Bachelorarbeit Numerische Simulation der Umströmung einer Sattelzugkonfiguration unter realen Strömungsbedingungen und Vergleich mit experimentellen Daten Henri Karhula Matrikelnummer 294206 für den Studiengang Computational Engineering Science, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, durchgeführt am Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, in Göttingen Am DLR betreut durch Prof. Dr.-Ing. Claus Wagner und Dipl.-Ing. Johannes Haff 30. Mai 2013

Eidesstattliche Erklärung Hiermit versichere ich, dass diese von mir abgegebene schriftliche Arbeit von mir selbstständig verfasst wurde. Dafür habe ich nur die in dieser Arbeit in nachprüfbarer Weise zitierte und aufgelistete Literatur bzw. Quellen verwendet. Mir ist bewusst, dass ich bei einem eventuellen Verstoß mit Konsequenzen zu rechnen habe. Weiter versichere ich, dass ich diese Arbeit noch keinem anderen Institut oder an einer Universität zur Beurteilung vorgelegt habe. Göttingen, 30. Mai 2013 Henri Karhula

Inhaltsverzeichnis Eidesstattliche Erklärung Inhaltsverzeichnis Nomenklatur Vorwort Einleitung

1

1 Grundlagen der Strömungsmechanik 1.1 Eigenschaften von Gasen . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Viskosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Reynoldszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Grundlagen der Umströmung von Lastkraftwagen . . . 1.2.1 Ablösung und Totwasser . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Unterbodenströmung bzw. Couette-Strömung . 1.2.3 Gesamtwiderstand eines Fahrzeugs . . . . . . 1.3 Grundlagen numerischer Strömungssimulationen . . . 1.3.1 Reynoldsgemittelte Navier-Stokes-Gleichungen 1.3.2 Turbulenzmodelle . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Volumengittergenerierung . . . . . . . . . . .

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4 4 5 6 7 8 9 9 11 12 13 14

2 Experimentelle Untersuchungen 18 2.1 Windkanalversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.2 Fahrversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3 Numerische Untersuchungen 3.1 Modellgeometrie . . . . . . . . . . . . 3.2 Berechnungsgitter . . . . . . . . . . . 3.2.1 Volumengitterqualität . . . . . 3.3 Randbedingungen und Konfigurationen 3.4 Konfiguration des Lösers . . . . . . . .

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21 21 23 25 26 27

4 Ergebnisse der Numerischen Simulationen 29 4.1 Konfiguration A (Maßstab 1:15) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4.2 Konfiguration B (Maßstab 1:1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 5 Vergleich der Ergebnisse 47 5.1 Vergleich von Konfiguration A mit den Ergebnissen des Windkanalversuches 47 5.2 Vergleich von Konfiguration B mit den Ergebnissen des Fahrversuches . . . 50 6 Zusammenfassung und Ausblick

52

Literaturverzeichnis

53

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

54

Nomenklatur Lateinische Symbole Formelzeichen Einheit

Bezeichnung

E

N m2

Elastizitätsmodul

p

Pa

Druck

v

3

m

spezifisches Volumen

u, v, w

m s

Geschwindigkeit

y, l

m

Abstand oder Länge

Re



Reynoldszahl

Sr



Strouhalzahl

f

1 s

Frequenz

FR

N

Rollwiderstandskraft

fR



Rollwiderstandsbeiwert

G

N

Gewichtskraft

ca



Auftriebsbeiwert

FA

N

Auftriebskraft

cw



Widerstandsbeiwert

FW

N

Widerstandskraft 2

A

m

Fläche

t

s

Zeitvariable

g

m s2

Erdbeschleunigung

r

m

Radius

Griechische Symbole Einheit Formelzeichen

Bezeichnung Dichte

τ

kg m3 N m2

η

Pa s

dynamische Viskosität

ν

m2 s N m2

kinematische Viskosität

ρ

σ

Schubspannung

Normalspannung

Zeichen Formelzeichen

Einheit

Bezeichnung

~• ~ ∇



Vektor



Nabla-Operator

•0



Schwankungswert (Varianz)





Zeitlicher Mittelwert

Abkürzungen Abkürzung

Bezeichnung

DLR

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

LKW

Lastkraftwagen

DNS

Direkte Numerische Simulation

URANS

Unstetige Reynoldsgemittelte Navier-Stokes Gleichung

SST

Shear-Stress-Transport

PIV

Particle Image Velocimetry

SWG

Seitenwindversuchsanlage Göttingen

Vorwort Die vorliegende Bachelorarbeit entstand während meiner Tätigkeit am Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Göttingen im Frühjahr 2013. Ich möchte mich bei Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Naumann für die Betreuung meiner Arbeit bedanken. Außerdem bedanke mich herzlich bei Herrn Prof. Dr.-Ing. Claus Wagner für die Ermöglichung dieser Bachelorarbeit. Auch möchte ich mich bei allen Kollegen des Instituts für die gute Zusammenarbeit und angenehme Atmosphäre danken. Besonders möchte ich Herrn Dipl.-Ing. Johannes Haff für eine hervorragende Betreuung und Dr.-Ing.habil. Mikhail Konstantynov danken. Ebenfalls danken möchte ich dem Konzern cd-adapco für die Benutzungserlaubnis der Software STAR-CCM+ und einen sehr netten Kontakt.

Einleitung Lastkraftwagen (LKW) dienen als Nutzfahrzeuge für den Transport von Gütern und übernehmen heutzutage mehr als zwei Drittel der innerdeutschen Güterverkehrsleistung. Aufgrund der hohen Infrastrukturdichte des Verkehrsnetzes sind diese in vielen Bereichen deutlich flexibler als der Bahnverkehr. Sie dienen in Logistikkonzepten als Transporteure von Gütern und sind als diese nicht mehr wegzudenken. Als Nachteile lassen sich aber leicht ein hoher Treibstoffverbrauch und hohe Abgasausstoß aufzählen. Deshalb forscht man am DLR an den Möglichkeiten, dieses Transportsystem für die Zukunft zu verbessern. Heutzutage kann man annehmen, dass etwa 60% aller Verluste bei Nutzfahrzeugen von aerodynamischen Verlusten stammen. Während nur 30% durch den Rollwiderstand der Reifen und nur 10% durch mechanische Verluste verursacht werden, wird klar, dass eine Optimierung der aerodynamischen Eigenschaften von Nutzfahrzeugen beachtliche Einsparungen von Kraftstoff und eine Reduzierung des Schadstoffausstoßes hervorbringen kann. Vor diesem Hintergrund werden am DLR in Göttingen experimentelle und numerische Untersuchungen der Aerodynamik von LKW durchgeführt. Da numerische Ergebnisse heute noch immer eine Validierung durch Messergebnisse benötigen, werden noch viele Aspekte im Windkanal untersucht. Jedoch sind die Möglichkeiten in einem Windkanal begrenzt. Um realistische Messergebnisse zu erhalten müssen Bedingungen eingehalten werden, die im Windkanal nur begrenzt realisierbar, wenn nicht unmöglich, sind. Am DLR in Göttingen wurden vor diesem Hintergrund sowohl Experimente im Windkanal als auch sehr aufwendige Fahrversuche durchgeführt. Ein deutlicher Unterschied zwischen den oben genannten Windkanalversuch und Fahrversuch ist die Skalierung und die Reynoldszahl. Jedoch kommen auch Radrotation und eine bewegte Fahrbahn dazu. Im Rahmen dieser Arbeit wollen wir besonderen Fokus auf diese beiden Einflüsse legen. Es hat sich bisher schon feststellen lassen, dass die Fahrbahntranslation besonders mit großer Unterbodenfläche einen deutlichen Einfluss auf das Strömungsfeld hat. So gibt es auch Windkanäle mit einem Laufband um diesen Effekt besser beobachten zu können, allerdings werden Ergebnisse aus solchen Messungen hier nicht beachtet. Bezüglich der Radrotation wurde auch schon festgehalten, dass durch diesen Effekt zusätzliche Wirbel im Strömungsfeld induziert werden. Diese Wirbel haben auch einen Einfluss auf den aerodynamischen Widerstand eines Fahrzeugs sind aber von verschiedenen Eigen-

1

schaften abhängig. So hat man unterschiedliches Verhalten bei Rädern in Reifenkammern und freiliegenden Rädern beobachtet. Im Rahmen dieser Arbeit wird also zusätzlich der Einfluss von zehn rotierenden Rädern an fünf Achsen auf das Strömungsfeld beobachtet. In dieser Arbeit werden zunächst die Grundlagen der Strömungsmechanik mit besonderem Blick auf die Eigenschaften von LKW besprochen. Darauf aufbauend werden die Ergebnisse der oben genannten experimentellen Versuche mit, im Rahmen dieser Arbeit, erstellten numerischen Simulationen verglichen. Hierbei werden nicht nur die Ergebnisse der unterschiedlichen Quellen betrachtet, sondern auch ausgewählte Randbedingungen und ihr Einfluss auf die Umströmung von LKW untersucht.

Stand der Technik Das folgende Kapitel gibt eine kurze Zusammenfassung über numerische Strömungssimulationen im Bereich der Nutzfahrzeugaerodynamik. 2004 veröffentlichte Salari [10] Ergebnisse numerischer Simulationen an einem GTS-Modell. Bei diesem Modell handelt es sich um ein generisches Modell einer Sattelzugkonfiguration, welches sich gut für die Validierung numerischer Simulationen eignet. Die Ergebnisse der Simulationen, die mit unterschiedlichen Volumengitterauflösungen und Turbulenzmodellen berechnet wurden, wurden mit NASA Windkanal-Experimenten verglichen. Diese Arbeit zeigte, dass durch die angemessene Wahl des Turbulenzmodelles sehr gute Widerstandsbeiwerte berechnet werden können. Im selben Jahr zeigt eine Veröffentlichung von Maddox [11], dass durch einen Detached Eddy Simulation Ansatz noch bessere Ergebnisse am gleichen GTS-Modell erzielt werden können. Simulationergebnisse mit einem detaillierten Modell wurden 2010 von Hyams [12] veröffentlicht. In dieser Arbeit wurde das GCM Modell, das eine Langhauber-Front hat, zusammen mit einem Detached Eddy Simulation Ansatz verwendet. Auch schon in dieser Arbeit wurde unter anderem der Einfluss von rotierenden Rädern simuliert, jedoch wurden nur statische Konfigurationen mit Experimenten validiert. Zusätzlich wurden auch hier zwei Skalierungen untersucht, die beide zur Validierung von entsprechenden experimentellen Daten dienten. Die Arbeit endete mit dem Fazit, dass gute Ergebnisse erzielt wurden, dass es jedoch bei der Simulation von bestimmten Geometrien und der Reifenrotationen Verbesserungspotential gibt. 2012 zeigte Pevitt [13] einen Vergleich von Simulationen mit veschiedenen Lastkraftwa2

gengeometrien und Anströmwinkeln in Verbindung mit Experimenten. Bei den Modellen handelt es sich um grobe Geometrien, die dazu dienen, starke Unterschiede besser zu untersuchen. Die mit der Software ANSYS CFX durchgeführten Simulationen stellen die Kräfte gut dar und zeigen, dass durch die Modifikation der Fahrzeuggeometrie immernoch eine deutliche Verbesserung des Widerstandsbeiwertes erzielt werden kann. In dieser Arbeit werden nicht die Einflüsse von abweichenden Geometrien, sondern besonders die Auswirkungen von Skalierung und Randbedingungen untersucht.

3

1

Grundlagen der Strömungsmechanik

Im Folgenden werden Begriffe und Definitionen aufgeführt, die uns helfen eine Strömung zu beschreiben. Dabei werden wir uns besonders auf Aspekte konzentrieren die die Umströmung und Eigenschaften von LKW ausmachen.

