Im Weinberg des Herrn arbeiten Predigttext:

Matthäus 20, 1-16a

Anlass:

Septuagesimä

Datum:

1.2.2015

Autor: Ort:

Robert Augustin St. Michael (mit Abendmahl) Hetzlos

Übersicht:

Matthäus 20, 1-16a 1 Denn das Himmelreich gleicht einem Hausherrn, der früh am Morgen ausging, um Arbeiter für sei­ nen Weinberg einzustellen. 2 Und als er mit den Arbeitern einig wurde über einen Silbergroschen als Tagelohn, sandte er sie in seinen Weinberg. 3 Und er ging aus um die dritte Stunde und sah an­ dere müßig auf dem Markt stehen 4 und sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg; ich will euch geben, was recht ist. 5 Und sie gingen hin. Abermals ging er aus um die sechste und um die neunte Stunde und tat dassel­ Seite 1

Septuagesimä - 1.2.2015 - Matthäus 20, 1-16a - Hammelburg

be. 6 Um die elfte Stunde aber ging er aus und fand andere und sprach zu ihnen: Was steht ihr den ganzen Tag müßig da? 7 Sie sprachen zu ihm: Es hat uns niemand einge­ stellt. Er sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg. 8 Als es nun Abend wurde, sprach der Herr des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter und gib ihnen den Lohn und fang an bei den letzten bis zu den ersten. 9 Da kamen, die um die elfte Stunde eingestellt wa­ ren, und jeder empfing seinen Silbergroschen. 10 Als aber die Ersten kamen, meinten sie, sie wür­ den mehr empfangen; und auch sie empfingen ein jeder seinen Silbergroschen. 11 Und als sie den empfingen, murrten sie gegen den Hausherrn 12 und sprachen: Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, doch du hast sie uns gleichge­ stellt, die wir des Tages Last und Hitze getragen haben. 13 Er antwortete aber und sagte zu einem von ih­ nen: Mein Freund, ich tu dir nicht Unrecht. Bist du nicht mit mir einig geworden über einen Silbergro­ schen? 14 Nimm, was dein ist, und geh! Ich will aber die­ sem Letzten dasselbe geben wie dir. Seite 2

Septuagesimä - 1.2.2015 - Matthäus 20, 1-16a - Hammelburg

15 Oder habe ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem, was mein ist? Siehst du scheel drein, weil ich so gütig bin? 16 So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.

Predigt1 Liebe Gemeinde, stellen Sie sich einmal vor, jeder, der in Hammel­ burg lebt, dürfte auch arbeiten. Und: Arbeitslohn dürfte frei vereinbart werden und unbürokratisch auf die Hand ausgezahlt werden. Dann, liebe Ge­ meinde könnte sich die Geschichte von den Arbei­ tern im Weinberg auch heute in Hammelburg ab­ spielen. Es ist Herbst: die Zeit der Weinlese. Schon ½6 morgens stehen etwa 20 Leute auf dem schönen Marktplatz unserer Stadt herum. Aus unserer Flüchtlingsunterkunft und andere, die einen Job für heute suchen. Man sieht ihnen an, dass sie nicht viel besitzen und dringend ein paar Euro brauchen. Viele haben eine Familie zu ernähren. Die Hoffnung treibt sie hierher. Vielleicht kommt ja wieder ein Winzer, der für heute noch Helfer braucht. Gegen sechs kommt tatsächlich der größte Wein­ 1

Einleitung und Gliederung entsprechen ungefähr einer Predigt zum gleichen Text vom 26.1.1997 Seite 3

