Integrierende Konzeption Neckar-Einzugsgebiet

IKoNE Broschüre 20.12.2000 10:05 Uhr Seite 1 Integrierende Konzeption N e c k a r- E i n z u g s g e b i e t IKoNE Broschüre 20.12.2000 10:05 Uh...
Author: Jan Sternberg
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IKoNE Broschüre

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Integrierende Konzeption N e c k a r- E i n z u g s g e b i e t

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Impressum: Verantwortlich für den Inhalt:

Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit IKoNE: Anke Albrecht, Gewässerdirektion Neckar, Bereich Besigheim Werner Gminder, M & V Lampertheim Istvan Pinter, Landesanstalt für Umweltschutz (LfU) Karlsruhe Thomas Riedel, Gewässerdirektion Neckar Werner K. Schultz, Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg Konrad Störk, Regierungspräsidium Stuttgart, Obmann Edmund Strommer, Gewässerdirektion Neckar, Bereich Künzelsau

Gestaltung, Grafik, Satz, Produktion:

Auflage:

Bildnachweis:

DIGITAL ART Werbeagentur, Reutlingen

15.000, gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier, der Umwelt zuliebe

Bild 1: Luftbild Neckar, Stadtplanungsamt Stuttgart, Ute Schmidt-Contag Bild 13: Rudolf Kerndlmaier Alle übrigen Fotos: Gewässerdirektion Neckar, LfU, Regierungspräsidium Stuttgart, Digital Art

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Vorwort

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des Ministers für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg Müller MdL

Wir wissen, dass alle menschlichen Aktivitäten im Einzugsgebiet eines Gewässers das Abflussgeschehen beeinflussen. Bei allen Handlungen gilt es, den Gebietswasserhaushalt zu berücksichtigen und die Folgen zu bedenken. Mit der Integrierenden Konzeption Neckar-Einzugsgebiet (IKoNE) hat das Land einen flussgebietsbezogenen gesamtwasserwirtschaftlichen Handlungsrahmen geschaffen, der auch im Hinblick auf die europäische Wasserpolitik zukunftsfähig ist. IKoNE ist eine offene Konzeption, welche vorsieht, die Aktivitäten aller Beteiligten, vom Land über die Kommunen bis zum einzelnen Bürger, zu integrieren, zu bewerten und zu koordinieren. Jedes große Hochwasser entfacht die Diskussion über Hochwasserminderung oder gar Hochwasservermeidung aufs Neue. Hochwasser lassen sich nicht vermeiden, sie sind vielmehr Teil des natürlichen Wasserkreislaufs. Einfluss nehmen können wir auf den vom Hochwasser verursachten Schadensumfang. Zur Reduzierung der Hochwassergefahr (Hochwassermanagement) haben wir durch technischen Hochwasserschutz schon einiges erreicht. Eine weitere Hochwasserminderung ist möglich, wenn wir Wasser soviel und so lange wie möglich auf und in der Fläche des gesamten Einzugsgebietes eines

jeden Gewässers zurückhalten. Vor allem müssen wir gemeinsam Vorsorge zur Minderung der Schäden durch Hochwasser treffen (Flächenmanagement). Ein Schwerpunkt von IKoNE wird deshalb die Hochwasservorsorge im gesamten Einzugsgebiet sein. Neue Erkenntnisse, wie die Leitlinien der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) für einen zukunftsweisenden Hochwasserschutz, die das Flächenmanagement vor das Hochwassermanagement stellen, müssen konsequent Eingang in die Praxis finden. Auch bei der Gewässergüte und der Gewässerstruktur fangen wir nicht von vorne an. Durch die erfolgreiche Verminderung der Emissionen aus kommunalen und industriellen Kläranlagen treten die diffusen Schadstoffeinträge in die Gewässer über den Luftpfad und aus der Fläche immer mehr in den Vordergrund. Hier gilt es, mit wirkungsvollen Maßnahmen gegenzusteuern. Erhalt und Wiederherstellung naturnaher Bäche, Flüsse und Seen können sich jedoch nicht ausschließlich an der Verbesserung der Wasserqualität orientieren. Dieser in der Vergangenheit schwerpunktmäßig verfolgte sektorale Ansatz ist in einen ganzheitlichen Ansatz „Mensch und Natur“ überzuführen.

qualität und ökologische Fragen müssen unter dem Stichwort „Lebens- und Erlebnisraum Gewässer“ im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung integrierend angegangen werden. Zum Teil müssen dafür weitere Grundlagen erarbeitet werden, denn nur mit den dadurch gewonnenen Erkenntnissen über Wechselwirkungen sind die Gesamtzusammenhänge zu verstehen und mit geeigneten Maßnahmen anzugehen. Daran muss sich letztlich unser Handeln ausrichten. Trotz eindrucksvoller Erfolge am Neckar und seinen Nebenflüssen ist im Einzugsgebiet noch vieles zu verbessern. Wir wollen diese Aufgaben gemeinsam angehen. Ich wünsche mir, dass IKoNE unseren Lebensraum Neckar dauerhaft sichert und damit zur ökologisch-ökonomischen Standortsicherung des Landes beiträgt.

Ulrich Müller MdL Minister für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg

Hochwasserproblematik, Gewässermorphologie, Wasser-

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Vorwort

Gerlinde Hämmerle

Dr. Udo Andriof

Dr. Sven von Ungern-Sternberg Hubert Wicker

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von Frau Regierungspräsidentin Hämmerle und den Herren Regierungspräsidenten Dr. Andriof, Dr. von Ungern-Sternberg und Wicker