1.1

Eigenschaften von Gasen

In der Strömungsmechanik arbeitet man mit strömenden Flüssigkeiten (Hydrodynamik) und Gasen (Aerodynamik). In dieser Arbeit wird ausschließlich die Aerodynamik behandelt und deshalb müssen besonders Eigenschaften von Gasen beachtet werden. Um die Strömung von Gasen deutlich von der Strömung von Flüssigkeiten zu unterscheiden, führen wir den Begriff der Dichte ρ ein. Die Dichte ist temperatur- und druckabhängig. Wird beispielsweise eine Flüssigkeit bei konstanter Temperatur gehalten und ein Druck ausgeübt, so kann man eine Volumenänderung feststellen. In der Regel ist diese Volumenänderung bei Flüssigkeiten sehr gering, so dass man hier eine nahezu konstante Dichte annehmen kann. In der Hydrodynamik wird die Druckabhängigkeit der Dichte durch Gleichung (1) beschrieben. Bleibt der Dichteunterschied kleiner als 5% spricht man von inkompressiblen Medien [1]. ρ=

ρ0 1 − ∆p E

ρ:

Dichte bei einem beliebigen Druck

ρ0 :

Dichte bei O◦ C

E:

Elastizitätsmodul

∆p:

Druckdifferenz zum Umgebungsdruck

(1)

Betrachtet man Gase, die bei konstanter Temperatur unter Druck gesetzt werden, ist in der Regel eine große Volumenänderung und damit auch eine Dichteänderung zu sehen. Bei einer Dichteänderung von über 5% spricht man von kompressiblen Medien [1]. Der Zusammenhang von Volumen und Druck wird durch Gleichung (2) beschrieben. p1 v1 = p2 v2

4

(2)

p1 :

Druck 1

v1 :

spezifisches Volumen 1

p2 :

Druck 2

v2 :

spezifisches Volumen 2

Allerdings gilt obige Gleichung nur bei idealen Gasen unter konstanter Temperatur. In der Aerodynamik ist die Mach-Zahl die Kenngröße, die zur Beschreibung der Kompressibilität herangezogen wird.

1.1.1

Viskosität

Neben der Dichte ist auch die Viskosität eine Stoffeigenschaft, die in der Aerodynamik von Bedeutung ist. Die Viskosität (oder auch Zähigkeit des Fluids) beschreibt die Eigenschaft eines Stoffes, einer Verformung oder Zerteilung einen Reibungswiderstand entgegenzusetzen. So hat beispielsweise Luft eine geringere Viskosität als Wasser und dies wiederum eine geringere Viskosität als Honig. Um die Viskosität besser zu verstehen, stelle man sich folgenden Versuchsaufbau vor: Ein Fluid befindet sich zwischen zwei ebenen Platten. Die untere Platte ist fest, wohingegen sich die obere Platte mit einer konstanten Geschwindigkeit bewegt. Das Fluid wird dazwischen geschert, wodurch die Viskosität einen Reibungswiderstand ausübt. Dadurch entsteht zwischen der bewegten und der festen Platte ein Geschwindigkeitsprofil, welches an der festen Platte gleich Null ist und an der bewegten Platte der Geschwindigkeit der Platte entspricht [2]. Im Fall eines newtonschen Fluids oder Gases lässt sich die Viskosität auch durch Gleichung (3) beschreiben. Diese Definition beschreibt die Viskosität über eine Proportionalität zwischen Schwergeschwindigkeit und Scherspannung. τ =η

5

dv dy

(3)

τ:

Schubspannung

η:

dynamische Viskosität

v:

Strömungsgeschwindigkeit

y:

Abstand zur festen Platte (oder auch Höhe)

Zusätzlich ist zu beobachten, dass die Viskosität, temperatur- und druckabhängig ist. Hierbei ist zu beachten, dass die Temperatur einen deutlich größeren Einfluss hat als der Druck. Besonders gilt für Gase, anders als bei Flüssigkeiten, dass die kinematische Viskosität mit steigender Temperatur zunimmt.

1.1.2

Reynoldszahl

Die Reynoldszahl Re ist eine dimensionslose Kenngröße welche in der Aerodynamik eine große Rolle spielt. Besonders im Unterschallbereich dient die Reynoldszahl als wesentliche Strömungskennzahl. Sie drückt das Verhältnis zwischen Trägheits- und Reibungskräften über die mittlere Geschwindigkeit des strömenden Mediums, einen Längenfaktor und die kinematische Viskosität aus (siehe Gleichung (4)). Bei stumpfen Körpern, wie beispielsweise Fahrzeugen, wird die Länge oder Breite des Körpers als Längenfaktor bei der Bildung der Reynoldszahl herangezogen. Da auch die Viskosität Teil der Reynoldszahl ist, ist auch diese temperatur- und druckabhängig [2]. Re =

ρvl ν

ρ

Dichte

v:

Strömungsgeschwindigkeit

l:

Längenfaktor (Breite des stumpfen Körpers)

ν:

kinematische Viskosität

(4)

Die Reynoldszahl ist wichtig bei allen Strömungen, die von Dichte, Viskosität, Geschwindigkeit und einem Längenfaktor beeinflusst werden, da sie auch die Turbulenz der Strömung beschreibt. Bei einer einfachen geraden Rohrströmung kann man bei kleinen Reynoldszahlen eine laminare Strömung beobachten, d.h. eine Strömung frei von Bewegungen normal zur Hauptströmungsrichtung. Sobald die Reynoldszahl der Strömung über einen kritischen Wert steigt (zum Beispiel durch eine Geschwindigkeitserhöhung) kann man Querbewegun-

6

gen in der Strömung beobachten; man spricht in diesem Fall von Turbulenz. [2] Besonders beim Vergleich der Umströmung in Windkanalexperimenten mit der realen Körperumströmung muss auf die Reynoldszahl geachtet werden. Ein Windkanal ist durch seine Abmessungen und maximale Geschwindigkeit stark beschränkt. Will man die Umströmung eines großen Körpers mit hohen Geschwindigkeiten (also bei hoher Reynoldszahl) in einem Windkanal nachempfinden, muss ein Kompromiss gefunden werden, da die gleiche Reynoldszahl nur durch eine Verringerung der kinematischen Viskosität ν realisiert werden kann. Da sich eine starke Veränderung der Viskosität in der Regel als sehr aufwendig erweist (beispielsweise realisiert durch kyrogene oder Hochdruckwindkanäle), wird auf Annahmen zurückgegriffen, die einen Vergleich erlauben. Oft nimmt man an, dass die Geometrie von stumpfen Körpern Abrisskanten der Strömung klar definiert, so dass diese nicht mehr in Abhängigkeit der Reynoldszahl stehen.

1.2

Grundlagen der Umströmung von Lastkraftwagen

Bei Fahrzeugen handelt es sich im Gegensatz zu stromlinienförmigen Körpern aus der Luftfahrt um stumpfe Körper. Entsprechend ist als Unterschied zu nennen, dass der aerodynamische Widerstand maßgeblich nicht durch Reibungswiderstände sondern durch Druckwiderstände bestimmt wird. Bei der Umströmung eines stumpfen Körpers ist es charakteristisch, dass an der Front ein Strömungsaufstau stattfindet, ein Überdruckgebiet entsteht und die Strömung nach außen abgelenkt wird [3]. Zusätzlich beschäftigt man sich bei der Fahrzeugaerodynamik mit dem Einfluss der bewegten Fahrbahn und der Rotation der Räder auf das Strömungsfeld. Besonders interessant sind die Einflüsse auf die Ablöse- und Wirbelgebiete und deren dreidimensionale turbulente Strömungsstrukturen.

Strouhalzahl Um eine Aussage über die Schwankungsbewegungen einer Strömung zu geben, nutzt man die Strouhalzahl Sr. Sie beschreibt das Verhältnis der lokalen Beschleunigung und der konvektiven Beschleunigung und ist stark von der Geometrie des umströmten Körpers und der Reynoldszahlabhängig [2].

7

Sr = f:

Frequenz der Wirbel

l:

Breite des stumpfen Körpers

v:

Strömungsgeschwindigkeit

lf v

(5)

Bei der Strouhalzahl ist der Wechsel von laminarer zu turbulenter Strömung von großem Einfluss. Man unterscheidet zwischen einem unterkritischen, überkritischen und einem transkritischen Umschlag, welcher oft bei Fahrzeuggeometrien vorherrscht. Der Strömungsumschlag findet im transkritischen Fall an der Stelle mit der größten Breite statt, so dass eine Nachlauf mit gleicher Breite entsteht [3]. Bei stumpfen Körpern sind diese Effekte von kleiner Bedeutung, da die Ablösung geometriebedingt an scharfen Kanten stattfindet. Jedoch kann ein stumpfer Körper die Ausbildung von alternierenden Wirbeln im Nachlauf hervorrufen, woraus Schwingungen des Körpers entstehen können, welche dann zu Bauteilversagen führen können.

1.2.1

Ablösung und Totwasser

Im Allgemeinen kann man zwei Arten von Ablösungen unterscheiden; die druckinduzierte und die geometrieinduzierte Ablösung. Bei stumpfen Körpern, besonders Fahrzeugen, ist oft letzteres vorzufinden. Dabei reißt die Strömung an scharfen Kanten ab und es bildet sich ein Strömungsnachlauf aus (siehe Abbildung 1). Das körpernahe Nachlaufgebiet ist durch ein Rückstromgebiet, auch Totwasser genannt, charakterisiert. Hier sind zwei gegensinnig rotierende Wirbel typisch für Fahrzeuge, die das gesamte Gebiet des Totwassers definieren. Es herrscht ein Unterdruck. Ab dem Punkt bei dem die mittlere Strömungsrichtung wieder der Hauptströmungsrichtung entspricht, spricht man vom fernen Nachlauf [4]. Durch den Unterdruck im Totwasser und dem Überdruckgebiet an der Fahrzeugfront entsteht ein Druckwiderstand, der maßgeblich zum Gesamtwiderstand des Fahrzeugs beiträgt. Entsprechend liegt in der Manipulation des Totwassergebiets großes Potential zur Optimierung des aerodynamischen Widerstands eines Fahrzeugs.

8

Abbildung 1: Geometrieinduzierte Ablösung und Wirbel im Totwassergebiet 1.2.2

Unterbodenströmung bzw. Couette-Strömung

Eine klassische Couette-Strömung ist definiert als das zweidimensionale Strömungsfeld, welches zwischen einer ruhenden und einer bewegten Wand entsteht. Es wird also die Entwicklung einer Fluidgeschwindigkeit durch eine Schleppströmung der bewegten Wand beschrieben. So kann die Unterbodenströmung eines Fahrzeugs vereinfacht als CouetteStrömung angenommen werden. Erschwerend kommt hinzu, dass der Unterboden des Fahrzeugs selten glatt ist und die Bewegung in drei Dimensionen eine komplexere Strömung hervorbringt. Damit kann kein kontinuierliches Anliegen der Strömung an der Wand vorausgesetzt werden, so dass sich die Strömung ablöst und weitere Rückströmgebiete entstehen [2]. In dieser Arbeit werden verschiedene Konfigurationen ausgewertet. Unter diesen auch welche ohne bewegte Fahrbahn. In diesen Fällen entspricht die Strömung zwischen Fahrbahn und Fahrzeug weniger einer Couette-Strömung, sondern mehr einer Kanalströmung. Dieser Unterschied und sein Einfluss werden im Folgenden diskutiert. 1.2.3

Gesamtwiderstand eines Fahrzeugs

Die Verluste eines Fahrzeugs setzen sich aus drei Bereichen zusammen [4]: • Aerodynamische Verluste (ca. 60%) durch Luftwiderstand verursacht, abhängig von der Strömungsgeschwindigkeit, der angeströmten Fläche und der aerodynamischen Güte. • Rollwiderstandsverluste (ca. 30%) durch den Kontakt von Fahrbahn und Reifen 9

• Mechanische Verluste (ca. 10%) Aufgrund des großen Einflusses betrachten wir besonders den Luftwiderstand eines Fahrzeugs. Um diesen klarer betrachten zu können, unterteilen wir diesen noch in den Druckwiderstand und den Reibungswiderstand. Letzterer beschreibt die Reibung der Strömung an der Fahrzeugoberfläche, während der Druckwiderstand maßgeblich durch die Strömungsverdrängung definiert ist. Die wichtigsten Kräfte, die ein Fahrzeug beeinflussen, sind die Rollwiderstandskraft (Gleichung (6)), die Auftriebskraft (Gleichung (7)) und die Luftwiderstandskraft (Gleichung (8)) [3]. In der Realität ist auch die Seitenkraft nennenswert, doch hier vernachlässigbar, da wir nur tangentiale Fahrzeugumströmungen betrachten. F R = fR G FR

Rollwiderstandskraft

fR :

Rollwiderstandsbeiwert

G:

Gewichtskraft

(6)

Die Gewichtskraft drückt das Fahrzeug senkrecht zum Boden und wirkt somit gerade gegen die Auftriebskraft. Eine hohe Gewichtskraft führt zu schlechteren Bremseigenschaften, jedoch verschlechtert eine niedrige Gewichtskraft (bzw. eine Erhöhung der Auftriebskraft) deutlich die Fahrstabilität. Es folgt die dimensionslose Darstellung der aerodynamischen Kräfte. ca =

FA A ρ2 vr 2

(7)

cw =

FW A ρ2 vr 2

(8)

10

ca :

Auftriebsbeiwert

cw :

Widerstandsbeiwert

FA :

Auftriebskraft

FW :

Widerstandskraft

A:

angeströmte Fläche

ρ:

Dichte

vr :

Relativgeschwindigkeit der Luft um das Fahrzeug

Die beiden Gleichungen (7) und (8) sind Grundlage für viele Optimierungsvorgänge, da man an ihnen ablesen kann, welche Parameter Potenzial zur Verbesserung tragen. Die Fahrgeschwindigkeit wäre wegen des quadratischen Einflusses der beste Ansatzpunkt, jedoch ist die Geschwindigkeit nur durch den Fahrer beeinflussbar. Die Dichte der Luft ist fest und die Querschnittsfläche trägt wenig Potenzial, da eine verkleinerte Querschnittsfläche die Transportkapazität von Fahrzeugen einschränkt [5]. So bleibt die Verbesserung des cw -Wertes durch Veränderung der Fahrzeuggeometrie. Hierbei werden scharfe Kanten abgerundet, oder die Front des Fahrzeuges verlängert. Dies führt zu einer Abschwächung des Überdruckgebietes an der Fahrzeugfront oder des Unterdruckgebietes im Totwasser des Nachlaufs. Hierbei ist zu beachten, dass Abrundungen schon mit kleinen Radien große Effekte haben, während große Radien nur noch geringes Potenzial aufweisen [5]. Folgende Tabelle zeigt übliche cw Werte verschiedener Fahrzeuge.