Septuagesimä - 1.2.2015 - Matthäus 20, 1-16a - Hammelburg

bauer Hammelburgs mit einem Kleinbus auf den Marktplatz gefahren. Inzwischen stehen schon fast 50 Leute da. Sie strömen zum Bus. Alle hoffen sie. „Ich brauche für heute noch zehn Hilfsarbeiter. Ar­ beitszeit bis abends 18 Uhr. Wer bis dahin tüchtig war, bekommt einen Hunderter. Du, du und du... ihr könnt mitkommen, wenn ihr einverstanden seid“ Sofort steigen zehn Leute in den Bus, und los geht’s zur Arbeit auf den Schlossberg. Bei den Zurückgebliebenen sind die Gesichter lang. Enttäuschung. Sie lungern herum: spielen Karten, erzählen sich schmutzige Witze, dösen. Sinnlos herumhängen; sich irgendwie die Zeit ver­ treiben, Warten, warten, warten... Das ist wohl auch heute wieder ihr Schicksal. Um neun fährt wieder der Kleinbus des Winzers vor. Er ist leer. Hoffnung. Dasselbe Spiel, wie am frühen Morgen. Allerdings ist schon ein Viertel des Arbeitstages vorbei und es wird kein Lohn mehr vereinbart. „Ihr werdet angemessen bezahlt“, sagt der Winzer. Wieder zehn Glückliche und viele Ent­ täuschte. Dasselbe wiederholt sich mittags um zwölf, nach­ mittags um drei und sogar noch einmal abends um fünf, eine Stunde vor Feierabend. Bald ist der Arbeitstag zu Ende. Der Winzer holt seine Kasse und setzt sich an eine Biertischgarni­ tur. Als Erste ruft er die auf, die nur eine Stunde ge­ arbeitet haben. Jeder bekommt 100 EUR. Sie stut­ Seite 4

Septuagesimä - 1.2.2015 - Matthäus 20, 1-16a - Hammelburg

zen, halten staunend das Geld in der Hand; noch ein kurzer Blick zum Winzer, ob das sein Ernst sein kann, und dann schnell ab durch die Mitte. Die an­ deren fangen an zu rechnen. Man hört Satzfetzen wie: „Eine Stunde – 100 €...“ „wir haben das Zwölf­ fache gearbeitet...“ - Sie erwarten viel Geld. Schließlich kommen auch die Ersten dran. Wider Erwarten bekommen auch sie nur 100 €. „Das ist ungerecht. Andere haben nur eine Stunde arbeiten müssen. Und wir haben den ganzen Tag fast ohne Pause durcharbeiten müssen. Alle Knochen tun uns weh. Wir haben doch mehr verdient!“ Der Winzer jedoch lässt nicht mit sich verhandeln. Er erinnert an seine Worte vom frühen Morgen. „Du hast keinen Grund, dich zu beschweren. Du hast genau die vereinbarten 100 € erhalten. Und wenn ich mit den anderen großzügig bin, das ist meine Sache!“ Liebe Gemeinde, soweit das Gleichnis. Jesus hat es uns erzählt, damit wir über unser Christsein nachdenken. Der Weinberg steht in der Bibel fast immer für das Gottesvolk. Wie die Arbeiter im Gleichnis sind auch wir in die Gemeinde, die Kirche Gottes, hinein berufen. Was bedeutet das? Und wie geht Gott, der Herr des Weinbergs mit seinen Leu­ ten um? Finden wir ihn manchmal auch ungerecht? Und haben wir auch Grund dazu? Drei Gedanken dazu: Seite 5

Septuagesimä - 1.2.2015 - Matthäus 20, 1-16a - Hammelburg

1. Herausgerufen aus der Sinnlosigkeit Solange die Tagelöhner auf dem Marktplatz warten müssen, hängen sie ziellos herum. Sie sehnen sich nach einer sinnvollen Arbeit. Und sie müssen damit zurechtkommen, dass die Zeit nutzlos verstreicht. Was steht ihr den ganzen Tag müßig da? - fragt der Herr eine Stunde vor Feierabend. Das Wort für „müßig“ kann auch mit „arbeitslos“, „nutzlos“, „un­ brauchbar“ übersetzt werden. Liebe Gemeinde, solange ein Mensch ohne Chris­ tus lebt, ist sein Leben „müßig“. Er mag viel besit­ zen. Er mag viel wissen. Er mag beliebt sein. Er mag die Kunst beherrschen, das Leben zu genie­ ßen. Er mag viele Freunde haben. Aber wozu? Was ist der Sinn? Was wird am Ende dabei heraus­ kommen? Was steht ihr den ganzen Tag müßig da? Antwort: Es hat uns niemand eingestellt. Sprich: Wir sitzen hier auf dem Marktplatz der Sinn­ losigkeit fest. Wir leben irgendwie unser Leben. Trotten von einem Tag zum Anderen. Haben dies und das ausprobiert. Betäuben unsere Gedanken mit Konsum, Urlauben und Vergnügungen. Es ist noch keiner gekommen, der uns hier herausholt. Der uns das zeigt, wofür es sich wirklich zu leben lohnt. Und nun kommt ein wunderbarer, erlösender, le­ bensverändernder Satz: Er sprach zu ihnen: Geht ihr auch hin in den Weinberg. Die Untauglichen werden berufen in den Weinberg des Herrn; in die Seite 6

Septuagesimä - 1.2.2015 - Matthäus 20, 1-16a - Hammelburg

Nähe Gottes; in die Gemeinschaft der Glaubenden. Dort dürfen sie leben. Dort dürfen sie arbeiten. Dort wartet großer Lohn: Nicht 100 Euro, sondern Got­ tes Ewigkeit. Das Leben bekommt Sinn. Auch du bist berufen. Geht du auch hin in den Weinberg - sagt der Herr Jesus heute zu dir, oder hat er es schon längst gesagt? Christsein heißt nicht weniger als: Herausgerufen sein aus Untauglichkeit und Sinnlosigkeit zu einem Leben mit Gott.