Das Flussgebiet des Neckars und seiner Nebenflüsse liegt zwischen dem Schwarzwald und der Schwäbischen Alb, dem Strom-/Heuchelberg und den schwäbisch/fränkischen Waldbergen, dem Lein-ElsenzHügelland und dem Bauland/ Sandstein-Odenwald. Unter den großen Flüssen in BadenWürttemberg nimmt der Neckar eine besondere Stellung ein. Ursprung und Mündung sowie nahezu sein gesamtes Einzugsgebiet liegen innerhalb der Landesgrenzen. Der Neckar und seine Nebengewässer bilden vernetzende und verbindende Elemente in einem Lebens- und Wirtschaftsraum, der mit 13.600 km2 Fläche knapp 40 % der Landesfläche und mit etwa 5 Mio. Einwohnern die Hälfte der Wohnbevölkerung von BadenWürttemberg umfasst. Dem Lebensraum Neckar kommt damit zentrale Bedeutung für die wirtschaftliche Prosperität und die Lebensqualität in Baden-Württemberg zu. Die vier Regierungsbezirke Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen haben jeweils unterschiedlich große Anteile am Neckarflussgebiet und sind dadurch über vielfältige Bezüge miteinander verbunden. Der wirtschaftliche Aufschwung im 20. Jahrhundert führte zu einem schnellen Wachstum der Bevölkerung im Lebensraum Neckar. Er war damit Ursache für Entwicklung und Intensivierung der Gewässernutzungen. Nach verstärkter Besiedlung auch der Talräume wurde Hochwasserschutz lebensnot-

wendig und ermöglichte erst die Nutzung der Talauen als Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrsflächen. Hochwasserschutz ist allerdings nur begrenzt möglich. Wir sind uns des Restrisikos bewusst, das jenseits der Wirkung der Hochwasserschutzmaßnahmen weiterbesteht. IKoNE ist ein gewässerbezogener Handlungsrahmen für Erhalt und Verbesserung der wichtigen natürlichen Standortfaktoren im Lebensraum Neckar. Den IKoNE-Schwerpunktaufgaben • Verbesserung des Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, • Verbesserung des ökologischen Gewässerzustandes, • Verbesserung der Gewässergüte, widmen sich die Regierungspräsidien als Mittelbehörden und die ihnen nachgeordneten staatlichen unteren Verwaltungs- und Sonderbehörden seit jeher mit großem Einsatz und vorzeigbarem Erfolg. Die Sicherung des bereits hohen Standards in den genannten Aufgabenbereichen und die weiter angestrebten Verbesserungen erfordern Bündelung und Koordinierung vielfältiger Fachaufgaben. Es gilt, den gerechten Ausgleich zwischen unterschiedlichen Interessen, beispielsweise zwischen Oberund Unterliegern an unseren Flüssen, herbeizuführen. Die Regierungspräsidien sind bereit, sich mit ihrer gesamten Querschnittskompetenz für diese Koordinierungsaufgabe zu engagieren.

Für das Management des ökologischen und wirtschaftlichen Lebensraumes Neckar ist eine kontinuierliche, ausgewogene, fachübergreifende Bündelung und Moderation zur Verfügung zu stellen, die staatliche, wirtschaftliche, kommunale und private Interessen berücksichtigt und einbindet. Für das Voranbringen und Umsetzen von Konzeptionen in komplexen Interessenfeldern und Handlungsräumen sind die Regierungspräsidien in ihrer Funktion als Mittel- und Querschnittsbehörden zwischen der Ministerialebene, den staatlichen unteren Verwaltungs- und Sonderbehörden und den Kommunen besonders geeignet. Wir wollen uns mit unseren Mitarbeitern und mit den uns nachgeordneten Stellen für den dauerhaften Erfolg von IKoNE einsetzen. Den kommunalen Körperschaften machen wir das Angebot, ihre Interessen und diejenigen der Raumschaft aufzunehmen und in Planungs- und Entscheidungsprozesse umfassend einzubringen. Insbesondere der Hochwasserschutz als dringlichstes Anliegen vieler Städte und Gemeinden wird in seinen drei Bereichen Hochwasservorsorge, technischer Hochwasserschutz und Stärkung des natürlichen Wasserrückhalts von den Regierungspräsidien weiterhin nachhaltig gefördert und unterstützt werden.

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Neckar – unser Lebensraum

IKoNE ist Programm und Herausforderung für alle!

Die Integrierende Konzeption Neckar-Einzugsgebiet (IKoNE) ist ein Handlungsrahmen, der wasserwirtschaftliche Maßnahmen sowie örtliche und überörtliche Planungen integriert und koordiniert.

IKoNE zeigt nicht nur auf, was zu tun ist, sondern auch von wem - vom Land über die Kommunen bis hin zum einzelnen Bürger.

IKoNE spricht jeden an Bürger, Kommunen, Verbände und Behörden - alle, die an und mit dem Neckar und in seinem Einzugsgebiet leben. In gemeinsamer Verantwortung für heutige und zukünftige Generationen gilt es zu handeln, Schutz und Nutzen in Einklang zu bringen, Mensch und Natur gleichermaßen zu würdigen.

• Verbesserung des Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, • Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer, • Verbesserung der Gewässergüte, • Verbesserung der Datengrundlage und Instrumente.

IKoNE berücksichtigt dabei die Vielzahl der bereits abgeschlossenen und geplanten Maßnahmen im Neckar-Einzugsgebiet ebenso wie die künftig noch notwendigen Vorhaben.

• Handeln aus einer Gesamtschau, • Orientierung an den gemeinsamen Zielen, • Partnerschaftliches Zusammenwirken aller Beteiligten.

Bild 1: Der Lebensraum Neckar in Stuttgart 6

Was will IKoNE erreichen?

Wie will IKoNE das erreichen?

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IKoNE betrifft jeden

Neckar-Einzugsgebiet

Gesamtlänge Neckar: 367 km davon schiffbar: 203 km Einzugsgebiet: 13.958 km2

Bild 2: Neckar-Einzugsgebiet

Angesichts der Hochwasserschäden der vergangenen zehn Jahre ist der mittelfristige Schwerpunkt von IKoNE die Hochwasservorsorge im gesamten Einzugsgebiet des Neckars und seiner Nebenflüsse. Außerdem soll die naturnahe Gewässerentwicklung vorangebracht werden. Dazu gehört u. a. ein Niedrigwasserund GewässergüteManagement.

