ift Rosenheim 50 Jahre im Dienst der Branche

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Dipl.-Ing. (FH) Gabriele Tengler Jens Pickelmann ift Rosenheim

ift Rosenheim – 50 Jahre im Dienst der Branche Teil 7 (Zeitfenster 1996 bis 2000): Einbruchhemmung Das Institut für Fenstertechnik e.V. (ift Rosenheim) feiert 2016 sein 50-jähriges Bestehen. Unter dem Motto „ift Rosenheim – 50 Jahre im Dienst der Branche“ wird in einer 10-teiligen Fachartikelserie die technische Entwicklung vorgestellt. Die einzelnen Beiträge beziehen sich auf Zeitfenster von 5 Jahren ab der Institutsgründung. Sie ermöglichen einen kurzen Blick ins „damalige“ Zeitgeschehen, greifen als Schwerpunkt ein wegweisendes Forschungsprojekt aus diesem Zeitfenster auf, erläutern kurz Ziele, Inhalte sowie Ergebnisse und veranschaulichen dann die weitere Entwicklung sowie deren Auswirkungen auf die Branche und den aktuellen Stand der Technik.

1

Bedeutende Ereignisse (1996 bis 2000)

Kurz vor der Jahrtausendwende erfolgte in der Bundesrepublik ein historischer Umzug. Die deutsche Regierung machte sich von Bonn aus auf den Weg in die neue gesamtdeutsche Hauptstadt Berlin. Ebenso historisch war Großbritanniens Rückgabe von Hongkong an China. Weltweit sehr emotional wurde der Tod von Prinzessin Diana bei einem Autounfall in Paris aufgenommen. Bedeutende gesellschaftliche Umbrüche ergaben sich durch die zunehmende Popularität von Mobiltelefonen und Internet, insbesondere dem World Wide Web.

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Tabelle 1 Jahr

Chronologische Auswahl an Ereignissen aus dem Zeitgeschehen (1996 bis 2000) Zeitgeschehen

1996

– Mit Klonschaf Dolly gelingt am schottischen Roslin Institut erstmals das Klonen eines Säugetiers. – Der bis dahin ungeschlagene IBF-Weltmeister im Halbschwergewicht Henry Maske bestreitet seinen letzten Profi-Kampf. – Bei einem Castor-Transport kommt es mit rund 19.000 Angehörigen des Bundesgrenzschutzes und der Polizei zum größten Polizeieinsatz seit Bestehen der Bundesrepublik.

1997

– Prinzessin Diana, die Gemahlin des britischen Thronfolgers Prinz Charles und „Königin der Herzen“ kommt bei einem Autounfall in Paris ums Leben. – Zwischen den Regierungschefs Deutschlands, Italiens und Österreichs wird die Abschaffung von Grenzkontrollen zwischen den drei Staaten beschlossen. – Die englische Kronkolonie Hongkong wird nach 99 Jahren unter der Kolonialherrschaft Großbritanniens wieder an China zurückgegeben.

1998

– In Deutschland wird die terroristische Vereinigung RAF, Rote Armee Fraktion, endgültig aufgelöst. – Der Machtwechsel in Bonn führt zur ersten rot-grünen Koalition in der Bundesrepublik. – Der ICE-Unfall in Eschede und der Seilbahnunfall von Cavalese erschüttern die Bundesrepublik

1999

– Der Anführer der terroristischen Vereinigung Al-Qaida, Osama bin Laden; bekennt sich zu den Bombenanschlägen auf die US-Botschaften in Nairobi und Daressalam. – Der Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin erreichte mit dem Einzug des Bundestages ins Berliner Reichstagsgebäude seinen Höhepunkt. – Am 11. August ist über Deutschland, Europa und Westasien eine beeindruckende totale Sonnenfinsternis zu beobachten. – Als CDU-Spendenaffäre sorgt die aufgedeckte illegale Spendenpraxis der CDU in den 1990er-Jahren in der Bundesrepublik für Aufregung.

