Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen

Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen Vorwort Die europäische Union wird zunehmend vielfältiger. Einstellungen gegenüber Migrantinnen/Migran...
Author: Nelly Linden
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Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen

Vorwort Die europäische Union wird zunehmend vielfältiger. Einstellungen gegenüber Migrantinnen/Migranten und Minderheiten bilden deshalb einen wichtigen Indikator für die Offenheit und das interkulturelle Selbstverständnis unserer Gesellschaft. 10 % der in Österreich lebenden Personen sind fremdkultureller Herkunft. Der Großteil davon ist mit einem Gesundheitssystem konfrontiert, das sich erheblich von dem des Herkunftslandes unterscheidet. Mangelnde Information über das medizinische Leistungsangebot in den verschiedenen Versorgungsebenen, Sprachprobleme, das Fehlen des Präventionsdenkens und eine besondere gesundheitliche und psychische Ausgangssituation einerseits, und mangelnde Vorbereitung des Gesundheitssystems auf die medizinische und psychosoziale Behandlung von Migrantinnen und Migranten andererseits, führen zu einem erschwerten Zugang zur gesundheitlichen Versorgung. Durch die Mehrfachbelastungen der Frauen aufgrund sozialer Diskriminierung als Minoritätsangehörige, der beruflichen Benachteiligung durch mangelnde Berufsausbildung und die geschlechterspezifische Arbeitsteilung im Rahmen der Familie sind Migrantinnen besonders benachteiligt. Die große psychische Belastung durch gescheiterte oder problembehaftete Integrationsund Anpassungsversuche bzw. gesellschaftlicher Ablehnung, stellt eine besondere Herausforderung an die psychosoziale Versorgung von Migrantinnen und Migranten dar. Aufgrund mir vorliegender Berichte habe ich festgestellt, dass es zahlreiche Probleme, Unzulänglichkeiten und Defizite gibt, die häufig eine insuffiziente medizinische Behandlung und Ergebnisqualität für Migrantinnen und Migranten bewirken. Die Gesundheit gehört zu den Grundrechten jedes Menschen und es ist nicht nur eine humanistische sondern auch eine humanitäre Aufgabe, den Zugang zum österreichischen Gesundheitssystem für alle in Österreich lebenden Personen gleich zu halten. Ich habe somit im Februar 2005 eine Projektgruppe eingesetzt, die Verbesserungen für die Migrantinnen und Migranten betreffende Erschwernisse bzw. Defizite erarbeitet hat. Die Ergebnisse dieser Projektgruppe liegen mir nun vor, und es ist mir ein großes Anliegen, dass die gewonnen Erkenntnisse und Vorschläge zu einer Verbesserung der Betreuung im extra- und intramuralen Bereich, sowie zur psychosozialen Versorgung von Migrantinnen und Migranten möglichst rasch, unter Einbindung aller beteiligten Institutionen umgesetzt wird. Ich danke allen sehr herzlich, die mit Engagement und Expertise an dem Projekt „Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen“ mitgearbeitet haben und bin überzeugt, dass es gemeinsam gelingen wird, eine Verbesserung der Situation der Migrantinnen und Migranten im österreichischen Gesundheitswesen zu erreichen.

Maria Rauch-Kallat Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen

Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ....................................................................................... 3 1.1. Ausgangslage ........................................................................ 3 1.2. Zielsetzung ............................................................................ 4 1.3. Methodik und Durchführung ..................................................... 4 2. Analysen und Ergebnisse ................................................................ 5 2.1.

Medizinische Betreuung von Migrant/innen in den österreichischen Krankenanstalten (intramural) ................................................ 5 2.1.1. IST-Analyse .............................................................. 5 2.1.2. SOLL-Zustand und Schlussfolgerungen........................... 7

2.2.

Medizinische Betreuung von Migrant/innen im extramuralen Bereich................................................................................10 2.2.1. 2.2.2.

2.3.

IST-Analyse ............................................................10 SOLL-Zustand und Schlussfolgerungen .........................10

Psychosoziale Betreuung von Migrant/innen ..............................12 2.3.1. IST-Analyse ............................................................12 2.3.2. SOLL-Zustand und Schlussfolgerungen ........................14

3.

Weiteres Vorgehen .....................................................................18

4.

Alphabetische Liste der Mitglieder des Projektes „Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen“ .................... 19

5.

Beilagen ....................................................................................20 Beilage 1: Fragebogen zur Erhebung migrant/innen-freundliche Krankenanstalten ........................................................................... 21 Beilage 2: Exemplarische Effizienzanalyse ......................................... 25

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Einleitung

In Österreich leben etwa 1 Million Menschen nichtösterreichischer Herkunft mit einer Schwergewichtsbildung im Raum Wien. Von den 765.000 in Österreich lebenden ausländischen Staatsangehörigen sind 577.000 Personen Staatsangehörige von Nicht-EU Staaten. Weiters eine erhebliche Zahl von bereits eingebürgerten Personen fremdkultureller Herkunft, wobei die tatsächliche Anzahl der in Österreich lebenden Eingebürgerten nicht bekannt ist. Bekannt ist lediglich, dass zwischen 1995 und 2004 270.000 Einbürgerungen erfolgten. Hierbei macht der Anteil der Migrant/innen aus dem ehemaligen Jugoslawien (Serbien, Montenegro, Bosnien, Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Slowenien) etwa 44 % und aus der Türkei ca. 19 % aus. Die Gruppe der Ausländer/innen aus allen anderen Nationen umfasst ca. 37 %, davon sind rund 2/3 Europäer/innen, am häufigsten Migrant/innen aus Deutschland, Polen, Rumänien und Ungarn. Weitere quantitativ relevante Nationalitäten sind rund 13.500 Personen aus Afrika, 6.100 Personen aus den USA und jeweils rund 5.000 Personen aus China, Indien und dem Iran. Gemäß dem österreichischen Frauengesundheitsbericht 2005 ist der Frauenanteil in allen Gruppen mit ausländischer Staatsangehörigkeit geringer als in der österreichischen Gesamtbevölkerung (51,9 % Frauen und 48,1 % Männer). Innerhalb der Personengruppe aus Exjugoslawien beträgt der Frauenanteil 47,4 %, in der Gruppe der türkischen Staatsangehörigen 45 %.

1.1. Ausgangslage Rund 10 % der in Österreich lebenden Personen sind somit fremdkultureller Herkunft. Der Großteil dieses Personenkreises ist in Österreich mit einem Gesundheitssystem konfrontiert, dessen Leistungsangebot ihm in den verschiedenen Versorgungsebenen nicht bekannt ist, und das sich meist drastisch von dem seines Herkunftslandes unterscheidet. Im Vordergrund stehen zudem, auch bei eingebürgerten Personen ausländischer Herkunft, Sprachprobleme, die eine Kommunikation zwischen Patient/in und medizinischem Personal erschweren. Die Konsequenzen sind einerseits eine nicht optimale Betreuung der Patient/innen in physischer und psychischer Hinsicht, andererseits Frustrationserlebnisse beim medizinischen Personal. Dazu kommt großteils die Unkenntnis einer anderen gesundheitlichen Situation im Herkunftsland, das Nichterkennen der spezifischen, psychischen und sozialen Belastungen durch die Migrations- und Integrationsprozesse, sowie die Potenzierung der Gesundheitsrisiken bei Personen in besonderen sozialen und gesundheitlichen Lebenslagen. Diese psychischen und organischen Auswirkungen der für fast alle Migrant/innen typischen Probleme müssen stets als Hintergrundbild von allen Erkrankungen von Migrant/innen gesehen, und in der Konsequenz berücksichtigt werden.

