Interventionen und Hilfen im Zusammenwirken des jugendamtlichen und familiengerichtlichen Verfahrens

Interventionen und Hilfen im Zusammenwirken des jugendamtlichen und familiengerichtlichen Verfahrens – Qualitätskriterien aus Sicht eines Familienrich...
Author: Frida Otto
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Interventionen und Hilfen im Zusammenwirken des jugendamtlichen und familiengerichtlichen Verfahrens – Qualitätskriterien aus Sicht eines Familienrichters

RI OLG ANSGAR FISCHER, OLG OLDENBURG

Familiengerichtlicher Kontext: Ausschließlich Kinderschutz – Jugendamt und Familiengericht im Wächteramt

§ 1666 BGB als Ermächtigungsgrundlage für staatliche Eingriffe in das  Grundrecht der Eltern auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder  Grundrecht des Kindes auf Pflege und Erziehung durch ihre Eltern gegen den Willen der Eltern:

Notwendig (nur) bei Kindeswohlgefährdung, welche die Eltern nicht abwenden wollen oder können

§ 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen... Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Eingriff gegen den Willen eines Elternteils in das Sorgerecht ist nur zulässig, wenn

• die Maßnahme zur Abwendung der Kindeswohlgefahr geeignet ist,

• die Maßnahme zur Abwehr der Gefahr erforderlich ist, also keine weniger einschneidenden Maßnahmen eine gleichwertigen Schutz gewähren • und in einem angemessenem Verhältnis zur Gefährdung steht.

Die Erforderlichkeit beinhaltet dabei das Gebot, aus den zur Erreichung des Zwecks gleich gut geeigneten Mitteln das mildeste, die geschützte Rechtsposition am wenigsten beeinträchtigende Mittel zu wählen.

Der Staat muss daher vorrangig versuchen, durch helfende, unterstützende, auf Herstellung oder Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der Eltern gerichtete Maßnahmen sein Ziel zu erreichen.

(BGH, Beschluss vom 23. November 2016 – XII ZB 149/16 –)

Die maßgebliche Frage, ob der Gefahr für die Kinder nicht auf andere Weise als durch Trennung von den Eltern, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann (§ 1666a Abs 1 S 1 BGB), betrifft eine verfassungsrechtlich zentrale Tatbestandsvoraussetzung und muss darum vom Familiengericht von Amts wegen aufgeklärt werden.

Ob öffentliche Hilfen erfolgversprechend sind, muss das Familiengericht letztlich in eigener Verantwortung beurteilen, wozu es sich eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage verschaffen und diese in seiner Entscheidung auch darlegen muss. Die eigene Ermittlungspflicht trägt dazu bei, zu verhindern, dass Kinder von ihren Eltern getrennt werden, ohne dass die Voraussetzungen des Art 6 Abs 3 GG vorliegen und schützt damit Grundrechte der Eltern und des Kindes

(BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 24. März 2014 – 1 BvR 160/14 – )

Abgestufte Verhältnismäßigkeitsprüfung 1. Geeignete Auflagen und Weisungen nach § 1666 BGB ohne Entzug des Sorgerechts 2. Teilweiser Entzug des Sorgerechts mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts 3. Teilentzug des Sorgerechts mit Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts a) Übertragung auf familiennahe Angehörige

b) Übertragung auf natürliche Person (Pfleger / Vormund außerhalb der Familie) c) Übertragung auf Jugendamt (Amtsvormund)

2. Rückübertragung trotz fortbestehender Kindeswohlgefährdung: umgekehrte Reihenfolge

Perspektive des Familiengerichts:

Durch welche Auflagen und Weisungen, öffentliche Hilfen in Anspruch zu nehmen, kann das Kind vor einer bestehenden Kindeswohlgefährdung bewahrt werden? Mit welchen öffentlichen Hilfen kann das Kind davor bewahrt werden, von seinen Eltern getrennt leben zu müssen, ohne dass sein Wohl gefährdet ist? Wie kann durch öffentliche Hilfen erreicht werden, dass das Kind nach einer Trennung wieder bei seinen Eltern leben kann? Welche Qualität muss die Maßnahme haben, damit sie effektiv wirkt?

Kriterien: 1. Eignung a) Wo liegen die Gründe für die Kindeswohlgefährdung? b) Wie kann die Hilfe dazu beitragen, dass diese Gründe beseitigt werden? c) Sind die Eltern in der Lage, die Hilfe anzunehmen und umzusetzen? d) Welcher Kooperationswille der Eltern ist erforderlich? Können die Eltern diesen nachhaltig aufbringen?

2. Erforderlichkeit Kommen andere geeignete Hilfen in Betracht, welche die elterliche Verantwortung weniger stark beeinträchtigten?

Vorrang der Hilfen, die von den Eltern mitgetragen werden Vorrang ambulanter Hilfen vor stationären Hilfen

3. Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne

Einzelabwägung: kann es im Hinblick auf den Grad der Kindeswohlgefährdung verantwortet werden, es bei öffentlichen Hilfen zu belassen?