1.3

Fahrzeugtyp

cw -Wert-Bereich

Personenkraftwagen

0.2 - 0.4

Lastkraftwagen

0.5 - 0.9

Motorrad

0.4 - 0.7

Grundlagen numerischer Strömungssimulationen

Die numerische Strömungssimulation hat sich in der Luft- und Raumfahrt, sowie in der Energietechnik und Automobilbranche etabliert. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass numerische Simulationen eine kostengünstige Alternative zu experimentellen Versuchen sind. Dies gilt besonders in Fällen die wegen Größenverhältnissen und Randbedingungen an die Grenzen der experimentellen Realisierbarkeit stoßen. Dennoch muss für die 11

Bewertung der Genauigkeit der numerischen Simulationen eine Validierung über experimentelle Messergebnisse stattfinden. Als Grundlage der numerischen Strömungssimulationen dienen die Navier-Stokes-Gleichungen. Eine direkte numerische Simulation (DNS) löst die Navier-Stokes-Gleichungen direkt, erfordert aber hohe Rechenleistung und Rechenkapazität. Grund dafür ist die Nichtlinearität der Gleichungen für eine turbulente Strömung. Jede kleinste Turbulenz hat einen Einfluss auf das Ergebnis. Da es viele Varianten zur Schreibweise der Navier-Stokes-Gleichungen gibt, ist hier (Gleichung 9) eine übersichtliche Variante in Vektor-Notation angegeben.  ρ

∂~v  ~  + ~v · ∇ ~v ∂t



~ + η∇ ~ 2~v + ρ~g = −∇p

ρ:

Dichte

~v :

Geschwindigkeitsvektoren in x-,y-,z-Richtung

t: ~ ∇:

Zeitvariable Nabla-Operator

p:

Druck

η:

dynamische Viskosität

~g :

Erdbeschleunigung

(9)

∂~v Es kommen gewissen  Termen eine besondere Bedeutung zu. ∂t steht für die lokale Be~ ~v für die konvektive Beschleunigung, ∇p ~ für die Kraft durch den schleunigung, ~v · ∇

Druckgradienten und ρ~g für die Volumenkräfte (beispielsweise Schwerkraft oder Zentrifugalkraft). Nimmt man einen inkompressiblen Fall an, so lässt sich diese Navier-Stokes-Gleichung zu der Impulsgleichung für reibungsfreie Fluide, oder auch Euler-Gleichung (10), vereinfachen. Diese Annahme kann für unsere Zwecke getroffen werden, da LKW mit einer Maximalgeschwindigkeit von 90 km eindeutig unterhalb einer Machzahl von 0.3 liegen. h ∂~v  ~  1~ + ~v · ∇ ~v = − ∇p + ~g ∂t ρ 1.3.1

(10)

Reynoldsgemittelte Navier-Stokes-Gleichungen

Als Alternative zur DNS steht uns das Lösen der unstetigen Reynoldsgemittelten NavierStokes-Gleichungen (URANS - Unsteady Reynolds Averaged Navier-Stokes-Equations) zur 12

Verfügung. Bei diesem Ansatz wird die Turbulenz nicht direkt gelöst, sondern empirisch modelliert. Dadurch, dass die Turbulenzen nicht gelöst werden, verringert sich auch die Rechenzeit und damit die Kosten der Simulation. Bei URANS wird die Lösung in zwei Teile aufgeteilt; ein zeitlich gemitteltes Strömungsfeld und eine ungeordnete, unregelmäßige Schwankungsbewegung. Damit besteht jede Strömungsgröße, wie zum Beispiel die Geschwindigkeit u, aus einem zeitlich gemittelten Wert und einer Schwankungsgröße. Durch diese Annahme lassen sich die Navier-StokesGleichungen vereinfachen, so dass ein Reynolds-Spannungstensor entsteht. Dieser Tensor beschreibt die sogenannten Reynoldsspannungen, die an einer Fläche Kräfte senkrecht zur Normalen ausüben [2]. Zieht man nun die Matrixschreibweise des Spannungstensors (11) heran, kann man erkennen, dass sich die Mittelwerte der Geschwindigkeitskomponenten einer turbulenten Strömung gleich verhalten mit denen einer laminaren Strömung. Sie unterscheiden sich jedoch bei der turbulenten Strömung durch zusätzliche Spannungen, weshalb diese auch unter dem Begriff der turbulenten Scheinreibung bekannt sind. 

0 σxx τxy 0 τxz 0





u0 u0

u0 v 0

u0 w0



    τxy 0 σ 0 τyz 0  = −ρ  u0 v 0 v 0 v 0 v 0 w0  yy     0 τxz 0 τyz 0 σzz u0 w0 v 0 w0 w0 w0 •0 :

Schwankungswert (Varianz)

•:

Zeitlicher Mittelwert

σ, τ :

Normalspannung, Schubspannung

u, v, w:

Geschwindigkeiten in x-,y-,z-Richtung

(11)

Diese zusätzlichen Gleichungen können über Turbulenzmodelle beschrieben werden. 1.3.2

Turbulenzmodelle

Die Wahl des Turbulenzmodelles hat eine große Auswirkung auf die Genauigkeit der Lösung der numerischen Simulation. Das Fehlerpotenzial ist groß, weil jedes Turbulenzmodell mit physikalischen Randwerten bzw. Vereinfachungen verknüpft ist. Besonders ist der Umschlagspunkt von laminarer zu turbulenter Strömung aufgrund des damit verbundenen Druckanstiegs wichtig.

13

Man kann Turbulenzmodelle in verschiedene Gruppen einteilen. Laminares Modell

Reynoldsspannungen verschwinden, ausschließlich für laminare Strömungen geeignet

Wirbelviskositätsmodelle

Reynoldsspannungen werden durch turbulente Viskosität oder Wirbelviskosität ersetzt

Reynolds-Spannungsmodelle

Direkte Berechnung der Reynoldsspannungen

Wirbelsimulationsmodelle

Keine Reynoldsmittelung, Lösen der vollständigen Navier-Stokes-Gleichungen

Unter den einzelnen Gruppen von Turbulenzmodellen kann man auch weitere Unterteilungen vornehmen. Dennoch kann man im Allgemeinen sagen, dass das laminare Modell mit einem geringen, die Wirbelviskositätsmodelle mit einem mittleren und die ReynoldsSpannungsmodelle sowie die Wirbelsimulationsmodelle mit hohem bis sehr hohem Rechenaufwand verbunden sind. Aufgrund des Verhältnisses zwischen Rechenaufwand und Genauigkeit der Lösung wollen wir einen besonderen Blick auf die Wirbelviskositätsmodelle werfen. Man unterscheidet unter diesen zwischen den Null-, Ein- und Zwei-Gleichungsmodellen. Wie Ihre Namensgebung schon andeutet, bestimmen diese Modelle eine Lösung für den Transport von turbulenter kinetischer Energie über eine bestimmte Menge an Differentialgleichungen. Die Industrie setzt dabei meist auf die Zwei-Gleichungmodelle. Zu den bekanntesten gehören das k-ε-, k-ω- und das Shear-Stress-Transport (SST) Modell. Hierbei steht k für die turbulente kinetische Energie, ε für die turbulente Dissipation und ω für die turbulente Frequenz. Das k-ε-Modell liefert im Inneren eines Strömungsfeldes gute Ergebnisse, während das k-ωModell in Wandnähe genaue Ergebnisse erzeugt. Durch das Kombinieren der Stärken dieser beiden Modelle liefert das SST-Modell (oder auch SST-k-ω-Modell) genaue Ergebnisse in Wandähe und auch im Inneren des Strömungsfeldes. 1.3.3

Volumengittergenerierung

Um die Strömungen innerhalb des Referenzvolumens simulieren zu können muss ein Volumengitter vorhanden sein. Die Software STAR-CCM+ erlaubt uns zwischen unterschiedlichen Arten der Gittergenerierung auszuwählen.

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Volumengitterarten Die verschiedenen Volumengitterarten basieren auf unterschiedlichen geometrischen Grundfiguren. Es werden hier nur die drei möglichen Volumengitterarten vorgestellt, die in der benutzten Software zur Verfügung stehen.

Abbildung 2: Grobes Gitter aus Tetraedern mit lokaler Verfeinerung in der Mitte Die Abbildung 2 zeigt ein Tetraeder-Gitter, welches eines der einfachsten Volumengitterarten ist. Die Berechnung ist sehr günstig und das entstehende Volumengitter hat eine große Zahl an Zellen. Jedoch neigt diese Herangehensweise zu Problemen, da eine geeignete Geometrie gegeben sein muss. Das Tetraeder-Gitter neigt zu wenig Regelmäßigkeit und kann besonders an Kanten oder Rundungen ungewünschte Artefakte oder Kanten hinterlassen [7]. Das in Abbildung 3 sichtbare Polyeder-Gitter ist durchaus komplexer als ein TetraederGitter, dennoch ist der Rechenaufwand im geringen bis mittleren Bereich. Bei der Berechnung wird ein grobes Tetraeder-Gitter berechnet, welches dann als Grundlage für das Polyeder-Gitter dient. Aufgrund dieser Tatsache ist auch dieses Verfahren fehleranfällig bei ungeeigneten Geometrien [7].

15

Abbildung 3: Grobes Gitter aus Polyedern mit lokaler Verfeinerung in der Mitte Ein Hexaeder-Gitter, wie in Abbildung 4 zu sehen, benötigt eine große Rechenleistung zur Generierung. Die Erstellung basiert auf einem Marching Cubes-Algorithmus, wie man ihn aus der Informatik kennt. In STAR-CCM+ wird das Volumengitter über einen Trimmer Algorithmus generiert. Die Eigenschaften der Hexaeder erlauben es diesem Algorithmus auch bei schwierigen Geometrien gute Ergebnisse zu liefern. Dafür ist allerdings eine große Menge an Zellen notwendig. Da dieser Algorithmus mit dem Ziel der Strömungssimulation implementiert wurde, hat er diesbezüglich zusätzliche Eigenschaften. Unter anderem kann der Algorithmus automatisch Gebiete erkennen, in welchen Strömungsphänomene erwartet werden, und dort lokal das Gitter verfeinern [7].

Abbildung 4: Grobes Gitter aus Hexaedern mit lokaler Verfeinerung in der Mitte

16

Grenzschichtverfeinerung Da in der Strömungsmechanik besonders das Grenzschichtverhalten von Interesse ist, muss auch das Volumengitter entsprechend angepasst werden. Zu diesem Zweck wird in dieser Arbeit die in STAR-CCM+ integrierte Prism Layer Mesh Funktion benutzt. Diese generiert, wie in Abbildung 5 gezeigt, an gewünschten Oberflächen mehrere Zellschichten, deren Größe, relative Dicke und Anzahl definiert werden kann.

Abbildung 5: Gitter aus Polyedern mit drei Prism Layer Mesh Zellschichten an der Ellipse in der Mitte.

17

2

Experimentelle Untersuchungen

Die Ergebnisse der simulierten Umströmung einer Sattelzugkonfiguration dieser wissenschaftlichen Arbeit sollen mit experimentellen Resultaten aus einem Windkanal- und einem Fahrversuch verglichen werden. Diese Experimente wurden von der Gruppe Verkehr der Abteilung Fluidsysteme des DLR durchgeführt. Dieses Kapitel beinhaltet eine Beschreibung beider Versuche.