2000

– In Deutschland wird das erste BSE-Rind entdeckt. – Das Gletscherbahnunglück von Kaprun und der Untergang des russischen Atom-UBoots Kursk bestimmen die Schlagzeilen. – Die Öresundverbindung zwischen der dänischen Hauptstadt Kopenhagen und dem schwedischen Malmö wird eröffnet. – Angela Merkel wird als erste Frau zur CDU-Bundesvorsitzenden gewählt.

2 2.1

Einbruchhemmende Bauteile – eine zwangsläufige Entwicklung Situation bei Türen und Fenstern ab den 70er-Jahren

Die Ursprünge zur Entwicklung einbruchhemmender Bauteile sind bereits in den 70erJahren zu finden. Die Zunahme der Einbruchkriminalität erforderte einen aktiven Schutz gegen unberechtigtes Betreten von Gebäuden und Wohnungen. Nach zwei an Türen durchgeführten Versuchsreihen im ift Rosenheim fand ein erstes Gespräch mit der Kriminalpolizei sowie der Schloss- und der Türenindustrie im April 1975 statt. Weitere Grundlagenuntersuchungen an Türen führten zu der Erkenntnis, dass die Einbruchhemmung nur © 06/2016 ift Rosenheim | Theodor-Gietl-Straße 7-9 | 83026 Rosenheim www.ift-Rosenheim.de | [email protected] | Tel./Fax 08031/261-0/290

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dann gegeben ist, wenn alle Einzelkomponenten (Schließblech, Schloss, Zylinder, Bänder, Türblatt) das gleiche Sicherheitsniveau einhalten. Schließlich wurde im Jahr 1989 der Normentwurf zur DIN 18103 [2] für einbruchhemmende Türen vorgelegt. Fast zeitgleich begann das ift Rosenheim mit Untersuchungen der einbruchhemmenden Eigenschaften von handelsüblichen Fensterkonstruktionen. Sehr bald erkannte man, dass ein konventionelles Fenster den grundlegenden Anforderungen aus DIN 18103 nicht standhalten konnte. Wegen anderer Randbedingungen mussten die Prüfvoraussetzungen an die Eigenschaften der Fenster angepasst werden. Hieraus entstand die 1987 veröffentlichte ift-Richtlinie zur Prüfung und Beurteilung einbruchhemmender Fenster [3]. Diese mündete schließlich in der Herausgabe der Vornorm DIN V 18054 für einbruchhemmende Fenster [4]. Eine ständige Weiterentwicklung der Anforderungen an die Einbruchhemmung von Fenstern und Türen sowie der Konstruktionen fand statt.

2.2

Ziel des Forschungsprojekts

Um einbruchhemmende Fenster leichter in die Widerstandsklassen der DIN V 18054 einstufen zu können, sollten Konstruktionskriterien erstellt werden. Im Forschungsprojekt „Konstruktionsmerkmale für einbruchhemmende Holzfenster“ [5] wurden Prüfungen am kompletten Fenster nach DIN V 18054 sowie Bauteil- und Einzelteilversuche durchgeführt. Deren Auswertungen sollten den Einfluss der einzelnen Komponenten auf das Verhalten des gesamten Fensters erkennen lassen. Ziel war eine Übersicht aller relevanten Konstruktionskriterien für einbruchhemmende Holzfenster.

2.3 Ergebnisse des Forschungsvorhabens und Ausblick Der Forschungsarbeit wurden die Anforderungen zur Einbruchhemmung gemäß DIN V 18054 zugrunde gelegt. Allerdings änderte sich die Normungssituation im Verlauf der Arbeiten des Forschungsprojekts mehrfach. Die Bewertung einbruchhemmender Holzfenster wurde im Abschlussbericht zwar nach DIN V 18054 vorgenommen. Allerdings wurden die Anforderungen so formuliert, dass sie auch mit den Widerstandsklassen 1 bis 6 der europäischen Vornormen ENV 1627 bis 1630 im Einklang standen. Aufgrund der umfangreichen Testreihen an gesamten Fenstern sowie der Bauteil- und Einzelteilversuche war eine direkte Zuordnung der Konstruktionen zu den in den Normen festgelegten Widerstandsklassen möglich. Die Zuordnung zu den in DIN V 18054 festgelegten Klassen EF0 bis EF2 war eindeutig. Ebenso konnte eine Einstufung einbruchhemmender Holzfenster in die Widerstandsklassen 1 bis 3 nach ENV 1627 erfolgen. Zudem wurde erkannt, dass einige Kriterien in ihrem Anforderungsniveau reduziert werden können, wenn bestimmte Zusatzmaßnahmen umgesetzt werden. Außerdem konnte durch Kombination verschiedener Zusatzmaßnahmen die nächsthöhere Widerstandklasse erreicht werden. © 06/2016 ift Rosenheim | Theodor-Gietl-Straße 7-9 | 83026 Rosenheim www.ift-Rosenheim.de | [email protected] | Tel./Fax 08031/261-0/290