Problem:

Jugendamt ist nicht in der Lage und/oder nicht bereit, Hilfe zu erbringen die Hilfen waren in der Vergangenheit unzureichend

(3) Die Einschätzung des Oberlandesgerichts, die ... Gefährdung für das Kind in elterlicher Obhut könne durch öffentliche Hilfen abgewendet werden, ist angesichts des Ausmaßes der hier in Rede stehenden Gefahren nicht ausreichend begründet. Das Gericht versäumt insoweit, Möglichkeiten und Grenzen öffentlicher Hilfen im konkreten Fall aufzuklären und darzulegen. Welche Hilfen im Einzelnen welche Gefährdungsrisiken kompensieren sollen, wird weder im Tenor noch in den Gründen der Entscheidung nachvollziehbar ausgeführt. Mit den Bedenken der Sachverständigen auch in diesem Zusammenhang (fehlende Reflexion der Eltern und fehlendes Vermögen, relevante Aspekte offen anzusprechen, so dass die Hilfe möglicherweise ins Leere läuft) setzt sich das Oberlandesgericht nicht auseinander. Inwieweit in Anbetracht der auch vom Gericht angenommenen markanten Schwierigkeit der Eltern, einen Unterstützungsbedarf zu erkennen, das Ziel, das Kind vor Schädigungen zu schützen, prognostisch erreicht werden kann, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen. Die Sachverständige hat dargelegt, dass insoweit ein Bedarf weiterer Aufklärung im Rahmen stationärer Diagnostik besteht. Dies wird ebenso wenig verarbeitet wie die Einschätzung der Sachverständigen, dass ambulante Hilfen zur Vermeidung einer Gefährdungslage nicht genügten und letztlich nur eine - nicht realisierbare - 24-Stunden-Betreuung ausreichenden Schutz des Kindes sicherstellen könne. (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 03. Februar 2017 – 1 BvR 2569/16 –, Rn. 69, juris)

Familiengerichtliches Verfahren 1. § 157 FamFG – Erörterungsgespräch 2. Keine Maßnahme (Beispiel: Erprobung öffentlicher Hilfen): Überprüfung nach drei Monaten, § 166 Absatz 3 FamFG 3. Einstweilige Anordnung („Probeauflage“), parallel Gutachten im Hauptsacheverfahren 4. Nach Anordnung einer länger dauernden Maßnahme:

Überprüfung in angemessenen Zeitabständen, § 166 Absatz 2 FamFG

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

§ 163 Sachverständigengutachten

(1) 1In Verfahren nach § 151 Nummer 1 bis 3 ist das Gutachten durch einen geeigneten Sachverständigen zu erstatten, der mindestens über eine psychologische, psychotherapeutische, kinder-

und

jugendpsychiatrische,

psychiatrische,

ärztliche,

pädagogische

oder

sozialpädagogische Berufsqualifikation verfügen soll. 2Verfügt der Sachverständige über eine pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation, ist der Erwerb ausreichender diagnostischer

und

analytischer

Kenntnisse

durch

eine

anerkannte

Zusatzqualifikation

nachzuweisen. (2) Das Gericht kann in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, anordnen, dass der Sachverständige bei der Erstellung des Gutachtens auch auf die Herstellung des Einvernehmens zwischen den Beteiligten hinwirken soll.

§ 20 Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung

(1) 1Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. 2Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind.

3Für

abweisende

Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht. (2) 1Die Entscheidung trifft das Gericht. 2Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. 3Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

§ 155b Beschleunigungsrüge (1) 1Ein Beteiligter in einer in § 155 Absatz 1 bestimmten Kindschaftssache kann geltend machen, dass die bisherige Verfahrensdauer nicht dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot nach der genannten Vorschrift

entspricht (Beschleunigungsrüge).

2

Er hat dabei Umstände darzulegen, aus denen sich ergibt, dass das

Verfahren nicht vorrangig und beschleunigt durchgeführt worden ist. (2) 1Das Gericht entscheidet über die Beschleunigungsrüge spätestens innerhalb eines Monats nach deren Eingang durch Beschluss. 2Hält das Gericht die Beschleunigungsrüge für begründet, hat es unverzüglich geeignete Maßnahmen zur vorrangigen und beschleunigten Durchführung des Verfahrens zu ergreifen; insbesondere ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen. (3) Die Beschleunigungsrüge gilt zugleich als Verzögerungsrüge im Sinne des § 198 Absatz 3 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes.

§ 155c Beschleunigungsbeschwerde

(1) 1Der Beschluss nach § 155b Absatz 2 Satz 1 kann von dem Beteiligten innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der schriftlichen Bekanntgabe mit der Beschwerde angefochten werden. 2§ 64 Absatz 1 gilt entsprechend.

3Das

Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt; es hat die Akten unverzüglich dem

Beschwerdegericht nach Absatz 2 vorzulegen. (2) 1Über die Beschleunigungsbeschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, wenn das Amtsgericht den Beschluss nach § 155b Absatz 2 Satz 1 gefasst hat.

