Hessen 2050 Sichere Zukunft im demografischen Wandel Auswertung der Modellprojekte

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel Auswertung der Modellprojekte Birgit Imelli Kerstin Jaensch Report Nr. 717 Wiesbaden 2007 ...
Author: Heini Bach
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Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel Auswertung der Modellprojekte

Birgit Imelli Kerstin Jaensch

Report Nr. 717 Wiesbaden 2007

Eine Veröffentlichung der

HA Hessen Agentur GmbH

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Martin H. Herkströter Dr. Dieter Kreuziger Dr. Alois Rhiel, Hessischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Quellenangabe gestattet. Belegexemplar erbeten.

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Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel Auswertung der Modellprojekte

Inhalt Kurzfassung

I

1

Modellprojekte Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

1

2

Beschreibung und Auswertung der Modellprojekte

2

3

2.1

Kriterien für die Auswertung der Modellprojekte

3

2.2

Bevölkerungsentwicklung in den Modellregionen

4

2.3

Modellprojekt Werra-Meißner-Kreis

8

2.3.1 2.3.2

Beschreibung Auswertung

8 11

2.4

Landkreis Marburg-Biedenkopf

14

2.4.1 2.4.2

Beschreibung Auswertung

14 17

2.5

Landkreis Darmstadt-Dieburg

20

2.5.1 2.5.2

Beschreibung Auswertung

20 23

2.6

Landeshauptstadt Wiesbaden

25

2.6.1 2.6.2

Beschreibung Auswertung

25 28

2.7

Zusammenfassung der Auswertung

29

Erfahrungen aus den Modellprojekten, Handlungsansätze

33

3.1

Empfehlungen für Landkreise und Kommunen

34

3.2

Handlungsansätze für die Hessische Landesregierung

37

1

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

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Kurzfassung Die Bewältigung des demografischen Wandels ist eine Querschnittsaufgabe, die alle Politikfelder berührt und die nur mit einer Vielzahl von Partnern bewältigt werden kann. Eine wichtige Voraussetzung ist ein gemeinsames Verständnis der Verantwortlichen in allen gesellschaftlichen Gruppen über die anstehenden Aufgaben. Um eine solche gemeinsame Basis in den hessischen Landkreisen und Gemeinden zu schaffen, unterstützte die Hessische Staatskanzlei vier Modellprojekte beim Aufbau nachhaltiger Verfahrens- und Organisationsstrukturen, die einen Dialog über den demografischen Wandel mit einer breiten Palette von Akteuren ermöglichen. Als Modellprojekte wurden der Werra-Meißner-Kreis, der Landkreis Marburg-Biedenkopf, der Landkreis Darmstadt-Dieburg sowie die Landeshauptstadt Wiesbaden ausgewählt. Zwischen März 2006 und März 2007 wurden hier Strukturen für den Demografie-Dialog aufgebaut bzw. gefestigt. Die vier Modellregionen verfügen aufgrund ihrer Lage und Wirtschaftsstruktur über unterschiedliche Entwicklungsvoraussetzungen. Durch den demografischen Wandel sind sie in unterschiedlichem Maße betroffen und die Auseinandersetzung mit den Folgen der künftigen Bevölkerungsentwicklung wurde bisher in unterschiedlicher Intensität und Breite geführt. Diesen jeweils unterschiedlichen Ausgangsbedingungen entspricht eine spezifische Herangehensweise in den vier ausgewählten Modellprojekten. Werra-Meißner-Kreis Der Werra-Meißner-Kreis gehört in Hessen zu den Regionen, die am stärksten vom demografischen Wandel betroffen sind. Die Einwohnerzahlen werden hier schon mittelfristig deutlich zurückgehen und der Anteil der älteren Einwohner stark steigen. Die Zielsetzungen des WerraMeißner-Kreises im demografischen Wandel lauten: den Wandel gestalten, dem Wandel entgegenwirken. Das Modellprojekt soll dazu beitragen, Projekte zu initiieren und die kommunalen Entscheidungsträger weiter für den demografischen Wandel zu sensibilisieren. Dabei kann der WerraMeißner-Kreis auf eine breite konzeptionelle Grundlage zur regionalen Entwicklung sowie kreisspezifische Daten zur Bedeutung des demografischen Wandels und mögliche Lösungsansätze aus Sicht der Kommunalpolitik aufbauen. Zudem verfügt der Werra-Meißner-Kreis über eine engmaschige Vernetzung der regionalen Akteure. Im Rahmen des Modellprojektes wurden zwei aufeinander aufbauende ganztätige Workshops für haupt- und ehrenamtliche Kommunalpolitiker durchgeführt. Den Schwerpunkt der Workshops bildeten moderierte Arbeitsphasen. Sie führten die Teilnehmer schrittweise, von den möglichen Maßnahmen zur Bewältigung des demografischen Wandel in einer fiktiven Gemeinde über die Übertragung auf die eigene Gemeinde hin zu konkreten Projekten, für deren Umsetzung „Aktionspläne“ ausgearbeitet wurden.

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Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

Durch das Modellprojekt haben die bestehenden Strukturen Impulse erhalten. Auch wurde eine Reihe von Projektvorschlägen eingebracht. Zur Umsetzung müssen diese jedoch noch weiter konkretisiert werden. Die Fortsetzung des Demografie-Dialogs erfolgt durch die Stabsstelle Demografie des Landrates sowie durch die Arbeit der Regionalen Entwicklungsgruppe Verein für Regionalentwicklung Werra-Meißner e. V. Landkreis Marburg-Biedenkopf Auch der Landkreis Marburg-Biedenkopf wird stark durch den demografischen Wandel betroffen sein. Mittelfristig wird der Rückgang der Einwohnerzahlen hier im Vergleich zum WerraMeißner-Kreis moderat verlaufen. Langfristig wird die Bevölkerungszahl auch im Landkreis Marburg-Biedenkopf stark zurückgehen. Der Anteil der älteren Einwohner nimmt auch hier deutlich zu. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels hat der Landkreis Marburg-Biedenkopf sich zum Ziel gesetzt, dem langfristigen Bevölkerungsrückgang entgegen zu wirken und auf die veränderte Altersstruktur der Bevölkerung zu reagieren. Mit dem Modellprojekt sollen die gesellschaftlichen Akteure auf Kreisebene in die Auseinandersetzung mit dem demografischen Wandel eingebunden werden. Gemeinsam sollen Ziele und Maßnahmen entwickelt werden. Dazu wurden sechs Arbeitsgruppen zu den Themen „Kinder“, „Integration“, „Pflege“, „Junge Alte“, „Umbau der Infrastrukturen“ und „Wirtschaftsstandort Marburg-Biedenkopf“ ins Leben gerufen. Zur Moderation der Arbeitsgruppen wurden Moderatorenteams, bestehend aus einem Fachvertreter der Kreisverwaltung und einem externen Fachmann, gebildet. Damit finden zum einen unterschiedliche Sichtweisen Eingang in die Leitung der Arbeitsgruppen. Zum anderen besteht dadurch während des gesamten Prozesses – also von der Bestandserhebung bis zur Benennung von Maßnahmen - für alle Handlungsbereiche eine enge Verbindung in die Kreisverwaltung. Moderatoren und Projektleitung lenken in einer Steuerungsgruppe den Dialog-Prozess. Mit dem Modellprojekt wurde somit eine Organisations- und Verfahrensstruktur für den Demografie-Dialog aufgebaut. Zur Fortsetzung des Dialogs ist geplant, die Ergebnisse, insbesondere Projektvorschläge, an die Kommunen heranzutragen. Landkreis Darmstadt-Dieburg Für den Landkreis Darmstadt-Dieburg besteht die demografische Herausforderung weniger in sinkenden Einwohnerzahlen als vielmehr im steigenden Anteil älterer und alter Menschen. Um dem demografischen Wandel zu begegnen verfolgt auch der Landkreis Darmstadt-Dieburg die doppelte Zielsetzung: Anpassung an die Folgen des demografischen Wandels, Milderung und Vermeidung der Folgen des demografischen Wandels. Auf Kreisebene hat die Kommission „Demografische Entwicklung“ Analysen und Bestandsaufnahmen durchgeführt sowie Ziele und Schwerpunktsetzungen für die Kreisentwicklung unter dem Vorzeichen des demografischen Wandels vorgenommen. Das Modellprojekt soll die Einbindung der Entscheidungsträger der kommunalen Ebene in den Demografie-Dialog stärken. Daher wurden zwei Workshops mit den Bürgermeistern der kreisangehörigen Städte und Gemeinden und Vertretern anderer relevanter Institutionen durchge-

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führt. Thematischer Schwerpunkt des Modellprojektes im Landkreis Darmstadt-Dieburg war das „Miteinander der Generationen“. Im Ergebnis hat das Modellprojekt das Miteinander der Generationen als ein wichtiges Thema bzw. als einen Ansatzpunkt zur Bewältigung des demografischen Wandels hervorgehoben. Durch den differenzierten Erfahrungsaustausch über Umsetzungsprobleme und über praktische Vorgehensweisen haben die Workshopsteilnehmer Impulse erhalten. Die Fortsetzung des Demografie-Dialogs erfolgt durch die Konkretisierung von Projekten sowie weitere ImpulsWorkshops und im Rahmen der Kommission „Demografische Entwicklung“. Landeshauptstadt Wiesbaden Für die Stadt Wiesbaden stellt die Entwicklung der Einwohnerzahl insgesamt kein Problem dar, da auch in Zukunft einen positive Entwicklung zu erwarten ist. Die Herausforderung besteht hier im steigenden Anteil älterer und alter Einwohner. Die Landeshauptstadt hat sich zum Ziel gesetzt, die verwaltungsinterne Vernetzung durch einen Demografie-Dialog der Amtsleiter zu fördern. Die Amtsleiter sollen im Rahmen des Modellprojektes Wissen, Planungen und Konzepte für die „Landeshauptstadt Wiesbaden 2020“ aus ihrer fachlichen Sicht diskutieren und zusammenführen, um eine gemeinsame Grundlage für die weitere Auseinandersetzung mit dem demografischen Wandel zu schaffen. Den Anfang des Modellprojektes bildete ein Auftaktworkshop, in dem die künftige Verfahrensweise von den Amtsleitern beschlossen wurde. Daran schließen sich Workshops an, deren Themenstellungen „Wohnen“, „Arbeit“, „Bildung“, „Freizeit und Kultur“ lauten und bewusst quer zu den Ämterzuschnitten verlaufen. Die Workshops bieten den Amtsleitern, die Möglichkeit, sich frei vom Tagesgeschäft und unter dem Blickwinkel des demografischen Wandels mit ihren Kollegen über die Entwicklungsperspektiven der Landeshauptstadt und die notwendigen Maßnahmen auseinanderzusetzen. Als Ergebnis ist für Ende 2007 eine ressortübergreifende Zusammenschau von Perspektiven, Planungen und Projekten, evtl. auch eine Prioritätensetzung für Maßnahmen, geplant. Erfahrungen und Handlungsansätze Die Erfahrungen aus den vier Modellprojekten lassen sich wie folgt zusammenfassen: • Der Demografie-Dialog hat sich als ein sinnvolles Instrument erwiesen, um zielgruppengerecht über den demografischen Wandel zu informieren und für die Folgen zu sensibilisieren, Erfahrungen über Probleme und Lösungen auszutauschen und Impulse zu geben, Projektpartner zu gewinnen, ein gemeinsames Verständnis für die kommenden Aufgaben zu entwickeln und den demografischen Wandel als eigenständiges Thema auf der Tagesordnung zu halten. • Viele Akteure in Politik, Verwaltung, Vereinen etc. sind bereit, sich mit dem demografischen Wandel auseinanderzusetzen und suchen Wege zur Bewältigung der Folgen. • Jedoch ist die Sensibilität für die Auswirkungen des demografischen Wandels vielfach noch nicht so ausgeprägt, dass sie auch im täglichen Handeln ihren Niederschlag finden würde. Die langfristige Dimension des demografischen Wandels wird von vielen BeteiligIII

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel







• •

ten außer Acht gelassen, so dass Weichenstellungen, die heute vorgenommen werden müssen, unterbleiben und Chancen ungenutzt bleiben. Der Demografie-Dialog benötigt unbedingt die Unterstützung und das Engagement der örtlichen Politiker. Durch sie wird der hohe Stellenwert des Dialogs für die künftige Entwicklung von Landkreisen und Gemeinden zum Ausdruck gebracht und zugleich eine enge Beziehung zur politischen Entscheidungsebene hergestellt. Beides trägt in hohem Maße zur Motivation der Dialogpartner in den Verwaltungen und den gesellschaftlichen Gruppen bei. Die Komplexität des demografischen Wandels erschwert es für viele Akteure, abgrenzbare, realisierbare Projekte zu definieren. Kleine, lokale Projekte werden jedoch häufig nicht weiterverfolgt, weil sie den Akteuren für die Bewältigung des demografischen Wandels zu unbedeutend erscheinen. Der Demografie-Dialog regt Projektideen an. Projekte selbst können effektiver auf der lokalen (interkommunalen) Ebene vorbereitet und umgesetzt werden, weil hier die Entscheidungs- und Projektträger tätig sind. Anschauliche Informationen über die Auswirkungen des demografischen Wandels vor Ort sind eine wichtige Voraussetzung zur weiteren Motivation der Akteure. Praktische Projektbeispiele sind unabdingbar als Impulse für die Konzeption und Umsetzung von Maßnahmen zur Bewältigung des demografischen Wandels. Sie können dazu beitragen, die Stagnation zu überwinden, die in Gemeinden und Landkreisen vielfach nach der Informations- und Diskussionsphase entsteht und den Prozess weiter vorantreiben.

Aufgrund der Erfahrungen mit den vier Modellprojekten kann den hessischen Landkreisen und Kommunen empfohlen werden, einen Demografie-Dialog in Gang zu setzen. Bei der Umsetzung sollten sie folgende Aspekte berücksichtigen: • Die Unterstützung des Prozesses durch die Politik vor Ort muss sichergestellt sein. • Die maßgebliche Mitarbeit von Führungskräften aus den Kreis- und Kommunalverwaltungen muss gewährleistet sein. • Der Demografie-Dialog erfordert inhaltlichen Input. • Die Arbeitsphasen des Demografie-Dialogs müssen ein definiertes Ziel haben, Zwischenbilanzen sind wichtig. • Veranstaltungen, wie Workshops oder Arbeitsgruppensitzungen, benötigen eine zielgerichtete und teilnehmerorientierte Moderation. • Der Prozess des Dialogs braucht immer wieder neue Impulse. • Maßgeblich für die Entwicklung von Ideen zum Umgang mit den Folgen des demografischen Wandels sind Projektbeispiele. • Der Demografie-Dialog benötigt intensive Öffentlichkeitsarbeit. • Motor für die dauerhafte Fortsetzung des Dialogs ist die Umsetzung von Projekten vor Ort. • Der Demografie-Dialog braucht Zeit.