2.1

Windkanalversuch

Der Windkanalversuch wurde in der Seitenwindversuchsanlage Göttingen (SWG, rechts in Abbildung 6) durchgeführt. Bei der Anlage handelt es sich um einen geschlossenen Umlaufwindkanal Göttinger Bauart mit einer Antriebsleistung von 0, 5M W . Die maximal erreichbare Geschwindigkeit in der leeren Messstrecke beträgt 65 ms . Die Messstrecke hat eine Querschnittsfläche von 2, 4m x 1, 6m (Breite x Höhe) und eine Länge von 9m. Das Sattelzugmodell wurde auf einer Bodenplatte (2, 6m Länge, 1, 2m Breite) installiert, die einen Abstand von 200mm zum Windkanalboden hat, um einen Einfluss der Windkanalgrenzschicht auf die Anströmung des Modelles zu verhindern. Die Geometrie des verwendeten Sattelzugmodells (Abbildung 6, links) entspricht im Wesentlichen der des im Fahrversuch verwendeten Fahrzeugs. Die Anströmung erfolgte tangential mit einer konstanten Geschwindigkeit von 59 ms , was einer Reynoldszahl von 650.000 in Bezug auf die Modellbreite entspricht.

Abbildung 6: Links: Sattelzugmodell (1:15) auf der Grenzschichtplatte in der Messstrecke, Rechts: Seitenwindversuchsanlage Göttingen (SWG) Zum Umfang der Untersuchungen gehörte die Messung der aerodynamischen Lasten mittels eines in das Modell integrierten Kraftaufnehmers, die Messung des Basisdrucks am Heck des Sattelaufliegers mittels instationärer Druckaufnehmer und die Messung des instationären Geschwindigkeitsfeldes mit Hilfe der laseroptischen Messmethode Particle Image 18

Velocimetry (PIV). Bei diesem Verfahren werden kleine Öltropfen in die Strömung gespeist (hier: Di-Ethyl-Hexyl-Sebacat mit einem mittleren Durchmesser von 1µm). Durch die besonders kleine Größe der Tropfen ist deren Einfluss auf die Strömung vernachlässigbar klein und es kann davon ausgegangen werden, dass die Bewegung der Tropfen der Strömung entspricht. Mit Hilfe eines gepulsten Lasers in Kombination mit einer entsprechenden Anordnung optischer Linsen werden ausgewählte Ebenen in der Strömung beleuchtet. Das gestreute Licht der Öltröpfchen erzeugt Partikelbilder, welche mit hochauflösenden Kameras gespeichert werden. Diese dienen der Berechnung des Geschwindigkeitsvektorfeldes mittels aufwendiger Kreuzkorrelationsalgorithmen. Aus den Aufnahmen werden dann Vektorfelder erstellt. Detaillierte Informationen über die Messtechnik PIV können aus Raffel [6] entnommen werden. Im Gegensatz zum Fahrversuch wurde bei dem durchgeführten Windkanalexperiment weder eine bewegte Fahrbahn noch die Rotation der Räder simuliert.

2.2

Fahrversuch

Ein Fahrversuch mit einer typischen europäischen Sattelzugkonfiguration mit einer 2-AchsZugmaschine und einem 3-Achs-Auflieger wurde im Mai 2012 von der Gruppe Verkehr der Abteilung Fluidsysteme des Instituts für Aerodynamik und Strömungstechnik durchgeführt. Das gesamte Messequipment inklusive Versorgungs- und Steuerungssystemen wurde dabei im Sattelauflieger mitgeführt. Mit Hilfe des laseroptischen Messverfahrens PIV wurde das Geschwindigkeitsfeld in einer vertikalen Ebene hinter dem Sattelauflieger in der Fahrzeugmitte gemessen (Abbildung 7, links).

Abbildung 7: Links: Laser-Lichtschnitt in der vertikalen Fahrzeugmitte im Fahrversuch, Rechts: Detailansicht der Fahrzeugrückseite mit modifizierter Rückwand und installierten CCD-Kameras Zusätzlich angebrachte Drucksensoren an einer modifizierten Aufliegerrückwand ermöglichten die Messung der instationären Basisdruckverteilung (Abbildung 7, rechts). Die Mes19

sungen wurden unter anderem bei der für Sattelzüge typischen Reisegeschwindigkeit von 80 km durchgeführt. Dies entspricht einer Reynoldszahl von 3.500.000. Dieser Fahrversuch h lieferte Erkenntnisse über das reale Strömungsverhalten im nahen Nachlaufgebiet hinter dem Sattelauflieger und die resultierende Basisdruckverteilung am Aufliegerheck.

20

3

Numerische Untersuchungen

Die numerischen Simulationen und die Volumengittergenerierung wurden mit dem Softwarepaket STAR-CCM+ (Version 7.04.006) durchgeführt. Die Modellgeometrie wurde mir von Xhevahire Zani in Form von CAD-Daten zur Verfügung gestellt und entspricht der Geometrie des Windkanalmodells. Dazu wurde das Fahrerhaus mit einem Lasersystem vermessen, in ein Flächenmodell konvertiert und anschließend mit der restlichen Geometrie verbunden. Dieses Kapitel beinhaltet eine Beschreibung der untersuchten Modellgeometrien, des erzeugten Berechnungsgitters sowie aller gesetzten Anfangs- und Randbedingungen und der gewählten Konfigurationen des Gleichungslösers.

3.1

Modellgeometrie

Die Modellgeometrie entspricht der einer typischen europäischen Sattelzugkonfiguration. Im Folgenden werden Einzelheiten der Geometrie im Detail betrachtet. Alle folgenden Maße beziehen sich auf den Maßstab 1:1. Der gesamte LKW hat grob die Maße 4, 2m × 16, 5m × 2, 5m (Höhe × Länge × Breite) Fahrerhausgeometrie Die Abmessungen der Fahrerhausgeometrie können Abbildung 8 entnommen werden.

Abbildung 8: CAD-Modell des verwendeten Fahrerhauses mit ungefähren Abmessungen 21

Zwischen dem Fahrerhaus und dem Sattelauflieger ist ein Spalt mit einer Länge von bis zu 80cm. Zu der Geometrie gehören die Seitenspiegel, die in einer Höhe von 2, 1m angebracht sind. Diese sind jeweils 75cm hoch, 24cm breit und 22cm seitlich vom Fahrerhaus entfernt. Radgeometrie Die insgesamt fünf Achsen mit je zwei Rädern entsprechen üblichen, im Strassenverkehr genutzten LKW-Reifen. Jedes Rad (Abbildung 9) hat einen Radius von 54, 75cm und eine Breite von 31, 5cm, bis auf die Räder der zweiten Achse der Sattelzugmaschine, welche eine Breite von 63cm haben. Die Reifenachsen des Anhängers weisen je einen Abstand von 1, 35m auf.

Abbildung 9: CAD-Modell der drei Reifenachsen des Anhängers mit Abmessungen

Auffahrschutz Der Auffahrschutz wird hier betrachtet, da dieser in vielen anderen Arbeiten vernachlässigt wird, obwohl ein deutlicher Einfluss auf den Nachlauf zu erwarten ist. Da das Modell des Windkanalversuchs eine andere Heckvariante als der LKW im 1:1 Maßstab hat, werden hier nun beide Geometrien untersucht. Der Auffahrschutz des Fahrversuches (Abbildung 10, links) ist zwar detaillierter, wird aber in ihren wichtigsten Eigenschaften nachempfunden. Die äußeren Abmessungen entsprechen einer Breite von 2, 5m (gleich der Fahrzeugbreite), einer Höhe von 30cm verbunden mit dem Auflieger über zwei 40cm lange Streben. Beide Streben haben eine Dicke von 6cm und sind in einem Abstand von 90cm voneinander angebracht. In der Realität wird der 22

Auffahrschutz zur Halterung von Lampen und Kennzeichen genutzt, wobei diese Details bei dieser Untersuchung vernachlässigt werden.

Abbildung 10: CAD-Modelle der verwendeten Auffahrschutzgeometrie des simulierten Fahrversuches (links) und des Windkanalversuches (rechts) Im Windkanalversuch wurde ein abweichender Auffahrschutz verwendet (Abbildung 10, rechts). Dieser unterscheidet sich zur Heckgeometrie des Fahrversuches darin, dass er nicht durch zwei Streben sondern durch eine geschlossene Platte mit dem Auflieger verbunden ist.

3.2

Berechnungsgitter

Das Volumengitter, der Simulationen, wurde mit den STAR-CCM+ Funktionen Trimmer, für die Erstellung des Oberflächen- und Volumengitters, und Prism Layer Mesh, für die Erstellung der Grenzschichtgitter, generiert. Das verwendete Referenzvolumen hat die Abmessungen 15m×66m×18m (Höhe × Länge × Breite), wobei der Abstand zur Fahrzeugfront ungefähr 0, 7 und zum Fahrzeugheck ungefähr 2, 4 Fahrzeuglängen beträgt. Zu den Seiten beträgt der Abstand 3 Fahrzeugbreiten und über dem LKW ist ein Abstand von ungefähr 2, 5 Fahrzeughöhen eingestellt. Der LKW liegt nie genau auf der Fahrbahn, sondern schwebt 2mm (im Maßstab 1:15) über dem Boden (wie im Windkanalversuch) oder wird 30mm (im Maßstab 1:1) in den Boden versenkt, um den Fahrversuch möglichst genau zu reproduzieren. Das strukturierte Volumengitter besteht aus ca. 32 Mio. Zellen, wobei die kleinsten Zellen (im Maßstab 1:1) eine Zielzellenkantenlänge von 22, 5mm haben. Wie in Abbildung 11 zu sehen, befinden sich die kleinsten Zellen in der Nähe des LKW und dem näheren Teil des Nachlaufs. Der vom LKW weiter entfernte Teil des Nachlaufs hat eine verdoppelte Zielzellenkantenlänge von 45mm. Mit steigender Entfernung zum LKW verdoppelt sich die Zielzellenkantenlänge immer weiter bis zur größten Zielzellenkantenlänge von 720mm. 23

Abbildung 11: Längsschnitte durch das Volumengitter in der Reifenmitte mit Angabe der Zellenkantenlängen Am LKW und an der Fahrbahn wurden fünf Zellschichten erstellt, die eine genaue Simulation der Grenzschicht ermöglichen sollen. Abbildung 12 zeigt, wie sich diese Zellschichten an den Räder verhalten, wenn diese über der Fahrbahn schweben oder in die Fahrbahn versenkt wurde. Es wurden fünf Prism Layer -Zellschichten mit einem Streckfaktor von 1, 2 und einer Gesamtdicke von 30mm (im Maßstab 1:1) definiert.

Abbildung 12: Längsschnitte durch das Volumengitter in der Reifenmitte: Links mit 2mm (im Maßstab 1:15) versenkten Reifen, Rechts mit 30mm (im Maßstab 1:1) schwebenden Reifen Alle Werte für die Zielzellenkantenlängen und die Zahl der Zellschichten in Wandnähe wurden gewählt, um einen Kompromiss zwischen Genauigkeit und Rechenaufwand zu erhalten. 24

3.2.1

Volumengitterqualität

Zur Kontrolle der Qualität des benutzen Volumengitters ist zu sagen, dass es sich um ein strukturiertes Gitter handelt und keine degenerierten Zellen vorkommen. Zusätzlich sind 99,99% aller Neigungswerte zwischen benachbarten Zellen unter 70◦ und der maximale Neigungswert beträgt 89, 173◦ . Über diese Betrachtung hinaus wollen wir aber auch einen Blick auf die y+ Werte des Volumengitters werfen. Abbildung 13 (oben) zeigt uns die y+ Werte der Konfiguration A, welche durchschnittlich bei 30 liegen.

