Inklusion und Urteilsbildung im Politikunterricht

60 W O C H E N S C H A U S E K . I + II POLITIKUNTERRICHT Katharina Studtmann Inklusion und Urteilsbildung im Politikunterricht Wie kann inklusive...
Author: Sigrid Jaeger
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POLITIKUNTERRICHT

Katharina Studtmann

Inklusion und Urteilsbildung im Politikunterricht Wie kann inklusiver Politikunterricht gelingen? Illustriert anhand einer exemplarischen Unterrichtssequenz zum Thema „Hassparolen im Internet“ stellt sich der folgende Beitrag dieser Frage und kommt zu dem Katharina Studtmann Studienrätin für Politik, Geschichte, Ethik und Deutsch sowie Lehrkraft im Arbeitsbereich Politikdidaktik am Otto-SuhrInstitut der Freien Universität Berlin

Schluss: Inklusiver, urteilsbildender Politikunterricht ist erfolgreich, wenn er bei der Auswahl der Lern­inhalte die Kriterien Adressaten-, Handlungs- und Lebensweltorientierung sowie Exemplarität berücksichtigt und den Lerninhalt unter Beachtung der Aspekte Elementarisierung, Medienvielfalt, Leichte Sprache, Binnendifferenzierung sowie Strukturgebung vermittelt. Die Erweiterung von Handlungs- und Urteilskompetenz in enger Anbindung an die eigene Lebenswelt ist dann auch bei Lernenden mit Förderbedarf möglich.

Einleitung Inklusion und Politikdidaktik „Inklusion ist ein in allen gesellschaftlichen Teilbereichen vernetzt verlaufender Wandlungsprozess, der darauf abzielt, jedem Menschen in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen auf Grundlage seiner individuellen Bedarfe Zugang, Teilhabe und Selbstbestimmung zu ermöglichen“ (Besand/Jugel 2015, S. 53). Seit 2013 widmet sich auch die Politikdidaktik verstärkt der Inklusion (u. a. im „Zentrum für inklusive politische Bildung“ in Dresden) und sieht sich in der Pflicht, Politikunterricht „barrierefrei“ zu planen.

Ziele und Prinzipien eines inklusiven und urteilsbildenden Politikunterrichts

Mündigkeit

© Grafik: Studtmann

Urteils- und Handlungskompetenz

Strukturgebung, Medienvielfalt, Leichte Sprache, Elementarisierung, Binnendifferenzierung

Inklusiver und urteilsbildender Politikunterricht Exemplarität, Handlungs-, Lebenswelt-, Adressatenorientierung

Dazu müsse die Didaktik der politischen Bildung nicht grundlegend neu erfunden werden, sich aber wandeln und folgenden Fragen stellen: „Wie aber soll und muss sie (die Didaktik der politischen Bildung) verändert werden, damit politische Bildung auch in der Praxis inklusiv werden kann? Und welche Auswirkungen hat dies auf die Auswahl, Legitimation und Transformation von Lerninhalten der politischen Bildung und deren Verknüpfung mit Methoden und Medien?“ (Dönges u. a. 2015, S. 11) Die folgende Unterrichtssequenz für eine reale Lerngruppe mit einer Mehrheit von Lernenden mit Förderbedarf* greift diese Fragen auf und zielt darauf ab a) „gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand“ (Kahlert 2015) zu ermöglichen und b) Politikunterricht „barrierefrei“, kompetenzorientiert sowie binnendifferenziert zu gestalten. Da letztlich jede Lerngruppe eine (mehr oder weniger ausgeprägte) Heterogenität aufweist und die Inklusion einen Auftrag an alle Schulformen darstellt, bietet die Unterrichtssequenz exemplarische Überlegungen und Hinweise an, die Lehrerinnen und Lehrer jeglicher Schulformen als Anregung dienen können. Lerngruppe Der Ausgangspunkt der praxisbezogenen Perspektive ist eine Unterrichtssequenz, die am Arbeitsbereich Politikdidaktik der Freien Universität Berlin im Rah* Die Lerngruppe ist nicht im weiten Sinne der oben zitierten Definition inklusiv, sondern nur in Bezug auf das Merkmal „Förderbedarf“.

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men eines studentischen Unterrichtsprojektes** geplant und in einer Lerngruppe*** an einem Berliner Oberstufenzentrum mit sonderpädagogischen Schwerpunkt durchgeführt wurde. Die Autorin hat die Sequenz anschließend reflektiert und überarbeitet. Die Lerngruppe umfasst 19 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 15 und 19 Jahren, von denen nur drei über einen Schulabschluss verfügen. Einen besonderen Förderbedarf (Geistige Entwicklung, Emotionale-Soziale Entwicklung oder Förderbedarf Lernen) weisen 14 Jugendliche auf, unter ihnen sind zwei Autisten und drei Schülerinnen und Schüler mit ADHS-Diagnose. Außerdem sind sechs von ihnen keine deutschen Muttersprachler und zwei Jugendliche sind bereits Mütter. Die Schülerinnen und Schüler besuchen einen zweijährigen berufsqualifizierenden Förder-Lehrgang (BQL-FL). Ziel ist es, sie zu einem grundlegenden Schulabschluss (Berufsbildungsreife (BBR)) oder Erweiterte Berufsbildungsreife (eBBR)) zu führen, um sie dann in einen Ausbildungsplatz zu vermitteln.