Eine gesamtschauliche Flussgebietsplanung wird auch von der Europäischen Union (EU) gefordert. Sie ist nach den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie aufzustellen. Anders als das Integrierte Rheinprogramm und das Integrierte Donauprogramm bezieht sich IKoNE nicht allein auf den Hochwasserschutz und die ökologischen Verhältnisse des Neckars, sondern auf alle wasserwirtschaftlich relevanten Belange im gesamten Einzugsgebiet.

Neckar-Einzugsgebiet 40 % Baden-Württemberg Nur wenigen ist bewusst, dass das Neckar-Einzugsgebiet 40% der Landesfläche ausmacht und die Hälfte der Bevölkerung dort lebt.

Wassersport und Fischerei. Ganz zu schweigen von der Bevölkerung in den Flusstälern, die tagtäglich an und mit dem Neckar und seinen Zuflüssen lebt und arbeitet: In Siedlungen am Gewässer, in Unternehmen, in der Landund Forstwirtschaft.

Viele erinnern sich an gefährliche Hochwassersituationen am Neckar und seinen Nebenflüssen. Für viele Menschen bedeutet dieses Gebiet aber auch Erholung und Freizeitgestaltung, wie Wandern,

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IKoNE beginnt nicht bei Null

Für die bei Hochwasser kritischen Ortslagen ist der technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Hochwasserschutz weitgehend hergestellt. Die noch bestehenden Lücken gilt es zu schließen. Die Hochwasserschutzanlagen und die Hochwasservorhersagezentrale der Landesanstalt für Umweltschutz (LfU) sind hochwertig und halten einem Vergleich auf nationaler und internationaler Ebene stand. Trotzdem lässt sich noch einiges verbessern und optimieren.

1974

Güteklassen

Auch bei der Wasserqualität und beim ökologischen Zustand unserer Gewässer müssen wir nicht von vorn beginnen. Trotzdem sind aus heutiger Sicht noch nicht alle Probleme befriedigend gelöst.

I I - II II II - III III III - IV IV

unbelastet gering belastet mäßig belastet kritisch belastet stark verschmutzt sehr stark verschmutzt übermäßig verschmutzt

Bild 3: Gewässergütekarte 1974

Um weiterhin die Zweckmäßigkeit des Vorgehens und des Mitteleinsatzes sowie die allgemeine Akzeptanz der notwendigen Maßnahmen zu erreichen, ist ein langfristiger und tragfähiger Konsens der Interessenten und Verantwortlichen über die notwendigen Ziele und ihre Umsetzung erforderlich. Alle Beteiligten müssen ihre jeweiligen Handlungsund Verantwortungsbereiche ausfüllen und partnerschaftlich zusammenwirken – immer die gemeinsamen Ziele vor Augen.

1998

Güteklassen I I - II II II - III III III - IV IV

Bild 4: Gewässergütekarte 1998

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unbelastet gering belastet mäßig belastet kritisch belastet stark verschmutzt sehr stark verschmutzt übermäßig verschmutzt

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IKoNE – eine Agenda

IKoNE – eine Agenda für das Neckar-Einzugsgebiet

Partnerschaft für den Lebensraum Neckar

IKoNE ist eine Agenda für das politische, administrative, wissenschaftliche und private Vorgehen bei der ökologischökonomischen Standortsicherung im Einzugsgebiet des Neckars. Dabei geht es nicht um Visionen und Utopien, die sich nicht umsetzen lassen! Gefragt sind realistische Konzepte, die in einer konstruktiven Partnerschaft erstellt und verwirklicht werden müssen.

Für den Lebensraum Neckar wird eine Partnerschaft angestrebt. In diesem partnerschaftlichen Verbund sollen sich Kommunen, Industrie, Gewerbe, Bürgerinnen und Bürger genauso für den Lebensraum Neckar engagieren wie Interessenverbände, Wissenschaftler, Gewässernutzer, Ingenieure und Architekten.

Jeder soll an seinem Platz und in seinem Verantwortungsbereich die Aufgaben in Angriff nehmen, um als Partner die gemeinsam gesteckten Ziele zu erreichen: • Defizite der Gewässergüte sollen behoben werden. • Unsere Gewässer sollen wieder natürlicher werden. • Hochwasserrisiken sollen durch Vorsorge vermindert werden.

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IKoNE Aktionsprogramme

Aktionsprogramme für den Lebensraum Neckar

Die Bündelung der vielfältigen Aufgaben erfolgt durch Aktionsprogramme.

Maßnahmenbezogen: Unter dieser Bezeichnung werden das Aktionsprogramm Hochwasser sowie die Aktionsprogramme Niedrigwasser, Wärmelast, Gewässergüte und Gewässerstruktur zusammengefasst. Diese Aktionsprogramme zielen unmittelbar auf umsetzbare Maßnahmen.

Grundlagenorientiert: Mit den Aktionsprogrammen Daten und Instrumente werden einheitliche Informationsgrundlagen und Arbeitsinstrumente zur rationellen Bearbeitung und Umsetzung der maßnahmenbezogenen Aktionsprogramme geschaffen.

Langfristige Prognosen: Dieses Aktionsprogramm sieht Analysen langfristiger Entwicklungen vor. Es wird die Grundlagen zur Bewertung der in Zukunft zu berücksichtigenden Veränderungen und Trends liefern und dient damit unserer Zukunftsvorsorge.

Von IKoNE profitieren alle

Integrierende Konzeption Neckar-Einzugsgebiet

Maßnahmenbezogene Aktionsprogramme Wassermenge:

Grundlagenorientierte Aktionsprogramme Daten und Instrumente:

• Aktionsprogramm •Hochwasser

• Aktionsprogramm • Daten

• Aktionsprogramm • Niedrigwasser

• Aktionsprogramm • Instrumente

Wasserbeschaffenheit: • Aktionsprogramm • Gewässergüte • Aktionsprogramm • Wärmelast Gewässerstruktur: • Aktionsprogramm • Gewässerstruktur

Zukünftige Entwicklungen: • Aktionsprogramm Langfristige Prognosen

Bild 5: Allgemeine Struktur der Aktionsprogramme

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Um die Ziele von IKoNE zu erreichen, sind die Maßnahmen der Aktionsprogramme von allen Verantwortlichen und Beteiligten gemeinsam zu realisieren. Davon profitieren wir alle: • die Betroffenen in hochwassergefährdeten Gebieten, • diejenigen, die vor teuren Investitionen in gefährdeten Gebieten bewahrt werden, • die Solidargemeinschaft, die volkswirtschaftliche Schäden vermeidet, • die Erholungssuchenden, • die Urlauber und alle, die hier ihre Freizeit verbringen, • die Wassersportler, • die gewerblichen und industriellen Gewässernutzer.