2Hat

das Oberlandesgericht oder der

Bundesgerichtshof den Beschluss gefasst, so entscheidet ein anderer Spruchkörper desselben Gerichts. (3)…

3)

1Das

Beschwerdegericht entscheidet unverzüglich nach Aktenlage; seine Entscheidung soll

spätestens

innerhalb

eines

Monats

ergehen.



68

Absatz

2

gilt

entsprechend.

3Das

Beschwerdegericht hat festzustellen, ob die bisherige Dauer des Verfahrens dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 Absatz 1 entspricht. 4Stellt es fest, dass dies nicht der Fall ist, hat das Gericht, dessen Beschluss angefochten worden ist, das Verfahren unter Beachtung der rechtlichen Beurteilung des Beschwerdegerichts unverzüglich vorrangig und beschleunigt durchzuführen.

(4) 1Hat das Gericht innerhalb der Monatsfrist des § 155b Absatz 2 Satz 1 keine Entscheidung über die

Beschleunigungsrüge getroffen, kann der Beteiligte innerhalb einer Frist von zwei Monaten bei dem Beschwerdegericht nach Absatz 2 die Beschleunigungsbeschwerde einlegen. 2Die Frist beginnt mit Eingang der Beschleunigungsrüge bei dem Gericht. 3Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend.

Beispiel:

ZU des am 28.4.2016 erlassenen Verbundbeschlusses an die Ehegatten am 2.5.2016, Ablauf Beschwerdefrist 2.6.2016, rechtzeitiger Eingang der gegen den Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt gerichteten Beschwerde des EM, Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 2.7.016, ZU der rechtzeitig eingegangen Beschwerdebegründung an EF am 7.7.2016:

Rechtskraft der Scheidung?

§ 145 FamFG a.F.. Befristung und Einschränkung von Rechtsmittelerweiterung und Anschlussrechtsmittel (1) 1Ist eine nach § 142 einheitlich ergangene Entscheidung teilweise durch Beschwerde oder Rechtsbeschwerde angefochten worden, können Teile der einheitlichen Entscheidung, die eine andere Familiensache betreffen, durch Erweiterung des Rechtsmittels oder im Wege der Anschließung an das Rechtsmittel

nur

noch

bis

zum

Ablauf

eines

Monats

nach

Bekanntgabe

der

Rechtsmittelbegründung angefochten werden; bei mehreren Bekanntgaben ist die letzte

maßgeblich. 2Ist eine Begründung des Rechtsmittels gesetzlich nicht vorgeschrieben, so tritt an die Stelle der Bekanntgabe der Rechtsmittelbegründung die Bekanntgabe des Schriftsatzes, mit dem das Rechtsmittel eingelegt wurde. (2) 1Erfolgt innerhalb dieser Frist eine solche Erweiterung des Rechtsmittels oder Anschließung an das Rechtsmittel, so verlängert sich die Frist um einen weiteren Monat.

2Im

Fall einer erneuten

Erweiterung des Rechtsmittels oder Anschließung an das Rechtsmittel innerhalb der verlängerten Frist gilt Satz 1 entsprechend.

Beispiel:

ZU des am 28.4.2016 erlassenen Verbundbeschlusses an die Ehegatten am 2.5.2016,

Ablauf Beschwerdefrist 2.6.2016, rechtzeitiger Eingang der gegen den Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt gerichteten Beschwerde des EM,

Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 2.7.016, ZU der rechtzeitig eingegangen Beschwerdebegründung an EF am 7.7.2016: Rechtskraft der Scheidung erst am 8.8.2016

Fall VA Das Familiengericht legt bei der Teilung verschiedener Anrechte der Eheleute im Versorgungsausgleich unbemerkt eine unrichtige Ehezeit zugrunde. Der betriebliche Versorgungsträger B-Kasse legt Beschwerde ein, weil das

Familiengericht die von ihm geltend gemachten Teilungskosten nicht anerkannt hat.

§ 145 FamFG n.F. Befristung und Einschränkung von Rechtsmittelerweiterung und Anschlussrechtsmittel (1)

1Ist

eine nach § 142 einheitlich ergangene Entscheidung teilweise durch Beschwerde oder

Rechtsbeschwerde angefochten worden, können Teile der einheitlichen Entscheidung, die eine andere Familiensache betreffen, durch Erweiterung des Rechtsmittels oder im Wege der Anschließung an das Rechtsmittel nur noch bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Rechtsmittelbegründung angefochten werden; bei mehreren Bekanntgaben ist die letzte maßgeblich. 2Ist eine Begründung des Rechtsmittels

gesetzlich

nicht

vorgeschrieben,

so

tritt

an

die

Stelle

der

Bekanntgabe

der

Rechtsmittelbegründung die Bekanntgabe des Schriftsatzes, mit dem das Rechtsmittel eingelegt wurde.