Die Auswahl und Legitimation von Lerninhalten Die Leitfrage des Projekttages lautet: „Hassparolen im Internet – Wie weit reicht die Meinungsfreiheit?“. Mit dieser Leitfrage wird der Grundrechtskonflikt zwischen der Menschenwürde und der Meinungsfreiheit exemplarisch anhand eines konkreten Falls mit hohem Lebensweltbezug beleuchtet. ** Ich danke den Studierenden Diana Gent, Hari Sriramalu, Jan Peters und Claudia Zink ausdrücklich, dass sie mir ihre Planungen sowie ihre Materialien für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt haben. *** Mein herzlicher Dank gilt ebenso Urte Gladigau, die uns Ihre Lerngruppe für die Erprobung dieser Unterrichtssequenz zur Verfügung gestellt hat und unsere Reflexion mit ihrer langjährigen Erfahrung im Unterrichten von SuS mit Förderbedarf tatkräftig unterstützt hat.

Der authentische Fall Im Juli 2015 organisierte die Freiwillige Feuerwehr Feldkirchen an der Donau in Oberösterreich eine Abkühlung für Flüchtlinge per Wasserdusche und hieß sie mittels dieser Überraschung willkommen. Das Foto der unbeschwerten Dunja stellte die Feuerwehr ins Netz, der Radiosender Kronehit berichtete über die Aktion und postete das Foto auf Facebook, worauf viele Menschen mit positiven Kommentaren und Likes reagierten. Allerdings erschien von einem anonymen User auch der Beitrag: „Flammenwerfer währe (sic!) da die bessere Lösung“. Wie sich später herausstellte, stammte der, inklusive Rechtschreibfehler, von dem 17-jährigen Porsche-Azubi Jürgen H. aus Wels. Der Arbeitgeber wurde von einem anderen Face­ book-Nutzer informiert und kündigte seinem fremdenfeindlichen Azubi fristlos. Diese Form der Diskriminierung sei absolut inakzeptabel, ein 17-Jähriger müsse sich der Tragweite einer solchen Äußerung bewusst sein, hieß es in der Begründung. Die Tatsache, dass Jürgen H. den Kommentar gelöscht, sich im Internet dafür entschuldigt und angekündigt hatte, einen Tag in einem Flüchtlingsheim zu verbringen, änderte nichts am Entschluss des Arbeitgebers. Auswahlprinzip Exemplarität Der ausgewählte Fall erfüllt das didaktische Prinzip der Exemplarität, da er die Frage nach den Grenzen der Meinungsfreiheit aufwirft. Exemplarisch ist er auch für die deutlich steigende Zahl rassistischer, fremdenfeindlicher und rechtsradikaler Äußerungen im Internet. Die Kündigung seitens des Arbeitgebers ist zwar auch nach deutschem Recht möglich, aber in ähnlichen Fällen in dieser Konsequenz nicht vollzogen worden. Sie zeigt aber deutlich, dass auch zunächst anonyme Facebook-Postings durchaus juristische Folgen haben können. Auswahlprinzip Adressatenorientierung Das ausgewählte Fallbeispiel wird dem Prinzip der Adressatenorientierung in mehrfacher Weise gerecht. Das Politische wird aus der erfahrungsfernen Makrowelt in die Mikrowelt der Schülerinnen und Schüler überführt. Das veranschaulichende Beispiel ist bewusst so gewählt, dass es möglichst nah an die Lebenswelt der Lernenden herankommt und somit für sie relevant ist. Die gerade für inklusive Lerngruppen immer wieder geforderte Lebensweltorientierung (Calmbach/Borgstedt 2012) der Lern­ inhalte spiegelt sich zudem im Bezug auf die sozialen Medien, dem Kommunikationsmedium der Jugendlichen, wider. Ebenfalls erfüllt wird der Aspekt der Authenzi-

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tät, da es sich um ein reales Beispiel handelt. Auch die in der Podiumsdiskussion der Unterrichtssequenz vertretenen Rollen sind keine fiktiven, sondern beziehen sich auf existierende Personen (s. S. xx). Legitimation von Lerninhalten Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) formuliert in Artikel 24, Absatz 1c die Befähigung zur wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft als Bildungsziel für Menschen mit Behinderung. Mit der Forderung, eine gleichberechtigte Partizipation an politischen Prozessen zu ermöglichen, ist die UN-BRK eng mit der Kernaufgabe jeglicher politischer Bildung, der „Entwicklung politischer Mündigkeit“ (GPJE 2004, S. 9), verbunden. Politische Mündigkeit ist aus der Sicht des Einzelnen eine Bedingung für erfolgreiche Partizipation. Sie ist aber auch aus gesamtgesellschaftlicher Sicht für die Erhaltung und Weiterentwicklung einer demokratischen politischen Kultur und eines demokratischen politischen Systems eine unerlässliche Zielperspektive schulischer Bildung (GPJE 2004, S. 9). Voraussetzung zur Teilhabe an unserer demokratischen Gesellschaft ist es, fundamentale (und mitunter auch konkurrierende) Werte wie die Grundrechte „Menschenwürde“ und „Meinungsfreiheit“ durch lebensweltnahe Beispiele kennenzulernen. Der hier dargestellte Projekttag ist ein Baustein zur Entwicklung politischer Mündigkeit, da er mit der Urteilsbildung der Jugendlichen abschließt. In Form eines Facebook-Posts formulieren sie ein begründetes Urteil zur Leitfrage und praktizieren so – wenn auch in simulierter Form – gesellschaftliche Teilhabe durch öffentliche Meinungsäußerung.