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Aktionsprogramm Gewässergüte

Ein guter Gewässerzustand zeichnet sich dadurch aus, dass im und am Wasser naturraumtypische Arten in hoher Vielfalt vorkommen.

Voraussetzung hierfür ist eine gute Wasserqualität und ein intakter, unzerstörter Lebensraum. Während heute die Wasserqualität der Flüsse und Bäche dank der enormen Anstrengungen von Land, Kommunen und Industrie überwiegend gut bis zufriedenstellend ist, ist der „Lebensraum Fließgewässer“ vielerorts durch technische Eingriffe stark beeinträchtigt oder sogar zerstört. Der unbefriedigende Zustand dieser Lebensräume ist mit der Grund, dass dort auch bei sehr guter Wasserqualität die naturraumtypischen Arten keinen Lebensraum finden und somit eine hohe Artenvielfalt fehlt.

der hohen Bevölkerungs- und Industriedichte sowie der intensiv betriebenen Landwirtschaft einer extrem hohen Belastung ausgesetzt sind. Zudem liegt ein Großteil des Gebietes im Regenschatten des Schwarzwaldes und ist deshalb wasserarm. Das Verhältnis zwischen anfallendem Abwasser und Gewässerabfluss ist im Einzugsgebiet, insbesondere bei Niedrigwasser, extrem ungünstig. Dem Rhein stehen bei mittlerer Wasserführung 16 m3 Flusswasser für die Aufnahme der täglichen Abwassermenge eines Einwohners zur Verfügung. Im Vergleich dazu muss der Neckar mit nur 2 m3 Flusswasser dieselbe Abwassermenge bewältigen.

Wasserqualität Die Voraussetzungen Das Erreichen der heutigen Wasserqualität bedurfte besonderer Anstrengungen, da die Flüsse und Bäche im Neckar-Einzugsgebiet wegen

Zudem ist der schiffbare Neckar durch die Staustufen zwischen Plochingen und der Mündung für Belastungen besonders anfällig geworden. Den Fischen im Neckar fehlte in den 60er Jahren vor dem Beginn der

1400 1200

1155

großen Sanierung buchstäblich der Sauerstoff zum Atmen. Der Weg Die Sanierung der Wasserqualität im Neckar-Einzugsgebiet erfolgte in zwei großen Schritten: • Zu Beginn der 70er Jahre wurde bei Kommunen und Industrie mit dem Bau und Ausbau von Kläranlagen mit Klärstufen begonnen, die sauerstoffzehrende und gefährliche toxische Stoffe entfernen. • Mitte der 80er Jahre wurden zusätzliche Klärverfahren bei größeren Kläranlagen eingeführt, um die Pflanzennährstoffe Stickstoff und Phosphor aus dem Abwasser zu entnehmen. Die Nachrüstung ist notwendig geworden, um starken Pflanzenbewuchs in unseren Gewässern einzudämmen und die Küstengewässer der Nordsee zu schützen.

Kläranlagen mechanisch/biologisch insgesamt Nitrifikation

1000 887

Nitrifikation und Denitrifikation

800 600 451 374

400

PhosphatElimination

200 0 1950

1955

1960

1965

1970

1975

1980

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1995 1998

Bild 6: Entwicklung der Kläranlagenzahl und Reinigungsverfahren in Baden-Württemberg

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Aktionsprogramm Gewässergüte

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Schwermetalle

Phosphor

60

Ammonium

40

BSB5

Abnahme in %

20

80

Neckar in Mannheim 100

Bild 7: Abnahme der Schadstoffbelastung im Neckar

Heute gibt es allein im Einzugsgebiet des Neckars über 600 kommunale Kläranlagen. Die Gesamtklärkapazität ist auf das Doppelte der Einwohnerzahl ausgelegt, da in vielen Kläranlagen die Abwässer von Gewerbe und Industrie mit behandelt werden.

zwischen Plochingen und Obrigheim Kraftwerke mit einer installierten Leistung von 5.200 MW in Betrieb, ohne dass die einschlägigen Temperatur-Zielwerte im Neckar überschritten werden.

Die Grafik zur Entwicklung der Kläranlagenzahl und Reinigungsverfahren (Bild 6) veranschaulicht das Geleistete auf eindrucksvolle Weise.

Als Resultat der Abwassersanierung verminderte sich im Neckar seit Beginn der 70er Jahre die Belastung durch Schadstoffe erheblich, z.B.: • sauerstoffzehrende Stoffe (BSB5) und Ammonium um rund 80%, • Phosphor und Schwermetalle um etwa 90%, (siehe Bild 7).

Die hohe Wärmebelastung des Neckars durch die Kühlwassereinleitungen der ansässigen Kraftwerke erforderte Maßnahmen zur Reduzierung der Aufwärmung. Hierzu wurden die Wärmeabgaben der „Alt-Einleitungen“ durch Auflagen beschränkt und Kraftwerkneubauten konsequent mit Kühltürmen ausgerüstet. Heute sind am Neckar an acht verschiedenen Standorten

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Das Erreichte

Die Abnahme der Belastung bewirkte wiederum eine Zunahme der für die Gewässerorganismen lebenswichtigen Sauerstoffkonzentration um 30%.