2. Im Weinberg des Herrn arbeiten Wie muss der Tagelöhner dankbar sein, dass er endlich Arbeit gefunden hat. Mit welchem Eifer muss er Hacke und Messer in die Hand nehmen? Wie muss er den Dienstherrn lieben! „Hätte er mich nicht geholt, mein ganzes Leben wäre sinnlos ge­ blieben. Aber nun ist er gekommen, nun hat er mich geholt, nun darf ich in seinem Weinberg ar­ beiten. Nun weiß ich, wofür ich lebe.“ Auch für uns Christen ist eine solche Dankbarkeit angemessen: Liebt den Herrn, lobt ihn, dankt ihm von ganzem Herzen. Nicht weil ihr gesund seid, nicht weil ihr reich seid, nicht weil ihr eine liebe Fa­ milie habt oder intelligent seid, sondern vor allen Dingen, weil ihr Christen sein dürft, weil ihr unter Jesus Christus eurem Herrn leben dürft. Und noch etwas: Ein dankbarer Arbeiter wird auch Seite 7

Septuagesimä - 1.2.2015 - Matthäus 20, 1-16a - Hammelburg

auf den Winzer hören. Er wird nicht das Diskutieren mit ihm anfangen. Wenn der Weinbauer sagt: „Du musst hier tiefer umgraben! Du musst die Trauben anders schneiden!“ - Dann wird er ganz Ohr sein und sein Bestes geben. Und selbst Unannehmlichkeiten wird er hinnehmen: Die Mittagshitze, die müden Knochen, diese und jene kleine Verletzung. Es wartet ja großer Lohn. So ist es auch mit unserem Christsein: Christsein heißt – wie der Apostel Paulus es einmal sagt: Ge­ horsam des Glaubens. Im Weinberg des Herrn le­ ben, das kann auch Leiden bedeuten, wie Jesus es uns klar gesagt hat. Wer sind wir also, dass wir dem Herrn unsere Krankheiten und Sorgen, unsere Leiden und Ge­ brechen vorhalten, und daraus das Recht zu einem ungehorsamen Leben ableiten? Wer sind wir, dass wir den unvergänglichen Lohn, der den Arbeitern im Weinberg Gottes versprochen ist, geringschät­ zen, und die zeitlichen, leiblichen, vergänglichen Leiden für alles halten?

3. Der angemessene Lohn Ein Drittes und Letztes: Welche Gegenleistung muss Gott uns geben für unsere Arbeit in seiner Gemeinde? Was ist der angemessene Lohn? - Un­ ter den Arbeitern entbrennt zur Stunde der Abrech­ nung ja ein Streit. Sie halten den Herrn für unge­ Seite 8

Septuagesimä - 1.2.2015 - Matthäus 20, 1-16a - Hammelburg

recht, weil er allen dasselbe gibt, egal wie viel sie gearbeitet haben. Man kann den Protest zunächst verstehen. Der 12-stündige Arbeitstag im Gleichnis steht ja für unsere gesamte Lebenszeit: Sechs Uhr früh ist un­ sere Geburt. Neun Uhr, das ist etwa das Alter von 20 Jahren. Mittag ist Halbzeit: etwa mit 40. Um drei Uhr nachmittags geht man schon langsam auf die Rente zu. Und um fünf, kurz vor Feierabend, das ist die Phase, wo man um jedes Jahr dankbar ist, was einem noch geschenkt wird. Gott ruft Menschen jeden Lebensalters. Jeremia, Samuel oder Johannes der Täufer waren bereits von Geburt an berufen. Andere kommen erst später hinzu: im jungen oder gesetzteren Erwachsenenal­ ter, Manche bleiben bis ins hohe Alter auf dem Tummelplatz der Sinnlosigkeit zurück. Erst im Au­ genblick des Todes ist Feierabend. Und der Lohn ist für alle gleich? Werden denn die, die sich von Jugend an viele Jahrzehnte für Gott und seine Gemeinde eingesetzt haben, gar keine Vorteil haben gegenüber denen, die erst kurz vor Feierabend dazu gekommen sind? - Ein bisschen näher bei den Engel stehen dürfen vielleicht? Jesus sagt ganz klar: Nein! Im Himmel gibt es kei­ ne Privilegierten mehr. Da sind alle „first class“. Das einzige Kriterium, was dort zählt, ist Gottes Güte, nicht unsere Lebensleistung. Die, die am meisten geleistet haben, stehen – wie Seite 9