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Weitere Legitimation erfährt der Lerninhalt mit Blick auf die Konzeption der Basis- und Fachkonzepte (Weißeno u. a. 2010), von denen er zuallererst die Menschenwürde thematisiert, zugleich aber auch Bezüge zu den Fachkonzepten Grundrechte, Demokratie, Rechtsstaat, Gemeinwohl, Freiheit und Massenmedien herstellt.

Didaktische Reduktion Bei der Aufbereitung des gewählten Fallbeispiels kommt es – speziell bei einer inklusiven Lerngruppe – auf die Reduzierung von Komplexität an, ohne allerdings die Wirklichkeit zu verfälschen. In diesem Fall geschieht dies, indem nur die grundlegenden Fakten vermittelt werden und auf Rand­akteure des Fallbeispiels verzichtet wird. Es werden ferner nur die zentralen, für den Fall relevanten Gesetzestexte in einer gekürzten Fassung ausgewählt. Der Entwicklung einer kompetenzorientierten (Detjen u. a. 2012) und progressiven Lernschrittfolge sowie der passenden Medien- und Materialauswahl kommen im Folgenden die Aufgabe zu, den lebensnahen, authentischen und didaktisch reduzierten Lerninhalt in motivierender, verständlicher und zugänglicher Weise der Lerngruppe präsentieren.

Die Vermittlung von Lerninhalten Struktur geben In einer inklusiven Lerngruppe ist es besonders wichtig, dass der Unterricht weder inhaltlich noch methodisch überfrachtet ist, sondern einer klaren Struktur folgt. Diese ist hier durch die Einteilung eines Projekttages in drei 90-Minuten-Blöcke mit jeweils einer didaktischen Funktion gegeben und sollte den Schülerinnen und Schülern auch transparent gemacht werden. Die übergreifende Leitfrage bildet den verbindenden Rahmen für den gesamten Projekttag. Regelmäßige Sozialform- und Arbeitsformwechsel sind zu empfehlen, einzelne Arbeitsphasen sollten in der Regel nicht länger als ca. 20 Minuten dauern. Lernschrittfolge einer kompetenzorientierten Unterrichtssequenz Im ersten Unterrichtsblock (s. Tabelle auf S. xx) lernen die Jugendlichen das Fallbeispiel mithilfe eines Fotos und eines kurzen Nachrichtenvideos kennen. Außerdem machen sie sich mit den zugrundeliegenden Rechten und Gesetzen, die in der Bewertung dieses Falls Anwendung finden, vertraut. Darauf aufbauend erarbeiten die Schülerinnen und Schüler sich im zweiten Block in Kleingruppen eine von vier verschiedenen Positionen: Andreas Haffner (Vorstandsmitglied für Personal- und Sozialwesen bei Porsche) und Maurice Stierl (Politikwissenschaftler und Flüchtlingshelfer) verteidigen die Entlassung, die Menschenwürde hat für sie mehr Gewicht als die Meinungsfreiheit. Die Mutter von Jürgen H. und Tobias Schwarz (Blogger und Netzaktivist) kritisieren die

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Entlassung, letzterer mit Bezug auf die Meinungsfreiheit. In einer Talkshow vertreten einzelne Jugendliche die vier Positionen und erhalten von ihren Mitschülern Rückmeldungen dazu. Im letzten Block formulieren die Lernenden in Form eines Facebook-Posts ihr eigenes Urteil zu der Entlassung Jürgen H.s und

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damit auch zu der Frage nach dem Verhältnis zwischen Meinungsfreiheit und Menschenwürde. Zudem vollbringen die Schülerinnen und Schüler eine Transferleistung, indem sie diskutieren, inwiefern das Gelernte mit ihrem eigenen Leben zu tun hat. Abschließend reflektieren sie ihren Lernprozess.

Block 1

Block 2

Block 3

Leitfrage

Das Hassposting von Jürgen H. – Schützt Anonymität vor Strafverfolgung?

Job verloren wegen Facebook-Posting – Wie weit reicht die Meinungsfreiheit?

Job verloren wegen FacebookPosting – Deine Meinung ist gefragt!

