HESSEN-FORST. Haselmausrundbrief Hessen Winter 2013

HESSEN-FORST Haselmausrundbrief Hessen Winter 2013 Liebe Haselmausfreundinnen und - freunde, gemeinsam haben wir eine neue Saison geschafft, wofür wir...
Author: Emil Beyer
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HESSEN-FORST Haselmausrundbrief Hessen Winter 2013 Liebe Haselmausfreundinnen und - freunde, gemeinsam haben wir eine neue Saison geschafft, wofür wir Euch/Ihnen an dieser Stelle herzlich danken möchten! Wir konnten unser Betreuungsnetz stabilisieren und bekamen 2012 mehr Rückmeldungen mit Ergebnissen als 2011. Einige von Euch/Ihnen durften wir Ende Oktober zum Erfahrungsaustausch bei der FENA in Gießen begrüßen. Wir empfanden das Treffen als sehr gelungen, dank der Gastfreundschaft der FENA und dank der sehr interessierten Beteiligung. Für die, die nicht dabei sein konnten: Themen waren nach einer Einführung in die Verpflichtung zum Monitoring (Dauerbeobachtung) der Haselmaus als europäisch geschützte Art, ein Abriss zu Biologie und Ökologie der Haselmaus, Hinweise zum Bestimmen von Alter und Geschlecht von Haselmäusen und Beispiele für Auswertungsmöglichkeiten der Daten aus den Kastenkontrollen. Es blieb ausreichend Zeit für den Austausch von Fragen und Anregungen zu den Kastenkontrollen. Leider spielte das Wetter nicht mit. Nach den sehr warmen Tagen im Oktober lag unser Treffen exakt in der ersten Kältewelle mit Schneefall. Geplant war eine gemeinsame Kastenkontrolle im Monitoringgebiet bei Wetzlar, um direkt am Tier vor allem die Geschlechtsdifferenzierung zu üben. Auf Grund der vorangegangenen kalten Nächte waren die Haselmäuse alle aus den Kästen verschwunden und wir mussten uns mit den Nestern begnügen. Johannes fand zwei Freinester, so dass wir diese Methode der Nachweisführung präsentieren konnten. Das Jahr 2012 ist hinsichtlich der Haselmaus in Hessen als schwaches Jahr einzustufen. Dabei sahen die Zahlen im Vorjahr vielversprechend aus. Im letzten Rundbrief berichteten wir von vielen Jungtieren. Selbst bei den Septemberkontrollen waren 2011 noch frische Würfe zu finden. Der Winter kam spät, so dass viele davon die Chance hatten sich ausreichend Fettreserven anzulegen. Die

Kontrollen im Juni 2012 brachten 141 Nester und 93 Haselmäuse (davon 9 Jungtiere) in 22 kontrollierten Monitoringgebieten. Die höchste Anzahl mit 19 Tieren aus 58 Kästen stammte dabei aus dem Ringgau (Osthessen). Die Herbstergebnisse waren dann deutlich geringer. Insgesamt liegen uns jetzt aus 27 Monitoring-Gebieten Daten für den Spätsommer/Herbst vor. Dabei sind 2.359 Nistkästen auf Haselmausbesatz untersucht worden. Im September/Oktober 2012 konnten nur 247 Nester und 177 Haselmäuse (davon 19 Jungtiere) gefunden werden. Zum Vergleich: im Vorjahr hatten wir aus 1.938 Nistkästen 228 Nester und 259 Haselmäuse (davon 124 Jungtiere).