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1.2. Zielsetzung Wie der Alltag, aber auch Statistiken und Erhebungen zeigen, ist das Gesundheitswesen in Österreich noch zu wenig im Umgang mit den spezifischen Problemen von Migrant/innen vorbereitet. Dies gilt insbesondere für den extra- und intramuralen Bereich, aber auch für die psychosoziale Betreuung. Da für jeden in Österreich lebenden Menschen der gleiche Zugang zum österreichischen Gesundheitssystem und die gleiche Versorgung gesichert sein muss, hat Frau Bundesministerin Maria Rauch-Kallat im Dezember 2004 diese Unzulänglichkeiten aufgegriffen und eine Projektgruppe eingesetzt, die als Zielsetzung eine Analyse und Vorschläge zur Verbesserung der interkulturellen Kompetenz im Gesundheitswesen erarbeiten soll.

1.3. Methodik und Durchführung Zur Zielerreichung wurden 3 Arbeitskreise, in denen auf breiter Basis 34 Expert/innen, Migrant/innen und Vertreter/innen des Gesundheitssystems in der Zeit von Februar – Juli 2005 in 15 Sitzungen zusammengearbeitet haben, etabliert. Folgende Arbeitskreise wurden gebildet: Arbeitkreis 1:

Medizinische Betreuung von Migrant/innen in den österreichischen Krankenanstalten (intramural)

Arbeitskreis 2:

Medizinische Betreuung von Migrant/innen im extramuralen Bereich

Arbeitskreis 3:

Psychosoziale Betreuung von Migrant/innen

Die Bearbeitung der Themen erfolgte in Form einer IST-Analyse, einer Darstellung des SOLL-Zustandes, sowie einer Erarbeitung von Empfehlungen, Vorschlägen oder Konzepten um den SOLL-Zustand erreichen zu können. Insbesondere sollten im Zuge der Bearbeitung kulturspezifische, migrationsspezifische und sozioökonomische Faktoren sowie frauenspezifische Probleme berücksichtigt werden. Die Analysen und Ergebnisse sind von den einzelnen Arbeitskreisen im Konsens in Positionspapieren zusammengefasst worden, die die Basis für diese Studie darstellen.

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2

Analysen und Ergebnisse

2.1. Medizinische Betreuung von Migrant/innen in den österreichischen Krankenanstalten (intramural) 2.1.1. IST-Analyse: v

Großteils fehlt in den Führungsebenen der Krankenanstaltenträger und in der Verwaltung von Krankenanstalten die Akzeptanz der Notwendigkeit einer interkulturellen Integration.

v

Es fehlen in dieser Hinsicht für Österreich jegliche Daten oder Erhebungen.

v

Es fehlt insbesondere beim medizinischen Personal sowohl in der Aus-, Fort- und Weiterbildung das Wissen um das individuelle und zwischenmenschliche Verhalten von medizinischem Personal und PatientInnen in anderen Kulturkreisen, sowie das zwischenmenschliche Verhalten von Patient/innen und Angehörigen.

v

Im Vordergrund stehen die Sprachprobleme, da die gesamte Kommunikation und Information zwischen medizinischem Personal und Migrant/innen schlecht und ungenügend abläuft. Es fehlen Dolmetscher.

v

Insbesondere im sensiblen Bereich der Gynäkologie und Geburtshilfe aber auch in anderen medizinischen Sonderfächern gibt es keine Hebammen, Pflegepersonal oder Ärzt/innen aus der 2. Generation von Migrant/innen. Der Zugang für Migrantinnen zur Hebammenausbildung oder zu anderen Gesundheitsberufen ist äußerst schwierig und findet auch unter den Migrantinnen wenig Interesse.

v

Migrant/innen werden gemäß ihrer kulturellen Tradition und ihrer traditionellen Beziehungen häufig von zahlreichen Angehörigen begleitet. Dafür fehlt einerseits sowohl im ambulanten wie auch im stationären Bereich das Verständnis der Ärzt/innen und des Pflegepersonals, andererseits auch die räumlichen Gegebenheiten um eine derartige Begleitung zu ermöglichen. Umgekehrt fehlt auch – sicher durch mangelnde Aufklärung – das Verständnis der Migrant/innen für die eingeschränkten räumlichen Möglichkeiten. Auf den Bettenstationen fehlen große Aufenthaltsräume, wo Patient/innen sich mit ihren oft zahlreichen Angehörigen treffen können.

v

Besonders dramatisch wirkt sich das Fehlen von Dolmetschern und fremdsprachigen Aufklärungsbögen im chirurgischen Bereich sowie im Seite 5 von 26

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Zuge der präoperativen Aufklärung und pränatalen Diagnostik aus. Häufig fehlt es jedoch auch an einer ausreichenden Schulbildung und Sprachbeherrschung der Migrant/innen. v

Aufgrund der Sprachproblematik und aufgrund des mangelnden Wissens um den eigenen Körper und dessen Funktionen muss für die Behandlung von Migrant/innen ein höherer Zeitaufwand als für einheimische Patient/innen veranschlagt werden. Die Einbindung eines Mediators fehlt.

v

Ohne dass der Bedarf gesunken wäre, wurden an Krankenanstalten die früher Dolmetscher angestellt oder Dolmetschsysteme benutzt haben, diese nun reduziert oder gestrichen.

v

Sowohl während des Medizinstudiums als auch in postpromotionellen Ausbildung fehlt es an einer systematischen Ausbildung von Ärzt/innen in interkultureller Kompetenz. Das gleiche gilt für die Ausbildung von Krankenpflegepersonal an den Krankenpflegeschulen. Fallweise findet man eine interne Fortbildung in den Krankenanstalten.

v

Auf Kinderstationen besteht das Problem, dass sich Kinder bestenfalls über die Mutter mit dem medizinischen Personal verständigen können. Ist die Mutter nicht anwesend, ist eine Kommunikation mit dem Kind meist nicht möglich.

v

Den Migrant/innen fehlt meistens jegliche Information über das österreichische Gesundheitssystem und somit über die Leistungsangebote im extra- und intramuralen Bereich. Daher genießen die Ambulanzen von Krankenanstalten einen unverhältnismäßig hohen Zulauf, da MigrantInnen in ihrem Heimatland meist schon zur Primärversorgung Krankenanstalten aufsuchen. Gleichzeitig muss festgestellt werden, dass jedoch ein verzögerter Zugang zum ambulanten Bereich erfolgt. Erst wenn der Leidensdruck sehr hoch ist, wird eine Ambulanz aufgesucht.

v

Das Wissen um Gesundheit, Prävention aber auch kurative Möglichkeiten ist bei den Migrant/innen durchwegs schlecht. Ein Gesundheitsunterricht oder eine intensive medizinische Schulung bzw. Aufklärung während des Spitalsaufenthaltes erfolgt derzeit nicht.

v

Es fehlt eine Studie, die die anfallenden Mehrkosten durch das Fehlen von interkultureller Kompetenz im extra- und im intramuralen Bereich eruiert.

v

Den Ärzt/innen und dem Krankenpflegepersonal fehlt häufig die Freude Migrant/innen im Gesundheitswesen zu betreuen.