Funktion

Einstieg, Information

Analyse, Talkshow als handlungsorientierte Anwendung

Urteil, Transfer, Metakommunikation

Medien

Foto, Video, Gesetzestexte, Schaubild

Argumente- Karten, Formulierungshilfen

Post-Arbeitsblatt, Aufkleber, Ampelkarten

Sozialform

Unterrichtsgespräch, Partnerarbeit, Einzelarbeit

Gruppenarbeit, Durchführung einer Talkshow, Unterrichtsgespräch

Unterrichtsgespräch, Einzelarbeit

Kompetenzbereich

Fachkonzepte

Analysekompetenz, Politische Handlungskompetenz, Methodenkompetenz

Politische Urteilskompetenz, Methodenkompetenz,

Urteils- und Handlungskomptenz auch für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf Die Darstellung der Lernschritte macht deutlich, dass das Ziel dieser Unterrichtssequenz die Förderung politischer Urteilsbildung und politischer Handlungsfähigkeit ist. Ganz im Sinne Kahlerts werden also auch angesichts einer Lerngruppe mit vielen Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf keine Abstriche in Bezug auf diese beiden entscheidenden und zugleich anspruchsvollen Ziele des Politikunterrichts gemacht: „So ist die von der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Artikel 24 geforderte Befähigung zur ‚wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft‘ eng mit der Kernaufgabe politischer Bildung verbunden: ‚Entwicklung politischer Mündigkeit‘ (GPJE 2004, S. 9). Die dazugehörenden Kompetenzen, wie wissensund wertebasierte politische Urteilsfähigkeit, interessenbewusstes und kompromissfähiges Handeln sowie methodische Fähigkeiten (GPJE 2004, S. 13 ff., Detjen 2013, Massing 2013, Sander 2013), markieren den didaktischen Zielhorizont für einen politisch

bildenden Umgang mit Heterogenität, die in einem inklusionsorientierten Unterricht vielfältig ausgeprägt ist und auch großer Dynamik unterliegen kann“ (Kahlert 2015, S. 183). Urteils- und Handlungskompetenz können jedoch nur erfolgreich erweitert werden, wenn die Medien, Methoden und Sozialformen adressatengerecht und binnendifferenziert gestaltet werden, sodass den Lernenden eine schrittweise Kompetenzerweiterung ermöglicht wird. Schieles bereits 2009 erhobene Forderung nach der Elementarisierung politischer Bildung hat dabei gerade für inklusive Lerngruppen große Bedeutung. Dazu zählt neben dem Erwerb von Grundeinsichten in die Politik einer demokratischen Gesellschaft auch die Forderung der adressatenorientierten Medienwahl: „Bildungsangebote müssen verständlich formuliert werden und Medien nutzen, die die Zielgruppe ansprechen“ (Schiele 2009).

© Studtmann

Hassparolen im Internet – Wie weit reicht die Meinungsfreiheit?

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Die Medien- und Materialauswahl Auf adressatenorientierte und vielfältige Medien legt die vorgestellte Unterrichtssequenz folgerichtig ein besonderes Augenmerk. „Klassischer“ Politikunterricht ist in der Regel stark textbasiert. Im inklusiven Politikunterricht ist Medienvielfalt ein wichtiges Element. Visuell-räumliche Aufgaben anhand von (Schau-)Bildern oder Filmen sollten mit phonologischen Aufgaben wie beispielsweise Textarbeit oder Diskussionen abwechseln. Fotos als Einstieg Die Collage aus dem Foto der unbeschwerten Dunja und dem fremdenfeindlichen Kommentar Jürgen H.s ermöglicht einen visuellen und durch die Provokation motivierenden Einstieg. Foto und Kommentar sprechen in ihrer Gegensätzlichkeit auch emotional an und bieten einen Anstoß, Fragen zu stellen und ins Gespräch zu kommen. Die Thematik des Fallbeispiels ist in dieser Collage enthalten, die Leitfrage der Unterrichtsreihe kann mithilfe eines Videos formuliert werden.

„Flammenwerfer währe da die bessere Lösung“

© Foto: Freiwillige Feuerwehr Feldkirchen an der Donau

(Facebook-Post eines Porsche-Azubis)

Binnendifferenzierte Arbeitsblätter zur Auswertung des Videos Verschiedene Arbeitsblätter auf unterschiedlichen Niveaus und mit je nach Lerntyp differenzierten Gestaltungen sind hier möglich: einfache, stark visuelle Variante – Storyboard Das Arbeitsblatt greift mittels Screenshots wichtige Stationen und Personen des Videos heraus. Die Fotos werden mit Stichpunkten beschriftet. mittlere, vorstrukturierte Variante – Fließdiagramm anspruchsvolle, kaum vorstrukturierte Variante – Mindmap oder W-Fragen Bei allen Arbeitsblättern sind ein klares Layout und präzise, an Beispielen veranschaulichte Aufgabenstellungen entscheidend. Eine strukturierende und die Orientierung unterstützende Kopfzeile ist selbstverständlich. Sich wiederholende Aufgaben- und Lernproduktformate, die an bereits bekannte Aufgaben anknüpfen, geben den Lernenden Sicherheit. Arbeit mit Gesetzestexten Auch in inklusiven Lerngruppen kann im Politikunterricht nicht gänzlich auf (die häufig unbeliebte)Textarbeit verzichtet werden. Zur inhaltlichen Beurteilung des ausgewählten Fallbeispiels ist das Wissen um die Meinungsfreiheit, die Menschenwürde, die Volksverhetzung sowie die Treuepflichten von Arbeitnehmern unbedingt erforderlich. Verschiedene Formen der Textpräsentation sind möglich: im Original-Wortlaut, gekürzt oder in vereinfachter Sprache. Die Lehrkraft entscheidet, in welcher Fassung (bzw. binnendifferenziert in welchen Fassungen) sie den Text ihren Schülerinnen und Schülern präsentiert, was in der Tabelle auf S. xx an Art. 5, Abs. 1 GG verdeutlicht wird.