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Folgende Handlungsansätze lassen sich aus den Erfahrungen der Modellprojekte sowie den Gesprächen mit Projektleitern und Workshopteilnehmern für die Hessische Staatskanzlei ableiten: • Bereitstellung von Mitteln zur Unterstützung des Demografie-Dialogs in den hessischen Landkreisen und Gemeinden. • Aufbau einer Datenbank für Projektbeispiele aus hessischen Landkreisen und Kommunen. • Durchführung von Transfer-Workshops „Demografie im Griff“. • Information über die Förderangebote des Landes im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel. • Bereitstellung einer anschaulichen Präsentation der Auswirkungen des demografischen Wandels in Hessen. • Modellrechnung zur Entwicklung der Einkommensteuereinnahmen der Gemeinden vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. • Einbeziehung von relevanten Verbänden und Organisationen in die Sensibilisierung und Unterstützung der Akteure vor Ort. • Einrichtung einer Servicestelle „Demografie“ auf Landesebene. Der demografische Wandel stellt die kommunale Ebene vor neue Herausforderungen, die mit altbewährten Mitteln häufig nicht zu bewältigen sind. Neue Wege müssen noch gefunden, erprobt und auf die jeweilige Situation in der Gemeinde angepasst werden. Häufig sind sie auch mit Einschnitten verbunden. Die vorstehenden Handlungsansätze haben das Ziel, die Auseinandersetzung mit den Folgen des demografischen Wandels in der breiten Öffentlichkeit sowie unter Fachleuten und Praktikern fortzusetzen. Durch den Demografie-Dialog soll das gemeinsame Verständnis für die anstehenden Aufgaben vertieft werden. Er soll vermitteln, dass jetzt Aktivitäten notwendig sind, wenn nicht die Chancen für die Zukunft vergeben werden sollen.

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Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

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Modellprojekte Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel Anlass und Ziele Bei der Bewältigung des demografischen Wandels handelt es sich um eine Querschnittsaufgabe, die alle Politikfelder von Familie und Soziales, Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Bildung bis zu Regional-, Stadt-, Verkehrsplanung u. a. berührt und die nur gemeinsam mit einer Vielzahl von Partnern gelingen kann. Am unmittelbarsten ist der demografische Wandel in den Städten und Gemeinden spürbar. Hier müssen konkrete Antworten gefunden werden zum Beispiel auf Fragen nach • der Kinderbetreuung und Schulversorgung von morgen, • den Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, sicher und selbstbestimmt in ihrer gewohnten Umgebung alt zu werden, • Bauplätzen für junge Familien und der Erhaltung der Ortskerne, • der Infrastrukturversorgung in kleinen Ortsteilen und den Kosten dafür und nicht zuletzt nach • dem Beitrag, den die Kommune dazu leisten kann, dass die Betriebe vor Ort wettbewerbsfähig bleiben, auch bei wachensendem Fachkräftemangel und älter werdenden Belegschaften. Hier bieten sich aber zugleich auch viele Ansatzpunkte und Partner, um die Folgen des demografischen Wandels zu bewältigen, aber auch um dem Trend der Bevölkerungsentwicklung entgegenzuwirken. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass sich die Verantwortlichen in Politik, Verwaltung, Verbänden, Vereinen, Kirchen – kurz, in allen gesellschaftlichen Gruppen - rechtzeitig über die künftige Bevölkerungsentwicklung in ihrer Region informieren, sich mit den Folgen rückläufiger Bevölkerungszahlen und der wachsenden Zahl älterer Einwohner für die Aufgabenfelder der Daseinsvorsorge auseinandersetzen und gemeinsame Lösungswege entwickeln. Die Hessische Staatskanzlei möchte dazu in den hessischen Kommunen den „Demografie-Dialog der gesellschaftlichen Akteure“ unterstützen. Die Modellprojekte „Hessen 2050 –Sichere Zukunft im demografischen Wandel“ sollen dafür einen Impuls geben und beispielhaft aufzeigen, wie der Demografie-Dialog auf kommunaler Ebene durchgeführt werden kann.

1

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

Die Ziele von „Hessen 2050 –Sichere Zukunft im demografischen Wandel“ lauten: • In Landkreisen und Kommunen sollen Verfahrens- und Organisationsstrukturen für einen dauerhaften Dialog über den demografischen Wandel geschaffen werden. • Eine möglichst breite Palette von gesellschaftlichen Akteuren in Verwaltung, Politik, Wirtschaft, Verbänden, Vereinen, Kirchen usw. soll einbezogen werden. • Im Dialog sollen sie ein gemeinsames Verständnis über die anstehenden Aufgaben sowie Lösungswege entwickeln mit der doppelten Zielsetzung: Den demografischen Wandel gestalten und dem demografischen Wandel entgegen wirken.

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Beschreibung und Auswertung der Modellprojekte Auf die Ausschreibung der Hessischen Staatskanzlei haben sich neun Landkreise bzw. Städte als Modellregion beworben. Folgende vier Regionen wurden als Modellprojekte ausgewählt: • • • •

Werra-Meißner-Kreis Landkreis Marburg-Biedenkopf Landkreis Darmstadt-Dieburg und Landeshauptstadt Wiesbaden.

Die vier Modellregionen verfügen aufgrund ihrer Lage und Wirtschaftsstruktur über unterschiedliche Entwicklungsvoraussetzungen. Von den Folgen des demografischen Wandels sind sie in unterschiedlichem Maße betroffen und die Auseinandersetzung mit den Folgen der künftigen Bevölkerungsentwicklung wurde bisher in unterschiedlicher Intensität und Breite geführt. Diesen jeweils unterschiedlichen Ausgangsbedingungen entspricht eine spezifische Herangehensweise in den vier ausgewählten Modellprojekten. Im Folgenden werden zunächst die Kriterien für die Auswertung der Modellprojekte erläutert. Anschließend wird die künftige Bevölkerungsentwicklung in den Modellregionen als grundlegender Parameter für den Demografie-Dialog aufgezeigt. Daran schließt sich die Beschreibung der Modellprojekte anhand ihrer Zielsetzung und Arbeitsweise, der behandelten Themen, der Beteiligten und der geplanten Fortsetzung sowie die Auswertung der einzelnen Modellprojekte an. Erfahrungen aus den Modellprojekten sowie Anregungen zur Unterstützung der Auseinandersetzung mit dem demografischen Wandel auf kommunaler Ebene und zur Umsetzung des Demografie-Dialogs werden in Kapitel 3 dargestellt. 2

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2.1

Kriterien für die Auswertung der Modellprojekte Entsprechend der Zielsetzung der Hessischen Staatskanzlei in Landkreisen und Gemeinden einen dauerhaften Dialog der gesellschaftlichen Akteure über die Folgen des demografischen Wandels sowie über Ziele und Lösungswege zu fördern, werden die Modellprojekte unter folgenden Gesichtspunkten ausgewertet: Projektstruktur Die Modellprojekte sollen so konzipiert sein, dass eine nachhaltige Verfahrens- und Organisationsstruktur entsteht oder eine bestehende Struktur Impulse erhält. Die Struktur soll eine dauerhafte Beschäftigung mit relevanten demografischen Fragestellungen und Lösungsansätzen sicherstellen. Es soll sich um ein konsistentes Grundkonzept und keine Addition von Einzelmaßnahmen handeln. Vernetzungsdichte Um eine abgestimmte Vorgehensweise vor Ort und einen zuverlässigen Informationsfluss sicherzustellen, sollen die Modellprojekte über ein Netzwerk zwischen den betroffenen Akteuren wie Verwaltung, Politik, Verbände, Kirchen, Wissenschaft u. a. verfügen. Strategischer Ansatz Die Modellprojekte sollen einen strategisch ausgerichteten Ansatz verfolgen, um zielgerichtete Maßnahmen erarbeiten zu können. Das heißt, sie sollen sich an Leitbildern und Zielvorstellungen für die Kommunen oder die Region orientieren bzw. diese erarbeiten. Die Modellprojekte sollen, entsprechend des Grades ihrer „demografischen Betroffenheit“, die beiden grundsätzlichen Zielrichtungen a) den Wandel gestalten und b) dem Wandel entgegenwirken aufgreifen. Behandlung demografischer Kernthemen Grundsätzlich sollen die Modellprojekte die demografischen Kernthemen Familien- und Wirtschaftspolitik aufgreifen. Bei der Auswertung werden jedoch die sehr unterschiedliche Bevölkerungsentwicklung und die jeweilige standortspezifische Ausgangslage der Kreise und die damit einhergehenden, unterschiedlichen Handlungsnotwendigkeiten berücksichtigt. Demografische Analyse Um dem Anforderungsprofil der einzelnen – zum Teil sehr unterschiedlich vom demografischen Wandel betroffenen – Kommunen entsprechende Maßnahmen und Projekte zu entwickeln, bedarf es einer genauen Analyse der Ist-Situation als Grundlage. Diese Analyse sollte entweder bereits vorhanden oder im Modellprojekt vorgesehen sein. 3

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

„Chefsache“ Die Steuerung der Modellprojekte durch die führenden kommunalen Entscheidungsträger soll gewährleistet sein, sei es durch den Landrat bzw. Oberbürgermeister direkt oder beispielsweise durch eine Steuerungsgruppe unter dessen Leitung. Öffentlichkeitsarbeit Zur Bewältigung des demografischen Wandels vor Ort bedarf es einer breiten gesellschaftlichen Basis, die alle Bürger, Wirtschaft, Vereine, Institutionen u. a. umfasst. Die Modellprojekte sollen daher von intensiver Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden, so dass auch Akteure, die nicht unmittelbar an dem Dialog beteiligt sind, für die Folgen der Bevölkerungsentwicklung sensibilisiert, über die Aktivitäten in ihrem Landkreis informiert und gegebenenfalls zur Beteiligung motiviert werden. Auswirkungen des demografischen Wandels Die Einführung bzw. Fortsetzung des Dialogs zum demografischen Wandel muss sich auch daran orientieren, in welchem Maße eine Gemeinde oder Landkreis durch den demografischen Wandel betroffen ist. In Regionen mit schnell sinkenden Einwohnerzahlen ist die Dringlichkeit, mit der Lösungswege zu suchen sind, für alle leicht greifbar. In Regionen dagegen, für die zunächst noch stabile oder wachsende Einwohnerzahlen prognostiziert werden, ist der demografische Wandel ein weitgehend abstraktes Problem. Der Demografie-Dialog muss dies berücksichtigen, um nicht Gefahr zu laufen, mit dem Argument, dass dringendere Probleme zu lösen seine, bei Seite geschoben zu werden und so die Chance auf langfristiges Handeln zu vertun. Diese Kriterien lagen auch der Auswahl der Modellprojekte zu Grunde.

2.2

Bevölkerungsentwicklung in den Modellregionen Der demografische Wandel tangiert die drei Landkreise und die Stadt Wiesbaden jeweils in unterschiedlichem Maße. Im Landkreis Marburg-Biedenkopf und im Werra-Meißner-Kreis, also in den beiden Modellregionen im ländlichen Raum in Nord- und Mittelhessen, wird die Einwohnerzahl stark sinken. Hinzu kommt, dass die Altersstruktur der Bevölkerung in Zukunft sehr viel höhere Anteile älterer Menschen aufweisen wird. Damit kommen hier beide Komponenten des demografischen Wandels zum Tragen. Für den Landkreis Marburg-Biedenkopf hat die Hessen Agentur bis 2050 einen Rückgang der Einwohnerzahlen um rund ein Fünftel errechnet (-21%). Im WerraMeißner-Kreis wird sich die Einwohnerzahl bis 2050 nahezu halbieren (-48%) – der

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höchste Rückgang in ganz Hessen. Zu diesen erheblichen Einwohnerverlusten kommt in beiden Landkreisen auch ein deutlicher Anstieg des Durchschnittsalters der Bevölkerung. Heute ist im Landkreis Marburg-Biedenkopf jeder 5. über 60 Jahre alt (22 %). Im Jahr 2020 wird der Anteil auf 29 % und bis 2050 auf 39 % steigen. Im Werra-Meißner-Kreis steigt der Anteil der Über-60-Jährigen von 23 % im Jahr 2002 auf 36 % im Jahr 2020. Im Jahr 2050 wird im Werra-Meißner-Kreis laut Bevölkerungsprognose fast jeder zweite Einwohner älter als 60 Jahre sein (49 %), sofern es nicht gelingt dem Entwicklungstrend entgegenzusteuern. Anders die Bevölkerungsprognose für die beiden südhessischen Modellregionen, den Landkreis Darmstadt-Dieburg und die Stadt Wiesbaden: Für die beiden Modellregionen im Kern des Rhein-Main-Raumes stellt die Entwicklung der Einwohnerzahl insgesamt ein geringeres Problem dar. Die Bevölkerungsprognose der Hessen Agentur geht bis 2050 von positiven bzw. stabilen Werten aus. (Landeshauptstadt Wiesbaden: +3 %, Landkreis Darmstadt-Dieburg: -0,8 %). Die Herausforderung der kommenden Jahre besteht hier darin, der steigenden Zahl älterer und vor allem sehr alter Einwohner gerecht zu werden. In Wiesbaden ist heute ein Viertel der Einwohner über 60 Jahre alt. Bis zum Jahr 2020 steigt dieser Anteil nur leicht auf 26 %. Im Jahr 2050 wird allerdings bereits ein Drittel (35 %) über 60 Jahre alt sein. Im Landkreis Darmstadt-Dieburg ist heute rund ein Fünftel der Einwohner über 60 (22 %), 2020 werden es 29 % sein und im Jahr 2050 ebenfalls mehr als ein Drittel (37 %).

