Hypnotherapie bei Enuresis

Hypnotherapie bei Enuresis Daniel Bass, Dipl.Psych. Kindertagung 2016, Heidelberg MILTON ERICKSON INSTITUT ROTTWEIL · BAHNHOFSTRASSE 4 · 78628 ROTTWE...
Author: Karola Holst
21 downloads 2 Views 187KB Size
Hypnotherapie bei Enuresis Daniel Bass, Dipl.Psych. Kindertagung 2016, Heidelberg

MILTON ERICKSON INSTITUT ROTTWEIL · BAHNHOFSTRASSE 4 · 78628 ROTTWEIL TELEFON 0741-41477 · FAX 0741-41773 · [email protected] · WWW.MEG-ROTTWEIL.DE

Seminarübersicht • • • • • •

Definitionen Ursachen bzw. beitragende Faktoren Individuelles Erleben und Symptomgeschichte Behandlungsmöglichkeiten Hypnotherapeutische Strategien Übung Fallgeschichte

2

1

Definitionen Enuresis • Enuresis nocturna (nächtliches E.) und Enuresis diurna (E. am Tag). Mischform Enuresis nocturna et diurna. Enuresis nocturna: • Primäre Enuresis nocturna (PEN): Kind (über 5 Jahre) war noch nie

länger trocken, über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten. • Sekundäre Enuresis: Kind hatte schon trockene Phasen. • Kein Einnässen bei Tag (E. diurna) • Enuresis: mind. 2x pro Woche über mind. 3 Monate • DSM-IV Zusatz: klinisch relevante Belastung und Einschränkung in

sozialen oder schulischen Bezügen. • Medizinische/neurologische Ursachen und Entwicklungsverzögerungen sind auszuschliessen. 3

Prävalenz

4

2

Prävalenz • • • • • •

bis 4 Jahre: 25%. PEN erst ab 5 Jahren. 6 Jahre: ca. 10% 10 Jahre: ca. 5% Einnässen nachts 2-3 so häufig wie tagsüber. 1,5-2 mal mehr Jungs als Mädchen Primäre Enuresis nocturna i.a. häufiger als sekundäre.

5

Übersicht • • • • • •

Definitionen Ursachen bzw. beitragende Faktoren Individuelles Erleben und Symptomgeschichte Behandlungsmöglichkeiten Hypnotherapeutische Strategien Übung Fallgeschichte

6

3

Ursachen bzw. beitragende Faktoren • Medizinisch • Emotional/psychisch • Verhaltensbezogen/Gewohnheit

7

Ursachen bzw. beitragende Faktoren Medizinische Ursachen • Entwicklungsverzögerung (häufiger bei PEN) • Strukturelle Störung: Funktionelle Blasenkapazität zu gering • Physische Probleme: Urintrakt Infektion, Diabetes, Nierenstörung, Spina Bifida.

8

4

Ursachen bzw. beitragende Faktoren Emotionale und psychische Faktoren • Akute psychische Faktoren wie emotionaler Stress, Ängste aufgrund belastender Lebensereignisse. • Probleme in der Schule • Mobbing • Probleme in Freundschaften • Familienprobleme, Trennung/Scheidung der Eltern • Todesfälle in der Familie/Bekannten- oder Freundeskreis • Umzug • Schulwechsel • etc.

9

Ursachen bzw. beitragende Faktoren Verhaltensorientierte Faktoren/Gewohnheit • Körper ist es gewohnt, im Schlaf alle Muskeln zu entspannen, und gleichzeitig NICHT auf Signale der Blase zu reagieren • Kind ist es u.U. auch „gewohnt“ einzunässen, weil externe Faktoren nicht helfen (wie Medikamente, Klingelhose, Aufwecken)  gelernte Hilflosigkeit? • Erlebter „tiefer“ Schlaf, von Kind wie von Eltern so eingeschätzt.  Hier liegt Hauptmöglichkeit der Hypnotherapie 10

5

Übersicht • • • • • •

Definitionen Ursachen bzw. beitragende Faktoren Individuelles Erleben und Symptomgeschichte Behandlungsmöglichkeiten Hypnotherapeutische Strategien Übung Fallgeschichte

11

Individuelles Erleben und Symptomgeschichte • Hoher Leidensdruck (im „Normalfall“) • Unwillkürliches Einnässen  keine Kontrolle haben

über nächtliches Einnässen, Erleben von NichtBeeinflussbarkeit/Hilflosigkeit (vs. willkürliches Einnässen) • Erwartungshaltung oftmals: nasses Bett • Windeln, entsprechend schützende Hosen/Matratzen:

kann Haltung verstärken • Leidensdruck, Scham, geringes Selbstwertgefühl • Hoffnung? Veränderungsmotivation? • Ausnahmen? „Wie hast du das gemacht“ 12

