“ (GW 6, S. 346).

6

Dapun Lemadrich for education of the Hachscharath Hanoar, No 3, London, March 1940, S. 15-18; GW 10, S. 9-15 und 185-186.

7

Aloni, Lebenslauf (unv.).

8

Erwähnt im Tagebuch vom 17.6.1940.

9

GW 6, S. 156-161 und 351.

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GW 6, S. 15-18.

11

GW 4, S. 144ff.

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