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Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

Bevölkerungsvorausschätzung für die hessischen Landkreise und kreisfreien Städte von 2002 bis 2020

LK LK Kassel Kassel LK Kassel Kassel LKKassel Kassel Kassel Kassel Kassel Kassel Kassel Kassel

Werra-Meißner-Kreis Werra-Meißner-Kreis Werra-Meißner-Kreis Werra-Meißner-Kreis Werra-Meißner-Kreis Werra-Meißner-Kreis

LK LK Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg LK LKWaldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg

Schwalm-Eder-Kreis Schwalm-Eder-Kreis Schwalm-Eder-Kreis Schwalm-Eder-Kreis

LK LK Hersfeld-Rotenburg Hersfeld-Rotenburg Hersfeld-Rotenburg LK LK Hersfeld-Rotenburg LK LK Marburg-Biedenkopf Marburg-Biedenkopf LK LKMarburg-Biedenkopf Marburg-Biedenkopf Marburg-Biedenkopf Marburg-Biedenkopf

Lahn-Dill-Kreis Lahn-Dill-Kreis Lahn-Dill-Kreis Lahn-Dill-Kreis Lahn-Dill-Kreis Lahn-Dill-Kreis

Vogelsbergkreis Vogelsbergkreis Vogelsbergkreis Vogelsbergkreis LK Gießen LK Gießen LKGießen Gießen LK LK Gießen

LK Fulda LK Fulda Fulda LKFulda LK LK Fulda Fulda

LK LK LK Limburg-Weilburg Limburg-Weilburg LK LK Limburg-Weilburg Limburg-Weilburg LKLimburg-Weilburg Limburg-Weilburg Wetteraukreis Wetteraukreis Hochtaunuskreis Hochtaunuskreis Hochtaunuskreis Hochtaunuskreis Hochtaunuskreis Hochtaunuskreis Main-Kinzig-Kreis Main-Kinzig-Kreis Main-Kinzig-Kreis Main-Kinzig-Kreis Main-Kinzig-Kreis Frankfurt Frankfurt am am Main Main Rheingau-Taunus-Kreis Rheingau-Taunus-Kreis Rheingau-Taunus-Kreis Rheingau-Taunus-Kreis Rheingau-Taunus-Kreis Main-Taunus-Kreis Main-Taunus-Kreis Main-Taunus-Kreis Offenbach Offenbacham am amMain Main Main Offenbach Main Offenbach Offenbach am Main Wiesbaden Wiesbaden LK LKOffenbach Offenbach Offenbach Offenbach LK LK Offenbach LK Groß-Gerau LK Groß-Gerau Groß-Gerau LK LK Groß-Gerau Darmstadt Darmstadt Darmstadt LK LK Darmstadt-Dieburg Darmstadt-Dieburg

Odenwaldkreis Odenwaldkreis Odenwaldkreis Odenwaldkreis LKBergstraße Bergstraße LK LK

Kreise: 2002 bis 2020 Relative Veränderungen (in %) 5 bis 15 0 bis 5 -5 bis 0 -10 bis -5 -20 bis -10 -50 bis -20

(4) (9) (9) (1) (3) (0)

Quelle: FEH-Report-Nr. 672, Wiesbaden 2004

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Bevölkerungsvorausschätzung für die hessischen Landkreise und kreisfreien Städte von 2002 bis 2050

LK LK Kassel Kassel LK LKKassel Kassel LK LK Kassel Kassel Kassel Kassel Kassel

Werra-Meißner-Kreis Werra-Meißner-Kreis Werra-Meißner-Kreis Werra-Meißner-Kreis Werra-Meißner-Kreis Werra-Meißner-Kreis

LK LK Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg LK LKWaldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg Waldeck-Frankenberg

Schwalm-Eder-Kreis Schwalm-Eder-Kreis

LK LK LKHersfeld-Rotenburg Hersfeld-Rotenburg Hersfeld-Rotenburg LK LK LK LK LK Marburg-Biedenkopf Marburg-Biedenkopf LK LKMarburg-Biedenkopf Marburg-Biedenkopf Marburg-Biedenkopf Marburg-Biedenkopf

Lahn-Dill-Kreis Lahn-Dill-Kreis Lahn-Dill-Kreis Lahn-Dill-Kreis Lahn-Dill-Kreis Lahn-Dill-Kreis

Vogelsbergkreis Vogelsbergkreis Vogelsbergkreis Vogelsbergkreis LK LK Gießen Gießen Gießen Gießen LK LK Gießen

LK LK LKFulda Fulda Fulda Fulda LK LK LK Fulda

LK LK Limburg-Weilburg Limburg-Weilburg LK LKLimburg-Weilburg Limburg-Weilburg LK LK Limburg-Weilburg Limburg-Weilburg Wetteraukreis Wetteraukreis Wetteraukreis Wetteraukreis Wetteraukreis Wetteraukreis

Quelle: FEH-Report-Nr. 672, Wiesbaden 2004

Hochtaunuskreis Hochtaunuskreis Hochtaunuskreis Hochtaunuskreis Hochtaunuskreis Hochtaunuskreis Main-Kinzig-Kreis Main-Kinzig-Kreis Main-Kinzig-Kreis Frankfurt am Main Main Frankfurt am am Main Frankfurt Main Rheingau-Taunus-Kreis Rheingau-Taunus-Kreis Main-Taunus-Kreis Main-Taunus-Kreis Main-Taunus-Kreis Main-Taunus-Kreis Main-Taunus-Kreis Offenbach Offenbach Offenbach am Main Offenbach Offenbach Offenbacham am am Main Main Main Wiesbaden Wiesbaden Wiesbaden Wiesbaden Wiesbaden Wiesbaden LKOffenbach Offenbach LK Offenbach Groß-Gerau LKGroß-Gerau LK LK Darmstadt Darmstadt LK LK LKDarmstadt-Dieburg Darmstadt-Dieburg Darmstadt-Dieburg

Odenwaldkreis Odenwaldkreis Odenwaldkreis Odenwaldkreis LK LKBergstraße Bergstraße LK Bergstraße LK LK LK Bergstraße

Kreise: 2002 bis 2050 Relative Veränderungen (in %) 5 bis 15 0 bis 5 -5 bis 0 -10 bis -5 -20 bis -10 -50 bis -20

(2) (5) (2) (6) (6) (5)

Quelle: FEH-Report-Nr. 672, Wiesbaden 2004

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Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

2.3

Modellprojekt Werra-Meißner-Kreis

2.3.1

Beschreibung

Ausgangssituation im Dialog über den demografischen Wandel







Zielsetzungen des Modellvorhabens



Die relevanten Daten zur quantitativen Bevölkerungsentwicklung sowie zur Veränderung der Altersstruktur im Werra-Meißner-Kreis liegen vor und wurden z.B. im Rahmen eines Regionalforums der Öffentlichkeit präsentiert.



Darüber hinaus wurde 2006 eine Befragung der Bürgermeister und der Fraktionsvorsitzenden der Kreisgemeinden zur Bedeutung des demografischen Wandels und den Gestaltungsmöglichkeiten und Lösungsansätzen der Kommunen durchgeführt. Die Ergebnisse wurden auf einer Bürgermeisterdienstversammlung und auf dem Regionalforum am 29. September 2006 ca. 80 Teilnehmern präsentiert.



Die umfangreichen vorliegenden Erkenntnisse zum demografischen Wandel im Landkreis und in den Kommunen sollen in den Städten und Gemeinden weiter vertieft werden. Dabei soll noch stärker bewusst gemacht werden, dass eine Vielzahl weiterer Projekte erforderlich ist, um die Folgen des demografischen Wandels zu bewältigen. Hierfür sollen insbesondere Bürgermeister und politische Mandatsträger aktiviert und motiviert werden. Das Motto des Modellprojektes lautet: „Vom Wissen zum Handeln“. Die Beteiligten des Dialogs sollen in die Lage versetzt werden, selbst Projekte zu entwerfen und Mitstreiter zur Umsetzung zu suchen.



• Vorgehensweise

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Seit dem Frühjahr 2004 fanden mehrere öffentliche Regionalforen zum Thema „Demografie“ mit breiter Beteiligung von Kommunen, Verbänden und Initiativen unter Federführung des Landrates statt. Im Verein für Regionalentwicklung Werra-Meißner e.V. (VfR), der regionalen Entwicklungsgruppe im Rahmen des Förderprogramms LEADER+, wurde eine Arbeitsgruppe „Demografische Entwicklung“ gebildet, die in drei Untergruppen zu den Themen „Soziales“, „Wirtschaft und Finanzen“ sowie „Regionalentwicklung“ arbeitet. Diese Arbeitsgruppen haben ein Leitbild und Projektvorschläge entwickelt. 2005 wurde das Sachgebiet „Demografie“ der Kreisverwaltung und 2006 der Stab „Demografie“ unter Leitung des Landrates eingerichtet.

• •

Es wurden zwei ganztägige Workshops mit jeweils drei Arbeitsblöcken durchgeführt. Der erste Workshop fand am 6. Dezember 2006 statt: - Im ersten Teil wurde zunächst ein Planspiel durchgeführt, bei dem die Teilnehmer für die fiktive Gemeinde Chattenhausen Ziele/Themen und Maßnahmen für den Umgang mit den Folgen des demografischen Wandels erarbeiteten. Als Grundlage brachte die Kreisverwaltung eine Beschreibung von Chattenhausen mit Angaben zu Bevölkerung, Finanzen und Infrastrukturausstattung ein. Gearbeitet wurde in vier Gruppen zu den Themen „Familien“, „Senioren“, „Freizeit“ und „Wirtschaft“. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wurden in einem zweiten Schritt auf die Gemeinden des Werra-Meißner-Kreises bezogen, wobei die Teilnehmer förderliche und hemmende Rahmenbedingungen zur Umsetzung von Projekten benannten. - Im zweiten Teil des Workshops wurden Projektbeispiele aus anderen Regionen zu den genannten Themenbereichen vorgestellt, um den Teilnehmern Anregun-

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Themen



Zu beiden Workshops liegen umfangreiche Dokumentationen vor.



Im Workshop 1 befassten sich die Arbeitsgruppen mit den Themen „Kinder und Familien“, „Senioren“, „Freizeit“ und „Wirtschaft“. Im Workshop 2 wurden Arbeitsgruppen zu den Themen „Wirtschaft und Tourismus“, „Gesundheit und Soziales“, „Interkommunale Kooperation“, „Bauen, Wohnen, Infrastruktur“ gebildet. Basis hierfür waren die Projektvorhaben der Teilnehmer aus dem ersten Workshop.



Federführung / Beteiligte





• Ergebnisse

gen zu geben, sowohl im Hinblick auf Projektideen als auch im Hinblick auf mögliche Kooperationspartner - Im dritten Teil des Workshops formulierten die Teilnehmer – jeweils aus ihrer spezifischen Sicht und für ihre eigene Gemeinde - den dringlichsten Handlungsbedarf. Jeder Teilnehmer nahm sich als „Hausaufgabe“ ein Projekt vor, welches er bis zum nächsten Workshop weiter vorantreiben wollte. Der erste Workshop wurde von der Hessen Agentur gemeinsam mit den Vertretern des Landkreises und des VfR konzipiert und moderiert. Der zweite Workshop fand am 3. März 2007 statt und diente zur Vertiefung der zuvor gewählten Projekte: - Im ersten Teil wurde der Umsetzungsstand der Vorhaben der Teilnehmer des ersten Workshops diskutiert, wobei Erfolge und Hemmnisse festgehalten wurden. - Im zweiten Teil wurden den Teilnehmern Grundlagen des Projektmanagements vermittelt, wobei der Schwerpunkt insbesondere auf der Entwicklung bzw. Formulierung von Projekten lag. - Diese Grundlagen haben die Teilnehmer im dritten Teil des Workshops angewendet und Aktionspläne für ihre schon vorhandenen oder auch für neue Projektideen erstellt.



Fortführung





Die Federführung des Dialogs liegt beim Sachgebiet „Demografie“ in der Kreisverwaltung. Die Kreisverwaltung hat in enger Zusammenarbeit mit dem VfR die Workshops konzipiert und durchgeführt. Beteiligt waren am ersten Workshop 33 Vertreter der 16 Kreisgemeinden und am zweiten Workshop 24, darunter 9 bzw. 5 Bürgermeister, sowie Vertreter der Kreisverwaltung und des VfR Insgesamt nahmen 47 bzw. 42 Personen am ersten bzw. zweiten Workshop teil. Herr Landrat Reuß hat beide Workshops aktiv mit gestaltet. Die Ergebnisse des zweiten Workshops, d. h. die Projektvorhaben mit den Aktionsplänen der Beteiligten, stellen die Grundlage für einen Wettbewerb dar. Die besten Projektideen und die erfolgreichsten Umsetzungsschritte werden von der Kreisverwaltung ausgezeichnet. Die Workshop-Ergebnisse werden in das Regionale Entwicklungskonzept für das Förderprogramm LEADER+ aufgenommen, welches der Werra-Meißner-Kreis bis zum Sommer 2007 erstellt. Der Dialog zum demografischen Wandel und die Arbeit an der Umsetzung von Projekten werden im Rahmen weiterer Regionalforen des VfR kontinuierlich fortgesetzt. Bürgermeister und politische Mandatsträger wirken nach Bedarf hier mit.

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Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

Eindrücke aus dem Modellprojekt Werra-Meißner-Kreis

Eröffnung durch Landrat Stefan Reuß

Plenum Workshop 1 am 6. 12. 2006

Arbeitsgruppe Kinder und Familien

Arbeitsgruppe Freizeit

Vorstellung von Arbeitsgruppenergebnissen 10

Zwischenergebnisse

HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

2.3.2

Auswertung Der Werra-Meißner-Kreis verfügt über eine umfangreiche Datenbasis zur demografischen Entwicklung, eine breite konzeptionelle Grundlage sowie eine engmaschige Vernetzung der regionalen Akteure. Zur Bewältigung des demografischen Wandels verfolgt der Werra-Meißner-Kreis wie die hessische Landesregierung die Zielsetzungen: „Dem Wandel entgegenwirken, den Wandel gestalten“: Das Modellprojekt trägt dieser Ausgangssituation Rechnung, indem ausgehend von der ausführlichen theoretischen Auseinandersetzung mit den Folgen des demografischen Wandels nun die praktische Umsetzung von Projekten unterstützt werden soll. „Vom Wissen zum Handeln“ lautet das Motto des Modellprojektes im WerraMeißner-Kreis. Mit dieser Zielsetzung unterscheidet sich der Werra-Meißner-Kreis von den anderen Modellprojekten, bei denen Information, Erfahrungsaustausch, Sensibilisierung, Impulse für einen breiten Demografie-Dialog und ein gemeinsames Verständnis der Akteure – wie in der Ausschreibung der Staatskanzlei gefordert - im Vordergrund standen. Folgerichtig für die Zielsetzung des Modellprojektes ist die Wahl von Bürgermeistern sowie haupt- und ehrenamtlichen Politikern aus Städten und Gemeinden als Zielgruppe, da diese über die Bereitstellung von Mitteln für Projekte entscheiden. Diese Zielgruppe wurde nicht zuletzt auch unter dem Eindruck gewählt, dass viele Kommunalpolitiker zwar über den demografischen Wandel informiert sind, dies jedoch bei ihren Entscheidungen vor Ort nicht immer anwenden. Das Modellprojekt hat gezeigt, dass - trotz umfangreicher Diskussionen über den demografischen Wandel Information und Sensibilisierung der Kommunalpolitiker, insbesondere der Spitzen, über die anstehenden Probleme auch weiterhin notwendig sind. Die schriftlich und persönlich eingeladenen Kommunalpolitiker meldeten sich nur so zögerlich zu den beiden Workshops des Modellprojektes an, dass die Projektleitung telefonisch nachfassen musste. Dadurch waren im ersten Workshop bis auf eine Ausnahme alle Gemeinden vertreten und im zweiten Workshop noch zwei Drittel der Kreisgemeinden. Im ersten Workshop nahm mehr als die Hälfte der Bürgermeister teil, im zweiten Workshop rund ein Drittel. Bei den Teilnehmern beider Workshops handelte es sich nicht gänzlich, aber überwiegend um dieselben Personen. Den Schwerpunkt der Workshops bildeten moderierte Arbeitsphasen. Sie führten die Teilnehmer schrittweise, von den möglichen Maßnahmen zur Bewältigung des demografischen Wandels in der fiktiven Gemeinde Chattenhausen über die Übertragung auf die eigene Gemeinde hin zur Benennung eines konkreten Projektes, das jeder Teilnehmer als seine persönliche Aufgabe benannte. Bis zum zweiten