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Die Anforderungen wurden in Tabelle 2 „Mindestanforderungen zur Vorherbestimmung der einbruchhemmenden Widerstandsklasse von Holzfenstern“ zusammengestellt. Somit war es dem Hersteller von Holzfenstern möglich, sein Fenster bereits in der Planungsphase einer Widerstandsklasse zuzuordnen bzw. seine Konstruktion entsprechend aufzubauen, um so die raschere Markteinführung seines Produktes zu unterstützen. Tabelle 2

Mindestanforderungen zur Vorherbestimmung der einbruchhemmenden Widerstandsklasse von Holzfenstern

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ift-Forschungsprojekte von 1996 bis 2000 1996 1996 1998 1998 1998 1998 1998 1999 1999 1999 2000 2000

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Geklebte Glaselemente in Holztragwerken Konstruktionsmerkmale für schalldämmende Wohnungseingangstüren und Bürotüren aus Holz und Holzwerkstoffen Konstruktionsmerkmale für einbruchhemmende Holzfenster Sommerlicher Wärmeschutz mit modernen Fenstern Innovative Verbundfensterkonstruktionen mit geklebten Glaselementen Einsatz von geklebten Glaselementen in Holztragwerken Verwertungskonzepte für Holzfenster Aussteifende Wirkung der Verglasung bei Wintergärten aus Holz Überarbeitung von DIN 4109, Beiblatt 1, Tabelle 40 Konstruktionsgrundlagen für mehrgeschossige Holzfassaden Überprüfung des Einflusses von Stoßstellen bei Fassaden Innovative Holzfensterkonstruktionen

Auswirkung der Ergebnisse

3.1 Entwicklung in der Praxis Bis Mitte der 90er-Jahre kam es zu einer dramatisch gestiegenen Zahl der Einbrüche. In den folgenden Jahren ist diese Zahl erfreulicherweise gesunken. Dennoch lagen zu viele Einbruchsdelikte vor, von denen ein Großteil auch „erfolgreich“ beendet werden konnte. Ein Meilenstein bei der Entwicklung der normativen Grundlagen für die Prüfung einbruchhemmender Bauteile war das Inkrafttreten der Normenreihe DIN V ENV 1627 [6] ff. im Jahr 1999. Die Überführung der Vornorm zur seit September 2011 gültigen DIN EN 1627 [7] ff. (Bild 1) brachte dann doch mehr Arbeit und Abstimmungsbedarf auf europäischer Ebene mit sich.

Bild 1 Entwicklungsschritte von der ift-Richtlinie zur europäischen Normenreihe © 06/2016 ift Rosenheim | Theodor-Gietl-Straße 7-9 | 83026 Rosenheim www.ift-Rosenheim.de | [email protected] | Tel./Fax 08031/261-0/290

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3.2 Eingriffspunkt der Verriegelung als Einflussgröße Auch für die Einbruchhemmung von Fenstern gilt der Grundsatz, dass alle Einzelkomponenten das gleiche Sicherheitsniveau einhalten müssen. Das schwächste Glied der Kette kann in mehreren Bereichen liegen. Dennoch ist es naheliegend, dem Beschlag mehr Aufmerksamkeit zu widmen, da er zwei Komponenten zu einem Bauteil verbindet. Im Forschungsprojekt [5] wurden verschiedenste Versuche durchgeführt und Ergebnisse gewonnen. Speziell die Zugversuche haben in der Beschlagindustrie auch heute noch sowohl für die werkseigene Produktionskontrolle als auch für die Zertifizierung große Bedeutung. Eine häufige Problemstelle ist in der Praxis der Eingriff des Pilzkopfes in das Schließblech. Man ging damals bei den Zugversuchen von einem Eingriff des Pilzkopfes von 8 mm als realistischem Mittelwert aus. Dieser Mindesteingriff sollte auch heute bei jedem Schließpunkt eingehalten werden, um die Leistungsfähigkeit der Beschläge und Fensterelemente sicherzustellen. Bei geringeren Werten steigt nicht nur die Scherbelastung auf das Schließstück, was zum vorzeitigen Bruch führen kann. Speziell bei der Werkzeugprüfung kann der Pilzkopf schlichtweg aus dem Schließteil gehoben werden (Bild 2).

