Hühnerhaltung im eigenen Garten

Grundlegendes zur Biologie von Hühnern, Tipps zum Stallbau, geeignete Rassen für Hobby-Halter und Kurioses rund ums gar nicht so dumme Huhn

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Inhaltsverzeichnis Die Zeit ist reif für „alte“ Hühner Hühnerzucht in Deutschland – Hybriden und Zwiehühner

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Vorteil des Zwiehuhns für den Hobbyhalter

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Ich wollt’, ich hätt’ ein Huhn – nur welches? Fragen vor dem Hühnerkauf

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Das Hühnerparadies im eigenen Garten

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Streithähne & Arbeit: Der unromantische Teil der Hühnerhaltung

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Artgerechte Haltung – gesunde Hühner

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Biologie von Hühnern Sinneswahrnehmung und Kognitionen: Sehen, hören und „sprechen“

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Nahrungsaufnahme und Verdauung

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Der sechste Sinn

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Fortpflanzung: Hähne täuschen Sex vor

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Entwicklung des Kükens im Ei

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Die Mauser

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Das braucht ein Huhn Der Hühnerstall

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Der Auslauf

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Das Futter

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Rassehühner im Portrait Bankiva – Das „Urhuhn“

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Sundheimer

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Altsteirer

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Deutsches Lachshuhn

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Bergischer Kräher

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Westfälischer Totleger

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Kurioses und Wissenswertes rund ums Huhn Wetterhahn und Leasinghuhn, Osterei und Henne-Ei-Problem

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Das Ei des Kolumbus

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Die Zeit ist reif für „alte“ Hühner! Der Urlaub auf dem Bauernhof könnte so schön sein, wenn da nicht Oskar wäre. Jeden Morgen, kurz vor halb sechs, stolziert er in den Hof, wirft sich in die Brust, sperrt den Schnabel auf und schmettert herausfordernd sein „Kikeriki“ in die klare Landluft. Sein Krähen ist laut, es ist ausdauernd und vor allem ist es ansteckend. Schnell fallen die Nachbarhähne in das frühmorgendliche Konzert ein und liefern sich ein akustisches Duell, das Oskar locker gewinnt. Denn Oskar ist ein Bergischer Kräher und klar im Vorteil. Rassebedingt ist sein Krähruf zwar nicht lauter, aber auffälliger und bis zu fünfmal so lang wie der Ruf anderer Hühnerrassen. Die Langkräheigenschaft ist fest im Morgendliches Duell der Misthaufenkönige Bergischer Kräher und Sundheimer Hahn

Zuchtziel verankert und wird in regelmäßigen Krähwettbewerben selektiv gefestigt und verstärkt.

Zwölf deutsche Haushuhnrassen stehen auf der roten Liste Oskar macht seiner Rasse alle Ehre. Er ist der unangefochtene Misthaufenkönig der Region und kräht, als gelte es sein Leben. In gewisser Weise tut es das auch. Denn der Bergische Kräher ist stark gefährdet. Gemeinsam mit elf anderen alten deutschen Haushuhnrassen steht er auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Nutztierrassen. Weitere fünf sind zur Bestandsbeobachtung vorgemerkt. Bedenkt man, dass es nur etwa zwei Dutzend deutsche Hühnerrassen gibt, sind das eine ganze Menge. Hühner wurden in Deutschland zwar schon in der frühen Eisenzeit gehalten, hatten aber nie den Stellenwert wie beispielsweise in Frankreich. Sie liefen auf den Höfen mit und mussten sich ihr Futter weitgehend selbst suchen. Verschiedene Typen und Schläge waren zwar bekannt, eine gezielte Zuchtarbeit entstand in Deutschland aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts.

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Zwiehühner vereinen gute Legeleistung und guten Fleischansatz Damals wurden auch die ersten Züchtervereinigungen gegründet. Ziel war die Züchtung robuster, anspruchsloser Landhühner. Neben reinen Fleisch- oder Legehühnern entstanden Zwiehuhnrassen, die eine gute Legeleistung mit gutem Fleischansatz kombinieren. Das Aufkommen der Massentier-

Hühner liefen auf den Höfen mit und suchten sich ihr Futter weitgehend selbst. Verschiedene Schläge gab es zwar, doch erst Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden die ersten Zuchten.