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Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

Workshop sollten diese Projekte weiter ausgearbeitet werden. Positiv hervorzuheben sind die Informationsblöcke der Workshops. Durch Lösungsbeispiele in den Handlungsfeldern Familien, Senioren und Tourismus erhielten die Teilnehmer Anregungen für konkrete Maßnahmen. Eine kurze Einführung in das Projektmanagement vermittelte grundlegendes Handwerkszeug, das von einigen Teilnehmern interessiert aufgenommen wurde. Insgesamt griffen die beiden Workshops die demografischen Kernthemen auf. Die Bezeichnung der behandelten Themen bzw. der Arbeitsgruppen wurden von Workshop 1 zu Workshop 2 geändert. Auf der Basis der gemeinsamen Arbeit wurden die Bezeichnungen dadurch „passender“. Bei der Fortsetzung des Dialogs sollten die Begrifflichkeiten jedoch gleich bleiben, damit die Teilnehmer die inhaltlichen Schwerpunkte ihrer Arbeit wieder erkennen und dort anknüpfen können. Zum Ergebnis der Workshops ist festzuhalten, dass rund 20 Projekte nicht nur benannt, sondern in Form von Aktionsplänen mit ersten Umsetzungsschritten konkretisiert wurden. Bei der Erarbeitung der Aktionspläne hat sich gezeigt, dass es aufgrund der komplexen Auswirkungen des demografischen Wandels für die Teilnehmer nicht immer leicht war, sich auf ein machbares Projekt zu konzentrieren. Die Vermittlung der Erkenntnis, dass auch kleine Schritte einen Beitrag zur Bewältigung des demografischen Wandels leisten können, gehört zu den nennenswerten Ergebnissen der Workshops. Auch sind die Aktionspläne noch nicht soweit ausgeführt, dass sie in die Nähe von Umsetzungsplänen kommen. Dazu wäre nach Auffassung der Projektleitung eine weitere begleitende Unterstützung der Teilnehmer, etwa im Sinne eines Coachings, hilfreich. In wie weit die Projektvorschläge realisiert werden, ist jetzt noch nicht absehbar. Allerdings wird die zeitnahe Umsetzung von Projekten im Werra-Meißner-Kreis insofern erleichtert, als der Landkreis aus verschiedenen EU-, Bundes- und Landesprogrammen gefördert wird. Stimmung und Engagement der Workshop-Teilnehmer zeigten deren Interesse, an der Bewältigung des demografischen Wandels im Landkreis mitzuwirken. Auch die vergleichsweise lange Dauer der Workshops von jeweils rund sechs Stunden sowie die Tatsache, dass einer der Workshops am Samstag stattfand, taten dem Engagement der Anwesenden keinen Abbruch. Eventuell bietet allerdings die Dauer der Workshops einen einfachen Ansatzpunkt, um mehr Bürgermeister zur Teilnahme zu motivieren. In einer Vorbesprechung könnte geklärt werden, ob die Bürgermeister an einer kompakteren Veranstaltung interessiert wären. Der Demografie-Dialog wie auch das Thema demografischer Wandel insgesamt sind im Werra-Meißner-Kreis insofern Chefsache, als der Landrat den Stab Demografie in Kreisverwaltung leitet. Zu beiden Workshops des Modellprojektes hat der Landrat eingeladen und aktiv daran teilgenommen. Besonders hervorzuheben ist

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HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

die Anwesenheit des Landrates über die gesamte Dauer der Workshops. Damit wird die Bedeutung der Veranstaltung zum Ausdruck gebracht, die Wertschätzung des Engagements der Teilnehmer vermittelt und Unterstützung für die Projektideen signalisiert. Insbesondere durch die Einrichtung des Stabs „Demografie“ in der Kreisverwaltung sowie durch die Arbeit des Vereins für Regionalentwicklung Werra-Meißner e.V. sind wichtige Voraussetzungen für einen dauerhaften Demografie-Dialog im WerraMeißner-Kreis gegeben. Nicht zuletzt gibt die EU-, Bundes- und Landesförderung für den Werra-Meißner-Kreis der Auseinandersetzung mit den Folgen des demografischen Wandels immer wieder Impulse, da sie die Berücksichtigung der künftigen Bevölkerungsentwicklung einfordert. Der demografische Wandel erfährt im Werra-Meißner-Kreis durch die Aktivitäten des Vereins für Regionalentwicklung Werra Meißner e.V. und des Landkreises, insbesondere durch die Regionalforen, eine breite Öffentlichkeitsarbeit. Im Rahmen eines Regionalforums wurde auch das Modellprojekt vorgestellt. Da die Workshops des Modellprojektes als geschlossene Veranstaltung durchgeführt wurden, wurde über sie nicht im Einzelnen berichtet. Ihre Ergebnisse werden der Öffentlichkeit im Rahmen eines weiteren Regionalforums im Herbst 2007 vorgestellt.

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Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

2.4

Landkreis Marburg-Biedenkopf

2.4.1

Beschreibung

Ausgangssituation im Dialog über den demografischen Wandel



Der Landkreis Marburg-Biedenkopf hat die kommunalpolitischen Herausforderungen, die sich infolge des demografischen Wandels ergeben, erkannt und sich im November 2005 als Modellprojekt der Hessischen Staatskanzlei beworben.

Zielsetzungen des Modellvorhabens



Mit einem breit angelegten Dialog sollen Bürger und Politiker in den Städten und Gemeinden für den demografischen Wandel sensibilisiert werden.



In der Verwaltung soll eine arbeitsfähige Struktur geschaffen werden, auf deren Basis ein dauerhafter Dialog zum demografischen Wandel geführt werden kann und in der alle gesellschaftlich relevanten Gruppen beteiligt sind.



Als Ergebnis wird die Definition von umsetzungsfähigen Projekten angestrebt.



Am 14. September 2006 fand die Kick-Off-Veranstaltung mit ca. 200 Teilnehmern in Marburg statt. Es sprach Oswald Metzger über die Herausforderungen des demografischen Wandels. Die Kindertanzgruppe Gestiko Kids bereicherte die Veranstaltung.



Sechs Arbeitsgruppen treffen sich regelmäßig ca. jeden Monat und haben interne Zeitund Arbeitspläne aufgestellt. Sie werden jeweils von einem Vertreter der Kreisverwaltung und einem externen Moderator geleitet.



In den Arbeitsgruppen werden Ziele und konkrete Maßnahmen zum Umgang mit der demografischen Entwicklung erarbeitet. Eine Bestandsaufnahme bzw. Situationsanalyse wurde in der Regel zugrunde gelegt. Als Input werden auch Fachbeiträge von Externen eingeholt.



Zur Bündelung der Ergebnisse der Arbeitsgruppen und um den Austausch zwischen den Arbeitsgruppen zu gewährleisten wurde eine Steuerungsgruppe eingerichtet, in der die Moderatoren der Arbeitsgruppen, die Kreisverwaltung, die Projektleitung sowie ein Vertreter der Stadt Marburg mitwirken.



In den AGs wurden zahlreiche Materialien erarbeitet. Eine zusammenfassende Dokumentation liegt bisher noch nicht vor. Der Abschluss der Arbeitsgruppenphase des Dialogs ist für Ende 2007 vorgesehen.



Über die Ziele, Inhalte und Struktur des Modellprojektes sowie die Mitwirkenden und die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wird die Öffentlichkeit auf einer Internetseite informiert. Die Seite dient auch der internen Kommunikation. In einem nicht öffentlichen Teil werden Protokolle, Termine und Informationsmaterial der Arbeitsgruppen eingestellt. (www.demografie.marburg-biedenkopf.de)



Die Federführung des Prozesses hat das Büro des Landrates übernommen.



Die sechs Arbeitsgruppen (AG) sind zu den Themen Familienfreundlichkeit, Integration von Zuwanderern, Altenhilfe, ehrenamtliches Engagement, Standortstärkung und Regionalentwicklung mit folgenden Beteiligten tätig:

Vorgehensweise

Federführung / Beteiligte

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-

AG Kinder: Fachdienst Familie, Jugend und Soziales (FJS), Fachbereich Schule und Gebäudemanagement (SGM), Kindergartenleiter, Stadt Marburg

-

AG Integration: Sportkreis Marburg, Ausländerbeirat Marburg, MigrantInnen-

HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

Vereine, Beratungsstellen, Kirchen, Aussiedler, Fachdienst Integration -

AG Pflege: Seniorenräte, Alzheimer Gesellschaft, Stabsstelle Altenhilfe, Vertreter ambulanter Dienste und stationärer Einrichtungen, VdAK

-

AG Junge Alte: VHS, Bildungsträger, Freiwilligenagentur, ev. Kirche, Seniorenräte

-

AG Standort: ansässige Betriebe, IHK, Kreis-Job-Center, Universität Marburg, Kreiswirtschaftsförderung, Kreishandwerksmeister, Gewerkschaft

-

AG Umbau: Fachbereich ländlicher Raum, Fachbereich Bauen, Wasser und Naturschutz, Stadt- und Regionalplanung, Sparkasse, Einzelhandelsverband Darüber hinaus wirken in jeder AG Vertreter von Städten und Gemeinden, Vertreter der Kreistagsfraktionen sowie sachkundige Bürger mit. Insgesamt umfasst der Dialog im Landkreis Marburg-Biedenkopf über 100 Mitwirkende. Die Hessen Agentur nahm an den Sitzungen der Steuerungsgruppe sowie einer Reihe von Arbeitsgruppensitzungen teil.

Themen

Ergebnisse



Die AG Kinder befasst sich zunächst mit einer Ist-Erhebung der Angebote für Kinder und Jugendliche exemplarisch für die Gemeinde Lahntal. Ein Fragebogen für weitere Kommunen wurde daraus abgeleitet. Weitere Schwerpunkte sind: Kinder- und Familienfreundlichkeit, Betreuungs- und Bildungsangebote, interkommunale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kinderbetreuung.



In der AG Integration werden u. a. die Handlungsfelder Kindergarten, Schule, Jugendarbeit, Wohnen, Nachbarschaft, Gesundheit, Alter, Kultur, Identität/“Heimat“, Sprachkompetenz behandelt.



Die AG Pflege geht von einer Bestandsaufnahme der Angebote und Dienstleistungen für Senioren im Landkreis aus, auf deren Basis Lösungswege erarbeitet werden. Im Mittelpunkt stehen u. a. die Herausforderungen für Kommunen im Kontext zunehmender Pflegebedürftigkeit, das Miteinander aller Generationen und Bedarfsgruppen sowie Selbstbestimmtes Wohnen für Pflegebedürftige.



Die AG Junge Alte sucht Möglichkeiten, wie und in welchen Bereichen Menschen im Alter über 50 Jahre für bürgerschaftliches Engagement gewonnen werden können. Sie befasst sich auch mit der wirtschaftlichen Situation dieser Altersgruppe.



Die AG Standort hat als Grundlage zunächst ein Stärken-Schwächen-Profil des Landkreises erarbeitet. Sie befasst sich mit den Handlungsfeldern Verkehr, Arbeitsplätze, Tourismus und Tagungen, Kultur / Kunst sowie Bildung (Universität und Weiterbildung).



Die AG Umbau beschäftigt sich vor allem mit dem Strukturwandel in ländlichen Gebieten, u. a. auch mit den Chancen und Möglichkeiten interkommunaler Kooperation bei der Nutzung von Infrastruktureinrichtungen.



Die Arbeit in den thematischen Gruppen wird fortgesetzt mit dem Ziel, umsetzungsfähige Maßnahmen zu identifizieren und die Umsetzung vorzubereiten.



Unter Regie der Steuerungsgruppe und über die Internetseite erfolgt eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit.

Fortführung

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Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

Eindrücke aus dem Modellprojekt Landkreis Marburg-Biedenkopf

Auftaktveranstaltung am 14. 09. 2006

Steuerungsgruppe

Gestiko Kids

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HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

2.4.2

Auswertung Die künftige Bevölkerungsentwicklung stellt für den Landkreis Marburg-Biedenkopf eine besondere Herausforderung dar, die er in enger Zusammenarbeit mit den kreisangehörigen Städten und Gemeinden offensiv annehmen will. Dabei bezieht er die Universitätsstadt Marburg besonders ein, da hier eine eigene Stadtentwicklungsplanung etabliert ist, die sich mit den Folgen des demografischen Wandels schon länger beschäftigt. Die Projektstruktur des Modellprojektes ist so konzipiert, dass die Aufarbeitung der demografischen Herausforderungen nicht durch die Kreiserwaltung alleine erfolgt. Der Zielsetzung der Hessischen Staatskanzlei entsprechend ist eine Vernetzung der gesellschaftlich relevanten Akteure die Grundlage für die Projektstruktur im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Die Kooperationspartner im Modellprojekt sind: • • • • • •

die Kommunen, Vertreter der Wirtschaft, Vertreter von Verbänden, Bürgerinitiativen und Vereinen, Bildungsträger und Vertreter wissenschaftlicher Einrichtungen, Vertreter kirchlicher Einrichtungen, Vertreter von Gewerkschaften und Parteien.