Einhergehend mit dieser erfreulichen Entwicklung wandelte sich die biologische Gewässergüte des Neckars zum Positiven. Überwiegen in der Gewässergütekarte 1974 noch die Farben Gelb, Orange und Rot, die den schlechten Wasserzustand symbolisieren (Bild 3), so dominieren in der Grafik von 1998 die freundlicheren Farben hellgrün und grün (Bild 4). Leider ist eine mäßige Belastung (Güteklasse II) noch nicht überall erreicht. Diese positive Entwicklung wird auch deutlich durch die starke Zunahme der Artenvielfalt von • Fischen 1972: ca. 22 Arten, 1998: ca. 41 Arten, • Kleintieren 1972: ca. 30 Arten, 1998: ca. 100 Arten.

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Aktionsprogramm Gewässergüte

Ein großer Teil der heutigen Belastung stammt aus der Landbewirtschaftung, bei Stickstoff sind es rund 50%, bei Phosphor etwa 40%. Auch steigen zu Anwendungszeiten die Pflanzenschutzmittel-Konzentrationen in den Gewässern stark an und gefährden Flora und Fauna. Ein erheblicher Teil dieser Belastungen ließe sich durch gute landwirtschaftliche Praxis wirksam reduzieren.

Trotz der beachtlichen Erfolge besteht kein Anlass, die Hände in den Schoß zu legen. Lokale Abwasserprobleme, die es zu lösen gilt, bestehen nach wie vor. Bei rund 25% der Gewässerstrecken ist das Ziel, die biologischen Güteklasse II, noch nicht erreicht.

0

10

20

30

40

50

60

70

Mannheim

Edingen

Eberbach

90

80

Neckar-km

Diedesheim

110

100 Gundelsheim

120

130

140 Besigheim

150

160

170

180

190

Ebenso ist der Zustand der scheinbar unbelasteten kleinen Fließgewässer häufig nicht zufriedenstellend. Vielerorts sind sie, obwohl frei von Abwasser aus kommunalen und industriellen Kläranlagen, durch stoffliche Einträge aus der Landwirtschaft, Hauskläranlagen und Regenüberläufe oder durch massive Verbauung in ihrem Gütezustand erheblich beeinträchtigt.

StuttgartMühlhausen

200

210

Plochingen

220

230

Mittelstadt

240

250 Tübingen

260

270

Besonders die Stoffeinträge aus der Landwirtschaft geben Anlass zur Sorge. Diese gelangen über das Grundwasser oder dort wo Gewässerrandstreifen fehlen, durch Abschwemmungen direkt in die Flüsse und Bäche (sog. diffuse Einträge). Daher sind die Konzentrationen der Pflanzennährstoffe in den Gewässern trotz der hohen Investitionen und Erfolge bei der Abwasserreinigung immer noch zu hoch.

280

290

300

310

320

330

340

350

360

Welchen Aufgaben müssen wir uns noch stellen?

Oberndorf

Ursprung

VillingenSchwenningen Rottweil

370

Allerdings ist bei extremem Niedrigwasser im Sommer der Sauerstoffhaushalt des Neckars noch nicht stabil. Deshalb werden zum Erhalt und Schutz der Lebensgemeinschaften zu solchen Zeiten im Neckar Belüftungsmaßnahmen durchgeführt. Ein hierzu erstelltes „NeckarSauerstoffreglement“ sichert, dass bei Sauerstoffmangel bei Flusskraftwerken durch Turbinenbelüftung, an Stauwehren durch Wehrüberfall oder bei Wärmekraftwerken durch Kühlturmbelüftung der Sauerstoffgehalt im Neckar wirksam angehoben wird und Schäden für die Lebensgemeinschaften wie beispielsweise Fischsterben vermieden werden. Dies wird erreicht durch die Zusammenarbeit von Behörden und Kraftwerkbetreibern im Sinne einer Umweltpartnerschaft.

Stand 1970 Stand 1998

Neckar km 370 - 360 360 - 345 345 - 320 320 - 250 250 - 175 175 - 135 135 - 95 95 - 80 80 - 55 55 - 15 15 - 0

Güteklasse 1970 II - III III II - III II III - IV IV III - IV III II - III III IV

Neckar km 370 - 360 360 - 345 345 - 335 335 - 290 290 - 285 285 - 210 210 - 105 105 - 70 70 - 0

Güteklasse 1998

Güteklassen

I - II II II - III II II - III II II - III II II - III

I I - II II II - III III III - IV IV

unbelastet gering belastet mäßig belastet kritisch belastet stark verschmutzt sehr stark verschmutzt übermäßig verschmutzt

Bild 8: Entwicklung der biologischen Gewässergüte im Neckar (Vergleich 1970 mit 1998)

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Aktionsprogramm Gewässerstruktur

Naturnahe Fließgewässer und Talauen sind als Lebensräume im Ökosystem und in ihrer Eigenart schützenswert und bedürfen unserer Hilfe.

Wir alle wollen eine ökologische Verbesserung unserer Gewässer. Dadurch werden langfristig und nachhaltig nicht nur Flora und Fauna profitieren, sondern auch unsere Ansprüche auf eine intakte heimische Natur erfüllt. Naturnahe Bach- und Flusslandschaften mit ihrer Vielfalt und Schönheit bieten uns die Möglichkeit des Naturerlebens, der Erholung und Entspannung. Dies ist gleichbedeutend mit

einem beträchtlichen Gewinn an Lebensqualität.

städtischen Umfeldes Natureindrücke vermitteln.