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v

Häufig fehlt der österreichischen Bevölkerung und auch den im Gesundheitswesen Tätigen das Wissen um das Leben, medizinische Ansichten und Verständnis für Gesundheit in anderen Kulturen.

2.1.2. SOLL-Zustand und Schlussfolgerungen: v

Krankenanstaltenverbunde und Krankenanstalten müssen im Sinne der Qualitätssicherung den gleichen Zugang für alle Patient/innen zu Gesundheitsleistungen auch von Migrant/innen sicherstellen. In ihrem Leitbild muss interkulturelle Kompetenz in allen Ebenen gegeben sein.

v

Bei Ausschreibungen von Führungspositionen in Krankenanstalten sollte – ebenso wie ein Nachweis in einer Managementausbildung – ein Nachweis über eine Ausbildung in interkultureller Kompetenz für Führungskräfte erbracht werden müssen.

v

Sicherstellung der Vermittlung kultureller Besonderheiten von Patient/innen in der medizinischen Diagnostik und Behandlung an den medizinischen Universitäten, Krankenpflegeschulen, Hebammenschulen, Röntgenassistent/innenschulen, etc.

v

Besonders wichtig erscheint, dass diese kulturellen Besonderheiten nicht als gesonderte Blockvorlesungen gehalten werden sondern dass die Lehrinhalte in die laufenden Vorlesungen zum entsprechenden Thema passend einfließen und somit in die laufende Vorlesung integriert sind.

v

Sichergestellt werden muss eine laufende Fortbildung über Interkulturelle Kompetenz in den Krankenanstalten.

v

Zu fordern ist eine bedarfsorientierte Förderung von Angestellten in Krankenanstalten mit besonderer interkultureller Kompetenz (Sprachen, Kulturverständnis der Patienten, etc.). Der Bedarf solcher Mitarbeiter/innen sollte sich nach der statistischen Erhebung der Anzahl der Migrant/innen richten.

v

Migrant/innen sollten für Krankenpflegeberufe interessiert und angeworben werden. Hiermit wäre eine Steigerung der Zahl von interkulturellen Pflegepersonal möglich. Dies entsteht einerseits durch die Motivation der Familien andererseits auch durch Motivation durch Krankenpflegeschulen.

v

Bei Planung von Krankenanstalten sollten den kulturellen Bedürfnissen von Migrant/innen mehr Rechnung getragen werden. Das heißt, dass insbesondere der Tatsache, das Migrant/innen häufig von einem oder mehreren Angehörigen begleitet werden, die Untersuchungsräume, Krankenzimmer, Warte- und Aufenthaltszonen entsprechend groß dimensioniert werden müssten. Seite 7 von 26

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v

Sicherstellung von adäquaten Dolmetschdiensten.

v

Neben den bereits geforderten Dolmetscher/innen, die auch medizinische Fachausdrücke vermitteln können, bedarf es interkultureller Mediatoren sowie sprachlich und interkulturell ausgebildeter Ärzt/innen. Ein Schwerpunkt in der Kommunikation mit Migrant/innen müsste vor allem auf alte Patient/innen, Kinder, psychiatrische Patient/innen, gynäkologische und geburts-hilfliche Patientinnen gelegt werden.

v

Diese Aufgaben könnten durch Mitarbeiter/innen von „ausländischen Gemeinden“ oder am Krankenhaus angestellten Fachleuten bewerkstelligt werden. Alternativen wären das Aufliegen einer offiziellen Liste von Krankenhauspersonal, das in der Lage ist zu dolmetschen oder professionelle Telefon-Konferenzdolmetscher/innen.

v

Sicherstellung von schriftlichen Unterlagen (Informations- und Aufklärungsmaterial insbesondere mit Bildmaterial). Das gebildete Informationsmaterial sollte als Folder, Mappen, Videos oder DVDs bestehen.

v

Erforderlich ist auch ein Informationsdienst für das Krankenhaus selbst, welche Informationen überhaupt zur Verfügung stehen, die aber auch laufend aktualisiert werden müssen.

v

Erforderlich ist auch eine Information der Migrant/innen über das österreichische Gesundheitssystem insbesondere auch über die Präventionsmöglichkeiten. Diese Informationen sollten über „ausländische Gemeinden“, Netzwerke und besonders über Schlüsselpersonen transportiert werden.

Anzustreben ist eine Entlastung des intramuralen zugunsten des extramuralen Bereiches, was allerdings eine klare Information der Migrant/innen über die verschiedenen Versorgungsebenen in Österreich bedarf. Da es in vielen Ländern aus denen Migrant/innen nach Österreich kommen keinen niedergelassenen Bereich, der mit Österreich vergleichbar ist, gibt, werden bevorzugt Spitalsambulanzen aufgesucht. Insbesondere hier wäre dringend Aufklärung erforderlich. Eine Entlastung könnte auch eine bessere Information an die Migrant/innen über die Aufgaben der(s) Betriebsärztin/-arztes und der Arbeitsmedizin bringen. Anzustreben wäre eine Studie über die Vermeidung von Erkrankungen bei Migrant/innen durch einen hohen Level an interkultureller Kompetenz. Die in der IST-Analyse dargestellten Fakten konnten zwar qualitativ eruiert, aber nicht quantifiziert werden. Insbesondere war es nicht möglich die Art und das Ausmaß der Defizite bestimmten Krankenanstaltenträgern oder Krankenanstaltenverwaltungen zuzuordnen. Da aber nach Auskunft der TILAK (Prof. Dr. Staudinger) die Krankenanstaltenträger sehr wohl an der Behebung derartiger Defizite

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interessiert sind, wird nun seitens des AK 1 vorgeschlagen, eine Erhebung an den Krankenanstalten durchzuführen. Der AK 1 hat in Anlehnung an den von Migrant-Friendly Hospitals entwickelten Migrant-Friendly Quality Questionnaire (MFQQ) einen Fragebogen entwickelt, der den Krankenanstaltenträgern bzw. Krankenanstaltenverwaltungen zur qualitativen und quantitativen IST-Zustandserhebung in den einzelnen Krankenanstalten dienen soll. (Beilage 1) Hiezu sollte im Herbst 2005 ein Meeting stattfinden, zudem alle Krankenanstaltenträger oder Vertreter von Krankenanstaltenverwaltungen eingeladen werden sollen. In diesem Meeting sollen die Hintergründe dargestellt und die einzelnen Fragen erläutert, sowie die Krankenanstaltenträger zu einer möglichst lückenlosen Rücksendung der Fragebögen motiviert werden. Diese Veranstaltung soll unter dem Vorsitz der Frau Bundesministerin Maria Rauch-Kallat erfolgen.