Der Landkreis übernimmt die Steuerungsfunktion. Um den Folgen des demografischen Wandels offensiv begegnen zu können, verfolgt der Landkreis die zwei sich ergänzenden Strategien: a) dem langfristigen Bevölkerungsrückgang entgegenwirken und b) auf die veränderte Altersstruktur der Bevölkerung reagieren. Folgerichtig sind daher die Themen für die sechs Arbeitsgruppen konzipiert: Die Arbeitsgruppen „Kinder“, „Integration“ und „Standort“ entwickeln Lösungswege, die in erster Linie dazu beitragen, dem Bevölkerungsrückgang entgegen zu wirken. So soll es einerseits Frauen und Männern leichter gemacht werden, sich für Kinder zu entscheiden und andererseits sollen die bereits hier lebenden und die zukünftigen Migranten besser integriert werden. Insgesamt soll der Standort MarburgBiedenkopf mit zukunftsfähigen Arbeitsplätzen, familiengerechter Infrastruktur und reizvollen Freizeit- und Tourismusangeboten ausgestattet sein, um besonders für junge Menschen und Familien attraktiv zu sein. Die Arbeitsgruppen „Junge Alte“, „Pflege“ und „Umbau“ entwickeln hauptsächlich Lösungswege, die es ermöglichen, mit der veränderten Altersstruktur im Landkreis umzugehen. 17

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

Dabei sollen einerseits die Potenziale der noch leistungsfähigen Menschen über 65 Jahre für die Gesellschaft nutzbar gemacht und andererseits rechtzeitig Pflege- und Betreuungsangebote für die zunehmende Anzahl von hilfs- und pflegebedürftigen Menschen geschaffen werden. Gleichzeitig werden Überlegungen angestellt, welche Umbaumaßnahmen oder Infrastrukturanpassungen in Städten und Gemeinden ergriffen werden müssen, um den neuen Bevölkerungsstrukturen gerecht zu werden. Mit dieser Projektstruktur ist eine umfassende Vernetzung der gesellschaftlich relevanten Akteure wie auch die Behandlung der der demografischen Kernthemen vor dem Hintergrund einer strategischen Zielrichtung gegeben. In den einzelnen Arbeitsgruppen erfolgte in den ersten Sitzungen in der Regel eine Analyse der Ist-Situation, um darauf aufbauend Ziele und Maßnahmen in den jeweiligen Handlungsfeldern zu diskutieren. Zur Moderation der Arbeitsgruppen wurden Moderatorenteams, bestehend aus einem Fachvertreter der Kreisverwaltung und einem externen Fachmann, gebildet. Dadurch finden zum einen unterschiedliche Sichtweisen Eingang in die Leitung der Arbeitsgruppen. Zum anderen besteht dadurch während des gesamten Prozesses – also von der Bestandserhebung bis zur Benennung von Maßnahmen für alle Handlungsbereiche eine enge Verbindung in die Kreisverwaltung. Im Verlauf der Tätigkeit der Arbeitsgruppen hat sich gezeigt, dass seitens der Moderatoren inhaltlicher Input erforderlich ist, um zielgerichtet und ergebnisorientiert arbeiten zu können. Bei der Planung des Demografie-Dialogs muss somit ein entsprechendes Zeitbudget vorgesehen werden. Die Steuerung des gesamten Prozesses und der Informationstransfer zwischen den Arbeitsgruppen erfolgt in einer Steuerungsgruppe, die sich aus den Moderatoren der Arbeitsgruppen zusammensetzt. Die Leitung der Steuerungsgruppe obliegt der Gesamtprojektleitung, die im Büro des Landrates angesiedelt ist. Die regelmäßigen Treffen der Steuerungsgruppe erweisen sich insofern als unentbehrlich, als der Arbeitsstand und die förderlichen bzw. hinderlichen Rahmenbedingungen für die Arbeit in den Gruppen ausgetauscht, Lösungen gefunden und die Zielrichtung immer wieder „justiert“ werden kann. Die Leitung der Steuerungsgruppe wurde mit einer zusätzlichem Personalstelle ausgestattet, da die Koordination der sechs Arbeitsgruppen, die Öffentlichkeitsarbeit, die Organisation von Kick-Off- und Zwischenbilanzveranstaltungen und die Erstellung von Protokollen einen hohen personellen Aufwand erfordert, den die Mitarbeiter der Kreisverwaltung nicht zusätzlich zum eigentlichen Arbeitspensum leisten können. Die Finanzierung von zusätzlichem Personal für diese Leistungen macht deutlich, dass der Prozess einen hohen Stellenwert innerhalb der Kreisverwaltung einnimmt

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HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

und die vielen engagierten Beteiligten die nötige Unterstützung durch die Kreisverwaltung erfahren. Den Auftakt des Modellprojektes bildete eine öffentlichkeitswirksame Veranstaltung mit einem ehemaligen Bundespolitiker als Hauptredner. An der Veranstaltung nahmen rund 200 Personen teil. Hier erklärte der Landrat den Demografie-Dialog öffentlich zur Chefsache. Dies motiviert die über 100 Beteiligten des Prozesses, die in den Arbeitsgruppen viel Zeit und Engagement einbringen, um die Zukunft des Landkreises mit zu gestalten. Die Wertschätzung dieses Engagements ist für die Fortführung des Prozesses von großer Bedeutung. Darüber hinaus wird das Modellprojekt Marburg-Biedenkopf von intensiver Pressearbeit begleitet. Außerdem wurde eine eigene Internetseite eingerichtet (www.demografie.marburg-biedenkopf.de). Hier wird die Öffentlichkeit über die Projektstruktur, Ziele, Ansprechpartner, Pressemeldungen und Inhalte bzw. Ergebnisse der Arbeitsgruppen informiert. Die dauerhafte Fortsetzung der Internet-Seite ist geplant, so dass im weiteren Verlauf auch Beispielprojekte zum Umgang mit dem demografischen Wandel eingestellt werden können. Auf diese Art und Weise ist die direkte Kontaktaufnahme auch von Akteuren, die derzeit nicht unmittelbar am Dialog beteiligt sind, möglich. Sie werden sensibilisiert und zur Beteiligung motiviert. Die Arbeitsgruppen haben sich zunächst als Ziel gesetzt, bis zum Ende des Jahres 2007 Zwischenergebnisse vorzulegen. Die Ergebnisse der Diskussionsprozesse sollen Grundlage sein für umsetzungsfähige Maßnahmen. Die Arbeitsergebnisse sollen in den Gemeinden bekannt gemacht werden und Wege zur Projektumsetzung vor Ort gefunden werden. Dies entspricht der Zielsetzung der Hessischen Staatskanzlei, dass dauerhaft Lösungswege für den Umgang mit den Folgen des demografischen Wandels von den relevanten gesellschaftlichen Akteuren diskutiert, aufgezeigt und beschritten werden, die mittel- oder langfristig von der Kreisverwaltung oder von anderen zuständigen Trägern umgesetzt werden.

19

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

2.5

Landkreis Darmstadt-Dieburg

2.5.1

Beschreibung

Ausgangssituation im Dialog über den demografischen Wandel

Zielsetzungen des Modellvorhabens



20

-

Weitere Verbesserung der Kinder- und Familienfreundlichkeit,

-

Weitere Verbesserung der Seniorenfreundlichkeit,

-

Anpassung der öffentlichen Infrastrukturen,

-

Optimierung der Standortattraktivität des Landkreises allgemein.



Zu diesen Themen hat die Kommission Ziele und relevante Aufgabenfelder formuliert. Priorität genießen dabei aus Sicht der Kommission die Kinder- und Familienfreundlichkeit sowie die Seniorenfreundlichkeit. Für diese Themen wurden Perspektiven und Maßnahmeempfehlungen ausgesprochen.



Das Modellprojekt verfolgte das Ziel, den Dialog von der Kreisebene stärker in die Kommunen hineinzutragen und damit der Umsetzungsebene Impulse zu geben. Als thematischen Schwerpunkt des Modellprojektes wählte die Kommission „Demografische Entwicklung“ das „Miteinander der Generationen“.

• Vorgehensweise

Auf Kreisebene begann eine gezielte, kontinuierliche Auseinandersetzung mit der künftigen Bevölkerungsentwicklung und deren Folgen Anfang 2005. Als Reaktion auf einen Vortrag der Hessischen Staatskanzlei zu den Folgen des demografischen Wandels wurde auf Beschluss des Kreisausschusses die Kommission „Demografische Entwicklung“ gegründet. Den Vorsitz führt der Landrat. Mitglieder sind Vertreter des Kreisausschusses und der Kreistagsfraktionen, der Vorsitzende der Kreisversammlung der Bürgermeister, ein Mitglied der Enquete-Kommission Demografie des hessischen Landtags u. a. Die Kommission hat einen Bericht zur demografischen Entwicklung und den Handlungsspielräumen auf Kreisebene erarbeitet. Folgende Themen wurden als Schlüsselthemen festgelegt:



Es wurden zwei Workshops von jeweils ca. 3 Stunden Dauer durchgeführt.



Der Workshop 1 am 15. September 2006 stellte den Auftakt für den Dialog dar. Hier wurden zunächst die Ausgangssituation und die Perspektiven des Landkreises vor dem Hintergrund des demografischen Wandels vom Büro des Landrates und von der Hessen Agentur aufgezeigt. Mit einem Impulsreferat der Schader Stiftung Darmstadt zum Thema „Miteinander der Generationen im Raum“ wurden die Teilnehmer sensibilisiert und zum Nachdenken über generationenübergreifende Projekte angeregt. Im Mittelpunkt der Diskussion standen die Handlungsspielräume der Gemeinden im Handlungsfeld „Zusammenleben der Generationen“.



Der Workshop 2 fand am 1. Dezember 2006 statt. Grundlage war eine Befragung der Gemeinden zu generationenübergreifenden Projekten, die von der Hessen Agentur durchgeführt wurde. Im Workshop konzentrierten die Teilnehmer ihre Arbeit auf die Themen „generationenübergreifendes Wohnen“, „Hilfsprojekte von Jung und Alt“ sowie „Kommunikation der Generationen“. Dazu wurden von den Teilnehmern Projektinitiativen und erste Umsetzungsschritte erarbeitet sowie Erfahrungen und Hinweise zusammengetragen, die bei der Projektumsetzung behilflich sein können. Darüber hinaus konnten Interessengruppen zu drei Themen gebildet und Anregungen für die Unterstützung der Kommunen durch den Landkreis formuliert werden.

HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -



Die Workshops wurden von Projektleitung und Hessen Agentur konzipiert und von der Hessen Agentur moderiert. Eine Dokumentation der Ergebnisse des Modellprojektes liegt vor.

Federführung / Beteiligte



Die Federführung lag beim Landrat des Landkreises Darmstadt-Dieburg.



Im ersten Workshop waren 14 der 23 Kreisgemeinden vertreten, darunter 6 durch ihre Bürgermeister. Im zweiten Workshop waren 13 Gemeinden durch 7 Bürgermeister vertreten. Insgesamt nahmen jeweils 31 Personen an den Workshops teil. Außer den Gemeindevertretern waren Seniorenbeauftragte, Vertreter der Kommission „Demografische Entwicklung“, des Kreisausschusses, des Kreistags und der Kreisverwaltung (Frauenbüro, Jugendamt, Seniorenbüro und Volkshochschule ) beteiligt.

Themen



Im Rahmen des Schwerpunktthemas „Miteinander der Generationen“ wurden auf Wunsch der Workshop-Teilnehmer die Themen „Generationenübergreifendes Wohnen“, „Hilfsprojekte“ sowie „Kommunikation zwischen Jung und Alt“ als wesentliche Handlungsfelder bearbeitet.

Ergebnisse



Als Ergebnis der Befragung liegt eine Liste der bereits laufenden generationenübergreifenden Projekte im Landkreis vor, sowie die Einschätzung der Befragten zu den zukünftig wichtigen Feldern in diesem Bereich. Die Befragung ergab, dass in rund der Hälfte aller Kreisgemeinden generationenübergreifende Projekte durchgeführt werden. Den Nutzen generationenübergreifender Projekte sehen die befragten Bürgermeister überwiegend darin, dass Alt und Jung sich bei gemeinsamen Aktivitäten besser kennen lernen, Verständnis für einander entwickeln und die Stärken der anderen Generation erkennen. Weit überwiegend handelt es sich bei den laufenden Projekten um solche Projekte, die der gemeinsamen Freizeitgestaltung von Alt und Jung dienen. Auch Projekte zum gegenseitigen Lernen sind häufig vertreten. Sehr gering ist dagegen die Anzahl von Projekten zum generationenübergreifenden Wohnen und von Hilfsprojekten Alt hilft Jung / Jung hilft Alt. Gerade diesen Projekten messen die Befragten jedoch für die Zukunft größte Bedeutung bei.



Im Ergebnis der Workshops und der Befragung erwies sich die Vertiefung des Themas „Generationenübergreifendes Wohnen" als sinnvoll. Das Thema soll daher differenzierter betrachtet werden – je nach Wohnform, Zielgruppe, Standortgemeinde usw. – und viele noch offene konkrete Fragen sollen beantwortet werden, so z. B. Fragen nach Möglichkeiten zur Anpassung von Wohngebäuden / Grundrissen im Bestand, zu Regelungen für "alternde" "generationenübergreifende Wohnprojekte" u. ä.



Darüber hinaus wird der Landkreis über Projekte zum demografischen Wandel im Kreismitteilungsblatt und auf der Website des Landkreises berichten und die Aktivitäten zum demografischen Wandel auf Kreisebene mit den Aktivitäten der Gemeinden koordinieren.

Fortführung

21

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

Eindrücke aus dem Modellprojekt Landkreis Darmstadt-Dieburg

Zahl der Nennungen

15

N=69

10

5

0

Bildung Integration Sonstiges Versorgung, Wohnen Mobilität Hilfe-Projekte Gesundheit Freizeit

Ergebnisse der Umfrage: zukünftig wichtige Felder für generationenübergreifende Projekte

Fragen an die Arbeitsgruppen im Workshop 2 am 1. 12. 2006

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Ergebnisse der Arbeitsgruppe generationenübergreifendes Wohnen im Workshop 2 am 1. 12. 2006

HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

2.5.2

Auswertung Im Landkreis Darmstadt-Dieburg baut das Modellprojekt auf der Analyse, Bestandsaufnahme sowie der Schwerpunktsetzung und den Empfehlungen der Kommission „Demografische Entwicklung“ auf. Darin werden die demografischen Kernthemen Familie und Wirtschaft aufgegriffen. Für künftige Aktivitäten soll eine Konzentration auf die Themen Kinder- und Familienfreundlichkeit sowie Seniorenfreundlichkeit erfolgen. Grundsätzlich verfolgt der Landkreis Darmstadt-Dieburg die Zielsetzung „Anpassung an die Folgen des demografischen Wandels “ und „Milderung und Vermeidung der Folgen des demografischen Wandels“. Im Mittelpunkt der Arbeit der Kommission „Demografische Entwicklung“ stehen die Aufgabenfelder, für die die Kreisverwaltung direkt verantwortlich ist. Das Modellprojekt soll diese Arbeit ergänzen. Es soll der Auseinandersetzung mit den Folgen des demografischen Wandels auf der kommunalen Ebene Impulse geben. Der Landkreis Darmstadt-Dieburg bezeichnet sein Modellprojekt daher als „Zwei-EbenenDialog“. Mit den Teilnehmern der Workshops - Bürgermeister, Seniorenvertreter und die einschlägigen Kreisressorts – wurden wesentliche Entscheider und Projektpromotoren angesprochen. Eine breite Vernetzung gesellschaftlicher Akteure war im Modellprojekt des Landkreises Darmstadt-Dieburg nicht vorgesehen. Der Landkreis Darmstadt-Dieburg fokussierte das Modellprojekt auf ein Schwerpunktthema, um ein konzentriertes Arbeiten zu ermöglichen. Das gewählte Thema „Miteinander der Generationen“ entspricht der demografischen Betroffenheit des Landkreises Darmstadt-Dieburg. Es folgt der Schwerpunktsetzung der Kommission „Demografische Entwicklung“ und fügt darüber hinaus den vorhandenen Aktivitäten für Kinder, Familien und Senioren eine weitere Facette hinzu. Ziel des Modellprojektes im Landkreis Darmstadt-Dieburg war es, Denkanstöße und Anregungen für generationenübergreifende Projekte zu geben. Der erste der beiden Workshops diente als Auftakt und als unverzichtbare Einstimmung der Teilnehmer auf das Thema. Im zweiten Workshop wurden die Teilnehmer aktiv einbezogen. Zunächst benannten sie die aus ihrer Sicht wichtigsten generationenübergreifenden Themenstellungen. In der anschließenden Gruppenarbeit sowie durch den Ideenund Erfahrungsaustausch wurde über unterschiedliche Sichtweisen und über Umsetzungsprobleme diskutiert. Auch praktische (Detail)Lösungen wurden vorgestellt. Als hilfreiche Grundlage hat sich die Befragung der Bürgermeister zu generationenübergreifenden Projekten erwiesen: Ihr besonderer Vorzug bestand darin, dass sie die Gemeindevertreter dazu bewegt, sich vorab mit dem Thema für ihre Gemeinde zu befassen, und dass die Bestandsaufnahme Beispiele aus den Kreisgemeinden – nicht von außerhalb - beinhaltet.