6

Übersicht • • • • • •

Definitionen Ursachen bzw. beitragende Faktoren Individuelles Erleben und Symptomgeschichte Behandlungsmöglichkeiten Hypnotherapeutische Strategien Übung Fallgeschichte

13

Behandlungsmöglichkeiten • Medizinische Behandlung • Verhaltensorientierte Behandlung (Klingelhose, Klingelmatratze, Aufwecken in der Nacht, Trinkkontrolle, Belohnungs(- und Bestrafungs-)systeme, Verstärkerpläne, Verhaltenstherapie, Gesprächstherapie) • Hypnotherapeutische Strategien

14

7

Übersicht • • • • • •

Definitionen Ursachen bzw. beitragende Faktoren Individuelles Erleben und Symptomgeschichte Behandlungsmöglichkeiten Hypnotherapeutische Strategien Übung Fallgeschichte

15

Hypnotherapeutische Strategien • • • •

Multi-modales Vorgehen Hypnotherapie Hypnose/Selbsthypnosetraining Elterngespräch vorab

• Kalender führen • Hausaufgaben geben

16

8

Hypnotherapie - Sitzungsablauf • Elterngespräch vor 1. Stunde mit Kind/Jugendlichen • Erstgespräch mit Kind • 2. Sitzung: Bei 1. Stunde ansetzen, Selbsthypnosetraining (SH). • 3.-6. Sitzung, SH-Training, Spezifizierung des SHTrainings (evtl. CD-Aufnahme mitgeben), MotivationsCheck, Verstärkerpläne dazunehmen? • Weitere Sitzungen?

17

Elterngespräch vorab Erfragen • Medizinische Untersuchungen • Trockenphasen • Was hat nicht geholfen/ zeitweise geholfen (Ausnahmen) • Erwartungshaltung der Eltern (unangebrachter Druck?) • Stressoren aus Sicht der Eltern • Stressoren aus Sicht des Kindes (zirkuläres Fragen) • Hobbies des Kindes • Stärken des Kindes

18

9

Elterngespräch vorab Mitteilen Therapievorgehen: • Alleiniges Arbeiten mit dem Kind • Selbstwertstärkung • Verantwortungsdelegation • Autonomie des Kindes: • Selbst waschen/oder Wäsche abziehen • Selbsthypnosetraining

• Therapieverlauf: Rückfallmöglichkeit  positive Haltung • Tokensystem evtl. zusätzlich vorbehalten. • Eltern hinzuziehen, falls als nötig eingeschätzt. 19

Hypnotherapie • ca. 6 Sitzungen • Multimodales Vorgehen • Moderne indirekte Hypnose, kein klassisches direktives Vorgehen

20

10

Hypnotherapie Erstgespräch • Kurzer Einstieg ins „Problemthema“ • Statistik über Bettnässen erzählen • Wie waren bisherige Therapieversuche? • Was denkst du über das Problem? • Wenn‘s schon mal trocken war, wie hast du das geschafft? • Einstieg in Ressourcenthemen/Hobbies: körperbezogene Hobbies vorhanden? • Erklärung der Anatomie

21

Hypnotherapie Erklärung der Anatomie • Aufmalen auf Blatt/Flipchart in Form des gemeinsamen Herausfindens • Zeichnung mitgeben, erste Hausaufgabe • Weg vom Zimmer zum Bad

aus „Lehrbuch der Kinderhypnose und -hypnotherapie“, Olness/Kohen.

• Aufklärung • erstes Verantwortungsgefühl • Neugier, etwas neues zu lernen • Aufmerksamkeitsgestaltung • Externalisierung 22

11

Hypnotherapie Erstgespräch  Erwartungshaltung unterbrechen  Rapportaufbau:  Vertrauen aufbauen

 Kind sollte Gefühl haben, dass es ernst genommen und respektiert

wird  Neugier wecken

 Aktivieren des Kompetenzbewusstseins (Hobbies, aufzählen)  Solidarisierung mit dem Kind  „Bühne bauen“ für Selbsthypnoseübung in der 2. Stunde, Utilisation (s. Videoclip; Thomas: Analogie zu Minigolf, Mentales Training bei Sportlern->Lukas Podolski) 23

Hypnotherapie Erstgespräch • mögliche Hausaufgaben • Zeichnung mitnehmen, ist „Vor“arbeit zur Selbsthypnoseübung • Genau „messen“, wie der Weg vom Zimmer zur Toilette ist. Bild

dazu malen lassen. • Kalender führen • Positive Vorteile überlegen, wenn das Bett morgens trocken ist • Was ist gut/schlecht daran, wenn das Bett naß ist? • Beim Pinkeln tagsüber: Starten-Stoppen-Halten-Starten… • Überlegen, in welcher Art die Info von Blase ans Gehirn am besten

geht (mit Lichtstrahlen, mit Rennautos etc.)

 Anschauliches Vermitteln, was Selbsthypnose bzw. „Vorstellungsübung“ sein wird.