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2.2. Medizinische Betreuung von Migrant/innen im extramuralen Bereich 2.2.1. IST-Analyse: Bei der Analyse des IST-Zustandes für die medizinische Betreuung von Migrant/innen im extramuralen Bereich haben sich grundsätzlich die gleichen Probleme ergeben wie im intramuralen Bereich. Besonders auffallend waren wiederum auch im extramuralen Bereich folgende Defizite: v

Mangelnde Sensibilität für das Thema Migration im Gesundheitswesen. Keine Wertschätzung bzw. mangelndes Interesse für „interkulturelle Kompetenz“.

v

Wenig Migrant/innen der 2. Generation in Pflegeberufen. Mögliche Hürde: Auswahl erfolgt nach Schulnoten.

v

Bedarf an fachlich kompetenter Übersetzung wird nicht erkannt.

v

Ausbildungscurricula für nicht medizin. Gesundheitsberufe enthalten keine „Migrationsmodule“.

v

Angebot und Nachfrage zwischen Ärzt/innen und Übersetzer/innen ist nicht strukturiert.

v

Rolle und Kompetenz der Übersetzenden ist ungeregelt.

v

Migrant/innen haben zuwenig Information über österr. Gesundheitswesen.

v

Den Präventionsgedanken im extramuralen Bereich an Migrant/innen zu vermitteln ist sehr schwierig und geschieht großteils nicht.

2.2.2.

SOLL-Zustand und Schlussfolgerungen: v

Es besteht ein hoher Vernetzungsbedarf: Sporadische Initiativen von NGOs sind untereinander nicht vernetzt, wissen nicht voneinander, keine zentrale Projektdokumentation und Datenbank. Diese müsste geschaffen und durch Broschüren und über das Internet zugänglich gemacht werden.

v

Migrant/innen sollen auch für nichtmedizinische Gesundheitsberufe die im extramuralen Bereich benötigt werden (Ordinationshilfe, Zahnarzthelferin, MTA, Röntgenassistent/innen etc.) interessiert und angeworben werden. Durch diese Maßnahmen könnte die Zahl von interkulturell kompetenten Mitarbeiter/innen im niedergelassenen Seite 10 von 26

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Bereich erhöht, und hiermit auch die Dolmetschproblematik verbessert werden. Zu fordern wäre, dass Ärzt/innen die sich um einen Kassenvertrag beworben haben und eine interkulturelle Kompetenz besitzen für diese Qualifikation mehr Punkte und damit eine verkürzte Wartezeit für einen Kassenvertrag bekommen. v

Der Bedeutung von Dolmetscher/innen mit interkultureller Kompetenz und der Beherrschung der medizinischen Fachausdrücke wird im extramuralen Bereich zu wenig Beachtung beigemessen. Die bestehenden Kommunikationsprobleme führen zu verzögerten und insuffizienten Behandlungen, die wiederum das Gesundheitssystem belasten.

v

Die Forderung nach Ausbildungsmodulen für interkulturelle Kompetenz in den Ausbildungscurricula für nichtmedizinische Gesundheitsberufe und für Medizinstudenten gilt für den extramuralen Bereich wie für den Intramuralen.

v

Wie bereits für den intramuralen Bereich festgestellt, bedarf es einer Information der Migrant/innen über die verschiedenen Versorgungsebenen des österreichischen Gesundheitssystems. Dies würde zu einer Entlastung des Spitalsambulanzen und zu einer verstärkten Inanspruchnahme des extramuralen Bereiches führen. Hierfür sind natürlich flankierende Maßnahmen, wie funktionierender Dolmetschdienst und entsprechende Wartezonen für die Migrant/innen und deren Angehörige, erforderlich.

v

Da es bisher nur ungenügend gelungen ist den Präventionsgedanken an den Großteil der Migrant/innen heranzutragen, müssen neue Wege gesucht werden. Erhebungen haben ergeben, dass bestimmte Bezugspersonen wie „Vorstand einer ausländischen Gemeinde“, Iman oder Clanoberhaupt den größten Einfluss auf Migrant/innen in ihrem Bereich haben. Meetings und Schulungen dieses Personenkreises wäre anzustreben. Die seelische Gesundheit männlicher Migranten und Gastarbeiter ist bislang nicht untersucht worden. Aus den „Parkprojekten“ (ebenfalls ein Beispiel aufsuchender Information) der Wiener AIDS Hilfe wurde klar, dass türkische Männer tendenziell mehr Prostituierte frequentieren, als Männer aus Ex-Jugoslawien. Daher ist das Interesse der Türken an AIDS Prävention und generell an der Verhinderung von Geschlechtskrankheiten größer.

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2.3. Psychosoziale Betreuung von Migrant/innen 2.3.1. IST-Analyse: Wenngleich unter den Migrant/innen ein sprachliches Überwiegen von serbokroatischsprachigen Menschen aus Ex-Jugoslawien besteht, zeigen andere Statistiken (Friedmann, 2004), dass die mangelnde deutschsprachliche Kompetenz in erster Linie Menschen türkischer Provenienz betrifft. Von Seiten der Kultur (und hier spielt die religiöse Prägung eine vorrangige Rolle) sind ebenfalls Menschen türkischer Provenienz von der Mehrheitsbevölkerung unterscheidbarer, als jene Ex-Jugoslawiens (mit Ausnahme der Bosnier). Für die Frage nach der Versorgung mit psychosozialer Beratung/psychotherapeutischer und nervenfachärztlicher Behandlung bedeutet dies, dass die vor allem Menschen türkischer Provenienz zahlenmäßig die am schlechtesten versorgte Bevölkerungsgruppe ist, wobei die Sprachbarriere die erste, die Weltsicht und das Menschenbild die zweite Hürde darstellen. Dem steht gegenüber, dass das Netz von psychosozialen/psychotherapeutischen/psychiatrischen Versorgungseinrichtungen bzw. Angeboten in Österreich insgesamt gerade ausreichend dicht ist (in Wien, NÖ, OÖ und Vorarlberg besser), jenes für nichtdeutschsprachige Menschen aber ausgesprochen dünn. Ein kulturübergreifendes Verstehen ist jedoch insgesamt unzureichend, selbst in der noch am besten versorgten Bundeshauptstadt. Die Konsequenzen dieses Mankos sind: v

Schlechte Versorgung insbesondere der türkischstämmigen Bevölkerung; (Beilage 2)

v

ein Übermaß an somatischen und instrumentellen Untersuchungsgängen und an Hospitalisierungen mit entsprechenden Kosten (aufgrund von Kommunikationsproblemen und Undurchschaubarkeit der Symptomsprachen);

v

sozioklimatische Reibungsverluste in medizinischen Einrichtungen.