Gerade im Siedlungsbereich bieten sich hervorragende Möglichkeiten, Lebens- und Erlebnisräume für Mensch und Natur zu verbessern. Flussufer mit ausgeprägter Vegetation bereichern die Ortsbilder, sie gliedern die urban geprägte Umwelt, erhöhen den Erlebniswert und können auch inmitten des

Wichtiges Ziel ist auch, Bäche und Flüsse in ihrer Charakteristik erlebbar zu machen und die Belange von Mensch und Natur zu vereinen. Diese Aufgaben können aber nur bewältigt werden, wenn wir uns alle für eine Lösung engagieren. Das Ziel: Naturnahe Bäche und Flüsse Die bis in vergangene Jahrhunderte zurückreichenden Ausbaumaßnahmen am Neckar und seinen Nebenflüssen zum Zwecke der Flößerei, Schifffahrt, Energiegewinnung und Hochwasserschutz haben die Flüsse stark beeinträchtigt. Von der 3.580 km langen Fließgewässerstrecke, die von der LfU 1992 und 1993 für das Neckar-Einzugsgebiet bewertet wurde, konnten nur noch etwa 24% als „weitgehend naturnah“ bezeichnet werden. Dagegen sind rund 35% mehr oder minder stark beeinträchtigt, rund 41% sind sogar als naturfern einzustufen. Die intensive Nutzung der Gewässer und ihrer Talauen macht eine naturnahe Entwicklung nicht immer und meist nur über lange Zeiträume möglich.

weitgehend naturnah beeinträchtigt naturfern keine Bewertung

Bild 9: Übersichtskartierung des morphologischen Zustandes der Fließgewässer im Neckar-Einzugsgebiet

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Aktionsprogramm Gewässerstruktur

Bild 11: Betoniertes Gewässerbett

Bild 10: Naturnahe Gewässerstrecke

Probleme des Lebensraums Das Gewässerbett Viele Bäche und Flüsse wurden begradigt, Sohle und Ufer befestigt und Querschnitte vereinheitlicht. Einige Fließgewässer sind aus dem Taltiefpunkt verlegt oder verrohrt worden. Viele Gewässer sind durch einheitliche Breiten und Tiefen, monotones Fließen und gerade Linienführung gekennzeichnet. Querbauwerke stellen massive Wanderungshindernisse für Fische und Kleinlebewesen dar. Gewässerrandstreifen stehen dem Fluss oder dem Bach selten zu seiner eigendynamischen Entwicklung zur Verfügung.

Oft grenzen intensiv genutzte Flächen direkt an den Bach und bieten keinen Schutz vor Stoffeintrag. Ein intakter natürlicher Ufergehölzstreifen ist nur in seltenen Fällen vorhanden. Aue Bei vielen ausgebauten Gewässern findet eine natürliche auetypische Überflutung selten oder nicht mehr statt. Dadurch sind Retentionsräume und die Wasserspeicherung für Niedrigwasserzeiten verlorengegangen. Den auetypischen Pflanzen und Tieren wurde der notwendige Lebensraum entzogen.

Bild 12: Gewässer ohne Randstreifen

Einzugsgebiet Durch vielfältige und intensive Nutzung der Gewässer wurde die Abflussbildung und der Wasserhaushalt teilweise drastisch verändert.

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Aktionsprogramm Gewässerstruktur

Entwicklungsziele Ökomorphologie • Erhaltung der natürlichen Abflussdynamik, • Förderung der eigendynamischen Entwicklung, • Schaffung von biologisch aktiven Flachwasser- und Wasserwechselzonen, • Erhaltung und Reaktivierung der Aue als Retentionsfläche mit allen typischen Funktionen, • Schaffen von auewaldähnlichen Strukturen. Für den schiffbaren Neckar im besonderen: • Wiederanbindung von geeigneten Altneckarabschnitten, • Schaffung strukturierter Bereiche mit wechselnden Strömungsverhältnissen außerhalb der Schifffahrts-

Bild 13: Leitbild eines Gewässer mit Auwald

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rinne, vorwiegend in Altneckarabschnitten und in Mündungsbereichen von Nebengewässern. Mindestabfluss • Sicherstellung der Mindestbzw. Niedrigwasserführung in Umleitungsstrecken und Altarmen. Ökologische Durchgängigkeit • Herstellen der ökologischen Durchgängigkeit durch funktionstüchtige Fischpassstrecken oder Umgehungsgerinne und Öffnung von Verdolungsstrecken, • Ökologisch durchgängige Gestaltung der Mündungsbereiche der Seitengewässer zur Vernetzung des Gewässerraumes.

Gemeinsam sind wir stark! Zur Erhaltung und der soweit möglichen Wiederherstellung naturnaher Gewässer leisten die Gewässerdirektionen des Landes einen grundlegenden Beitrag. Sie erstellen umfassende Gewässerentwicklungskonzepte, die sowohl den Aspekt der Wasserqualität als auch den Aspekt des Lebensraums Gewässer berücksichtigen. Auf diesen Entwicklungskonzepten aufbauend werden detaillierte Gewässerentwicklungspläne erstellt, die in der Bauleitplanung zu verankern sind.

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Aktionsprogramm Gewässerstruktur

Bild 14: Gewässerentwicklungskonzept Kocher – Bestand Aue/Talraum

Bild 15: Gewässerentwicklungskonzept Kocher – Entwicklungsplan

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Aktionsprogramm Hochwasser

Seit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert und dem damit verbundenen Bevölkerungswachstum sind die Flusstäler zu bevorzugten Siedlungsflächen geworden.

Die Folgen damals wie heute: Wohngebiete, Verkehrsanlagen und Industrie in Reichweite des Hochwassers. Das Ausmaß der Schäden hat drastisch zugenommen. Ursache dafür ist vor allem die Anhäufung von Werten in hochwassergefährdeten Gebieten, oftmals wider besseren Wissens. Der Hochwasserschutz für neue Siedlungs- und Gewerbeflächen wurde früher weitgehend durch örtliche technische Maßnahmen wie Gewässerausbau und Eindeichung geschaffen. Dies hatte zur Folge, dass natürliche Retentionsräume wegfielen und die Abflüsse beschleunigt wurden.

Mit dem Bau von Hochwasserrückhaltebecken wurde in Baden-Württemberg in den 50er Jahren begonnen. Ziel war damals neben dem Schutz von Siedlungen und Menschen auch landwirtschaftliche Flächen gegen häufige Überflutung zu schützen. Die Wirksamkeit und Bedeutung der bestehenden Hochwasserrückhaltebecken ist unbestritten, denn sie haben sich bei zahlreichen großen Hochwassern bewährt.

Deutlich höhere Schäden sind die Folge.

