Therapeutische Konzeption der sozialtherapeutischen Facheinrichtung für suchtkranke Menschen

Integra Suchthilfe Etzelwang

Mitglied im Caritas Verband

Gliederung 1.

Vorwort

2.

Zielgruppe

2.1 2.2 2.3 2.4

Indikation Aufnahmevoraussetzungen Aufenthaltsdauer Kostenträger

3.

Zielsetzung der Einrichtung

4.

Therapeutisches Angebot

5.

Medizinische Versorgung

6.

Grundregeln des Zusammenlebens

7.

Das Team

4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9 4.10

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Rahmenprogramm Bezugsgruppen Hausgruppe Wohnraum Strukturierung des Tages Arbeits- und Qualifizierungsmaßnahmen Sport- und Bewegung Kreativgruppe / Beschäftigungstherapie Freizeitgestaltung Realitätstraining

Therapeutische Konzeption der sozialtherapeutischen Facheinrichtung für suchtkranke Menschen

1. Vorwort Das vorliegende Konzept wurde entwickelt zur Behandlung von abhängigen Frauen und Männern. Psychische, physische und soziale Beeinträchtigungen sowie Persönlichkeitsveränderungen als Folge eines meist langjährigen Suchtmittelkonsums werden berücksichtigt. Ziel der sozialtherapeutischen Einrichtung ist es, die Klienten darin zu unterstützen, sich aktiv mit ihren körperlichen, seelischen und sozialen Problemen auseinander zu setzen und maximale Selbständigkeit in Verbindung mit abstinentem Verhalten zu ermöglichen. Die Umsetzung erfolgt mittels einer stabilen Wohnsituation mit psychosozialer Betreuung und einem strukturierten Tagesablauf. Die jeweiligen Maßnahmen werden gemäß der individuellen Hilfebedarfsplanung und –überprüfung gemeinsam erarbeitet.

2. Zielgruppe 2.1 Indikation Aufgenommen werden abhängige Frauen und Männer, auch mit Doppeldiagnosen und mit meist erheblichen körperlichen, psychischen und sozialen Störungen, welche eine langfristige Eingliederung erfordern. Es werden keine Personen aufgenommen werden, die einen primären Pflegebedarf nach SGB XI haben oder über 60 Jahre alt sind. 2.2 Aufnahmevoraussetzungen Es wird ein Aufnahmegespräch mit dem Klienten und ggf. dem Betreuer vereinbart, bei dem die anamnestischen Daten und die Bereitschaft des Klienten, in einer Gemeinschaft abstinent leben zu wollen, ermittelt werden. Weitere Aufnahmebedingungen werden hier festgelegt. Nach der Vorstellung des Klienten, Klärung des Hilfebedarfes und der Kostenfrage kann die Aufnahme in die Einrichtung erfolgen.

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2.3 Aufenthaltsdauer Die Aufenthaltsdauer kann aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungen nicht pauschal festgelegt werden, sondern richtet sich nach dem individuell festgelegten Hilfebedarf (HEB). 2.4 Kostenträger Die sozialtherapeutische Einrichtung ist eine Einrichtung gem. SGBXII (Eingliederungshilfe) des Bezirks Oberpfalz. Die Kosten sind beim örtlich zuständigen Sozialhilfeträger zu beantragen.

3. Zielsetzung der Einrichtung Ziel des Aufenthaltes ist eine soziale Wiedereingliederung unter abstinenter Lebensweise Die angestrebten Ziele sind:  Motivation zu Abstinenz  Einübung und Übernahme einer Tagesstruktur  Erhaltung und Verbesserung der psychischen und körperlichen Verfassung  Aufbau von Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit  Wiedererlangung sozialer Fähigkeiten und Kooperationsfähigkeit  Aufarbeiten von Altlasten wie Schulden, Strafe, Vergangenheitsbewältigung  Wiedererlangung von Eigenverantwortung und größtmöglicher Selbständigkeit  Entwicklung sinnvoller Freizeitgestaltung  Entwicklung realistischer Zukunftsorientierung 4.1 Rahmenprogramm Innerhalb einer geregelten Tagesstruktur wird die Möglichkeit zur Stabilisierung gegeben um eine ausgeglichene Lebensweise zu erreichen. Die individuellen Bedürfnisse werden nach den Grundregeln und Anforderungen einer Gemeinschaft erprobt und (wieder-) erlernt. Jeder Einzelne kann sich mit seiner Abhängigkeit, seinen Beziehungs- und Handlungsmustern auseinander setzen, Grenzen und Möglichkeiten erfahren und eigene Verhaltensweisen reflektieren.