Video zur Information Mittels des dreiminütigen Nachrichtenvideos (www. youtube.com/watch?v=clCrlDMcFPU) aus der WDRSendung „Aktuelle Stunde“ informieren sich die Jugendlichen über das Fallbeispiel. Es ist als audiovisuelles Medium motivierend, bietet seriöse Informationen in sachlicher und knapper Form und kann wegen seiner Kürze auch mehrfach angesehen werden. Anhand eines binnendifferenziert gestalteten Arbeitsblattes wird es ausgewertet und so sichergestellt, dass die Schülerinnen und Schüler mit den Fakten des Fallbeispiels vertraut sind.

© Fotolia

Unterstützung durch Bilder

© dpa

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Eine weitere Möglichkeit, Textverständnis zu unterstützen, ist die Arbeit mit Bildern. Sie rufen Assoziationen und Vorwissen wach, dienen zur Illustration oder lassen sich als Zuordnungsaufgabe einsetzen.

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Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit (Art. 5, Abs. 1 GG) Text im Original-Wortlaut

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Gekürzter Text im Original-Wortlaut

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern. (...) Eine Zensur findet nicht statt.

Vereinfachte Textvariante

Jeder Mensch in Deutschland darf seine eigene Meinung äußern. Das gilt, wenn er seine Meinung sagt, aufschreibt oder in einem Bild zeigt. (...) Auch in Zeitungen, im Radio und in Fernsehsendungen dürfen alle Menschen frei ihre Meinung sagen. Das nennt man Pressefreiheit. Diese Meinungs­ äußerung darf keiner einschränken.

Leichte Sprache Politik ist wesentlich Sprachhandeln. So sind auch Lesekompetenz, Sprachvermögen und Kommunikation entscheidend in der politischen Bildung, auch in allen Kompetenzbereichen des Politikunterrichts spielt Sprachvermögen eine zentrale Rolle. Das linguistische Konzept der „Leichten Sprache“ bietet einen Weg, politische Informationen auch Menschen mit geringerem Sprachvermögen zugänglich zu machen. Die Bundesregierung, die Bundeszentrale für politische Bildung und Verbände veröffentlichen wichtige politische Informationen im Internet oder in gedruckter Form in „Leichter Sprache“. Auch eine Wochenzeitung gibt es bereits in „Leichter Sprache“. Allerdings sind bisher weder das Grundgesetz noch ein Politiklehrbuch in „Leichter Sprache“ verfügbar. Hilfreiche Links www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/LeichteSprache/leichteSprache_node.html www.bundestag.de/leichte_sprache/was_macht_der_bundestag/parlament www.bpb.de/die-bpb/informationen-in-leichter-sprache/ www.lebenshilfe-nds.de/de/Menschenrechte-in-leichter-Sprache.php www.einfachezeitung.de/cms/website.php

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Ergebnissicherung im Schaubild Zur Sicherung der Ergebnisse bietet sich ein im Unterrichtsgespräch sukzessiv gemeinsam erstelltes Schaubild an. Je nachdem, wie viel Struktur und Inhalt das

Hassparolen im Internet – Wie weit reicht die Meinungsfreiheit? Rechte, Gesetze und Pflichten Meinungsfreiheit: alle dürfen schreiben oder sagen, was sie wollen

Grenzen der Meinungsfreiheit: andere Gesetze

Arbeitsblatt bereits vorgibt, ergeben sich auch bei dieser Form der Ergebnissicherung verschiedene Möglichkeiten der Binnendifferenzierung.

Menschenwürde: Menschen dürfen in Kommentaren nicht so beleidigt werden, dass ihre Würde als Mensch beschädigt wird Volksverhetzung: Gruppen von Menschen dürfen nicht stark beschimpft werden; es darf nicht zu Gewalt gegen sie aufgerufen werden

Geldstrafe oder Gefängnis möglich

Kündigung möglich

Treuepflichten von Arbeitnehmern: der Ruf des Unternehmens darf nicht durch Kommentare geschädigt werden © Studtmann

Die Verknüpfung mit Methoden Posting als Urteilsbildung Für den hier vorgestellten Projekttag wird – passend zum Fallbeispiel – ein Posting als Textsorte der Urteilsbildung gewählt. Diese Form der Meinungsäußerung greift zudem die Medienwelt der Jugendlichen auf und trägt durch die Adressatenorientierung entscheidend zur Motivation bei. So spricht es Schülerinnen und Schüler erfahrungsgemäß stärker an, wenn sie aufgefordert werden, ein Posting, einen Tweet, eine SMS oder eine Mail zu verfassen. Entsprechend gestaltete Arbeitsblätter helfen in das geforderte Format zu finden (s. Abb. unten).

Name: 20. Mai 2016 • hier: Frankfurt-Nied •

Dialogisches Erarbeiten der Gesetzestexte Zur Erarbeitung der Gesetzestexte wird in diesem Fall ein gesprächsbetontes Verfahren gewählt. So werden die Gesetzestexte den Schülerinnen und Schülern nicht mittels eines Arbeitsblattes zur Einzelarbeit vorgelegt, sondern – in „verdaubare“ und an der Tafel visualisierte Portionen unterteilt – laut vorgelesen. Vor dem klärenden Unterrichtsgespräch mit der gesamten Lerngruppe findet jeweils eine kurze mündliche Partnerarbeitsphase statt, in der die Jugendlichen sich den Gesetzestext mithilfe einer Aufgabenstellung erschließen.