Der früher bevorzugte technische Hochwasserschutz reicht jedoch nur bis zu bestimmten Wasserständen. Werden diese überschritten, nehmen die geschützten Flächen wieder ihre ursprüngliche Eigenschaft als Überschwemmungsgebiete an.

Die großen Hochwasser in Baden-Württemberg haben zwischen 1978 und 1998 Schäden an privaten und öffentlichen Einrichtungen, Grundstücken und Anlagen von weit mehr als einer Milliarde Mark verursacht.

Hochwasserschäden in Baden-Württemberg

Plochingen

Deizisau

Plochingen Deizisau

Trotzdem schien der zu erwartende Nutzen stets höher als die möglichen Schäden und die damit verbundenen Kosten. Die Hochwasserschäden der vergangenen Jahre und Jahrzehnte belegen, dass diese Rechnung nicht immer aufgeht.

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Bild 16: Siedlungsentwicklung zwischen 1836 und 1990 im Landkreis Esslingen

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Aktionsprogramm Hochwasser

Moderner Hochwasserschutz Hochwasservorsorge

• Flächenvorsorge • Bauvorsorge • Verhaltensvorsorge • Risikovorsorge

Technischer Hochwasserschutz

• Deiche, Mauern • Hochwasserrückhaltebecken, Talsperren • Gewässerausbau

Stärkung des natürlichen Wasserrückhaltes in der Fläche

• Freiflächen, landwirtschaftliche Flächen • Urbane Flächen • Flussauen

Grenzen des Hochwasserschutzes • Hochwasser sind Naturereignisse und vom Menschen nicht zu verhindern • Es gibt keinen 100 %igen Hochwasserschutz Bild 17: Moderner Hochwasserschutz durch Kombinationsstrategie

Hochwasservorsorge Hochwasserschäden lassen sich durch Einflussnahme auf die Nutzungen am Gewässer nachhaltig und schneller begrenzen, als allein mit dem Versuch, Hochwasser durch technische Maßnahmen eindämmen zu wollen. Die Hochwasservorsorge umfasst daher: • Flächenvorsorge, • Bauvorsorge, • Verhaltensvorsorge, • Risikovorsorge.

Flächenvorsorge Zur Flächenvorsorge werden verstärkt Überschwemmungsgebiete ausgewiesen. Flächennutzungs- und Bebauungspläne müssen sich daran orientieren. Überschwemmungsgebiete sind kein Bauland. Bauvorsorge/Objektschutz Eine entsprechend angepasste Bauweise soll es ermöglichen, mit dem Hochwasser zu leben. Hierin liegen die größten Chancen, das Schadenspoten-

tial kurzfristig und dauerhaft zu verringern. Keller und Erdgeschoss sollten so gebaut und genutzt werden, dass bei Hochwasser keine oder nur geringe Schäden entstehen können. Öltanks müssen auftrieb- und drucksicher sein. Mobiliar in diesen Räumen muss mobil bleiben. Die Bauvorsorge ist in erster Linie Sache der Betroffenen. Durch richtige Planung können

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Aktionsprogramm Hochwasser

Hochwasserschäden vermieden werden. Hier sind Kommunen, Architekten, Ingenieure, Versorgungsunternehmen und Bauträger gleichermaßen gefordert. Verhaltensvorsorge Die Zeit zwischen dem Anlaufen eines Hochwassers und dem Eintritt kritischer Hochwasserstände ist zur Schadensvorbeugung und -minderung zu nutzen. Aufgabe der Kommunen und Betroffenen ist es, Hochwasserinformationen in entschlossenes Handeln vor Ort umzusetzen. Die Kommunen müssen • die Bevölkerung nach einem Alarm- und Einsatzplan warnen,

Bild 18: Neckarhochwasser bei Bad Wimpfen 1993

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• die erforderlichen Notmaßnahmen durchführen, steuern und auch üben sowie • Wasserwehren entsprechend technisch ausrüsten. Weil ein vollkommener Hochwasserschutz auch in Zukunft nicht erreicht werden kann, ist eine frühzeitige Hochwasserwarnung und Hochwasservorhersage besonders wichtig. In Baden-Württemberg steht dafür die Hochwasser-Vorhersage-Zentrale bei der LfU als Informations-Instrument für Öffentlichkeit und Verwaltung zur Verfügung. Sie wird bei Überschreiten festgelegter Wasserständen aktiviert und stellt aktuelle Wasserstände und Abflüsse sowie Hochwasservorhersagen bereit.

Risikovorsorge Trotz aller Maßnahmen des natürlichen Wasserrückhaltes, des technischen Hochwasserschutzes und der weitergehenden Hochwasservorsorge bleibt letztlich immer ein Restrisiko einer Überflutung. Dafür gilt es, Risikovorsorge zu treffen. Der Einzelne ist häufig überfordert, für diesen Fall Rücklagen zu bilden. Wie in anderen Lebensbereichen auch, kann die Versicherung ein geeignetes Instrument sein, die Eigenvorsorge zu unterstützen.

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Aktionsprogramm Hochwasser

Technischer Hochwasserschutz Nur wenn vorhandene höherwertige Flächennutzungen in Gewässernähe weiterhin ermöglicht werden sollen, sind technische Maßnahmen wie Deiche, Mauern und mobile Schutzwände oder Hochwasserrückhaltebecken einzusetzen. Sie können aber trotzdem nicht jegliche Hochwassergefahr bannen. Dem Bau großer Rückhaltungen stehen die topografischen und geologischen Verhältnisse am Neckar ebenso entgegen wie die weit fortgeschrittene Bebauung in der Talaue, die Gewässernutzungen für Wirtschaft, Industrie, Verkehrseinrichtungen sowie Trinkwasserschutzgebiete und Abwasserbeseitigungsanlagen. An den Neckarzuflüssen wurde der Schutz gegen Hochwasser jedoch weitgehend durch Bau und Betrieb von Rückhaltebecken oder Beckensystemen verwirklicht. Technischer Hochwasserschutz gibt keine Garantie für absolute Sicherheit. Mit Abflüssen jenseits der nach hydrologisch-statistischen und auch volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten festgelegten Bemessungsabflüsse ist als Folge außergewöhnlicher Niederschlagsereignisse immer zu rechnen. Wer Flächen technisch vor Hochwasser schützt, muss auch das Restrisiko aufzeigen. Wer technischen Hochwasserschutz nutzt, muss auch das Restrisiko akzeptieren.