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Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

Mit einer Dauer von jeweils drei Stunden waren die Workshops zügig und kompakt angelegt. Dennoch nahmen nur rund ein Drittel der Bürgermeister an den Workshops teil und knapp zwei Drittel aller Gemeinden waren vertreten. Eine Erklärung für diese begrenzte Teilnahme liegt möglicherweise darin, dass die südhessischen Gemeinden bis zum Jahr 2020 in vergleichsweise geringem Maße durch den demografischen Wandel betroffen sind und somit für viele Bürgermeister andere Aufgaben größere Dringlichkeit besitzen. Im Ergebnis hat das Modellprojekt das Miteinander der Generationen als ein weiteres wichtiges Thema bzw. als einen Ansatzpunkt zur Bewältigung des demografischen Wandels hervorgehoben. In den Workshops haben sich die Gemeinde-, Senioren- und Kreisvertreter speziell mit Projektideen zum generationenübergreifenden Wohnen, zur gegenseitigen Hilfe und zur Kommunikation zwischen Jung und Alt auseinander gesetzt. Der differenzierte Erfahrungsaustausch über Umsetzungsprobleme und über praktische Vorgehensweisen gehört dabei ebenfalls zum besonderen Nutzen des Modellprojektes. Für die Umsetzung insbesondere von Projekten in den Bereichen „Alt hilft Jung“ bzw. „Jung hilft Alt“ und „Kommunikation der Generationen“ wurde deutlich, dass sie nicht wie in der klassischen Projektarbeit geplant, gestartet und durchgeführt werden können. Ihr Gelingen hängt weniger von äußeren Umständen als vielmehr von den Menschen ab, die mitarbeiten. Sie haben daher starken „Prozesscharakter“. Das heißt, es bedarf teilweise langwieriger Vorarbeiten in einer Sensibilisierungsphase, in der Mitwirkende und Projektträger gefunden, begeistert und mobilisiert werden müssen. Sobald sich entsprechende Strukturen in den Gemeinden finden, können weitere Inhalte und Projekte bewegt werden. Unabdingbar ist jedoch eine Person als „Motor“ in der Gemeinde, die die gewünschten Prozesse anstößt, unterstützt und steuert. Außerdem wurden die Erwartungen der Kommunen an den Landkreis zur Unterstützung bei der Bewältigung Folgen des demografischen Wandels geklärt. Sie beziehen sich im Wesentlichen auf die Informationsvermittlung. Als Fortsetzung des Modelprojektes soll auf Beschluss des Kreisausschusses das im zweiten Workshop herausgearbeitete Thema „Generationenübergreifendes Wohnen“ vertieft und Projekte entwickelt bzw. umgesetzt werden. Für die 23 Kreisgemeinden plant der Landkreis weitere Impulsveranstaltungen, die wie im Modellprojekt durch eine Bestandsaufnahme sowie eine Stärken/Schwächen-Analyse für die Kreisgemeinden vorbereitet werden sollen. Im Landkreis Darmstadt-Dieburg ist der Demografie-Dialog Chefsache, da der Landrat nicht nur das Modellprojekt, sondern auch die Kommission „Demografische Entwicklung“ leitet. Damit ist zugleich auch die Voraussetzung für eine kontinuierliche Fortsetzung des Dialogs gegeben.

24

HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

2.6

Landeshauptstadt Wiesbaden

2.6.1

Beschreibung

Ausgangssituation im Dialog über den demografischen Wandel

Zielsetzungen des Modellvorhabens

Vorgehensweise



Ende der 90er Jahre wurde beim Oberbürgermeister eine Stabsstelle „Strategische Steuerung“ eingerichtet, um die langfristigen Perspektiven für die Stadt Wiesbaden weiter zu entwickeln und das operative Handeln so zu koordinieren, dass eine kontinuierliche Zielrevision ermöglicht wird.



Unter Regie der Stabsstelle wurden bereits verschiedene Veranstaltungen zu Aspekten des demografischen Wandels durchgeführt. Dazu gehören vier Wiesbadener Zukunftsgespräche, die sich an eine breite Öffentlichkeit wenden. Sie fanden zu den Themen „Demografische Herausforderungen“, „Zukunft des Sports“, “Zukunft des Bauens“ und „Zukunft des Gesundheitsstandortes Wiesbaden“ statt.



Auf politischer Ebene fanden zwei ganztägige Zukunftsklausuren des Magistrats in den Jahren 2005 und 2006 statt.



Mit dem Modellprojekt verfolgt die Stadt das Ziel, den Dialog der städtischen Ämter über die Folgen des demografischen Wandels zu intensivieren und die daraus resultierenden Anforderungen an die Stadtverwaltung ämterübergreifend zu behandeln.



Wissen, Planungen und Konzepte der Ämter bis zum Jahr 2020 sollen für die Stadt Wiesbaden zusammengeführt werden.



Ziel ist es, ämterübergreifende Projekte anzuregen und umzusetzen.



Es wird eine Workshop-Reihe unter Beteiligung der Amtsleiter, deren Geschäftsbereich stark durch den demografischen Wandel betroffen ist, durchgeführt. Die Reihe besteht aus einem Auftakt-Workshop und 4 thematischen Workshops von jeweils ca. 3 Stunden Dauer. Der Auftaktworkshop am 12. Oktober 2006 diente dazu, die Anregungen der Amtsleiter zu Konzeption, Verfahrensweise und Zeitplan der geplanten Workshop-Reihe sowie ihre Möglichkeiten zur Mitarbeit aufzunehmen und abzustimmen. Der Workshop „Arbeiten“ fand am 25. Januar 2007 statt; der Workshop „Wohnen“ am 8. März 2007. Dokumentationen für diese Workshops liegen vor.



• •

Die Workshops zu den Themen „Bildung“ und „Freizeit/ Kultur“ sind im Juni und September 2007 geplant.



Je Workshop bringen mehrere federführende Ämter ihre Vorstellungen zur künftigen Entwicklung und zum erforderlichen Handlungsbedarf der Stadt Wiesbaden als Impuls in die Diskussion ein. Zur Erarbeitung dieser Impulspapiere wurden folgende Leitfragen entwickelt: -

-

-

Inwiefern wird Ihr Verantwortungsbereich durch den demografischen Wandel betroffen – bis 2020? Welche Herausforderungen stellen sich für Ihren Verantwortungsbereich? Was soll - aus Ihrer fachlichen Sicht - den Arbeitsstandort Wiesbaden (Wohnstandort, Bildungsstandort, Freizeitstandort) im Jahr 2020 auszeichnen? Bitte formulieren Sie maximal 10 Thesen. Worin sehen Sie den Beitrag Ihres Verantwortungsbereiches bei der Umsetzung

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Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel



Federführung / Beteiligte

Themen

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dieser Entwicklungsvorstellungen? Bitte nennen Sie für Ihren Bereich auch konkrete Maßnahmen, die kurz-, mittel- und langfristig notwendig sind. - Welcher Beitrag anderer Ämter der Stadt ist aus Ihrer Sicht notwendig, um die skizzierte Entwicklung zu unterstützen? Bitte nennen Sie nach Möglichkeit auch hier bereits Maßnahmen. - Welche Rahmenbedingungen muss die Kommunalpolitik dafür schaffen? Die übrigen beteiligten Ämter benennen aus der Sicht ihres Amtes Anregungen, Ergänzungen, Konfliktpotenzial, Kooperationsmöglichkeiten sowie Abstimmungsbedarfe zu Positionen der federführenden Ämter.



Die Workshops wurden von Projektleitung und Hessen Agentur konzipiert. Die ersten Workshops wurden von der Hessen Agentur moderiert.



Die Federführung hat die Stabsstelle „Strategische Steuerung“ beim Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Wiesbaden übernommen.



Beteiligt sind die Leiter folgender 13 Ämter: - Personal- und Organisationsamt (11) - Statistik und Wahlamt, Stadtforschung (12) - Einwohnermelde- und Integrationsamt (33) - Umweltamt (36) - Schulamt (40) - Kulturamt (41) - Amt für soziale Arbeit (51) - Sportamt (52) - Gesundheitsamt (53) - Stadtplanungsamt, Amt für Stadtentwicklung (61) - Wohnungsamt (69) - Amt für Wirtschaftsförderung (80) - am Workshop zum Thema „Freizeit und Kultur“ nehmen außerdem die Wiesbadener Kurbetriebe teil.



Die Workshops behandeln die Themen Arbeiten, Wohnen, Bildung sowie Freizeit / Kultur. Bisher fanden die Workshops zu den Themen „Arbeiten“ und „Wohnen“ statt.



Im Workshop „Arbeiten“ wurden neben den klassischen Aufgaben der Beschäftigungsund Wirtschaftsförderung die Bereiche Bildung, Wohnen und Nahversorgung als gemeinsame Kernaufgaben der Zukunft gesehen. Die Teilnehmer sprachen einer bedarfsgerechten Flächenausweisung eine Schlüsselfunktion zu und stellten fest, dass der Bereich Sport sowohl als Imagefaktor als auch zunehmend unter dem Aspekt der Gesundheitsvorsorge an Bedeutung gewinnen wird.



Im Workshop „Wohnen“ haben sich die Themen Quartiersentwicklung im Bestand, Infrastruktur und Kommunaler Wohnungsbau als Schwerpunkt herausgestellt. Wesentliche Herausforderung in Wiesbaden ist es, für verschiedene Zielgruppen, d. h. sowohl für junge zahlungskräftige Nutzer als auch für Migrantenhaushalte Wohnangebote zu schaffen.

HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

Ergebnisse



Die Ergebnisse aller Workshops sollen in einem Bericht zusammengefasst, dem Wiesbadener Amtsleiterplenum vorgelegt und für Magistratsbeschlüsse aufbereitet werden.



Gemeinsam mit den teilnehmenden Amtsleitern soll im Detail noch geklärt werden, - wie die Ergebnisse der vier Workshops weiter behandelt werden, - in welcher Art und zu welchem Zeitpunkt weitere Akteure sowie Bürgerinnen und Bürger informiert bzw. in die Diskussion einbezogen werden und - wie der Dialog nach Abschluss der Workshop-Reihe fortgesetzt wird.

Fortführung

Eindrücke aus dem Modellprojekt der Landeshauptstadt Wiesbaden

Plenum im Workshop „Arbeiten“ am 25. 01. 2007

Die Amtsleiter bei der Arbeit

Zwischenergebnisse 27

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

2.6.2

Auswertung Die Landeshauptstadt Wiesbaden verfügt über eine detaillierte Bevölkerungsprognose bis zum Jahr 2020, die als Grundlage aller städtischen Planungen dient. Der Zeithorizont des Modellprojektes wurde von den Workshop-Teilnehmern daher ebenfalls auf das Jahr 2020 festgelegt. Als strategisch ausgerichtete Grundlagen für den Demografie-Dialog existieren ämterspezifische Entwicklungskonzeptionen sowie Tätigkeitsberichte, zum Beispiel für das Integrationsamt und das Wohnungsamt. In allen Magistratsvorlagen soll zudem die demografische Relevanz einzelner Vorhaben angegeben werden. Handlungsfelder für die Zukunft der Landeshauptstadt Wiesbaden wurden im Rahmen der Magistratsklausuren formuliert. Die Öffentlichkeit wurde bisher im Rahmen der Wiesbadener Zukunftsgespräche über die Folgen des demografischen Wandels für Sport, Bauen und Gesundheit in Wiesbaden informiert. Eine Zusammenschau der Entwicklungsvorstellungen der Ämter für die Landeshauptstadt Wiesbaden unter den Bedingungen des demografischen Wandels liegt bisher nicht vor. Im Modellprojekt sollen daher die Amtsleiter Wissen, Planungen und Konzepte für die „Landeshauptstadt Wiesbaden 2020“ aus ihrer fachlichen Sicht diskutieren und zusammenführen, um eine gemeinsame Grundlage für die weitere Auseinandersetzung mit dem demografischen Wandel zu schaffen. Mit diesem „Demografie-Dialog der Amtsleiter“ sieht das Modellprojekt in der Stadt Wiesbaden eine verwaltungsinterne Vernetzung vor. Die Einbeziehung weiterer Akteure aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen soll zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Um die dauerhafte Mitarbeit der Amtleiter zu sichern, wurde der Aufbau des Modellprojektes so gewählt, dass eine ämterübergreifende Auseinandersetzung mit dem komplexen Thema „Demografischer Wandel“ möglich ist und zugleich aber der Arbeitsaufwand für die Amtsleiter vertretbar bleibt. Daher wurden vier Workshops vorgesehen, deren Themenstellung „Wohnen“, „Arbeit“, „Bildung“, „Freizeit und Kultur“ quer zu den Ämterzuschnitten verläuft. Die demografischen Kernthemen werden damit aufgegriffen. Der Aufbau des Modellprojektes wurde in einem Auftaktworkshop von den Amtsleitern beschlossen. Darüber hinaus waren sie bereits im Vorfeld in die Konzeption einbezogen. Entsprechend hoch war auch die Resonanz der Amtsleiter. In den Workshops waren - bis auf zwei Ausnahmen - alle mitwirkenden Ämter durch ihre Amtsleiter vertreten. Als besonders hilfreich haben sich die Impulspapiere der Leiter der federführenden Ämter erwiesen, da sie eine konzentrierte, fachlich fundierte Diskussionsgrundlage lieferten. Die Workshops bieten den Amtsleitern, die Möglichkeit, sich frei vom Tagesgeschäft und unter dem Blickwinkel des demografischen Wandels mit ihren Kollegen über die

28

HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

Entwicklungsperspektiven der Landeshauptstadt und die notwendigen Maßnahmen auseinanderzusetzen. Als Ergebnis ist für Ende 2007 eine ressortübergreifende Zusammenschau von Perspektiven, Planungen und Projekten, evtl. auch eine Prioritätensetzung für Maßnahmen, geplant. Auch bei der Aufbereitung der Ergebnisse sowie der Planung für die Fortsetzung des Dialogs sollen die Amtsleiter eng eingebunden werden, damit der Dialog und seine Ergebnisse auch entsprechend weiter getragen werden können. Die Einladung zu den Workshops wurde durch den Oberbürgermeister ausgesprochen. Im Auftaktworkshop betonte der künftige Oberbürgermeister die Chancen, die der Dialog der Amtsleiter für die Bewältigung des demografischen Wandels beinhaltet. Auch hier hat sich gezeigt, dass eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Demografie-Dialog darin besteht, dass die politische Führung deutlich den hohen Stellenwert zum Ausdruck bringt, den sie dem Dialog beimisst. Öffentlichkeitsarbeit fand im Zusammenhang mit den Workshops bisher noch nicht statt, da es sich zunächst um ein internes Projekt handelt und die Workshop-Reihe zudem noch nicht abgeschlossen ist. 2.7

Zusammenfassung der Auswertung In der folgenden Tabelle wird die Auswertung der Modellprojekte zusammenfassend dargestellt.