Aufgaben zu Art. 5, 1 & 2, GG 1. S  precht zu zweit darüber, was der Begriff Meinungsfreiheit bedeutet. 2. E  rklärt euch gegenseitig, wo Meinungsfreiheit anfängt und wo sie aufhört. 3. Ü  berlegt dazu auch: In welchen Situationen habt ihr Meinungsfreiheit? Gibt es für euch Situationen ohne Meinungsfreiheit?

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Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Talkshow Im zweiten Unterrichtsblock bereiten die Schülerinnen und Schüler die Talkshow zu der Frage „Hassparolen im Internet – Wie weit reicht die Meinungsfreiheit?“ vor, führen sie durch und werten sie inhaltlich und methodisch aus. Diese im Politikunterricht häufig angewandte, anspruchsvolle Makromethode wird hier in folgender Weise vereinfacht: Kleingruppen bereiten je eine der vier Rollen (s. Rollenkarten) vor. Die in vereinfachter Sprache formulierten Argumente werden vorgegeben, sie müssen weder selber konstruiert noch aus Material extrahiert werden. Die Lernenden entscheiden lediglich, ob das Argument (z. B. „Jürgen hat das nicht ernst gemeint – es war nur ein einziges, unüberlegtes Posting, für das er sich sogar entschuldigt hat.“) zu ihrer Rolle passt oder nicht. So

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lernen die Jugendlichen bereits vor der Talkshow alle Argumente kennen, sind auf sie vorbereitet und müssen nicht spontan auf sie reagieren. In der Talkshow können sie wahlweise alleine, zu zweit oder mit Unterstützung der Lehrkraft ihre Rolle vertreten. Selbstverständlich nehmen sie die, ihrer Rolle zugeordneten, Argumente als „Spickzettel“ mit in die Talkshow. Der Durchführung der Talkshow folgen zunächst die Rollendistanzierung und das Feedback der Zuschauenden an die Akteure. Diese Rückmeldungen sind in zweierlei Hinsicht wichtig: Zum einen bieten sie den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit, sich und ihren Lernprozess aus der Selbst- und der Fremdwahrnehmung zu reflektieren. Zum anderen werden Lern­ erfolge sichtbar gemacht und wertgeschätzt.

Andreas Haffner bei Porsche Vorstandsmitglied

Vorer und bist Mitglied im Du heißt Andreas Haffn geBetrieb suchst du gut aus stand bei Porsche. Für den gen hti wic die für Mitarbeiter bildete und engagierte üse auch für die Zukunft ger sch Positionen. Damit Por der in m junge Leute, die sich tet ist, suchst du vor alle kennen. Der gute Ruf von digitalen Welt bestens aus dliauso wichtig. Fremdenfein Porsche ist dir aber gen al on ati ern int n nicht in ein che Arbeitnehmer gehöre eiarb s ist deine Meinung. Du tätiges Unternehmen. Da dich sonalwesen und kennst test schon lange im Per gut aus. daher auch im Arbeitsrecht

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Du bist Maurice Stierl und Alarm-Ph one-Aktivist. Das Projekt „Watch the Med Alarm-Phone “ wird von Freiwilligen aus Europa und Nordafrika betrieben. Sie sind rund um die Uhr über eine Hotline für Geflüchtete erreichbar. Flüchtlingen aus Krisenreg ionen sollte man helfen. Das ist deine Meinung. Sie sollen in Deutschland und anderen sicheren Ländern bleib en und unterstützt werden. Dir ist es wichtig, dass Geflüchtete und Einheimische in Kontakt miteinander kommen und sich kennenlernen.

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Mutter von Jürgen H.

Jürjährigen Porsche-Azubis Du bist die Mutter des 17dein Internet einen fremdenf gen H. Dein Sohn hat im ünDeshalb ist er sofort gek lichen Post veröffentlicht. wie hast auf Facebook Posts digt worden. Du selber im t hei r weil uns die Sicher „Wir sind keine Nazis, nu oder „Die Unterkunft ist eigenen Land wichtig ist“ blem? Ab nach Hause!“ mit schlecht? Na wo ist das Pro voll unterstützt deinen Sohn „Gefällt mir“ markiert. Du ja hat n gt Porsche. Dein Soh und ganz. Die Schuld trä ihm Ausbildung hinter sich, schon zwei Jahre seiner re. Leh der s Abschlus fehlt nur noch ein Jahr zum

Maurice Stierl Flüchtlingshelfer

Tobias Schwarz Blogger

Du bist Tobias Schwarz, Blogger und Netzaktivist . Unter anderem betreibs t du das Online-Magazin Ne tzpiloten.de. Du setzt dich seit vielen Jahren für ein freies und anonymes Internet ein. Für dich ist die Meinu ngsfreiheit das Wichtigste. Und das Internet ist das passende Medium dafür. Hie r können alle Menschen ihr e Meinung frei äußern. Hasskommentare finde st du allerdings nicht lustig. Hie r ist eine Grenze überschr itten. Die Polizei sollte da nn ermitteln. Allerdings sin d Hasskommentare kein Gru nd für dich, anonyme Po sts zu verbieten oder das Int ernet stärker zu überwach en.