Es ist darauf hinzuweisen, dass es zahlreiche Initiativen auf dem hier dargestellten Gebiet gibt, die schon seit längerem, insbesondere in den vergangenen 15 Jahren, eine nicht zu unterschätzende Arbeitsleistung bedeutet haben und bedeuten. In der Regel versuchen alle Initiativen aus Eigenem heraus, ökonomisch und zielorientiert wirksam zu sein, vor allem, da die finanziellen Ressourcen überall sehr knapp sind. Ausnahmslos alle angeführten Einrichtungen sind zahlenmäßig heillos überfordert, Psychotherapie anbietende haben zum Teil monatelange Wartefristen bis zum Freiwerden von Therapieplätzen.

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Ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit seien folgende Aktivitäten exemplarisch aufgelistet: WIEN: FEM-Süd: Beratungsstelle für Frauen und Mädchen in Gesundheitsfragen inklusive Psychologie und Psychotherapie, überwiegend auf deutsch, türkisch, bosnisch/kroatisch/serbisch und englisch in 1100 Wien. MEN-Süd: Analogon, für Männer und Burschen in 1100 Wien Miteinander Lernen: Beratungsstelle für Frauen, auch in Gesundheitsfragen inklusive Psychologie und Psychotherapie, in türkischer Sprache in 1160 Wien. Spezialambulanz für Transkulturelle Psychiatrie und Migrationsbedingte Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter: Psychiatrische Akutversorgung und kulturberücksichtigende Diagnostik und Therapie für Migrant/innen und Asylwerber/innen jeglicher Provenienz. An der Universitätsklinik für Psychiatrie im AKH, 1090 Wien. Spezialambulanz für Transkulturelle Psychiatrie und Migrationsbedingte Psychische Störungen: Psychiatrische Akutversorgung und kulturberücksichtigende Diagnostik und Therapie für Kinder von Migrant/innen und Asylwerber/innen aus der Türkei und Ex-Jugoslawiens und aus jeglichen Provenienzen. An der Universitätsklinik für Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters im AKH, 1090 Wien. Peregrina: Beratungsstelle inklusive psychologische Beratung und Psychotherapie für Frauen, in Serbokroatisch, in 1090 Wien. Hemayat: Psychotherapie für männliche und weibliche Folter- und Kriegsopfer, in 1020 Wien. Caritas-Beratungsstelle für Asylwerber/innen: bietet auch Psychotherapie für Traumaopfer an. Diakonie-Ev. Flüchtlingsdienst: bietet auch Psychotherapie für Traumaopfer an. LEFÖ: Psychosoziale Beratungs- und Betreuungsstelle für lateinamerikanische Migrantinnen und für Betroffene des Frauenhandels, auch in Spanisch. ESRA: Psychosoziale, psychotherapeutische und psychiatrische Betreuungsstelle der IKG für jüdische und nichtjüdische Opfer der Naziverfolgung, sowie für jüdische Migrant/innen, in Hebräisch, Russisch, Georgisch und 11 weiteren Sprachen, in 1020 Wien. GRAZ: OMEGA: Beratungsstelle für Opfer von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, inklusive Psychologie und Psychotherapie, mehrsprachig. Zebra: Beratungsstelle für Asylwerber/innen, Migrant/innen, inklusive Psychologie und Psychotherapie, mehrsprachig inkl. Arabisch. LINZ: MAIZ: Psychosoziale Beratungsstelle für Asylwerber/innen und Migrant/innen. MIGRARE: Psychosoziale Beratungsstelle für Asylwerber/innen und Migrant/innen, inklusive Psychologie und Psychotherapie, in Türkisch und Serbokroatisch.

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KLAGENFURT: ASPIS: Psychotraumatologische Betreuungsstelle für traumatisierte In- und Ausländer/innen, mehrsprachig. Neben diesen spezialisierten Einrichtungen stehen alle sonstigen Möglichkeiten zur psychosozialen/psychotherapeutischen/psychiatrischen Versorgung (Ambulanzen, Spitäler) auch Migrant/innen zur Verfügung, haben aber praktisch keine problemspezifische Kompetenz und können in der Regel die angesprochenen Probleme nicht oder nur selten lösen. Erwähnenswert sind Bemühungen diverser Gesundheitseinrichtungen, transkulturelle Kompetenzen zu erwerben. Vorträge und Weiterbildungsveranstaltungen haben seit 1997 in Anspruch genommen: v Psychiatrische Abteilungen in Wien (Kaiser-Franz-Josef-Spital, Otto-WagnerSpital, Donauspital) v Psychiatrische Abteilungen in Linz (Wagner-Jauregg-Krankenhaus) v Psychiatrische Abteilungen in Innsbruck (Univ. Klinik für Psychiatrie) v Psychiatrische Abteilungen in Graz (Univ. Klinik für Psychiatrie) v Psychiatrische Abteilungen in Rankweil/Vlbg. (KH Valduna) v Österreichisches Bundesasylamt v Unabhängiger Bundesasylsenat in Zusammenarbeit mit dem UNHCR v Polizeianhaltezentrum Rossau, in Zusammenarbeit mit den Polizeiamtsärzten v Diverse psychotherapeutische Vereinigungen (Alfred-Adler-Institut in Wien und in Graz) v Ärztekammer für Wien, im Rahmen der PSY-Diplome. Anzumerken ist, dass diese Aus- und Weiterbildungen im wesentlichen von der Universitätsklinik für Psychiatrie in Wien ausgegangen und fast immer ehrenamtlich erfolgt sind.

2.3.2. SOLL-Zustand und Schlussfolgerungen: v

Patient/inneninformation: Erstellung einer Broschüre in deutscher, türkischer, serbokroatischer, kurdischer, rumänischer, russischer, arabischer und albanischer Sprache, die in Spitälern, Ambulanzen, Ordinationen und Gemeindeämtern aufliegen soll. Diese soll die geeigneten lokalen psychosozialen Betreuungseinrichtungen und fremdsprachkompetenten Ärzt/innen auflisten. Das Handbuch „Gesundsein in Wien“ für nicht-deutschsprachige Patient/innen und Klient/innen (1. Auflage 1999) wird derzeit im Auftrag des Büros der Wiener Frauengesundheitsbeauftragten aktualisiert und enthält Adressen von Ärzt/innen und Psycholog/innen/Psychotherapeut/innen in folgenden 15 Sprachen: albanisch, arabisch, bosnisch, griechisch, hebräisch, kurdisch, persisch, Seite 14 von 26

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polnisch, russisch, schwedisch, serbisch/ kroatisch, slowakisch, slowenisch, türkisch und ungarisch. Darin sollten auch Verhaltensregeln für Spitalsaufenthalte (Besuchszeiten etc.) zusammengefasst werden; evtl. wären hier auch mehrsprachige „Infoblätter“ praktikabel, die jedem/r Patienten/in im Spital ausgehändigt werden. v

Ärzt/innen/Patient/innen-Glossar: Erstellung einer Broschüre in deutscher, türkischer, serbokroatischer, kurdischer, rumänischer, russischer, arabischer und albanischer Sprache, in welchen die wichtigsten Fragestellungen, die im Zuge einer Anamnese, insbesondere einer psychosozialen Anamnese, mit Patient/innen erforderlich sind, aufgelistet werden. Auf diese Weise wird Zeit gespart, Missverständnissen vorgebeugt und es könnte ökonomischer vorgegangen werden. Auch könnten ergänzend die teilweise schon vorhandenen Übersetzungsmanuale von Organen/Organfunktionen/Beschwerden Verwendung finden.