(2) 1Erfolgt innerhalb dieser Frist eine solche Erweiterung des Rechtsmittels oder Anschließung an das Rechtsmittel, so verlängert sich die Frist um einen weiteren Monat. 2Im Fall einer erneuten Erweiterung des Rechtsmittels oder Anschließung an das Rechtsmittel innerhalb der verlängerten Frist gilt Satz 1 entsprechend. (3)

Durch

die

Anschließung

an

die

Beschwerde

Scheidungsausspruch nicht angefochten werden (neu)

eines

Versorgungsträgers

kann

der

§ 1615l Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt (2) 1Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren 2Das

gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. 3Die

Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt; sie endet drei Jahre nach der Geburt, sofern es nicht insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen….

§ 1586 Wiederverheiratung, Begründung einer Lebenspartnerschaft oder Tod des Berechtigten

(1) Der Unterhaltsanspruch erlischt mit der Wiederheirat, der Begründung einer Lebenspartnerschaft oder dem Tode des Berechtigten. (2) 1Ansprüche auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit bleiben bestehen. 2Das Gleiche gilt für den Anspruch auf den zur Zeit der Wiederheirat, der Begründung einer Lebenspartnerschaft oder des Todes fälligen Monatsbetrag.

§ 1578b Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit (1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen (Begrenzung) wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile im Sinne des Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben. (2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen (Befristung) wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. (3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden

Das Oberlandesgericht hat den ehebedingten Nachteil der Antragsgegnerin zutreffend ermittelt. Dieser ergibt sich aus der Differenz • zwischen dem angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB

• und dem Einkommen, das der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB

erzielen könnte

 Die Erwerbsnachteile müssen sich aus der Ehe ergeben. Ist ein gemeinsames Kind bereits vor der Ehe geboren, sind die daraus erwachsenen Erwerbsnachteile (insbesondere die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit) deshalb nur bedingt zu berücksichtigen. Sie können aber daran liegen, dass die berufliche Tätigkeit nach Eheschluss wegen der Übernahme der Betreuung und Erziehung des Kindes nicht oder nur beschränkt wieder aufgenommen wird.

 Dass ein Ehegatte aufgrund der Ehe einen Unterhaltsanspruch gegen seinen früheren Ehegatten verliert, ist kein ehebedingter Nachteil, muss aber bei der nachfolgenden Billigkeitsbetrachtung berücksichtigt werden.

 Nach der Erfahrung in der Praxis erweist sich der Vortrag einer nicht ohne Weiteres auf der Hand liegenden fiktiven beruflichen Karriere des Unterhaltsgläubigers umso plausibler, je intensiver und erfolgreicher der betroffene Ehegatte seine Karriere nach der Trennung verfolgt hat, statt sich auf Trennungsunterhalt auszuruhen

 Eine Befristung kommt nicht in Betracht, wenn der Berechtigte eine bedarfsdeckende Beschäftigung erlangt hat, die aber – etwa wegen einer arbeitsvertraglichen Befristung – noch nicht hinreichend verfestigt ist; es kann in einem solchen Fall aber begrenzt werden.

 Ehebedingte Nachteile können auch dadurch kompensiert werden, dass der Unterhaltsberechtigte Vermögenszuwendungen erhält, etwa durch den Zugewinnausgleich, Übertragung von Grundvermögen, Freistellung von Unterhaltsansprüchen gemeinsamer Kinder. Ohne Kenntnis der konkreten Vermögenslage der Ehegatten, namentlich dem Schicksal einer gemeinsamen Immobilie kann keine wirkliche Billigkeitskontrolle erfolgen.

BGH: Die eine Halbierung des ehebedingten Nachteils fordernde Meinung verkennt zudem, dass es sich bei der Pflicht zur Zahlung nachehelichen Unterhalts gerade nicht um eine durch die eheliche Rollenverteilung bedingte Einbuße in der Möglichkeit handelt, Einkünfte zu erzielen, sondern um eine von Gesetzes wegen an die Scheidung geknüpfte Rechtsfolge (also: kein reiner Nachteilsausgleich!)

Beispiel: Der nie erwerbstätige und deshalb nach der Scheidung teuer privatversicherten Beamtenehefrau wird nachehelicher Unterhalt und hoher Krankenvorsorgeunterhalt zugesprochen, obwohl sie in den Basistarif in der privaten Krankenversicherung (eingeführt zum 1. Januar 2009) hätte wechseln können.

Dieser Umstand ist doppelrelevant:  der Krankenvorsorgeunterhalt war zu hoch festgesetzt worden, weil die Möglichkeit des Wechsels in den billigeren Basistarif bestand

 zugleich kam eine Begrenzung des Unterhalts auf den angemessenen Bedarf in Betracht, weil der Wechsel von der privaten Lebensversicherung (Standard aus der Ehe) in den Basistarif nur dem Standard der gesetzlichen Krankenversicherung und damit der Lebensstellung der Ehefrau vor der Ehe entsprach

Vortrag zu § 313 BGB:

 auf welcher Grundlage beruhte der Vergleich  welche tatsächlichen Umstände haben sich geändert und wie berühren sie diese Geschäftsgrundlage  warum ist es dem Antragsteller bei globaler Betrachtung aller Umstände unzumutbar, am Vergleich festzuhalten.