24

12

Pause 25

Seminarübersicht • • • • • •

Definitionen Ursachen bzw. beitragende Faktoren Individuelles Erleben und Symptomgeschichte Behandlungsmöglichkeiten Hypnotherapeutische Strategien Übung: Fallgeschichte „Trockene Betten“

26

13

Übung: Fallgeschichte Trockene Betten • Ergebnisse im Plenum

27

Hypnotherapie 2. Termin • Bühne gebaut  „Abholen“ anhand der Zeichnung der beteiligten Körperfunktionen; Teileaspekt (Gehirn, Blase, Chef) • an Analogien anknüpfen • Selbsthypnose/Konzentrationszustand erklären; (körperorientierte) Fokussierung (Thomas: Minigolf) • Selbsthypnosetechnik / Vorstellungsübung vorbereiten (bei Thomas: Profisportler/Lukas Podolski und Minigolf) und mit Klient gemeinsam Ideen ausarbeiten  Sprache des Kindes erfassen/einbauen • Lernkurve thematisieren (Thomas: Konditionstraining Profisportler) 28

14

Hypnotherapie 2. Termin • Selbsthypnosetechnik: 5x 4x 3x 2x 1x • Sinne nutzen: visuell-auditiv-kinästhetisch-olfaktorischgustatorisch, VAKOGs • Dann in schöne Erinnerung eintauchen oder Fähigkeit utilisieren und da eintauchen. Bsp. Thomas: Minigolf • Danach in die Verbildlichung der Gehirn-Blase Kommunikation, Worte/Sprache des Klienten nutzen: „Blase voll->Signal an Gehirn „Aufwachen“->Signal an Chef „Aufstehen“->zur Toilette gehen->wieder ins trockene Bett zurückgehen->morgens in einem trockenen Bett aufwachen • zusätzliche Suggestionen des Therapeuten im Anschluß  29

Hypnotherapie 2. Termin • zusätzliche Suggestionen des Therapeuten: • Lernaspekt: Metapher vom Schreibenlernen, oder individuelle

Lerngeschichte „anzapfen“ (Thomas: Minigolf) • Lernkurve: 1x trocken leichter als 2x, 2x trocken leichter als 3x etc. • Rückfallprophylaxe: „es kann mal reingehen, aber dein Körper gibt dir immer wieder neue Möglichkeiten zum Üben“

30

15

Hypnotherapie 2. Termin, Ausblick auf nächste Stunde • SH-Übungen: 1x täglich, ca. 20 Minuten, brauchen Zeit, kein Druck. Dann machen wenn noch „fit“ • Auch Gehirn und Blase werden jetzt Neues lernen von dir • Nächster Termin in 2-3 Wochen • „Es können dir neue eigene Ideen und Bilder kommen, während du die Übungen machst“

31

Hypnotherapie 3. Termin • Realitäts-Check mit Kalender • Abfrage der Erfahrungen mit SH • Anpassung/Erweiterung der SH-Übung. Bsp. Thomas: Gehirn als Computer-Schaltzentrale. Tobias; Delphingehirn • „Mit dem Kind mitgehen“. • Ziele verhandeln/nachverhandeln CD-Aufnahme zu überlegen? Token zu überlegen?

32

16

Hypnotherapie 4. Termin • Realitäts-Check mit Kalender • Hypnose-Adaption, z.b. Zeitprogression:  Bsp. Thomas: „zum Lehrer gemacht“, Vorwegnahme von Erfolg  Bsp. Tobias: „Zusatz-Signal der Blase bei 30%“ • Nächste Lernstufe darin enthalten • Ziele verhandeln/nachverhandeln CD-Aufnahme zu überlegen? Token zu überlegen? 33

Hypnotherapie Diese 4-6 Sitzungen: • Dauer ca. 6-12 Wochen Follow-Up Stunden • Beispiel Thomas: • Nach 1 Jahr • Nach weiteren 10 Monaten

Weitere Faktoren zu berücksichtigen • Belohnungssystem einbauen? (Thomas: FC Bayern) • Systemische Aspekte (Thomas: Fahrt mit Vater) 34

17

Literatur • „Die Pupille des Bettnässers“, Mrochen/Holtz/Trenkle, CarlAuer Verlag, 2015 (8. Auflage) • „Lehrbuch der Kinderhypnose und -hypnotherapie“, Olness/Kohen, Carl Auer Verlag, 2006 (2. überarbeitete Auflage) • „Scripts and Strategies in Hypnotherapy with Children“, Lynda Hudson, Crowne House Publishing, 2009 • „Enuresis“, A. von Gontard/G. Lehmkuhl, Hogrefe Verlag, 2009 (2. überarbeitete Auflage) • „Die Lehrgeschichten des Milton Erickson“, Sidney Rosen, Iskopress, 2011, Nachdruck 35

Email: [email protected]

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 36

18