Dezentraler Hochwasserschutz: Stärkung des natürlichen Wasserrückhalts in der Fläche Darunter versteht man Renaturieren, Versickern, Wiederherstellen von Wasserrückhaltemöglichkeiten in der Fläche und Verlangsamung der Flächenentwässerung. Gesamtschaulicher Hochwasserschutz Es gibt heute keine einseitige Ausrichtung auf einen bestimmten technischen Lösungsansatz. Zeitgemäß ist eine nach den Regeln der Technik erstellte Hochwasserschutzplanung, die als Ergebnis aus einer Variantenuntersuchung vier Optimierungsziele verfolgt. • Möglichst großer Hochwasserschutzzugewinn, • Wirtschaftlichkeit (KostenNutzen-Vergleich), • Minimierung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger, • Ökologische Eingriffsminimierung. Die wasserwirtschaftlichen Planungen für die weitere Verbesserung des Hochwasserschutzes werden verstärkt darauf ausgerichtet, die noch vorhandenen Retentionsräume zu erhalten. Ihre Erhaltung und ihr Schutz dienen gleichzeitig auch den Interessen des Naturschutzes und der Stabilisierung des ökologischen Gleichgewichts.

Hochwasserschutz stehen landesweit in den kommenden Jahren jährlich zusätzlich 10 bis 15 Mio. DM für die Förderung kommunaler Hochwasserschutzmaßnahmen zur Verfügung. Es wird damit möglich sein, die wichtigsten und dringlichsten Hochwasserschutzprojekte in Angriff zu nehmen. Die betroffenen Gemeinden werden durch die Gewässerdirektionen beraten und sollten die noch erforderlichen Planungen rasch in Auftrag geben. Für die Zukunft muss der Unterhaltung und dem Erhalt der bestehenden Hochwasserschutzanlagen entsprechend dem Stand der Technik vor dem Bau umfassender neuer Hochwasserschutzkonzeptionen Vorrang eingeräumt werden. Unser Anliegen muss hauptsächlich sein, Schäden zu verhindern. Deshalb sind die Talauen von hochwassergefährdeten Bauwerken freizuhalten, damit kein zusätzliches Schadenspotential und kein weiterer Bedarf für technische Hochwasserschutzmaßnahmen entsteht. Damit können wir auch den Fluss als Lebensraum schützen und wertvolle Biotope wieder herstellen.

Mit dem 1997 von der Landesregierung beschlossenen erhöhten Mitteleinsatz für den

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Aktionsprogramme Daten und Instrumente

Für alles, was am Gewässer und in seinem Einzugsgebiet getan wird, sind Daten und Instrumente erforderlich. Daten und Instrumente sind die Grundlage eines im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung verantwortlichen Planens und Handelns. Nur damit lassen sich Wirkungszusammenhänge ermitteln bzw. sinnvoll abschätzen und so richtige Entscheidungen treffen.

Messnetze Um die notwendigen Daten zu erhalten, werden vom Land Messnetze errichtet und betrieben. Dazu gehören: • das hydrologische Pegelnetz zur Gewinnung zuverlässiger Datenreihen zu Wasserstand und Abfluss in Gewässern • das Gütemessnetz zur Erfassung des Gütezustandes der Gewässer • das Niederschlagsmessnetz. Nur zuverlässige Werte für Wasserstand und Abfluss sind eine gute Planungsgrundlage

Bild 19: Gewässergüte-Messstation in Stuttgart-Hofen

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z. B. für Maßnahmen des vorsorgenden und des technischen Hochwasserschutzes und für Alarm- und Einsatzpläne für den akuten Notfall. Datenkatalog Alle zur Durchführung von IKoNE erforderlichen Daten, ob vorhanden oder noch zu erheben, wurden bereits zu einem Datenkatalog zusammengestellt. In diesem Katalog ist auch die Herkunft der Daten aufgelistet. Dadurch wird es möglich sein, eine einheitliche Datenbasis zu schaffen.

Instrumente Weitere erforderliche Grundlagen zur Umsetzung von Maßnahmen sind Instrumente, wie z.B. Rechtsgrundlagen oder Modelle. Alle bisher durchgeführten Flussgebietsuntersuchungen im NeckarEinzugsgebiet, die einen Bezug zu Hochwasser aufweisen, sind bereits dokumentiert. Mit einem zur Zeit in Arbeit befindlichen Wasserhaushaltsmodell wird eine Integration dieser Untersuchungen angestrebt.

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Wasserwirtschaftsverwaltung, Dienstleister und Partner Die Wasserwirtschaftsverwaltung ist Ihr engagierter Dienstleister und kompetenter Partner.

Nutzen Sie die Wasserwirtschaftsverwaltung für alle Gewässerbelange – Gewässerökologie, Wasserqualität, Hochwasservorsorge und Hochwasserschutz – • als Ansprechpartner und Berater, • als Partner am Gewässer, • als Zuschussgeber für kommunale Maßnahmen am Gewässer, • als Umweltbeobachter,

• als Auftraggeber für wissenschaftliche Grundlagenarbeit, Planung, Vergabe und Überwachung von Forschungsprojekten, • als Know-how-Stelle für wasserwirtschaftliche Daten und Instrumente, • zur strategischen Konzeptentwicklung, • zur administrativen Umsetzung.

IKoNE kann keine Wunder vollbringen. IKoNE will nicht alles anders machen. IKoNE will dem Richtigen konsequent und besser zur Umsetzung verhelfen.

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Geschäftsstelle IKoNE: Gewässerdirektion Neckar Schlossgasse 6 74354 Besigheim Tel.: 0 71 43 / 376 - 261 Fax: 0 71 43 / 376 - 274 www.IKoNE-online.de