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4.2 Bezugsgruppen Die Bezugsgruppen bilden in der Einrichtung ein Lebens- und Lernfeld. Hier findet der Einzelne Schutz, Solidarität und Geborgenheit, aber auch kritische Reflektion und Konfrontation. In der festen Gemeinschaft wird der Klient beim Aufbau von sozialen Kontakten, der Gewöhnung an einen geregelten Tagesablauf, dem Gewinnen von Einsichtsfähigkeit, Abstinenzmotivation und -fähigkeit sowie dem Erlernen von Selbstsicherheit unterstützt. Angeboten wird ein differenziertes Gruppenangebot nach unterschiedlichen Indikationen für:  Frauen mit Suchtmittelabhängigkeit  Suchtkranke Männer mit polytoxem Drogengebrauch  Männer mit Alkoholabhängigkeit Ausgehend von der persönlichen Suchtgeschichte und psychischen Begleiterkrankungen werden gemeinsam mit dem Klienten/In Ziele und entsprechende Maßnahmen vereinbart und in einem individuellen Hilfeplan festgeschrieben. Dieser wird regelmäßig überprüft und neu vereinbart. Als Methodik dienen Gruppen- und Einzelgespräche mit einer festen Gruppenleitung als Bezugsperson und einem Co-Therapeuten.

Angebot für Frauen In der Frauengruppe besteht ein gruppentherapeutisches Angebot unter Berücksichtigung der speziellen Problematik von Frauen (Sucht, Missbrauchund Gewalterfahrungen, selbstverletzendes Verhalten). Der Wohnbereich der Frauen ist ausschließlich für weiblichen Klientinnen zugänglich ist und wird nur durch weibliche Mitarbeiter betreut.

Angebot für Männer Männer mit polytoxer Abhängigkeit bewohnen einen eigenen Wohnbereich. Im cleanen Umfeld werden Möglichkeiten zur Abgrenzung von der Szene geboten. Die Selbstreflexion, der Abgleich von Realitäten und das Erarbeiten von machbaren Zukunftsperspektiven steht im Mittelpunkt der Arbeit. Für alkoholabhängige Männer finden aktivierende Angebote zur sozialen Wiedereingliederung statt. Es werden im Rückgriff auf vorhandene Fähigkeiten neue Handlungsmöglichkeiten und Perspektiven erarbeitet.

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Gemeinsamer Inhalt aller Gruppenarbeit ist eine realistische Zukunftsplanung. Hierbei werden weiterführende ambulante Betreuungsmöglichkeiten im Rahmen des Suchthilfeverbundes berücksichtigt (Betreutes Einzelwohnen, betreute Wohngemeinschaft, Tagesstruktur, WfbM, Integrationsarbeitsplätze, erster Arbeitsmarkt, Suchtberatung, Selbsthilfegruppen und Fachambulanzen). 4.3

Hausgruppe

Die Hausgruppe ist ein wöchentliches Gesprächsforum für alle Klienten und Mitarbeiter. Reflektion, Organisation, Information und gegenseitiger Austausch über das tägliche Miteinander haben hier ihren festen Platz. 4.4

Wohnraum

Die Klienten bekommen einen möblierten Wohnraum mit separaten Vorraum und Sanitärbereich zur Verfügung gestellt. Hier kann eigenverantwortliches Wohnen geübt werden. Die Reinigung der Zimmer erfolgt unter Anleitung, durch die jeweiligen Bewohner. 4.5