Bild 2 Der Eingriffspunkt des Pilzzapfens in das Schließstück [5]

In der Prüfpraxis können beispielsweise Fensterelemente mit 8 gut eingestellten Verriegelungsstellen zu positiven Ergebnissen führen, während am gleichen Element 20 schlecht eingestellte Verriegelungsstellen nicht ausreichend lange standhalten.

3.3 Lücken durch Nachrüstung schließen Möglichkeiten, auch bei der hohen Anzahl bereits verbauter Fenster und Türen eine nachträglich eingebaute Sicherung zu belegen, lieferte die Erarbeitung entsprechender Prüfnormen. Die Eigenschaften von Nachrüstmaßnahmen an Fenstern und Türen konnten für © 06/2016 ift Rosenheim | Theodor-Gietl-Straße 7-9 | 83026 Rosenheim www.ift-Rosenheim.de | [email protected] | Tel./Fax 08031/261-0/290

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aufschraubbare Nachrüstprodukte durch DIN 18104-1 [8] sowie für im Falz eingelassene Nachrüstprodukte durch DIN 18104-2 [9] nachgewiesen werden. Somit kann auch ein sehr gutes Sicherheitsniveau geschaffen werden, ohne dass ursprünglich eine einbruchhemmende Ausführung beauftragt wurde. Erwähnenswert ist, dass sich durch diese „Nische“ in den letzten Jahren ein neuer Markt entwickelt hat, der zunehmend an Bedeutung gewinnt. Allerdings sollte ein geprüftes und zertifiziertes Bauteil immer bevorzugt werden!

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Aktueller Stand

4.1 Entwicklung mit Licht- und Schattenseiten Seit ca. 10 Jahren sind wieder stark steigende Einbruchzahlen mit zunehmender Tendenz zu verzeichnen (Bild 3). Eine Studie der nordrhein-westfälischen Polizei kam allerdings zu dem Ergebnis, dass auch der Anteil der fehlgeschlagenen Einbrüche steigt und zuletzt bei 42 % lag. Das bedeutet, dass die Täter bei fast jedem zweiten Einbruchversuch scheitern. Vermutlich wurden sie auch einmal durch aufmerksame Nachbarn vertrieben. Der Hauptgrund dürfte aber an wirksamen mechanischen Sicherungseinrichtungen liegen.

Bild 3 Entwicklung der Fallzahlen zu registrierten Wohnungseinbrüchen in Deutschland (Grafik: ift Rosenheim; Datenquelle: Polizeiliche Kriminalstatistik 2001 und 2015)

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Zudem haben sich einbruchhemmende Bauteile konstruktiv so entwickelt, dass sie sich speziell in der weit verbreiteten Widerstandsklasse 2 optisch nicht mehr von Standardprodukten unterscheiden. So wurden im damaligen Forschungsprojekt [5] bei Holzfenstern Wetterschutzschienen in verstärkter Ausführung und mit massiver Verschraubung eingesetzt. Durch die Weiterentwicklung der Beschläge kann man heute bei Nachweisen für einbruchhemmende Holzfenster die Wetterschutzschiene nahezu vernachlässigen. Prüfungen werden meist ohne Wetterschutzschiene durchgeführt. Die „Mehrbelastung“ der Konstruktion speziell im unteren offenen Bereich wird durch die leistungsfähigeren Beschläge ausgeglichen.