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Zur inhaltlichen Auswertung der Argumente und ihrer Sicherung nach der Talkshow müssen die Schülerinnen und Schüler keine Argumente mitschreiben. Die bereits in der Vorbereitung benutzten Argumente können im Unterrichtsgespräch und an der Tafel visualisiert oder in Partnerarbeit auf einem Arbeitsblatt den Rollen zugeordnet werden. Im geschützten Rahmen des Unterrichts können die Lernenden ihre Kompetenzen im Bereich der politischen Handlungsfähigkeit erweitern. Denn die Ma­ kromethode Talkshow simuliert eine Situation, in der die Jugendlichen den Perspektivwechsel üben und lernen, sich zu artikulieren und zu argumentieren. Die Talkshow erfüllt nicht nur politikdidaktische Forderungen, sondern ist besonders aus sonderpädagogischer Perspektive sinnvoll: Sie bietet Sprechmöglichkeiten an, in denen auch Schülerinnen und Schüler mit Förderschwerpunkten eine erfolgreiche Teilhabe sowie Anerkennung in der Gruppe erfahren können. Darüber hinaus machen sie Selbstwirksamkeitserfahrungen und können im Rollenspiel wirklichkeitsnah politisch probehandeln, ohne negative Auswirkungen zu befürchten (Schiefer 2015). Urteilsphase Am Projekttag ist die Urteilsbildung in folgender Weise organisiert: In jeder Ecke des Klassenzimmers hängt je ein Argument der vier Talkshowgäste. Die Schülerinnen und Schüler gehen durch den Raum, lesen die Argumente durch und suchen sich eines aus, auf das sie

antworten wollen. Ein Arbeitsblatt im FacebookLayout fordert die Jugendlichen auf, ihr eigenes, mit mindestens einem Argument gestütztes Urteil aufzuschreiben. Das hängen sie dann zu dem Argument, das sie kommentieren wollen. In einem gemeinsamen zweiten Gang durch das Klassenzimmer werden alle Postings vorgelesen, es können Nachfragen gestellt oder es kann diskutiert werden. Abschließend erhält jede/-r Schüler/-in zwei Aufkleber, die in Form des Facebook-Likes gestaltet sind. Mit ihnen kann sie/er dann zwei Postings seiner Mitschüler/-innen „liken“. Bei der Urteilsphase, die für alle Lernenden eine Herausforderung darstellt, sind Hilfestellungen und Vorentlastungen in einer inklusiven Lerngruppe essenziell. Die erste Voraussetzung dabei ist, dass allen Schülerinnen und Schülern klar ist, zu welcher Frage sie ihr eigenes Urteil formulieren sollen. Ebenfalls wichtig ist, sie nochmals auf die Ergebnisse des ersten und zweiten Blocks hinzuweisen. Eine Wiederholung anhand der Arbeitsblätter und Schaubilder ist zu diesem Zeitpunkt ausgesprochen sinnvoll. Da ein politisches Urteil nach Begründungen verlangt, ist dies in der Aufgabenstellung deutlich zu machen. Zudem ist auch hier ein Beispiel zur Veranschaulichung der Aufgabenstellung hilfreich. Unabhängig davon, ob die Urteilsbildung (wie hier) schriftlich oder im anderen Fall mündlich stattfinden soll, ist eine gründliche, sprachliche Vorbereitung und Unterstützung (z. B. Scaffolding, Formulierungshilfen, Satzanfänge, Konnektoren) unerlässlich (vgl. Achour/Sieberkrob 2015).

Durchgänge Sprachbildung Das Konzept der Durchgängigen Sprachbildung versteht die sprachliche Förderung aller Schülerinnen und Schüler, unabhängig vom Grad ihrer Sprachkompetenz, als eine Aufgabe, die sich über die gesamte Bildungsbiografie erstreckt. Sie ist eine Querschnittsaufgabe aller, und nicht nur der sprachlichen Fächer: Jeder Fachunterricht ist zugleich auch Sprachunterricht. Ihr Ziel ist es, die alltagssprachliche Kompetenz der Lernenden um bildungs- und fachsprachliche Fähigkeiten zu erweitern. Dabei arbeitet sie mit verschiedenen Methoden: Wichtige Hilfen beim Aufbau von Lesekompetenz sind die Einführung in verschiedene Lesestrategien (globales, selektives, detailliertes und sortierendes Lesen) und ihr regelmäßiges Training sowie die Entlastung eines Textes mit Pre-Reading-Activities (z. B. Vorwissen zum Thema des Textes sammeln, das Thema anhand der Überschrift, Zwischenüberschriften oder (Schau)bilder erschließen, Fragen an den Text stellen). Der Sicherung des Textverständnisses und der Erweiterung des Wortschatzes dient z. B. die Erstellung von Glossaren, in welchen wichtige Begriffe nicht nur erklärt, sondern auch in typischen Satzkonstruktionen präsentiert werden. Im Scaffolding werden den Schülerinnen und Schülern „Lern-Gerüste“ an die Hand gegeben, wie Textmuster (z. B. Strukturmerkmale und Beispiele eines Leserbriefes) für den schriftlichen Sprachgebrauch oder Verknüpfungsmuster/Konnektoren für den schriftlichen und mündlichen Sprachgebrauch (z. B. sprachliche Verknüpfungen und Satzbausteine bei einer Argumentation; vgl. dazu Achour/Sieberkrob 2015).