Arbeits- und Qualifizierungsmaßnahmen

Ziel des Arbeitstrainings ist es, neben der sinnvollen Tagesstrukturierung, den Klienten sowohl Erfolgserlebnisse als auch Identifikationsmöglichkeiten zu vermitteln. Außerdem können Fähigkeiten und Fertigkeiten aufgefrischt oder neue Interessen geweckt werden. Es kann aber auch gelernt werden, mit bestehenden Einschränkungen umzugehen. Wichtig ist ebenfalls die Notwendigkeit der Auseinandersetzung bei Arbeiten in der Gruppe, um Konfliktfähigkeit, Frustrationstoleranz und Durchhaltevermögen zu verbessern. Durch ein vielfältiges und differenziertes Arbeitsangebot haben wir die Voraussetzungen geschaffen, sowohl auf die individuelle Leistungsfähigkeit, als auch auf das jeweilige Integrationsziel der Klienten einzugehen. Die verschiedenen Arbeits- und Trainingsbereiche unterteilen sich in folgende Bereiche:

Montage und industrielle Fertigung: Das Betätigungsfeld umfasst einfachen Montage- und Sortierarbeiten bis hin zu komplexen Fertigungen Dabei kann sowohl das Konzentrations- als auch das Durchhaltevermögen und die Feinmotorik trainiert und verbessert werden.

Garten und Grünanlagen: Im Gartenbereich wird das Anlegen und die Pflege von Gärten und Grünanlagen geübt.Hier steht der Umgang mit der Natur und mit natürlichen

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Materialien,bis hin zum erleben der verschiedener Jahreszyklen im Vordergrund.

Holzwerkstatt: Hier wird unter Anleitung eines Schreinermeisters der fachgerechte Umgang mit dem Werkstoff Holz und der vorschriftsmäßige Umgang mit Handwerkzeugen und Holzbearbeitungsmaschinen umgesetzt. Dabei werden die unterschiedlichen Holzarten und Holzwerkstoffe vermittelt und verarbeitet. Es werden Einzelarbeitsschritte wie Schleifen, Fräsen, Bohren, Feilen, Sägen, Verleimen, Hobeln intensiv trainiert bis zu einer Zusammenführung bei der Erstellung von aufwendigen und komplexen Werkstücken.

Küchentraining: Im Bereich des Küchentrainings wird unter Anleitung und Begleitung von Fachkräften der sachgerechte Umgang mit Lebensmitteln sowie die Zubereitung von Speisen eingeübt. Hier werden Grundlagen im Hygieneverhalten, das Erstellen eines Speiseplans bis zur Zubereitung einer kompletten Mahlzeit trainiert.

Hauswirtschaft: Im Hauswirtschaftstraining werden unter Anleitung Hygienestandards zur Zimmer- und Raumhygiene sowie der persönlichen Wäschepflege vermittelt.

Qualifizierungsnachweis: Es ist möglich, in den Bereichen Küchentraining, Holzwerkstatt, Garten / Grünanlagenpflege und industrielle Fertigung entsprechend seiner Leistungsfähigkeit und seinem individuellen Eingliederungsziel einen Qualifizierungsnachweis zu erwerben. 4.7

Sport- und Bewegung

Die Körpererfahrung bis hin zu sportlicher Betätigung - in gestufter Form besitzt einen hohen Stellenwert. Der Störung des Körpergefühls, der häufig anzutreffenden Ablehnung des eigenen Körpers sowie Einbußen in der Leistungsfähigkeit wird durch sportliche Betätigung begegnet. Hier bietet sich ein kommunikatives, kreatives, aber auch belastungssteigerndes und willensbildendes Betätigungsfeld. Hierzu gehören gesundheitsfördernde Maßnahmen wie spezielle Bewegungsprogramme (wie z.B.: Rückenschule), Gymnastikgruppen, Hallen-

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und Mannschaftssport, Spaziergänge, Meditation und Entspannungstraining. 4.8

Kreativgruppe / Beschäftigungstherapie

Die Beschäftigungstherapie soll Klienten die Möglichkeit verschaffen, durch handwerkliches Gestalten neue Aspekte der Persönlichkeit zu erfahren. Durch den Umgang mit verschiedenen Techniken und Werkstoffen, wie z.B. Töpfern, Malen oder Holzarbeiten erfährt der Patient so neue Kompetenzen und lernt, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, Spannungen und Ängste abzubauen und Mut zu fassen, um neue Dinge auszuprobieren. Die Beschäftigungstherapie findet daher im Gruppenrahmen statt. Die durch die Arbeit ausgelöste Gefühle und Handlungen werden in anschließenden Gesprächen aufgearbeitet. Kernthema dieser Aufarbeitungen ist zumeist die Umgestaltung negativer Selbstwahrnehmung in Selbstannahme. Voraussetzung hierfür ist oftmals, die Differenz zu überbrücken, die zwischen dem Ich- Ideal des Klienten und seiner eigenen Akzeptanz steht. Im Rahmen unseres Wochenplanes wird die Beschäftigungstherapie als Projektarbeit in der Freizeit angeboten. Da sie sich vom Arbeitsbereich mit Leistungsanspruch klar unterscheiden soll, finden die Angebote nach dem Abendessen statt, die Teilnahme ist freiwillig und auf das jeweilige Projekt bezogen. 4.9