Abbildung 1: Ein weißer Fellfleck am Rücken ist ein gutes Merkmal zur individuellen Tiererkennung

2012 lag der Vergleichswert Haselmäuse je 50 Kästen bei maximal 17,1 für das Spitzengebiet, 2011 hatte das beste Gebiet 30,6 Haselmäuse je 50 Kästen. In der englischen Literatur wird vermutet, dass das Auftreten von Echtmäusen (in England Waldmäuse, bei uns eher Gelbhalsmäuse) ganz wesentlich die Werte der Haselmausbesiedlung von Nistkästen beeinflussen. Das gilt nicht generell für unsere Untersuchungen. Es sind 2012 nicht deutlich mehr Echtmäuse in den Kästen gewesen. Der Siebenschläfer als harter Konkurrent fiel 2012 auch aus. In vielen Regionen hatten die Siebenschläfer dieses Jahr wegen der fehlenden Buchenmast keine Jungtiere, teilweise waren die Tiere nur für 3 Monate in den Kästen.

Haselmausrundbrief Hessen Winter 2013

Über die Ursachen für die geringen Haselmauszahlen können wir nur Vermutungen anstellen. Die Kollegen aus dem Westen von Rheinland-Pfalz und dem Saarland berichten von sehr vielen Haselmausbeobachtungen. Hingegen meinen die Art-Spezialisten aus Schleswig-Holstein, dass sie noch nie so wenige Haselmausnester bei ihren Kontrollen der Hecken und Waldränder finden konnten. Auch die sächsischen Monitoringdaten brachten nur wenige Nachweise. Vielleicht war das Wetter die Ursache für diese deutlichen regionalen Unterschiede. Der Südwesten Deutschlands hatte eher zu trockenes Sommerwetter während die Mitte, der Osten und der Norden viel Regen abbekamen. Dr. Pat Morris, der Haselmausspezialist Englands, bezeichnet die Haselmaus als besonders empfindlich gegen Regen. Ihr Fell ist dünner als das der Echtmäuse und weicht besonders schnell auf. Er meint, dass aufgrund des schlechten Wetters mit viel Regen die Haselmaus in England seltener ist als auf dem Kontinent obwohl auf der Insel die Winter milder sind, die Tiere eine längere Saison haben und mit den Heckenlandschaften in Südengland eigentlich sehr gute Habitate zur Verfügung stehen. Wissenschaftlich gesichert ist diese These nicht. Sie klingt aber plausibel. Sie zeigt auch, dass trotz intensiver Haselmausforschung seit mehr als 20 Jahren (vor allem in England und in Litauen) noch immer Fragen offen bleiben. Im Rundbrief des letzten Jahres schlossen wir mit der Hoffnung, einige der Jungtiere des Jahres wieder zu sehen. Durch Zufall ist es uns gelungen, ein Haselmausmännchen wieder zu erkennen. Bei der Herbstkontrolle 2012 im Ringau fiel ein Tier mit einem weißen Fellfleck am Rücken in Schwanznähe auf. Weiße Flecken treten unter anderem auf, wenn nach Verletzungen das Fell wieder nachwächst. Beim Einsortieren des Fotos, fiel uns auf, dass wir aus dem Vorjahr bereits so ein Foto hatten. Im September 2011 saß dieses Männchen in einem Nistkasten 50 m

weiter nördlich. Es lohnt sich also, solche besonderen Merkmale zu notieren.

Abbildung 2: Manchmal findet man Haselmäuse, die einen Schwanzverlust erlitten haben. Auch das kann ein Erkennungsmerkmal sein, mit dem man ein Tier möglicherweise über Jahre verfolgen kann.

Zum Schluss noch eine Bitte. Sollten bei den kommenden Kontrolle tote Haselmäuse gefunden werden - bitte unbedingt aufheben und mit Funddatum und -ort versehen einfrieren. Wir holen die Tiere ab und führen sie der wissenschaftlichen Sammlung von Senckenberg zu.

Abbildung 3: Carola Hotze beobachtete und fotografierte dieses Tier im Zusammenhang mit dem Zurückschneiden eines Haselstrauches bei Witzenhausen (Nordhessen).