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Transferphase Gerade in inklusiven Klassen empfiehlt es sich, am Ende einer Unterrichtssequenz noch einmal einen unmittelbaren Bezug zu den Erfahrungen und der Lebenswelt der Jugendlichen zu ziehen. Die zentrale Erkenntnis für die Lernenden sollte sein, dass sie keinen Schulstoff gelernt, sondern für sich und ihr Leben relevante Erkenntnisse gewonnen haben. Eine zeitsparsame Variante dafür ist eine Blitzlichtrunde (z. B. zu den Satzanfängen Meinungsfreiheit/ Menschenwürde erlebe ich/hört für mich da auf, wo ..., Auf Facebook poste ich ...), die in eine offene Diskussion führen kann.

Metakommunikation Zum Abschluss der Unterrichtssequenz ist eine Reflexion des Lernprozesses wichtig. Bei Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf sind kurze mündliche Formen z. B. mit Ampelkarten (Grün – super, Gelb – in Ordnung, Rot – negativ) oder als Blitzlicht mit Satzanfängen (Das Thema fand ich .... / Mir ist heute klar geworden, dass .... / Die Talkshow fand ich .... / Mein Erfolg heute ist .....) aufwändigen schriftlichen Formen vorzuziehen.

Literaturverzeichnis Achour, Sabine/Sieberkrob, Matthias 2015: Sprachbildung im Politik­unterricht und Sprachbildung konkret. In: Wochenschau Sonderausgabe 2015, Heterogenität. Schwalbach/Ts. S. 18 ff. Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen (Hrsg.): Die UN-Behindertenrechtskonvention. Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. (www. behindertenbeauftragter.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Broschuere_UNKonvention_KK.pdf?__blob= publicationFile – Zugriff: vom 09.02.2016).

Frech, Siegfried/Richter, Dagmar (Hrsg.) 2013: Politische Kompetenzen fördern. Schwalbach/Ts. GPJE (Hrsg.) 2004: Anforderungen an Nationale Bildungsstandards für den Fachunterricht in der Politischen Bildung an Schulen. Schwalbach/Ts. Kahlert, Joachim 2015: Inklusionsdidaktische Netze in der politischen Bildung. In: Dönges, Christoph et al. (Hrsg.): Didaktik der inklusiven politischen Bildung. Bonn. S. 182 ff.

Besand, Anja/Jugel, David 2015: Inklusion und politische Bildung – gemeinsam denken. In: Dönges, Christoph et al. (Hrsg.): Didaktik der inklusiven politischen Bildung. Bonn. S. 45 ff.

Massing, Peter 2013: Wie kann die politische Handlungsfähigkeit der Lernenden gefördert werden? In: Frech, Siegfried/Richter, Dagmar (Hrsg.): Politische Kompetenzen fördern. Schwalbach/Ts. S. 60 ff.

Calmbach, Marc/Borgstedt, Silke 2012: „Unsichtbares“ Politikprogramm? Themenwelten und politisches Interesse von „bildungsfernen“ Jugendlichen. In: Kohl, Wiebke/Seibring, Anne (Hrsg.): „Unsichtbares“ Politikprogramm? Themenwelten und politisches Interesse von „bildungsfernen“ Jugendlichen. Bonn. S. 43 ff.

Sander, Wolfgang 2013: Wie kann Wissen in der kompetenzorientierten politischen Bildung gefördert werden?, In: Frech, Siegfried/ Richter, Dagmar (Hrsg.): Politische Kompetenzen fördern. Schwalbach/Ts. S. 40 ff.

Detjen, Joachim 2013: Was heißt politische Urteilskompetenz und wie kann sie gefördert werden? In: Frech, Siegfried/Richter, Dagmar (Hrsg.): Politische Kompetenzen fördern. Schwalbach/Ts. S. 78 ff. Detjen, Joachim et al. (Hrsg.) 2012: Politikkompetenz – ein Modell. Wiesbaden. Dönges, Christoph et al. (Hrsg.) 2015: Didaktik der inklusiven politischen Bildung, Bonn.

Sander, Wolfgang (Hrsg.) 2014: Handbuch Politische Bildung. 4. völlig überarbeitete Auflage. Schiele, Siegfried 2009: Elementarisierung politischer Bildung. Überlegungen für Informationen zur Politischen Bildung. Band 30. Innsbruck/Bozen/Wien. Weißeno, Georg et al. 2010: Konzepte der Politik – ein Kompetenzmodell. Bonn.

Weiterführende Literatur zum Thema Becker-Mrotzek et al. (Hrsg.) 2013: Sprache im Fach. Sprachlichkeit und fachliches Lernen. Münster/New York/München/Berlin. Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.) 2015: Inklusion, Wege in die Teilhabegesellschaft. Frankfurt/M. Kühberger, Christoph/Windischbauer, Elfriede 2013: Individualisierung und Differenzierung im Politikunterricht – Offenes Lernen in Theorie und Praxis. Schwalbach/Ts. Reich, Kersten 2014: Inklusive Didaktik. Weinheim und Basel. Schneider,Wolfgang et al. 2012: Expertise „Bildung durch Sprache und Schrift“ (BISS). (www.bmbf.de/pubRD/BISS_expertise.pdf – Zugriff 08.04.2016)

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