Abbildung 13: y+ Werte des Volumengitters auf dem Fahrzeug und der Fahrbahn der Konfiguration A (oben) und Konfiguration B (unten) Durch die Skalierung und Änderung der Strömungsgeschwindigkeit sind bei der Konfiguration B, wie unten in Abbildung 13 zu sehen, deutlich höhere Werte vorhanden. Bei der Benutzung des SST-k-ω-Turbulenzmodelles mit “All-y+”-Wand Modellierung liegen die y+ beider Konfigurationen im optimalen (y+ ≈ 40) bis befriedigendem Bereich. 25

3.3

Randbedingungen und Konfigurationen

Im Folgenden werden die Randbedingungen der Simulationen aufgeführt. Folgende Werte und Einstellungen wurden verwendet. Fluid:

Luft

Temperatur:

300K

Druck:

101325.0P a

Dichte:

kg 1.17659 m 3

Viskosität:

1.85508 · 10−5 P a s

Einlass:

Mass Flow Inlet

Auslass:

Flow-Split Outlet

Fahrbahn:

Wall, No-Slip

Seiten und Decke:

Wall, Slip

Fahrzeug und Räder:

Wall, No-Slip

Mit diesen Werten und Einstellungen werden zwei Konfigurationen genauer definiert. Konfiguration A (Maßstab 1:15) Konfiguration A entspricht dem Windkanalversuch bei einer Anströmgeschwindigkeit von 59 ms und einem passend dazu definierten Massenstrom am Einlass. Da wir im Windkanal keine Reifenrotation oder Fahrbahntranslation haben, wird in dieser Konfiguration alles statisch definiert. Die Reifen sind, wie auch im Windkanal, 2mm schwebend über der Fahrbahn. Hierzu wurde auch das entsprechende Volumengitter verwendet. Konfiguration B (Maßstab 1:1) Konfiguration B stellt den Fahrversuch dar und ist deshalb mit einer Anströmgeschwindigkeit von 22, ¯2 ms (80 km ) und einem entsprechendem Massenstrom am Einlass eingestellt. h Zusätzlich wurde die Unterseite des Referenzvolumens als Fahrbahn definiert und mit einer Translationsgeschwindigkeit entsprechend der Anströmgeschwindigkeit definiert. Passend dazu werden die Räder und Reifenachsen um ihre jeweilige Rotationsachse mit 387, 59 Umdrehungen pro Minute eingestellt, was ebenfalls der Anströmgeschwindigkeit und damit der simulierten Fahrgeschwindigkeit entspricht. In dieser Konfiguration sind die Räder 2mm in den Boden versenkt. Dies wurde durch die Nutzung des entsprechenden Volumengitters realisiert. 26

3.4

Konfiguration des Lösers

Die numerischen Untersuchungen wurden mit dem Softwarepaket STAR-CCM+ durchgeführt und bestehen aus instationären Reynolds-gemittelte Navier-Stokes Simulationen. Für die Turbulenzmodellierung wurde ein SST-k-ω-Turbulenzmodell verwendet. Bei diesem handelt es sich um ein Wirbelviskositätsmodell, welches Turbulenzen sowohl in Wandnähe als auch in abgelösten Strömungsfeldern darstellen kann. Dies ist in unserem Fall eine sinnvolle Wahl, da sowohl Grenzschichten am Fahrzeug als auch das Totwassergebiet des Nachlaufs untersucht werden. Im Folgenden sind die verwendeten Programmeinstellungen aufgeführt: Raum:

Dreidimensional

Zeit:

Implizit Unstetig

Material:

Gas

Strömung:

Getrennte Strömung

Zustandsgleichung:

Ideales Gas (kompressibel)

Energie:

Getrennte Fluid Temperatur

Viskose Strömung:

Turbulent

Reynoldsgemittelte Turbulenz:

SST-k-ω-Turbulenz mit All y+ Wand Modellierung

Durch die Auswahlen werden automatisch zusätzliche Modelle eingebunden oder weiter definiert. Nennenswert ist, dass bei der Auswahl des k-ω-Turbulenz-Modells dieses als SST-k-ω-Modell genauer definiert wird. Es fällt auf, dass trotz des inkompressiblen Falls eine kompressible Lösung der Idealen Gasgleichung gewählt wurde. Dies ist beabsichtigt, weil STAR-CCM+ mit dieser Konfiguration in der Regel eine bessere Konvergenz aufweist und somit unsere Berechnungen weniger zeitaufwändig gestalten sollte. Da ein impliziter Löser verwendet wird, muss auch der Zeitschritt und die Zahl der Iteration pro Zeitschritt definiert werden. Folgende Werte wurden mit Beachtung von empfohlenen Werten eingestellt:

27

Zeitschritt:

0.01s

Temporale Diskretizierung:

1. Ordnung

Innere Iterationen:

5

Unterrelaxationsfaktor Geschwindigkeit:

0, 5

Unterrelaxationsfaktor Druck:

0, 1

Unterrelaxationsfaktor Energie:

0, 9

Unterrelaxationsfaktor k-ω-Turbulenz:

0, 8

Konvektion k-ω-Turbulenz:

2. Ordnung Upwind

Mit diesen Einstellung wurde zunächst eine stetige Reynoldsgemittelte Navier-Stokes Gleichung gelöst, bis ein konvergiertes Strömungsfeld berechnet wurde. Für die Konfiguration A wurden 1300 Iterationen und für die Konfiguration B 1800 Iterationen benötigt. Ausgehend von diesen Strömungsfeldern wurde die URANS Berechnung gestartet, welche ebenfalls bis zu einer konvergierten Lösung durchgeführt wurde. Diese finale Lösung wurde bei der Konfiguration A nach 3 physikalischen Sekunden und bei der Konfiguration B nach 9 physikalischen Sekunden erreicht. Zur Bestimmung der Konvergenz diente die Betrachtung der Residuen als auch der berechneten Kraftbeiwerte. Nachdem die numerische Simulation ausgiebig beschrieben wurde, wenden wir uns an die Ergebnisse und deren Auswertung.

28

4

Ergebnisse der Numerischen Simulationen

Die im Folgenden vorgestellten Ergebnisse sind im Rahmen dieser Arbeit mit dem Softwarepaket STAR-CCM+ (Version 7.04.006) berechnet worden. Im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei verschiedene Konfigurationen untersucht: Konfiguration A, die Simulation des Windkanalversuches im SWG, und Konfiguration B, die Simulation des durchgeführten Fahrversuches. Wir werden in beiden Fällen Geschwindigkeits-, Vortizitäts- und Druckfelder betrachten. Darüberhinaus werden der Widerstandbeiwert sowie die Visualisierung ausgewählter Strömungsregionen mit Hilfe von Stromlinienbildern für eine nähere Untersuchung genutzt. Zur Nachvollziehbarkeit zeigt Abbildung 14 alle Schnittebenen, die im weiteren Verlauf betrachtet werden: Die angegebenen Maße beziehen sich auf den Maßstab 1:1. H1

Horizontale Ebene in Höhe der Reifenachsen (0, 5m Höhe)

H2

Horizontale Ebene in Höhe der Seitenspiegel (2, 5m Höhe)

V1

Vertikale Ebene in der Fahrzeugmitte

V2

Vertikale Ebene in der Symmetrieebene der Reifenmitte (1, 05m von der Fahrzeugmitte)

V3

Vertikale Ebene mittig des linken Seitenspiegels (1, 425m von der Fahrzeugmitte)

Abbildung 14: Definierte Schnittebenen am LKW Um die Ergebnisse der Simulation sinnvoll zu betrachten, werden wir uns zuerst der mittleren Geschwindigkeitsverteilung um den LKW widmen. Daran anschließend folgt eine Betrachtung der turbulenten Strömungsstrukturen im Strömungsfeld und zuletzt das Verhalten des Druckes sowie des Widerstandsbeiwertes. 29

Es ist zu beachten, dass alle folgenden Abbildungen, zur verbesserten Darstellung von Details, nicht das gesamte Referenzvolumen zeigen. Es handelt sich jeweils nur um einzelne Ausschnitte.

4.1

Konfiguration A (Maßstab 1:15)

Die Strömung fließt in y-Richtung (von links nach rechts) mit einer Anströmgeschwindigkeit von 59 ms . Die Bilder sind Momentaufnahmen bei 2, 9s simulierter Zeit. Untersuchung des Geschwindigkeitsfeldes Die folgenden Abbildungen zeigen, dass die Simulationen das allgemeine Strömungsverhalten um einen Sattelzug gut beschreiben. Anhand von Abbildung 15 kann man sehen, dass das Strömungsfeld nicht durch die offenen Seiten des Referenzvolumens beeinflusst wird und sich die Geschwindigkeitswerte in einem plausiblen Bereich befinden.

Abbildung 15: Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude von Konfiguration A in den Ebenen H2 (oben) und V1 (unten) in ms 30

An der Fahrzeugfront erfolgt ein Strömungsaufstau und eine Ablenkung der Strömung um das Fahrerhaus. Dadurch erfolgt eine Beschleunigung der Strömung und teilweise Strömungsablösung. Der Bereich zwischen Fahrerhaus und Sattelauflieger ist durch ein Ablösegebiet charakterisiert, wobei sich die Strömung an Ober- und Seitenwänden des Sattelaufliegers wieder anlegt und wiederum am Ende des Aufliegers ablöst. Diese Ablösung am Heck des Fahrzeuges ist Teil des Totwassergebietes, welches sich hinter dem LKW zusammenschürt. Die Länge des Nachlaufs entspricht in etwa der Hälfte der Fahrzeuglänge; das Totwassergebiet hat eine Länge von etwa einem Viertel der Fahrzeuglänge. Zwischen Fahrzeug und Fahrbahn entsteht ein Gebiet mit deutlich reduzierten Strömungsgeschwindigkeiten, das zu Beginn (unter dem Fahrerhaus) noch mit hoher Geschwindigkeit durchströmt wird. Um einen besseren Eindruck vom Totwassergebiet zu erhalten, betrachten wir im Folgenden eine Detailansicht des Fahrzeugnachlaufs. Zunächst widmen wir uns den vertikalen Ebenenansichten. Abbildung 16 zeigt, dass die Strömung unter dem Fahrzeug hindurch führt und dann hinter dem Auflieger rückströmend zur oberen Kante des Hecks geleitet wird. Daraufhin geht das Fluid entweder in die Strömung oberhalb des Totwassergebiets über oder strömt das Heck des Aufliegers entlang wieder nach unten. Dieser Rezirkulationswirbel ist charakteristisch für das Totwassergebiet einer Sattelzugkonfiguration.

Abbildung 16: Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene V1 in ms

31

Weitere Wirbel, die ebenfalls Rückströmung aufweisen, scheinen weiter vom Heck entfernt in Fahrbahnnähe beobachtbar zu sein. Die beiden dunkelblauen Stellen in Fahrbahnnähe in Abbildung 16 stellen deren Mittelpunkte dar. Diese entstehen, da das Fluid, das unter dem Fahrzeug durchströmt, im nahen Nachlauf über die gesamte Fahrzeughöhe aufwärts und erst hinter dem Totwassergebiet wieder abwärts zur Fahrbahn strömt. Hinter dem Totwassergebietes ist zu sehen, dass die Strömung leicht an Geschwindigkeit zunimmt und keine Rückstörmung mehr aufweist. Abbildung 17 zeigt eine vertikale Schnittebene am Rand des Fahrzeugs (durch die Reifenmitte). Betrachtet man hier das Totwassergebiet im Nachlauf, ist zu erkennen, dass Rückströmungen nur noch in sehr geringem Maß vorkommen und auch keine Aufwärtsströmung vorhanden ist. Aufgrund der niedrigen Geschwindigkeiten und der leichten Rückströmung kann man davon ausgehen, dass hier eine weitere Begrenzung des Totwassergebietes liegt. Zusätzlich ist zu beobachten, dass das Totwassergebiet mit größerer Distanz zur Fahrzeugmitte deutlich an Länge verloren hat. Passend dazu, sind schon nach kurzer Distanz hohe Geschwindigkeiten im Nachlauf zu beobachten (hier gelbgrün auf Höhe das Aufliegers). Aufgrund der Geometrie des Hecks (insbesondere des Auffahrschutzes) hat sich das Totwassergebiet in Bodennähe stark aufgelöst, da hier das Fluid nicht erst an der Unterkante des Auffahrschutzes ablöst, sondern schon direkt am Auflieger. Es ist auch zu erkennen, dass auch in dieser Schnittebene hinter dem Auffahrschutz noch Rückströmung stattfindet.

Abbildung 17: Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene V2 in ms

32

Am hinteren Reifen ist auch ein kleines Rückströmgebiet zu erkennen. Hier strömt die Luft am Reifen abwärts zur Fahrbahn und nimmt Geschwindigkeiten von ungefähr 1% der Anströmgeschwindigkeit an. Nun wollen wir die Nachlaufcharakteristik in der horizontalen Ebenen betrachten. Abbildung 18 zeigt uns die Geschwindigkeiten auf Höhe der Reifenachsen. Es ist zu beobachten, dass sich das Totwassergebiet auch auf diese Ebene erstreckt, da hinter dem Fahrzeugheck Rückströmung stattfindet. Da hier nur ein einzelner Zeitschritt eines instationären Systems beobachtet wird, ist keine Symmetrie an der Fahrzeugmitte zu erwarten. Entsprechend sind zwei entgegengesetzte Wirbel zu sehen, wie man sie bei einer Karmanschen Wirbelstrasse sehen würde. Nah am Fahrzeugheck ist ein Wirbel mit negativer Wirbelstärke zu beobachten, der zum Rand des Nachlaufs entgegen der x-Richtung positioniert ist. Im weiterentfernten Bereich des Nachlaufs kann ein Wirbel entgegengesetzter Vortizität beobachtet werden.