§ 1607 Ersatzhaftung und gesetzlicher Forderungsübergang

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren. (2) 1Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. 2Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über. (3) 1Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. 2Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt. (4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend

gemacht werden.

§ 1606 Rangverhältnisse mehrerer Pflichtiger

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig. (2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren. (3) 1Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. 2Der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

Residenzmodell“ Lebensmittelpunkt bei nur einem Elternteil mit gelegentlichem Umgang, etwa an jedem zweiten Wochenende und während der Hälfte der Ferienzeiten und gesetzlichen Feiertage

Erweitertes Umgangsmodell“

Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil, aber regelmäßiger umfangreicher Umgang mit dem

anderen Elternteil, der auch einen Teil der Betreuung und Versorgung übernimmt und an Entscheidungen

Obhutseltenteils beteiligt wird

des

echtes Wechselmodell

Kind hat seinen Lebensmittelpunkt bei beiden Elternteilen, wird zu nahezu gleichen Anteilen betreut, die elterliche Verantwortung wahrgenommen

wird

gemeinsam

und

paritätisch

Besteht ein echtes Wechselmodell,

 bemisst sich der Bedarf des Kindes also nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern, der zudem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten wie Wohn- und Fahrtkosten erfasst

 fehlt den Eltern die Befugnis, Unterhaltsansprüche im Namen des Kindes geltend zu machen; dies kann nur ein Ergänzungspfleger.

Die Eltern können sich deshalb nur auf ihrer Ebene, aber nicht mit verbindlicher Wirkung gegenüber dem Kind darüber einigen, wer den

Bedarf des Kindes in welcher Weise sicherstellt.

BGH, Beschluss vom 20. April 2016 – XII ZB 45/15, NJW 2016, 1956

Die drei minderjährigen Kinder hielten sich jeweils im wöchentlichen Wechsel bei ihren geschiedenen Eltern auf. Die Eltern waren sich darüber einig, gegenseitig auf Kindesunterhalt zu verzichten. Jeder betreute und verpflegte die Kinder nach seinem Gutdünken. Der Vater der Kinder beanspruchte von der Mutter die Hälfte des von ihr bezogenen Kindergeldes. Sowohl das AG Schleswig als auch das OLG Schleswig gaben dem Vater Recht.

(1) Die auf den Barunterhalt entfallende Hälfte des Kindergelds ist nach dem Maßstab der elterlichen Einkommensverhältnisse (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB) zu verteilen.

(2) Anders verhält es sich mit dem auf den Betreuungsunterhalt entfallenden Anteil am Kindergeld. Dieser steht den Elternteilen beim Wechselmodell aufgrund der von ihren gleichwertig erbrachten Betreuungsleistungen hälftig zu.

§ 39 SGB-VIII (Pflegegeld) Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen (1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

Leitlinien 12.3 Der das Kind betreuende Elternteil ist nur dann barunterhaltspflichtig, wenn sein Einkommen das Einkommen des anderen Elternteils erheblich übersteigt.

 der angemessene Selbstbehalt des nichtbetreuenden Elternteils ( 2013/2014: 1.200 Euro; 2015: 1.300 Euro wird unterschritten  - der andere Elternteil/Verwandte hat das 2- bis zu 3-fache Nettoeinkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils = die gesteigerte Erwerbsobliegenheit entfällt (OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.02.2011 - 10 UF 106/10 - FamFR 2011, 176);

 - der andere Elternteil hat mehr als das 3-fache Nettoeinkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils = die Barunterhaltspflicht entfällt vollständig, der einkommensstarke Elternteil haftet allein.

Altersstufe 1 2 3

1 Kind

Summe

240,00 € 289,00 € 335,00 €

bereinigt netto

monatlich brutto Stundenlohn

240,00 € 289,00 € 335,00 €

1.320,00 € 1.369,00 € 1.435,00 €

2.024,00 € 2.120,00 € 2.252,00 €

11,80 € 12,30 € 13,10 €

480,00 € 578,00 € 710,00 €

1.560,00 € 1.658,00 € 1.790,00 €

2.480,00 € 2.680,00 € 2.954,00 €

14,40 € 15,60 € 17,20 €

717,00 € 864,00 € 1.062,00 €

1.797,00 € 1.944,00 € 2.142,00 €

2.946,00 € 3.257,00 € 3.694,00 €

17,10 € 18,90 € 21,50 €

2 Kinder 1/1 2/2 3/3

240,00 € 289,00 € 355,00 €

240,00 € 289,00 € 355,00 € 3 Kinder

1/1/1 2/2/2 3/3/3

237,00 € 286,00 € 352,00 €

240,00 € 289,00 € 355,00 €

240,00 € 289,00 € 355,00 €

Zumutbarkeitskriterien  Art der Nebentätigkeit (keine Putztätigkeit durch Lehrer, aber Nachhilfe)  Tatsächlicher Zeitaufwand im Verhältnis zum Ertrag (keine 2-stündige