v

Community interpreters: Wie für alle medizinische Sonderfächer, so auch für die Psychiatrie, gibt es in einigen Wiener Spitälern kulturkompetente DolmetscherInnen („community interpreters“), die zwischen Institution/Ärzt/innen und Patient/innen vermitteln und informieren. Es muss sichergestellt werden, dass diese Posten abgesichert und besetzt sind, bzw. weitere Posten – zumindest in Schwerpunktkrankenhäusern – eingerichtet werden. Eine Absicherung der Stellen für Community Interpreter/innen ist unbedingt notwendig; keinesfalls darf das Reinigungspersonal etc. für Dolmetschdienste herangezogen werden, da es dabei insbesondere bei psychosozialen Themen zu massiven Überforderungen und Missverständnissen kommt.

v

Interkulturelle Kompetenz in Gesundheitseinrichtungen: Nach dem Muster des Wiener Kaiser-Franz-Josef-Spitals (s. Abschlussbericht „Migrant friendly hospital“, 2004) beziehungsweise des „FEM-Süd“ (Multikulturelle Fortbildungsveranstaltungen für das Personal des KFJSpitals: „Andere Länder – andere Sitten. Weniger Stress durch transkulturelle Kompetenz“) sollte im Rahmen der Weiterbildungspflicht für Ärzt/innen und Pflegepersonal ein Weiterbildungscurriculum zur Besserung des Verstehens von Wünschen, Ängsten, Kultuspezifika etc. fremdstämmiger Patient/innen eingeführt werden, insbesondere in „sensiblen“ Abteilungen (Psychiatrie, Neurologie, Gynäkologie, Onkologien, Notfalleinrichtungen und Kinderheilkunde). Für die Weiterbildungscurricula sollten entsprechende Qualitätskriterien erstellt werden. Ein Pilotversuch im Rahmen des Wiener AKH (Arbeitsgruppe Prof. M. Friedrich, A. Friedmann, S. Golsabahi, ADL-Austria) für ein solches Training ist in Vorbereitung, die Finanzierung ist aber noch nicht gesichert.

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Für Angehörige der Gesundheitsberufe, die mit fremdsprachigen Patient/innen arbeiten, sollte eine Supervision angeboten werden.

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Interkulturelle Kompetenz in der Ausbildung von Gesundheitsberufen: -

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Gegenwärtig bieten manche Krankenpflegeschulen Einheiten in interkultureller Kompetenz an. Solche Einheiten müssen intensiviert werden und ihr Besuch muss verpflichtend sein. Im Medizinstudium gibt es derzeit eine einzige, nicht verpflichtende Lehrveranstaltung in transkultureller Psychiatrie, die als Wahlfach gem. § 13 StG an der Wiener Universitätsklinik für Psychiatrie angeboten wird und nur von 10-15 Student/innen pro Semester besucht werden kann. Es ist anzustreben, dass diese Lehrveranstaltung als reguläre Vorlesung für Hörer aller Fakultäten besser verankert wird. Im Rahmen der ärztlichen Facharzt/innenausbildung bzw. der Weiterbildung sollte dieser Kenntnisbereich forciert werden, etwa durch ein flächendeckendes Angebot in allen Bundesländern. o Dies könnte durch ein „reisendes Ausbildungsteam“ erfolgen, o u. U. könnte auch an die Erstellung eines „Ausbildungskoffers“ mit Lehrfilmen und schriftlichen Unterlagen gedacht werden, was zwar eine größere Investition erfordern, aber mittel- und langfristig Kosten einsparen würde. Im Rahmen der Ausbildungen der Sozialakademien sollten ebenfalls Ausbildungseinheiten eingerichtet werden, die den kultursensiblen Umgang mit den Problemen der Migrant/innenpopulationen zum Gegenstand haben.

Dringende Maßnahmen in Wien: -

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Es gibt einige Psychotherapeut/innen mit Provenienz aus den betroffenen Ländern, insbesondere aus der Türkei und ExJugoslawien. Dringend notwendig wäre es, diese bzw. auch die entsprechenden Institutionen mit Kassenverträge o.ä. zu versehen, um sie auf diese Weise als Anlaufstellen für die entsprechenden Patient/innen werden zu lassen. Es gibt im Großraum Wien (und sonst nirgendwo im Bundesgebiet) zwei ausgebildete türkischsprachige Fachärztinnen für Psychiatrie, mit psychotherapeutischer Ausbildung. Vorzuschlagen wäre, diese mit Verträgen an zwei Schwerpunktkrankenhäuser zu binden (Kaiser-Franz-Josef-Spital und Erwachsenen-psychiatrie/AKH), wobei wahrscheinlich 20-Stunden-Verträge den dringendsten Bedarf abdecken könnten (Friedmann, 2003, 2004): Es wäre ebenfalls empfehlenswert, fremdsprachliches Personal in allen fachärztlichen Bereichen (Gynäkologie, Kinderheilkunde etc.) in Schwerpunktkrankenhäusern, wie z.B. dem AKH und KFJ-Spital, in denen der Migrant/innenanteil unter den Patient/innen sehr hoch ist, zu engagieren.

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Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen

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Einrichtung einer zentralen elektronischen Gesundheitsdatenbank „Migration Health Net“: -

Mit dem Ziel der Vernetzung der Dienstleistungen bzw. deren Anbieter im Bereich Gesundheit von Migrant/innen in Österreich und der Eröffnung der Möglichkeit zur zentralen Datenabfrage sollte eine Datenbank erstellt werden, die nach Bundesländern aufgeteilt, die Angebote der Gesundheitsversorgung für Migrant/innen darstellt. Auf diesem Weg können alle mit der Gesundheit auch von MigrantInnen befassten Stellen (niedergelassene Ärzt/innen, Psycholog/innen, Sozialarbeiter/innen, Bewährungshelfer/innen, Spitäler, Ambulatorien etc.) rasch über Möglichkeiten und Angebote informiert sein und selbst informieren. Durch die Schließung der Wissenslücken auf diesem Gebiet können den Patient/innen lange Irrwege, Kosten und Zeitverluste erspart werden und der oft beobachteten Ratlosigkeit der Betreuer ein Ende gesetzt werden. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) Wien hat bereits ein Projektkonzept für „Migration Health Net“ erstellt.

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Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen

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Weiteres Vorgehen

Es muss betont werden, dass in allen Arbeitskreisen, insbesondere der SOLLZustand und die Schlussfolgerungen im Konsens aller Mitarbeitenden erstellt wurde. Der Bericht wurde Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zur Beurteilung und Festlegung der Umsetzungsprioritäten vorgelegt.

