Internationaler Workshop in Mexico City

Internationaler Workshop in Mexico City Wintersemester 2007/08 Internationaler Workshop mit Architekten und Künstlern aus Mexiko, Österreich und Deut...
Author: Dagmar Lange
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Internationaler Workshop in Mexico City

Wintersemester 2007/08 Internationaler Workshop mit Architekten und Künstlern aus Mexiko, Österreich und Deutschland und Studenten der TU Darmstadt, der TU Graz und der Universidad Autónoma Metropolitana.

Sitios 08 ist ein Initialprojekt mit dem Ziel ein internationales Netzwerk an der Schnittstelle von Architektur, Stadtforschung und Kunst aufzubauen. Ein Laboratorium des öffentlichen Raumes soll mit Hilfe des interdisziplinären/internationalen Workshops initiiert werden. Interventionen im öffentlichen Raum: Transformation und/oder temporäre Adaptierung von Nischen, ungewöhnlichen bzw. ungenutzten Räumen aber auch prominenten Orten auf subtil-kritische Weise; Bewusstmachung der Nutzbarkeit ungewohnter

Orte. Für insgesamt drei Plätze, die vom Kultursekretariat zur Verfügung gestellt wurden, wurden an zwei Tagen des Workshops Projekte entwickelt. Nach einer Diskussion über die Vorschläge haben alle Teilnehmer des Workshops demokratisch für jeden Platz je ein Projekt ausgesucht und anschliessend weiterentwickelt.

Templo Mayor. Direkt daneben steht das Gebäude der Fototeca. Die Fototeca ist ein öffentliches Museum, das sich mit der Fotografie und der Geschichte der Stadt Mexiko beschäftigt. Das Kultursekretariat stellte das Dach des Museums für eine temporäre Intervention zur Verfügung.

Projekt 1: Fair Trade An der Plaza de la Constitución (umgangssprachlich Zócalo genannt), dem zentralen und geschichtsträchtigsten Platz von Mexico City, liegt auch die Ruine des aztekischen

Auf dem Dach der Fototeca soll ein temporärer ambulanter Markt entstehen - als Initialzündung für eine Diskussion über eine Neuregelung der „Ambulantajes“ im historischen Zentrum von Mexico City. Die bisherige

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Praxis der periodischen Vertreibung jeweils kurz vor politischen Wahlen, stellt keine nachhaltige Lösung des Problems dar. Einige „Ambulantes“ werden Speisen und Getränke verkaufen. Die Reihe der Marktstände auf dem Dach knickt an der Dachkante ab und setzt sich vertikal an der Wand fort. Die urbane Intervention formt eine soziale Plastik, die auf die komplexe Problematik der Ambulantes, ihre soziale Situation, ihre Bedrohung durch mafiöse Strukturen aber auch auf ihre identi-

tätsstiftende Bedeutung für das Stadtbild hinweist. Das Thema Ambulantes im historischen Zentrum ist

derzeit eines der am heftigsten diskutierten innenpolitischen Themen in Mexico-City. Die Vertreibung

von „vendedores ambulantes“, informellen Straßenhändlern, sorgt in vielen Städten Lateinamerikas immer wieder für Konflikte, da diese keine andere Möglichkeit sehen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sie nach offiziellem Befinden jedoch das Stadtbild stören. Nach Bekanntgabe des Projektes befand das Kultursekretariat, dass es wohl doch nicht über die alleinige Hoheit für temporäre Kunstinstallationen auf dem Zócalo verfüge und nun weitere Institutionen um Genehmigung gefragt werden müssten. Das Projekt befin-

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det sich also derzeit in einer weiteren Genehmigungsphase. Als spontane Reaktion auf die wieder „entzogene“ Genehmigung verteilte das Team selbst an Passanten auf dem Weg zwischen der Plaza Alhóndiga und der Fototeca „Genehmigungen zum Genuss des öffentlichen Raumes“ (Permiso para el goce del espacio publico). Dazu werden die „Waren“ (Blumen), die die Markstände hätten schmücken sollen, als Blumenketten verteilt.