Septuagesimä - 1.2.2015 - Matthäus 20, 1-16a - Hammelburg

Jesus es uns im Gleichnis provokativ vor Augen stellt – sogar ganz hinten an. So werden die Letz­ ten die Ersten und die Ersten die Letzten sein. sagt Jesus. Die auf Erden gültige Rangordnung ist vor Gott auf­ gehoben. Keiner bekommt weniger als verspro­ chen. Aber die meisten bekommen mehr, als sie er­ warten durften. Nur noch Gottes Güte zählt. Gott sei Dank!

Seite 10

Septuagesimä - 1.2.2015 - Matthäus 20, 1-16a - Hammelburg

Ablauf des Gottesdienstes 1.2.2015 HAB Musik zum Eingang Begrüßung Eingangslied EG 452, 1-3

Er weckt mich alle...

Vorbereitungsgebet Eingangspsalm EG 801, 5 Kyrie + Gloria Glorialied LB 02, 1

Ich lobe meinen Gott

Gebet der Tages Verabschiedung der Kinder Lesung 1. Kor 9, 24-27 und Halleluja

→ Halleluja

Lied der Woche EG 342, 1-4

Es ist das Heil...

Evangelium Matthäus 20, 1-16a

→ Ehre sei dir Herr...

Glaubensbekenntnis Lied EG 342, 5 Predigt zu Matthäus 20, 1-16a Stille / Meditative Musik Abkündigungen Predigtlied LB 062, 1-3

Kommt, atmet auf

Abendmahlsteil (siehe nächste Seite) Sendung und Segen Schlusslied EG 421

Ohne Vorspiel, 2. Mel.

Musik zum Ausgang

Seite 11

Septuagesimä - 1.2.2015 - Matthäus 20, 1-16a - Hammelburg

Ablauf 1.2.2015 – Hetzlos 18 Uhr Musik zum Eingang Begrüßung Eingangslied EG 452, 1-3

Er weckt mich alle...

Vorbereitungsgebet Kyrie

gesprochen

Glorialied LB 02, 1

Ich lobe meinen Gott

Gebet der Tages Lied EG 342, 1-4 Evangelium Matthäus 20, 1-16a

→ Ehre sei dir Herr...

Glaubensbekenntnis Predigt zu Matthäus 20, 1-16a Predigtlied LB 062, 1-3

Kommt, atmet auf

Fürbitten und Vaterunser Sendung und Segen Schlusslied EG 421 Musik zum Ausgang

Seite 12

Ohne Vorspiel, 2. Mel.

Septuagesimä - 1.2.2015 - Matthäus 20, 1-16a - Hammelburg

Abendmahlsteil [Gebet zur Gabenbereitung]

In [ .. ] gesetzte Stücke können auch entfallen

Salutation:

G von Orgel

L: Der Herr sei mit euch G: und mit deinem Geist. (gesungen) L: Die Herzen in die Höhe! G: Wir erheben sie zum Herren. (gesungen) L: Lasset uns Dank sagen dem Herren unserm Gotte. G Das ist würdig und recht. (gesungen)

Präfationsgebet

(Wahrhaft würdig und recht ist

es...)

gesungen oder gespro­ chen, kein Ton

Heilig, heilig, heilig (EG 185,3) [Abendmahlsgebet] Einsetzungsworte

gesungen oder gespro­ chen, kein Ton

[Abendmahlsgebet] Vaterunser

gesprochen

Friedensgruß

D von der Orgel, wenn ge­ sungen

Der Friede des Herren sei mit euch allen. G: Amen.

Christe, du Lamm Gottes (EG 190.2) Austeilung

Stille oder leise Orgelmusik

Dankgebet

G von der Orgel, wenn ge­ sungen

L: Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, Halleluja. G: Und seine Güte währet ewiglich. Halleluja. (gesun­ gen) L: Dankgebet (gesprochen)

… Fortsetzung des Gottesdienstablaufs i.d.R. mit Abkündigungen und Fürbittenge­ bet

Seite 13