Abbildung 18: Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene H1 in ms Anhand von Abbildung 19 betrachten wir einen höher gelegenen Schnitt durch den Nachlauf. Hier ist deutlich die Rückströmung des Rezirkulationswirbels in der Fahrzeugmitte zu beobachten. Darüberhinaus scheinen in dieser Ebene zwei entgegengesetzt drehende Wirbel das Fluid zu den Seiten rückströmen zu lassen. Anders als in der Ebene H1, ist hier das instationäre Verhalten des Strömungsfeldes nur schwach zu erkennen; das entfernte spitz zulaufende Ende des Totwassergebietes ist leicht entgegen der x-Richtung geneigt. Ebenso ist zu sehen, dass das Totwassergebiet an einer 33

Seite des Nachlaufes weniger an Breite verliert als auf der anderen Seite. Die Form des Totwassergebiets ist grob als parabelförmig zu beschreiben, obwohl es am Scheitelpunkt spitz zuläuft.

Abbildung 19: Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene H2 in ms Um einen besseren Blick auf die Eigenschaften der Strömung zu erhalten, betrachten wir nun ausgewählte Stromlinien.

Abbildung 20: Ausgewählte Stromlinien mit Geschwindigkeitsmagnitude der Konfiguration A bei t = 2, 9s im Totwassergebiet am Heck des LKW Abbildung 20 zeigt eine ausgewählte Zahl von Stromlinien, die das Totwassergebiet des LKW darstellen. Es ist zu erkennen, wie Stromlinien unter dem LKW hervorkommen, hinter dem LKW mit einer Bewegung nach oben zur Fahrzeugmitte zurückströmen und dann 34

am Heck des LKW entlang wieder seitlich nach unten führen und abschließend das Totwassergebiet verlassen. Vereinzelt sind auch Stromlinien zu erkennen, die durch den Rezirkulationswirbel aufwärts strömen und am oberen Ende des Totwassergebiets in die Umgebungsströmung übergehen, anstatt wieder abwärts am Fahrzeugheck entlang zu strömen. Die Stromlinienvisualisierungen zeigen, dass der Großteil des Totwassergebietes durch Fluidmaterial aus dem Aufliegerunterboden gebildet wird und nur aus einem geringen Teil von den Seiten oder oberhalb des Fahrzeugs. Eine bessere Beschreibung über den Einfluss der Räder auf den Nachlauf des LKW gibt uns Abbildung 21. Dargestellt sind ausgewählte Stromlinien, die nah an den Reifen der hinteren Reifenachsen vorbeiströmen und zeigen, dass in Fahrbahnnähe hinter dem Reifen ein kleines Rückströmgebiet vorhanden ist. Hinter dem Reifen führen alle Stromlinien abwärts zur Fahrbahn. Dort strömt das Fluid in den Nachlauf des Fahrzeugs mit einer sich vom Fahrzeug entfernenden Bewegung. Die Stromlinien die außen am Reifen vorbei führen, weisen hinter dem Rad in Fahrbahnnähe starke Verwirbelungen auf, die (in y-Richtung betrachtet) negative Wirbelstärke aufweisen. Die gleichen Stromlinien, die stattdessen am oberen Rand des Rades vorbeiströmen, erhalten hinter dem Rad eine entgegengesetzte Rotation. Eine detaillierte Beschreibung der Radumströmung um ein Fahrzeug anhand experimenteller und/oder numerischer Untersuchungen kann [8] und [9] entnommen werden.

Abbildung 21: Ausgewählte Stromlinien mit Geschwindigkeitsmagnitude der Konfiguration A bei t = 2, 9s an den Reifen der hinteren Reifenachsen des LKW

35

Betrachtung der Vortizität Nach der Betrachtung der Geschwindigkeiten wollen wir einen besseren Eindruck über die Turbulenzen erhalten. Dazu betrachten wir die Vortizität in den zwei vertikalen Ebenen. Anhand von Abbildung 22 ist zu sehen, dass sowohl unterhalb als auch oberhalb des Fahrerhauses die Wirbelstärke der Strömung besonders hoch ist. Ebenso sind an der Kontur des Totwassergebietes, hohe Wirbelstärken zu beobachten, die durch stark turbulenten Strömungsstrukturen im Totwassergebiet hervorgerufen werden. In diesem Bereich scheinen besonders an der oberen Scherschicht und dem fahrbahnnahen Teil des Totwassergebietes starke Verwirbelungen vorhanden zu sein.

Abbildung 22: Konturplot der Vortizitätsmagnitude von Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene V1 in 1s Mit Hilfe von Abbildung 23 bestätigt sich, dass die Geometrie des Fahrerhauses starke Verwirbelungen an der Fahrzeugseite verursacht.

Abbildung 23: Konturplot der Vortizitätsmagnitude von Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene V3 in 1s Für diese Arbeit ist jedoch das Verhalten in Fahrbahnnähe und im Nachlauf besonders interessant, da diese Strömungsbereiche ein bisher noch weitestgehend ungenutztes Potential zur Reduzierung des aerodynamischen Widerstands innehaben und die Ergebnisse dieser 36

Arbeit, als Grundlage für weiterführende Untersuchungen dienen. An diesen Stellen ist zu erkennen, dass alle Räder starke Verwirbelungen hervorrufen und dass dies auch deutliche Auswirkungen auf den Nachlaufs in Fahrbahnnähe zu haben scheinen. Auswertung des Druckbeiwertes Anhand von Abbildung 24 erhalten wir einen Eindruck über den auftretenden Druckunterschied, welcher maßgeblich den aerodynamischen Druckwiderstand eines Sattelzugs bestimmt. Der Druck an der Fahrzeugfront wird durch den Staudruck beschrieben und nimmt Werte im Bereich von ungefähr 2200P a an. Der berechnete Staudruck beträgt bei der sikg mulierten Anströmgeschwindigkeit von 59 ms und einer Dichte von 1.17659 m 3 2047P a. Am

Heck ist ein Unterdruck im Totwassergebiet von etwa −400P a abzulesen. Die Differenz vom Druck zwischen der Fahrzeugfront und dem Heck beträgt somit in etwa 2600P a. Bei genauerer Betrachtung des Nachlaufes ist erkennbar, dass im Bereich des Totwassergebiets ein deutlicher Unterdruck auftritt, während im fernen Nachlauf wieder der Normal- bzw. leichter Überdruck herrscht. Es fällt zusätzlich auf, dass an der oberen und unteren Kante der Fahrzeugfront starker Unterdruck herrscht, welcher mit den hohen Geschwindigkeiten an den gleichen Stellen korreliert. Passend herrscht unter dem ganzen Fahrerhaus ebenso ein Unterdruck. Dieses löst sich aber schon nach der zweiten Reifenachse wieder auf und nimmt Werte im Bereich des Umgebungsdrucks an.

Abbildung 24: Druckdifferenz in Bezug auf den Referenzdruck in P a der Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene V1 Für die Betrachtung des aerodynamischen Gesamtwiderstands des Fahrzeugs wurde der Widerstandsbeiwert nach Gleichung 12 berechnet. Über zehn instationäre Zeitschritte (von

37

t0 = 2, 1s bis t9 = 3, 0s) gemittelt, folgt der Widerstandsbeiwert: cw,A =

FW = 0, 619 A ρ2 vr 2

(12)

kg Für die Dichte ρ wurde der Wert 1, 17659 m 3 und als Referenzfläche die projezierte Stirn-

fläche des LKW A = 0, 0445m2 eingesetzt. Instationäres Verhalten Aufgrund der deutlichen Änderungen des Strömunsgfeldes und insbesondere des Nachlaufes, wird im Folgenden das instationäre Verhalten dieser Konfiguration betrachtet. Anhand von Abbildung 25 ist zu erkennen, dass das offene Ende des Totwassergebiets im Nachlauf um etwa eine halbe Fahrzeugbreite schwingt. Ebenso ist zu sehen, dass sich mit derselben Frequenz ein Gebiet mit erhöhter Geschwindigkeit an der Fahrzeugseite (in gelb-grün) von einer Seite des Fahrzeuges zur anderen und zurück verlagert. Daraus ist zu schließen, dass sich “Vortex Shedding“ hinter dem Fahrzeug bildet.

Abbildung 25: Konturplots der Geschwindigkeitsmagnitude von Konfiguration A bei zehn Zeitschritten in einem Abstand von ∆t = 0, 1s in der Ebene H2 38

4.2

Konfiguration B (Maßstab 1:1)

Dieses Kapitel beschreibt die Ergebnisse der Simulation eines Sattelzuges im Orignialmaßstab bei Geradeausfahrt und einer typischen Fahrzeuggeschwindigkeit von 22.¯2 m (80 km ). s

h

Für die realistische Beschreibung der Umströmung des Sattelzugs, wurden die Simulationen mit einer bewegten Fahrbahn und rotierenden Rädern durchgeführt. Die Strömung fließt in y-Richtung (von links nach rechts). Die hier gezeigten Abbildungen sind Momentaufnahmen bei einer Simulationszeit von 9, 2s. Untersuchung des Geschwindigkeitsfeldes Anhand von Abbildung 26 ist zu erkennen, dass die Simulation das Strömungsfeld gut darstellt und plausible Geschwindigkeitswerte zeigt. Ebenso zeigt sich, dass das Refrenzvolumen eine ausreichende Größe besitzt und die Umströmung des Sattelzuges nicht beeinflusst.

Abbildung 26: Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude von Konfiguration B bei t = 9, 2s in den Ebenen H2 (oben) und V1 (unten) in ms Es ist desweiteren zu erkennen, dass in Übereinstimmung zu den Ergebnissen von Konfigu39

ration A an der Fahrzeugfront ein Strömungsaufstau stattfindet, der zur Beschleunigung und stellenweise Ablösung der Strömung führt. Die Strömung löst unter dem Fahrerhaus, am Zwischenraum von Fahrerhaus und Auflieger und am Ende des Aufliegers ab. Mit der Ablösung am Heck des Fahrzeuges beginnt der Nachlauf, der eine Gesamtlänge von etwa der halben Fahrzeuglänge aufweist. Die Länge des Totwassergebietes entspricht in der betrachteten H2 Ebene etwa einem Drittel der Fahrzeuglänge und ist damit stärker ausgeprägt, als bei der Simulation des Windkanalversuches mit ungefähr einem Viertel der Fahrzeuglänge. Es ist zu vermuten, dass dies unter anderem der Einfluss des bewegten Unterbodens ist. Die Höhe des Nachlauf des Sattelzuges nimmt deutlich mit steigender Entfernung zum Fahrzeugheck ab. Eine genauere Betrachtung des instationären Nachlaufs anhand von Abbildung 27 zeigt uns, dass mehrere Rezirkulationswirbel das Totwassergebiet beschreiben. Am deutlichsten ist der Wirbel an der unteren Hälfte des Aufliegers zu erkennen. Dieser Wirbel mit positiver Wirbelstärke führt das Fluid unter dem Fahrzeug hervor. Oberhalb von diesem Wirbel ist ein weiterer Rezirkulationswirbel, der eine negative Wirbelstärke aufweist. Dieser Wirbel nimmt den oberen Teil des Totwassergebietes ein und ersteckt sich über dessen gesamte Länge. Nach der Ablösung an der oberen Kante des Aufliegerhecks strömt das Fluid teilweise abwärts in das Totwassergebiet, dann rückströmend, leicht aufwärts gerichtet, zum Heck des Fahrzeugs und schließlich wieder in die Umgebungsströmung.

Abbildung 27: Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene V1 in ms

40

Vor dem Auffahrschutz kommt es zum Strömungsaufstau, die Strömung löst an den Vorderkanten ab und es bildet sich ein Strömungsnachlauf aus. Es fällt auf, dass die Strömung, die das Totwassergebiet verlässt, besonders in Fahrbahnnähe eine höhere Geschwindigkeit aufweist. Dies ist auf die Fahrbahntranslation zurückzuführen, die weitere Rezirkulationswirbel in Fahrbahnnähe verhindert. In Abbildung 27 ist darüberhinaus noch eine Quelle (im dunkelblauen Punkt) am unteren, hinteren Ende des Totwassergebietes zu erkennen. Dies zeigt deutlich, dass an dieser Stelle die Strömung orthogonal zur betrachteten Ebene gerichtet ist. Dies weist auf stark dreidimensionale Strömungstrukturen im Nachlauf dieser Konfiguration hin, die in dieser Form bei der Unterschung von Konfiguration A so nicht beobachtet wurden. Mit der Betrachtung von Abbildung 28 wird klar, dass sich alle drei genannten Rezirkulationswirbel auch seitlich bis zum Fahrzeugrand erstrecken, jedoch deutlich an Länge verlieren. Die Länge des Totwassergebietes ist hier auf ein Drittel der maximalen Länge gefallen.