Freizeitgestaltung

Zu einem zufriedenen Leben gehört neben dem Faktor Arbeit und Pflicht eine sinnvolle, anregende Freizeitgestaltung. Das Freizeitprogramm dient der Schaffung von Grenzsituationen, in denen die Klienten sich, anderen Mitmenschen und der Natur machen können. Die Bedeutung liegt vor allem darin, dass sich die Teilnehmer auf dem Hintergrund eines handlungsbezogenen und problemlösenden Lernens sich selbst entdecken, eine realistische Selbst- und Fremdeinschätzung des Handelns entwickeln, Ängste überwinden und Emotionen kontrollieren sowie ermutigt werden, selbstbewusster auf zukünftige Anforderungen zu reagieren. Ein vielfältiges, wiederkehrendes Programm soll allen Klienten die Teilnahme zumindest punktuell ermöglichen. Erlebnispädagogische Aktivitäten finden statt in Form von Wanderungen, Exkursionen, mehrtägigen therapeutischen Freizeitfahrten, Übernachtungen in der Natur, Kanufahrten. Im Vordergrund steht hier nicht nur das Schaffen von Grenzsituationen, sondern auch Aspekte wie Natur, Erlebnis, Bewusstsein, Gemeinschaft, Bewegung sowie das Fördern von zwischenmenschlichen Beziehungen.

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4.10

Realitätstraining

Ziel ist die Vermittlung von Kompetenzen, welches die Klienten im alltäglichen Leben einsetzen können. Dies geschieht in gemeinsamen Tun, Rollenspielen, Quiz und Gesprächsrunden. Je nach Bedarf der Klienten sind die einzelnen Themenbereiche gestaffelt und bauen evtl. auch auf einander auf.

5. Medizinische Versorgung Die Aufgabe des medizinischen Dienstes ist es, die Klienten individuell entsprechend ihrer körperlichen Verfassung und den krankheitsbedingten Folgeschäden zu begleiten, anzuleiten und zu unterstützen. Es wird eine kontinuierliche Erfassung und Beobachtung des allgemeinen Gesundheitszustandes gewährleistet. Wenn eine medizinische Behandlung notwendig ist, wird sie in Zusammenarbeit mit Fachärzten, Kliniken, Fachambulanzen der Bezirkskrankenhäusern und Beratungsstellen organisiert.

6. Grundregeln des Zusammenlebens Das Leben in der Suchthilfe-Einrichtung findet in der Gemeinschaft statt. Dies erfordert gegenseitige Rücksichtnahme und die Bereitschaft zu Eigenverantwortlichkeit. Deshalb sind die Einhaltung der Hausordnung und die verbindliche Teilnahme am Therapieplan die Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen Bewohnern und Therapeuten.

7.

Das Team

Das Team hat die Aufgabe, das vorliegende Konzept umzusetzen und mit Leben zu erfüllen. Hierzu bringen alle Mitarbeiter neben einer guten beruflichen fachspezifischen Qualifikation noch eine ausgeprägte Fähigkeit zum selbständigen und zielorientierten Arbeiten mit Das Mitarbeiterteam aus Sozialpädagogen, examinierten Krankenpflegekräften, Hauswirtschaftsfachkräften, Arbeits- Beschäftigungstherapeuten und Verwaltungsangestellten arbeitet interdisziplinär zusammen. Teamgespräche, Fallbesprechungen, Teamsupervisionen, Klausurtagungen mit Austausch von organisatorischen und inhaltlichen Informationen sind Bestandteil der Arbeit. Interne und externe Fortbildungen werden regelmäßig wahrgenommen.

Jürgen Schmidt Geschäftsführende Leitung

Franz Geis

Geschäftsführende Leitung

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