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Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen

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Alphabetische Liste der Mitglieder des Projektes „Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen“

Sibel Akgün Dr. Türkan Akkaya-Kalayci Dr. Gerlinde Akmanlar-Hirscher Dr. Christine Binder-Fritz Dr. Rousanna Böck Dr. Melitta Bohn-Rieder Dr. Sevin Cayiroglu Mag. Petra Dachs Keziban Demirbas Miladinka Dujakovic Dr. Margit Endler Berna Erbas-Cimen Ass.Prof. Dr. Alexander Friedmann Ilirjana Gashi Mag. Florian Gruber Agnieszka Herzig Dr. Ursula Karl-Trummer Helga Kolle Dr. Erika Laubacher-Kubat Mag. Sigrid Maudrey Daniela Mauritz Dr. Alexander Ortel Mag. Theresa Philippi Mag. Sanela Piralic-Spitzl Mag. Franz Plasser Prim. Dr. Peter Safar Sonja Scheichenberger Hon.Prof. Dr. Robert Schlögel Mag. Brigitte Schütz Mag. Angelika Stadelmann Dr. Ines Stamm Dr. Lucia Ucsnik Banu Wimmer Mag. Hilde Wolf Jadranka Zivanovic

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Beilagen

Beilage 1: Fragebogen zur Erhebung migrant/innen-freundliche Krankenanstalten Beilage 2: Exemplarische Effizienzanalyse

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Beilage 1:

Migrant/innen-freundliche (MF) Krankenanstalten Teil A: Beschreibung der Leistungen: Bitte geben Sie den geschätzten Prozentwert der Umsetzung von MF-Werten in QuartilWerten von 0 bis 4 an: 0 1 2 3 4

1. 2. 3. 4. 5. 6.

keine Umsetzung bis zu 25 % umgesetzt bis zu 50 % umgesetzt bis zu 75 % umgesetzt bis zu 100 % umgesetzt Allgemeine Ressourcen zur Verbesserung der Kommunikation und der Information: Angebote in der Krankenhauseinrichtung Dolmetschangebote in der Krankenhauseinrichtung Telefondolmetschdienst Zusammenarbeit mit externen Dolmetscheinrichtungen Verwendung von sprachkundigen Mitarbeiter/innen Transkulturelle Mediation Andere Angebote (detailliert anführen), z.B. inoffizielle oder Vertretungen von Dolmetschern

0%

bis 25 %

bis 50 %

bis 75 %

bis 100 %

0%

bis 25 %

bis 50 %

bis 75 %

bis 100 %

Informationsmaterial Patient/innen Information in verschiedenen Muttersprachen 8. Patient/innen Information, welche unter Berücksichtigung der kulturspezifischen Aspekte mittels Bildzeichen bzw. mittels Tonband aufbereitet sind (detailliert anführen) 9. Visuelle Beschriftung zur Orientierung der der Krankenhauseinrichtung (Schilder, Bildzeichen) 10. Andere (wenn ja, nähere Beschreibung) 7.

11. 12.

13.

14.

Zugänglichkeit, Kennzeichnung außerhalb der Krankenanstalt, Eingangsbereich Krankenanstalteninformation für zukünftige Patient/innen in verschiedenen Muttersprachen übersetzt Krankenanstalteninformation für zukünftige Patient/innen, welche unter Berücksichtigung der kulturspezifischen Aspekte mittels Bildzeichen bzw. mittels Tonband aufbereitet sind (detailliert anführen) Krankenanstalteninformation für zukünftige Patient/innen, welche in öffentlichen Einrichtungen aufgelegt werden (z.B. in Behörden, Apotheken, Moscheen) Andere (wenn ja, nähere Beschreibung) Seite 21 von 26

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Für den Spitalsaufenthalt

0%

bis 25 %

bis 50 %

bis 75 %

bis 100 %

bis 25 %

bis 50 %

bis 75 %

bis 100 %

bis 25 %

bis 50 %

bis 75 %

bis 100 %

Service Leistungen/Hotelkomponente 15. Bereitstellung der adäquaten Speisen 16. Möglichkeiten der Nutzung von Räumlichkeiten für die jeweilige Religionsausübung 17. Bereiche für Besuchsmöglichkeiten (Familie, mehr als 2 Besucher pro Patient/in) 18. Andere (wenn ja, nähere Beschreibung) Medizinische Behandlung/Krankenpflege 19. Angebot einer genderspezifischen Krankenpflege (bei Nachfrage) 20. Einverständniserklärung seitens der Patient/innen unter Berücksichtigung der sprachlichen Voraussetzungen dafür 21. Transkulturelle Angebote für die psychische Gesundheit 22. Andere (wenn ja, nähere Beschreibung) Entlassung

0%

23. Bereitstellung von Informationen für die Behandlung und für die Nachbehandlung übersetzt in verschiedenen Muttersprachen 24. Bereitstellung von Informationen für die Behandlung und für die Nachbehandlung, welche unter Berücksichtigung der kulturspezifischen Aspekte mittels Bildzeichen aufbereitet sind (wenn ja, nähere Beschreibung) 25. Bereitstellung von kulturspezifischen Empfehlungen und Gesundheitsinformationen für die Entlassung 26. Andere (wenn ja, nähere Beschreibung) MF Patient/innenSchulung/Gesundheitsförderung/Stärkung 27. Bereitstellung von kulturspezifischen Schulungsprogrammen für Patient/innen 28. Bereitstellung von kulturspezifischen Gesundheitsförderungseinrichtungen (wenn ja, nähere Beschreibung)

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0%

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Teil B: MF Betreuung Allgemeine Qualitätssicherung in der Krankenanstalt

ja

nein

ja

nein

ja

nein

ja

nein

ja

nein

29. Verfügt Ihre Krankenanstalt über ein umfassendes Qualitätssicherungssystem? 30. Wenn ja, beschreiben Sie dies näher, z.B. EFQM, ISO, TQM ... 31. Beinhaltet das Qualitätssicherungssystem MF Kriterien? MF Strategien 32. Migrant/innen freundliche Prinzipien als Zielvorgabe/Messgröße als Auftragsbedingung 33. Gesetzliche Vorschriften, welche MF-Strategien vorschreiben und MF-Strategien umfassen 34. (jährlicher) MF Aktionsplan 35. Prozessfestlegung für MF-Strategien (Handbücher, Richtlinien, Standardfestlegungen, Handlungsanleitungen) 36. Strategien zur transkulturellen Fort- und Weiterbildung für Gesundheitsberufe 37. Strategien gegen Diskriminierung 38. Andere (wenn ja, nähere Beschreibung) MF Budget 39. Verfügt die Krankenanstalt für MF-Maßnahmen ein eigenes Budget? Wenn ja, geben Sie den Betrag in Euro pro Jahr an (€ ______________) MF Management/Strukturen 40. Gibt es einen MF Projektverantwortlichen? 41. Gibt es einen multiprofessionell zusammengesetzten MF Arbeitskreis? 42. Gibt es ein MF Netzwerk außerhalb der Krankenanstalt? 43. Beschreiben Sie das Netzwerk hinsichtlich der Zusammensetzung und der Größe MF Marketing Internes Marketing in der Krankenanstalt 44. Gibt es 45. Gibt es für alle 46. Andere

einen Newsletter? eine Liste der MF Kontaktpersonen, welche Bediensteten zur Verfügung gestellt wird? (wenn ja, nähere Beschreibung)

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Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen

Externes Marketing (in der Öffentlichkeit) 47. Gibt es einen Newsletter für die Öffentlichkeit? 48. Gibt es Flyers oder Broschüren für Arztpraxen bzw. für migrant/innen-spezifische Einrichtungen? 49. Andere (wenn ja, nähere Beschreibung)

50. 51. 52. 53. 54. 55.