haltung nach dem Zweiten Weltkrieg setzte der Artenvielfalt ein Ende. Die alten Hühnerrassen waren nicht mehr wirtschaftlich ge-

nug und wurden durch Hybriden ersetzt. Hybriden sind Kreuzungen besonders leistunsfähiger Rassen oder Zuchtlinien, die auf gute Legeleistung oder schnelles Wachstum hin „optimiert“ wurden. Heute soll es weltweit nur noch etwa acht Zuchtlinien für Masthühner und zehn für Legehennen geben. Um die genetische Vielfalt, die Biodiversität, zu erhalten, wird die Rassezucht zwar auch von Wirtschaftsbetrieben gewünscht, in der Realität aber kaum von diesen Betrieben geleistet. Der Anteil alter Haushuhnrassen am Gesamtgeflügelbestand hat seit dem Aufkommen der industriellen Hühnerhaltung kontinuierlich abgenommen. Etwa eineinhalb bis zwei Millionen Rassehühner gibt es in Deutschland, schätzt Dr. med. vet. Uwe Bamberger, Kreisvorsitzender der Geflügelzüchter Oberschwabens. Auf diese kommen rund sechzig Millionen Legehybriden und ein Vielfaches an Masthühnern.

150.000 deutsche Rassehuhnzüchter sind in Zuchtvereinen organisiert Lange schien es, als hätte das Rassehuhn ausgedient. Viele Rassen wurden nur noch zu Ausstellungszwecken gezüchtet, Schönheit stand dabei nicht selten vor Nutzwert. Manche büßten auch ihre Robustheit ein, wurden anfälliger und pflegeaufwendiger. Mit der Gründung einzelner Zuchtringe hat sich diese Situation in den letzten Jahren aber verbessert, die Bestände haben sich stabilisiert, die Zuchtziele wurden klar ausgerichtet. 6

Etwa 150.000 Rassehuhnzüchter sind in den diversen deutschen Zuchtvereinen organisiert, auf Ausstellungen lassen sie ihre Tiere regelmäßig von Fachleuten bewerten. Für den Laien sind die Unterschiede minimal und oft nur sichtbar, wenn ein Kenner gezielt auf sie hinweist. Ein paar schwarze Federn zu wenig, ein Zacken zu viel im Kamm oder ein zu klein geratener Kehllappen können für ein Huhn ausreichen, um die Beurteilung „vorzüglich“ in weite Ferne zu rücken und als Zuchttier auszuscheiden. Das stellt die Einhaltung der Rassestandards sicher. Für den unbedarften Laien wirkt es wie verschrobene Pedanterie. Und der Kleintierzüchter, der sich in seiner Freizeit mit dem „dummen Huhn“ beschäftigt, wird oft genug milde belächelt. Doch die Hobbyzüchter leisten mit ihrer Zuchtarbeit einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität und zur Erhaltung aussterbender Rassen und verschiedener Hühnertypen mit unterschiedlichen Nutzungszwecken.

Hobbyzüchter wie Siegfried Mägele leisten mit ihrer Zuchtarbeit einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der genetischen Vielfalt.

Denn Huhn ist nicht gleich Huhn. Die Typenvielfalt innerhalb der rund 180 in Europa gehaltenen Rassen reicht von schweren Fleischhühnern mit über vier Kilogramm Körpergewicht über sportliche, hochbeinige Kampfhuhntypen bis hin zu Zwerghühnern, die kaum größer sind als eine Taube.

Die alten Zwiehuhnrassen eignen sich gut für die Hobbyhaltung Eine verwirrende Vielfalt für den zukünftigen Hobby-Hühnerhalter, der einfach nur ein paar Frühstückseierleger im Garten möchte. Das frische Ei aus artgerechter Haltung ist der meistgenannte Grund, warum sich Menschen überhaupt Hühner halten. „Da weiß man, was man hat“, meint Hühnerzüchter Siegfried Mägele. „Wenn Sie sich ansehen, wie Hühner in großen Legebetrieben gehalten werden, kriegen Sie das Grausen.“ Neben dem Wunsch, sich nach jahrzehntelangem Arbeiten mit technischen Geräten mit etwas Lebendigem zu beschäftigen, war das für den Teilrentner der Grund, sich eigene Hühner anzuschaffen. 7

Damit ist er nicht allein. Zunehmendes ökologisches Bewusstsein und die kritische Einstellung gegenüber der Massentierhaltung lassen die private Hühnerhaltung wieder interessant werden. Und damit auch die alten Haushuhnrassen. Denn diese eignen sich hervorragend für den Kleinhalter. Sie sind robust, pflegeleicht und können das ganze Jahr über ins Freie. Viele der Rassen sind typische Zwiehühner und liefern neben Eiern auch einen guten Sonntagsbraten.