Putztätigkeit mit 1-stündigem Anfahrtsweg)  Vereinbarkeit

mit

Familienleben,

namentlich

Betreuungs.-

und

Erziehungsaufgaben in der neuen Familie, Umgang mit Kindern, auch dem unterhaltsberechtigten Kind, Erholungsbedarf  Verhältnis Aufwand (Zeit, Fahrtkosten) zum Ertrag

 Bereits vorhandene Belastung durch anderes Beschäftigungsverhältnis (lange Anfahrtzeiten, unregelmäßige Arbeitszeiten, Schichttätigkeit, häufige Überstunden, Wochenende)

Schwere

der

Arbeit,

Konkurrenzverbot,

Tätigkeit

am

Grenzen:

 Arbeitszeitgesetz: nicht mehr als 8 Stunden täglich (also höchstens 48 Stunden wöchentlich, an Sonn- und Feiertagen

nur ausnahmsweise)  Persönliche (vor allem gesundheitliche ) und fachliche

Eignung

Verfügbarkeit eines passenden geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses auf dem Arbeitsmarkt:  Umstände der Hauptarbeitsstelle begrenzen die verfügbare

Arbeitszeit (lange Anfahrtzeiten, unregelmäßige Arbeitszeiten, Schichttätigkeit, häufige Überstunden, Schwere der Arbeit, Konkurrenzverbot, Tätigkeit am Wochenende  Dies muss auch nachhaltig zur Verfügung stehen (nein bei bloßer Aufshilfstätigkeit, etwa Einsatz in der Inventur oder im Weihnachtsgeschäft)

OLG Rostock, Beschluss vom 05. Februar 2015 -–

11 UF 138/13, FamRZ 2015, 937 Für einen barunterhaltspflichtigen Elternteil, der nicht in Höhe des Mindestunterhalts leistungsfähig ist, besteht keine Obliegenheit zur Ausübung einer Nebentätigkeit, wenn er ausbildungsgerecht in Vollzeit arbeitet, hohen Zeitaufwand für den Arbeitsweg hat und sein Umgangsrecht regelmäßig wahrnehmen möchte..

Berücksichtigung von Umgangskosten • durch zeitanteiligen Wegfall des Barunterhalts, weil er seiner Unterhaltspflicht während dieser Zeit durch die Betreuung des Kindes nachkommt • Herabstufung um eine oder mehr Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle

• Erhöhung des (angemessenen) Selbstbehalts • durch Abzug aller Kosten vom einzusetzenden Einkommen

Leitlinien 10.7 Notwendige Aufwendungen zur Ausübung des Umgangsrechts können einkommensmindernd berücksichtigt werden, insbesondere dann, wenn ansonsten der notwendige Selbstbehalt unterschritten würde.

Grundsätzlich anzuerkennen sind solche Darlehensbelastungen, deren Entstehung dem Unterhaltsschuldner unterhaltsrechtlich nicht vorgeworfen werden kann, die also namentlich  notwendig sind und begründet und bedient worden sind, bevor dem

Unterhaltsschuldner der Eintritt der eine Unterhaltspflicht auslösenden Umstände erkennbar war (z.B. Trennung vom anderen Elternteil, Geburt eines unterhaltsberechtigten Kindes, Wechsel des Kindes in die Obhut des anderen Elternteils)

 und die nicht durch Umschuldung, Stundung, Streckung oder zumutbare Veräußerung des finanzierten Gegenstandes beseitigt oder verringert werden können.

Der dem Grunde nach gegenüber einem minderjährigen, einem volljährigen Kind und einem geschiedenen Ehegatten sowie einem Elternteil gegenüber unterhaltspflichtige V fährt jeden Tag von Leer nach Oldenburg (90 Km) und zurück (Gesamt 180 Km) zu seiner Arbeit als Richter am OLG.

Dazu die Leitlinien: 10.2 Berufsbedingte Aufwendungen sind von den Einnahmen vorweg abzuziehen. … 10.2.2 Für PKW-Kosten können dabei pauschal 30 Cent für die ersten 60 gefahrenen Kilometer sowie 20 Cent ab dem 61. Kilometer abgesetzt werden. Darin sind Finanzierungskosten enthalten. Ausnahmsweise können stattdessen 20 Cent je gefahrenen Kilometer zuzüglich der Aufwendungen zur Fahrzeugfinanzierung angesetzt werden. Ggf. kommt eine Verweisung auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht.

einfache Wegstrecke km *2=

180

bis 60 km

60

*0,30 €

=18,00 €

darüber

120

*0,20 €

= 24,00 €

Gesamt

90

= 36,00 €

Mehrbedarf und Kindergeld Nach der Scheidung leben beide minderjährigen Kinder im Haushalt der Mutter. Der Vater zahlt Mindestunterhalt. Wegen der Kosten für Nachhilfeunterricht nehmen die Kinder vertreten durch die Mutter den Vater auf Zahlung von Mehrbedarf in Anspruch.

Das Amtsgericht hat den Vater antragsgemäß verpflichtet. Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Vaters.