4.2 Wärmeschutz trifft Einbruchhemmung Auch im Bereich der Einbruchhemmung nahm der Einsatz von Kunststoffprofilen mehr und mehr zu; entsprechende Prüfungen wurden durchgeführt. Die Ausführung von hochwärmedämmenden Fenstern mit einbruchhemmenden Eigenschaften ist grundsätzlich kein Widerspruch. Jedoch entwickelten sich hier mit Kunststoffprofilen bessere Möglichkeiten. Im Forschungsprojekt „Holzfenster 2012; Nachhaltige Optimierung von Holzfensterprofilen zur Erreichung der Anforderungen der EnEV 2012“ [10] wurden auch die Auswirkungen auf die Einbruchhemmung berücksichtigt. Verschiedene Rahmenvarianten wurden geprüft und konnten auch positiv nachgewiesen werden (Bild 4). Die Sicherung der Glasanbindung wurde früher durch im Glasfalz eingesetzte Winkel, Winkel auf der Raumseite und verschraubte Glashalteleisten umgesetzt. Die Verklebung der Glasanbindung wurde auch im damaligen Forschungsprojekt überprüft, war in der Praxis jedoch eher als Exot anzusehen. Gründe hierfür waren der hohe Aufwand und die Schwierigkeiten beim Einbringen des Klebstoffs. Ebenfalls gab es Verträglichkeitsprobleme mit dem Randverbund. Klebstoffhersteller haben am ift Rosenheim umfangreiche Prüfungen zur Randverbundverträglichkeit durchführen lassen; auch bezüglich der Verarbeitung des Klebstoffs wurde sehr viel für die Verarbeiter getan. Heute ist auch der Einsatz von Klebstoffen durch gut gelöste Systeme mit Nachweisen nahezu zum Standard geworden. Durch das Einbringen des Klebstoffs in den Überschlag und Falzgrund wird zudem der Schwachpunkt des Überschlags gesichert. Dies ersetzt das Verschrauben der Glashalteleisten (mit der vom Endverbraucher schwer akzeptablen sichtbaren Verschraubung) und den Einsatz von Winkeln im Glasfalz (mit entsprechender Wärmebrücke) in der verbreiteten Klasse WK2/RC2.

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Bild 4 Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt „Holzfenster 2012“ [10]

4.3 Umsetzung in der Praxis Heute kann nahezu jeder Hersteller über Systemunterlagen von Systemhäusern, Verbänden und Beschlagherstellern einbruchhemmende Elemente in Lizenz herstellen und den erforderlichen Nachweis liefern. Hierzu ist eine Schulung notwendig, um die wichtigen Details bei Herstellung und Montage zu berücksichtigen. Die Überwachung und Zertifizierung der Hersteller dienen als Nachweis und Qualitätssicherung; sie sind bei Ausschreibungen meist gefordert. Zudem ist die Überwachung Grundvoraussetzung, um in den „Herstellerverzeichnissen der Landeskriminalämter“ gelistet zu werden.

5

Ausblick

Durch die Entwicklung der Produkte und die stark steigenden Einbruchsdelikte der letzten Jahre wurde vermehrt der Einsatz einbruchhemmender Produkte in den Vordergrund gestellt. Im öffentlichen Bereich ist die einbruchhemmende Ausführung bei Fenstern und Türen längst zum Standard geworden. Durch die intensive Medienpräsenz und nun auch durch staatliche Förderungen sollte sich auch beim privaten Bauherrn die einbruchhemmende Ausführung als „Standard“ etablieren. © 06/2016 ift Rosenheim | Theodor-Gietl-Straße 7-9 | 83026 Rosenheim www.ift-Rosenheim.de | [email protected] | Tel./Fax 08031/261-0/290

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Auch hochwärmegedämmte Fenster sind mit verschiedensten Rahmenmaterialien produzierbar und praxistauglich. Durch umfangreiche Prüfserien können Hersteller nahezu jegliche Bauarten einbruchhemmend ausführen und so eine große „sichere Produktpalette“ bieten. Als Teil der Sicherheitskette ist neben der Konstruktion auch der Mensch – vom Bauherrn bis zum Hersteller – gefordert, entsprechende Sicherheitsmaßnahmen zu verlangen bzw. umzusetzen, um einen wirksamen Schutz zu gewährleisten.