Abbildung 28: Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene V2 in ms In mittlerer Höhe hinter dem Fahrzeugheck ist auch in dieser Ebene eine Quelle zu beobachten, die sich durch die Rezirkulation aus der Fahrzeugmitte zum seitlichen Fahrzeugrand erklären lässt. Dies zeigt klar, dass hier das Fluid das Totwassergebiet seitlich verlässt. Am hinteren Reifen ist in dieser Ebene eine weitere Rückströmung zu erkennen, die nicht nur in Fahrbahnnähe abwärts gerichtet ist, sondern an der oberen Hälfte des Reifen auch mit der Reifenrotation aufwärts strömt. Dies stellt einen deutlichen Unterschied zu Kon41

figuration A dar, bei welcher eine ausschließlich abwärts gerichtete Strömung hinter dem Reifen beobachtet wurden. Im Folgenden betrachten wir den Nachlauf des Sattelzuges in den horizontalen Ebenen. Abbildung 29 zeigt, deutlich die Rückströmung hinter den Reifen und dem Auffahrschutz. Im Vergleich zu Konfiguration A sieht der Nachlauf in dieser Ebene sehr ähnlich aus. Sie unterscheiden sich dadurch, dass in dieser Konfiguration weniger Rückströmung zu beobachten ist, da sich das Totwassergebiet vermutlich aufgrund der abweichenden Heckgeometrie und der Fahrbahntranslation weniger tief zur Fahrbahn erstreckt. Desweiteren sind im Nachlauf auch deutlich Bewegungen des Fluids zu den Seiten zu beobachten. Dies ist auf das “Vortex Shedding“, das auch schon in Konfiguration A beobachtet wurde, zurückzuführen.

Abbildung 29: Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene H1 in ms Mit Hilfe von Abbildung 30 erhalten wir einen besseren Eindruck über den höchstgelegenen Rezirkulationswirbel des Totwassergebietes. Es wird deutlich, dass das Totwassergebiet, wie auch schon in Konfiguration A, nicht nur aus Wirbeln in der vertikalen Ebene besteht. Offensichtlich weist es auch Wirbel in der horizontalen Ebene auf. Es scheinen zwei Wirbel (möglicherweise zwei Enden eines hufeisenförmigen Wirbels) das Fluid in der Fahrzeugmitte rückströmen zu lassen und an den Seiten des Totwassergebietes in die Umgebungsströmung zu führen. Im Weiteren weist, im Vergleich zu Konfiguration A, das Totwassergebiet hier eine deutlich längere und breitere Kontur auf. Die Kontur läuft auch nicht spitz zu, sondern neigt zu einer Parabelform. 42

Genauer sehen wir, dass das Ende des Wirbels an der Seite in x-Richtung weiter vom Fahrzeugheck entfernt ist, als das gegenüberliegende Wirbelende. Dies passt zu den Erkenntnissen des instationären Verhaltens, aus den Betrachtungen in der Ebene H1.

Abbildung 30: Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene H2 in ms Bei Betrachtung von Abbildung 31 wird die Größenordnung der mittleren Rezirkulationswirbel im Nachlauf deutlich.

Abbildung 31: Ausgewählte Stromlinien mit Geschwindigkeitsmagnitude der Konfiguration B bei t = 9, 2s im Totwassergebiet am Heck des LKW Alle gezeigten Stromlinien führen unter dem Fahrzeug entlang und werden am Auffahrschutz verwirbelt oder strömen am Auffahrschutz vorbei und bilden das Totwassergebiet am Aufliegerheck. Dort führen die Stromlinien in einen der beiden Rezirkulationswirbel. Es 43

ist zu beobachten, dass viele der gezeigten Stromlinien zuerst durch den unteren Wirbel führen und später durch den oberen Wirbel strömen und schließlich das Totwassergebiet verlassen. Es ist aber auch zu erkennen, dass das Fluid auch seitlich das Totwassergebiet verlässt. Diese Ergebnisse stehen in starkem Kontrast zu den Resultaten des simulierten Windkanalversuches (Abbildung 20). Der zweite ober Wirbel ist im Fall des simulierten Fahrversuchs deutlich stärker ausgeprägt. Abbildung 32 verdeutlicht die Umströmung um das hintere Rad des Aufliegers. Die Reifenrotation induziert eine aufwärtsgerichtete Strömungskomponente. Darüberhinaus ist zu sehen, dass die Stromlinien an der äußeren Seite des Reifens wenig beeinflusst werden und direkt weiter in den Nachlauf strömen. Allgemein fällt auf, dass das Fluid, im Gegensatz zu Konfiguration A, keine Abwärtsströmung zur Fahrbahn aufweist und stattdessen sogar leicht zur Fahrzeugmitte geleitet wird, bevor es den Nachlauf hinter dem Auflieger erreicht.

Abbildung 32: Ausgewählte Stromlinien mit Geschwindigkeitsmagnitude der Konfiguration B bei t = 9, 2s an den Reifen der hinteren Reifenachsen des LKW

Betrachtung der Vortizität Um nun einen besseren Eindruck über die Turbulenzen zu erhalten, betrachten wir dir Vortiztät in ausgewählten Ebenen. Abbildung 33 zeigt uns, dass die Wirbelstärken unter dem Fahrerhaus sehr ähnlich zur Konfiguration A sind, sich im Nachlauf jedoch eindeutig unterschieden. Es ist zu sehen, dass zwar auch hier hohe Wirbelstärken in der Schwerschicht am oberen Totwassergebiets44

rand auftreten, doch in Fahrbahnnähe sind hier nur schwache Verwirbelungen auszumachen. Diese Vortizitäten entstehen nur durch die Geometrie des Auffahrschutzes und lösen sich bis zum fernen Nachlauf der Sattelzugkonfiguration auch wieder auf.

Abbildung 33: Konturplot der Vortizitätsmagnitude von Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene V1 in 1s Mit Hilfe von Abbildung 34 wird klar, dass auch bei dieser Konfiguration hohe Wirbelstärken an den vorderen beiden Reifenachsen zu beobachten sind. Darüberhinaus scheinen in Fahrbahnnähe aber keine weiteren hohen Wirbelstärken aufzutreten. Im Totwassergebiet auf Höhe der Reifenachsen ist, wie auch in Konfiguration A, noch ein Gebiet mit erhöhter Wirbelstärke vorhanden. Hier ist diese Struktur dennoch weniger stark und wesentlich kleiner.

Abbildung 34: Konturplot der Vortizitätsmagnitude von Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene V3 in 1s

Auswertung des Druckbeiwertes Bei Betrachtung von Abbildung 35 erkennen wir auch anhand der Druckwerte den Strömungsaufstau an der Fahrzeugfront und das Totwassergebiet hinter dem Sattelauflieger. Im Vergleich zum Druckfeld von Konfiguration A weist dieses ähnliche Züge auf, scheint jedoch das Unterdruckgebiet des Totwassers kleiner ausfallen zu lassen. Die Fahrzeugfront 45

weist einen Überdruck von etwa 300P a auf und am Fahrzeugheck ist ein Unterdruck von etwa −50P a abzulesen. Dies entspricht einen Durckunterschied von rund 350P a zwischen Fahrzeugfront und -heck. Berechnet man den Staudruck mit der simulierten Anströmgeschwindigkeit von 22, 2¯ m und einer Dichte von 1.17659 kg3 so erhält man einen Wert von s

m

290P a.

Abbildung 35: Druckdifferenz vom Referenzdruck in P a der Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene V1 Die niedrigsten Unterdruckwerte von etwa −300P a sind an den Abrisskanten an der Fahrzeugfront zu beobachten, an denen man mit den vorherigen Abbildungen auch die höchsten Geschwindigkeiten beobachtet hat. Schließlich, um den aerodynamischen Widerstand nun an einem Wert fest zu machen, wurde der Widerstandsbeiwert nach Gleichung 13 berechnet. Über zehn instationäre Zeitkg schritte (von t0 = 8, 5s bis t9 = 9, 4s) gemittelt folgt mit der Dichte ρ = 1, 17659 m 3 und

der Referenzfläche A = 10, 0125m2 der Widerstandsbeiwert: cw,B =

FW = 0, 605 A ρ2 vr 2

46

(13)

5

Vergleich der Ergebnisse

Im Folgenden werden die Ergebnisse der numerischen und experimentellen Untersuchungen verglichen. Dazu werden die gemittelten Geschwindigkeitsfelder des Nachlaufs sowie die gemittelte Druckverteilung am Aufliegerheck betrachtet.

5.1

Vergleich von Konfiguration A mit den Ergebnissen des Windkanalversuches

Um einschätzen zu können, wie genau die Strömungsstrukturen des Nachlaufs des Experimentes durch die Simulation berechnet wurden, betrachten wir zunächst ein Geschwindigkeitsvektorfeld. In Abbildung 36 ist der Konturplot der gemittelten Geschwindigkeitskomponente in z-Richtung und das mittlere Geschwindigkeitsvektorfeld in der Symmetrieebene des Aufliegernachlaufs dargestellt. Die Geschwindigkeit ist dimensionslos in Abhängigkeit von der Anströmgeschwindigkeit dargestellt. Der schwarze Bereich am jeweils linken Abbildungsrand repräsentiert die Aufliegerbox. Es ist zu berücksichtigen, dass nur jeder dritte Vektor dargestellt ist. Es zeigt sich, dass das im Experiment gemessene Totwassergebiet in Größe und Form gut mit der Simulation dieser Arbeit übereinstimmt. Beide weisen deutlich einen Rezirkulationswirbel auf, der das Fluid aufwärts zur oberen Fahrzeugkante strömen lässt. Ebenso stimmt in beiden Fällen das Strömungsfeld oberhalb des Rezirkulationswirbels nah der oberen Strömungsscherschicht recht gut überein.

Abbildung 36: Konturplot der gemittelten Geschwindigkeitskomponente in zRichtung relativ zur Anströmgeschwindigkeit und des gemittelten Geschwindigkeitsvektorfeldes des Windkanalversuches (links) und der Konfiguration A (rechts) in der Ebene V1 aufgetragen über die relative Fahrzeuglänge Y /Lm und die relative Fahrzeughöhe Z/Hm

47

Obwohl die Strömungsfelder in ihren Qualitäten sehr ähnlich sind, sind quantitative Unterschiede beobachtbar. Am Fahrzeugheck weist die Simulation höhere abwärts gerichtete Geschwindigkeiten im Bereich 0, 1 < Z/Hm < 0, 8 auf. Dafür ist die Geschwindigkeit der aufwärts gerichteten Rezirkulation in der Simulation niedriger als im Experiment. Darüberhinaus ist zu erkennen, dass in der Simulation das Fluid, das unter dem Fahrzeug hervorkommt, erst nach dem Punkt Y /Lm = 1, 12 in eine aufwärts gerichtete Rückströmung übergeht, während die Ergebnisse des Experimentes dieses Verhalten schon nach Y /Lm = 1, 07 aufweist. Nach der Betrachtung der Geschwindigkeitsfeldes in der Symmetrieebene des Nachlaufs widmen wir uns dem Basisdruck am Aufliegerheck. Bei genauerer Betrachtung von Abbildung 37 wird ersichtlich, dass die Ergebnisse des Experimentes mit denen der Simulation qualitativ ähnlich sind, jedoch quantitativ voneinander abweichen. Es ist zu erkennen, dass sowohl bei den gemessenen als auch den vorhergesagten Daten die höchsten Druckbeiwerte im Bereich von Z/Hm ≈ 0, 95 auftreten und die Minimalwerte in der unteren Basishälfte liegen. Darüberhinaus kann festgestellt werden, dass in beiden Ergebnissen mit steigendem X/Wm Wert der Durckbeiwert um ungefähr 0, 02 fällt.

Abbildung 37: Konturplot der gemittelten Druckbeiwerte cp des Windkanalversuches (links) und der Konfiguration A (rechts) am Aufliegerheck aufgetragen über die relative Fahrzeugbreite X/Wm und die relative Fahrzeughöhe Z/Hm Quantitativ jedoch weist die Simulation um 0, 08 kleinere Beiwerte auf, als das Experimente. Dieser quantitative Unterschied scheint mit der erhöhten berechneten Geschwindigkeit am Fahrzeugheck zu korrelieren. In Abbildung 37 (rechts) sind auch Bereiche mit erhöhten Druckbeiwerten in den unteren Ecken des Fahrzeughecks zu beobachten. Diese sind 48

nur begrenzt mit den experimentellen Daten vergleichbar, da die Messgeräte den Druck in diesen Bereichen nicht aufgenommen haben, aber man kann in den experimentellen Ergebnissen eine Tendenz zu einem erhöhten Druck beobachten. Insgesamt lässt sich aus der Betrachtung der Basisdruckverteilung ein höherer berechneter aerodynamischer Widerstand ableiten. Für eine genauere Betrachtung der Geschwindigkeiten am Fahrzeugheck zeigt Abbildung 38 die mittlere Geschwindigkeitskomponente in z-Richtung 8mm hinter dem Auflieger. Hier ist zu erkennen, dass die Geschwindigkeiten im nicht abgelösten Bereich nah nah des Bodens quantitativ sehr gut übereinstimmen. Im Bereich des Aufliegerhecks bis Z/Hm ≈ 0, 7 liegen die simulierten Geschwindigkeiten deutlich über denen im Experiment. Nach dem Bernoulli-Prinzip bedeuten höhere Geschwindigkeiten horizontal zur Aufliegerrückwand eine Reduzierung des Basisdruckes. Dieses Ergebnis ist konsistent zu den Beobachtungen der Basisdruckverteilung.