Nr. 14 der Leitlinien

Verrechnung des Kindergeldes Kindergeld wird nach § 1612 b BGB bedarfsmindernd angerechnet. Der nach § 1612b Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht anzurechnende Teil des Kindergeldes steht ggf. für den laufen-den Lebensunterhalt übersteigende Bedarfe zur Verfügung (s. Ziff. 3, 12.4).

erwerbtätig

nicht erwerbstätig

Regelbedarf

440

440

angemessene Versicherungen

30

30

Freibetrag für Erwerbstätige

200

Wohnkosten warm

380

380

Gesamt

1050

850

30

30

1080

880

Puffer Selbstbehalt

Eine Anhebung des Selbstbehalts wegen höherer Wohnkosten kommt in Betracht, wenn   



die auf den Unterhaltsschuldner entfallenden Wohnkosten den Wohnkostenanteil des Selbstbehalts deutlich übersteigen diese Wohnkosten im Hinblick auf besondere unausweichliche Umstände, namentlich den örtlichen Wohnungsmarkt zurückzuführen sind der Unterhaltsschuldner bei der Auswahl des Wohnraums nicht seine unterhaltsrechtliche Obliegenheit verletzt hat, einen dem Selbstbehaltsatz angemessene Wohnung zu suchen (z.B. zu verneinen bei beruflich veranlasster Wohnungsaufnahme, etwa wenn höhere Wohnkosten durch ersparte Fahrkosten für den Arbeitsweg aufgefangen werden oder beim Nachzug zu den Kindern, womit Umgangskosten erspart werden) und sich gleichwohl im Rahmen der sozialrechtlich anerkannten Mietobergrenzen bewegen (zu den Mietobergrenzen etwa http://www.harald-thome.de/oertliche-richtlinien.html, Zugang über http://tacheles-sozialhilfe.de)

Einkommen des Kindes Sockelselbstbehalt

1.800,00 € 2.500,00 €

3.500,00 €

-1.800,00 € -1.800,00 €

-1.800,00 €

verbleiben

0,00 €

700,00 €

1.700,00 €

davon 1/2 zusätzlich anrechnungsfrei

0,00 €

350,00 €

850,00 €

individueller Selbstbehalt insgesamt

1.800,00 € 2.150,00 € 2.650,00 € 1.800,00 € 2.500,00 €

3.500,00 €

-1.800,00 € -2.150,00 € -2.650,00 € Für Unterhalt einzusetzen

0,00 €

350,00 €

850,00 €

Einkommen uhpfl Kind

1.800,00 €

2.500,00 €

3.500,00 €

800,00 €

+ Einkommen Ehegatte

1.700,00 €

1.700,00 €

0,00 €

2.700,00 €

3.500,00 €

4.200,00 €

3.500,00 €

3.500,00 €

= Familieneinkommen ./. (pauschaler) Familienselbstbehalt

-3.250,00 € -3.250,00 € -3.250,00 € -3.249,00 €

Differenz FEk/'FSb

250,00 €

950,00 €

250,00 €

251,00 €

./. 10 % Haushaltsersparnis Zw ischensumme

-25,00 € 225,00 €

-95,00 € 855,00 €

-25,00 € 225,00 €

-25,10 € 225,90 €

112,50 €

427,50 €

112,50 €

112,95 €

+ Familienselbstbehalt

3.250,00 €

3.250,00 €

3.250,00 €

3.251,00 €

individueller Familienselbstbehalt

3.362,50 €

3.677,50 €

3.362,50 €

3.363,95 €

Anteil uhpflEG

1.729,29 €

2.188,99 €

3.362,50 €

768,90 €

59,52%

100,00%

2.500,00 €

3.500,00 €

800,00 €

-1.729,29 € -2.188,99 € -3.362,50 €

-768,90 €

Verbeib zusätzlicher 1/2

51,43%

Einkommen uhpflEG ./. Anteil am Familienselbstbehalt für Unterhalt einzusetzen

1.800,00 €

70,71 €

311,01 €

137,50 €

0,23 €

31,10 €

Droht einem Elternteil der Entzug der elterlichen Sorge und die Trennung vom Kind nach § 1666 BGB, hat er unverzüglich zu überprüfen, mit welchen öffentlichen Hilfen eine Fremdunterbringung des Kindes vermieden werden kann. Grundkenntnisse des Systems öffentlicher Hilfen und der örtlichen Verhältnisse sind insoweit unerlässlich. Ist der betroffene Elternteil ernsthaft bereit, solche Hilfen in Anspruch zu nehmen, ist dies gegenüber dem Familiengericht zu erklären und die Hilfe bei dem zuständigen Träger zu beantragen. Im Falle unberechtigter Verweigerung der Hilfe sollte parallel zum familiengerichtlichen Verfahren vorläufiger Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht erwirkt werden

Der Verfahrensbevollmächtigte hat das besondere Augenmerk des Gerichts auf § 1666 a BGB und die Rsp.des BVerfG zu richten, damit die insoweit notwendige Aufklärung tatsächlich betrieben wird. Kommt die Einvernahme von Familienhelfern oder anderen bislang in der Familie tätigen Helfern in Betracht, sind diese dem Gericht zu benennen und deren Anhörung nachdrücklich anzuregen. All dies verspricht meist mehr Erfolg als die oft fruchtlose Auseinandersetzung mit den Verfahrensbeteiligten über kindeswohlgefährdende Ereignisse und Zustände in der Vergangenheit. Sorgerechtsentzug ist keine Strafe, sondern Gefahrenabwehr. Weil der Blick des Familiengerichts aus diesem Grunde in die Zukunft gerichtet ist, kann es sich als äußerst erfolgsversprechend erweisen, wenn dem Familiengericht ein tragfähiges Betreuungskonzept vorgelegt wird, das den Verbleib des Kindes in der Familie ermöglicht.