Literatur [1]

25 Jahre Institut für Fenstertechnik e.V.; Ein Überblick. Institut für Fenstertechnik e.V., Rosenheim 1991

[2]

Entwurf DIN 18103:1989-09 Türen; Einbruchhemmende Türen; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen. Beuth Verlag GmbH, Berlin

[3]

Richtlinie zur Prüfung und Beurteilung einbruchhemmender Fenster. Institut für Fenstertechnik e.V., Rosenheim 1987

[4]

Vornorm DIN V 18054:1991-12 Fenster; Einbruchhemmende Fenster; Begriffe, Anforderungen, Prüfungen und Kennzeichnung. Beuth Verlag GmbH, Berlin

[5]

Schmid, J.; Stengel, F.; Götz, M.; Krause, H.; Moosreiner, J.; Sieberath, U.; Weimann, W.: Konstruktionsmerkmale für einbruchhemmende Holzfenster. Forschungsbericht des ift Rosenheim, 1998

[6]

DIN V ENV 1627:1999-04 Fenster, Türen, Abschlüsse – Einbruchhemmung – Anforderungen und Klassifizierung. Beuth Verlag GmbH, Berlin

[7]

DIN EN 1627:2011-09 Türen, Fenster, Vorhangfassaden, Gitterelemente und Abschlüsse – Einbruchhemmung – Anforderungen und Klassifizierung. Beuth Verlag GmbH, Berlin

[8]

DIN 18104-1:2000-09 Einbruchhemmende Nachrüstprodukte – Teil 1: Anforderungen und Prüfverfahren für aufschraubbare Nachrüstprodukte für Fenster und Türen. Beuth Verlag GmbH, Berlin

[9]

DIN 18104-2:2002-11 Einbruchhemmende Nachrüstprodukte – Teil 2: Anforderungen und Prüfverfahren für im Falz eingelassene Nachrüstprodukte für Fenster und Türen. Beuth Verlag GmbH, Berlin

[10] Bliemetsrieder, B.; Sack, N.: Holzfenster 2012; Nachhaltige Optimierung von Holzfensterprofilen zur Erreichung der Anforderungen der EnEV 2012. Forschungsbericht des ift Rosenheim, 2011

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Autoren Dipl.-Ing. (FH) Gabriele Tengler ist stellvertretende Leiterin der Abteilung PR & Kommunikation und seit 1978 als Mitarbeiterin am ift Rosenheim tätig. Viele Jahre war sie zuständig für die Technische Auskunft und organisierte über 20 Jahre auch die Rosenheimer Fenstertage. Seit über 35 Jahren betreut sie die Pressearbeit des ift, um das erarbeitete Wissen zielgruppenorientiert und mediengerecht aufzubereiten und der Branche zur Verfügung zu stellen.

Jens Pickelmann ist seit 2006 Mitarbeiter am ift Rosenheim. Als gelernter Schreiner und Holztechniker (HTR) ist er als Prüf- und Produktingenieur für den Bereich Einbruchhemmung und mechanische Sicherheit, als Sachverständiger und Auditor tätig. Als stellvertretender Vorsitzender im Erfahrungsaustauschkreis „Einbruchschutz“ der Prüfstellen, als Seminarleiter für die Ausbildung zum mechanischen Errichter sowie als Referent gibt er seine Erfahrungen weiter.

Über das ift Rosenheim Das ift Rosenheim ist eine europaweit notifizierte Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle und international nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiert. Im Mittelpunkt steht die praxisnahe, ganzheitliche und schnelle Prüfung und Bewertung aller Eigenschaften von Fenstern, Fassaden, Türen, Toren, Glas und Baustoffen. Ziel ist die nachhaltige Verbesserung von Produktqualität, Konstruktion und Technik sowie Normungsarbeit und Forschung. Die Zertifizierung durch das ift Rosenheim sichert eine europaweite Akzeptanz. Das ift ist der Wissensvermittlung verpflichtet und genießt als neutrale Institution deshalb bei den Medien einen besonderen Status – die Publikationen dokumentieren den aktuellen Stand der Technik.

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