MF Aus- und Weiterbildung für die Mitarbeiter/innen Gibt es eine MF-spezifische Weiterbildung? Wenn ja, geben Sie eine nähere Beschreibung an zur Verständigung: welche Sprachen und wie erfolgt die weitere Vernetzung? Interkulturelle Kompetenz Spezifische vorherrschende Gesundheitsprobleme der Migrant/innen sowie der ethnischen Minderheiten Zusammenarbeit mit den Dolmetscher/innen Andere (wenn ja, nähere Beschreibung) Dokumentation von migrierten Patient/innen

56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63.

65. 66. 67.

nein

ja

nein

ja

nein

Nach dem Herkunftsland Ethnischer Hintergrund Rechtsstatus Sprachkenntnisse Frühere Tätigkeit Schulbildung Andere (wenn ja, nähere Beschreibung) Werden die Daten analysiert und für die weitere Planung genutzt? Vernetzung und Kooperation

64.

ja

Kooperation mit den Gesundheitsberufen in der Grundversorgung Kooperation mit den Sozialarbeiter/innen der Migrantengemeinden Kooperation mit Migrantenvereinigungen (-verbänden) oder Repräsentanten in den Migrantengemeinden Andere (wenn ja, nähere Beschreibung)

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Beilage 2: Exemplarische Effizienzanalyse: In der Spezialambulanz für Transkulturelle Psychiatrie und Migrationsbedingte Psychische Störungen an der Universitätsklinik für Psychiatrie im AKH (siehe auch Anhang III) wurde aus Anlass der Expert/innenarbeit des Arbeitskreises 3 eine kurze Rohanalyse der gesundheitsökonomischen Auswirkung der Problemsituation in der medizinischen und psychosozialen Versorgung türkischer Migrant/innen erstellt. Methode: Es wurden 20 unselektierte Patient/innen (10 Männer, 10 Frauen) türkischer Provenienz aus der vorhandenen Datenbank entnommen und ihr dort dokumentierter Weg durch die Gesundheitsinstitutionen evaluiert. Ergebnisse: Von dieser Patient/innengruppe hatten 100% eine Vorgeschichte von medizinischen Untersuchungen, Hospitalisierungen, frustranen Therapie-versuchen hinter sich: Ø Ø Ø Ø

Ø

Ø

Ø

4 Frauen und 6 Männer waren fälschlich mit Psychosediagnosen versehen worden. 7 Frauen und 3 Männer hatten als Zusatz- oder Einzeldiagnosen „Hysterie“ oder „histrionische Persönlichkeitsstörung“, wobei diese Beurteilung bei 2 Frauen und 1 Mann zutreffend war. Posttraumatische Belastungsstörungen waren bei 1 Frau und 0 Mann festgestellt worden, zutreffend war diese Diagnose bei 3 Frauen und 4 Männern. Bei 6 Frauen und 5 Männern wurden nun als Haupt- oder Zusatzdiagnosen „somatoforme Störung“ oder „somatoforme Schmerzstörung“ festgestellt. Gerade diese Gruppe (d.h. 55%!) hatte zum Teil bis zu 7 Jahre währende wiederholte frustrane somatische Durchuntersuchungen, in 3/4 der Fälle auch mehrere stationäre von mindestens 7, maximal 41 Tagen je Aufnahme hinter sich. Zusammengefasst ergab sich ein Durchschnitt von 81% überflüssiger Untersuchungsmaßnahmen, die von multiplen Blutabnahmen, wiederholten Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren (Röntgen, Scan, CT’s, CCT’s, MRT’s), mehrfachen Spezialuntersuchungen wie 24h-EKG, EEG, NLG, EMG, nuklearmedizinische Untersuchungen, Lumbalpunktionen usw. gingen, bis hin zu stationären Aufnahmen zur Observanz. In der Regel hatten die betroffenen Patient/innen mindestens 4, bis hin zu 9 allgemeinmedizinische Praxen, mindestens 5, bis hin zu 7 fachärztliche Praxen aufgesucht und mindestens 3 bis hin zu 16 (!) stationären Aufnahmen in Spitälern zur Abklärung oder/und zu Therapieversuchen hinter sich. Von den 10 Frauen waren ursprünglich 5 berufstätig gewesen, von diesen waren zum Zeitpunkt ihrer Vorstellung an der Spezialambulanz 1 im wiederholten Krankenstand, 3 nach langen Krankenständen Seite 25 von 26

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gekündigt und arbeitslos gemeldet und 1 invaliditätspensioniert – somit waren alle 5 zuvor arbeitenden Frauen dem Arbeitsprozess entzogen. Von den 10 Männern waren ursprünglich 10 berufstätig gewesen. Von diesen war 1 weiter selbständig berufstätig, die 9 anderen waren dem Arbeitsprozess entzogen: 2 waren im Krankenstand, 4 waren zum Teil seit Jahren arbeitslos gemeldet und im Notstand, 2 ohne jeden Bezug (von Angehörigen unterhalten) und 1 wegen seines Pensionierungswunsches in einem Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht verwickelt.

Fazit: Von 15 ursprünglich berufstätigen Türk/innen waren aufgrund unzureichend spezifischer medizinischer Leistungen 1 noch berufstätig, die anderen waren auf Sozialleistungen oder Hilfe von Seiten ihrer Familie angewiesen. Die verursachten Kosten im Gesundheitsbudget können nicht einmal annähernd abgeschätzt werden, ebenso wenig jene im Sozialbudget. Darüber hinaus muss festgestellt werden, dass von den betroffenen 20 Personen nur 8 geheilt werden konnten, da die anderen 12 entweder schon zu lange krank waren und in eine Chronifizierung geraten waren, oder, weil keine kulturberücksichtigende und zielführende Therapie organisierbar war (Anfahrtswege, Kosten für Psychotherapie, Wartelisten etc.)

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Nähere Informationen: Die von Frau Bundesministerin Maria Rauch-Kallat eingesetzte Projektgruppe analysiert die Probleme und Defizite in der medizinischen Betreuung von Migrant/innen im intra- und extramuralen Bereich, sowie die psychosoziale Betreuung. Die Ergebnisse und die sich daraus ergebenden Handlungserfordernisse werden in diesem Bericht aufgezeigt.

Bestellmöglichkeiten: Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, Bereich III/A Tel.: +43 1/71100-4139 Fax: +43 1/714 92 22 e-mail: [email protected]

Impressum: Herausgeber, Medieninhaber und Hersteller: Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Radetzkystraße 2, 1030 Wien Für den Inhalt verantwortlich: Hon.Prof. Dr. Robert Schlögel Layout: Helga Kolle Druck: Kopierstelle BMGF, September 2005