Abbildung 38: Konturplot der gemittelten Geschwindigkeitsmagnitude in z-Richtung relativ zur Anströmgeschwindigkeit W/Uinf des Fahrversuches (schwarz) und der Konfiguration B (weiß) 8mm hinter dem Fahrzeugheck aufgetragen über die relative Fahrzeughöhe Z/Hm Schließlich liefert der Vergleich der gemittelten aerodynamischen Widerstandsbeiwerte für den Windkanalversuch einen Beiwert von cw,W indkanal = 0, 602 und für die Simulation der Konfiguration A von cw,A = 0, 619. Damit ergibt sich eine Abweichung vom Windkanalversuch von 2, 81%.

49

5.2

Vergleich von Konfiguration B mit den Ergebnissen des Fahrversuches

Aufgrund von Problemen bei der Datenverarbeitung stehen diesem Vergleich nur die Geschwindigkeitsvektorfelder des Nachlaufs zur Verfügung. Da die Messung des Nachlaufs bei einem Fahrversuch sehr komplex und aufwendig ist, steht darüberhinaus nur ein kleiner Teil des Nachlaufs in Form von verarbeiteten Daten zum Vergleich bereit. Abbildung 39 zeigt die dimensionslose mittlere Geschwindigkeit in Strömungsrichtung als Kontourplot und das gemittelte Geschwindigkeitsvektorfeld in einer Ebene auf der Hälfte der Aufliegerbreite. Sowohl die experimentellen (Abbildung 39, links) als auch die numerischen Ergebnisse (Abbildung 39, rechts) zeigen einen Rezirkulationsgebiet positiver Wirbelstärke. Das Wirbelzentrum liegt im Fall des Fahrversuches bei Z/Hm ≈ 0, 4 und Y /Lm ≈ 1, 035 während dieser in der Simulation stromabfährts und vertikal nach oben verlagert ist (Z/Hm ≈ 0, 47 und Y /Lm ≈ 1, 06). Die gemessen Daten zeigen eine deutliche Symmetrie des Wirbelkerns wohingegen dieser in der Simulation vertikal gestaucht ist.

Abbildung 39: Kontourplot der gemittelten Geschwindigkeitskomponente in yRichtung relativ zur Anströmgeschwindigkeit und des mittleren Geschwindigkeitsvektorfeldes des Fahrversuches (links) und der Konfiguration B (rechts) in der Ebene V1 aufgetragen über die relative Fahrzeuglänge Y /Lm und die relative Fahrzeughöhe Z/Hm Diese Unterschiede können durch die deutlich höheren simulierten Geschwindigkeiten begründet sein, welche im Bereich von 0, 2 < Z/Hm < 0, 3 nahezu doppelt so hohe Werte aufweisen. Dies korreliert mit dem verschobenen Rezirkulationswirbel. Eine mögliche Ursache für diese Abweichung ist der Detailmangel der Simulationsgeometrie im Vergleich zur echten Sattelzugkonfiguration. 50

Im Bereich 0, 3 < Z/Hm unterscheiden die Ergebnisse sich quantitativ nicht in Relation zum Zentrum des dargestellten Rezirkulationswirbels. Beide Ergebnisse zeigen eine Geschwindigkeit von ungefähr null am Fahrzeugheck, sowie eine Rückströmung mit einer relativen Geschwindigkeit von 0, 2 in der oberen Hälfte des Rezirkulationswirbels.

51

6

Zusammenfassung und Ausblick

Im Rahmen dieser Arbeit wurden ein Windkanalversuch und ein Fahrversuch numerisch simuliert. Diese unterscheiden sich nicht nur durch ihre Skalierung und abweichenden Anströmgeschwindigkeiten, sondern auch durch den Einfluss von Reifenrotation und einer bewegten Fahrbahn. Darüberhinaus unterscheiden sie sich auch in einer unterschiedlichen Geometrie des Auffahrschutzes. Die Simulation des Windkanalversuches (Konfiguration A), die im Maßstab 1:15 mit einer Anströmgeschwindigkeit von 59 ms ohne Reifenrotation und bewegte Fahrbahn definiert wurde, weist qualitativ sehr gute Ergebnisse in Bezug auf das Geschwindigkeitsfeld im Nachlauf und die Basisdruckverteilung auf. Das Geschwindigkeitsfeld im Nachlauf wurde auch quantitativ sehr gut berechnet, wobei sich in Bezug auf die Basisdruckverteilung recht große Unterschiede ergeben. Die Genauigkeit des berechneten aerodynamischen Widerstandsbeiwertes ist trotz dieser Unterschiede überraschenderweise sehr gut und liegt deutlich unter 3% Abweichung vom gemessenen Wert. Die Simulation des Fahrversuches (Konfiguration B) weist weniger genaue Ergebnisse auf. Die im Maßstab 1:1 durchgeführte Simulation zeigt durch die Reifenrotation, Fahrbahntranslation und Anströmgeschwindigkeit von 22, ¯2 ms zwar ähnliche Strömungsstrukturen wie der Fahrversuch, jedoch sind deutlich quantitive und auch qualitative Abweichungen zu beobachten. Unklar ist geblieben, welchen Einfluss Reifenrotation, eine bewegte Fahrbahn und eine Veränderung der Reynoldszahl, einzeln betrachtet, haben. Zusammen ist ein deutlicher Unterschied in den Strömungsstrukturen im Nachlauf, sowie an Reifen und Fahrbahn zu beobachten, der zeigt, dass die Simulation eines Windkanals stark von der eines Fahrversuches abweichen. Da die Einflüsse der genannten Unterschiede nicht einzeln untersucht wurden, ist es möglich, dass es sich bei den kleinen Abweichungen der Widerstandsbeiwerte um einen Zufall handelt, der mit anderen Konfigurationen drastisch größer ausfallen könnte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ergebnisse der numerischen Simulationen nah an ihren jeweiligen experimentellen Ergebnissen liegen. Besonders qualitativ geben die gemessenen Werte gut wieder, während wir quantitativ deutliche Abweichungen beobachtet haben. Betrachtet man jedoch Windkanalversuch und Fahrversuch vergleichend, fällt auf, dass diese sich drastisch in ihren Strömungsstrukturen unterscheiden.

52

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Pevitt, C., ”A Computational Simulation of Aerodynamic Drag Reductions for Heavy Commercial Vehicles”, 2012

Abbildungsverzeichnis 1

Geometrieinduzierte Ablösung und Wirbel im Totwassergebiet . . . . . . .

2

Grobes Gitter aus Tetraedern mit lokaler Verfeinerung in der Mitte

. . . .

15

3

Grobes Gitter aus Polyedern mit lokaler Verfeinerung in der Mitte . . . . .

16

4

Grobes Gitter aus Hexaedern mit lokaler Verfeinerung in der Mitte . . . . .

16

5

Gitter aus Polyedern mit drei Prism Layer Mesh Zellschichten an der Ellipse in der Mitte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

17

Links: Sattelzugmodell (1:15) auf der Grenzschichtplatte in der Messstrecke, Rechts: Seitenwindversuchsanlage Göttingen (SWG) . . . . . . . . . .

7

9

18

Links: Laser-Lichtschnitt in der vertikalen Fahrzeugmitte im Fahrversuch, Rechts: Detailansicht der Fahrzeugrückseite mit modifizierter Rückwand und installierten CCD-Kameras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

8

CAD-Modell des verwendeten Fahrerhauses mit ungefähren Abmessungen .

21

9

CAD-Modell der drei Reifenachsen des Anhängers mit Abmessungen . . . .

22

10

CAD-Modelle der verwendeten Auffahrschutzgeometrie des simulierten Fahrversuches (links) und des Windkanalversuches (rechts) . . . . . . . . . . .

11

Längsschnitte durch das Volumengitter in der Reifenmitte mit Angabe der Zellenkantenlängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12

23 24

Längsschnitte durch das Volumengitter in der Reifenmitte: Links mit 2mm (im Maßstab 1:15) versenkten Reifen, Rechts mit 30mm (im Maßstab 1:1) schwebenden Reifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

24

y+ Werte des Volumengitters auf dem Fahrzeug und der Fahrbahn der Konfiguration A (oben) und Konfiguration B (unten) . . . . . . . . . . . .

25

14

Definierte Schnittebenen am LKW

29

15

Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude von Konfiguration A in den Ebenen H2 (oben) und V1 (unten) in

16

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . m s

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene V1 in

17

. . . . .

31

m s

. . . . .

32

Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene H1 in

19

m s

Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene V2 in

18

30

m s

. . . . .

33

Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene H2 in

m s

. . . . .

34

20

Ausgewählte Stromlinien mit Geschwindigkeitsmagnitude der Konfiguration A bei t = 2, 9s im Totwassergebiet am Heck des LKW . . . . . . . . . . .

21

Ausgewählte Stromlinien mit Geschwindigkeitsmagnitude der Konfiguration A bei t = 2, 9s an den Reifen der hinteren Reifenachsen des LKW . . . . .

22

1 s

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 s

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

m s

. . . . . . . . . . . .

m s

. . . . .

m s

. . . . .

m s

. . . . .

43 44

1 s

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

Konturplot der Vortizitätsmagnitude von Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene V3 in

35

43

Konturplot der Vortizitätsmagnitude von Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene V1 in

34

42

Ausgewählte Stromlinien mit Geschwindigkeitsmagnitude der Konfiguration B bei t = 9, 2s an den Reifen der hinteren Reifenachsen des LKW . . . . .

33

41

Ausgewählte Stromlinien mit Geschwindigkeitsmagnitude der Konfiguration B bei t = 9, 2s im Totwassergebiet am Heck des LKW . . . . . . . . . . .

32

40

Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene H2 in

31

. . . . .

Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene H1 in

30

m s

Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene V2 in

29

39

Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude und des Geschwindigkeitsvektorfeldes von Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene V1 in

28

38

Konturplot der Geschwindigkeitsmagnitude von Konfiguration B bei t = 9, 2s in den Ebenen H2 (oben) und V1 (unten) in

27

37

Konturplots der Geschwindigkeitsmagnitude von Konfiguration A bei zehn Zeitschritten in einem Abstand von ∆t = 0, 1s in der Ebene H2 . . . . . .

26

36

Druckdifferenz in Bezug auf den Referenzdruck in P a der Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene V1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

36

Konturplot der Vortizitätsmagnitude von Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene V3 in

24

35

Konturplot der Vortizitätsmagnitude von Konfiguration A bei t = 2, 9s in der Ebene V1 in

23

34

1 s

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

Druckdifferenz vom Referenzdruck in P a der Konfiguration B bei t = 9, 2s in der Ebene V1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

36

Konturplot der gemittelten Geschwindigkeitskomponente in z-Richtung relativ zur Anströmgeschwindigkeit und des gemittelten Geschwindigkeitsvektorfeldes des Windkanalversuches (links) und der Konfiguration A (rechts) in der Ebene V1 aufgetragen über die relative Fahrzeuglänge Y /Lm und die relative Fahrzeughöhe Z/Hm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

47

Konturplot der gemittelten Druckbeiwerte cp des Windkanalversuches (links) und der Konfiguration A (rechts) am Aufliegerheck aufgetragen über die relative Fahrzeugbreite X/Wm und die relative Fahrzeughöhe Z/Hm

38

. . . .

48

Konturplot der gemittelten Geschwindigkeitsmagnitude in z-Richtung relativ zur Anströmgeschwindigkeit W/Uinf des Fahrversuches (schwarz) und der Konfiguration B (weiß) 8mm hinter dem Fahrzeugheck aufgetragen über die relative Fahrzeughöhe Z/Hm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

49

Kontourplot der gemittelten Geschwindigkeitskomponente in y-Richtung relativ zur Anströmgeschwindigkeit und des mittleren Geschwindigkeitsvektorfeldes des Fahrversuches (links) und der Konfiguration B (rechts) in der Ebene V1 aufgetragen über die relative Fahrzeuglänge Y /Lm und die relative Fahrzeughöhe Z/Hm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

Tabellenverzeichnis 1

Übliche cw Werte verschiedener Fahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . .

10

2

Turbulenzmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

3

Randbedingungen des Lösers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

4

Programmeinstellungen des Lösers

. . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

5

Einstellte Werte des Lösers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27