Hohe Legeleistung hat ihren Preis Was die Legeleistung angeht, kann ein Rassehuhn nicht mit Legehybriden mithalten. Hybriden legen bis zu dreihundert Eier im Jahr. Die hohe Leistung hat ihren Preis. Das ständige Eierlegen ist für den Stoffwechsel eine enorme Herausforderung. Nur etwa ein Jahr lang hält ein Huhn das durch, danach sinkt die Legeleistung deutlich. In Legebetrieben werden die Hennen daher zudiesem Zeitpunkt geschlachtet und als Suppenhuhn vermarktet.

„Jeden Tag ein Ei, und sonntags auch mal zwei“? – Das ist alles andere als „nicht viel zu tun“. Eierlegen belastet den Stoffwechsel – hohe Legeleistung bezahlen die Hennen mit einem frühen Tod.

Gerade Hobbyhalter wollen ihre Hühner aber nicht jedes Jahr austauschen und greifen daher gerne auf die alten Zwiehühner zurück, die zwar weniger, dafür aber länger legen. „Sie sollten auch die Lebensleistung betrachten“, gibt Uwe Bamberger zu bedenken. „Gute Zwiehühner legen drei bis vier Jahre lang bis zu zweihundert Eier im Jahr. Damit sind sie für den Hobbyhalter ideal.“ Doch auch wenn die Entscheidung für ein Rassehuhn gefallen ist, stellt sich immer noch die Frage: Welches? Fast wöchentlich wird Uwe Bamberger nach Züchtern alter Hühnerrassen gefragt. „Entweder haben die Anrufer eine bestimmte Rasse auf einer Ausstellung gesehen und wollen wissen, wo sie diese bekommen, oder sie möchten eine generelle Empfehlung, welche Hühner für die Haltung im eigenen Garten in Frauge kommen“, sagt er.

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Ich wollt’, ich hätt’ ein Huhn – nur welches? Von Pauschalempfehlungen hält er allerdings nicht viel und antwortet für gewöhnlich mit einer Gegenfrage: „Was genau wollen Sie, und welche Haltungsbedingungen haben Sie?“ Er rät dringend, sich vor dem Hühnerkauf über die Wunschrasse zu informieren. Ansprechpartner können der örtliche Kleintierzuchtverein oder der Bund deutscher Rassegeflügelzüchter (BDRG) sein. Sie geben neben grundsätzlichen Tipps zur Hühnerhaltung auch Auskunft über die Eigenarten einzelner Rassen. Denn diese unterscheiden sich nicht nur in Aussehen und Legeleistung, sondern auch im Temperament erheblich.

Fragen Sie sich vor dem Hühnerkauf „Was will ich von meinen Hühnern?“ Und fragen Sie sich auch: „Was kann ich meinen Hühnern bieten?“ Mit einem solchen Misthaufen sind Sie für Hühner auf alle Fälle ein attraktiver Besitzer.

Altsteirer etwa sind aktive, eigenständige Hühner, die sich viel bewegen. Haben sie genügend Auslauf, suchen sie sich einen Großteil ihres Futters selbst. Ist der Auslauf zu klein, „vergrößern“ sie ihn. Sie verfügen über ein außergewöhnlich gutes Flugvermögen und lassen sich auch von einem zwei Meter hohen Zaun nur schwer zurückhalten. Andere Rassen wie das Sundheimer Huhn sind deutlich ruhiger und fliegen kaum. Ein hüfthoher Zaun reicht gewöhnlich, um sie im Garten zu halten. Sie sind zudem zutraulicher im Wesen und lassen sich leichter handzahm bekommen.

Die erste Frage beim Hühnerkauf: Wie tolerant sind meine Nachbarn? Bevor Sie losziehen, um sich Hühner zu kaufen, sollten Sie sich eine wichtige Frage stellen: Wie tolerant sind meine Nachbarn? Nicht jeder findet den Duft von Hühner lieben Beeren – plündern sie deswegen den Nachbargarten, gibt es Ärger.

Hühnerkot aromatisch, und frühmorgendliches Krähen ist auch nicht jedermanns Sache. Spätestens wenn Ihre Hühner über den Zaun fliegen und fremde Johannisbeerbüsche kahlfressen, gibt es Ärger. 9

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