OLG Oldenburg, Beschluss vom 7.11.016 - 14 WF 146/16:

Die Rechtspflegerin bei dem Familiengericht verweigerte der anwaltlich nicht vertretenen Antragstellerin die Genehmigung der im Namen ihres Kindes erklärte Ausschlagung einer Erbschaft. Nach der Belehrung

im Versagungsbeschluss sollte die Beschwerdefrist einen Monat betragen. Die Antragstellerin nahm noch vor Ablauf der Beschwerdefrist anwaltliche Hilfe in Anspruch. Beschwerde wurde nach 3 Wochen ab ZU eingelegt.

Ein Rechtsmittel ist nur zulässig, wenn es statthaft, also gegen die

anzugreifende Entscheidung überhaupt gegeben ist Der

Beschwerdeführer

muss

beschwerdebefugt

sein,

weil

nicht

jedermann gegen eine familiengerichtliche Entscheidung Rechtsmittel einlegen kann, § 59 FamFG In vermögensrechtlichen Angelegenheiten gibt es für den Beschwerdewert Bagatellgrenzen, die überschritten sein müssen (bei Endentscheidungen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten 600 Euro, 61 FamFG, bei

Kostenbeschwerden in Ehe- und Familienstreitigkeiten 200 Euro, § 567 ZPO)

Das Rechtsmittel muss  innerhalb

der

gesetzlichen

Rechtsmittelfrist

(Beschwerde

gegen

Endentscheidungen 1 Monate bzw. 2 Wochen, bei sofortiger Beschwerde 2 Wochen) ,

 in der richtigen Form und  bei dem richtigen Gericht (anders als in der ZPO beim Ausgangsgericht, § 64 FamFG ) eingelegt werden. In Ehe- und Familienstreitsachen besteht überdies

gem.

§ 114 FamFG

Anwaltszwang. Zudem muss die Beschwerde in diesen Verfahren zwingend in bestimmter Form und binnen zwei Monaten ab ZU begründet werden, § 117 Abs. 1 FamFG.

Fall 1: Das Familiengericht überträgt die elterliche Sorge gem. § 1671 BGB antragsgemäß auf die Mutter, hebt die Kosten des Verfahrens gegeneinander auf und setzt den Verfahrenswert auf 5.000 € fest

(FG-

Familiensache, §§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 1 FamFG). Fall 2: Das Familiengericht verpflichtet den Vater zur Zahlung von Kindesunterhalt, hebt die Kosten des Verfahrens

gem.

§ 243 FamFG

gegeneinander auf, setzt den Verfahrenswert auf bis zu 1.200 € fest und ordnet gem. § 116 Abs. 3 Satz 2 FamFG die sofortige Wirksamkeit an

(Familienstreitsache, §§ 112 Nr. 1, 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG).

Fall 3: a)V nimmt seinen Antrag auf Umgang zurück, das Familiengericht legt ihm die gesamten Verfahrenskosten auf. b) V nimmt seinen Antrag auf Zahlung von Zugewinn zurück, das Familiengericht hebt die Kosten des Verfahrens gegeneinander auf.

Fall

5:

Die

Eltern

treffen

im

Termin

vor

dem

Familiengericht eine Einigung zum Umgang, welche das Familiengericht gemäß § 156 Abs. 2 FamFG durch Beschluss

billigt.

Im

unmittelbar

folgenden

Umgangstermin entstehen Schwierigkeiten, worauf M mit der Beschwerde den Ausschluss von Umgang begehrt.

Fall 12:

a) V erwirkt antragsgemäß die Übertragung der elterlichen Alleinsorge, das Familiengericht legt ihm gemäß § 81 FamFG aber gleichwohl die Hälfte der Verfahrenskosten auf. b) M lässt durch Vergleich 1/3 ihrer Zugewinnforderung fallen, die Eheleute erklären den Streit zum Güterrecht übereinstimmend für erledigt. Das Familiengericht hebt die Verfahrenskosten gegeneinander auf.

c) M erwirkt gegen V nach mündlicher Erörterung die vorläufige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch einstweilige Anordnung. d) Der Rechtspfleger genehmigt den Verkauf eines Grundstücks durch ein minderjähriges Kind. e) Das Familiengericht versagt M Verfahrenskostenhilfe in einer Unterhaltssache.

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