Projekt 2: Man on Top Plaza Juarez

det die Eingangssituation zum Aussenministerium.

Der Platz ist ein „öffentlicher“ Platz, abgeschirmt von der Hauptstrasse durch einen hohen Zaun und Wachpersonal. Der Platz bil-

Dieser Platz wurde für Sitios 08 vom Kultursekretariat zur temporären Bearbeitung zur Verfügung gestellt. Der Platz entbehrt jedweder öffentlicher Qualität. Die

Wasserfläche mit den Pyramiden dominiert den Platz und macht eine Aneignung nahezu unmöglich. Darüber hinaus lässt auch die formale Qualität der Pyramiden und der Wasserfläche zu wünschen übrig. Die vorgeschlagene Intervention: Ein kleiner Mann aus Bronze pinkelt von der Spitze einer Pyramide in die Wasserfläche, von dort aus färben Pigmente die Wasserfläche gelb. Die Intervention funktioniert auf 3 Ebenen. Einerseits stellt sie eine Polemik auf die mangelnde Qualität des Wassers (und damit des ganzen Platzes) dar,

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andererseits auch eine Aussage über Machtanspruch und soziales verhalten einzelner, die die Spitze erklommen haben. Adererseits gelingt es ihr aber die Uniformität der Pyramiden zu brechen und durch die Individualisierung einer einzelnen Pyramide auch jede andere potentiell als Unikat erkennbar zu machen. Auch hier wurde nach Bekanntgabe des Projektes die Genehmigung wieder in Frage gestellt. Das Projekt befindet sich wie „Fair Trade“ wieder in der Genehmigungsphase.

Projekt 3: Little Venice Die Plaza Alhóndiga wird geprägt durch einen zugeschütteten Wasserkanal. Sie ist gesäumt von Einzelhandelsgeschäften für Handwerkerbedarf und Bekleidung. Einige der Geschäfte stehen unter Verdacht Hehlerware anzubieten, weswegen es auf dem Platz immer eine auffallend starke Polizeipräsenz und regelmäßige Razzien gibt. Das Projekt „Little Venice“ inszeniert die Einrichtung einer Baustelle für ein grosses Shoppingcenter im venezianischen Stil, inkl. der Rekonstruktion des noch vor

etwa 20 Jahren vorhandenen Wasserkanals mit Gondeln und ähnlichen Kulissen.

plätze durch die überraschende Entwicklung. Trotz zahlreicher versteckter Hinweise auf dem Bauschild wurde die Echtheit der Planung nicht in Frage gestellt.

Dieses Projekt konnte direkt realisiert werden. Der Platz wurde abgesperrt und ein grosses Bauschild wurde aufgestellt. Die ganze Aktion und die anschliessenden Diskussionen wurden von unserem Filmteam dokumentiert.

osa, archexperience, transkitects TU Darmstadt, TU Graz Team: Oliver Langbein (osa/TUD)+ Anke Strittmatter (osa), Bernhard Rehn (archexperience), Gudrun Wallenböck, Christof Göbel (UAM), Luis Damian Sánchez Filmer,

Die Reaktionen der Bevölkerung reichte von Beunruhigung wegen Konkurrenz und eventueller Vertreibung ihrer Geschäfte bis hin zu Hoffnung auf neue Arbeits-

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Julio Orozco, Artist, Ulrike Stehlik Fotografie/ Grafik Studierende: Mercedes Gaona Ayala, Peter Becker, Martin Egger, Ilse Ximena Pérez Espinosa, Karla San Martín Gómez, Dina Herrmann, Kim Joppen, Philipp Kammerer, Veronika Kraljic, Aimé Saynes Lopez, Gabriela Mondragón, Alfonso Rojas Paniagua, Terra Rosignol, Berenice Sanchez, Leonie Stützle, Maren Werndl

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