Haselmausrundbrief Hessen Winter 2013

Und natürlich freuen wir uns über jede Zufallsbeobachtung von Haselmäusen. Die Meldungen zu Haselmausbeobachtungen auch außerhalb der Kastenreviere helfen uns, die Verbreitungskarte auf dem aktuellen Stand zu halten. Sven Büchner und Johannes Lang

Publikation Im letzten Rundbrief berichteten wir über die Internationale Schlafmaustagung 2011 des Senckenberg Museum Görlitz. Inzwischen ist der Tagungsband gedruckt. Er ist ebenfalls im Internet unter: http://www.senckenberg.de/root/index.php?p age_id=16026 verfügbar.

Abbildung 4: In einigen Populationen gibt es Haselmäuse mit weißer Schwanzspitze. Uns würde interessieren, wer solche Tiere beobachten konnte.

Ausblick 2013 Im Jahr 2013 soll nach dem aktuellen Planungsstand das Monitoring der Haselmaus in Hessen weitergehen. Sobald die genaue Planung feststeht, werden Sie von uns informiert. Wir würden uns aber freuen, wenn Sie für Mitte Juni und Mitte September für Kastenkontrollen nach Haselmäusen Termine vormerken könnten. Wir senden die Erhebungsbögen und eine Erinnerung rechtzeitig im Frühjahr zu. Nach wie vor sind hinzukommende Gebiete - ausgestattet mit mindestens 60 Nistkästen und der Möglichkeit Mitte Juni und Mitte September zu kontrollieren - herzlich willkommen. Das Arten-Team von Hessen-Forst FENA

Abbildung 5: Proceedings of the 8th International Dormouse Conference 22nd to 27th September 201.

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Nachrichten aus der Wissenschaft

Belgien

England

Alice Mouton von der Universität Liege in Belgien veröffentlichte ihre genetischen Untersuchungen an Haselmäusen. Sie testete die Unterschiede zwischen Haselmäusen und fand heraus, dass es zwei Hauptlinien gibt. Auf der einen Seite stehen die Haselmäuse des Balkans, der Türkei und aus Mittel-, Nord und Osteuropa zu denen wahrscheinlich auch unsere hessischen Tiere zählen. Die andere Linie verbindet die Haselmäuse in Italien und die Westeuropas. Innerhalb dieser Hauptlinien gibt es weitere, deutliche Aufspaltungen, die schon sehr lange bestehen.

Neue Forschungen aus England belegen die enorme Bedeutung der Vibrissen (Tasthaare im Gesicht) für die Haselmaus. Dr Robyn Grant von der Universität Sheffield untersuchte mit einer hochauflösenden, sehr schnellen Kamera die Bewegungen der Vibrissen. Die Tasthaare standen während des Laufens nie still. Als Dr. Grant einer Haselmaus die Vibrissen abschnitt, war das Tier nicht mehr in der Lage sicher auf einem Ast zu laufen, fiel mehrfach herunter und konnte kurze Lücken nicht mehr übersteigen. Die Vibrissen sind demnach das wesentliche Sinnesorgan zu Einschätzung des dreidimensionalen Raums.

Abbildung 6: Die langen Barthaare (Vibrissen) der Haselmaus sind ein wichtiges Sinnesorgan für die Bewegung im dreidimensionalen Raum.

Beim Siebenschläfer ist die Situation anders. Hier sind die genetischen Unterschiede innerhalb Europas gering. Alice Mouton schließt unter anderem aus diesem Vergleich, dass die Haselmaus eine sehr geringe Mobilität hat, Ausbreitungen nur langsam verlaufen und bei der Haselmaus die Einzelpopulationen eine hohe Bedeutung für den Schutz der Art haben. In zukünftigen Untersuchungen wird es spannend, ob möglicherweise innerhalb von Deutschland eine Grenze zwischen den beiden genetischen Linien nachzuweisen ist.

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Graphik 1: Gebiete mit geringer Haselmausdichte - Ergebnisse der Kastenkontrollen zwischen 2006 und 2012

Graphik 2: Gebiete mit hoher Haselmausdichte - Ergebnisse der Kastenkontrollen zwischen 2006 und 2012