29

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

Zusammenfassende Übersicht über die Modellprojekte Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel Kriterium

Werra-Meißner-Kreis

Marburg-Biedenkopf

Darmstadt-Dieburg

Wiesbaden

Auswirkungen des demografischen Wandels

• Der Landkreis wird in Hessen am stärksten vom demografischen Wandel betroffen: Die Einwohnerzahlen werden schon mittelfristig deutlich zurückgehen und der Anteil der älteren Einwohner stark steigen.

• Der Landkreis wird stark vom demografischen Wandel betroffen: Mittelfristig wird der Rückgang der Einwohnerzahlen moderat verlaufen, langfristig dagegen stärker. Der Anteil der älteren Einwohner nimmt deutlich zu.

• Die demografische Herausforderung besteht im Landkreis Darmstadt-Dieburg weniger in rückläufigen Einwohnerzahlen, sondern im der steigenden Anteil älterer und sehr alter Einwohner:

• Für die Stadt Wiesbaden stellt die Entwicklung der Einwohnerzahl insgesamt ein geringes Problem dar. Die Herausforderung besteht hier im steigenden Anteil älterer und alter Einwohner.

Ziele des Modellprojektes

• Projekte initiieren: „Vom Wissen zum Handeln“

• Auseinandersetzung mit dem demografischen Wandel auf Kreisebene.

• Weiterer Impuls für Auseinandersetzung der Bürgermeister mit dem demografischen Wandel durch Information und Erfahrungsaustausch zu einem Schwerpunktthema.

• Zusammenschau der Entwicklungsvorstellungen der Ämter für die Landeshauptstadt.

• Strategischer Ansatz liegt vor:

• Strategische Ansätze liegen themenbezogen vor (Wohnen, Integration). Eine Bevölkerungsprognose des Amtes für Statistik, Wahlen und Stadtforschung liegt vor.

• Weitere Sensibilisierung der kommunalen Entscheidungsträger für den demografischen Wandel. Vorhandene Grundlagen zur demografischen Entwicklung (demografische Analyse, strategischer Ansatz)

• Strategischer Ansatz liegt vor: Umfangreiche Datengrundlage, sowie regionale Entwicklungskonzepte mit Zielformulierungen. • Zielsetzungen im demografischen Wandel: den Wandel gestalten, dem Wandel entgegenwirken

Projektstruktur, Nachhaltigkeit

30

• zwei aufeinander aufbauende ganztätige Workshops mit moderierten Arbeitsgruppen und Informationsblöcken

• Gesellschaftliche Akteure einbinden. • Ziele und Projekte entwickeln. • Strategischer Ansatz wird im Rahmen des Modellprojektes entwickelt. Ist-Situation wird themenbezogen in den Arbeitsgruppen analysiert. Daraus werden Ziele und Maßnahmen abgeleitet. • Zielsetzungen im demografischen Wandel: dem langfristigen Bevölkerungsrückgang entgegenwirken, auf die veränderte Altersstruktur der Bevölkerung reagieren. • Sechs Arbeitsgruppen, die jeweils von einer Führungskraft der Kreisverwaltung und einem externen Moderator geleitet

Analyse, Bestandsaufnahme, Zielformulierungen sowie Schwerpunktsetzungen. • Zielsetzungen im demografischen Wandel: Anpassung an die Folgen des demografischen Wandels, Milderung und Vermeidung der Folgen des demografischen Wandels • zwei Workshops mit den Bürgermeistern der kreisangehörigen Städte und Gemeinden und relevanten Institutionen

• vier thematische Workshops mit ausgewählten Amtsleitern Æ Bestehende Struktur – Amtslei-

HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

Kriterium

Werra-Meißner-Kreis • je Workshop ca. 45 Teilnehmer Æ Bestehende Struktur – Regionalforen, VfR – hat Impulse erhalten. Æ Projektvorschläge Æ Fortsetzung durch Stabsstelle Demografie in der Kreisverwaltung in Zusammenarbeit mit VfR

Marburg-Biedenkopf werden sowie eine Steuerungsgruppe • monatliche ArbeitsgruppenTermine • insgesamt über 100 Beteiligte

Darmstadt-Dieburg • jeweils ca. 3 Stunden Dauer • je Workshop ca. 30 Teilnehmer • Befragung der Bürgermeister zu generationenübergreifenden Projekten

Æ Verfahrens- und Organisationsstruktur wurde entwickelt Æ Dauerhafte Fortsetzung ist in einigen Arbeitsgruppen sowie auf der Ebene der Gemeinden geplant.

Æ Die Workshop-Teilnehmer sowie Kommission „Demografische Entwicklung“ als bestehende Struktur haben Impulse erhalten. Æ Weitere Impulsveranstaltungen sind geplant.

Wiesbaden terplenum – wird Impulse erhalten. Æ Fortsetzung ist geplant, Form der Fortsetzung wird noch entwickelt.

Vernetzungsdichte

• Enge Vernetzung der regionalen Akteure durch Aktivitäten des Vereins für Regionalentwicklung Werra-Meißner e. V. (VfR), Regionalforen etc.

• Enge Vernetzungsdichte aufgrund der großen Teilnehmerzahl aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen

• Vernetzung von wesentlichen Entscheiden und Promotoren auf der kommunalen Ebene.

• Verwaltungsinterne Vernetzung

Behandlung demografischer Kernthemen

• Alle demografischen Kernthemen werden behandelt: Kinder und Familien, Senioren, Freizeit, Wirtschaft sowie Gesundheit und Soziales, interkommunale Kooperation, Bauen, Wohnen Infrastruktur

• Alle demografischen Kernthemen werden behandelt: Familienfreundlichkeit, Integration von Zuwanderern, Altenhilfe, ehrenamtliches Engagement, Standortstärkung und Regionalentwicklung

• Es wurde ein thematischer Schwerpunkt gewählt: „Miteinander der Generationen“

• Alle demografischen Kernthemen werden behandelt: Arbeiten, Wohnen, Bildung sowie Freizeit und Kultur

„Chefsache“

• Landrat leitet den Stab „Demografie“ in der Kreisverwaltung.

• Das Büro des Landrats hat die Federführung des Prozesses übernommen.

• Landrat leitete das Modellprojekt.

• Die Federführung obliegt der Stabsstelle Strategische Steuerung beim Oberbürgermeister.

• Landrat nahm an beiden Workshops ganztätig aktiv teil.

• Landrat leitet die Kommission „demografische Entwicklung“.

• Der Oberbürgermeister hat zur Workshop-Reihe eingeladen. Der künftige Oberbürgermeister hat auf dem Auftaktworkshop mitgewirkt. 31

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

Kriterium

Werra-Meißner-Kreis

Marburg-Biedenkopf

Darmstadt-Dieburg

Wiesbaden

Öffentlichkeitsarbeit

breite Öffentlichkeitsarbeit durch:

breite Öffentlichkeitsarbeit durch:

• Pressearbeit

• Geplanten Wettbewerb der Projektideen

• Internetseite www.demografie.marburgbiedenkopf.de

• Bisher nicht vorgesehen, da zunächst internes Projekt und noch nicht abgeschlossen.

• Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel Dokumentation zum Modellprojekt Landkreis DarmstadtDieburg

• Dialog zum Demografischen Wandel – Wiesbaden 2050 Auftaktworkshop, 12. Dezember 2006, Ergebnisprotokoll

• Regionalforen des VfR Dokumentation der Ergebnisse

• Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel, Modellprojekt WerraMeißner-Kreis, Dokumentation des Workshops am 07. Dezember 2006 in MeinhardGrebendorf

• Pressearbeit • www.demografie.marburgbiedenkopf.de

• Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel, Modellprojekt WerraMeißner-Kreis, Dokumentation des 2. Workshops am 03. März 2007 in MeinhardGrebendorf Ansprechpartner

32

Horst Pipper Fachdienstleiter Wirtschaftsförderung, Tourismus, Verkehr [email protected], 056561 / 302-4860

• Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel Dokumentation zum Modellprojekt Wiesbaden, Workshop Arbeiten, 25. Januar 2007 • Dialog zum Demografischen Wandel – Wiesbaden 2050 Workshop Wohnen, 8. März 2007, Ergebnisprotokoll

Gesa Zickermann Büro des Landrates [email protected], 06421 / 405-1212

Dr. Jan Hilligardt Büro des Landrates [email protected], 6151 / 881-1026

Dr. Wolfgang Maser Leiter Stabsstelle Strategische Steuerung [email protected], 0611 / 31 – 5691

HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

3

Erfahrungen aus den Modellprojekten, Handlungsansätze Die folgenden Erfahrungen aus den Modellprojekten sowie die sich anschließenden Handlungsansätze leiten sich aus der Mitarbeit, Begleitung und Teilnahme der Hessen Agentur bei den Workshops sowie den Arbeitsgruppen- und Steuerungsgruppensitzungen der Modellprojekte ab. Darüber hinaus wurde ein Evaluierungsgespräch mit den Projektleitern der Modellprojekte sowie mit jeweils zwei weiteren Teilnehmern durchgeführt. Die Erfahrungen aus den vier Modellprojekten lassen sich wie folgt zusammenfassen: • Der Demografie-Dialog hat sich als ein sinnvolles Instrument erwiesen, um –



– –



zielgruppengerecht über den demografischen Wandel zu informieren und für die Folgen zu sensibilisieren, Erfahrungen über Probleme und Lösungen auszutauschen und Impulse zu geben, Projektpartner zu gewinnen, ein gemeinsames Verständnis für die kommenden Aufgaben zu entwickeln und den demografischen Wandel als eigenständiges Thema auf der Tagesordnung zu halten.

• Viele Akteure in Politik, Verwaltung, Vereinen etc. sind bereit, sich mit dem demografischen Wandel auseinanderzusetzen und suchen Wege zur Bewältigung der Folgen. • Jedoch ist die Sensibilität für die Auswirkungen des demografischen Wandels vielfach noch nicht so ausgeprägt, dass sie auch im täglichen Handeln ihren Niederschlag finden würde. Die langfristige Dimension des demografischen Wandels wird von vielen Beteiligten außer Acht gelassen, so dass Weichenstellungen, die heute vorgenommen werden müssten, unterbleiben und Chancen ungenutzt bleiben. • Der Demografie-Dialog benötigt unbedingt die Unterstützung und das Engagement der örtlichen Politiker. Durch sie wird der hohe Stellenwert des Dialogs für die künftige Entwicklung von Landkreisen und Gemeinden zum Ausdruck gebracht und zugleich eine enge Beziehung zur politischen Entscheidungsebene hergestellt. Beides trägt in hohem Maße zur Motivation der Dialogpartner in den Verwaltungen und den gesellschaftlichen Gruppen bei.

33

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

• Die Komplexität des demografischen Wandels erschwert es für viele Akteure, abgrenzbare, realisierbare Projekte zu definieren. Kleine, lokale Projekte werden jedoch häufig nicht weiterverfolgt, weil sie den Akteuren für die Bewältigung des demografischen Wandels zu unbedeutend erscheinen. • Der Demografie-Dialog regt Projektideen an. Projekte selbst können effektiver auf der lokalen (interkommunalen) Ebene vorbereitet und umgesetzt werden, weil hier die Entscheidungs- und Projektträger tätig sind. • Anschauliche Informationen über die Auswirkungen des demografischen Wandels vor Ort sind eine wichtige Voraussetzung zur weiteren Motivation der Akteure. • Praktische Projektbeispiele sind unabdingbar als Impulse für die Konzeption Umsetzung von Maßnahmen zur Bewältigung des demografischen Wandels. können dazu beitragen, die Stagnation zu überwinden, die in Gemeinden Landkreisen vielfach nach der Informations- und Diskussionsphase entsteht den Prozess weiter vorantreiben.

3.1

und Sie und und

Empfehlungen für Landkreise und Kommunen Aufgrund der Erfahrungen mit den vier Modellprojekten kann den hessischen Landkreisen und Kommunen empfohlen werden, einen Demografie-Dialog in Gang zu setzen. Die Modellprojekte können dafür als Anregung dienen. Wichtig ist allerdings, den Demografie-Dialog auf die jeweiligen kommunalen bzw. regionalen Voraussetzungen – im Wesentlichen die demografische Betroffenheit, den Informationsstand und die Diskussionskultur - hin zuzuschneiden. Bei der Umsetzung sollten sie folgende Aspekte berücksichtigen: • Die Unterstützung des Prozesses durch die Politik vor Ort muss sichergestellt sein. Für alle Mitwirkenden muss klar erkennbar sein, dass der Prozess im Rahmen der lokalen / regionalen Politik einen hohen Stellenwert einnimmt und dass mit den Ergebnissen wichtige Beiträge für die Kommunal-/ Regionalentwicklung geleistet werden. Diese Unterstützung sollte nicht nur durch die aktive Mitwirkung von Spitzenpolitikern an den Veranstaltungen des Prozesses signalisiert, sondern auch durch Anerkennung und Wertschätzung des Engagements der Beteiligten dargestellt werden. Die Ergebnisse sollten in der örtlichen Presse kommuniziert werden, wobei insbesondere von Bedeutung ist, welche Vorhaben aufgegriffen werden und eine tatsächliche Umsetzung erfahren. Dies ist von großer Bedeutung als erneuter Impuls für die Fortführung des Dialogs, die von der Motivation der beteiligten Akteure lebt.

34

HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

• Die maßgebliche Mitarbeit von Führungskräften aus den Kreis- und Kommunalverwaltungen muss gewährleistet sein. Durch die Zusammenarbeit von gesellschaftlich relevanten Akteuren mit Führungskräften aus den Kreis- bzw. Kommunalverwaltungen wird sichergestellt, dass Ergebnisse, Zwischenergebnisse oder Ideen aus dem Demografie-Dialog von verantwortlichen Stellen aufgegriffen und weiter bearbeitet werden können. • Der Demografie-Dialog erfordert inhaltlichen Input. Das heißt, Workshops oder Arbeitsgruppen sind auch bei hoch qualifizierter Besetzung keine Selbstläufer. Sie benötigen schriftliche Diskussions- und Entscheidungsgrundlagen, auf deren Basis zielgerichtet und ergebnisorientiert gearbeitet werden kann. Besonders vorteilhaft ist es, wenn sich die Teilnehmer bereits vor der Diskussionsrunde mit den Unterlagen auseinandersetzen können, um dann konstruktive Beiträge einbringen zu können. • Die Arbeitsphasen des Demografie-Dialogs müssen ein definiertes Ziel haben, Zwischenbilanzen sind wichtig. Das heißt, allen Beteiligten muss das Ziel, die erwarteten Ergebnisse und die einzelnen Arbeitsschritte, mit denen diese Ergebnisse erreicht werden sollen, klar vermittelt werden. Mit einer daran ausgerichteten Moderation der einzelnen Veranstaltungen sollte je Sitzung ein Arbeitsschritt oder zumindest ein TeilArbeitsschritt erfolgreich abgeschlossen und dokumentiert werden. Gegebenenfalls kann auch eine neue Zielrichtung oder eine Anpassung der Vorgehensweise formuliert und begründet werden. Die Vorgehensweise und die Ziele müssen während des gesamten Prozesses für alle Beteiligten transparent bleiben. • Veranstaltungen, wie Workshops oder Arbeitsgruppensitzungen, benötigen eine zielgerichtete und teilnehmerorientierte Moderation. Das heißt, die Diskussionsrunden müssen möglichst ergebnisorientiert geleitet werden, um die meist begrenzten zeitlichen Ressourcen der Mitwirkenden nicht über Gebühr zu beanspruchen und um deren Engagement dadurch zu erhalten, dass sie den Effekt / den Nutzen ihrer Arbeit unmittelbar erkennen können. Dazu trägt auch die Qualität der Dokumentation und Kommunikation von Zwischenergebnissen / Ergebnissen entscheidend bei. Außerdem dürfen die Moderatoren ihre eigenen Vorstellungen nicht über die der Teilnehmer stellen, wenn gemeinsam getragene Ergebnisse erzielt werden sollen, die als Basis für die weitere Zusammenarbeit dienen sollen. Für den Erfolg des Dialogs ist es entscheidend, das Engagement der Mitwirkenden dauerhaft zu erhalten. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist neben dem o. g. inhaltlichen Input und den klar definierten Arbeitsphasen auch eine professionelle Moderation, die vorab intensiv mit den Initiatoren des Dialogs abgestimmt wird. 35

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

• Der Prozess des Dialogs braucht immer wieder neue Impulse. Das heißt, auch nach abgeschlossenen definierten Arbeitsphasen muss der Dialog immer wieder aufgenommen werden. Dazu können verschiedene Anlässe als Impulse genutzt werden, so z. B. die Publikation erfolgreich umgesetzter Projektbeispiele oder die Information über besonderes Engagement im Bereich des Ehrenamtes. Es sollte jede Gelegenheit genutzt werden, um die Handlungserfordernisse im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel immer wieder zu kommunizieren. Mit immer neuen Impulsen soll allen gesellschaftlichen Gruppen vermittelt werden, dass alle künftig anstehenden kommunalpolitischen Entscheidungen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels getroffen werden müssen und dass die Kommunal- bzw. Regionalpolitik auch in den folgenden Generationen davon geprägt sein wird. • Maßgeblich für die Entwicklung von Ideen zum Umgang mit den Folgen des demografischen Wandels sind Projektbeispiele. Das heißt, die anschauliche Darstellung von bereits umgesetzten Projektbeispielen macht Mut zur Nachahmung und Verbesserung der Ideen. Besonders anschaulich können Projektbeispiele dargestellt werden, wenn die jeweiligen Projektträger sowohl über Hemmnisse und Schwierigkeiten als auch über die Erfolge und die bewirkten Effekte berichten. Mitwirkende sollten dabei die Möglichkeit haben, Detailfragen zu stellen, die für ihre speziellen Projektideen von Bedeutung sind. Anhand der Vermittlung von Projektbeispielen kann deutlich gemacht werden, dass auch vermeintlich kleine Maßnahmen einen Beitrag zur Bewältigung des demografischen Wandels leisten und dass sie in der Summe zu nennenswerten Effekten führen, sofern sie sich in die Zielvorstellungen für die langfristige Entwicklung von Landkreis oder Kommune einfügen. • Der Demografie-Dialog benötigt intensive Öffentlichkeitsarbeit. Das heißt, die Beteiligten müssen alle sich bietenden Gelegenheiten nutzen, um die Presse und lokale Medien, wie z. B. Mitteilungsblätter der Gemeinde, öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen o. ä., zu nutzen und über die Fortschritte und Inhalte des Dialogs zu berichten. Da die Presse meist schwer dafür zu gewinnen ist, regelmäßig über Diskussionsrunden zu informieren, ist es wichtig, dass schlagkräftige Inhalte herausgestellt und Informationsmaterialien entsprechend aufbereitet der Presse zur Verfügung gestellt werden. Von besonderer Bedeutung ist es dabei, dass auch auf bereits umgesetzte oder aktuelle Maßnahmen und Projekte in der Gemeinde / dem Landkreis hingewiesen wird und die damit erwarteten Wirkungen im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel dargestellt werden.

36

HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

• Motor für die dauerhafte Fortsetzung des Dialogs ist die Umsetzung von Projekten vor Ort. Das heißt, der Demografie-Dialog braucht Erfolge, die sich an der Umsetzung von Projekten, die ihren Ursprung im Rahmen dieses Dialogs gefunden haben, messen lassen. Die Teilnehmer erwarten – sozusagen als Anerkennung des von ihnen eingebrachten Engagements – Beschlüsse und Entscheidungen der Kommunalpolitik sowie die tatsächliche Realisierung der von ihnen erarbeiteten Projektideen. Sobald dies über längere Zeit nicht absehbar ist, kann auch die Motivation zur Mitwirkung der Teilnehmer nicht dauerhaft aufrecht erhalten werden. Von daher ist die Umsetzung von Projekten ein wesentlicher Beitrag für die Fortsetzung des Dialogs. • Darüber hinaus haben die Modellprojekte gezeigt, dass der Demografie-Dialog Zeit braucht, um zu einem produktiven Dialog der Teilnehmer zu werden, aus dem konkrete Maßnahmenvorschläge hervorgehen können.

3.2

Handlungsansätze für die Hessische Landesregierung Aus den Erfahrungen der Modellprojekte sowie den Gesprächen mit Projektleitern und Workshopteilnehmern lassen sich folgende Handlungsansätze für die Hessische Staatskanzlei ableiten. • Bereitstellung von Mitteln zur Unterstützung des Demografie-Dialogs in den hessischen Landkreisen und Gemeinden. Mit einer solchen Unterstützung soll Landkreisen und Kommunen ein finanzieller Anreiz zum Aufbau und zur Fortführung des Demografie-Dialogs gegeben werden. Gefördert werden sollen Veranstaltungen, die der Information und dem Erfahrungsaustausch über den demografischen Wandel und über Wege zur Bewältigung der Folgen dienen. Unterstützt werden sollten der Einsatz von Referenten, Moderatoren o. ä. sowie die Erarbeitung von Diskussionsgrundlagen für die Veranstaltungen z. B. in Form von örtlichen Bestandsaufnahmen sowie die Erstellung von Tagungs- und Dokumentationsmaterial. Zusätzlich zur Information über den demografischen Wandel soll damit auch das Netzwerk der regionalen Akteure stabilisiert werden. • Aufbau einer Datenbank für Projektbeispiele aus hessischen Landkreisen und Kommunen. In allen Modellprojekten wurde deutlich, dass nur wenige Projektbeispiele, die praktisch zeigen, wie den Folgen des demografischen Wandels wirksam begegnet werden kann, bekannt sind. Die Projektdatenbank soll allen Interessierten online Zugang zu Basisinformationen wie Projektaufbau, -träger,

37

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

-partner und Ansprechpartner über Projekbeispiele aus Hessen geben. Darüber hinaus sollte sie alle Akteure, die in Hessen im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel relevant sind, verlinken (Landesressorts, Förderprogramme, Landesehrenamtsagentur, aktive Städte und Kommunen usw.). • Durchführung von Transfer-Workshops „Demografie im Griff“. Anhand von erfolgreichen Projektbeispielen aus Hessen sollen die Workshops Praktikern aus den Kommunen eine Möglichkeit zum persönlichen Infromationsund Erfahrungsaustausch bieten. Jeder Workshop sollte auf ein Thema konzentriert sein. Themenbeispiele sind: generationenübergreifendes Wohnen oder der Aufbau eines Leerstandskatasters. Um einen ergiebigen Austausch zu ermöglichen, muss die Teilnehmerzahl der Workshops begrenzt werden. Die Workshops sollen nicht nur dem Informationstransfer und der Vernetzung dienen, sondern darüber hinaus auch den Schritt “Vom Wissen zum Handeln” erleichtern. • Information über die Förderangebote des Landes im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel. In Hessen existiert eine Vielzahl von Programmen, aus denen Projekte zur Bewältigung des demografischen Wandels gefördert werden können. Eine Übersicht über diese Programme mit Angaben über Fördergegenstände, Fördervoraussetzungen und Förderhöhe sowie über die Antragsberechtigten und das Antragsverfahren könnte ebenfalls die Realisierung von Maßnahmen erleichtern. • Bereitstellung einer anschaulichen Präsentation der Auswirkungen des demografischen Wandels in Hessen. Von fast allen Gesprächspartnern wurde festgestellt, dass Informationen über den demografischen Wandel zwar in großer Zahl vorliegen, dass viele Akteure sich davon jedoch nicht angesprochen fühlen, weil die Auswirkungen der künftigen Bevölkerungsentwicklung zu allgemein dargestellt sind. Eine anschauliche Darstellungen der Folgen des demografischen Wandels anhand von Bildern und Zahlenmaterial mit regionalem Bezug - zumindest mit Hessenbezug – würde dagegen eine größere Betroffenheit erzielen. Es sollen jedoch keine entmutigenden Horrorszenarien gezeichnet werden. Daher müssen jeweils Beispiele für Lösungsansätze – nach Möglichkeit ebenfalls aus Hessen – gegeben werden. Eine solche Präsentation sollte für Landkreise und Gemeinden bei der Landesregierung abrufbar sein. Die Landesregierung würde damit die Verantwortlichen in Landkreisen und Gemeinden, denen häufig keine konsistente Beschreibung der Folgen des demografischen Wandels zur Verfügung steht, unterstützen.

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HA Hessen Agentur - Standortentwicklung -

• Modellrechnung zur Entwicklung der Einkommensteuereinnahmen der Gemeinden vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. Die Handlungsspielräume der Städte und Gemeinden werden entscheidend von ihren Einkommensteuereinnahmen beeinflusst. Mit einer Modellrechnung der Einkommensteuereinnahmen der Gemeinden vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird den Gemeinden eine wesentliche Basisinformation bereitgestellt, die die Dringlichkeit zum Handeln verdeutlicht. • Einbeziehung von relevanten Verbänden und Organisationen in die Sensibilisierung und Unterstützung der Akteure vor Ort. Um die breite Öffentlichkeit weiterhin in den Demografie-Dialog einzubeziehen, sollten weitere Multipilkatoren gewonnen werden. Dies könnten die Landesorganisationen einzelner Interessengruppen sein. Zum Beispiel kann über Freizeitaktivitäten ein weiterer Zugang zu Bürgerinnen und Bürgern gefunden werden. Als Beispiele sind die verschiedenen Landessportverbände, der Sängerbund, der Landesfeuerwehrfeuerwehrverband, der Landfrauenverband oder auch seltener angesprochene Gruppierungen wie Rotarier Clubs oder Lions Clubs zu nennen. Die Verbände könnten bei ihren Mitgliedsorganisationen, die zum Teil erheblich durch sinkende Einwohnerzahlen und steigenden Altersdurchschnitt betroffen sind, informieren und Anregungen erarbeiten, wie auf den demografischen Wandel reagiert werden kann. • Einrichtung einer Servicestelle „Demografie“ auf Landesebene. Die Servicestelle soll den Informations- und Wissenstransfer zwischen Landkreisen, Kommunen, Projektträgern und dem Land Hessen organisieren (z. B: durch Veranstaltungen, Workshops, Zusammenstellungen von Informationsmaterial) und bei der Umsetzung des Demografie-Dialogs beraten (z. B. durch eine „Einstiegsberatung“ zur Organsiation des Demografie-Dialogs oder Vorträge zu den Folgen des demografischen Wandels und zu Lösungsbeispielen). Zu ihren Aufgaben sollte auch die Öffentlichkeitsarbeit gehören (z. B. auch durch die Bereitstellung von Internet-Content). Darüber hinaus soll die Servicestelle den Stand der Aktivitäten in Landkreisen und Kommunen sowie künftige Ansatzpunkte zur Unterstützung des Demografie-Dialogs an die Landesregierung rückkoppeln. Der demografische Wandel stellt die kommunale Ebene vor neue Herausforderungen, die mit altbewährten Mitteln häufig nicht zu bewältigen sind. Neue Wege müssen noch gefunden, erprobt und auf die jeweilige Situation in der Gemeinde angepasst werden. Häufig sind sie auch mit Einschnitten verbunden. Die vorstehenden Handlungsansätze haben das Ziel, die Auseinandersetzung mit den Folgen des demografischen Wandels in der breiten Öffentlichkeit sowie unter Fachleuten und Praktikern fortzusetzen. Das gemeinsame Verständnis für die anstehenden Aufga39

Hessen 2050 – Sichere Zukunft im demografischen Wandel

ben und dafür, dass jetzt Aktivitäten notwendig sind, wenn nicht Chancen für die Zukunft vergeben werden sollen, soll durch den Demografie-Dialog vertieft werden.

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